Erfahrungsbericht Auslandssemester SS2018 in Buenos Aires, Argentinien Universidad Tecnológica Nacional - Facultad Regional Buenos Aires Julian ...

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Erfahrungsbericht

   Auslandssemester SS2018
  in Buenos Aires, Argentinien

Universidad Tecnológica Nacional
– Facultad Regional Buenos Aires

        Julian Matuschik
 Technische Universität Ilmenau
Vorbereitungsprozess

In Argentinien spricht man – wie in den meisten Ländern Südamerikas – Spanisch. Auch die
Kurse an der Universität sind alle auf Spanisch, sodass ein gewisses Grundkenntnis der
Sprache schon vor Ankunft in Argentinien notwendig ist. Dadurch, dass vor Ort relativ
wenige Menschen Englisch sprechen, kommuniziert man fast immer auf Spanisch und lernt
dadurch die Sprache auch sehr schnell. Da ich jedoch etwa zweieinhalb Jahre zuvor schon ein
Auslandssemester in Mexiko absolviert und das B1-Niveau in Spanisch hatte, stellte die
Sprache für mich kein Problem dar, auch wenn sich das argentinische Spanisch doch stark
vom Spanisch anderer Länder in Lateinamerika unterscheidet.
Zur Finanzierung meines Auslandsvorhabens habe ich mich sowohl um ein PROMOS-
Stipendium des DAAD und ein Teilstipendium der Technischen Universität Ilmenau
beworben als auch Auslands-BAföG beantragt. Erhalten habe ich das Teilstipendium und
Auslands-BAföG. Vor allem beim Auslands-BAföG sollte man darauf achten, dies mindestens
vier Monate vor Beginn des Auslandsaufenthaltes zu beantragen.

Eine weitere Art der Vorbereitung war der Austausch mit Studenten, die zuvor ein
Auslandssemester in Argentinien absolviert haben, sowie Bekannten, welche schon in
Argentinien waren, um sich über das Land zu informieren und die Wahrheiten und
Unwahrheiten, die man durch die Medien mitbekommt, richtig einordnen zu können. Wer
etwas Erfahrungen mit lateinamerikanischen Ländern gemacht hat, den wird Argentinien,
und vor allem Buenos Aires, wahrscheinlich noch am ehesten an Europa erinnern.
Außer den Standardimpfungen, die man in der Regel schon hat, habe ich mich vorher gegen
nichts Weiteres impfen lassen. Da ich jedoch nach dem Semester durch Bolivien reisen
wollte, habe ich mich während meines Aufenthaltes noch vorbeugend gegen Gelbfieber
impfen lassen. Dies ist in Buenos Aires kostenlos möglich.
Leben und Wohnen in Buenos Aires
Im Ballungsraum Buenos Aires leben rund 20 Millionen Menschen und die Stadt ist
entsprechend groß, weshalb man die Distanz zwischen Universität und Wohnung trotz der
vorhandenen U-Bahn („Subte“) nicht unterschätzen sollte. Der Campus der Universität liegt
weit außerhalb im Stadtteil Flores, die meisten Master-Studenten haben – wie es auch bei
mir der Fall war - ihre Vorlesungen jedoch in einem Universitätsgebäude im Stadtteil
Almagro, welcher näher am Stadtzentrum liegt. Die Studenten, die sehr viele Vorlesungen
hatten, haben sich Wohnungen oder WG-Zimmer in der Nähe der jeweiligen Universität
gesucht. Schöne Wohngebiete in der Nähe lassen sich dabei zum Beispiel in den Stadtteilen
Palermo, Palermo Soho, Recoleta und Microcentro finden. Der Stadtteil San Telmo, in
welchem ich wohnte, besitzt einen schönen historischen Kern und bietet viele kulturelle
Möglichkeiten. In meinem Gebäude befanden sich sechs Wohngemeinschaften, in welchen
sowohl Argentinier als auch Austauschstudenten aus aller Welt wohnten, die meisten waren
dabei aus Südamerika oder Europa. Durch eine gute U-Bahn-Anbindung in Richtung der
Universität benötigte ich insgesamt nur 35 Minuten von meinem Haus zum
Universitätsgebäude in Almagro.
Je nach Stadtteil können die Wohnungspreise stark variieren, generell liegen die meisten
Mieten für ein WG-Zimmer jedoch zwischen 350 und 450 Euro pro Monat. Prinzipiell lässt
sich jedoch aufgrund des besseren sozialen Umfeldes auf jeden Fall empfehlen, nördlich der
Autobahn „25 de Mayo“ zu wohnen. Abhängig vom Wohnort kann man als Transportmittel
dann eine der zahlreichen Buslinien oder die „Subte“ nehmen, bei welchen eine Fahrt
unabhängig von der gefahrenen Distanz etwa 25 Cent kostet.
Um dem Stadtleben etwas zu entkommen, fahren viele Argentinier am Wochenende mit der
Fähre für ein oder zwei Tage nach Uruguay, mit dem Zug nach Tigre oder in die Gegend rund
um den Touristenort Mar del Plata, wo sich die nächstgelegenen Strände befinden. Da der
Rio de la Plata, an dessen Ufer sich Buenos Aires befindet, stark kontaminiert ist, ist es in
Buenos Aires selbst nicht ratsam, ins Wasser zu gehen. Ansonsten gibt es in der Stadt relativ
viele Parks, darunter unter anderem auch die Reserva Ecológica Costanera Sur, in welchen
man einige Stunden der städtischen Hektik entfliehen kann.
Land und Leute

Argentinien ist fast achtmal so groß wie Deutschland, hat aber nur etwas mehr als die Hälfte
der Einwohner, wovon viele in den größeren Städten im Norden leben. Daher gibt es in
Argentinien viele Freiflächen, die je nach Region aus Bergen, Wäldern, Steppe oder
Wüstenausläufern bestehen. Erwähnenswert sind hierbei sowohl der Norden des Landes
rund um die sehenswerten Iguazú-Wasserfälle und die Region um Salta und Jujuy als auch
das bergige Patagonien an der chilenischen Grenze und Feuerland am südlichsten Zipfel
Südamerikas. Am Besten fragt man natürlich vor Ort einen Argentinier um Rat, um auch
Tipps für weniger touristische Ziele zu erhalten. Argentinier sind im Allgemeinen sehr
freundliche, gesprächs- und hilfsbereite Menschen, die einen gerne mal auf eine Runde
Mate-Trinken oder zum „Asado“ (Grillen) einladen, welches man sich aufgrund der
exzellenten Fleischqualität in Argentinien definitiv nicht entgehen lassen sollte. Trotzdem
sind Argentinier, allen voran die Porteños, wie sich die Einwohner von Buenos Aires selbst
nennen, auch sehr stolz und viele bezeichnen sich aufgrund ihrer italienischen, spanischen
oder französischen Wurzeln auch als „die Europäer Südamerikas“.
Studium und Studienumfeld
Das Studium an der Universidad Tecnológica Nacional unterscheidet sich sehr vom Studium
an deutschen Universitäten. Das universitäre System in Argentinien ist stark verschult, das
heißt, es gibt kleinere Klassen mit maximal 30 Personen, Hausaufgaben und
Anwesenheitspflicht. Da ich mich am Ende meines Masterstudiums befand, habe ich
Vorlesungen aus dem fünften Jahr gewählt. Dies entspricht dem letzten Jahr vor dem
Studienabschluss. Neben einem Spanischkurs, welcher zweimal pro Woche stattfand, habe
ich die Fächer „Responsabilidad Social Empresaria“ (Soziale Verantwortung von
Unternehmen/Unternehmensethik) und „Fabricación Flexible y Sistemas Inteligentes“
(Flexible Produktion und intelligente Systeme) gewählt. Diese Vorlesungen werden meist
interaktiv gestaltet und es wird viel diskutiert, wobei ich technikinteressierten Studenten vor
allem letzteres Fach empfehlen kann. Die Vorlesungsinhalte werden hierbei durch einige
interessante Fachvorträge aus der Praxis zu Themen wie beispielsweise „Digitale Fabrik“
vertieft.
Während des Semesters werden in der Regel zwei Prüfungen pro Fach geschrieben, jeweils
gegen Mitte und Ende des Semesters. Allerdings können die Prüfungen auch durch
Präsentationen oder Hausarbeiten ersetzt werden. Dies liegt in der Entscheidung der
Dozenten. Die Vorlesungen finden in den höheren Semestern meistens erst abends von 19
bis circa 22 Uhr statt, da die meisten Studenten tagsüber schon arbeiten.

Neben den Vorlesungsräumen und Laboren befindet sich im Gebäude der Master-
Studiengänge noch eine Bibliothek. Am Campus selbst werden noch ein paar Sportkurse
angeboten, es gibt jedoch zum Beispiel leider kein Fitnessstudio an der Universität.
Persönliche Erfahrungen und Tipps
Bei der Wohnungssuche lohnt es sich, zwar schon von Deutschland aus zu suchen, die
Zimmer jedoch vor Ort zunächst anzuschauen bevor man eine Wohnung mietet. Zur Suche
habe ich vor allem die Website www.roomgo.com.ar genutzt und letztendlich bei
www.pisocompartido.com.ar mein WG-Zimmer gefunden. Alternativ findet man auch bei
Airbnb gute Angebote.
Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens in der Stadt lohnt es sich, in der Nähe einer U-
Bahn-Station zu wohnen, da die „Subte“, welche zwischen 5 und 24 Uhr fährt, die schnellste,
einfachste und günstigste Möglichkeit zur Fortbewegung darstellt. Mit der App „BA Subte“
erhält man dabei einen schnellen Überblick über das U-Bahn-Netz sowie mögliche Störungen
oder Ausfälle. Ansonsten kann man auch mit einem Account bei der App „Ecobici“ an den
vielen Fahrradstationen in der Stadt gratis Fahrräder ausleihen.
Den Ecobici-Account, ein Vergünstigung für den Transfer vom Flughafen in die Stadt, eine
Bezahlkarte für das U-Bahn- und Bussystem sowie einen Gutschein für eine argentinische
SIM-Karte erhält man mit dem Willkommens-Paket (Kit de Bienvenida), welches man unter
https://turismojoven.buenosaires.gob.ar/es beantragen und vor Ort im Tourismus-Büro
einlösen kann. In der Regel bekommt man dazu jedoch auch vor dem Semester von der für
die Austauschstudenten verantwortlichen Person eine E-Mail mit allen Informationen.
Argentinien ist auch aufgrund seiner Größe ein sehr vielfältiges Land und hat für jeden
Reisetyp etwas zu bieten. Falls man nach Patagonien und Feuerland reisen möchte, sollte
man zwischen November und April, während der Sommerzeit auf der Südhalbkugel, gehen,
da in der Nebensaison aufgrund des Wetters einige Aktivitäten nicht mehr möglich sind –
andererseits kann man von Juni bis August dort Ski oder Snowboard fahren. Aufgrund der
anderen Semesterzeiten im Gegensatz zu Deutschland besteht die Möglichkeit, auch nach
dem Semester noch ein bis zwei Monate zu reisen. Dazu empfiehlt es sich natürlich, mit
einem großen Rucksack anstatt einem Koffer anzureisen, um nach dem Semester beim
Reisen flexibler zu sein und keine Probleme mit dem sperrigen Gepäck zu haben.
Erfahrungsgemäß reicht hierzu ein 65 oder 70 Liter-Rucksack gut aus.
Zum Reisen in Argentinien selbst findet man auf www.plataforma10.com die besten
Busverbindungen und bei den Fluglinien Latam, Aerolíneas Argentinas und Andes Líneas
Aéreas die günstigsten Inlandsflüge. Da die Distanzen oft sehr groß sind, lohnt es sich die
Busverbindungen über Nacht und dabei die Option „Cama“ (Bett) zu wählen, die hohen
Komfort bietet und gleichzeitig meistens auch noch Snacks und Getränke beinhaltet.
Mein Fazit

Immer wieder frage ich mich: Wo ist die Zeit hin? Gerade erst angekommen in Argentinien
und schon wieder ist der Auslandsaufenthalt vorbei. Obwohl es einem so vorkommt, dass
die Zeit auf dem südamerikanischen Kontinent langsamer vergeht, so geht das Semester
doch zu schnell vorbei, um dieses riesige Land und seinen ganz speziellen kulturellen Mix
richtig genießen und wirklich kennenlernen zu können.
Wichtig ist es vor allem, offen gegenüber einer neuen Kultur zu sein, auf die Menschen
zuzugehen und dabei zu versuchen, sein Spanisch weiter zu verbessern. Die Argentinier
freuen sich, wenn man Spanisch spricht und nicht versucht, sich mit Englisch durchzuboxen.
Wer überlegt, nach Argentinien zu gehen, dem kann ich Buenos Aires aufgrund der vielen
kulturellen Angebote und der besten Anbindung an das Bus- und Flugnetz sehr empfehlen.
Allerdings ist Buenos Aires natürlich eine sehr große Stadt. Wer eine etwas kleinere Stadt
bevorzugt, den dürften Córdoba oder Mendoza eventuell eher ansprechen.
Ein großer Dank geht an das Akademische Auslandsamt, welches es mir mit dem
Teilstipendium ermöglicht hat, ein Auslandssemester in Argentinien zu verbringen.
Ich bin glücklich, diese Entscheidung getroffen zu haben und werde mich immer daran
erinnern.
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