ERNÄHRUNG IM ALTER - WAS IST GUT, WAS KANN MAN BESSER MACHEN ? - MONIKA NEUHÄUSER-BERTHOLD - BFR-AKADEMIE
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Ernährung im Alter - was ist gut, was kann man besser machen ? Monika Neuhäuser-Berthold Institut für Ernährungswissenschaft Justus-Liebig-Universität Giessen
ÜBERSICHT 2 Ernährung im Alter - was ist gut, was kann man besser machen? • Demografische Aspekte • Ernährungszustand und Ernährungsrisiken • Besonderheiten des Nährstoffbedarfs und Nährstoffversorgung • Fazit
DEMOGRAFISCHE ASPEKTE 4 Projektion zur Anzahl der Hundertjährigen in der EU 2010 62.000 2060 760.000 Source: European Health and Life Expectancy Information System (EHLEIS); Eurostat Statistics Database
DEMOGRAFISCHE ASPEKTE 6 Lebenserwartung (LE) und gesunde Lebenserwartung (GLE) im Alter von 65 Jahren (2016) Frauen Männer 25 19,2 21,6 21,3 21,5 20 18,2 17,9 18,1 19,2 18 20 15,1 16,6 16 14 11,5 15 12,4 12 9,8 10,1 LE mit 65 10 GLE 10 8 6 4,5 4,2 5 4 2 0 0 EU-27 SVK DEU SWE EU-27 SVK DEU SWE Data source: Eurostat 2019
DEMOGRAFISCHE ASPEKTE 7 Attributable Krankheitslast für die 10 hauptsächlichen Risikofaktoren in Deutschland 2010 Frauen Männer Ernährungsrisiken 11,2 Ernährungsrisiken 16,2 Hoher BMI 10,3 Rauchen 14,2 Hoher Blutdruck 10,2 Hoher Blutdruck 11,5 Rauchen 6,7 Hoher BMI 11,5 Körperliche Inaktivität 5,3 Alkohol 6,0 Hohe Blutglucosespiegel 4,5 Hohes Gesamtcholesterol 5,8 Hohes Gesamtcholesterol 3,7 Hohe Blutglucosespiegel 5,6 Luftverschmutzung 2,1 Körperliche Inaktivität 5,3 Berufsbedingte Risiken 1,5 Berufsbedingte Risiken 3,8 Häusliche Gewalt 1,2 Luftverschmutzung 3,1 Anteil an total disability adjusted life years (DALYs) in % Quelle: Plass D, Vos T, Hornberg C, Scheidt-Nave C, Zeeb H, Krämer A. Trends in Disease Burden in Germany: Results, Implications and Limitations of the Global Burden of Disease Study. Dtsch Arztebl Int 2014; 111(38): 629-38; DOI: 10.3238/arztebl.2014.0629
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 8 Diabetes mellitus Fettstoffwechselstörungen Hochdruck Koronare Herzkrankheit Schlaganfall Hyperurikämie, Gicht Mangelkrankheiten Kniegelenkbeschwerden Infektionskrankheiten Schlaf-Apnoe-Syndrom Allg. Schwäche Tumorerkrankungen Mortalität Gallensteinleiden Krampfadern 20 25 Body Mass Index [kg/m²]
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 9 Prävalenz von Untergewicht, Normalgewicht, Übergewicht und Adipositas in Deutschland (repräsentative Daten der Nationalen Verzehrsstudie, NVS II) 100% 10,6 13,2 90% 20,1 26,8 30,7 27,9 Männer 80% 29,8 70% 43,7 Adipos itas 60% 50,1 Übergewicht 50% 50,4 51,8 56,3 Norm algewicht 40% Untergewicht 30% 20% 10% 0% 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-80 100% Age (years) 8,7 90% 14,3 18,9 23,9 31,2 Frauen 20,3 34,3 80% 21 70% 29,8 Adipositas 60% 32,9 Übergew icht 50% 38 39,8 Normalgew icht 40% Untergew icht 30% 20% 10% 0% 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-80 Alter (Jahre)
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 10 Abweichungen der Lebensmittel- und Nährstoffaufnahme von den Empfehlungen in Deutschland 1 Referenzwerte / Richtwerte Referenzwerte / Empfehlungen werden im Mittel überschritten werden im Mittel nicht erreicht Eiweiß Kalzium Fett Vitamin D Cholesterol Jod Zucker Folsäure Kohlenhydrate (Polysaccharide) Salz Ballaststoffe Phosphat Energie Gemüse Obst 1 Ergebnisse der Nationalen Verzehrsstudie (NVS-II) für die Altersgruppe 65-80 Jahre und der GISELA Studie für die Altersgruppe 60-90 Jahre
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 11 Eiweiß Aktueller Verzehr: ≈ 140 – 145 % der empfohlenen Zufuhr Mögliche Nachteile hoher Zufuhr - bei intakter Nierenfunktion nicht belegt - bei hauptsächlicher Zufuhr über Fleisch- und Wurstwaren, Milchprodukte und Käse mit hoher Zufuhr an gesättigtem Fett assoziiert Bevorzugte Quellen: Fisch, Geflügel, Hülsenfrüchte, Nüsse
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 12 Fett und Cholesterol Empfehlung: ≤ 30 % der Energie, Cholesterol: ≤ 300 mg / Tag davon 1/3 gesättigte Fettsäuren (LM tierischer Herkunft) 1/3 mehrfach ungesättigte Fettsäuren (vorw. pflanzl. Herkunft) 1/3 einfach ungesättigte Fettsäuren (z.B. Olivenöl) Risiken bei hoher Zufuhr - Hohe Energieaufnahme - Übergewicht und assoziierte Gesundheitsprobleme - Niedrige Aufnahme nährstoffdichter Lebensmittel - Erhöhte Cholesterolspiegel im Blut
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 13 Bedeutung mehrfach ungesättigter Fettsäuren Linolsäure (ω-6-Fettsäure) und α-Linolensäure (ω-3-Fettsäure) sind essenzielle Fettsäuren sind wichtige Bestandteile von Zellmembranen sind Vorstufen für Stoffe, die an der Regulation des Blutdrucks und von Entzündungsreaktionen beteiligt sind haben günstigen Einfluss auf die Blutfette
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 14 Omega-3-Fettsäuren in Lebensmitteln alpha-Linolensäure Leinöl (55 %), Walnussöl (13 %), Rapsöl (9 %) und Sojaöl (8 %) Eicosapentaensäure fette Seefische, z.B. Hering, Makrele, Docosahexaensäure Lachs (1,5 -1,8 g pro 100 g)
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 15 Phytosterole Hemmen die intestinale Absorption von Cholesterol Senken LDL-Cholesterol bei Zufuhren von ca. 2 g / Tag Verzehr: 180 - 400 mg / Tag Wichtige Quellen: Pflanzensamen und Nüsse
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 16 Zucker Empfehlung ≤ 10 % der Energiezufuhr Risiken hoher Zufuhr - Karies - Ernährung mit geringer Nährstoffdichte - Störungen in der Blutzuckerregulation - Blutfette - Gewichtszunahme Hauptquellen: Süßwaren, Backwaren, süße Brotaufstriche, Softdrinks, Säfte
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 17 Speisesalz Minimaler Bedarf: 1,4 g / Tag Empfehlung: ≤ 6,0 g / Tag Verzehr Frauen: 8.4 g / Tag Männer: 10 g / Tag Mögliche Nachteile hoher Zufuhr Blutdruck Calziumausscheidung Risiko für Nierensteine Osteoporoserisiko Hauptquellen: Brot, Fleisch und Wurstwaren, Käse, Fertiggerichte
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 18 Phosphat Verzehr: 170 % - 205 % der empfohlenen Zufuhr Natürliches Vorkommen in Lebensmitteln als organisch gebundenes Phosphat (wird zu 40 bis 60 % absorbiert). Als Lebensmittelzusatzstoff (E338 – E343) in vielen verarbeiteten Lebensmitteln wie Schinken, Fleisch-, Wurst- und Fischkonserven, Backwaren, Käse, Softdrinks) (wird gut absorbiert).
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 19 Kalzium Empfohlene Zufuhr: 1.000 mg / Tag Verzehr: ≈ 90 % der empfohlenen Zufuhr Hauptquellen: Milch- und Milchprodukte, daneben auch einige Kohlarten und Mineralwässer
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 20 Risiken … hoher Phosphat- und niedriger Vitamin-D-Zufuhr niedriger Kalziumzufuhr Parathormon Vitamin-D-Mangel bei limitierter endogener Knochendemineralisation Synthese Umsatz von vitamin D Calciumabsorption Knochendichte Parathormon Osteoporose- und Osteoporoserisiko Frakturrisiko Frakturrisiko
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 21 Vitamin D Empfohlene Zufuhr: 20 μg / Tag bei fehlender endogener Synthese Verzehr: ≈ 3 – 4 μg / Tag Risiken bei Vitamin-D-Mangel Osteoporose, Frakturen In der Diskussion stehen gegenwärtig positive Einflüsse auf Blutfette, Blutdruck und Immunsystem. Die Belege hierfür sind jedoch nicht ausreichend. Wichtige Quellen: Sonnenlichtexposition, fette Seefische, Eier, Milch und Milchprodukte
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 22 Jod Empfohlene Zufuhr: 180 μg / Tag Verzehr ohne Jodsalz: 92 – 99 μg / Tag Verzehr mit Jodsalz: 184 – 223 μg / Tag Risiken niedriger Zufuhr - Kropf, Schilddrüsenunterfunktion - Jodinduzierte Schilddrüsenüberfunktion Wichtige Quellen: Meeresfrüchte, Milch- und Milchprodukte, Jodsalz
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 23 Folsäure Empfehlung: 300 μg / Tag Verzehr: 260 μg / Tag Risiken niedriger Zufuhr - Anämie - Homocysteinspiegel - Gestörte Zellteilung und Zelldifferenzierung ( Krebsvorstufen, Tumore ?) Wichtige Quellen: Zitrusfrüchte, Gemüsearten, Vollkorngetreide, Leber
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 24 Ballaststoffe Empfehlung: 30 g / Tag Verzehr: 25 g / Tag Wichtige Funktionen von Ballaststoffen Bindung von Toxinen wirken einer Obstipation entgegen senken Cholesterolspiegel senken das Risiko für Divertikulose haben günstigen Einfluss auf den Blutglucosespiegel
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 25 Bedeutung von Gemüse und Obst in der Ernährung Hauptlieferanten von Nährstoffen wie Folsäure, Vitamin C und K, β-Carotin, Kalium, Magnesium, Ballaststoffen. Niedriger Energiegehalt. Der Verzehr anstelle von energiereichen Lebensmitteln begünstigt ein gesundes Körpergewicht. Enthalten sekundäre Pflanzenstoffe mit möglichen gesundheitsrelevanten (antioxidativen, anti-entzündlichen, immunmodulatorischen, gefäßerweiternden) Wirkungen. Der Verzehr wurde mit einem geringeren Risiko für viele chronische Erkrankungen assoziiert.
ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ERNÄHRUNGSRISIKEN 28 10 Regeln für eine gesunde Ernährung Vielseitig essen Reichlich Getreideprodukte – und Kartoffeln Gemüse und Obst – Nimm „5“ am Tag Täglich Milch und Milchprodukte; ein- bis zweimal in der Woche Fisch; Fleisch, Wurstwaren sowie Eier in Maßen Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel Zucker und Salz in Maßen Reichlich Flüssigkeit Schmackhaft und schonend zubereiten Sich Zeit nehmen und genießen Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben
BESONDERHEITEN DES NÄHRSTOFFBEDARFS 27 Besondere Anforderungen an die Ernährung älterer Menschen Der Bedarf an Energie ist erniedrigt Der Bedarf an Mikronährstoffen ändert sich nur wenig (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente) Alte Menschen sollten Lebensmittel bevorzugen mit hoher Nährstoffdichte niedriger Energiedichte Nährstoffdichte = Nährstoffmenge pro Energieeinheit (MJ = 239 kcal)
BESONDERHEITEN DES NÄHRSTOFFBEDARFS 29 Spezifische altersabhängige Zustände mit Auswirkungen auf die Aufnahme und den Bedarf an Nährstoffen Sarkopenie (Verlust an fettfreier Körpermasse) Ursachen Folgen Geschlechtshormone, Energieumsatz Wachstumshormon, IGF-1 Insulin Sensitivität Neuromuskuläre Veränderungen Muskelkraft Körperliche Inaktivität Fettmasse Mangelernährung Risiko für Mangelernährung Krankheiten
BESONDERHEITEN DES NÄHRSTOFFBEDARFS 31 Spezifische altersabhängige Zustände mit Auswirkungen auf die Aufnahme und den Bedarf an Nährstoffen Steigendes Risiko für Mangelernährung bei sehr alten und hilfs- und pflegebedürftigen Menschen Ursachen der Mangelernährung Beeinträchtigte Mundgesundheit (abnehmender Speichelfluss, schlechter Zahnstatus, Schluckstörungen) Abnehmender Geruchs- und Geschmacksinn Multimorbidität und Multimedikation Schlechte sozio-ökonomische Situation Körperliche Beeinträchtigungen und eingeschränkter Mobilität Demenz, Depression, soziale Isolation Altersanorexie
BESONDERHEITEN DES NÄHRSTOFFBEDARFS 32 Spezifische altersabhängige Zustände mit Auswirkungen auf die Aufnahme und den Bedarf an Nährstoffen Multimorbidität und Multimedikation Über 50 % der ≥ 65-Jährigen haben > 2 chronische Leiden. Es bestehen zahlreiche Wechselwirkungen zwischen der Ernährung und Krankheiten sowie Arzneimitteln. In Abhängigkeit von Erkrankung und Medikation kann der Nährstoffbedarf von den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr für gesunde ältere Menschen abweichen. In solchen Fällen sind eine auf die jeweils spezifische Situation zugeschnittene Ernährung und/oder Lebensmittel anzustreben.
FAZIT 33 Unter Berücksichtigung der besonderen altersabhängigen Veränderungen und Gesundheitsprobleme, können speziell darauf abgestimmte Lebensmittel oder Mahlzeiten für eine adäquate Versorgung mit Energie und Nährstoffen der Gesundheit älterer Menschen förderlich sein. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
Sie können auch lesen