Ergebnisse des vierten Vernetzungstreffens - in Magdeburg am 03.03.2018 - Miteinander stärken

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Ergebnisse des vierten Vernetzungstreffens - in Magdeburg am 03.03.2018 - Miteinander stärken
Ergebnisse des vierten
Vernetzungstreffens
in Magdeburg am 03.03.2018

               I N DI ES EM HEFT u.a .

         Hegemonie, Bündnispolitik und die
                                                S. 4
         soziale Frage

         „Ethnopluralistischer“ Nationalismus
                                                S. 6
         und Antisemitismus

         Der Kulturkampf von Rechts             S. 8

         Thementisch „Bildung“                  S. 11

         Thementisch „Rechtspopulismus“         S. 13

         Thementisch „Antisemitismus –
                                                S. 14
         Was tun?“
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Seite 2                                                                                                          Ei n le it u ng

       Einleitung zur Dokumentation des Vernetzungstreffens
       Diese Broschüre dokumentiert die Ergebnisse des regionalen Vernetzungstreffens „Miteinander stärken. Rechtspopulismus
       entgegenwirken“ am 3. März 2018 im Familienhaus Magdeburg. Das Vernetzungstreffen ist Teil des bundesweiten Pro-
       jekts „Miteinander stärken. Rechtspopulismus entgegenwirken“ und wird gefördert im Rahmen des Bundesprogramms
       „Demokratie leben!“. Moderiert wurde es von Kevin Rosenberger, Bildungswissenschaftler und Psychologe an der Akade-
       mie Waldschlösschen.

       Das LSVD-Projekt fördert die Akzep-      Auf dem Vernetzungstreffen in Mag-          die gemeinsame Entwicklung von krea-
       tanz von Lesben, Schwule, bisexuellen,   deburg wurden zusammen mit Bündnis-         tiven Ideen, um den faktenfreien Kam-
       trans* und intergeschlechtlichen Men-    partner*innen erste Bedarfe identifi-       pagnen von Rechtspopulist*innen und
       schen (LSBTI*) und stärkt das gesell-    ziert, gemeinsame Strategien entwi-         Gleichstellungsgegner*innen mit Mut
       schaftliche Miteinander. Gemeinsam       ckelt sowie Anforderungen an Politik        entgegenzutreten und so den gesell-
       mit vielen Partner*innen bieten wir      und Gesellschaft formuliert, um             schaftlichen Zusammenhalt zu stärken.
       dem Rechtspopulismus Paroli und ent-     Rechtspopulismus und gruppenbezoge-         Eine Allianz der Vielfaltsverteidi-
       wickeln wirksame Strategien und Bünd-    ner Menschenfeindlichkeit entgegenzu-       ger*innen aufbauen – das ist eines der
       nisse gegen Homophobie, Transfeind-      wirken. Gleichfalls konnten sich die        großen Ziele des Projektes.
       lichkeit und andere Formen der grup-     teilnehmenden Akteur*innen vernetzen        Projektträger ist der Familien- und
       penbezogenen Menschenfeindlichkeit.      und austauschen. Die Ergebnisse des         Sozialverein des LSVD. Er wird in der
       Dabei steht nicht nur die LSBTI*-        Vernetzungstreffens werden in einem         Strukturentwicklung zum bundeszentra-
       Community im Fokus, sondern auch der     zweiten Schritt weiterentwickelt und        len Träger im Themen- und Strukturfeld
       Austausch mit Projekten aus den Berei-   bei einer für Frühjahr 2019 ebenfalls       "Akzeptanzförderung und Empower-
       chen Antirassimus-, Antisemitismusprä-   in Magdeburg geplanten Regionalkon-         ment für lesbische, schwule, bi- und
       vention, aus der Bildungsarbeit, aus     ferenz aus wissenschaftlicher Perspek-      intersexuelle bzw. -geschlechtliche
       der Demokratieförderung, aus migran-     tive beleuchtet. Wissenschaftler*innen,     Menschen und ihre Angehörigen" vom
       tischen Organisationen und auch mit      Vertretungen aus Stiftungen, aus der        Bundesministerium für Familie, Senio-
       Trägern aus Sport, Kultur, Wissen-       Politik und Fachkräfte aus den unter-       ren, Frauen und Jugend im Rahmen des
       schaft, Jugendarbeit und vielen weite-   schiedlichsten Bereichen werden die         Bundesprogramms „Demokratie le-
       ren Bereichen. Wir ermöglichen ge-       Ideen und Strategien der Aktivist*innen     ben!“ gefördert.
       genseitige Lernprozesse.                 auswerten und weiterdenken. Ziel ist

        Auszüge aus dem Grußwort von Staatssekretärin Susi Möbbeck
und Integration Sachen-Anhalt
Foto©Ministerium für Arbeit, Soziales

                                                 „Wir brauchen Zusammenhalt und abgestimmte Strategien
                                                 gegen Homo- und Transphobie und Abwertung, um zu ver-
                                                 hindern, dass von Diskriminierung Betroffene sich unsicher
                                                 und ausgeschlossen fühlen.“
                                                 – Susi Möbbeck, Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales und
                                                 Integration des Landes Sachsen-Anhalt und Integrationsbeauftragte der
                                                 Landesregierung

       Ungleichwertigkeitsvorstellungen, Ste-   Ich bin dankbar, dass das Bundespro-        und ausgeschlossen fühlen, dass sich
       reotype, Ausgrenzungen zeigen, wie       gramm ‚Demokratie leben!‘ den               Menschen aus Angst nicht zu ihrer se-
       dünn die zivilisatorische Schicht der    Lesben- und Schwulenverband als Trä-        xuellen Identität und Orientierung, zu
       Demokratie sein kann. Neben Rassis-      ger strukturell unterstützt und damit das   ihrer Liebe bekennen...
       mus ist Homo- und Transphobie ein        heutige Vernetzungstreffen möglich
                                                                                            In Sportvereinen, auf der Arbeit, in
       Baustein von rechtspopulistischen Er-    macht. Denn: Wir brauchen Zusammen-
                                                                                            Vereinen und Verbänden müssen wir
       zählungen, der wie schleichendes Gift    halt und abgestimmte Strategien gegen
                                                                                            klare Kante zeigen: denn die Abwer-
       langsam in den Diskurs einsickert, um    Homo- und Transphobie und Abwer-
                                                                                            tung Einzelner trifft unsere Gesellschaft
       die Grenzen des Sagbaren zu ver-         tung, um zu verhindern, dass sich Be-
                                                                                            als Ganzes...
       schieben...                              troffene von Diskriminierung unsicher
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Grußwort von Grit Merker                                                                                                Seite 3

      Begrüßung
      Grit Merker, Landesvorstand des LSVD Sachsen-Anhalt

                                                                                            ken. Wir führen heute fort, was wir als
Foto © privat

                                                                                            LSVD in Sachsen-Anhalt bereits begon-
                                                                                            nen haben: in der gegenseitigen Un-
                                                                                            terstützung von Aktionen unserer Bünd-
                                                                                            nispartner*innen vom „Bündnis gegen
                                                                                            rechts“ bei der Meile der Demokratie
                                                                                            oder der Vernetzung im Bereich von
                                                                                            Gewerkschaften und Wohlfahrtsver-
                                                                                            bänden.
                                                                                            Mich freut es wirklich sehr, dass nun
                                                                                            dieses heutige Vernetzungstreffen im
                                                                                            Magdeburger Familienhaus stattfindet.
                                                                                            Dies ist ein Ort, an dem viele Men-
     Liebe Freund*innen,                                                                    schen zusammenkommen, die unter-
                                                                                            schiedlichste Diskriminierungserfahrun-
     heute ist wieder ein 3. März. An einem      die Finanzierung des LSBTTI*-Aktions-      gen haben. Das zu betonen ist mir vor
     3. März haben sich Frauen der Natio-        programms zu verhindern. Es folgte         allem deshalb wichtig, da der LSVD
     nal Woman‘s Party in Washington auf         die „Magdeburger Erklärung“, die           Sachsen-Anhalt seit einem Jahr einen
     die Straße begeben, um für das Frau-        LSBTTI* inklusive Bildungspläne und        Hilfe-Treff für queere Menschen mit
     enwahlrecht zu kämpfen, wofür sie vor       Methoden-Koffer massiv diffamierte         Fluchterfahrung unterhält.
     den Augen der Polizei von einem wü-         und angriff.
     tenden Mob angegriffen wurden. Das
     war 1913. An einem 3. März began-
     nen die Nationalsozialisten in Deutsch-          „Das Perfide: niemand kann mit Gewissheit sagen,
     land, ihnen unliebsame Menschen –
     damals noch hauptsächlich politisch
                                                       nicht selbst einmal angefeindet zu werden.“
     Andersdenkende – in sogenannte                   – Grit Merker
     „Schutzhaft“ zu nehmen. Das war
     1933.
     Dass Rechtspopulismus in Deutschland        Aber es sind nicht nur Lesben, Schwule,    Hier habe ich Menschen kennen lernen
     einmal derart erfolgreich sein könnte,      Bisexuelle, Transgender, Transsexuelle     können, die ich in meinem normalen All-
     hätten sich viele noch vor einigen Jah-     und Intersexuelle (LSBTTI*) gegen die      tag niemals getroffen habe. Dafür bin
     ren nicht vorstellen können. In Sachsen-    agitiert wird, es sind Frauen, ethnische   ich dankbar, weil diese Zusammentreffen
     Anhalt ist nun ein AfD-Landesverband        Minderheiten, Asylsuchende, Alleiner-      noch einmal meinen Horizont an mögli-
     aktiv, den man getrost als rechtslastig     ziehende, Menschen in prekären Ar-         chen Diskriminierungen erweitert hat.
     einstufen kann. Seit seinem Auftreten       beitsverhältnissen … schlichtweg alle      Ich hoffe, dass alle Teilnehmenden einen
     hat sich einiges im politischen und ge-     Menschen, die nicht dem rechtpopulisti-    guten, sie weiterführenden Tag haben
     sellschaftlichen Alltag verändert. Da ist   schen Menschen- und Familienbild ent-      werden, dass wir alle uns für die gemein-
     der Ton rauer geworden, es wird ge-         sprechen. Und das Perfide: Niemand         same Arbeit gegen Rechtspopulismus
     gen gesellschaftliche Minderheiten          kann mit Gewissheit sagen, nicht selbst    wappnen und wir gemeinsam für eine
     gehetzt, politische Unkorrektheiten         einmal angefeindet zu werden.              demokratische und diskriminierungsfreie
     werden jetzt unverblümt ausgespro-                                                     Gesellschaft eintreten.
                                                 Aus diesem Grund ist die Vernetzung
     chen. Die hier anwesenden Landtags-
                                                 und die Zusammenarbeit der richtige        Grit Merker
     abgeordneten können davon sicherlich
                                                 Weg, um gegen den drohenden De-            Landesvorstand des LSVD Sachsen-
     das ein oder andere Lied singen.
                                                 mokratieverlust und den andauernden        Anhalt
     Wir als Landesverband sind ebenfalls        Angriff auf Menschenrechte vorzuge-
     direkt konfrontiert. Bereits 2016 ver-      hen. Wir müssen das gemeinsam vo-
     suchte die AfD per Landtagsbeschluss        ranbringen und das Miteinander stär-       (Es gilt das gesprochene Wort)
Ergebnisse des vierten Vernetzungstreffens - in Magdeburg am 03.03.2018 - Miteinander stärken
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       Keynote: Hegemonie, Bündnispolitik und die soziale
       Frage
       Bodo Niendel, Referent für Queerpolitik der Bundestagsfraktion DIE LINKE
Foto© Micha Schulze

                                                                                                   „Ich plädiere dafür,
                                                                                                   sich stärker auf zivil-
                                                                                                   gesellschaftliche
                                                                                                   Prozesse zu konzen-
                                                                                                   trieren, um die derzeit
                                                                                                   rechte Hegemonie zu
                                                                                                   durchbrechen.“
                                                                                                   – Bodo Niendel

       Ein globaler Rechtsruck hat sich in den    sprechen, indem er die sozialen Fra-       ter Positionen im Besonderen im Sozia-
       letzten Jahren vollzogen. Trump, Putin,    gen ethnisiert. Spannungen werden          len und vor allem darin, dass die einst
       Erdogan, Orban, Kaczynski, Kurz... Die     angeheizt und zunehmend wird Ge-           sozialdemokratischen Parteien keine
       Welt rückt nach rechts. Die AfD bekam      walt in die Gesellschaft getragen, wie     Alternative für jene bieten, die sich
       bei der Bundestagswahl letzten Jahres      es der Rechtsextremismus-Experte Hajo      abgehängt fühlen sowie eine Mitte,
       12,6 Prozent der Stimmen. Seitdem          Funke charakterisierte. Das nationale      die Ängste vor dem sozialen Abstieg
       fällt sie zunehmend durch menschen-        „Wir“ wird als ein letzter Rettungsan-     hat. Der massive Ausbau des Niedrig-
       feindliche Äußerungen, den Schulter-       ker gegen die Ängste vor einem             lohnsektors, steigende Mieten in Bal-
       schluss mit Pegida und einer schleichen-   „Untergang“, gegen die fortschreiten-      lungsgebieten und Verteilungskämpfe
       den Radikalisierung auf.                   de Globalisierung und einem scheinba-      bei der Essenausgabe an Tafeln sind
                                                  ren Werteverfall angeboten.                ein Indikator dafür. Im Osten Deutsch-
       Obwohl die AfD-Fraktion von einer
                                                                                             lands tritt zudem eine besondere Er-
       lesbischen Abgeordneten angeführt          Der Kampf gegen den Islam, gegen
                                                                                             fahrung von Entfremdung hinzu.
       wird, trommelt sie gegen die Rechte        Flüchtlinge und ein Zurück zur traditio-
       von LSBTI* im Bundestag und auf der        nellen Familie funktionieren als ein       Die Rechten füllen diese Lücke und
       Straße (Pegida, Demo für Alle). Die        „leerer Signifikant“, mit dem ein rech-    stellen sich als Anwälte der „kleinen
       AfD-Abgeordnete Nicole Höchst rühm-        tes Menschenbild aufgeladen ist. Die       Leute", der Abgehängten und Ab-
       te sich damit, fortan im Kuratorium der    AfD nutzt den Deutschen Bundestag,         stiegsbedrohten und damit zugleich als
       Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ge-       soziale Medien, Talkshows und Bierzel-     Partei der Mitte dar. In ihrer Rhetorik
       gen LSBTI* zu agieren. Die Mitte-          te als Bühne für ihre rechtsextreme        werden bewusst soziale Probleme
       Studien zeigen, dass die AfD auf dem       Propaganda. Provokation, Opferkult         aufgegriffen, diese aber national und
       Nährboden eines vorgefundenen Ras-         und das Bestehen darauf, dass nur sie      völkisch überformt, wie es das
       sismus und einer Xenophobie wächst         „das Volk“ vertreten, sind ihre Mittel.    „Rentenkonzept“ von Björn Höcke
       und diese Positionen immer stärker in      Die Rechten haben es geschafft, Par-       zeigt. Das Absurde an der AfD ist,
       die Gesellschaft verwurzelt.               teien und Gruppierungen ihre Themen        dass diese völkisch-sozialen Positionen
                                                  aufzudrücken. Die Gesellschaft ver-        im Widerspruch zum neoliberalen Flü-
       Der neue globale Rechtsextremismus
                                                  schieben sie nach rechts.                  gel in der AfD um Alice Weidel stehen.
       Der neue globale Rechtsextremismus                                                    Aber offenbar funktioniert es derzeit
                                                  Das Versagen der Sozialdemokraten
       und Rechtspopulismus will sowohl intel-                                               bei den Wähler*innen wie bei einem
       lektuell in die Mitte der Gesellschaft     Ich sehe im Anschluss an die Analyse       Bauchladen: Jeder nimmt, was er
       und diese radikalisieren als auch ab-      des französischen Soziologen Eribon        braucht und identifiziert sich mit dem
       gehängte Bevölkerungsschichten an-         eine der Ursachen des Erstarken rech-      Nationalen.
Ergebnisse des vierten Vernetzungstreffens - in Magdeburg am 03.03.2018 - Miteinander stärken
Keynote                                                                                                                  Seite 5

Die Freiheit des Marktes                   rückdrehen wollen. Wir stachen durch         Mein Kerngedanke lautet, dass wir mit
                                           unsere Erfolge heraus. Der Kampf der         Hilfe von Bündnissen um eine Verände-
Während queere Menschen in der
                                           AfD gegen „Gender-Wahnsinn" und              rung streiten sollten.
westlichen Welt auf einer Welle der
                                           „Political Correctness" ist zwar nicht
wachsenden Akzeptanz und Gleichstel-                                                    Diese Bündnisse sollten um konkrete
                                           das Hauptfeld ihrer Betätigung, aber
lung schwammen, veränderten sich die                                                    soziale Veränderung und Emanzipati-
                                           gerade auf diesem Gebiet suchen sie
Gesellschaften grundlegend. Frauen,                                                     on streiten. Dabei sollten sie aufzei-
                                           den Schulterschluss mit Konservativen,
Lesben- und Schwulenbewegung                                                            gen, dass eine multikulturelle und freie
                                           der ihnen mit „völkischen" Themen eher
drängten auf mehr Selbstbestimmung                                                      Gesellschaft eine Bereicherung für alle
                                           verwehrt bliebe.
und die Überwindung von Konformität.                                                    Menschen ist. Soziales und Emanzipati-
Politische Entscheidungen, getragen        Queere Bewegungen sollten über den           on sind zusammenzudenken, um die
vom Geist des Neoliberalismus, befeu-      eigenen Tellerrand schauen. Dass sie         Herzen der Menschen zu erreichen.
erten Prozesse der Deregulierung, der      das können, haben sie während der
Flexibilisierung und der Privatisierung.   Aufnahme der Flüchtlinge 2014-2015
Die neue flexible Kultur des Kapitalis-    in Deutschland und anderen Staaten           Bodo Niendel
mus, wie es der amerikanische Soziolo-     durch ihr Engagement bewiesen. Oft           Referent für Queerpolitik der Bundes-
ge Sennet nennt, überrumpelte viele        waren queere Menschen an vorderster          tagsfraktion DIE LINKE
Menschen. Zwar verkleinerte sich das       Stelle ehrenamtlich aktiv. Der aufkom-
                                                                                        (Es gilt das gesprochene Wort)
Heer der Arbeitslosen, doch mit unver-     mende Rassismus in der Gesellschaft
gleichlicher Rasanz hielt das Heer der     wurde gebrandmarkt und der LSVD,
arbeitenden Armen Einzug. Die Real-        ebenso wie andere queere Gruppen
einkommen sanken. Damit wurde auch         und Einzelpersonen, beteiligten sich an
eine Axt an den sozialen Zusammen-         Protesten gegen die regionalen Pegi-
halt der Gesellschaft gelegt.              da-Ableger.
Die queeren Bewegungen haben sich
währenddessen auf einen emphati-                  „Das Vernetzungstreffen in Magdeburg war ein
schen Begriff der Menschenrechte und              wegweisender Schritt zu einem zivilgesellschaftlichen Bündnis
der Bürgerrechte gestützt. Zugleich               als Antwort auf den Rechtsruck. Vertiefende Vorträge,
haben sie den sozialen Teil dieser                intensive Workshops und anregende Diskussionen haben
Menschenrechte zumeist ausgeklam-                 Menschen verknüpft und Impulse geliefert. Ich freu mich sehr,
mert (Ausnahme: AIDS-Hilfen), obwohl              dass der LSVD hier eine hervorragende Initiative gestartet
die skizzierte Entwicklung die Lebens-            hat und ich an dieser teilnehmen durfte. Nur im Bündnis – aus
bedingungen auch vieler queerer Men-              meiner Warte mit einem sozial-politischen Impuls heraus –
schen deutlich verändert hat. Lebens-             werden wir die Hegemonie verändern können.“
partnerschaftsgesetz und die Hartz-IV-
Gesetze wurden fast zeitgleich be-                – Bodo Niendel
schlossen. Während wir das eine ge-
feiert haben, haben wir das andere
nicht problematisiert: Fortschritt der     Auf der anderen Seite haben einige
individuellen Entfaltung auf der einen     Menschen die Hoffnung auf bessere
Seite und Rückschritt im Sozialen auf      Lebensverhältnisse für sich oder ihre
der anderen.                               Kinder verloren. Einige sind verängs-
                                           tigt oder fühlen sich vom Abstieg be-
Mögliche Antworten
                                           droht. Einige sehen in ihrer Proteststim-
Während es zu gewaltigen sozialen          me für den Rechtsextremismus und
Verwerfungen kam, haben wir viele          damit gegen queere Emanzipation
Rechte erstritten, sie wurden uns nicht    einen Denkzettel für „die Etablierten“.
geschenkt. Gleiche Chancen und Rech-       Ich plädiere dafür, sich stärker auf
te haben wir aber noch lange nicht,        zivilgesellschaftliche Prozesse zu kon-
doch sein Freiheitsversprechen konnte      zentrieren, um die derzeit rechte He-
der Neoliberalismus für queere Men-        gemonie zu durchbrechen. Mit zivilge-
schen wenigstens in gewissen Punkten       sellschaftlichen, kulturellen und sozialen
einlösen. Der Rechtspopulismus zieht       Kämpfen kann die Hegemonie, im Sin-
deshalb gerade uns als Beispiel für        ne des Philosophen Antonio Gramscis,
eine falsche Politik heran, die sie zu-    verschoben werden.
Ergebnisse des vierten Vernetzungstreffens - in Magdeburg am 03.03.2018 - Miteinander stärken
S e it e 6                                                                                                              Wo r ksho p 1

  Workshop 1: „Ethnopluralistischer“ Nationalismus und
  Antisemitismus
  Leitung: Carl Chung, Jüdisches Forum für Demokratie und gegen
  Antisemitismus e.V. (JFDA)

                                                          „Wenn man am ‚judenfreundlichen‘ Lack der ‚ethno-
Foto © privat

                                                          pluralistischen‘ Ideologie kratzt, wenn man der Spur des
                                                          ‚identitären‘ Verschwörungsmythos vom ‚Großen Austausch‘
                                                          folgt, stößt man früher oder später auf dessen gar nicht
                                                          neuen Kern: auf die Mär von der ‚völkerzersetzenden jüdi-
                                                          schen Weltverschwörung‘ mit den bekannten Stereotypen
                                                          und Deutungsmustern des traditionellen Antisemitismus.“
                                                          – Carl Chung

  Warum ist es wichtig, Erscheinungsformen von Antisemitismus, Rassismus und demokratiefeindlichen
  Einstellungen entgegen zu wirken?

                Antisemitismus in allen seinen Erscheinungsformen bedroht die freiheitliche Demokratie in Deutschland nach der Shoa.

                Die den Menschenrechten verpflichtete, freiheitliche Demokratie ist die stärkste Bastion gegen den Antisemitismus.

  Welche Positionen der radikalen und extremen Rechten bedrohen unsere Demokratie?

                Völkischer Rassismus und Antisemitismus – „traditioneller Rechtsextremismus“

                Ethnozentrierter-kulturalistischer Nationalismus – „identitärer“ Rechtsextremismus / „Neue Rechte“
                         Islam- und Muslimfeindlichkeit
                         Antipluralismus – Minderheitenfeindlichkeit – Ablehnung des „Systems“
                         Diffamierung „volksfeindlicher“ Eliten, Medien, politischer Gegner
                         Verschwörungsmythen und Anti-Establishment-Ressentiments

  Was zersetzt die Fundamente der Demokratie?

                Relativierung von Bürger-, Grund- und Menschenrechten (Freiheit und Gleichheit)

                Diffamierung politischer Gegner

                Angriff auf den politischen Pluralismus („Volksverräter“, „Volksfeinde“, „Terrorunterstützer“)

                Angriffe auf freien Medien („Fake-News“, „Lügenpresse“)

                Diskreditierung der Wissenschaften („alternative Fakten“)

                Zersetzung des Konzepts der allgemeinen und unteilbaren Menschenrechte
Ergebnisse des vierten Vernetzungstreffens - in Magdeburg am 03.03.2018 - Miteinander stärken
Wo r ksho p 1                                                                                                          S e it e 7

Was zeichnet die „Neue Rechte“ aus?

   kein offen positiver Bezug auf den Nationalsozialismus

   Argumentation mit Kultur statt mit „Rasse“; wobei Kulturen als „natürliche“ und unveränderbare Kollektive verstanden
   werden
   Abwendung vom militanten Kampf und Anstreben eines kulturellen „Kampfs um die Köpfe“

   Brechen mit alten Bildern vom Skinhead-Nazi: die „Neue Rechte“ gibt sich anschlussfähig an die Mehrheitsgesellschaft;
   Eingehen auf aktuelle Trends in Mode, Medien und Jugendkultur

Was ist die „Identitäre Bewegung“?

   Selbstverständnis als europäische Jugendbewegung – gegründet in Frankreich, in Deutschland seit 2012 aktiv

   Abgrenzung vom klassischen Rechtsextremismus, Bezüge zu Pop- und Jugendkultur, um gut bei Jugendlichen anzukom-
   men; moderne Medienstrategie, hohe Aktivität in sozialen Netzwerken und Selbstinszenierung als „rechte Avantgarde“
   vertritt die Ideologie des „Ethnopluralismus“, die nicht mehr biologistisch-rassistisch, sondern kulturalistisch argumentiert;
   Kultur wird als ethnisch-national verstanden und essenzialisiert
   Mythos vom „großen Austausch“: Behauptung, das deutsche Volk stürbe aufgrund geringer Geburtenraten aus und wür-
   de – von „den Eliten“ geplant und gesteuert – nach und nach durch Migration ersetzt

Was charakterisiert den kulturalistisch-nationalistischen Populismus?

   „Volkstümlicher“ Politikstil, übermäßige Vereinfachungen

   „Für DAS Volk“ (gedacht als homogen und monolithisch)

   Kulturalistischer („identitärer“) Nationalismus

   Antimodernismus im Sinne von antipluralistischer, antiegalitärer und antiwestlicher Identitätspolitik

   Intellektuellen- und Wissenschaftsfeindlichkeit

   Dichotomie: „WIR da unten“ gegen „DIE da oben“ (Schwarz-Weiß-Muster, für die „kleinen“ Leute)

   Anti-Establishment gegen DIE da oben im Sinne von „spekulativem und wurzellosen Finanzkapital“, „wurzellosen Kosmo-
   politen“ usw. (mit einer Tendenz zu Verschwörungstheorien)

„Ethnopluralistischer“ Nationalismus und Antisemitismus?!

   Fazit: Es bleibt widersprüchlich!

   Widersprüchliche Selbst- und Fremdwahrnehmung der „Neuen Rechten“ und inkonsistente Ideologeme:
   Muslimfeindlich motivierter, vor allem israelbezogener (vorgeblicher?) Philosemitismus
   Kulturalistisch motivierter, struktureller und Post-Shoa-Antisemitismus sowie Verschwörungsmythen
   Grenzüberschreitungen zum völkisch-rassistischen Rechtsextremismus und Antisemitismus

Mehr Infos siehe: Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V. (JFDA): „Augen Auf! – Rassismus und Einwande-
rungsfeindlichkeit entgegentreten“, https://jfda.de/projekte/augen-auf, Kontakt per E-Mail: augenauf@jfda.de
Ergebnisse des vierten Vernetzungstreffens - in Magdeburg am 03.03.2018 - Miteinander stärken
S e it e 8                                                                                                         Wo r ksho p 2

         Workshop 2: Der Kulturkampf von Rechts
         Leitung: Georg Matzel, Leiter der Rainbow Connection LSVD Sachsen-Anhalt
Foto © LSVD - Caro Kadatz

                                                     „In Zeiten wie dieser ist es enorm wichtig, für eine Kultur der Viel-
                                                     falt und Akzeptanz, eine Kultur des solidarischen Miteinanders zu
                                                     werben und dafür unablässig zu arbeiten. Die Menschen des 21.
                                                     Jahrhunderts haben es verdient, dass ihre Ansprüche an eine ge-
                                                     rechte Welt endlich erhört werden.“
                                                     – Georg Matzel (LSVD Sachsen-Anhalt)

         Begriffsklärung: Woher kommt der Begriff „Kulturkampf“?

         „Kampf der Kulturen“ („Clash of Civi-       verschiedenen Kulturen verschärfen            zwischen den Menschen verschiedener
         lations“) ist ein 1996 erschienenes Buch    würden. Besonders relevant wurde der          religiöser Zugehörigkeit auftun wür-
         des Politikwissenschaftlers Samuel          Begriff des „Kulturkampfes“ nach dem          den. Nach 09/11 schien diese Annah-
         Huntington, in welchem er beschreibt,       11. September 2001. Huntington stell-         me bestätigt und prägt seither das
         dass nach dem Ende des Ost-West-            te in seinem Buch heraus, dass beson-         Verhältnis zwischen Menschen einer
         Konfliktes die Welt nunmehr multipolar      ders Religionen als identitätsbildender       „christlich-abendländischen“ und einer
         und multikulturell geworden sei und         Faktor den Begriff der Kulturen prä-          „muslimisch“ geprägten Kultur.
         sich künftig Konflikte zwischen den         gen und dass sich somit „Bruchlinien“

          Rechtspopulismus in Deutschland

         Mit den öffentlich geführten Debatten       AfD unaufhaltsam zu einem so unbere-          mächtige Strömung in der AfD. Seit
         um Thilo Sarrazins Buch „Deutschland        chenbaren wie unheimlichen politischen        ihrer Gründung und spätestens ihrem
         schafft sich ab“ geriet der Rechtspopu-     Sammelbecken für Menschen aus dem             rasanten Aufstieg im Wahljahr 2014
         lismus in Deutschland seit Mitte der        gesamten rechten Spektrum radikali-           war die AfD eine Allianz und Sammel-
         2000er Jahre in Fahrt. Fragen nach          siert. Die AfD positioniert sich selbst als   becken für drei Strömungen, die sich
         der demographischen Entwicklung, die        Partei rechts von der Union, ohne sich        alle über eine Zementierung von sozia-
         Diskriminierung von Hartz-IV-               klar von Rechtsextremen abzugrenzen.          ler Ungleichheit3 definieren:
         Bezieher*innen, nach Zuwanderung            Immer wieder sucht die AfD die Nähe
                                                                                                      einen neoliberalen, Euro-kritischen
         und Flucht wurden besonders von             zu Rechtsaußen. Innerhalb der Partei             Flügel um Bernd Lucke und Konrad
         Rechtspopulist*innen auf die Agenda         bestehen personelle und inhaltliche              Adam,
         gesetzt. Die AfD (Alternative für           Überschneidungen mit der Neuen
         Deutschland) gründete sich 2013 als         Rechten um Götz Kubitschek1, nationa-            einen christlich-fundamentalistisch,
                                                                                                      anti-säkularen und aristokratisch-
         eurokritische Partei. Die Gründung der      listischen Burschenschaften, der rechts-         klerikalen Flügel um Beatrix von
         Partei war nach eigenen Angaben der         extremen NPD, der (gewalt-bereiten)              Storch,
         AfD eine Protestreaktion auf die Euro-      rechtsextremen Szene oder den vom
                                                                                                      einen völkisch-nationalistischen Flü-
         Rettungspolitik. Im Zuge der steigen-       Verfassungsschutz ebenfalls beobach-
                                                                                                      gel um Björn Höcke und André
         den Zahlen von Geflüchteten änderte         teten Identitären.2 Der völkisch-                Poggenburg.4
         sich der Kurs der AfD signifikant in        nationalistische Flügel um den AfD-
         Richtung einer völkisch-nationalistischen   Fraktions- und Landeschef in Thürin-
         Partei. Seit ihrer Gründung hat sich die    gen, Björn Höcke, ist inzwischen eine
Ergebnisse des vierten Vernetzungstreffens - in Magdeburg am 03.03.2018 - Miteinander stärken
Wo r ksho p 2                                                                                                       S e it e 9

Unheilige Allianzen – Christliche Fundamentalist*innen und der Rechtspopulismus

Ein Beispiel für die Schnittmengen von       Beverfoerde mobilisierte auch in Hes-    rungsfreies und wertschätzendes Ver-
christlichen Fundamentalist*innen und        sen und Bayern schon gegen die neuen     ständnis für die Verschiedenheit und
Rechtspopulist*innen ist der Verein          Lehrpläne zur Familien und Sexualer-     Vielfalt der partnerschaftlichen Bezie-
„Zivile Koalition“. Die „Zivile Koalition“   ziehung. In Baden-Württemberg diffa-     hungen, sexuellen Orientierungen und
ist ein Verein, der maßgeblich mit der       mierte die „Demo für alle“ massiv den    geschlechtlichen Identitäten. Das Im-
Familie von Storch verbunden ist5. Das       Bildungs- und Aktionsplan7 und wendet    pressum der „Demo für alle“ gibt
Netzwerk dieses Vereins mit christlich-      sich gegen ein offenes, diskriminie-     Magdeburg als Sitz aus.
fundamentalistischen Gruppen wurde
eindrucksvoll dargelegt in Andreas
Kempers Expertise „Keimzelle der
Nation“. Dieses Netzwerk fördert nach
Kemper ein konservativ-christlich ge-
prägtes Familienbild und hetzt gegen
Gender-Mainstreaming und Homose-
xuelle. Auch die sog. „Demo für Alle“
ist ein Beispiel einer solchen unheiligen
Allianz. Sie geht zurück auf das fran-
zösische Pendant „Manif pour tours“6
und ist ein Bündnis aus christlichen Or-
ganisationen und rechtspopulistischen
Initiativen. Initiatorin der gegenwärti-
gen Stimmungsmache ist die homopho-
be „Demo für alle“ um Hedwig von
Beverfoerde. Beverfoerde organisiert
die homophobe „Demo für alle“, sitzt
im Redaktionsbeirat der rechtpopulisti-
schen Freien Welt und war lange Zeit
Sprecherin der Initiative Familienschutz
um Sven von Storch. Das Bündnis um

Neues Feindbild: „Linksextremismus“

Im Dezember 2017 stellte die AfD-            der e. V., um dessen Arbeit gegen        die Bildung einer Enquete-Kommission
Fraktion im Landtag von Sachsen-             Rechtsextremismus zu hinterfragen.8      zu Linksextremismus in Sachsen-Anhalt
Anhalt eine große Anfrage zur Förder-        Auf Antrag der AfD-Fraktion hatte der    beschlossen.9 Geführt wird diese Kom-
mittelvergabe an den Verein Miteinan-        Landtag bereits am 24. August 2017       mission von André Poggenburg.

Diffamierung von Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung

Die AfD bezieht einen Großteil ihrer         kriminell.11 Zudem würden besonders      NSDAP benutzt, um sich in positiver
Popularität aus dem Schüren von Vor-         Geflüchtete beim Recht auf Asyl betrü-   Weise von den politischen Geg-
urteilen gegen Migrant*innen und ge-         gen, etwa aus wirtschaftlichen Grün-     ner*innen der damaligen Zeit abzu-
gen Geflüchtete. Besonders häufig            den. Die AfD begreift sich dabei als     grenzen.12
wird diesen unterstellt, sie würden sich     „Fundamentalopposition“ und will dem
in sexueller Weise an den deutschen          sogenannten „System der Altparteien“
Frauen vergreifen10 , bezögen unge-          beikommen. Der Begriff der sogenann-
rechtfertigt Sozialleistungen und wären      ten „Altparteien“ wurde schon von der
Ergebnisse des vierten Vernetzungstreffens - in Magdeburg am 03.03.2018 - Miteinander stärken
S e it e 1 0                                                                                                                Wo r ksho p 2

             Grafik (Ausschnitt) © LSVD – bikablo.com /Tobias Wieland

Anmerkungen
1 GötzKubitschek war auch Ehrengast auf der Wahlparty der AfD Sachsen-Anhalt. Stange, Jennifer (2016): Rechte Idylle.
www.freitag.de/autoren/der-freitag/rechte-idylle (Abgerufen am 25.Juni 2018)
2Maria Fiedler (2017): Wie radikal wird die AfD-Fraktion im Bundestag? www.tagesspiegel.de/themen/agenda/zukuenftige-
abgeordnete-wie-radikal-wird-die-afd-fraktion-im-bundestag/19509804.html (Abgerufen am 25. Juni 2018)
3 Sieheauch Lesben- und Schwulenverband (2017): AfD - eine unberechenbare Alternative. Online verfügbar unter: https://
www.lsvd.de/politik/rechtspopulismus-entgegentreten/afd-eine-unberechenbare-alternative.html (Abgerufen am 25. Juni 2018)
4 Vgl. Andreas Kemper (2015): Christlicher Fundamentalismus und neoliberal-nationalkonservative Ideologie am Beispiel der
„Alternative für Deutschland“. In: Lucie Billmann (Hg.): Unheilige Allianz. Das Geflecht von christlichen Fundamentalisten und Politisch Rech-
ten am Beispiel des Widerstands gegen den Bildungsplan in Baden-Württemberg. Rosa Luxemburg Stiftung, S. 21-29.
5 Vgl. Kemper, Andreas (2014): Keimzelle der Nation? Familien und geschlechterpolitische Positionen der AfD – eine Expertise. Friedrich-
Ebert-Stiftung, Forum Politik und Gesellschaft (Hrsg.), S. 15 ff. Online verfügbar unter: http://library.fes.de/pdf-files/dialog/10641-
20140414.pdf (Abgerufen am 25. Juni 2018)
6 Bündnis  für Akzeptanz und Vielfalt Wiesbaden (o.J.): Recherche-Papier: Wer ist die sogenannte “Demo für Alle”? Online verfügbar
unter: https://ihr-seid-nicht-alle.de/wp-content/uploads/2016/10/Wer-demonstriert-bei-der-Demo-fuer-alle.pdf (Abgerufen am 25.
Juni 2018)
7 Vgl.   Demo für alle: Bildungsplan. Online verfügbar auf: https://demofueralle.blog/tag/bildungsplan/ (Abgerufen am 25. Juni 2018).
8 Vgl.AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt (2017): Fördermittelvergabe an den Verein „Miteinander e. V.“ und angeschlos-
sene Projekte im Rahmen der sogenannten „Demokratieförderung“ des Landes Sachsen-Anhalt. Drucksache 7/2247 vom
20.12.2107. Online verfügbar unter: https://www.landtag.sachsen-anhalt.de/fileadmin/files/drs/wp7/drs/d2247aga.pdf (Abgerufen
am 25. Juni 2018). Siehe auch Antwort der Landesregierung vom 25.04.2018, online verfügbar unter: https://www.landtag.sachsen-
anhalt.de/fileadmin/files/drs/wp7/drs/d2791lag.pdf (Abgerufen am 25.06.2018)
9 Vgl. Landtag von Sachsen-Anhalt (2017): Enquete-Kommission zu Linksextremismus. Online verfügbar unter:
https://www.landtag.sachsen-anhalt.de/2017/enquete-kommission-zu-linksextremismus/ (Abgerufen am 25. Juni 2018)
10 Vgl.
      AfD-Kompakt, Mitglieder Magazin: Mehr sexuelle Übergriffe durch Migranten. Beitrag vom 20. Dezember 2017. Online verfüg-
bar auf: https://afdkompakt.de/2017/12/20/mehr-sexuelle-uebergriffe-durch-migranten/ (Abgerufen am 25. Juni 2018)
11 Vgl.Bystron, Petr (2017): AfD fordert verstärkten Kampf gegen kriminelle Migranten. Online verfügbar unter:
https://www.afdbayern.de/afd-fordert-verstaerkten-kampf-gegen-kriminelle-migranten/ (Abgerufen am 25. Juni 2018)
12 Vgl. Pfeffer, Kilian (2017): Der politische Kampf um die Sprache. SWR2 Wissen, online verfügbar unter:
https://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/radikales-mainstreaming/-/id=660374/did=19964480/
nid=660374/13kcz3e/index.html (Abgerufen am 25. Juni 2018)
Vie lfa lt s ve rt e id ige r * in ne n: The me nt i s c h „B i ld un g“                                               S e it e 1 1

Vielfaltsverteidiger*innen: Entwicklung von Strategien
und Handlungsempfehlungen zu den Schwerpunkten
„Bildung“, „Rechtspopulismus“ und „Antisemitismus“
Am Nachmittag arbeiteten die Teilnehmenden in rotierenden Kleingruppen an insgesamt drei Thementischen:

      Bildung

      Rechtspopulismus

      „Antisemitismus – Was tun?“

Dokumentation Thementisch „Bildung“
Zentrale Aussagen

+ Vielfalt / Diversity in pädagogi-               + Vielfalt von Identitäten und Lebens-      Sensibilisierung von Eltern in Schu-
  sche Konzepte (Kita, Schule, VHS)                 entwürfen als Querschnittsthema in        len und Kitas
  aufnehmen                                         der Bildungsarbeit
                                                                                              Sensibilisierung von Beiräten (zum
    Verweise ins Kinderförderungsge-              + Elternarbeit verstärken und Fami-         Beispiel Schüler*innen-
    setz (KiföG), Lehrpläne und gesetz-             lien einbinden                            Vertretungen, Elternbeiräte etc.)
    lichen Rahmen

Maßnahmen

+ Sexuelle und geschlechtliche Viel-              + Diversitysensible Schulmaterialien     + hauptamtliche queere Ansprech-
  falt als Querschnittsthema in die                 entwickeln                               personen an Schulen etablieren
  fachdidaktische Aus- und Weiter-
                                                  + geschlechtergerechte Sprache ver-      + Aktionstage an Schulen durchfüh-
  bildung von Lehrkräften aufnehmen
                                                    wenden                                   ren, mögliche Schwerpunkte:
    betrifft auch Richter*innen, An-                                                         Homophobie, Antisemitismus, Trans-
                                                  + gendersensible Sanitäranlagen,
    wält*innen, medizinisches Personal                                                       feindlichkeit, Rassismus usw.
                                                    Umkleidekabinen
    und die Polizeibehörden

Forderungen

+ LSBTI*-inklusive Bildungspläne von              + personelle Ressourcen in der Bil-         Rassismus, Antisemitismus, Ge-
  der Kita bis zur Erwachsenenbil-                  dung aufstocken                           schlechtergerechtigkeit ...
  dung
                                                      sexuelle und geschlechtliche Viel-
+ Schulen und Kitas stärker für exter-                falt stärker mit anderen Themen
  ne Projekte öffnen (SCHLAU etc.)                    verzahnen wie zum Beispiel mit:
S e it e 1 2                                                                             T he me nt isc h „B i ld u ng“

              Strategien

         + Sensibilisierung                                + Weitervermittlungskompetenz ent-   gruppenbezogene Menschenfeind-
                                                             wickeln                            lichkeit offen ansprechen
         + Aufklärung
                                                           + Bezug auf das Allgemeine Gleich-
         + konservative Lebensmodelle ak-
                                                             behandlungsgesetz (AGG) in der
           zeptieren und Gemeinsamkeiten
                                                             Bildungsarbeit herausstreichen
           betonen
Grafik (Ausschnitt) © LSVD – bikablo.com /Tobias Wieland
T he me nt isc h „R e c ht s po p u lis m us “                                                                        S e it e 1 3

Dokumentation Thementisch „Rechtspopulismus“

Zentrale Aussagen
+ Allianzen bilden, stärken und leben            + Rechtspopulist*innen zur Diskussion        Forderungen formulieren, die auch
                                                   stellen                                    für andere Organisationen an-
    Austausch und Vernetzung von un-
                                                                                              schlussfähig sind, zum Beispiel
    terschiedlichen Organisationen vo-              Ziel: Publikum überzeugen / aktive
                                                                                              Gewerkschaften, Geflüchtete,
    rantreiben                                      Themensetzung
                                                                                              Frauen*-Verbände usw.
    persönliche Kontakte mit                        Voraussetzung: Diskussion inhaltlich
                                                                                           + Medienpräsenz im öffentlich-
    (potentiellen) Bündnispartner*innen             gut vorbereiten und im Vorfeld
                                                                                             rechtlichen und privaten Rundfunk
    intensivieren                                   Qualifizierungsseminare und
                                                                                             stärken
                                                    Argumentationstrainings besuchen
                                                                                              LSBTI* medial sichtbar machen, v.a.
                                                                                              auch als Profis ihrer Lebenswelt
                                                                                           + Abschaffung des Eigenanteils bei
                                                                                             Projektfinanzierung
                                                                                           + Politischer Wille ist entscheidend
                                                                                             (bis hin zur Stadt-/Landesspitze)

Maßnahmen

+ Themenbereich in den Landes-                   + Freiräume schaffen: Solidarität            Sportvereinen, Vereinen im Bereich
  Aktionsplan aufnehmen                            durch Begegnung                            der außerschulischen Bildungsar-
+ öffentliche Orte besetzen                      + Multiplikator*innen qualifizieren          beit, (freiwilligen) Feuerwehren,
                                                                                              Technischem Hilfswerk usw.
+ gegen Angriffe aus dem rechten                 + Austausch mit Kirchengemeinden
  Lager auf die Straße gehen                       und anderen Religionsgruppen,

Forderungen

+ Landesaktionspläne gegen Homo-
                                                 + grundlegende Probleme sozialer             gung gestellt wird), dann können
  phobie und Transfeindlichkeit in
                                                   Natur (Schere arm – reich) müssen          die Menschen erkennen, dass ihre
  den Bundesländern umsetzen
                                                   von der Politik behoben werden             Probleme ernst genommen werden.
+ kontinuierliche Ausstattung von Be-
                                                    Beispiele wie die Essensausgabe           Lösungen für persönliche und drän-
  ratungsstellen und Interessenvertre-
                                                    an den Tafeln oder die Unterbrin-         gende Probleme der einzelnen Be-
  tungen
                                                    gung Geflüchteter zeigen, dass nur        dürftigen müssen gefunden wer-
+ einen bundesweiten queeren TV-                    an Symptomen herumgedoktert               den, damit sie nicht für einfache
  Sender etablieren                                 wird.                                     Antworten des Rechtspopulismus
                                                                                              empfänglich sind.
+ Vertretung von LSBTI* in Rundfunk-                Wenn wirklich gehandelt wird
  und Fernsehräten                                  (das heißt, wenn Geld zur Verfü-
S e it e 1 4                              T he me nt is c he „R e c ht spo p ul is m us“ u nd „ A nt ise m it is m us – Was t u n ?“

Strategien
+ LSBTI*-Community kann mehr be-          + auf Sprache achten:                         + rechtspopulistische Agitationen nicht
  wirken, wenn sie in den Parteien                                                        unnötig medial verstärken, indem
                                             rechtspopulistische Diffamierungen
  Beschlüsse durch Debattenbeiträge                                                       man sie weiterverbreitet, denn:
                                             nicht wiederholen
  mit beeinflusst
                                                                                            viele Artikel versuchen zu emotio-
                                             Begriffe und Zitate einordnen
+ eigene Präsenz vor Ort verstärken                                                         nalisieren und Empörung zu schüren
  und als Verein/Initiative sichtbarer       klar benennen, was Rechtspopu-
                                                                                            stattdessen besser Gegenpositio-
  werden                                     list*innen mit ihren Kampfbegriffen
                                                                                            nen verbreiten und sichtbar machen
+ aktiv Stellung gegen Menschen-             erwirken wollen
  feindlichkeit und rechtspopulistische      deutlich machen, was hinter den
  Agitationen nehmen: klare Kante            rechten Begriffen steckt
  zeigen
                                             menschenfeindliche Aussagen ent-
                                             larven und Grenzen der Diskussion
                                             aufzeigen

Dokumentation Thementisch
„Antisemitismus – Was tun?“

Zentrale Aussagen

+ subversive Verunsicherungsstrate-       + Person als Mensch annehmen: sein/
  gien erkennen wie zum Beispiel an-        ihr Anliegen ernst nehmen
  tisemitische Verschwörungstheorien
                                          + Essenz des eigenen Anliegens her-
+ Widersprüche bei antisemitischen          ausstreichen
  Agitationen oder Verschwörungs-
                                          + aktives Zuhören, konsequentes
  theorien deutlich machen
                                            Nachfragen
+ in der Diskussion Beziehung zum
                                          + „Ich-Botschaften“ in der eigenen
  Gegenüber halten
                                            Argumentation verwenden: „Meine
                                            Position ist …“ / „Ich meine …“

Maßnahme

+ Tag der offenen Tür jüdischer Gemeinden mit einem Infotisch der LSBTI*-
  Community bereichern
Au sbl ic k                                                                                                        S e it e 1 5

Ausblick
Die Ideen und Impulse der Teilnehmenden des Vernetzungstreffens werden in einem zweiten Schritt weiterentwickelt und
bei einer – für Frühjahr 2019 ebenfalls in Magdeburg geplanten – Regionalkonferenz gemeinsam mit Expert*innen und
Multiplikator*innen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen weiterentwickelt, analysiert und gefestigt.
Zur Förderung der Debattenkultur werden auch bundesweite Regenbogenparlamente veranstaltet. Im Rahmen dieser bun-
desweit einmaligen Foren wird dem intensiven fachlichen Austausch zum Thema „Regenbogenkompetenz“ in den unter-
schiedlichsten Gesellschafts- und Politikbereichen Raum gegeben. Gleichzeitig wollen diese Formate Impulsgeber sein, um
neue Allianzen und Bündnisse zwischen LSBTI*-Vereinen und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen anzustoßen
(zum Beispiel mit Gewerkschaften und Unternehmen, Medien, Wissenschaft, Kultur und Sport, Religions- und Weltanschau-
ungsgemeinschaften, migrantische und antirassistische Initiativen, Fachkräfte aus der Bildungs-, Familien- und Jugendarbeit
und anderen).

          „Ungleichwertigkeitsvorstellungen, Stereotype und Ausgrenzungen zeigen, wie dünn
          die zivilisatorische Schicht der Demokratie sein kann. Neben Rassismus ist Homo- und
          Transphobie ein Baustein von rechtspopulistischen Erzählungen, der wie schleichendes
          Gift langsam in den Diskurs einsickert, um die Grenzen des Sagbaren zu verschieben.“
          – Susi Möbbeck, Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration
          des Landes Sachsen-Anhalt und Integrationsbeauftragte der Landesregierung

  Weitere Informationen zum Projekt und die Dokumentationen der Veranstaltungen finden Sie unter
                                  www.miteinander-staerken.de

Erstellung der Dokumentation
Redaktion: René Mertens, Jürgen Rausch, Markus Ulrich
Ausschnitte aus Graphic Recordings: Tobias Wieland, Leipzig, www.tw-illustration.de
Gesamtgestaltung: Helga Braun, Hamburg www.comedia-hamburg.de

Hinweis
Die Veröffentlichungen in dieser Dokumentation stellen keine Meinungsäußerung des Bundesministeriums für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (BMFSFJ) oder des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) dar. Für inhaltliche
Aussagen tragen die jeweiligen Autor*innen die Verantwortung.

Impressum
V.i.S.d.P.: Familien- und Sozialverein des LSVD e.V., vertreten durch Klaus Jetz
Postfach 10 34 14, 50474 Köln
www.lsvd.de
Alle Veranstaltungen im Rahmen
des LSVD-Projekts „Miteinander stärken“

Kontakt zum LSVD-Projekt „Miteinander stärken“
In Köln: Jürgen Rausch
Hülchrather Str. 4, 50670 Köln
Telefon: 0221 - 92 59 61 13
Fax: 0221 - 92 59 61 11
E-Mail: juergen.rausch@lsvd.de

In Berlin: René Mertens
Almstadtstr. 7, 10119 Berlin
Telefon: 030 - 78 95 47 63
E-Mail: rene.mertens@lsvd.de

Website des Projekts www.miteinander-staerken.de
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