Erneuerung Umarmung unserer Zukunft - ofm.org
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Erneuerung unserer Vision Umarmung unserer Zukunft Schreiben des Generalministers und des Definitoriums zum Fest des Heiligen Franziskus ROMA 2021
Liebe Brüder und Schwestern dels, die alle betrifft, und wir glauben, dass auch wir Teil dieser tiefgreifenden Transfor- der Herr gebe Euch den Frieden! mation sein müssen, um neue und positive Wege zu finden. Dies ist nicht nur eine Her- Unser Orden hat vor kurzem sein Gene- ausforderung, sondern auch ein Geschenk der ralkapitel gefeiert So ist dies das erste Mal, Zeit, in der wir leben. Die Gegenwart fordert dass wir uns als Brüder des Generaldefinito- uns heraus, indem sie uns in Situationen des riums an Euch wenden. Wir haben begonnen, Überlebens und der Verletzlichkeit führt. Es als Definitoren in brüderlichem Miteinander ist eine tiefe existenzielle Erfahrung, die uns zu arbeiten. Wir befassen uns derzeit einge- dazu aufruft, besser zu werden und den Le- hend mit den Beschlüssen und Empfehlun- bensstil zu vertiefen, zu dem wir uns beken- gen, die uns das Generalkapitel anvertraut hat, nen. Wir erkennen, dass wir manchmal ver- um daraus Richtlinien für die Lebendigkeit gessen und nicht nach der charismatischen des Ordens in den nächsten sechs Jahren zu Inspiration leben, die uns dazu ruft, Brüder erarbeiten. Wir hoffen, Euch unsere Vorschlä- und Mindere zu sein. Uns selbst als verletzlich ge so schnell wie möglich vorlegen zu können. zu erleben hilft uns, unsere persönlichen und geschwisterlichen Schwächen zu erkennen und mit Demut, Einfachheit und Freude unter die Menschen zu gehen. Zwischen Zerbrechlichkeit und Verän- Um uns in diesen Zeiten des Wandels, derung der Zerbrechlichkeit und Verletzlichkeit hoff- nungsvoll zu ermutigen und zu unterstützen, Ein in unserer Zeit hilfreiches franziska- können uns eine Reihe von Einstellungen hel- nisches Bild ist die Rückkehr von Franziskus fen: aus dem Heiligen Land. Nach einigen Überlie- a. Unsere menschliche Zerbrechlichkeit ferungen lebte er auf einer kleinen Insel in der in unserer Bruderschaft und der Welt um uns venezianischen Lagune unter Quarantäne, wo herum anerkennen und akzeptieren. er die Zerbrechlichkeit seiner Welt, die Krise b. Die Güte, Schönheit, Gerechtigkeit in der Bruderschaft, seine inneren Kämpfe, hin- den Herzen der Männer und Frauen unserer und hergerissen zwischen Dunkelheit und Trostlosigkeit, erlebte. Doch Franziskus be- wahrte sich eine dankbare Antwort und eine hoffnungsvolle Vision (vgl. NbR 23). Heute befindet sich unser Orden ebenso zwischen Hoffnungen und Entmutigungen, Wachstum in einigen Bereichen und Nieder- gang in anderen beunruhigt. Wir sind gefan- gen zwischen der Erneuerung unserer Identi- tät als Minderbrüder und dem Klerikalismus, der Macht und Sicherheit verleiht und uns glauben lässt, dass wir niemanden brauchen, und der uns von unserer Berufung und Sen- dung als Minderbrüder distanziert. Aus die- sem Grund dürfen wir uns noch einmal von dem Motto des Generalkapitels berühren las- sen: „Steh auf… und Christus wird dein Licht sein“ (Eph 5,14). Wir befinden uns in einer Zeit des Wan- Schreiben des Generalministers und des Definitoriums zum Fest des Heiligen Franziskus
Zeit erkennen und Werte, die verankert sind, reiche, die der Erneuerung und Umkehr be- wachsen zu lassen, damit wir uns an dem er- dürfen, sind die Bereiche unseres brüderlichen freuen, was der Allerhöchste in ihrem Leben Lebens und unseres Minderseins, da, wie das wirkt und in den Familien und den Gemein- Schlussdokument des Kapitels sagt, fraternitas schaften, wo sie leben und arbeiten. und minoritas die beiden Lungenflügel unse- c. Auf die Einladung zum angstfreien Lie- rer Identität sind. Brüderlichkeit und Minder- ben hören, Wege der Befreiung beschreiten sein müssen sicherlich unter uns, in unseren und an die Orte der Zerbrochenheit gehen, Gemeinschaften gelebt werden, aber sie müs- wo das Leben leidet und mit all seiner Kraft sen auch unseren Umgang mit den Menschen, schreit. Diese Schreie erheben sich zum Him- denen wir begegnen, prägen, um Brüder und mel, und Gott hört sie. Mindere für alle zu sein. Die Armen und die in Not und Elend lebenden Menschen sind die privilegierten Empfänger unseres Wunsches, Einige Einladungen Brüder und Mindere zu sein, und wir erken- nen sie als unsere Lehrer an (vgl. GK 93 §1). Im Schlussdokument hat uns das General- Daran erinnerte uns auch der Papst in seiner kapitel fünf Einladungen für unseren gemein- Botschaft an das Kapitel: „Einen erneuerten samen Weg ausgesprochen: eine Einladung Blick, der in der Lage ist zu bewirken, dass wir zur Dankbarkeit, eine Einladung zur Erneue- uns der Zukunft Gottes öffnen, empfangen rung unserer Vision, eine Einladung zur Um- wir aus der Nähe zu den Armen, den Opfern kehr und Buße, eine Einladung zur Mission der modernen Arten der Versklavung, den und Evangelisierung und eine Einladung zur Flüchtlingen und den Ausgegrenzten dieser Umarmung unserer Zukunft. Für uns Min- Welt. Sie sind Eure Lehrmeister. Umarmt sie, derbrüder sind diese Einladungen nicht frei- wie das der heilige Franziskus getan hat!” willig. Sie sind wesentliche Kriterien für die Treue zu den fünf Prioritäten des Ordens, die uns allen bekannt sind. Wenn wir diese fünf Einladungen noch einmal als einen Weg verstehen, erkennen wir, dass wir berufen sind, mit der Dankbar- keit für das empfangene Gute zu beginnen, was zu einem ständigen Akt der Danksagung und der kontinuierlichen Rückgabe alles Gu- ten an Gott führt. Unter diesem Guten er- kennen wir das Wachstum des Ordens in be- stimmten Kontinenten wie Afrika und Asien an. Wir sehen überall das aufrichtige Zeugnis Aus dem Blickwinkel der Armen und Be- so vieler Brüder an der Seite der Bedürftigen. siegten Diese Dankbarkeit kommt aus der Gabe des Geistes, die unseren Blick auf die Welt und die Im Kontext der Pandemie, mit der wir als Geschichte erneuert und die Zeichen der Zeit Menschheit konfrontiert sind, werden wir von und die Gegenwart Gottes erkennt. unseren zum Kapitel versammelten Brüdern Ehrlicherweise muss diese erneuerte Visi- eingeladen, uns zu bemühen, die Realität, Ge- on jedoch unsere Augen für die Notwendig- schichte, Kultur, Wirtschaft und die Kirche keit von Umkehr und Buße öffnen, damit wir aus der Perspektive der Armen, Besiegten und viele unserer Einstellungen, die einer Prüfung Ausgegrenzten zu lesen. Auf diese Weise kön- bedürfen, wirklich erneuern können. Die Be- nen wir mit einem neuen tiefen, gläubigen, Schreiben des Generalministers und des Definitoriums zum Fest des Heiligen Franziskus
inkarnatorischen und theologischen Blick die gute Verwalter und nicht Besitzer zu sein, zu Armen und Besiegten umarmen und uns von teilen und nichts anzusammeln. ihnen umarmen lassen. Deshalb müssen wir Hoffnung wird neugeboren, wenn wir ler- unsere Vision reinigen und umwandeln in der nen, keine Angst davor zu haben, so oft wie Weise Jesu, des Poverello von Assisi und der möglich von vorne anzufangen. Tausenden von Brüdern und Schwestern, die Gehen wir alle gemeinsam weiter: Hinter diese wahrhaft franziskanische Haltung durch uns liegt eine reiche Geschichte, die wir in den die 800 Jahre unserer Geschichte getragen ha- kommenden Jahren durch franziskanische ben. Hundertjahr-Feiern begehen werden, und vor Für den hl. Franziskus öffnet dieser Blick uns liegt eine Zukunft, die wir hoffnungsvoll den Weg zu einem Unterwegssein als „Pilger begrüßen wollen. Wir möchten unserer Welt, und Fremdlinge in dieser Welt“ (BR 6,2), frei die dies dringend braucht, eine Botschaft des für Mission und Evangelisierung, als kontem- Vertrauens und der Hoffnung übermitteln. plative Bruderschaften in der Mission, der Wir laden alle, die vom hl. Franziskus in- Zukunft zugewandt, unsere Schritte, der Ein- spiriert sind, dazu ein, dem Einen, der unser ladung Jesu an seine Jünger folgend, zu neuen Leben prägt, und allen Menschen, denen wir Ufern lenkend. Wir dürfen keine Angst da- auf die eine oder andere Weise auf dem Weg vor haben, neue Wege zu gehen und auf die des Lebens und der Geschichte begegnen, Bedürfnisse einer sich schnell verändernden immer dankbar zu sein. Wir sind eingeladen, Welt zu reagieren. Wir können uns nicht da- verantwortungsvoll an einer Kultur der Für- mit begnügen, das zu wiederholen, was im- sorge mitzuwirken und sicherzustellen, dass mer getan wurde, bei allem Respekt vor einer unsere Gemeinschaften und alle pastoralen Geschichte, die gerade deshalb großartig war, Umgebungen gesund und sinnvoll sind, in weil sie sich über acht Jahrhunderte hinweg denen sich niemand in seinem Leben, seiner ständig erneuern konnte. Integrität und Würde bedroht fühlt. Unsere Zeit verlangt von uns insbesonde- re eine besondere Aufmerksamkeit für unser gemeinsames Haus, mit einer Vision von in- tegraler Ökologie, wie uns Papst Franziskus lehrt. Die Neuheit dieser Sichtweise liegt da- rin, dass sie die ganze Wirklichkeit vernetzt liest, von der Beziehung zu Gott über die Sorge um die Umwelt bis hin zum Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden. Wir glauben, dass dies eine Herausforderung von großer Dring- lichkeit für uns alle ist. Wenn unser Lebens- stil, in dem auch ein gewisser Wunsch nach Komfort vorhanden ist, nicht immer dieser Wir sind eingeladen, Brückenbauer der Vision entspricht, müssen wir erkennen, dass Kommunikation und des Dialogs zu sein. Wir wir auch hier Buße und Umkehr brauchen. wollen uns auf die Seite derer stellen, die sich Wir müssen an die päpstlichen Enzykliken von Gesellschaft, Kultur und Kirche im Stich Fratelli Tutti und Laudato Si’ denken, die in gelassen fühlen, sowie denen, die sich durch uns die Bereitschaft wecken, sich auf den Weg die wirtschaftlichen und politischen Realitä- zu machen, zu studieren und uns für das Gute ten gezwungen sehen, zu Migranten zu wer- des Lebens einzusetzen. Sie sind auch ein pro- den. Wir wollen mit möglichst vielen Männern phetisches Zeichen, das zeigt, dass es wirklich und Frauen guten Willens und entsprechen- möglich ist, im Licht des Evangeliums und den Organisationen zusammenarbeiten, die der Praxis des hl. Franziskus und der hl. Klara sich diesem Ziel verschrieben haben. So wird Schreiben des Generalministers und des Definitoriums zum Fest des Heiligen Franziskus
unser franziskanisches Leben immer ein Le- ben der Menschwerdung und des brüderli- chen und politischen Engagements mit den Gesegneten des Reiches Gottes sein (Mt 5,1- 12:25,31-46). Zum Abschluss Liebe Brüder und Schwestern, bitte seht das Generalat nicht als distanzierten Ort an. Wir sind für Euch da und möchten Euch nahe sein. Wir werden unseren Teil dazu beitragen, mit Euch und den Einrichtungen der Franzis- kanischen Familie in Kontakt zu treten und vertrauen auf Eure Bereitschaft, dies umge- kehrt ebenfalls zu tun. Dem Beispiel von Papst Franziskus fol- gend, der seine Reden immer mit der Bit- te schließt, für ihn zu beten, bitten auch wir Euch alle, für uns zu beten. Wir wünschen Euch ein frohes Franzis- kus-Fest! Der Generalminister und das Definitorium Roma 2021 Schreiben des Generalministers und des Definitoriums zum Fest des Heiligen Franziskus
Sie können auch lesen