Magazin für Sozialberufe - Umsteigen Karin Heimgartner "12 - Agogis
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Plan S Magazin für Sozialberufe Ausgabe Nr. 3 Laufbahn »8 Umsteigen Karin Heimgartner »12 Weggefährtin auf Zeit Nicolas Wittwer »20 Betreuung und Kunst
Sozialberufe Ausgabe Sommer 2018 Auflage: 3700 Exemplare Zürich Redaktion Paul Girard, girardtext Kompetenzzentrum Höhere Berufsbildung im Quer- und Wiedereinstieg Sozialbereich Zürich KHBS Gestaltung Liebe Leserin, lieber Leser Stefan Huber | signalwerk.ch Schwerpunktthema dieser Ausgabe des Magazins ganz verschiedene berufliche Hintergründe und «Plan S» ist der Quer- und Wiedereinstieg in den So- unterschiedliche Werdegänge. Aber eines ist allen Fotografie zialbereich. Die grosse Vielfalt und die Attraktivität gemeinsam: der Wunsch, täglich mit Menschen in Beda Schmid | bedaschmid.ch der Berufe im Sozialwesen kann die Entscheidung anspruchsvollen Lebensphasen und -umständen erleichtern, einen erlernten Beruf zu verlassen und zusammenzuarbeiten. Druck in eine Tätigkeit mit und für Menschen zu wechseln. Unter der Dachmarke «Sozialberufe Zürich» set- gdz AG, Zürich Ob technische, kaufmännische oder handwerkliche zen sich vier eigenständige Bildungsinstitutionen Grundbildung: Jeder Berufsabschluss kann zum für die Entwicklung des Berufsfelds Soziales ein. Herausgeber Sprungbrett in den Sozialbereich werden – und Er- Von der Grundbildung über die berufsorientierte Kompetenzzentrum Höhere Berufsbildung fahrungen aus anderen Branchen können auch in Weiterbildung bis hin zur höheren Berufsbildung im Sozialbereich Zürich KHBS der Arbeit mit Menschen von grossem Nutzen sein. bieten die vier Organisationen ein grosses Ange- Geschäftsstelle In dieser Ausgabe stellen wir vier spannende Be- botsspektrum, das einen erfolgreichen Wechsel des Nelkenstrasse 24 rufsbiografien vor, die zeigen, dass viele Wege zu Berufsfelds oder die Rückkehr in die Sozialberufe 8006 Zürich einer befriedigenden und sinnstiftenden Arbeit ermöglicht. Telefon 044 796 35 61 führen können. Vier Persönlichkeiten erzählen, Wir wünschen Ihnen viel Freude und Inspiration info@khbs.ch wie sie mit viel Willen und Einsatz ihren Weg in beim Lesen – und wünschen auch Ihnen einen er- www.khbs.ch die sozialen Berufe gefunden haben. Sie haben folgreichen und erfüllenden beruflichen Weg. 2 Plan S – Magazin für Sozialberufe Plan S – Magazin für Sozialberufe 3
Inhalt Porträt von Jan Schmid – «Einfach einmal probieren» 24 Porträt von Caroline Flury – Ein Job wie ein Sechser im Lotto 16 06 Einen sozialen Beruf lernen – Die Mitglieder von Sozialberufe Zürich 08 Umsteigen in einen Beruf im Sozialbereich 10 Bildungssystematik der Sozialberufe – Die Übersicht über die Bildungswege 28 OdA Soziales Zürich: Engagement für Wertschätzung und Anerkennung 31 Kontakte – Die Adressen der Mitglieder von Sozialberufe Zürich 12 20 Porträt von Karin Heimgartner – Porträt von Nicolas Wittwer – Weggefährtin für eine bestimmte Zeit Betreuung und Kunst: eine beglückende Kombination 4 Plan S – Magazin für Sozialberufe Plan S – Magazin für Sozialberufe 5
Schule für Sozialbegleitung Die Schule für Sozialbegleitung bildet Fachleute aus, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen aufsuchen und sie im Alltag zu Hause, in der Freizeit oder bei der Arbeit unterstützen und begleiten. FaBe und FaGe können die dreijährige Ausbildung in zwei Jahren absolvieren. Ausbildung und Abschluss als Sozialbegleiterin/Sozialbeglei ter sind anerkannt; der Bildungsgang wird mit einem Zertifikat abgeschlossen und bereitet gleichzeitig auf die Berufsprüfung zum eidgenössischen Fachausweis, Abschluss auf Tertiärstufe B, vor. Agogis Neu bietet die Schule ab Januar 2019 einen Lehrgang für Migrationsfachpersonen an, der auf den eidg. Fach- Agogis ist die in der Deutschschweiz führende Bildungs ausweis vorbereitet. Der gesamte Kompaktlehrgang ist in organisation für Höhere Berufsbildung und Weiterbildung im fünf Module gegliedert, die auch einzeln gebucht Sozialbereich. Im Zentrum stehen Studiengänge der werden können. Zudem finden an der Schule Lehrgänge für Höheren Fachschule (Sozialpädagogik HF, Kindererziehung Pflegeeltern und vertiefende Weiterbildungskurse statt. HF), Vorbereitungslehrgänge auf Berufsprüfungen und Höhere Fachprüfungen mit eidg. Diplomen (Arbeits agogik, Teamleitung, Spezialist/in für die Begleitung von Menschen mit Beeinträchtigung) sowie berufsorientierte Einen Weiterbildungen: Praxisausbildner/in, Berufsbildner/in, Job Coaching, verschiedene Kurse speziell für Angehörige von Berufsfachschule Winterthur Sozialberufen zu Konzepten und Methoden, zur Begleitung Als kantonale Berufsfachschule bildet die BFS Winterthur im Alltag und zur Begleitung in herausfordernden Situationen. Lernende aus verschiedenen Berufsfeldern aus. Neben sozialen Beruf anderen Branchen deckt sie auch einen Teil des Berufsfelds Gesundheit und Soziales ab (Fachperson Betreuung EFZ – FaBe), Dentalassistent/in EFZ und Assistent/in Gesundheit lernen bke Bildungszentrum Kinderbetreuung & Soziales EBA). Als Kompetenzzentrum für die ihr zugewiesenen Berufsgruppen führt sie – auch in Zusammen bke Bildungszentrum Kinderbetreuung ist spezialisiert auf arbeit mit privaten Institutionen – Bildungsangebote, Aus- und Weiterbildungen für das gesamte Spektrum die den Einstieg ins Berufsfeld erleichtern, der Professio Es gibt viele Wege in einen Sozialberuf. der familien- und schulergänzenden Betreuung. Vom Berufs nalisierung im Berufsfeld dienen oder Qualifikationen Die Mitglieder von Sozialberufe Zürich vorbereitungsjahr für Praktikant/innen über die über das eigene Berufsfeld hinaus ermöglichen. Im Rahmen sind vier Bildungsinstitutionen, die einen Grundbildung Fachperson Betreuung (EFZ), Fachrichtung dieser Zusammenarbeit bietet Agogis in den Räumlich- grossen Teil der beruflichen Bildung Kinderbetreuung, die Nachholbildung für Erwachsene keiten der kantonalen Berufsfachschule Angebote der Stufe von der beruflichen Grundbildung bis bis hin zu Kursen und Weiterbildungen im pädagogischen und HF an. Aktuell sind das Kindererziehung HF und Sozialpä zur Höheren Berufsbildung abdecken. im Führungsbereich (mit eidg. anerkannten Abschlüssen) dagogik HF, wobei Absolventinnen und Absolventen der FaBe- sind alle Angebote auf die familien- und schulergänzende Grundbildung die zweijährige Anschluss-HF besuchen; Betreuung ausgerichtet. für Quereinsteigende wird die dreijährige Regel-HF angeboten. 6 Plan S – Magazin für Sozialberufe Plan S – Magazin für Sozialberufe 7
Um- steigen Mehr als die Hälfte der Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger arbeitet nach ein paar Jahren nicht mehr im erlernten Beruf. Die einen leiden unter zu grosser körperlicher Belastung, bei anderen haben die ursprünglichen Vorstellungen über den Beruf nichts mit der erlebten Realität zu tun – und sehr oft fühlen sich junge (und ältere) Berufsleute isoliert Herausforderungen konfrontiert sind. Menschen, und «zu weit weg vom realen Leben». Die ständige die mit belastenden sozialen Umständen zu kämp- in einen Arbeit allein an Bildschirm und Tastatur wird zu- fen haben, mit anhaltender Erwerbslosigkeit, mit nehmend als eindimensional und lebensfern emp- Isolation oder Abhängigkeit. funden. Kommt dazu, dass zunehmende Digitali- sierung und wachsender Innovationsdruck zu Stress Vom Quereinstieg zum beruflichen Aufstieg und einem Gefühl der Entmenschlichung führen Für Quereinsteigende ist es oft eine existenzielle können. Der ständige Wandel und immer neue An- Frage, ob es möglich ist, berufsbegleitend einen Beruf im forderungen können dann irgendwann in Überar- qualifizierten Abschluss erlangen zu können. Auch beitung, Überforderung und Resignation enden. hier gehört der Sozialbereich zu den Branchen, in denen besonders viele Modelle der Aus- und Wei- Weshalb ein Sozialberuf? terbildung angeboten werden. Kommt dazu, dass Sozialbereich Es gibt wohl kaum ein vielfältigeres Berufsfeld, in das schweizerische Berufsbildungssystem viele dem man sich voll und ganz einbringen kann, in Möglichkeiten der beruflichen Grund-, Nachhol- dem man als Fachfrau oder Fachmann gefragt ist, und höheren Berufsbildung vorsieht, die auch die in dem sich Professionalität und Empathiefähig- weitere Qualifikation berufsfremder Quereinstei- keit, persönliches Engagement, Gestaltungsfrei- gender erlaubt. heit und Einbettung in eine strukturierte Organi- Oft bildet ein Praktikum den Anfang, in dem die sation vereinen. Eignung für einen Beruf im Sozialbereich abgeklärt Wer sich den Umstieg in einen Sozialberuf überlegt, wird bzw. die Quereinsteigenden für sich selber er- hat die Wahl aus unzähligen Tätigkeitsgebieten: fahren, ob ihnen das Tätigkeitsfeld entspricht. Für Als Arbeitgeber kommen Heime und Institutionen viele empfiehlt sich dann ein Bildungsweg, der sich in Frage, die öffentliche Hand, Firmen, Kliniken, stark an der beruflichen Praxis orientiert. Zum Bei- Es gibt wohl nur wenig Branchen, Spitäler, private Betreuungseinrichtungen – und so spiel eine Nachholbildung, in der ein Berufsattest weiter. Angehörige von Sozialberufen beschäftigen EBA oder ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis in denen Umsteigerinnen und sich mit unterschiedlichsten Menschen: Sie betreu- EFZ («Lehrabschluss») erreicht wird. Umsteiger so gute Chancen haben en Kinder, Erwachsene oder Betagte. Menschen, Da im Sozialbereich unterschiedlichste Spezialisie- wie im Sozialwesen. Das hat die mit einer physischen oder geistigen Behinde- rungen möglich sind, wird hier der Grundsatz «kein rung leben oder die mit schwierigen psychischen Abschluss ohne Anschluss» besonders konsequent gute Gründe: Hier stehen weniger umgesetzt. Entsprechend bieten die verschiede- das Schulwissen oder Computer- nen Bildungsinstitutionen der Branche ein riesiges Programmierfähigkeiten im Zentrum, Spektrum an Weiterbildungsmöglichkeiten an, die beispielsweise auf eine Berufsprüfung (eidgenös- sondern vielmehr Lebenserfahrung, sischer Fachausweis) oder eine höhere Fachprü- Empathie und Freude an der Arbeit fung (eidgenössisches Diplom) vorbereiten. Diese mit Menschen. Schulen führen regelmässig Info-Veranstaltungen durch. Es lohnt sich, einmal vorbeizuschauen! 8 Plan S – Magazin für Sozialberufe Plan S – Magazin für Sozialberufe 9
Vielseitige Bildungs-Lan dschaft im Sozialbereich Höhere Berufsbildung Hochschulen Höhere Fachprüfungen Höhere Fachschulen HF Fachhochschulen FH Universität oder ETH (eidg. Diplom) (eidg. Diplom HF) z. B. Soziale Arbeit Diverse Studiengänge • Institutionsleiter/in im sozialen • Kindererzieher/in und sozialmedizinischen Bereich • Sozialpädagoge/in • Arbeitsagoge/in • Sozialpädagogische/r Werkstattleiter/in • Blindenführhunde-Instruktor/in • Gemeindeanimator/in Passerelle • Spezialist/in für die Rehabilitation von blinden und sehbehinderten Menschen Tertiärstufe • Supervisor/in-Coach bzw. Organisationsberater/in Berufsprüfungen (eidg. Fachausweis) • Sozialbegleiter/in • Teamleiter/in in sozialen und sozialmedizinischen Institutionen • Migrationsfachmann/frau • Fachmann/frau Langzeitpflege und -betreuung • Spezialist/in für die Begleitung von Menschen mit Beeinträchtigung Berufsmaturität Fachmaturität Gymnasiale Maturität Sekundarstufe II Eidg. Berufsattest Eidg. Fähigkeitszeugnis Fachmittelschule Mittelschule z. B. Soziale Arbeit • Assistent/in Gesundheit und Soziales • Fachmann/frau Betreuung FaBe • Fachmann/frau Gesundheit FaGe Berufliche Grundbildung Allgemeinbildende Schulen Obligatorische Schulzeit Obligatorische Schulzeit 10 Plan S – Magazin für Sozialberufe Plan S – Magazin für Sozialberufe 11
Karin Heimgartner Sozialbegleiterin Psychiatrische Dienste GR Weggefährtin für eine bestimmte Zeit Karin Heimgartner arbeitet als Sozialbegleiterin mit eidg. Vor dem Lehrbeginn absolvierte Karin Heimgart- Schon immer liebte sie den Kontakt mit Menschen, ner ein Welschlandjahr als Au-pair, wo sie auch ih- und sie hegte lange Zeit den Wunsch, in einer sozi- Fachausweis in einem Wohnheim der Psychiatrischen ren späteren Ehemann kennenlernte. Da sie bereits alen Institution zu arbeiten. Daher packte sie die Dienste Graubünden. Als gelernte Verkäuferin kam sie als einen Lehrvertrag hatte, kam sie nach einem Jahr Chance des grossen privaten Wandels gleich auch Quereinsteigerin über die Altenpflege und die Spitex zurück in den Aargau und begann ihre Lehre als für eine Umorientierung im Beruf, und sie absol- Verkäuferin Detailhandel bei den damaligen Mer- vierte kurz nach ihrem Umzug die Ausbildung zur zu ihrer jetzigen Tätigkeit: Für sie ein Traumberuf, in dem kur-Confiserien. Pflegehelferin SRK. Es folgte ein Praktikum in ei- sie sich auch weiterentwickeln kann. Vier Tage nach dem erfolgreichen Lehrabschluss nem Altersheim im Nachbardorf, wo sie schliess- zogen sie und ihr zukünftiger Mann wieder in die lich zwei Jahre lang in der Pflege arbeitete. französischsprachige Schweiz. Zuerst arbeitete Karin Heimgartner ein Jahr als Sekretärin in einer «Ich mache das, was mir gefällt» Firma mit Hauptsitz in der Deutschschweiz, bevor Nach diesem Einstieg in den Gesundheits- und So- sie dann wieder für rund zehn Jahre zurück zu Mer- zialbereich wechselte sie in die Hauspflege der Spi- kur in den Verkauf wechselte. Ein Stellenwechsel tex. Ihre einfühlsame Art erleichterte ihr die Beglei- ihres Mannes führte sie 2000 von Yverdon-les-Bains tung von Personen, die ihr Leben mit psychischen nach Igis im Bündnerland. Herausforderungen bewältigen mussten. Nach all Plan S – Magazin für Sozialberufe 13
den Veränderungen und Anpassungen in ihrem Le- Ausbildung zur Sozialbegleiterin dem eidgenössischen Fachausweis offenstehen.» » Schule für Sozialbegleitung Immer mehr Menschen brauchen Begleitung in ben entschloss sich Karin Heimgartner schon beim und neue Wege im Beruf Karin Heimgartner sprach mit der Leiterin der PD- Krisensituationen und anspruchsvollen Lebenssi- Wechsel zur Spitex, ab sofort nur noch das zu ma- Lange Jahre war Karin Heimgartner der Meinung, GR-Heimzentren und erläuterte ihr das Berufsbild tuationen. Die Schule für Sozialbegleitung bildet chen, was ihr gefällt und sie wirklich befriedigt. dass sie keine soziale Aus- oder Weiterbildung be- der Sozialbegleiterin. Deshalb wurde sie gleich in seit über 30 Jahren Fachleute aus, die Menschen Deshalb entschied sie sich nach fünf Jahren bei der nötige – nicht zuletzt, weil sie auch als Quereinstei- den Aufbau und die Begleitung eines Pilotprojekts dort aufsuchen und im Alltag begleiten, wo die Pro- Spitex zu einem Wechsel und einem sechsmonati- gerin dieselben Arbeiten wie ihre Teammitglieder der Institution mit einbezogen: die Wohnbeglei- bleme sind, um mit ihnen gemeinsam nach Lösun- gen Praktikum bei den Psychiatrischen Diensten ausführen konnte. 2013 wollte «wohl das Schick- tung für psychisch beeinträchtigte Menschen, die gen zu suchen. Die Ausbildung ist zugeschnitten Graubünden (PDGR). sal», dass sie eine Anzeige der Schule für Sozialbe- den Wunsch haben, wieder autonom und selbstbe- auf Erwachsene, die ihr soziales Engagement zum gleitung in der Zeitung sah. stimmend in ihrer eigenen Wohnung zu leben. Beruf machen möchten. Heute sind Ausbildung Teammitglieder halfen für eine Festanstellung Nach einem Infoabend meldete sie sich gleich für und Abschluss als Sozialbegleiter/in anerkannt. Nach dieser Vertiefung in die psychiatrische Be- das Aufnahmeverfahren und die Ausbildung zur Abschlussarbeit mit Realitätsbezug Der Bildungsgang wird mit einem Zertifikat abge- treuung war allerdings für eine nahtlose Weiter- Sozialbegleiterin mit Vorbereitung auf den eidge- Ihre Abschlussarbeit für den eidgenössischen schlossen und bereitet gleichzeitig auf die Berufs- arbeit keine Stelle offen. Ein paar Monate später nössischen Fachausweis an, die noch im gleichen Fachausweis trägt den Titel «Von der dezentralen prüfung vor, Abschluss auf Tertiärstufe B mit eid- kam eine Anfrage der PDGR, ob sie notfallmässig Jahr begann. Anfängliche Bedenken, dass ihr die Wohngruppe zurück ins autonome Leben». Dafür genössischem Fachausweis. für zwei Monate im Team einer Wohngruppen-Be- Theorie Mühe bereiten könnte, waren schnell ver- begleitete sie über ein Jahr lang einen ehemaligen Neu bietet die Schule ab Januar 2019 den Lehrgang treuung einspringen könnte. Für Karin Heimgart- flogen. Karin Heimgartner konnte dank der lang- Bewohner, der den Schritt zurück in seine Selbst- für Migrationsfachpersonen an, der auf den eidg. ner war von Anfang an klar, dass für eine Festan- jährigen praktischen Erfahrung auf viel Wissen zu- ständigkeit wagte und nun sein Leben wieder allei- Fachausweis vorbereitet. Zudem finden an der Schu- stellung nicht genügend Stellenprozente verfügbar rückgreifen, und die Ausbildung mit Fachwissen, ne bewältigt. Betreuung nur für eine befristete Zeit: le Lehrgänge für Pflegeeltern und vertiefende Wei- waren und sie deshalb nach Ablauf der befristeten Methoden und Handlungskompetenzen half ihr Das ist ein zentraler Punkt in der Sozialbegleitung. terbildungskurse statt. Anstellung keine Arbeit mehr haben werde. Doch bei der Umsetzung im Alltag. Auch mit dem Schul- Momentan arbeitet Karin Heimgartner 60% auf der am letzten Arbeitstag informierte sie der Teamlei- rhythmus kam sie von Anfang an gut zurecht, be- Wohngruppe; zusätzlich ist sie in der Wohnbeglei- ter, dass die Mitarbeitenden die Stellenprozente ih- sonders weil aus ihrer Sicht genau das umgesetzt tung tätig. Diese Aufgabenteilung ist für sie sehr rer Pensen reduzierten, um ihr eine Festanstellung wurde, was im Schulplan vorgesehen war (und das wertvoll. Die beiden Tätigkeiten füllen sie aus: Sie zu ermöglichen. Für Karin Heimgartner war diese sie brauchen konnte) und die Themen breit gefä- begleitet Menschen stationär, aber auch ambulant spezielle Solidaritätsaktion die Türöffnung zu ih- chert waren. «Erst gegen Schluss der Ausbildung – und kann individuell auf sie eingehen. Ihnen mit rem Traumjob: «Ich bin offen, packe gerne an und wurde mir bewusst, welche Türen mir mit dem Humor und Offenheit zu begegnen macht die Ar- bin immer bereit, Neues in Angriff zu nehmen.» Lehrgang an der Schule für Sozialbegleitung und beit der Sozialbegleiterin für beide Seiten wertvoll. 14 Plan S – Magazin für Sozialberufe Plan S – Magazin für Sozialberufe 15
Carolina Flury FaBe, Co-Leiterin Kinderkrippe Sunneschyn, Langendorf Ein Job wie ein Sechser im Carolina Flury, gelernte Kinderpflegerin, war 20 Jahre lang in unterschiedlichsten Berufsfeldern tätig, bis sie wieder in ihr angestammtes Tätigkeitsgebiet zurückfand. Heute arbeitet sie als FaBe Kinderbetreuung, ist Co-Leiterin einer Krippe und wird nach ihrer Weiterbildung zur Institutionsleiterin die pädagogische Leitung übernehmen. Lotto 16 Plan S – Magazin für Sozialberufe Plan S – Magazin für Sozialberufe 17
Beruf als Berufung Sie entschied sich schweren Herzens, ihre Stelle in der Kinderkrippe aufzugeben, und wechselte als Assistentin in eine Zahnarztpraxis, merkte aber schnell, dass das nichts für sie war. Zu sehr fehlten » ihr die Bewegung und vor allem der tägliche Kon- Berufsfachschule takt mit den Kindern. So kündigte sie ihre Stelle «Der tägliche Kontakt noch in der Probezeit und entschied trotz der frü- Winterthur heren Bedenken, die fehlenden Module für den Ab- und der soziale Umgang schluss als FaBe Fachrichtung Kinderbetreuung an der BFS Winterthur nachzuholen: «Rückblickend Als kantonale Berufsfachschule bildet die BFS Win- hätte ich nach dem negativen Entscheid besser mit Schülern und terthur Lernende aus verschiedenen Berufsfeldern aus, darunter auch Assistent/in Gesundheit & Sozia- eine Auszeit genommen, um zu verstehen, was ich wirklich will.» Kindergärtlern brachten les EBA (AGS) und Fachperson Betreuung EFZ (FaBe). Zusätzlich bietet sie weitere Lehrgänge und Kurse Doch als dreifache Mutter, die immer gearbeitet hatte, konnte sie sich nicht vorstellen, auch für an: Bildungsangebote, die den Einstieg ins Berufs- kürzere Zeit ohne Stelle zu sein. An einem Tag der mich enorm weiter.» feld erleichtern (Vorlehre), die der Professionali- sierung im Berufsfeld dienen oder Qualifikationen offenen Tür kam Carolina Flury wieder mit ihrer ehemaligen Chefin ins Gespräch, und schnell stell- über das eigene Berufsfeld hinaus ermöglichen. te sich heraus, dass sie wieder zusammenarbeiten wollten – unter der Voraussetzung, dass sie die pä- dagogische Leitung der Krippe übernehme, um die Weiterführung sicherzustellen. Nach dieser «kur- zen Auszeit» war Carolina Flury also wieder im Be- reich tätig, in dem sie ihre Berufung sieht. Nach dem Fähigkeitszeugnis die Weiterbildung Ihr Leben wurde geprägt durch Veränderungen, Zurück in den Sozialbereich Mit voller Motivation begann sie mit den Modulen Neuanfänge und Durchhaltevermögen: Carolina 2012 bahnte sich in ihrem Berufsleben die nächste der Ergänzenden Bildung an der BFS Winterthur. Flury, alleinerziehende Mutter von drei mittler- grosse Veränderung an. Eine Bekannte gab Carolina Noch heute wirken die ausschliesslich positiven weile erwachsenen Kindern absolvierte ursprüng- Flury den Tipp, dass in der Kinderkrippe Sunneschyn Eindrücke über den freundschaftlichen Umgang lich eine Lehre als Kinderpflegerin. Danach arbei- in Langendorf eine Stelle offen sei, auf die sie von mit den Mitabsolventinnen und den «Top-Fachleu- tete sie auf einer Wochenbettabteilung, später mit der Qualifikation wie auch vom Alter her perfekt ten an der BFS» nach. Sie schloss Modul für Modul körperlich und kognitiv schwer beeinträchtigten passen würde. Auf Anhieb bekam sie den Job, und es ab und engagierte sich bald in der Co-Leitung der Kleinkindern. 1989 wurde sie Gruppenleiterin in war sogar vorgesehen, dass sie nach ein paar Jahren Krippe. Nach wie vor ist vorgesehen, dass sie 2020, der Kinderkrippe der damaligen Firma Ascom. die pädagogische Krippenleitung übernehmen soll- wenn die jetzige Leiterin pensioniert wird, die pä- 1992 wurde sie zum ersten Mal Mutter. Ihren Beruf te. «Zu der Zeit war das für mich wie ein Sechser im dagogische Leitung der Krippe übernimmt. Um musste sie aufgeben, weil es damals noch praktisch Lotto!» Das, obwohl eine sehr intensive Zeit mit Ar- für die bevorstehenden Aufgaben gut gerüstet zu keine Teilzeitstellen gab. Aber Carolina Flury wollte beit und Weiterbildung begann. Ihr erlernter Beruf sein, hat sie sich nun für den zweijährigen Lehr- nicht nur zu Hause arbeiten: Nach der Geburt des als Kinderpflegerin war nicht mehr anerkannt, und gang zur Institutionsleiterin angemeldet, der 2019 zweiten Kindes übernahm sie mit ihrem damaligen deshalb startete sie das Validierungsverfahren für beginnen wird. Mann die Hauswartung in einem Schulhaus. Aller- den EFZ-Abschluss als FaBe Fachrichtung Kinderbe- Carolina Flury ist überzeugt: Im Leben gehen im- dings ging es ihr um mehr als um den Gebäudeun- treuung. Die Belastung mit 80 Prozent Arbeit, drei mer wieder unverhofft Türen auf. So vermittelt sie terhalt. Ihr beruflicher Hintergrund kam ihr dabei Kindern und dem Erstellen der Dossiers für den fach- auch ihren Lernenden: Es ist nie zu spät, und man zugute: «Der tägliche Kontakt und der soziale Um- lichen Nachweis war enorm. ist nie zu alt, etwas Neues anzufangen. Mit dieser gang mit Schülern und Kindergärtlern brachten Nach dem abschliessenden Fachgespräch erhielt Einstellung konnte sie sich ihre beruflichen Träu- mich enorm weiter.» sie den Bescheid, dass ihre beruflichen Vorleistun- me erfüllen – und so freut sie sich auf die kommen- Neben Familie und Beruf investierte Carolina Flury gen nicht ausreichten und sie fehlende Leistungs- de Weiterbildung und alle beruflichen Herausfor- auch in die persönliche Weiterentwicklung: Sie nachweise in Modulform nachzuholen hatte. Für derungen der nächsten Jahre. machte eine Ausbildung zur Pilates- und Yoga-In- Carolina Flury brach eine Welt zusammen, «weil struktorin und gab auch Kurse. Insgesamt war sie ich wirklich dachte, dass ich fachlich auf der Höhe 20 Jahre weg von ihrem angestammten Beruf als bin». Zu der Zeit konnte sie sich nicht vorstellen, Kinderpflegerin – doch der Kontakt mit Menschen nochmals zur Schule zu gehen, um die fehlenden blieb ihr immer wichtig. Nachweise zu erbringen. 18 Plan S – Magazin für Sozialberufe Plan S – Magazin für Sozialberufe 19
Nicolas Wittwer Bildhauer, FaBe K Gruppenleiter Chinderhuus Küssnacht Betreuung und Kunst: eine beglückende Kombination Nicolas Wittwer ist Gruppenleiter am Mittagstisch des «Chinderhuus» in Küssnacht am Rigi: Als gelernter Bildhauer, aktiver Künstler und als ausgebildeter FaBe K verbindet er die Kinderbetreuung mit der Vermittlung von Werten – mit Kunst und spielerischem Lernen anhand von Materialien aus der Natur. Nicolas Wittwer ist gelernter Steinbildhauer mit ei- 2011 erhielt er die Möglichkeit zu einem einjährigen nem eigenen Atelier in Merlischachen. Zudem hat Praktikum in der Kinderbetreuungsstätte «Chin- er die Ausbildung zum FaBe, Fachrichtung Kinder- derhuus». Er hatte schon auf seine Kinder-Kunst- betreuung, absolviert und arbeitet heute fast täg- kurse sehr positives Feedback erhalten, dazu nun lich mit Kindern. weitere Erfahrungen in der Kinderbetreuung ge- Doch der Reihe nach: Sein Einstieg in den Sozial- sammelt. Der logische nächste Schritt: Nicolas bereich begann fast unbemerkt im Jahr 2006. Der Wittwer recherchierte Möglichkeiten einer Ausbil- Verein «Ferienspass» in Küssnacht am Rigi fragte dung im Sozialbereich. Dabei stiess er auf die Nach- ihn an, ob er während der Sommerferien einen holbildung FaBe K nach Art. 32 BBV für Erwachse- Bildhauerkurs mit Kindern durchführen könne. Er ne am bke Bildungszentrum Kinderbetreuung, die war mit Freuden dabei – drei Jahre lang. zum eidgenössischen Fähigkeitszeugnis führt. 2009 wurde Nicolas Wittwer Vater. Grund genug, eine Festanstellung anzunehmen, um ein gesicher- Neuer Hauptberuf: Kinderbetreuung tes Einkommen zu haben. So war er die nächsten Nachdem er alle Voraussetzungen für die Nachhol- fünf Jahre angestellter Gärtner, arbeitete aber auch bildung FaBe K erfüllt hatte, konnte er seine Ausbil- weiterhin freischaffend als Bildhauer – zusammen dung starten. Die Unterrichtstage am Freitag und deutlich mehr als ein 100-Prozent-Pensum. Samstag waren eine spürbare Zusatzbelastung. Plan S – Magazin für Sozialberufe 21
Doch seine grosse Lebens- und Berufserfahrung, et- Kunst zu verabschieden. Dafür kann er sein breites » bke Bildungszentrum Kinderbetreuung Der Weg zum EFZ Fachperson Betreuung, Fach- thoden möchte er den Kindern zeigen, dass alles was «Doping» mit Zusatzvitaminen und dazu gute Wissen über Materialien und Werkzeuge, über Na- richtung Kinderbetreuung, führt am bke über die möglich ist, wenn man etwas wirklich will, mit Planung ermöglichten ihm 2017 den erfolgreichen tur und Umwelt aktiv in seine Arbeit einfliessen las- schulisch organisierte Grundbildung. Neben der den Händen, mit dem Bewusstsein oder beidem Abschluss als FaBe Fachrichtung Kinderbetreuung sen. So geht er mit den Kindern regelmässig in den eigentlichen Grundbildung bietet bke Bildungs- zusammen. Natürlich steht er selbst mit seinem mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis. Wald, um ihnen Pflanzen, Bäume und das Holz zu zentrum Kinderbetreuung auch ein Berufsvorbe- Lebenslauf als Vorbild für diese Haltung. Schon während seiner Ausbildung verstärkte er sein zeigen und ihnen seine Erfahrungen und sein gros- reitungsjahr an. Interessierte mit breiter beruf- Doch auch seinen eigenen Weg betrachtet er noch Engagement im «Chinderhuus» und übernahm die ses Wissen zu vermitteln. Dabei geht es ihm vor al- licher Erfahrung in der Kinderbetreuung können lange nicht als abgeschlossen. Die Betreuung von Gruppenleitung des Mittagstischs im Jugendhaus lem darum, die Wahrnehmung der Kinder mit allen sich im berufsbegleitenden zweijährigen Vorberei- Kindern will er als Beruf weiterführen, und er sieht Oase in Küssnacht. An vier Tagen der Woche be- Sinnen zu fördern. Dafür wendet er aktive Lernme- tungslehrgang Nachholbildung auf den EFZ-Ab- seine Zukunft auch im «Chinderhuus». Er kann treut Nicolas Wittwer Kinder von der 6. Klasse bis thoden wie Zeichnen, Basteln und handwerkliche schluss vorbereiten. sich gut vorstellen, sich in Bereichen weiterzubil- zur Oberstufe. Am Nachmittag kommen zusätzlich Techniken an. Er kombiniert die verschiedenen Tä- Im Bereich der Weiterbildung bietet bke Bildungs- den, in denen es vor allem um das Entwickeln und Erst- und Zweitklässler in die Gruppe. Ausserdem tigkeiten auch mit künstlerischem Arbeiten. Damit zentrum Kinderbetreuung praxisorientierte Kurse Einsetzen des eigenen Bewusstseins geht. ist er «der Mann für alles»: Als einziger männlicher will er den Kindern einen Entwicklungsschritt auch und Lehrgänge zu Führung und Pädagogik im fa- Daneben bleibt die Kunst sein zweites grosses Ar- Festangestellter und ausgestattet mit vielfältigen abseits des klassischen Bildungssystems ermögli- milien- und schulergänzenden Bereich sowie Füh- beitsfeld. Noch immer führt der mehrfach prä- beruflichen Erfahrungen, pflegt er auch hin und chen und bei ihnen gleichzeitig das «geistige und rungsweiterbildungen, die auf eidgenössisch aner- mierte Bildhauer Aufträge aus, ist Mitglied der wieder den Garten vom «Chinderhuus». gestalterische Auge» fördern. kannte Abschlüsse vorbereiten. Ortsbildkommission und wurde 2018 auch ge- wähltes Mitglied der Kulturkommission von Küss- Kunst als Lebenseinstellung «Alles ist möglich» nacht am Rigi. War es denn eigentlich schon immer sein Wunsch, Für Nicolas Wittwer steht das Vermitteln von Wer- Mit dem Wechsel in den Sozialbereich und der mit Kindern zusammenzuarbeiten? «Nicht un- ten und Wissen an erster Stelle. Dafür setzt er auch Kombination der betreuenden und der künstleri- bedingt; meine Passion war und ist weiterhin die die Kunst ein – auch aus der Überzeugung heraus, schen Tätigkeit hat Nicolas Wittwer Traumberuf Bildhauerei.» Der Künstler in ihm ist stark geblie- «dass die Welt da draussen, wie wir sie gestalten, und Traumberufung verbinden können und so sei- ben, und Nicolas Wittwer hat nicht vor, sich von der nicht für alle Kinder geeignet ist». Mit seinen Me- nen Existenzmittelpunkt gefunden. 22 Plan S – Magazin für Sozialberufe Plan S – Magazin für Sozialberufe 23
Jan Schmid Sozialpädagoge HF Modellstation Samosa, Winterthur «Einfach einmal probieren» Jan Schmid arbeitete bis Mitte 20 als Servicemonteur. Aufgewachsen ist Jan Schmid in Davos Laret in stammten Beruf als Servicemonteur. Daneben war einer Familie, die sich intensiv mit Menschen er auch sportlich aktiv, spielte Unihockey und war Nach zwei verschiedenen Praktika in den beschäftigt: Die Mutter, der Vater und auch die Trainer eines Unihockey-Teams. Sozialberufen entschied er sich für die Ausbildung Schwester waren in pädagogischen Berufen tätig. zum Sozialpädagogen HF an der Agogis. Jan Schmid entschied sich nach der Schule jedoch Offenheit für Neues – und ein neuer Weg für einen anderen Weg – er machte eine Lehre als Obwohl ihm sein Beruf gefiel, war er offen für Mit diesem Entscheid begann eine bis heute 14-jährige Sanitärmonteur. Seine Dyslexie hatte ihm in der etwas Neues. Durch eine Berufsberatung kam er Laufbahn im Sozialbereich. Schule grosse Mühe bereitet, und erst in der Gewer- zum Schluss, dass er die richtigen Fähigkeiten beschule entwickelte er sich zum guten Schüler. und Erfahrungen für die Arbeit im Gefängnis mit- Nach der Lehre arbeitete er weiter als Sanitärmon- bringt. Doch bevor er sich intensiver damit ausei- teur, und das sehr gerne, wie er betont. Neben nandersetzen konnte, erhielt er über einen Kolle- der Arbeit bildete er sich zum Heizungsmonteur gen die Möglichkeit, bei der Stiftung «Brändi» in weiter. Doch dann packte ihn die Lust zu reisen. Luzern ein Praktikum im Bereich der Arbeitsago- Allerdings nicht in die Ferien, sondern in Form gik zu absolvieren. von Auslandseinsätzen für die ABB und danach für Jan Schmid entschied sich kurzerhand, seinen an- Alstom Power. gestammten Beruf zu verlassen. Sein Motto war, Nach rund zwei Jahren hatte er genug vom Leben «es einfach einmal zu probieren». Allerdings fand auf Achse – «auch weil ich ein bisschen Heimweh er diesen Aufgabenbereich nicht so spannend. Des- hatte». Er ging zurück zur alten Lehrfirma und ar- halb startete er im Anschluss ein weiteres halb- beitete bis zum Alter von 27 Jahren in seinem ange- jähriges Praktikum im Jugendheim Freienstein. Plan S – Magazin für Sozialberufe 25
Hier erhielt er einen Einblick in die Begleitung von sozialpädagogischem Heim. Die Jugendlichen, die Jugendlichen, und dabei konnte er auch auf seine hier auch über längere Zeit betreut werden, sollen Sport- und Trainererfahrung zurückgreifen. Dieses wieder in einen normalen Alltag zurückfinden. Praktikum gefiel ihm so gut, dass er sich um eine Als Sozialpädagoge arbeitete Jan Schmid mit 15- bis Festanstellung bewarb, um berufsbegleitend bei 18-jährigen Jugendlichen zusammen. 2010 wurde er der Agogis die Ausbildung zum Sozialpädagogen Vater. Die unregelmässige Arbeit in der Betreuung HF zu absolvieren. und das Familienleben waren nur schwer zu ver- Zu Beginn der Ausbildung befürchtete Jan Schmid, einbaren. Deshalb wechselte er innerhalb der «Sa- dass die Sprachlastigkeit und die vielen Schreibar- mosa» ins Werkatelier und wurde sozialpädagogi- beiten ihn überfordern könnten. Aber im Rückblick scher Werktherapeut. In diesem Bereich der Klinik war alles nur halb so schlimm, und 2008 schloss er werden die Jugendlichen in einem 3-Phasen-Modell das Studium erfolgreich ab. betreut. Drei Monate lang sollen sich die Jugendli- Wie hat er als Quereinsteiger die Schule erlebt? chen wieder an eine Tagesstruktur gewöhnen. Das «Es waren alles Quereinsteiger – und deshalb hat- heisst aufstehen am Morgen, zusammenarbeiten, ten wir ähnliche Voraussetzungen.» Allerdings fiel am Mittag kochen und tagsüber handwerkliche ihm schon damals auf, dass 18 Frauen und nur drei und sportliche Tätigkeiten betreiben. Männer die Ausbildung abschlossen. Jan Schmid kamen diese vielfältigen Arbeiten ent- gegen. Dank seiner früheren Tätigkeit als Service- Weiterentwicklung in den Sozialberufen monteur wie auch als Trainer kann er sich voll ein- Nach dem Studienabschluss wechselte er zur Stadt bringen. Ihm macht die Arbeit viel Freude. Deshalb Zürich und machte ein Jahr ein Vikariat als Hort- betont er immer wieder, dass er sehr gerne arbei- leiter. Anschliessend trat er eine Stelle bei der Mo- tet – und um auf dem neuesten Stand zu bleiben, dellstation «Samosa» in Winterthur an, einer Kom- investiert er regelmässig in seine Weiterbildung. bination von jugendpsychiatrischer Klinik und Noch dieses Jahr beginnt er mit dem CAS-Lehrgang «Führen in Nonprofit-Organisationen». Nächster Karriereschritt mit anderen Aufgaben Sein Einsatz und seine Freude an der Arbeit wurden » auch von der Klinikleitung anerkannt: Sie beförder- te ihn 2016 zum Abteilungsleiter einer Wohngrup- pe. Ihm gefallen die Betreuung von Jugendlichen Agogis und die Führung von Mitarbeitenden sehr, auch wenn sich die Arbeit von den vorherigen Tätigkei- ten stark unterscheidet. So hat er heute mehr mit Agogis ist die führende Anbieterin von Aus- und Organisation und Planung zu tun. Der Sinn dieser Weiterbildungen für alle, die im sozialen oder ago- Arbeit leuchtet ein: «Sozialpädagogische Arbeit gischen Berufsfeld tätig sind oder in diesen Bereich und die Betreuung von Jugendlichen müssen nach einsteigen möchten. Alle ihre Bildungsangebote Plan verlaufen und entsprechend gesteuert wer- orientieren sich an der Praxis und sind durchlässig. den, sonst wird es schwierig, die Betreuungsziele Im Zentrum stehen dabei Studiengänge auf Stufe zu erreichen.» Höhere Fachschule (Sozialpädagogik HF, Kinder- Doch für ein Thema hat er noch keine Lösung: Wie erziehung HF), dann Vorbereitungslehrgänge auf findet man männliche Bewerber für die offenen Berufsprüfungen und Höhere Fachprüfungen mit Stellen? Gerade für den Umgang mit männlichen eidg. Diplom (Arbeitsagogik, Teamleitung) sowie Jugendlichen wäre das sehr hilfreich. Auf die Fra- berufsorientierte Weiterbildungen: Lehrgang Pra- ge, ob es mehr Männer in den Sozialberufen geben xisausbildner/in, Kurs Berufsbildner/in, Lehrgang sollte, meint er: «Man muss unbedingt allen emp- Job Coaching, verschiedene Kurse speziell für Ange- fehlen, es einfach einmal zu probieren.» Genauso, hörige von Sozialberufen zu Konzepten und Metho- wie er selber es auch einfach einmal probiert hat! den, zur Begleitung im Alltag und zur Begleitung in herausfordernden Situationen. Die Fachkurse werden auch in Institutionen als betriebsinterne Weiterbildungen durchgeführt. Plan S – Magazin für Sozialberufe 27
Engagement Arbeiten mit Kindern, Menschen mit Beeinträchtigung, Menschen im Alter oder in erschwerten Lebenssituationen: für Viele Menschen sind im Sozialbereich tätig – und noch mehr sind darauf angewiesen. Doch im Unterschied zu «sichtbaren» und offensichtlich Wertschätzung «Mehrwert schaffenden» Jobs geniessen die Sozialberufe weniger Prestige. Ein Umstand, den die OdA Soziales Zürich ändern will. und Anerkennung Die Organisation der Arbeitswelt für die Sozial- berufe setzt sich auf breiter Front dafür ein, dass diese Berufsgruppen allgemein besser wahrge- nommen werden und als Branche anerkannt wird, die mit seriös ausgebildeten, professio- Um das Image der Sozialberufe zu stärken, arbei- ten wir intensiv an der klaren Positionierung der Sozialberufe. Wir formulieren verständliche, aus- sagekräftige Berufsbilder und vermitteln diese über alle Kanäle, die uns zur Verfügung stehen. So nellen Fachpersonen nachhaltige Leistungen er- haben wir letztes Jahr die Fa-Best organisiert, die bringt, die im Interesse aller sind (und nicht nur erste Berufsmeisterschaft für Betreuungsprofis der direkt Betroffenen). (www.fa-best.ch) – und sie auch vorgestellt an der Solche Bewusstmachungsprozesse brauchen viel internationalen Tagung des Fachgremiums für die Zeit, Ideen und Engagement. Diese Prozesse anzu- Berufsbildung der OECD zum Thema «Wie können stossen und zu begleiten – das ist die Aufgabe der Soft und Social Skills überprüft werden?». Wir ma- OdA Soziales OdA Soziales Zürich. Qualitätssteigerung, chen mit an der Berufsmesse, nehmen aktiv an In- formationsveranstaltungen teil, halten Vorträge, erarbeiten Stellungnahmen und bringen unsere Zürich Öffentlichkeitsarbeit und Imagepflege Viele Politikerinnen und Politiker sehen im Sozi- alwesen vor allem einen Ausgabenposten. Doch Position in öffentlichen Diskussionen ein. Besonderes Gewicht legen wir auf die Aus- und Wei- terbildung, auf die Qualitätssicherung bei Berufs- die beliebten Kürzungen im Sozialbereich fallen bildungsverantwortlichen und Institutsleitungen andernorts als Kosten an, bei Krankenkassen, der und auf die Professionalisierung auf allen Ebenen: direkten Existenzsicherung, im Erziehungswesen, relevante Themen, über die wir auch mittel- und in der Justiz und so weiter. Vielmehr wäre es drin- langfristig auch die Wahrnehmung in der Öffent- gend notwendig, dass in der Politik die nötigen lichkeit korrigieren können. Schritte unternommen würden, um zum Beispiel die Betreuung im Langzeitbereich gesetzlich zu Sozialberufe im Aufwind: verankern und der Pflege gleichzustellen. Dafür interessant auch für Quereinsteigende braucht es natürlich auch eine Imageverbesserung Das Sozialwesen ist eine Wachstumsbranche. Wir des Sozialwesens. müssen der realen Entwicklung Rechnung tragen Plan S – Magazin für Sozialberufe 29
Liliane Ryser Geschäftsleiterin OdA Soziales Zürich Kontakt Agogis Pelikanstrasse 18 8001 Zürich 043 366 71 10 info@agogis.ch www.agogis.ch und die nötigen Fachpersonen ausbilden. Dafür • Verkürzte berufliche Grundbildung mit Lehr- sind wir nicht nur auf Berufseinsteigende ange- vertrag – gleiche Abschlussprüfung (Qualifika- Berufsfachschule Winterthur wiesen, sondern auch auf quer- und wiedereinstei- tionsverfahren) wie die Jugendlichen Tösstalstrasse 26 gende Erwachsene, die bewusst eine Tätigkeit im • Direkte Zulassung zum Qualifikationsverfah- 8400 Winterthur Sozialen suchen, weil sie in den Sozialberufen eine ren (inkl. Abschlussprüfung) bei entsprechen- 052 268 14 00 sinnhafte und befriedigende Arbeit sehen. der Berufserfahrung www.bfs-winterthur.ch Doch dafür müssen viele Bedingungen erfüllt sein: • Validierung von Bildungsleistungen – Berufser- Die Arbeit im Sozialwesen braucht breite berufliche fahrung und Vorwissen werden angerechnet, Schule für Sozialbegleitung Kompetenzen. Freude und Interesse an Menschen allfällige fehlende Kompetenzen werden im Ausstellungsstrasse 36 sind unabdingbar, doch für eine professionelle Tä- Rahmen der ergänzenden Bildung erarbeitet. 8005 Zürich tigkeit muss man auch das nötige Wissen aufbau- 044 361 88 81 en und sich das entsprechende Können erarbeiten. Am Puls der Zeit info@sozialbegleitung.ch Sind die nötigen Voraussetzungen vorhanden und Dass das Selbstbewusstsein der Branche wächst, ist www. sozialbegleitung.ch ist man bereit, sich ein fundiertes Wissen anzueig- ein gutes Signal. Denn die Megatrends der Gesell- nen und neue Methoden einzuüben, dann sind die schaft, wie Digitalisierung, Mobilität, demografi- bke Bildungszentrum Sozialberufe gerade auch für Wieder- und Querein- sche Entwicklung usw. sind Themen, die auch uns Kinderbetreuung AG steiger sehr attraktiv. Darüber hinaus braucht es direkt betreffen – und die wir in die Berufsbildung Vulkanstrasse 106 die Bereitschaft zur selbstkritischen Auseinander- miteinbeziehen müssen. 8048 Zürich setzung mit sich und seinem Handeln. Wie das in der Praxis aussieht, kann man hautnah 044 315 15 75 erleben: Am 17. November findet in Zürich das ers- info@bke.ch Individuelle Berufsbildung: te überregionale Final der Berufsmeisterschaft Fa- www.bke.ch vier Wege zum Abschluss Best statt. Schauen Sie herein und fiebern Sie mit Erwachsenen stehen vier unterschiedliche Wege – mit einem begeisterten Publikum macht es den Verein Privates Kompetenz zum Erwerb eines eidgenössischen Fähigkeitszeug- Betreuungsprofis doppelt so viel Spass! zentrum Höhere Berufsbildung nisses zur Verfügung. Wir arbeiten eng mit Be- im Sozialbereich Zürich KHBS trieben und Beratungsstellen zusammen, um sie Geschäftsstelle interessierten Personen näher zu bringen. Diese Nelkenstrasse 24 Möglichkeiten führen zum EFZ-Abschluss: 8006 Zürich • Reguläre berufliche Grundbildung mit Lehrver- 044 796 35 61 trag – gleiche Abschlussprüfung (Qualifikati- Liliane Ryser info@khbs.ch onsverfahren) wie die Jugendlichen Geschäftsleiterin OdA Soziales Zürich www.khbs.ch 30 Plan S – Magazin für Sozialberufe
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