Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 - Beiträge von Avacon zum Gelingen der Energiewende - Avacon AG
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Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Beiträge von Avacon zum Gelingen der Energiewende Netze für neue Energie
Inhaltsverzeichnis 4 Vorwort 6 Kapitel 1 – Notwendiger denn je: Verteilnetz trägt den Großteil der Ökostrom-Einspeisung 9 Kapitel 2 – Erneuerbare-Energien-Gesetz: Rahmenbedingungen für Energiewende wurden aktualisiert 12 Kapitel 3 – Schwankende Einspeisung ausgleichen: Speicher als Energiepuffer 18 Kapitel 4 – Windenergie: Seit mehr als zehn Jahren ertragsstärkste Erneuerbare Energiequelle in Deutschland 22 Kapitel 5 – Einspeisung von Bio-Erdgas: Zuwachs verliert an Dynamik 23 Kapitel 6 – Erneuerbare-Energien-Umlage: Jährliche Umverteilung von rund 20 Mrd. Euro 24 Ausgewählte Kennzahlen zu Erneuerbaren Energien und dezentraler Erzeugung für das Jahr 2014 im Überblick 26 Einspeisedaten für die Avacon AG 27 Einspeisedaten für die Avacon-Netzgebiete Niedersachsen Sachsen-Anhalt Hessen Nordrhein-Westfalen 31 Einspeisedaten für die Netzgebiete der Avacon-Technikstandorte Burgwedel Gardelegen Gehrden Genthin Lüneburg Nienburg Oschersleben Salzgitter Salzwedel Sarstedt Schöningen Syke 43 Glossar Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG 3
Vorwort Mit der erfolgreichen Integration des Teilbetriebs fügung. In Analogie zur Nahrungsmittelversorgung Mitte der E.ON Netz GmbH im Jahr 2014 sind wir lässt sich sagen: Auch energetisch „ernährt“ das deutlich gewachsen und haben uns konsequent zum Land die Stadt. Und aufgrund des starken Anteils reinen Netzbetreiber und Infrastrukturdienstleister der Windenergie unter den Erzeugungsarten ist die weiterentwickelt. Unser Netzgebiet hat sich um Entwicklung in den windgünstigen Bundesländern 10.800 Kilometer Hochspannungsnetz vergrößert. im Norden deutlich dynamischer als in der Mitte Damit haben wir unsere bisher auf Sachsen-Anhalt oder im Süden. Das Avacon-Netzgebiet zählt damit beschränkten Aktivitäten im 110-kV-Netz auf weite zu den Schlüsselregionen im Geschehen der Energie- Teile Niedersachsens, Hessens und Nordrhein-West- wende. Hinsichtlich der in das Netz aufgenommenen falens ausweiten können. Menge an Erneuerbarer Energie liegt unser Unter- Mit dieser Ausdehnung umfasst das Avacon- nehmen bundesweit auf Rang sieben aller rund 900 Gebiet jetzt auch die windreiche Nordseeküste. Und Netzbetreiber in Deutschland. insbesondere bei der Wind-Einspeiseleistung ist für Der rechnerische Grünstromanteil von 105 Pro- die kommenden Jahre durch Neubau und Repowering zent im Avacon-Netz verdeutlicht, dass sich hier ein anhaltender Ausbau zu erwarten. Aber auch in besonders viele Einspeiser an der Energiewende anderen Regionen unseres Netzgebiets gibt es weiter- beteiligen. Sie sorgen dafür, dass der Wert für unser hin einen starken Zubau von Anlagen zur Erzeugung Netz etwa viermal so hoch liegt wie der bundes- von Strom aus Erneuerbaren Energien. Die Konse- deutsche Durchschnitt. Dieser beträgt für das Jahr quenz: Bestehende Stromleitungen müssen verstärkt, 2014 nach vorläufigen Schätzungen 26 Prozent. neue Leitungen verlegt und die Netze insgesamt Da die Einspeisung in unser Netz auch künftig „intelligenter“ und flexibler gemacht werden. wachsen wird, bleiben wir als Netzbetreiber weiter- Schon seit Jahren stellen wir uns dieser Aufgabe hin – vielleicht sogar noch zunehmend – gefordert. und bereiten unsere Netze auf die neuen Anforde- Denn die Versorgungssicherheit trotz schwankender rungen vor. Seit Gründung von Avacon im Jahr 1999 Einspeisemengen auf hohem Niveau zu halten, ist haben wir bereits 1,8 Mrd. Euro für den Ausbau eine anspruchsvolle Aufgabe. eingesetzt. In den nächsten 15 Jahren folgen nach Aufgrund der fehlenden Synchronisation von heutiger Abschätzung und nach heutigen Rahmen- Erneuerbarer Erzeugung und Verbrauch führt die bedingungen weitere rund 2,8 Mrd. Euro. Dies macht Energiewende in den Netzen – anders als auf den deutlich, wie sehr unsere Expertise und unsere In- ersten Blick zu erwarten – nicht zu weniger, sondern vestitionskraft gefordert sind. zu mehr Stromtransport. Bundesweit wird zusätz Wie weit die Energiewende im Avacon-Netz liche Transportkapazität benötigt, um Strom aus gebiet bereits vorangeschritten ist, zeigt der so Regionen mit hohem Anteil Erneuerbarer Energien genannte Grünstromanteil. Diese Quote gibt das in Regionen mit geringerem Grünstromanteil zu rechnerische Verhältnis von eingespeistem Strom transportieren. Anderenfalls müssten Erzeugungs aus Erneuerbaren Energien zum Netzabsatz an anlagen bei einer zu starken Stromeinspeisung Endkunden an. Im Avacon-Netz liegt dieser Wert abgeschaltet werden, um Spannung und Frequenz für das Jahr 2014 bei 105 Prozent. im Netz stabil zu halten. Schaut man sich die Grünstromquoten der ein- Doch gerade die Notwendigkeit des Netzausbaus zelnen Netzbetreiber näher an, so zeigt sich: Die wird derzeit kritisch hinterfragt und heftig diskutiert. Energiewende findet vorwiegend im ländlichen Das Thema gewinnt immer mehr öffentliche und Raum statt. Denn nur hier stehen ausreichend Flä- mediale Aufmerksamkeit. Es gründeten sich zahl chen für Windräder und den Anbau von nachwach- reiche Bürgerinitiativen, die sich im Wesentlichen senden Rohstoffen für Biomasseanlagen zur Ver mit Trassenverläufen und Bauweisen beschäftigen. 4 Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG
Der Avacon-Vorstand (v. l.): Frank Aigner, Michael Söhlke, Dr. Stephan Tenge Im Widerstreit der verschiedenen Interessen kann Leitungsbaumaßnahmen mit erheblichem Investi dabei mitunter der Eindruck entstehen, dass das tionsaufwand jetzt über Spannungsebenen hinweg gemeinsame gesellschaftliche Ziel „Gelingen der integriert geplant und realisiert werden. Extern gibt Energiewende“ ins Hintertreffen gerät. Damit das es für Netzkunden oder Behörden künftig weniger nicht geschieht, sind alle Beteiligten in der Pflicht. Schnittstellen und Ansprechpartner. Die Erfolge des Wie seine Vorgänger gibt auch dieser Erneuer ersten Jahres in der neuen Struktur konnten die Er- bare-Energien-Report Auskunft darüber, wie weit wartungen voll erfüllen. Den kommenden Aufgaben, die Energiewende in unserem Netzgebiet fortge- die uns die Energiewende stellt, sehen wir mit großem schritten ist. Er soll zugleich Diskussionsanstoß und Respekt und ebenso großer Zuversicht entgegen. Gesprächsgrundlage sein. Eine direkte Vergleich barkeit mit den Zahlen der Vorjahre ist aufgrund Avacon AG der Integration des Teilbetriebs Mitte der E.ON Netz Der Vorstand allerdings nicht gegeben. Immerhin brachte der Teil- betrieb Mitte beispielsweise einen Netzabsatz von etwa 23.000 MWh und eine installierte Einspeiseleis- tung von Erneuerbaren Energien in Höhe von rund 3.000 MW ein. Dieses Zusammenführen der 110-kV-Hochspan- nung mit der 20-kV-Mittelspannung und der 400-V- Niederspannung unter dem gemeinsamen Avacon- Dach ermöglicht es uns, die Energiewende künftig noch wirkungsvoller zu unterstützen. Intern können Michael Söhlke Frank Aigner Dr. Stephan Tenge Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG 5
Kapitel 1 Notwendiger denn je: Verteilnetz trägt den Großteil der Ökostrom-Einspeisung Der Anteil von Erneuerbaren Energien an der deut- Aufgaben der verschiedenen Netzebenen schen Bruttostromerzeugung wächst stetig. Mehr als 90 Prozent der installierten EE-Leistung ist an Netzinfrastruktur Verbrauchsebene Verteilnetze angeschlossen. Diese Netze machen mit in Deutschland einer Leitungslänge von 1,7 Mio. Kilometern rund 98 Prozent des gesamten deutschen Stromnetzes Höchstspannung aus. Sie sind sozusagen die unverzichtbare Strom- 220/380 kV 34.000 Leitungs- drehscheibe des Projekts Energiewende. kilometer Umbau der Verteilnetze nötig Hochspannung Großindustrie Mit dem Umbau des Energiesystems bekommen die 110 kV 95.000 Leitungs- Stromverteilnetze zunehmend neue Aufgaben. Dien- kilometer ten sie früher im Rahmen einer Versorgungsfunktion weitgehend der lokalen und regionalen Verteilung Mittelspannung Industrie/Handel von elektrischem Strom, der meist zentral in großen 10-20 kV Kraftwerken erzeugt wurde, so kommt es heute 510.000 Leitungs- kilometer immer häufiger vor, dass vor Ort eingespeiste Energie nicht verbraucht werden kann, sondern zu den Ver- Niederspannung Gewerbe/ bindungsstellen zum Hoch- oder gegebenenfalls 230/400 V Private Haushalte Höchstspannungsnetz transportiert werden muss. 1.100.000 Leitungs- kilometer Damit ändert sich nicht nur die Fließrichtung im Stromsystem. Es wird nun in verbrauchsschwachen Gebieten, in denen die Netze bezogen auf den Ver- brauch ausreichend dimensioniert sind, zusätzliche jüngste im Auftrag des Bundeswirtschaftsminis Leitungskapazität für den Abtransport der Energie teriums erstellte Studie von EE-getriebenen Aus benötigt. baukosten in den Verteilnetzen zwischen 23 und Neben den Investitionen zur Erhöhung der Strom- 49 Mrd. Euro bis zum Jahr 2032 aus. Dies entspricht transportkapazität werden auch Ausgaben erforder- einer Steigerung der Netzkosten von 10 bis 20 Pro- lich, um die Spannungs- und Frequenzhaltung bei zent. steigender und vor allem immer stärker schwanken- Deutlich günstiger wäre der Ausbau zu realisie- der EE-Einspeisung bewältigen zu können. Gemäß ren, würde man die Netze von vornherein so aus verschiedener EE-Entwicklungsszenarien geht die legen, dass sie nicht jede Kilowattstunde EE-Strom Exkurs: Ökostromanteil im internationalen Vergleich Die deutschen Zahlen des Ökostromausbaus sind beeindruckend. Doch der internationale Vergleich zeigt: Deutschland ist nicht allein. Schaut man sich unter den europäischen Nachbarn um, stellt man fest, dass viele Länder bereits weiter sind. Ganz vorn liegen Länder wie Schweden und Österreich, die über erhebliche Wasserkraftpotenziale verfügen. Mit Portugal, Lettland, Dänemark und Spanien folgen Länder, die stark auf Windenergie setzen. Deutschland und Irland zeichnen sich jedoch durch besonders hohe Zuwachsraten in den letzten Jahren aus. 19,4 % 20,4 % 23,6 % 26,2 % 27,1 % 27,7 % 30,2 % 38,8 % 41,9 % 43,6 % 55,2 % 58,7 % Irland Deutschland Italien Slowenien Rumänien Finnland Spanien Dänemark Lettland Portugal Österreich Schweden Zahlen: Eurostat (aktuellste Zahlen aus 2011) 6 Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG
aufnehmen müssten, sondern die Netzbetreiber bei Erzeugungsspitzen die Möglichkeit erhielten, groß- zügiger als heute abzuregeln. Ein Abregelungskon- tingent von bereits einem Prozent der jährlichen EE-Erzeugung würde ausreichen, den erwarteten Netzausbaubedarf um etwa 30 Prozent zu senken. Mit einem Kontingent von 3 Prozent ließen sich so- gar mehr als 40 Prozent der Ausbaukosten einsparen. Investitionsbedarf nach Regionen unterschiedlich Doch nicht alle Verteilnetze sind gleichermaßen be- troffen. Wegen des starken Photovoltaik-Wachstums in Süddeutschland ist dort in sehr starkem Maße ein Ausbau der Niederspannungsnetze erforderlich. Der Ausbaubedarf im Mittelspannungsnetz ist bundes- weit deutlich gleichmäßiger verteilt. Bei der Hoch- spannungsebene konzentriert sich der Netzausbau- bedarf sehr stark auf den Norden und den Osten. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass in diesen Regionen die Windenergie eine große Rolle spielt, deren Bedeutung aktuell im Vergleich mit anderen EE-Energieträgern sogar noch zunimmt. Zu- dem gibt es im Norden und Osten vergleichsweise wenig Energieverbrauch, sodass die eingespeisten Energiemengen über weite Entfernungen zu den Lastschwerpunkten im Westen und Süden transpor- tiert werden müssen. Energiewende findet auf dem Land statt Eine weitere Beobachtung ist, dass der ländliche Raum, gleichgültig welche Spannungsebene unter- sucht wird, stets deutlich stärker vom Netzausbau betroffen ist als städtisch geprägte Räume. Hier werden aufgrund der in geringerem Maße zur Ver fügung stehenden geeigneten Flächen weitaus we- niger Windräder, Biogas- und Photovoltaikanlagen installiert. Nicht nur für die Nahrungsmittelversor- gung, auch für die Bereitstellung von Erneuerbaren Energien gilt in gewisser Weise: Das Land „ernährt“ die Stadt. Obwohl es in Deutschland rund 900 Verteilnetz- betreiber gibt, nehmen allein 20 Netzbetreiber be- Auswirkungen auf Netzentgelte reits 80 Prozent der EE-Strommengen auf. Avacon Investitionen in die Stromnetze werden von den liegt in dieser bundesweiten Tabelle auf Platz sieben. Netzbetreibern über die regulierten Netzentgelte Dies zeigt, welche Bedeutung dem Beitrag von refinanziert. Der Ausbaubedarf hat damit direkte Avacon zum Gelingen der Energiewende zukommt. Auswirkungen auf die Netzentgelte, welche als Be- Es veranschaulicht aber auch, wie sehr das Unter- standteil der Stromrechnung von den Endkunden nehmen hinsichtlich technischer Expertise und getragen werden. Schon heute gibt es bedingt Investitionskraft gefordert ist. durch Wirtschafts- und Siedlungsstruktur, aber auch Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG 7
Regionale Verteilung der Netzentgelte für Haushaltskunden aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der EE-Einspeisung erhebliche regionale Unterschiede bei den Netzentgelten. Da das Stromnetz ein natürliches Monopol dar- stellt und sich kein Wettbewerbspreis für die Netz- nutzung ermitteln lässt, werden die Netzentgelte staatlich überwacht. Seit dem Jahr 2005 kontrollie- Netzentgelte 2014 ren und genehmigen Regulierungsbehörden des in ct/kWh Bundes (Bundesnetzagentur) sowie Regulierungs- 3,52 – 6,20 behörden der Länder die Höhe der Netzentgelte. So 6,21 – 6,50 soll erreicht werden, dass die Netzbetreiber einer- 6,51 – 7,20 seits über hinreichende Erlöse verfügen, um Ausbau, 7,21 – 8,30 Wartung und Instandhaltung ihrer Netze zu finan- 8,31 – 10,00 zieren, anderseits wird angestrebt, dass sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln so effizient Quelle: ene‘t wie möglich umgehen. Das entsprechende Instru- ment ist die sogenannte Anreizregulierung. Handlungsbedarf bei der Regulierungssystematik betreiber wie Avacon die Ausbaukosten – verglichen Durch die Anwendung neuer Planungskonzepte mit einem rein konventionellen Netzausbau – deutlich (Stützpunktnetze, regelbare Ortsnetztrafos, Hoch- reduzieren. Damit sinken zwar verglichen mit dem temperaturleiterseile, …) können innovative Netz klassischen Vorgehen die Investitionskosten, ande- rerseits führen einige dieser Maßnahmen jedoch später zu höheren Betriebskosten als konventionel- ler Netzausbau. Ein Beispiel hierfür sind die höheren Netzverluste beim Einsatz von Hochtemperaturleiter seilen, deren Einsatz wiederum in manchen Fällen den Bau neuer Leitungstrassen vermeiden kann. Das gegenwärtige Anreizsystem ist allerdings auf die erfolgreiche Kürzung von Betriebskosten ausgelegt. Damit geht vom heutigen Regulierungsregime kein ausreichendes Signal zur Optimierung der Gesamt- kosten aus. Das System sollte daher weiterentwickelt werden, um jede Kosteneffizienz zu stimulieren, un- abhängig davon, ob diese durch eine Senkung der Kapital- oder der Betriebskosten erreicht wird. Der Bundesregierung ist der Handlungsbedarf bewusst. Für 2015 ist ein Verordnungsentwurf zur Novellie- rung der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) angekündigt, der im Sommer durch das Bundeskabi- nett verabschiedet werden soll. 8 Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG
Kapitel 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz: Rahmenbedingungen für Energiewende wurden aktualisiert Zum 1. August 2014 trat die in der politischen Debatte aus Erneuerbaren Energien fördern“. Das EEG 2014 lange und intensiv diskutierte Novellierung des ist verglichen mit seinen Vorgängern insgesamt ein Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Kraft. Mit Schritt hin zu mehr Markt- und Systemintegration dem neuen EEG wurden grundsätzlich alle Regelun- der Erneuerbaren Energien. gen von Vorgängerfassungen abgelöst, es sei denn, Für die Nutzung von Wind, Sonne und Biomasse im aktuellen EEG ist das Weiterbestehen früherer sind jetzt politisch gewünschte jährliche Ausbaupfade Vorschriften ausdrücklich genannt. genannt. Entsprechend der tatsächlichen Entwick- Ziel des neuen EEG ist, den Ausbau der Erneuer- lung sind Steuerungsimpulse über die Vergütungs- baren Energien weiter voranzubringen. Für das Jahr höhe hinterlegt. Die Politik hofft, mit dieser einge- 2050 gibt es einen Zielwert von 80 Prozent EE-Anteil bauten automatischen Nachsteuerung möglichst im vor. Zudem will das EEG laut Gesetzestext „… im Ausbaukorridor zu bleiben. Im Jahr 2014 waren die Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine Erneuerbaren Energien erstmals wichtigste Erzeu- nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung gungsart im deutschen Strommix. Für das Jahr 2016 ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der ist bereits die nächste Novellierung des EEG vorge- Energieversorgung auch durch die Einbeziehung sehen. Dann sollen beispielsweise Ausschreibungs- langfristiger externer Effekte verringern, fossile modelle für mehr Marktmechanismen bei der EE- Energieressourcen schonen und die Weiterentwick- Erzeugung sorgen. Die rasche Abfolge der EEG-Über- lung von Technologien zur Erzeugung von Strom arbeitungen zeigt, wie viel Dynamik in dem Umbau- Gewünschter Entwicklungspfad für EE-Strom Ziel des EEG 2050 2014 2025 2035 26,2 40-45 55-60 80 % des Brutto-Stromver- brauchs sollen bis 2050 % % % aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG 9
prozess des Energieversorgungssystems steckt. Je weiter in der Zukunft eine Anlage in Betrieb ge- Zahlreiche Akteure in Politik und Energiewirtschaft nommen wird, desto geringer fällt die garantierte sprechen von einer industriepolitischen Jahrhundert- Vergütung pro eingespeister Kilowattstunde aus. aufgabe. Für die einzelnen EE-Arten gibt es individuelle För- dersätze, welche die jeweilige Situation der Erzeu- Die wichtigsten Änderungen im Einzelnen: gungskosten berücksichtigen. Geringere Vergütungssätze für neue Anlagen Direktvermarktung und Marktprämie Im Zuge des technischen Fortschritts gibt es gene- Für alle Betreiber großer EE-Anlagen wird künftig rell eine Degression bei den Erzeugungskosten von die Direktvermarktung im Marktprämienmodell zum EE-Strom. Der Gesetzgeber reagiert darauf, indem Regelfall. Bei Anlagen ab einer Leistung von 500 kW er die Förderung für die Stromeinspeisung von sind einzuspeisende Mengen über die Strombörse – EE-Strom in den nächsten Jahren weiter zurückführt. in der Regel durch einen Direktvermarkter – zu ver- äußern. Ab dem 1. Januar 2016 sinkt diese Schwelle auf eine Anlagenleistung von 100 kW. Da jedoch die an der Börse erzielbaren Preise deutlich unter den Sätzen der EEG-Einspeisever Gewünschter Entwicklungspfad nach Anlagenarten gütung liegen, erhalten die Anlagenbetreiber eine Marktprämie, welche die Differenz zwischen Börsen- strompreis und EEG-Vergütungssatz ausgleicht. Voraussetzung für den Anspruch auf Zahlung der Marktprämie ist, dass die Anlage fernsteuerbar ist. Dies ist erforderlich, damit der Direktvermarkter jederzeit die Einspeiseleistung ermitteln und bei Bedarf ferngesteuert reduzieren kann. Mit dem Marktprämienmodell wird das Ziel verfolgt, den Offshore Strom aus EE-Anlagen verstärkt in das System von 6.500 MW bis 2020 Angebot und Nachfrage an der Börse zu integrieren. 15.000 MW bis 2030 Für kleine Anlagen gilt weiterhin das Wahlrecht Onshore auf eine garantierte Einspeisevergütung. 2.500 MW/Jahr plus Repowering EEG-Umlage und Eigenverbrauch Bei Neuanlagen ist künftig für selbst erzeugten und verbrauchten Strom eine anteilige EEG-Umlage zu zahlen. Eigenversorgungskonzepte, die vor dem Photovoltaik 1. August 2014 realisiert wurden, sind von der Neu 2.500 MW/Jahr regelung nicht betroffen, sofern der Strom ohne Nutzung des öffentlichen Netzes durch den Anlagen- Biogas betreiber verbraucht wird. Kleine Anlagen mit einer 100 MW/Jahr Leistung von maximal 10 kW sind bis zu einem Eigen- 10 Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG
Ausbaupfade und Degression Nachdem im Rahmen des EEG 2012 bereits ein Aus- baupfad für Photovoltaik festgelegt worden war, sind nun auch Ausbaupfade für Windenergie und Bio- masse festgelegt worden. Werden die Ausbauziele über- oder unterschritten, werden die Vergütungs- sätze für Neuanlagen in der Folgezeit entsprechend angepasst („atmender Deckel“) und das für die jewei- lige Energieart vorgesehene Abschmelzen der Ver- verbrauch von 10.000 kWh pro Jahr befreit. Diese gütungssätze im Zeitablauf (Degression) innerhalb Bagatellgrenze ist für die Dauer von 20 Betriebsjahren vorgegebener Grenzen verstärkt oder abgeschwächt. der Anlage festgeschrieben. Bei umlagepflichtigen Anlagenbetreibern werden von der jeweils gültigen Bonus zur Gasaufbereitung entfällt EE-Umlage 30 Prozent im Jahr 2015, 35 Prozent im Neue Biomethananlagen, die Biogas produzieren und Jahr 2016 und schließlich 40 Prozent im Jahr 2017 nach einer entsprechenden Aufbereitung Bioerdgas fällig. in das deutsche Gasnetz einspeisen, werden im EEG 2014 nicht mehr gefördert. Hierdurch ist der Markt Keine Vergütung bei negativen Strompreisen für solche Anlagen praktisch eingefroren, da nur noch Durch besonders ertragreiche, aber in den Progno- die Bestandsanlagen aus den Vorgänger-EEG weiter- sen nicht erwartete Wettersituationen tritt mitunter hin gefördert werden. Auch neue Abnehmer von ein deutliches Überangebot an EE-Strom auf. Da- Bioerdgas auf der Verbrauchsseite werden nur noch durch kann es an den Strombörsen zu negativen dann im Rahmen des EEG 2014 gefördert, wenn durch Preisen kommen. Dann wird der Käufer entspre- den Zubau einer EEG-Anlage eine Altanlage mit glei- chender Kontingente sogar dafür entlohnt, dass er cher Leistung dauerhaft stillgelegt wurde. Überschussstrom aufnimmt und das Stromsystem entlastet. Um das Auftreten solcher Überschuss situationen zu vermeiden, ist im neuen EEG geregelt, dass die Vergütung im Rahmen der Direktvermark- tung komplett entfällt, sobald die Preise für stündlich Fazit: Komplexität nimmt weiter zu gehandelte Stromlieferungen (Stundenkontrakte) am Spotmarkt der Strombörse in Paris an mehr als Bei den Netzbetreibern wird das neue EEG mit seinen mehr als sechs aufeinanderfolgenden Stunden negativ sind. 100 Paragraphen und den derzeit bereits bestehenden 4.700 Vergü- Der Ausfall der Förderung gilt dann für den gesam- tungskategorien zu einem weiteren Anstieg des Verwaltungsauf- ten Zeitraum, in dem die Strompreise ohne Unter- wands führen. Wie gut die Instrumente greifen, den EE-Ausbau in brechung negativ waren. dem politisch gewünschten Korridor zu halten, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Ebenso darf man gespannt sein, wie sich Eintragung in ein Anlagenregister angesichts der modifizierten Ausbauziele und Vergütungssätze die Seit dem Inkrafttreten des EEG 2014 müssen Betrei- EEG-Umlage für die Strom-Endverbraucher entwickeln wird. Doch ber neuer Anlagen die Stammdaten ihrer Anlagen wer die dynamische Entwicklung der Fragen rund um die Energie- (Standort, Energieträger, Leistung, Netzanschluss, …) wende kennt, der weiß: „Nach der EEG-Reform ist vor der EEG- in ein Anlagenregister eintragen, das bei der Bundes- Reform.“ netzagentur geführt wird. Damit soll sukzessive eine zentrale Datenbank aufgebaut werden, in der alle deutschen EE-Anlagen erfasst sind. Derzeit ist ein solcher Überblick nur über eine Aggregation der bei den Netzbetreibern vorhandenen Daten möglich. Die zentralen Daten sollen beispielsweise helfen, um jederzeit den jeweiligen Status bei der Errei- chung der EE-Ausbaupfade ermitteln zu können. Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG 11
Kapitel 3 Schwankende Einspeisung ausgleichen: Speicher als Energiepuffer Mehr als die Hälfte der Stromerzeugung aus Erneuer schaft, bekannte Ausgleichsinstrumente stärker als baren Energien entfällt in Deutschland auf Wind- bisher einzusetzen. Je nachdem, auf welche Seite und Sonnenenergie. Gerade diese Energiearten der fiktiven Strom-Waage man schaut, kann man zeichnen sich allerdings durch eine erhebliche auf der Angebotsseite die Instrumente Schwankungsbreite (Fluktuation) der Einspeisung • Zuschalten oder Abschalten von konventioneller aus, die nur in begrenztem Umfang prognostizier- Kraftwerkskapazität bar ist. Mit dem weiteren Wachstum des EE-Anteils • Abregeln von EE-Einspeisung steht das deutsche Stromversorgungssystem damit und auf der Nachfrageseite vor der Herausforderung, immer höhere Anteile fluk- • Zuschalten oder Abschalten von Netzkunden mit tuierender Erzeugung verkraften zu müssen, ohne speziellen Verträgen (z. B. Großverbraucher, Spei- dass die Versorgungssicherheit leidet. Denn Strom- cherheizungen, Wärmepumpen) angebot und Stromnachfrage müssen zu jedem nutzen. Zeitpunkt ausgeglichen sein. Anderenfalls droht das Allerdings sind einige dieser Maßnahmen eigent- Stromversorgungssystem instabil zu werden. lich unerwünscht (Abregeln von EE-Anlagen) oder Über viele Jahrzehnte war das Steuern der Strom- sie stehen nur begrenzt zur Verfügung (nicht aus produktion in den Kraftwerken gemäß der Strom- reichend viele flexible Kraftwerke, wenige Großver- nachfrage das klassische und am stärksten genutzte braucher mit Optionen zur temporären Leistungs Instrument. Kurzzeitige Lastspitzen am Tag fingen reduzierung). Ganz neue Steuerungsmöglichkeiten vor allem Pumpspeicherwerke auf, die während der gäbe es, wenn es gelänge, in deutlich größerem verbrauchsarmen Zeiten in der Nacht wieder aufge- Maße als bisher Strom zu speichern. Auf diesem füllt wurden. In der heutigen Energiewelt schwankt Feld wird intensiv geforscht. jedoch die EE-Einspeisung in einem viel stärkeren Maße als auf der anderen Seite die Stromnachfrage. Technisch möglich – ökonomisch schwierig Die beiden Seiten zur Deckung zu bringen, wird In der Physik gibt es eine Vielzahl an Energiespei- immer schwieriger. Daher versucht die Energiewirt- chern. Allein für Strom stehen etliche verschiedene Technologien zur Verfügung. Sie lassen sich in direk- te und indirekte Speicher einteilen. Direkte Speicher Typische Starkwindsituation bewahren Energie in Magnetfeldern (z. B. strom- Daten für Netzgebiet Sachsen-Anhalt (in MW) durchflossene Spulen) oder in elektrischen Feldern (z. B. Kondensatoren) auf. Indirekte Stromspeicher wandeln die elektrische Energie in chemische oder 1.500 mechanische Energie um. Beispiele für die Umwand- lung in chemische Energie sind Batterien und die Elektrolyse. Beispiele für die Umwandlung in mecha- nische Energie sind Pumpspeicher und Druckluft- 1.000 speicher. Ist die Speicherung einer Energieform wegen technischer Probleme, ungenügender Kapazität oder Stillstandsverlusten ungünstig, besteht zu- 500 meist die Option, sie in eine andere, besser zu spei- chernde Energieform umzuwandeln und dann zu speichern. Sowohl beim Einspeichern wie beim Aus- speichern fallen allerdings technisch unvermeidbare 0 Umwandlungsverluste an, die je nach Speicherform Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4 unterschiedlich stark ausfallen können. Wichtige Speichereigenschaften sind die Speicherkapazität, Eingespeiste Windenergie die Speicherleistung, das Ausmaß der Umwand- Netzlast lungsverluste sowie die Investitions- und Betriebs- kosten. 12 Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG
Pumpspeicherkraftwerk an der Rappbode-Talsperre (Harz) Die fluktuierende Stromeinspeisung, die im Zuge Die Zahl grundsätzlich denkbarer Stromspeicher- der Energiewende zur immer größeren Herausforde- technologien ist immens. Die wenigsten dieser rung wird, unterliegt verschiedenen Schwankungs- technischen Möglichkeiten sind allerdings in der mustern: Lage, einen substanziellen Beitrag zur Lösung des • innerhalb von Sekunden oder Minuten (Wolken- Stromspeicherproblems im Rahmen der Energie- zug, Windböen) wende zu liefern. Denn die infrage kommenden • innerhalb eines Tages (z. B. Tagesrhythmus Solar- Speicher müssen stets zwei wichtige Anforderun- strom) oder über einige wenige Tage (zufällige gen gleichzeitig erfüllen: Sie müssen ausreichend Wetterschwankungen) große Energiemengen einspeichern und dies zu- • eine oder mehrere Wochen (anhaltende Stark- gleich zu wirtschaftlich vertretbaren Kosten leisten oder Schwachwindperioden) können. An dieser Stelle werden daher vier in der • saisonale Schwankungen (Sommer-Winter-Unter- Öffentlichkeit recht intensiv diskutierte Technologien schied bei Solarstrom) näher beleuchtet, denen man in näherer Zukunft Arten von Stromspeichern Direkte Speicherung Indirekte Speicherung magnetisch chemisch Supraleitende Spulen Elektrolyseur mit Wasserstoffspeicher und Brennstoffzelle Power-to-Gas/Power-to-Fuel elektrisch Primärbatterien mit externer Regeneration Doppelschichtkondensatoren mechanisch Pumpspeicher Druckluftspeicher Schwungrad Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG 13
die Speicherung größerer Energiemengen zutraut: neueren Kraftwerken werden meist Pumpturbinen Pumpspeicher, Batteriespeicher, Power-to-Gas- eingesetzt, die sowohl den Pump- als auch den Turbi- Anlagen und Druckluftspeicher. nenbetrieb übernehmen und mit einem Generator verbunden sind. Pumpspeicher Derzeit gibt es in Deutschland rund 30 Pump- Pumpspeicherkraftwerke nutzen im Bedarfsfall die speicherkraftwerke. Die durchschnittliche Fallhöhe Höhenenergie von Wasser, das von einem oberen beträgt 300 Meter, womit sich ein durchschnittlicher Staubecken in ein tiefer gelegenes Staubecken ge- spezifischer Energiegehalt von etwa 0,82 kWh/m3 leitet wird. Es wird sozusagen elektrische Energie ergibt. Insgesamt sind derzeit rund 6.400 MW Turbinen- als Lageenergie im oberen Wasserbecken gespei- leistung und etwa 38.000 MWh Speicherkapazität chert. In Zeiten eines hohen Strombedarfs wird es installiert. Allein können Pumpspeicherkraftwerke aus dem oberen Staubecken abgelassen und unten den deutschen Stromverbrauch allerdings noch in eine Turbine geleitet, die ihrerseits einen Gene nicht einmal eine Stunde lang decken. Dies zeigt, rator zur Stromerzeugung antreibt. Das Wasser dass diese Kraftwerke klassisch darauf ausgelegt wird anschließend im unteren Staubecken aufge sind, kurzfristige Spitzen abzufangen. Um längere fangen. Ist die Nachfrage nach Strom gering, wird Zeiten ohne Wind- oder Sonnenstrom auszugleichen, das Wasser mit elektrisch angetriebenen Pumpen stehen sie derzeit nicht in ausreichender Anzahl aus dem unteren Becken wieder in den oberen zur Verfügung. Einen größeren Ausbau dieser Kraft- Speichersee hinaufbefördert. Ein neuer Zyklus kann werkstechnik erschweren vor allem zwei Faktoren: beginnen. 1. Es gibt nur recht selten topologische Bedingun- Pumpspeicherkraftwerke haben den Vorteil, dass gen, in denen sich in räumlicher Nähe zwei grö- sie sehr schnell reagieren und so zu einer gleich ßere Speicherbecken mit einem entsprechenden mäßigen Auslastung anderer, weniger flexibler Kraft- großen Höhenunterschied errichten lassen. werktypen beitragen können. Das Hochpumpen des 2. Finden sich solche Bedingungen, stehen einer Wassers benötigt allerdings mehr Energie, als beim Realisierung eines Kraftwerksprojekts häufig Herabfließen wieder frei wird. Die Energieverluste Landschafts- oder Naturschutzargumente ent pro Pumpvorgang liegen bei etwa 20 Prozent. Die gegen. speicherbare Energiemenge hängt von der nutz baren Wassermenge sowie dem Höhenunterschied Batteriespeicher und Elektromobilität zwischen den beiden Speicherbecken ab. Die Ein- Derzeit entsteht in Deutschland ein Markt für dezen- speicher- und Ausspeicherleistung wird über die trale Energiespeicher. Insbesondere für Haushalte Leistung der Turbine und der Pumpe bestimmt. In mit neu zu errichtenden oder in der Förderung aus- Höhere Eigenversorgung durch Batteriespeicher Direkteinspeisung ins Netz Batterie- Stromerzeugung aus Aufladung Photovoltaik Strombedarf Verbrauch aus dem Stromnetz Direkter PV-Verbrauch Batterie-Entladung 0 6 12 18 24 Stunden 14 Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG
laufenden Photovoltaikanlagen sind Batteriespei- cher eine Überlegung wert. Da die Vergütungssätze für PV-Strom in diesen Fällen unter dem Stromein- kaufspreis liegen bzw. dieser bei ausgelaufener För- derung null beträgt, ist es für die Anlagenbetreiber sinnvoll, so viel Solarstrom wie möglich selbst zu verbrauchen. Um mit dem Stromüberschuss vom Tag den Verbrauch in den Abend- und Nachtstunden zu decken, bietet sich ein dezentraler Batteriespeicher an. Verfügt man über ein Elektro-Kfz, kann der Spei- cher zudem die Möglichkeit schaffen, das Fahrzeug mit selbst erzeugtem Strom aufzuladen, auch wenn es tagsüber unterwegs ist. Am Tag wird der laufende Strombedarf des Haushalts aus der Eigenproduktion der Photovoltaik- Derzeit sind in Deutschland rund 15.000 Haus- anlage gedeckt. Überschüssige Eigenproduktion speicheranlagen installiert. Bei einem typischen Ar- geht in den Batteriespeicher. Ist der Speicher voll, beitsvermögen pro Haushallt von 3 bis 4 kWh ergibt wird die Überschussproduktion in das Netz einge- sich insgesamt eine Speicherkapazität von 45 bis speist. Abends und nachts wird die gespeicherte 60 MWh. Dies ist noch keine energiewirtschaftlich Energie für den Eigenverbrauch verwendet. Am relevante Größenordnung. Für die nächsten Jahre nächsten Tag steht wieder freie Speicherkapazität wird allerdings mit erkennbarem Wachstum gerech- zur Verfügung. net. Durch den Anstieg der Produktionszahlen wird Exkurs: Strom für die Zukunft Seit Anfang 2011 erforscht Avacon in seinem Forschungsprojekt „e-Home Energieprojekt 2020“ die Energieversorgung der Zukunft. 32 Modell- 1. Haushalte aus den Gemeinden Stuhr und Weyhe 2. bei Bremen wurden für das Forschungsprojekt mit Photovoltaikanlagen, innovativer Klimatech- nologie, Elektrofahrzeugen, Batteriespeichern und intelligenten Stromzählern, sogenannten Smart Metern, ausgestattet. Zudem kommt in den beiden Wohngebieten mit dem regelbaren 4. 5. 7. Ortsnetztrafo völlig neu entwickelte Netztechno- logie zum Einsatz. 3. Ausgangsüberlegung des Projekts war die Frage, wie eine zukunftssichere Netzplanung in einem sich dynamisch ändernden Planungsum- 6. feld gelingen kann. Dazu werden die Auswirkun- gen der Energieeinspeisung durch Photovoltaik- 1. Photovoltaik 5. Transparenz des Energieverbrauchs anlagen, verändertes Nutzerverhalten sowie der 2. Klimatechnik 6. Intelligente Ortsnetzstation Einsatz von Elektrofahrzeugen auf die Strom 3. Elektromobilität 7. Batteriespeicher netze im Ortsbereich gemessen und ausgewertet. 4. Smart Metering Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG 15
Elektroautos als Energiespeicher Solarzelle produziert Sonstige Verbraucher Strom Einspeisung ins Tanken, zum Beispiel Stromnetz Stromtankstelle zu Hause, am Arbeitsplatz oder im Parkhaus zudem von einer deutlichen Preissenkung für Speicher ausgegangen. Dies dürfte zusätzlich zu einem dyna- mischen Wachstum des Batteriespeicher-Marktes Solarzelle produziert beitragen. keinen Strom Sonstige Verbraucher Rollende Batterien Die Nutzung der Batterien in einem Elektrofahrzeug Keine Einspeisung Rückeinspeisung ins als Speicher zum Ausgleich von Angebot und Nach- ins Stromnetz Stromnetz, zum Beispiel von Garage zu Hause frage im Stromnetz ist eine verlockende Überlegung. Denn die Batterie ist ohnehin vorhanden und muss nicht extra als Speicher angeschafft werden. Zudem ist ein privater PKW in Deutschland durchschnittlich in der Praxis realisieren lässt, daran wird derzeit in nur eine Stunde pro Tag tatsächlich auf der Straße zahlreichen Projekten geforscht. Im Avacon-eigenen unterwegs. e-Home-Projekt spielt Elektromobilität eine wesent- Sofern die Elektrofahrzeuge während ihrer Stand- liche Rolle. zeiten mit dem Stromnetz verbunden sind, ließen sich bei entsprechender Steuerung der Aufladezeit- Power-to-Gas spanne Erzeugungsspitzen bei Wind- und Sonnen- Große Energiemengen für eine (bei Bedarf auch län- strom abfangen. Und würden sie in erzeugungs- gere) Einlagerung lassen sich auch durch die derzeit schwachen Zeiten gar für eine Rückspeisung ins in verschiedenen Anlagen erprobten Techniken wie Netz – was technisch grundsätzlich möglich ist – zur Power-to-Gas (z. B. mittels Windstrom Methan erzeu- Verfügung stehen, so könnten sie als rollende Bat gen) oder Power-to-Liquid (z. B. mittels Windstrom terien sogar eine Speicherfunktion übernehmen. Ethanol erzeugen) produzieren. Hinter diesen Verfah- Experten versprechen sich daher von der Kombina ren steht die Idee, elektrische Energie in chemisch tion aus Erneuerbarer Stromerzeugung und Elektro- gebundene Energie in Form von Gas oder Flüssig- mobilität sehr viel. Wie viel sich davon tatsächlich keit umzuwandeln. Gasdruckregel- und Messanlage 16 Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG
Teilansicht der Power-to-Gas-Anlage von E.ON in Falkenhagen (Brandenburg) Bei der Wasserstofferzeugung wird Strom aus hergestellt werden muss, ist sie bei Salzbergwerken Erneuerbaren Energiequellen über einen Transfor- meist vorhanden. Je tiefer eine Kaverne liegt, desto mator auf einen Elektrolyseur gebracht, der Wasser höher ist der zulässige Kavernendruck. Druck und in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt, welche an- Kavernenvolumen sind die beiden wichtigsten Para- schließend separiert werden. Bis zu einem Anteil meter für die Kapazität eines Druckluftspeichers. von 1,5 Volumenprozent kann der Wasserstoff direkt Während die heute bereits zahlreich vorhande- in das vorhandene Erdgasnetz eingespeist werden. nen Erdgaskavernen auf nur wenige Zyklen im Jahr Sollen größere Mengen aufgenommen werden, so ausgelegt sind und vorwiegend der Einspeicherung kann der Wasserstoff durch Zuführung von Kohlen- im Sommer und der Abgabe in den verbrauchsstar- stoffdioxid methanisiert und in beliebiger Menge ken Wintermonaten dienen, werden Druckluftspei- als künstliches Erdgas in das Gasnetz eingespeist cher mit deutlich mehr Ein- und Ausspeicherungen werden. Der besondere Reiz von Power-to-Gas liegt betrieben. Die weltweit vorhandenen Kapazitäten darin, dass das vorhandene deutsche Erdgasnetz sind bisher recht überschaubar. In Deutschland ist mit seinen rund 450.000 Kilometern Gasleitungen im niedersächsischen Huntorf seit dem Jahr 1978 – und seinen etwa 50 Gasspeichern schon heute Platz damals weltweit die erste Anlage ihrer Art – ein für mehr als 23 Mrd. Kubikmeter Gas bereitstellt. Er- Speicher mit einer Turbinenleistung von 290 MW neuerbar erzeugtes Gas könnte also konventionelles und einer Speicherkapazität von 580 MWh im Ein- Erdgas im Wärmemarkt ersetzen, aber auch zum satz. Die Entladedauer bei voller Leistung beträgt Beispiel in wind- und sonnenarmen Zeiten in Gas- damit 2 Stunden. Der Speicherwirkungsgrad liegt kraftwerken wieder zur Stromproduktion genutzt bei 42 Prozent. Betreiber der Anlage ist die E.ON werden. Kraftwerke GmbH. Die hohen Umwandlungsverluste Die Power-to-Gas-Technik ist aufgrund des hohen erklären auch, warum die Technik noch nicht in apparativen Aufwandes und eines geringen Wirkungs- großem Umfang zum Einsatz kommt. Zwar ist der grades derzeit noch weit von einer Wirtschaftlich- Druckluftspeicher technisch durchaus eine denkbare keit entfernt. Der Wirkungsgrad über die gesamte Option, doch hat er erhebliche Schwächen in der Prozesskette beträgt 30 bis 50 Prozent. In mehreren Wirtschaftlichkeit. Pilotanlagen wird die Technik derzeit erprobt. Man versucht, den Wirkungsgrad weiter zu steigern. Wel- che Rolle diese Speichertechnologie mittelfristig spielen wird, dürfte wesentlich auch von den Erfah- Fazit: Erfolgversprechende Speichertechnologien rungen in diesen Pilotanlagen abhängen. weiterentwickeln Druckluftspeicher Mit dem wachsenden Anteil der unstet einspeisenden Erneuerba- Elektrische Energie lässt sich in Druckluftspeichern ren Energien am Strommix steigt der Bedarf an Flexibilität inner- in Form von mechanischer Energie einlagern. Dazu halb des Stromsystems. Speicher sind eine dieser Flexibilitätsoptio- findet eine Verdichtung der Umgebungsluft mittels nen. Insbesondere durch den perspektivisch sinkenden Anteil der Kompressoren statt. Die verdichtete Luft wird in kurzfristig steuerbaren Kraftwerke am gesamten Erzeugungspark unterirdischen Kavernen eingelagert. Zur Rückge- wird die Bedeutung von Speichertechnik weiter zunehmen. Dass winnung der elektrischen Energie wird die verdich- dabei eine einzige Speichertechnologie die Herausforderungen lösen tete Luft in Turbinen entspannt, die ihrerseits einen kann, ist nicht zu erwarten. Es ist daher wichtig, dass alle erfolgver- Generator antreiben. sprechenden Speichertechnologien weiter erforscht und verbessert Kavernen können grundsätzlich in allen auch werden. Vermutlich ist langfristig nur durch ein intelligentes Zu- für die Erdgasspeicherung verwendeten Untergrund- sammenspiel zahlreicher Speichertechnologien ein substanzieller strukturen (Salz, poröses Gestein, Fels) errichtet Beitrag zum Ausgleich fluktuierender Einspeisung möglich. werden. Ebenso können ausgeförderte Erdgas- und Erdöllagerstätten sowie stillgelegte Bergwerke ver- wendet werden. Während die erforderliche Dichtig- keit bei Kohle und Erzbergwerken häufig nicht von vornherein gegeben ist, sondern erst technisch Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG 17
Kapitel 4 Windenergie: Seit mehr als zehn Jahren ertragsstärkste Erneuerbare Energiequelle in Deutschland In Deutschland ist Windenergie seit dem Jahr 2003, ein Fünftel der gesamten für das Jahr 2015 erwarteten als sie die Wasserkraft vom bis dahin traditionellen Menge erbracht. Die 3.170 im Avacon-Netzgebiet Spitzenplatz verdrängte, die ertragsstärkste Er installierten Anlagen steuern übrigens eine Größen- neuerbare Energie. Zum Jahresende 2014 gab es ordnung von 15 Prozent zur gesamten deutschen zwischen Nordsee und Alpen 24.867 Windräder mit Windstromeinspeisung bei. einer installierten Leistung von 38.115 MW. Sie deck- ten 8,6 Prozent des deutschen Stromverbrauchs. Mit Vom Altertum in die Moderne 8,9 Mrd. kWh stellte der Dezember 2014 eine neue Windenergie wird bereits seit dem Altertum ge- Monatsrekordmarke auf und überholte den Dezem- nutzt. Doch die Zeiten von Windmühlen und Segel- ber 2011 mit damals 8,4 Mrd. kWh. Das Jahr 2015 schiffen als klassische Nutzungsformen sind weit brachte allerdings bereits den nächsten Rekord: Der gehend vorbei. Heute ist die Stromerzeugung die Januar 2015 war so windreich, dass 10,1 Mrd. kWh mit Abstand wichtigste kommerzielle Form der produziert wurden, davon 0,2 Mrd. kWh auf See. Windenergienutzung. Weltweit sind derzeit Wind- Damit hat der Januar voraussichtlich bereits etwa kraftanlagen mit einer Nennleistung von rund 370.000 MW im Einsatz. Etwa zwei Drittel dieser Kapazitäten sind in Asien und Europa installiert. Die Tendenz ist stark steigend. Insbesondere nach den Ölpreiskrisen in den 1970er-Jahren wurde die Entwicklung moderner Windkraftanlagen voran getrieben. Heute gilt Windenergie aufgrund ihrer weltweit breiten Verfügbarkeit, ihres hohen techno- logischen Entwicklungsstandes und der hierdurch erreichten Wirtschaftlichkeit als vielversprechends- ter Erneuerbarer Energieträger. Bisher hat Wind- energienutzung vor allem an Land stattgefunden. Global gesehen befinden sich lediglich rund 2 Pro- zent der installierten Windleistung auf See. Doch viele Meeres-Anrainerstaaten forcieren die Wind- kraftnutzung auf See. Darunter auch Deutschland. Mit einer installierten Leistung von 38.115 MW belegt Deutschland im internationalen Vergleich einen dritten Platz, deutlich vor Spanien, Indien und Groß- britannien. Vor Deutschland liegen mit etwa der doppelten Leistung die USA und mit etwa dem drei- fachen Wert China. Bis zum Jahr 2008 lag das ver- gleichbar kleine Deutschland sogar international an der Spitze. Dann zogen die USA vorbei. 2010 über- holte auch China. Mit rund 140.000 Beschäftigten in Produktion und Wartung ist die Windenergiebranche in Deutschland inzwischen ein wichtiger Wirtschafts- faktor. Etwa zwei Drittel der in Deutschland herge- stellten Windkraftanlagen werden exportiert. Windenergienutzung in Deutschland Großen Schub für die Windenergienutzung in Deutsch land brachte das im Jahr 1991 in Kraft getretene Stromeinspeisungsgesetz, das die Stromnetzbetreiber zur Abnahme von privat erzeugtem regenerativen Strom zu festen Vergütungssätzen verpflichtete. Das 18 Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG
Regelwerk des Stromeinspeisungsgesetzes wurde im Jahr 2000 durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abgelöst und aktualisiert. Zwar wurden die Vergütungssätze aufgrund der erreichten Erfolge bei der Wirtschaftlichkeit der Windkraftanlagen re- duziert, dennoch blieb es beim System der festen vor Schleswig-Holstein mit 5.090 MW. Betrachtet Vergütung und damit einer hohen Planungssicher- mal allerdings den Zubau im Jahr 2014, so war dieser heit für Investoren. Die Folge war ein anhaltend in Schleswig-Holstein deutlich größer als in Nieder- starker Ausbau der Windkraft. Ende des Jahres 2003 sachsen und Brandenburg zusammen. Diese drei war rund die Hälfte der damaligen europäischen Bundesländer stellten allein über die Hälfte des ge- Windenergieleistung (28.700 MW) in Deutschland samten bundesweiten Zubaus. installiert. Bis Mitte der 90er-Jahre wurden in Deutschland Jahr der Rekorde Windenergieanlagen ganz überwiegend in den Für die Windenergie war das Jahr 2014 ein Jahr Küstenländern errichtet. Seitdem finden erhebliche der Rekorde. Mit einem Netto-Zubau von 4.386 MW Zubauten auch in Brandenburg, Sachsen-Anhalt übertraf es das bisherige Zubau-Rekordjahr 2002 und Nordrhein-Westfalen statt. In den letzten Jahren (3.240 MW) um 35 Prozent. Innerhalb des Nettozu- kommt nun auch ein erkennbarer Zubau in den süd- baus entfallen auf das sogenannte Repowering lichen Bundesländern in Gang. 1.448 MW. Unter Repowering-Anlagen versteht man Von den aktuell installierten Windrädern mit solche, für deren Errichtung mindestens eine Alt- einer Gesamtleistung von 38.115 MW weist Nieder- Anlage im selben oder angrenzenden Landkreis ab- sachsen mit 8.233 MW den höchsten Wert auf. Auf gebaut wurde. Da die Alt-Anlagen über eine deutlich Rang zwei liegt Brandenburg mit 5.457 MW knapp geringere Leistung verfügen als die Anlagen, die heute Verteilung der bundesweit installierten Gesamtleistung auf Bundesländer mit Gesamtleistung und Anlagenzahl die Regionen in Prozent Region/ Kumulierte Kumulierte Bundesland Leistung Anzahl 100 31. 12. 2014 31. 12. 2014 MW WEA 80 Norden Niedersachsen 8.233,05 5.616 Schleswig-Holstein 5.089,57 3.228 60 Mecklenburg-Vorpommern 2.706,12 1.742 Bremen 169,61 84 40 Hamburg 57,49 54 Mitte Brandenburg 5.456,61 3.319 20 Sachsen-Anhalt 4.336,39 2.603 Nordrhein-Westfalen 3.681,12 3.037 0 Thüringen 1.129,24 727 1992 1995 2000 2005 2010 2014 Hessen 1.181,38 820 Norden Sachsen 1.066,45 857 Mitte Berlin 4,30 2 Süden Süden Rheinland-Pfalz 2.727,80 1.472 Bayern 1.523,87 797 Quelle: Deutsche Windguard Baden-Württemberg 549,90 396 Stand: 31. 12. 2014 Saarland 202,85 113 38.115,74 24.867 Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG 19
errichtet werden, gibt es selbst dann einen Leis- eine Lücke bei Photovoltaik und Biomasse aus, die tungszuwachs, wenn eine moderne Anlage mehrere beide deutlich unter dem Ausbaukorridor liegen. alte Anlagen ersetzt. Für das Jahr 2014 beträgt der Die Vergütung der Windstromproduktion wird Repoweringfaktor 4,1. Das heißt: Im Rahmen des durch die von allen Stromverbrauchern zu zahlende Repowering wurde die installierte Leistung im EEG-Umlage finanziert. Verglichen mit anderen Durchschnitt mehr als vervierfacht. Ein Abbau bei in Energiearten ist die Förderung beim Windstrom die Jahre gekommenen Anlagen ohne Repowering allerdings recht moderat. Windstrom lässt sich erfolgte in einer Größenordnung von 364 MW. vergleichsweise günstig produzieren. Jahr für Jahr Deutlich erkennbar ist ein Trend zu immer größe- werden die EEG-Vergütungssätze planmäßig für ren Anlagen. Eine durchschnittliche Neuanlage des neu hinzukommende Einspeiseanlagen abgeschmol- Jahrgangs 2014 hatte eine Leistung von 2.690 MW, zen (Degression). einen Rotordurchmesser von 99 Metern und eine Nabenhöhe von 116 Metern, also eine Gesamthöhe bis zur Flügelspitze von 166 Metern. Das reformierte EEG vom 1. August 2014 weist Exkurs: Windkraft in Europa auf dem Vormarsch den wichtigsten Erneuerbaren Energien sogenannte Ausbau-Korridore zu. Werden bis August 2015 zu Der Ausbau der Windenergie in Europa hält an. Die Zahl der neu viele oder zu wenige Anlagen errichtet und wird der aufgestellten Anlagen ist im Jahr 2014 um weitere 3,8 Prozent ge- Korridor um einen bestimmten Wert verfehlt, fällt stiegen. Damit können die installierten Turbinen in einem normalen oder steigt die vorgesehene Einspeisevergütung ab Windjahr rund 10 Prozent des Stromverbrauchs der EU erzeugen. 1. Januar 2016 um einen Zusatzfaktor. Dieses Prinzip Etwa ein Prozentpunkt davon entfällt auf Offshore-Anlagen. Be- des „atmenden Deckels“ soll den Ausbau auf dem trachtet man die absoluten Zahlen, ist Deutschland mit einer Erzeu- politisch gewünschten Pfad halten. Der Zielkorridor gungskapazität von 39. 200 MW deutlicher Spitzenreiter und stellt für den Nettozubau von Windenergie liegt bei 2.400 rund 30 Prozent der gesamten EU-Kapazitäten. Es folgen Spanien bis 2.600 MW pro Jahr. Dieser Wert wurde im Jahr 2014 (23.000 MW), Großbritannien (12.400 MW) und Frankreich (9.300 weit übertroffen und auch für das Jahr 2015 erwar- MW). Beim Zubau des Jahres 2014 stellten allein Deutschland und ten Branchenkenner einen Zubau deutlich oberhalb Großbritannien rund 60 Prozent aller Neuanlagen. des Korridors. Damit gleicht die Windkraft derzeit Häufige Fragen rund um Windenergie: Welche Faktoren beeinflussen die Warum werden Windkraftanlagen Was verbirgt sich hinter den Leistung einer Windkraftanlage? immer größer? Begriffen Nennleistung und Die wichtigsten Faktoren für die Leistung Die Leistung einer Windkraftanlage Jahresvolllaststunden? einer Windkraftanlage sind die Quer- steigt linear mit der Querschnittsfläche Die elektrische Nennleistung ist die bei schnittsfläche des Rotors (m2) sowie die des Rotors (m2). Größere Rotoren erfor- optimalen Windbedingungen maximal Anstellung des Rotors (Anstellwinkel) zur dern höhere Türme und Nabenhöhen. erzielbare elektrische Leistung. Sind die anströmenden Luft, die Dichte der Luft In größerer Höhe herrscht zudem eine Windbedingungen suboptimal, wird ent- (kg/m3) und die Geschwindigkeit der Luft höhere Windgeschwindigkeit. Natürlich sprechend eine geringere Leistung abge- (km/h). Da die erzielbare Leistung mit steigen aber auch die Herstellungskosten geben. Bei absoluter Flaute und stehenden der dritten Potenz der Windgeschwindig- eines Windrades mit der Größe, allerdings Rotoren ist die Leistung null. Der Begriff keit zunimmt, ist diese der mit Abstand unterproportional zum Stromertrag. Es Jahresvolllaststunden ist ein rechnerischer wichtigste Faktor für die Wirtschaftlich- spricht also viel für eine Entwicklung hin Wert für die Auslastung einer Anlage. Er keit. Damit kommt den Windeigenschaf- zu immer größeren Anlagen. Dem stehen lässt sich ermitteln, indem man die in ten des Standortes die entscheidende jedoch auch begrenzende Faktoren ent- einem Jahr tatsächlich erzeugte elektrische Bedeutung bei der Wirtschaftlichkeitsbe- gegen wie Stabilität, Aufbauaufwand Arbeit (kWh) durch die Nennleistung trachtung zu. und Transportierbarkeit. teilt. Man vergleicht also das Ist mit dem 20 Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG
Offshore wächst stark Tempo aufnimmt. Damit scheint der von der Bundes- Die Gesamtleistung der an das Stromnetz ange- regierung als Ziel für das Jahr 2020 ausgegebene schlossenen Offshore-Windparks in der deutschen Wert von 6.500 MW in Nord- und Ostsee erreichbar Nord- und Ostsee hat zum Jahresende 2014 die Grenze zu sein. Da auf See eine größere Windverfügbarkeit von 1.000 MW überschritten. Damit waren zum Jahres- herrscht als an Land, kann man für Offshore-Anlagen wechsel fünf große Windparks in der Nordsee und rechnerisch als sogenannte Volllast-Betriebsstunden ein großer Windpark in der Ostsee in Betrieb. Von eine Größenordnung von 4.000 bis 4.500 Stunden dort speisten genau 258 Windräder mit einer Nenn- veranschlagen. Ein weiterer Vorteil von Wind vom leistung von insgesamt 1.049 MW ein. Zudem wur- Meer: Da eine große Anzahl nutzbarer Flächen aus- den im Jahr 2014 weitere 268 Turbinen mit einer Leis- gewiesen ist, kommt jeder Investor zum Zug und tung von 1.218 MW in der See errichtet, speisten aber es gibt – anders als häufig an Land – keine langwie- noch keinen Strom ein. Außerdem wurden bereits rigen raumplanerischen Entscheidungsprozesse. Fundamente für 220 Anlagen erstellt. Im Vergleich Mit sechs bis acht Jahren erfordern Windparks zum Vorjahr hat sich der Zubau von Offshore-Anlagen auf See eine deutlich längere Planungs- und Bauzeit verdoppelt. Für das Jahr 2015 erwarten die Betreiber als Projekte an Land, haben in der Regel wesentlich den Anschluss von etwa 2.000 MW, hinter denen ein größere technische Dimensionen und benötigen Investitionsvolumen von rund 10 Mrd. Euro steht. folglich auch deutlich größere Investitionssummen, Diese Zahlen zeigen, dass die Windnutzung auf See, die meist bei 1 bis 1,5 Mrd. Euro je Park liegen. Im die lange Zeit aufgrund von Bauverzögerungen und EEG ist daher für Offshore-Windstrom eine höhere fehlender Netzanbindung hinter den Erwartungen Vergütung vorgesehen als für Windstrom auf dem zurück blieb, nun auch in Gang kommt und hohes Festland (Onshore). theoretischen Maximum. Würde eine schen Leistungsvermögen und Wirkungs- gespeisten Stroms gehen durch solche Anlage zu jeder Zeit des Jahres die volle grad dar. systemtechnisch notwendigen Abregelun- Leistung erbringen, käme sie auf den gen rund 1 Prozent des Windstroms ver- Wert von 8.760 Volllaststunden. Wie häufig müssen Windparks loren. Die Betreiber werden nach dem EEG wegen Netzengpässen gedrosselt für den Produktionsausfall entschädigt. Warum haben fast alle Windkraft- werden? anlagen drei Flügel? Grundsätzlich hat die Einspeisung Erneu- Was war die bisher höchste Wind- Ein dreiflügeliges Rotorblatt hat bei erbarer Energien Vorrang vor der Einspei- strom-Einspeisung ins Netz? gleichem Durchmesser mehr wirksame sung von Strom aus konventionellen Das Sturmtief „Elon“ führte am 9. Januar Rotorfläche als ein Ein- oder Zweiflügler Kraftwerken. Dennoch kann es insbeson- 2015 zu der bisher höchsten Windstrom- und kann daher mehr dynamische Ener- dere während Starkwindphasen dazu Einspeiseleistung von 30.700 MW ins gie aus der Windgeschwindigkeit umset- kommen, dass die Einspeisung in einzel- Netz. Zum Vergleich: Der gesamte deut- zen. Andererseits nimmt der Wirkungs- nen Regionen gedrosselt werden muss, sche Kraftwerkspark einschließlich aller grad des Rotors mit zunehmender Anzahl weil nicht ausreichend Netzkapazität für angeschlossenen Anlagen zur Nutzung der Rotorblätter ab. Der dreiflügelige die Übertragung zur Verfügung steht. Erneuerbarer Energien verfügt über eine Rotor stellt einen guten Kompromiss zwi- Bezogen auf die Gesamtmenge des ein Leistung von rund 180.000 MW. Erneuerbare-Energien-Report 2014/15 Avacon AG 21
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