Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at

Die Seite wird erstellt Hans Hagen
 
WEITER LESEN
Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at
Nummer 4/2017                               Herausgegeben von der Sodalitas                             November 2017

    Erste Tagung der „Academia Didactica Athesina“
                                    Aus der Idee von Koll. Rainer Weißengruber, in dessen Brust bekannter Maßen
                                    ein (ober-)österreichisches und ein italienisches Herz schlagen, italienische und
                                    österreichische Lehrer zu einem Erfahrungsaustausch zusammenzuführen,
                                    wurde Realität. Nach einer Auftaktveranstaltung in Cividale del Friuli organisierte
                                    er, unterstützt von Mag. Peter Glatz, dem AG-Leiter von Oberösterreich, von
                                    17.11.-19.11. in Bozen eine Didaktiktagung. Nicht ohne Grund wählte er Bozen,
                                    das Zentrum der Europaregion Tirol-Südtirol/Alto Adige-Trentino, als
                                    Tagungsort, bietet die Stadt sich doch wegen ihrer Zweisprachigkeit als Brücke
                                    zwischen dem deutschen und dem italienischen Sprachraum an. Die Tagung fand
                                    in den Räumlichkeiten der beiden führenden Gymnasien Bozens, des Walter von
                                    der Vogelweide und des Carducci, statt. Schülerinnen und Schüler des Walter
                                    von der Vogelweide-Gymnasiums untermalten die Veranstaltung mit
                                    beeindruckenden Gesangseinlagen. Der Vormittag des 18.11., der im Zeichen
         Impression aus Trient
                                    des österreichischen Lehrplans, der Richtlinien zur Gestaltung von Schularbeiten,
des Consensus, und der neuen Reifeprüfung stand, beeindruckte die Kolleg/-innen
aus Italien und verschreckte sie gleichzeitig ob des „österreichischen Reglemen-
tierungwahns“. In den Pausen hatten die italienischen Kolleg/-innen die
Gelegenheit, im Rahmen einer kleinen Schulbuchausstellung das Angebot des
VERITAS- und des HPT-Verlags kennen zu lernen. Am Nachmittag referierten Eva
Cescutti und Raffaele Mannarini über die zentral erstellte Reifeprüfung aus Latein
und Griechisch in Italien, die wiederum die Österreicher/-innen qua ihrer
Unberechenbarkeit und des Mangels an jedweden Kommentaren und
Hintergrundinformationen schockierte. Koll. Giovanni Ghiselli aus Bologna
berichtete von durchaus auch in Österreich bekannten Freuden und Problemen
des Unterrichts in den Klassischen Sprachen, Koll. Andrea Del Ponte aus Genua
gelang es, dem internationalen Publikum anhand der Herausforderungen in der
Wortschatzarbeit bewusst zu machen, dass unser aller Unterricht nur dann Die Direktorinnen des Walter von
                                                                                        der Vogelweide- und des Pratti-
erfolgreich sein kann, wenn wir einem fervore didattico latino inspiriert agieren. Gymnasiums beim Betrachten einer
Das Rahmenprogramm (ein gemütliches coming together in einem urigen Gasthof Petracra-Gesamtausgabe aus dem
                                                                                                 Schulbesitz
auf 900 m Seehöhe in Völs am Schlern, gemeinsame Fahrten im Linienbus nach
Bozen, Törggelen und die Besichtigung des eindrucksvollen Liceo classico Pratti in
Trient) trug das Seine dazu bei, das wichtigste Ziel der Tagung, österreichische und italienische Lateinlehrer/-innen
ins Gespräch zu bringen, zu erreichen. Es bleibt zu hoffen, dass Kolleg/-innen aus beiden Ländern auch in den
nächsten Jahren dieses großartige Angebot wahrnehmen.
Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at
Neuigkeiten
Stichwort NOST                                               Mit Hilfe von deren Rückmeldungen soll das Konzept
Wie bereits mitgeteilt, hat die Arbeitsgruppe Lehrplan       dann bei Bedarf adaptiert werden.
ein Konzept dafür erstellt, die wesentlichen Bereiche        Im Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung
im neuen, semestrierten Lehrplan zu definieren.              findet sich folgender Punkt zum Thema NOST:
Dabei lag es nahe, von den einzelnen Lehrplan-               Erweiterung der Übergangsfristen für die Umstellung
modulen als thematische Einheiten auszugehen und             auf die „Neue Oberstufe“ (NOST), um eine
innerhalb jedes Moduls die im Lehrplan als für das           ausführliche Evaluierung der bestehenden Versuche zu
Fach Latein relevant ausgewiesenen Kompetenz-                ermöglichen“.
bereiche „Übersetzung“ und „Interpretation“ als              2. Lateintag an der Universität Graz
wesentliche Bereiche auszuweisen. In der Lektüre-            Nach der erfreulichen Resonanz des letzten Jahres
phase wären es also jeweils vier Kompetenzbereiche           fand am 13.10. der zweite Grazer Lateintag mit
pro Semester, die von den Schüler/-innen alle                erweitertem Programm statt. Zunächst gab es zwei
überwiegend positiv absolviert werden müssten.               allgemein einführende Vorträge für Lehrer/-innen und
Sollte das nicht gelingen, müssten die Defizite über         Schüler/-innen zum Thema Fabel von Prof. Ursula
Sokrates im Beiblatt des Semesterzeugnisses des              Gärtner und Prof. Niklas Holzberg, die die
jeweiligen Schülers/ der jeweiligen Schülerin vermerkt       Anwesenden ob der interessanten Fragestellungen
werden. Dort erscheint zwar nur der Wortlaut des             und der charismatischen Performance begeisterten.
semestrierten Teils des Lehrplans, auf der Basis des         Anschließend teilte sich das Programm, für Lehrer/-
„CONSENSUS“ können aber detailliertere Explika-              innen wurden Informationen der SODALITAS
tionen der notwendigen Kompetenzen als Richtlinie            angeboten, Schüler/-innen konnten an Schnupper-
für die Leistungsfeststellung leicht erstellt werden;        seminaren teilnehmen, um zu sehen, wie antike Texte
Hilfestellungen der Arbeitsgruppe wurden erarbeitet          an der Uni bearbeitet werden.
und liegen ebenfalls vor.                                    Erstmals fand unter der Ägide von Prof. Eveline
Das Ministerium wünscht, dass sich vor allem die             Krummen eine Griechisch-Akademie statt, die sich –
Fachschaften an den einzelnen Schulen gemeinsam              passend zum Thema Fabel – an Schüler/-innen
bemühen, einen probaten Weg zu erarbeiten, um die            richtete, die Griechisch bereits an der Schule lernen
neuen Herausforderungen in den Bereichen Leis-               oder dafür Interesse haben.
tungsfeststellung und Leistungsbeurteilung zu bewäl-         4. Fachdidaktiktagung in Innsbruck
tigen.                                                       Nach Wien, Salzburg und Graz ist nun die Universität
Die Kompetenzprogression in den einzelnen Semes-             Innsbruck an der Reihe, eine Fachdidaktiktagung
tern ergibt sich in den Klassischen Sprachen durch die       auszurichten.
Lehrplaninhalte, die qua zunehmender Komplexität in          Erfreulicherweise haben sich Fachdidaktiktagungen im
Form und Inhalt immer höhere Anforderungen an                Bewusstsein der Kollegenschaft gut etabliert und
Übersetzungs- und Interpretationskompetenz der               erfreuen sich wachsenden Zuspruchs. Mittlerweile ist
Lernenden stellen. Z.B. stellen in L6 die narrativen         es communis opinio, dass die fachdidaktische
Texte der 5. Klasse weniger Herausforderung an               Forschung den Student/-innen und den aktiven
Übersetzungs- und Interpretationskompetenz als die           Lehrpersonen wichtige Hilfestellungen für die
Sprache der Dichtung im ersten Semester der 6.               Unterrichtsarbeit zu bieten imstande ist und dass
Klasse und die Sprache der Rhetorik im 2. Semester           Fachkompetenz allein nicht genügt, um junge
der 6. Klasse ist gegenüber der Dichtersprache               Menschen für die Klassischen Sprachen zu begeistern.
syntaktisch deutlich anspruchsvoller.                        In diesem Sinne würde es uns alle sehr freuen, wenn
Die NOST wird im heurigen Schuljahr an den                   wieder viele Kolleg/-innen die Einladung der Uni
Pilotschulen, die ja heuer mit ihren 6. Klassen              Innsbruck annehmen würden.
tatsächlich in die Semestrierung einsteigen, erprobt.
                                                         2
Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at
Beispiele für den Vorschlag der Arbeitsgruppe Lehrplan
                            – wesentlichen Bereiche 6. Klasse
L4 Lehrplan – 6. Klasse – 1. Semester – Ko mpetenzmodul 3

WESENTLICHER BEREICH              Kenntnisse der lateinischen Morphologie (zB Verb: Partizipia; Konjunktiv aktiv und
Übersetzungskompetenz              passiv, nd-Formen) und Syntax (zB satzwertige Konstruktionen, konjunktivische Haupt-
                                   und Gliedsätze) und der Wortbildungslehre erweitern und vertiefen
                                  den Basiswortschatz ausbauen und festigen und den Umgang mit dem Wörterbuch
                                   erlernen
WESENTLICHER BEREICH              vertiefte Einsichten in die antike Kultur und ihr Fortwirken gewinnen
Interpretationskompetenz

L4 Lehrplan – 6. Klasse – 2. Semester – Ko mpetenzmodul 4

WESENTLICHER BEREICH              Kenntnisse der lateinischen Morphologie (zB Verb: Partizipia; Konjunktiv aktiv und
Übersetzungskompetenz              passiv, nd-Formen) und Syntax (zB satzwertige Konstruktionen, konjunktivische Haupt-
                                   und Gliedsätze) und der Wortbildungslehre erweitern und vertiefen

WESENTLICHER BEREICH              ab dem Beginn der Lektürephase die Kenntnisse der Morphologie und Syntax nach
Übersetzungskompetenz              den Erfordernissen der Textsorte vertiefen und erweitern
                                die effiziente Benutzung des Wörterbuchs trainieren
WESENTLICHER BEREICH       Schlüsseltexte aus der europäischen Geistes- und Kulturgeschichte
Interpretationskompetenz        anhand von Beschreibungen nichteuropäischer Lebensformen eigene Standpunkte
                                   reflektieren und Toleranz für das Anders-Denken und Anders-Sein entwickeln
                                Verständnis gewinnen für den Einfluss der Romanisierung auf die Regionen Europas
                                   unter Berücksichtigung der Austria Latina
                                anhand von einfachen Texten aus Bibel und Hagiographischen Texten das Christentum
                                   als prägende Kraft Europas kennen lernen

L6 Lehrplan – 6. Klasse – 1. Semester – Ko mpetenzmodul 3

WESENTLICHER BEREICH       Der Mythos und seine Wirkung
Übersetzungskompetenz           den antiken Mythos in seiner bildhaften Darstellung menschlichen Daseins und
                                   seinem Versuch einer Welterklärung begreifen
WESENTLICHER BEREICH       Eros und Amor
Übersetzungskompetenz           mit dem facettenreichen Phänomen Liebe in unterschiedlicher literarischer
                                   Darstellung vertraut werden
WESENTLICHER BEREICH       Der Mythos und seine Wirkung
Interpretationskompetenz        - den antiken Mythos in seiner bildhaften Darstellung menschlichen Daseins und
                                   seinem Versuch einer Welterklärung begreifen
                                seine vielfältige Wirkung in allen Bereichen der Kunst bis hin zum persönlichen Umfeld
                                   verstehen
WESENTLICHER BEREICH       Eros und Amor
Interpretationskompetenz        erleben, wie ein lyrisches Ich seine Empfindungen ausdrückt
                                sich in der Auseinandersetzung mit Leid und Leidenschaft großer Liebender über die
                                   Bedeutung von Liebe und Partnerschaft für das eigene Leben bewusst werden

                                                        3
Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at
Einladung zur
               4. Österreichischen Tagung zur Didaktik der alten Sprachen
                             Forschung und Praxis im Dialog

                                          Innsbruck 2. 3. – 3. 3. 2018

Absicht und Ziel der Tagung:

Ziel der jährlich an einem anderen österreichischen Universitätsstandort stattfindenden Tagung ist es, die
Fachdidaktiken der Einzeluniversitäten untereinander zu vernetzen, Impulse für die (interuniversitäre) Forschung zu
setzen, eine Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zu bieten und interessierten Kolleg/-
innen Einblick in die universitäre Arbeit und die aktuellen Forschungsschwerpunkte zu geben.

Beginn: Freitag, 2. 3. 2018, 14:00 Uhr
Ende: Samstag, 3. 3. 2018, 13:00 Uhr
Tagungsort: Zentrum für Alte Kulturen, Langer Weg 11, 6020 Innsbruck

Um die Tagung besser planen zu können, werden Anmeldungen (durch informelles Mail) an
stefanie.steixner@uibk.ac.at erbeten.1 Bitte geben Sie bei der Anmeldung auch bekannt, ob Sie an einem der
beiden Angebote des optionalen Nachmittagsprogramms teilnehmen wollen.
Wir freuen uns auf Ihr Kommen
                                                                Martin Bauer, Werner Walder und Simon Zuenelli

VORLÄUFIGES PROGRAMM

Freitag, 2. 3. 2018

14:00: Coming together
14:30–14:45: Grußworte des Vizerektors für Lehre sowie der Dekane
14:45–15:30: Margot Geelhaar (Salzburg): Richard Meister vs. Otto Glöckel. Die Verankerung der „humanistischen
Bildungsidee“ im Gymnasiallehrplan des Jahres 1928
15:30–16:15: Wolfgang Kofler (Innsbruck): Latein und Griechisch zwischen Schule und Universität: Plädoyer für einen
weiten Professionsbegriff

1
 Für Tiroler und Südtiroler Lehrer/-innen genügt die Anmeldung an der PHT bzw. beim Deutschen Bildungsressort im Rahmen
des landesweiten Fortbildungsprogramms. Nur für das optionale Nachmittagsprogramm bitten wir um eine kurze Benachrichti-
gung, um die Nachfrage abschätzen zu können.
                                                           4
Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at
Kaffeepause
16:45–17:30: Eva Cescutti/Christoph Röck (Bozen): „Latein und Griechisch ohne Korsett? Möglichkeiten und
Wirklichkeit des altsprachlichen Unterrichts an Südtiroler Gymnasien“
17:30–18:15: Nina Aringer (Wien): Ergebnisse der Post-Test-Analyse zu den Performanzen der standardisierten
schriftlichen Reifeprüfung im Haupttermin 2017 (L4)
18:30–19:30: Öffentlicher Abendvortrag: Monika Vogel (Wuppertal): Thema wird noch bekanntgegeben
Buffet

Samstag, 3. 3. 2018

09:00–09:45: Manuela Kriegl (Graz/Judenburg): Artes versus Medias In Res - Ein Vergleich didaktischer Zugänge und
daraus resultierender Fitness beim Einstieg in die Lektüre
09:45–10:30: Andrea Beyer (Berlin): Anspruch und Wirklichkeit in lateinischen Lehrbuchtexten
10:30–11:15: Gabriela Kompatscher (Innsbruck): Literary Animal Studies und Lateinunterricht
Kaffeepause
11:45–12:45: Schlussvortrag: Barbara Hinger (Innsbruck): Von Viëtor und IMoF: Latein als Modell, Bezugsbasis,
Kooperationspartner oder Hindernis?
12:45–13:00: Schlussdiskussion
Mittagspause
14:30–15:30: Optionales Nachmittagsprogramm (bitte den Teilnahmewunsch bei der Anmeldung bekanntgeben!):
           a) Führung durch die Sammlung stadtrömischer Inschriften am Zentrum für Alte Kulturen (Helmut Ber-
                neder, Michael Sporer, Hermann Niedermayr) oder
           b) Führung durch das Archäologische Museum am Zentrum für Alte Kulturen (Florian M. Müller)

    Athene vor dem Parlament im Original, auf einer Briefmarke (1993) und in der Karikatur (Kleine Zeitung) mitgeteilt von W. J. Pietsch

                                                                     5
Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at
Lukas Spielhofer

                         Fabula docet – Wer will schon saure Trauben?
                          Grazer Repositorium antiker Fabeln (GRaF)
                                                              Wer will schon saure Trauben? Grazer Repositorium
                                                              antiker Fabeln (GRaF)“ Fabeln als literarische Texte
                                                              untersucht werden.
                                                              Behandelt werden dabei Fabeln antiker Fabeldichter,
                                                              beispielsweise Phaedrus, Aesop, Babrios oder Avian.
                                                              Dies geschieht in Zusammenarbeit mit mehreren
                                                              steirischen Gymnasien (Bischöfliches Gymnasium,
                                                              Graz, Akademisches Gymnasium Graz, BRG
                                                              Petersgasse, Graz, BG Rein) und einer deutschen
                                                              Schule, um nach den Grundsätzen der Förderreihe
                                                              „Sparkling Science“ des BMWFW, die das Projekt
                                                              unterstützt, Schule und Wissenschaft zu verbinden
                                                              und so Schülerinnen und Schülern einerseits Einblicke
                                                              in den modernen wissenschaftlichen Umgang mit
                                                              antiken Texten zu gewähren und andererseits in
                                                              Kooperation mit den Teilnehmerinnen und
                                                              Teilnehmern neue und innovative Ansätze zur
                                                              Interpretation antiker Literatur zu entdecken.
                                                              Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen in die Erstellung
                                                              einer digitalen Lernplattform, des Grazer Reposi-
Wolf und Lamm, Adler und Fuchs, Frosch und Rind.              toriums antiker Fabeln, einfließen, die Impulse und
Wer von uns kennt sie nicht, die abwechslungsreichen          Anregungen zur Beschäftigung mit antiker
Tiergeschichten, die auf spielerische Weise Unter-            Fabeldichtung schaffen und Schülerinnen und
haltung und moralische Erziehung miteinander                  Schülern, Studierenden sowie Lehrerinnen und
verbinden und daher von der Antike bis in die heutige         Lehrern eine Vielzahl an Möglichkeiten und Ange-
Zeit fester Bestandteil des Schulunterrichts sind? Doch       boten rund um das Thema antike Fabel bieten soll.
als Objekt der wissenschaftlichen Forschung wurden
diese Texte lange Zeit vernachlässigt.                        Weitere Infos zum Projekt unter:
Ein engagiertes Team der Uni Graz will dies ändern:           https://klassische-philologie.uni-graz.at/de/projekt-
Unter der Leitung von Frau Univ.-Prof. Dr. Ursula             graf/
Gärtner sollen im Forschungsprojekt „Fabula docet –           https://www.sparklingscience.at

Grazer Repositorium antiker Fabeln (GRaF)

Ein Sparkling Science Projekt
Univ.-Prof. Dr.phil. Ursula Gärtner
Karl-Franzens-Universität Graz
Institut für Klassische Philologie
Universitätsplatz 3/II, 8010 Graz
+43 (0)316 380 – 2432
ursula.gaertner@uni-graz.at

                                                          6
Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at
Anna Philina Burmester / Matthias Korn

                               Vom Landesteller
    Gedanken zur länderverbindenden Zusammenarbeit Österreich-Deutschland

Die Neufassung der Reifeprüfung in den klassischen                      Vergleich zum neusprachlichen Unterricht. Auf
Sprachen in Österreich hat der fachdidaktischen                         diesem Feld ist das Stadium der Innensicht noch
Diskussion in Deutschland seit 2015 wertvolle Impulse                   lange nicht überwunden, das die Geltung der klas-
gegeben. Spätestens seit der Vorstellung und                            sischen Sprachen in gesellschaftlicher Sicht aber
intensiven Diskussion bei der Fachtagung ‚Perspek-                      infolge der Heterogenität der gegebenen Antwor-
tiven II‘ am 19./20. November 2015 in Dresden haben                     ten schwächt – wie gesagt: nur scheinbar un-
sich die deutschen Bildungsadministrationen und                         scheinbar.
Fachdidaktiker*innen intensiv mit den Vorzügen                      Österreichische und deutsche Fachdidaktiker*innen
beschäftigen können, die die SKRP im Vergleich zu den               arbeiten auf den genannten Feldern zunehmend
verschiedenen Abiturprüfungsformaten der deut-                      zusammen und nutzen die Synergieeffekte ihrer
schen Länder in den klassischen Sprachen aufweist.                  Erfahrungen und Visionen, z. B. bei den Fachdidaktik-
Zudem sorgten einschlägige Veröffentlichungen für                   tagungen in Salzburg (2016), Graz (2017) und
die verdiente Publizität im gesamten deutsch-                       hoffentlich auch in Innsbruck (2018) sowie mit
sprachigen Raum.1                                                   Unterstützung der SODALITAS und der Bundesländer-
Doch es ist weitaus mehr als dieses Thema, was                      AGen bzw. der Landesverbände im Deutschen
österreichische und deutsche Fachdidaktiker*innen                   Altphilologenverband      beim      Austauschen     von
seit ca. fünf Jahren zunehmend zum gemeinsamen                      Referent*innen in beide Richtungen bei Fachtagungen
Wirken im Interesse von Kind und Fach zusammen-                     und Universitätsveranstaltungen, die auf die
führt:                                                              Bedürfnisse und Erwartungen von Lehrer*innen und
 Die Ausgangslage ist auf beiden Seiten die des                    Lateinstudierenden zugeschnitten sind.
    Schülerrückgangs und der ständig drohenden wei-                 Die beiden zuletzt genannten Zielgruppen sind
    teren Kürzung von Fachunterrichtsstunden;                       diejenigen, die hier in erster Linie die Nutznießer der
 zudem haben beide Seiten Handlungsbedarf auf                      länderverbindenden Zusammenarbeit sein können.
    den gleichen Feldern, z.B. Lexik, Wortschatzarbeit,             Denn die oben genannten Handlungsfelder sind ja bei
    Lehrplan und Lektürekanon, Formen der Leis-                     weitem nicht alle. Die Schulfremdsprache Latein hat
    tungserhebung und fachspezifische Methoden;                     durchaus noch weitere Potenziale, denen wir künftig
 und schließlich eine Frage, die ganz unscheinbar                  sowohl in Österreich als auch in Deutschland unsere
    daherkommt, tatsächlich aber im Interesse der                   Aufmerksamkeit zuwenden müssen, wenn wir unser
    Außenwirkung des Faches eigentlich am drin-                     Fach weiterentwickeln wollen. In erster Linie sind
    gendsten der Klärung bedarf, nämlich die Frage                  hierbei zu nennen
    nach dem Wert des altsprachlichen Unterrichts im                 die unterrichtliche Implementierung von Metho-
                                                                        den zur Dokumentation von Textverstehen dies-
1
  Korn, Matthias: Die neue schriftliche Reifeprüfung (Matu-             seits der Rekodierung, die zu einer ganzheitlichen
ra) in den alten Sprachen in Österreich, in: Kuhlmann, Pe-              Erarbeitung der wertvollen literarischen Texte zu
ter: Perspektiven für den Lateinunterricht II. Ergebnisse der
Dresdner Tagung vom 19./20.11.2015, S. 44ff.; Lošek, Fried-
                                                                        führen vermag, ohne das Schreckgespenst einer
rich / Seitz, Martin: Die mündliche Reifeprüfung (Matura) in            Monokultur der Rekodierung zu wecken; 2
den klassischen Sprachen in Österreich, a.a.O., S. 50ff.;
Lošek, Friedrich / Niedermayr, Hermann: Die standardisier-
                                                                    2
te kompetenzorientierte schriftliche Reifeprüfung in Öster-           Hier könnten deutsche Lehrer*innen und Lateinstudie-
reich. In: AU 4+5 (2017) 98ff.                                      rende viel von der österreichischen Praxis profitieren, weil
                                                                7
Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at
    die Implementierung von Latein auch im Unter-               hospitieren. Dabei konnte sie zusätzlich zu den
     richt von nichtgymnasialen Formen, gepaart mit              theoretischen Aspekten der lateinischen Fachdidaktik,
     neuen Curricula. Sie würde gleichermaßen der Er-            die in der Universität gelehrt wurden, einen
     höhung von Bildungsgerechtigkeit wie auch der               umfassenden Einblick in die österreichische Praxis des
     konzeptuellen Weiterentwicklung des Fachs die-              Lateinunterrichts gewinnen. Sie lernte andere
     nen.1                                                       Lehrmittel, Unterrichtsmethoden, Möglichkeiten der
Diese beiden genannten Punkte standen im Zentrum                 Leistungsfeststellung und -bewertung, den Lehrplan
des Diskurses der Fachtagung ‚Perspektiven des                   der Sekundarstufen I und II sowie die standardisierte
Lateinunterrichts III‘, zu der am 30.11./1.12.2017               kompetenzorientierte      schriftliche    Reifeprüfung
vornehmlich Vertreter*innen der Bildungsadmini-                  kennen. Auch außerhalb des Unterrichts konnte sie
strationen und der universitären Fachdidaktik in                 Erfahrungen sammeln z.B. im Rahmen einer
Mainz zusammentrafen. Von diesem Diskurs gingen                  Italienexkursion mit österreichischen Schüler*innen
wirklich gute und Mut machende Vorzeichen für eine               und Lehrer*innen.
zielführende Weiterentwicklung des Lateinunterrichts             Des Weiteren war die Möglichkeit gegeben, im Laufe
aus.2 Von daher ist es bedauerlich, dass nur wenige              des Semesters an akademischen Veranstaltungen mit
Teilnehmer*innen aus Österreich ihren Weg zu dieser              fachdidaktischem Schwerpunkt teilzunehmen und sich
ausdrücklich dem gesamten deutschsprachigen Raum                 außerhalb der universitären Pflichtveranstaltungen
geöffneten Fachtagung fanden.                                    fortzubilden. Mitte Oktober 2016 fand der 1. Grazer
Doch lassen Sie uns nicht zurück-, sondern nach vorn             Lateintag statt. Dieser wurde, nach dem Vorbild der
schauen und abschließend einen Blick auf ein Beispiel            Potsdamer Lateintage konzipiert, in Graz eingeführt:
für die in diesem Artikel bereits mehrfach ange-                 Schüler*innen erhalten in Schnupperseminaren
sprochene Synergie werfen, das geeignet ist, für die             Einblick in das wissenschaftliche Arbeiten mit antiken
österreichisch-deutsche Zusammenarbeit auf dem                   Texten und Lehrer*innen bekommen Fortbildungs-
Feld der klassischen Sprachen zum Nutzen von Kind                angebote zu aktuellen Themen der Klassischen
und Fach und unter Berücksichtigung der kommenden                Philologie. Kurz vor Ende des viel zu kurzen
Lehrer*innengeneration zu stehen.                                Aufenthalts in Österreich fand am 3./4. März 2017 die
Eine Dresdner Lateinstudierende, Anna Philina                    3. Fachdidaktik Tagung in Graz statt. Deren Programm
Burmester, nutzte die Möglichkeiten des Erasmus+-                zeichnete sich durch eine gelungene Mischung von
Programms, um ein Semester an der Karl-Franzens-                 Beiträgen aus Österreich und Deutschland aus, die
Universität in Graz zu verbringen. Über die Teilnahme            sowohl Erfahrungen thematisierten als auch in die
an universitären Lehrveranstaltungen hinaus konnte               Zukunft wiesen.
sie aufgrund der freundlichen und äußerst                        Die     länderverbindende      Zusammenarbeit,      die
hilfsbereiten Aufnahme von Beginn ihrer Zeit in                  Österreich und Deutschland auf dem Feld der
Österreich an semesterbegleitend in verschiedenen                klassischen Sprachen pflegen, sollte künftig auch auf
Grazer und im Grazer Umland liegenden Schulen                    das Feld des Studiums ausgedehnt werden. Neue
                                                                 fachdidaktische Erkenntnisse betreffen nämlich nie
die genannten, zur Rekodierung alternativen Aufgabenty-          lediglich das eigene Land, sondern die Kultur der
pen im Dienste der Dokumentation des Textverstehens zum          Fachdidaktik im Allgemeinen. Man kann mithilfe eines
Instrumentarium der Interpretationsaufgabe der SKRP und          Blicks über den (Landes)Tellerrand von den erprobten
damit natürlich auch zum unterrichtlichen Vorlauf gehören.
1
  Hier könnten österreichische Lehrer*innen und Lateinstu-       Stärken des Anderen lernen, um die eigenen
dierende von den deutschen Erfahrungen profitieren, die          Schwächen zu kompensieren. So ist z.B. die Gefahr
seit über dreißig Jahren an Gesamt- oder Gemeinschafts-          der Monokultur der Rekodierung eine typische
schulen (mit drei Anforderungsebenen) und seit kurzem            Schwäche des Unterrichts in den klassischen Sprachen
auch an Schulen ohne gymnasiales Anforderungsniveau,
also für Absolventen des Haupt- und Realschulbildungsgan-        in Deutschland. In Österreich dagegen bietet der
ges gemacht wurden bzw. werden.                                  Interpretationsteil der SKRP und der zur Matura
2
  Ein ausführlicher Bericht dazu ist von Martin Seitz im         führende Unterricht ausgehend vom Standardwerk
nächsten CIRCULARE zu erwarten.
                                                             8
Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at
Texterschließung seit 2011 eine Fülle von                 Typologie alternativer Lernaufgaben entwickelt. So
Lernaufgaben alternativ zur Rekodierung. Daher            wird die Masterarbeit zum Beispiel dafür, wie die
verwundert es nicht, dass die mit österreichischen        länderverbindende Zusammenarbeit Österreich-
Erfahrungen gewappnete Dresdner Studierende zu            Deutschland auf dem Gebiet der Fachdidaktik der
diesem Thema ihre Masterarbeit verfasst. Darin            klassischen Sprachen zum Erfolgsmodell werden kann.
werden die in Folge der Länderhoheit verschiedenen
Lateinlehrpläne Deutschlands und der Lateinlehrplan           Anna Philina Burmester, Wundtstraße 3, D-01217
Österreichs anhand eines selbstentwickelten Rasters                           Dresden, apburmester@web.de
analysiert und verglichen. So soll nachgewiesen                          Dr. Matthias Korn, Universität Leipzig,
werden, dass die Monokultur der Rekodierung                Sprachenzentrum, Postfach 100920, D-04009 Leipzig,
curricular unzulässig ist. Im Gegenzug wird eine                                matthias.korn@uni- leipzig.de

    Höhlengleichnis, Thomas Wizany, SN, 30.11.17              (Irr-)Wege, Thomas Wizany, SN, 20.10.17

         Nouvelle Cuisine, Standard, 24.10.17             Mahlzeit, Pismestrovic, Kleine Zeitung 29.11.2017

       Thomas Wizany, 16.11.2017, Europa surft                  Entfesslungskünstler gesucht (Cicero)

                                                      9
Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at
Renate Oswald

                Informelle Kompetenzmessung in den klassischen Sprachen
Da die klassischen Sprachen nicht zu den Fächern                              „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie
gehören, die durch die Bildungsstandards eine                                 erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fer-
zyklische Rückmeldung über den Leistungsstandard                              tigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen,
einer Klasse/Gruppe, aber auch für den einzelnen                              sowie die damit verbundenen motivationalen
Lernenden ermöglichen, wurde für Latein eine Form                             und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten,
                                                                              um die Problemlösung in variablen Situationen
der „Informellen Kompetenzmessung“ erarbeitet, die
                                                                              erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu
allen Interessierten einen niederschwelligen Zugang zu                        können.“3
diesem Testformat und damit ein unmittelbares                         Gleichzeitig wurde am BIFIE im Auftrag des
Feedback auf den (individuellen) Leistungsstand sowie                 Ministeriums ein Instrumentarium zur Durchführung
ggf. notwendige Reaktionen auf diesen im Unterricht                   regelmäßiger Überprüfungen entwickelt, aus denen
ermöglicht.                                                           umfassende und valide Ergebnisse über den
Bildungsstandards im österreichischen Schulsystem                     Kompetenzstand der Lernenden abgeleitet werden
Im Rahmen der Bemühungen, Lernprozesse an                             können.
denselben Schultypen möglichst zu vereinheitlichen,                   Diese zentral erstellten und periodisch durchge-
allen Schüler/-innen grundsätzliche Kompetenzen zu                    führten Standardüberprüfungen in der 4. bzw. und 8.
vermitteln und deren Vorhandensein verbindlich zu                     Schulstufe dienen den Schulen und den Lehrkräften in
überprüfen, wurden in Österreich Bildungsstandards,                   erster Linie dazu, die gewonnenen Erkenntnisse für
d.h. Ergebnisorientierung, nachhaltigen Kompe-                        die Schul- und Unterrichtsentwicklung nutzbar zu
tenzenaufbau und gezielte individuelle Förderung als                  machen. Schülerinnen und Schüler können ihre
verpflichtende Unterrichtsprinzipien im SchUG                         Ergebnisse zwar über einen Code 7–8 Monate nach
verankert.1 Nach dem Vorbild anderer EU-Länder                        der Überprüfung einsehen, aber die Erfahrung lehrt,
wurden Bildungsstandards für die Fächer Deutsch,                      dass nur wenige von diesem Angebot Gebrauch
Englisch und Mathematik definiert, also „konkret                      machen, was in Anbetracht des langen Intervalls
formulierte Lernergebnisse, die sich aus den                          zwischen Testung und Rückmeldung nicht überrascht.
Lehrplänen ableiten lassen. Sie legen jene                            Auch die Ergebnisse der einzelnen Schulen sind nicht
Kompetenzen fest, die Schüler/innen bis zum Ende der                  1 zu 1 zugänglich. Die Schulleitung bekommt eine
4. Schulstufe in Deutsch und Mathematik sowie bis                     Gesamtschau, deren Ergebnisse4 im „fairen
zum Ende der 8. Schulstufe in Deutsch, Mathematik                     Vergleich“5 gewichtet sind. Klassenlehrer/-innen wird
und Englisch nachhaltig erworben haben sollen. Dabei
handelt es sich um Fähigkeiten, Fertigkeiten und                      3
                                                                        Weinert, Franz E. (2001) Vergleichende Leistungsmessung
Haltungen, die für die weitere schulische und
                                                                      in Schulen – Eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In:
berufliche Bildung von zentraler Bedeutung sind.“2                    Weinert, Franz E. (Hg.): Leistungsmessungen in Schulen.
Auch eine Definition des Kompetenzbegriffs wurde                      Weinheim u. Basel: Beltz, S. 27 f.
                                                                      4
                                                                        Zur Auswertung vgl. n Breit, Simone, Schreiner, Claudia
vorgegeben, hier folgte das Ministerium der Definition
                                                                      (Hrsg.). (2016).Large-Scale Assessment mit R. Methodische
von Franz Weinert. Ihm zufolge sind Kompetenzen:                      Grundlagen der österreichischen Bildungsstandardüberprü-
                                                                      fungen. Wien: facultas, S. 333–362.
1                                                                     5
  vgl. § 17 SchUG und , die Verordnung zu den Bildungs-                 U.a. werden die Erwartungen, die man an eine Schulklasse
standards (BGBl. II Nr. 1/2009) und ihre Novelle (BGBl. II Nr.        in Bezug auf ihr getestetes Kompetenzniveau setzt, von
282/2011)                                                             Variablen wie der geographischen Lage der Schule, der
2
  https://www.bifie.at/bildungsstandards                              Ausländer/-innenquote und der Geschlechterverteilung
                                                                      mitbestimmt.
                                                                 10
nur das Gesamtergebnis ihrer Klasse zugänglich               Kernbereichen            eines        Unterrichtsgegenstands
gemacht.                                                     zugrunde liegen.
                                                             Die Arbeitsgruppe kam schnell zum Ergebnis, dass es
Parallel dazu wurde unter der Ägide des BIFIE ein            nicht möglich ist, Kompetenztestungen für die
freiwilliges Selbstevaluierungstool zur informellen          Sekundarstufe 1 auf Basis des Lehrplans 2000 zu
Kompetenztestung (IKM) geschaffen, das allen Schu-           entwickeln. Dieser noch immer gültige Lehrplan ist
len der Grund- und Sekundarstufe angeboten wird.             nicht kompetenzorientiert, sondern er beschränkt sich
Die IKM kann in der 3., 4. Klasse der Volksschule und        auf die Auflistung von Grammatikphänomenen, teilt
in der Sekundarstufe in der 6., 7. und 8. Schulstufe         also nur mit, was gewusst werden soll, nicht aber was
durchgeführt werden. So können sich die Lehrenden            gekonnt werden muss, um lateinische Texte in die
ein Bild von den aktuellen Kompetenzen ihrer Schü-           Unterrichtssprache übersetzen zu können. Außerdem
ler/innen als Gruppe und als Individuen machen, um           ist er formal an die Erfordernisse der lebenden
ihre Unterrichtsplanung und ihre Fördermaßnahmen             Fremdsprachen angeglichen, was eine für die Praxis
nach diesen Ergebnissen zu justieren. Für die Sekun-         des Lateinunterrichts unangemessene Überbetonung
darstufe 2 sind Aufgabenpakete für den Einsatz zu            kommunikativer Elemente (wie z.B. das Begrüßen)
Beginn der 9. Schulstufe im Sinne einer Eingangsmes-         nach sich zieht.
sung vorgesehen.
                                                             So ergab es sich als erster Arbeitsschritt, die Vorgaben
Eine IKM für den Lateinunterricht                            des Lehrplans in Kompetenzen, die mit den
Wie auch andere Fachschaften, die nicht durch die            Schülerinnen und Schülern erarbeitet und gefestigt
Bildungs-Standard-Überprüfung erfasst werden, wie            werden können, umzugießen. Diese sollten sich
die Naturwissenschaften oder die 2. lebende                  inhaltlich und formal an den bereits vorhandenen
Fremdsprache, ist die Fachschaft Latein / Griechisch         Kompetenzbeschreibungen für das vierjährige und das
an das Ministerium mit dem Wunsch herangetreten,             sechsjährige Latein orientieren und eine tragfähige
eine Arbeitsgruppe zur Erstellung von Materialien zur        Basis zum Erwerb der dort dargestellten Kompetenzen
informellen Kompetenzmessung zu installieren. Das
Ministerium begrüßte dieses Anliegen und setzte eine
Arbeitsgruppe bestehend aus Walter Dujmovits
(Burgendland), Renate Glas (Kärnten), Friedrich Lošek
(Niederösterreich), Renate Oswald (Steiermark),
Harald Schwarz (Niederösterreich) und Wilma
Widhalm-Kupfer-schmidt (Wien) ein.
Im September 2012 wurde ein Arbeitspapier vorgelegt
und die Projektdauer mit Dezember 2014 begrenzt.
Als output waren eine Publikation zur informellen
Kompetenzmessung in den Klassischen Sprachen und
eine für mehrere Testungen ausreichende Menge von                Heiko Sakurai, 15.11.2017 "Wie Italien früher die WM-Pleite
Tasks für die Online-Plattform des Ministeriums                                        bewältigt hätte"
vorgesehen.
                                                             bilden1.
Ein erster Schritt – Grundkompetenzen              –
Kompetenzbeschreibungen                                      Die Herausforderung bestand darin, zu definieren,
                                                             was „das Wesentliche“ im Lateinunterricht der
Den in den Bildungsstandards festgeschriebenen
                                                             Unterstufe ist, also was von Schülerinnen und
Kompetenzen muss naturgemäß ein aus dem
                                                             Schülern überwiegend beherrscht werden muss, um
jeweiligen Lehrplan abgeleitetes fachspezifisches
                                                             mit Genügend beurteilt werden zu können, und um
Kompetenzmodell     mit     den     wesentlichen

                                                             1
                                                                 https://www.srdp.at/downloads/
                                                        11
gut gerüstet in die Lektürephase eintreten zu können.           haben sollen. Sie konzentriert sich dabei auf die
Intendiert wurde auch ein washback-Effekt auf die               Kernbereiche      des    Unterrichtsfaches    und
Gestaltung neuer Lehr- und Übungsbücher.                        beschreibt die erwarteten Kenntnisse, Fähigkeiten
Folgende Eckdaten beschreiben das Anliegen der neu              und      Fertigkeiten    nach     zwei     Jahren
erstellten Grundkompetenzen:                                    Lateinunterricht als Basis für den kompetenz-
                                                                orientierten Unterricht in der Oberstufe, der zur
      Bei Formenlehre und Syntax wurde der
                                                                standardisierten kompetenzorientierten Reife-
       Schwerpunkt auf die Funktion der grammati-
                                                                prüfung      führen    soll.    Das     definierte
       kalischen Phänomene, den Erwerb zumindest
                                                                Leistungsniveau soll von der überwiegenden
       einer jeweils effektiven Übersetzungsstrategie
                                                                Mehrheit der Schülerinnen und Schüler erreicht
       und eines Bewusstseins für die Struktur von
                                                                werden.
       Sätzen gesetzt (z.B. Konnektoren, die ver-
       schiedenen Funktionen von Beistrichen,                Nach ihrer Fertigstellung wurde diese Beschreibung
       Wortarten und ihre Funktion im Satz etc.).            der Grundkompetenzen in den Medien der
      Großes Augenmerk wurde auf sprachliche                SODALITAS, über die Arbeitsgemeinschaften der
       Phänomene gelegt, in denen sich das Lateini-          Lateinlehrer/-innen und über die Schulaufsicht mit
       sche vom Deutschen unterscheidet (z.B. die            dem Zusatz bekannt gemacht, dass sie als offizielle
       Funktion von Imperfekt und Perfekt, Konjunk-          Ergänzung      und    Erläuterung  zum    Lehrplan
       tiv).                                                 herangezogen werden dürfen.

                                                             Der zweite Schritt – die Entwicklung von Test-Tasks
                                                             Die Arbeitsgruppe machte sich in einem zweiten
                                                             Arbeitsschritt daran, Tools für eine informelle
                                                             Kompetenztestung zu entwickeln, also ein
                                                             Instrumentarium für Lehrkräfte, um am Ende der 7.
                                                             Schulstufe und gegen Ende des Elementarunterrichts
                                                             ein freiwillige Standortbestimmung über den
                                                             Leistungsstand ihrer Klassen durchführen zu können.
         Oliver Schopf, der Standard, Lage der Union
                                                             Diese IKM sollte auf einer Plattform des BIFIE online
                                                             gestellt werden, den Lehrerinnen und Lehrern mittels
      Der Schwerpunkt in der Wortschatzarbeit
                                                             eines Zugangscodes zugänglich gemacht und jedes
       wurde auf den Erwerb von Verständnis für die
                                                             Jahr durch neue Tasks ergänzt werden. Auch die
       Polysemie des lateinischen Wortguts, Grund-
                                                             Testung sollte online durchgeführt und ausgewertet
       lagenwissen zur Wortbildung und einen
                                                             werden. Konkrete Rückmeldungen sollten an die
       Fremdwortschatz gelegt.
                                                             Schüler/-innen über ihre eigenen Leistungen und an
      Auch Grundlagen zur Texterschließung, zum             die Lehrkräfte über den Leistungsstand der Gruppe
       Gliedern, Sammeln von Wort- und Sachfel-              ergehen. Parallel dazu sollte eine Publikation zur
       dern etc. und der Erwerb des zum Textver-             Erläuterung von Sinn und Methode einer IKM
       ständnis notwendigen, realienkundlichen Hin-          entstehen.
       tergrundwissens wurden unter die Grund-
                                                             Nachdem die Plattform wegen eines Sicherheits-
       kompetenzen aufgenommen.
                                                             problems deaktiviert worden war, musste sich die
   Die von der Arbeitsgruppe erstellte Kompetenz-
                                                             Arbeitsgruppe damit zufrieden geben, dass die
   beschreibung für Latein legt somit ähnlich wie
                                                             Testungen wie in Volksschulen in einer ausgedruckten
   Bildungsstandards fest, welche Kompetenzen
                                                             Papierversion durchgeführt und von den Lehrkräften
   Schülerinnen und Schüler am Ende der 8.
                                                             selbst ausgewertet werden. Auch der gut eingeführte
   Schulstufe im Fach Latein nachhaltig erworben
                                                             Titel   „Informelle   Kompetenztestung“       musste
                                                        12
aufgegeben werden; die Arbeit an der Publikation               Ergebnisse dieser Qualitäts-sicherungsmaßnahmen
wurde eingestellt.                                             waren ermutigend.
Grundsätzliche Überlegungen für die Testung                           Die Aufgabenstellungen wurden in ihrer For-
Aus einer Schnittmenge des Wortschatzes der in                         mulierung von den Klassen in ihrer Formulie-
Österreich approbierten Grundkurs-Lehrbücher wurde                     rung verstanden.
ein Basiswortschatz erstellt. Dieser Wortschatz war so                Sie wurden in der vorgegebenen Zeit prob-
gering, dass es von allem Anfang an nicht sinnvoll                     lemlos bewältigt.
schien, bei der IKM auch Wortschatzkenntnisse zu                      Die Ergebnisse entsprachen sehr gut dem
testen.                                                                Leistungsniveau der Klassen, niemand schei-
Auch eine Testung zur Übersetzungskompetenz schien                     terte gänzlich an den Tasks.
mit den vorhandenen Mitteln wenig zielführend, wohl                   Die Lehrer/-innen meldeten zurück, dass sie
aber können aus der vorliegenden Testung
                                                                       größere Klarheit über den konkreten Leis-
Rückschlüsse zum Textverständnis gezogen werden.                       tungsstand ihrer Klasse gewonnen hätten.
Ein weiteres Problem ergab sich daraus, dass die               Die Testung wurde auch von Lehrer/-innen an der
gängigen Grundkursbücher sehr unterschiedliche                 Kurzform verwendet und erwies sich – mit kleinen
Geschwindigkeit bei der Vermittlung wichtiger                  Einschränkungen – auch als tauglich für diese
grammatikalischer Phänomene wählen. So mussten
                                                               Zielgruppe.
Tasks erstellt werden, die jedenfalls mit den im ersten
                                                               Das fertige Produkt
Lernjahr erworbenen Kompetenzen zu bewältigen
sein sollten, einige Tasks für einen Zwischenbereich,          Die fertigen Tasks wurden dem BIFIE übermittelt, dort
der zwar in den einen Lehrbüchern schon abgedeckt              gelayoutet und sukzessive online gestellt. Mittlerweile
wird ist, in den anderen aber nicht, und Taskaufgaben          sind die Aufgabenpakete ohne Zugangscode unter
über den Stoff des 2. Lernjahres. Somit kann jede              dem Titel „Selbsttest zum Unterrichtsertrag – Latein“
Lehrperson diejenigen Tasks, die sich auf noch nicht           auf der Service-Site des Bundesministeriums für
erarbeitete Kompetenzen beziehen, nach erfolgter               Bildung1                                           unter
Testung als Null-Resultat zählen.                              https://www.srdp.at/downloads/dl/selbsttest-zum-
                                                               unterrichtsertrag-fuer-das-fach-latein/ zu finden.
Die Taskaufgaben wurden durchwegs als geschlossene
Formate gestaltet, in der Mehrzahl handelt es sich um          Da sie nicht durch das Ministerium beworben werden
Auswahlaufgaben. Für jede Arbeitsaufgabe wurde                 wie andere IKM-Testungen, ist es nach wie vor
prognostiziert, wie viel Zeit zur Lösung benötigt wird,        Aufgabe der Community, diese Testungen über die ihr
jedem Testpaket wurde eine einleitende Gebrauchs-              zur Verfügung stehenden Kanäle zu bewerben.
anweisung und eine Lösung beigegeben.
Zur Qualitätssicherung entwickelte die Arbeitsgruppe
verschiedene Strategien. Mag. Anna Pinter begut-
achtete die Tasks aus psychometrischer Sicht. In der
Folge wurde eine Probetestung entwickelt, die erst an
den Schulen der Mitglieder der Arbeitsgruppe und
nach einer kleineren Justierung auch an interessierten
Schulen im gesamten Bundesgebiet pilotiert wurde,
um zu überprüfen, ob der Schwierigkeitsgrad
angemessen, die Fragestellungen verständlich und die
Zeitvorgaben realistisch sind. 32 Schulen beteiligten
sich an dieser Pilotierung, dabei ergab sich zufällig
eine gute Durchmischung von Schulstandorten. Die
                                                               1
                                                                https://www.srdp.at/schriftliche-pruefungen/latein-
                                                               griechisch/allgemeine-informationen/
                                                                       Heiko Sakurai, 13.11.2017, Auf in die Zielgerade
                                                          13
Renate Glas

                       Latein in einer kunterbunten Kinderbücherwelt
Latein und Bilderbücher? Latein und Kinderbücher?              EGBERT WIRD ROT/EGBERT RUBESCIT ist ein
werden so manche hinterfragen. Gibt es die                     Kindermalbuch. Wenn Egbert ausgelacht oder
überhaupt? Einige sind schon auf dem Markt und                 geärgert wird, wird Egbert besonders rot. Wütend und
einige werden noch folgen.                                     rot. Was kann man da machen? Egbert hat einen Plan
                                                               und eine abenteuerliche Idee... "Egbertus rubescit" ist
Der Zufall führte mich in Amsterdam in ein                     einsprachig    gratis   online    abzurufen    unter:
Buchgeschäft, dessen Name schon vielversprechend               http://www.philippwinterberg.com/projekte/Egbert_
war: ATHENAEUM BOEKHANDEL. In der reichst                      Turns_Red_Latin.pdf
ausgestatteten lateinisch und griechischen Abteilung           Das E-Book kann ausgedruckt werden und mit 50+
gab es auch ein Regal, in dem zwei reizende                    anderen Sprachen kombiniert werden, siehe:
Bilderbücher standen: MIFFA und MIFFA AD MARE,                 http://www.philippwinterberg.com/projekte/egbert_
beide von Dick Bruna. Seine bekannteste Figur ist              wird_rot_sprachen.php
Nijntje, in der deutschen und englischen Übersetzung           „DA REIN, DA RAUS“ – „INTRAT HAC, EXIT ILLAC!“ ist
Miffy, in der lateinischen Version MIFFA. Miffa ist ein        die Geschichte des kleinen Jakob, der jegliche Kritik
kleines Kaninchen, das allerlei kleine Abenteuer
erlebt. Die Figur ist so beliebt, dass es in den
Niederlanden sogar ein Nijntemuseum gibt
(www.nijntjemuseum.nl).
Mein Spüreifer war geweckt und so stieß ich auf den
Philipp Winterberg Verlag
(http://www.philippwinterberg.com). Sein Motto ist:
                                   Ein     Weltkinder-
                                   buch für jedes Land
                                   der    Erde.    Das
                                   Bilderbuch „Bin ich
                                   klein?“ ist seit
                                   seinem Erscheinen
                                   in über 100 Spra-
                                   chen       übersetzt
                                   worden. Im Mittel-
                                   punkt steht das
                                   Mädchen      Tamia,
                                   das eine wunder-            nicht an sich heranlässt. Zum Glück hat man ja zwei
                                   same Reise erlebt           Ohren: Eins für rein und eins für raus. Auf eine Person
und dabei entdeckt, dass Größe relativ und sie selbst          aber hört Jakob… Der Link zum E-Book lautet:
genau richtig ist. „EGO SUM PARVA?“ ist der Titel der          https://www.amazon.de/dp/B00ZO503NK
lateinischen Ausgabe.
https://www.amazon.de/reader/1508934037)Printver
sion https://www.amazon.de/dp/B00VSFT4RQ E-Book

                                                          14
Reinhard Kriechbaum

                            Bukephalos in Salzburg (Drehpunktkultur, 3.10.17)
[…] Es geht also um ein Pferd. 355 bis 326 vor Christus.        der Presseaussendung. Schweres Gerät wird also
Das sind angeblich die Lebensdaten des Streit-Rosses            demnächst auffahren, um das – wenigstens in Tonnen
mit einer Verhaltens-auffälligkeit: Es fürchtete                – gewichtige Ding in den Residenzhof zu hieven.
angeblich seinen eigenen Schatten. Alexander der                Bukephalos hat ja keine Flügel wie sein mytho-
Große hat sich damit arrangiert und ritt in Schlachten          logischer Verwandter Pegasos.
gegen die Sonne. Wenn Bukephalos als gewaltiges                 Nur sehr oberflächliche Betrachter könnten auf die
Bronze-Standbild nun für sechs Monate im Hof der                Idee kommen, es mit einem Einhorn zu tun zu haben:
Salzburger Residenz Aufstellung nimmt, wird man                 Was vorne raussteht, ist die zum Zopf gedrehte
hoffentlich auch auf den Schatten achten: Der könnte            Stirnmähne. „Tugend soll eingeflochten sein, in das
nämlich ziemlich imponierend ausfallen, ist das Ding            Haar deiner Stirnlocke… ich habe dir die Macht
doch fünf Meter lang und samt Unterkonstruktion                 verliehen zu fliegen ohne Flügel“, heißt es im Koran.
neun Meter hoch. 2,8 Tonnen wiegt allein das Pferd,             Dort kommt das Pferd ebenfalls vor.
das auf einem Guss-Gestänge in luftiger Höhe steht.             Eine Kunstsammlerin und Pferdenärrin namens Uta
„Zügellose Archaik verwandelt in anmutige Schön-                Scherb hatte die Skulptur in Auftrag gegeben, sie starb
heit“, heißt es in einer Presseaussendung dazu.                 aber 2013 unerwartet. Andjé Pietrzyk hat
Andjé Pietrzyk, ein in Linz lebender Pole, hat die              unverdrossen weitergearbeitet, eine Linzer Unter-
Riesenplastik gemacht. Warum? „Viel aus meiner                  nehmerfamilie finanzierte schließlich den Bronzeguss.
Kindheit steckt darin“, verrät der Künstler in einem            Hofreitschul-Chefin Elisabeth Gürtler ließ das Ding im
Imagefilm auf seiner Website. „Wildheit, Kraft,                 Juni anlässlich der Fete Imperiale für einen Monat vor
Entfaltungssehnsucht und auch etwas davon, mein                 der Hofreitschule aufstellen. In Linz [Kunstmuseum
inneres galoppierendes Pferd zu bändigen.“ So tickt             Lentos] scheint man weder Bedarf noch Platz zu
eine Künstlerseele, wogegen unsereiner es höchstens             haben. In Salzburg schon: Von 6. Oktober bis März
mit einem deutlich leichtgewichtigeren inneren                  2018 ist der „Goldene Bukephalos“ nun in der
Schweinehund zu tun bekommt.                                    Residenz aufgestellt. Übrigens gibt es dort schon einen
Abgesehen vom kathartischen Kunst-Wert und den                  Bukephalos: Ein Deckenbild von Johann Michael
Glupschaugen aus Murano-Glas, an denen sich die                 Rottmayr im Rittersaal der Residenz zeigt Alexander
Begeisterung von Tierfreunden gewiss entzünden                  den Großen mit seinem Leibpferd.
wird: Es sei dem Volumen nach „eines der größten
Projekte zeitgenössischer Skulptur, das in Österreich in        Bilder: http://art-andje.at/video/ (2); dpk-Archiv (1)
jüngster Vergangenheit umgesetzt wurde“, heißt es in

                                                           15
Venus, Thetis – und jetzt noch ein Achilles-Winzling
                                             (Drehpunkt Kultur 10.10.17)

NEUMARKT am Wallersee                                           Institutionen übergreifende Zusammenarbeit besteht
Sieht so aus, als hätten die Archäologen in Salzburg            seit knapp zehn Jahren und bietet detaillierte Rück-
gerade Hochkonjunktur. Jene, die sich aufs                      schlüsse auf das Leben in unserem Land in der
Mittelalter spezialisiert haben, nehmen gerade ein              Römerzeit. Der römische Gutshof von Neumarkt gilt
altes Bauernhaus im Lungau auseinander (wir berich-             als die am besten erforschte „villa rustica“ in Öster-
teten). Die Antike-Spezialisten buddeln auch. In                reich. „Schon für das Jahr 2018 ist eine Ausstellung im
Neumarkt haben sie einen kleinen Achilles in Bronze             Museum Fronfeste Neumarkt zur Präsentation der
zutage gefördert.                                               neuesten Funde und Erkenntnisse vorgesehen“,
„Diese Bronzefigur zeigt, wie eng der Raum nördlich             kündigt Museumsleiterin Ingrid Weydemann an. Man
der Alpen mit der griechisch-römischen Kultur und               werde von der Geschichte der freigelegten Räume und
                    ihren Mythen verbunden war“,                über das Leben in der Villenanlage in Neumarkt-
                    erklärt Felix Lang vom Fachbereich          Pfongau erzählen. „Die Kulturvermittlung für Schüler-
                    Altertumswissenschaften,      Klass-        innen und Schüler steht für das Grabungs- und
                    ische und Frühägäische Archäo-              Ausstellungsprojekt im Mittelpunkt.“
                    logie an der Universität Salzburg.          Im Lauf der aktuellen Grabung wurden erstmals in
                    Anzunehmen sei „ein entsprech-              Pfongau Teile eines der Hauptgebäude der Villen-
                    ender Bildungshintergrund der Be-           anlage aufgedeckt. In den freigelegten Räumen fanden
                    sitzerfamilie“. Mit Sicherheit habe         sich noch Reste einer verkohlten hölzernen Tür-
sie der lokalen Oberschicht angehört und wichtige               schwelle und zahlreiche Eisenbeschläge der Türe in
politische Ämter in Iuvavum, dem heutigen Salzburg,             Originallage. Aus dem Gebäude stammen zahlreiche
ausgeübt. Sieht also so aus, dass man schon damals in           weitere Funde, wie Fensterglas oder Toilettegerät-
der Metropole gearbeitet und ein schmuckes                      schaften. „Im Umfeld des Bauwerks fand sich eine
Häuschen auswärts bewohnt hat. Von „Schlaf-                     außergewöhnliche antike Kleinbronze“, so Landes-
dörfern“ und Speckgürtel rund um die Stadt war                  archäologe Raimund Kastler. „Sie zeigt, wie der kleine
damals aber gewiss noch nicht die Rede.                         Held Achill von seiner Mutter Thetis in den Fluss Styx
Jedenfalls verlief die römische Reichsstraße zwischen           gehalten wird, um ihn dadurch unverwundbar zu
den beiden Municipalstädten Iuvavum (Salzburg) und              machen. Die rund sechs Zentimeter große Figur war
Ovilava (Wels) durch das Gebiet der heutigen                    wohl Teil eines Möbelbeschlages.“ Bis jetzt seien keine
Stadtgemeinde Neumarkt am Wallersee. Das Grab-                  dreidimensionalen Darstellungen dieser Szene aus der
relief eines Legionärs an der Kirche in Pfongau, ein            Antike bekannt. „Damit ist die Figur einzigartig.“ Im
1988 entdecktes Büstengefäß, die Statuette „Venus               Bild versinkt der Achill-Winzling in den Wogen der
von Pfongau“ (2008) und schließlich die „Nymphe                 blauen Handschuhe. An der Ferse wird Achill später
Thetis mit Achill“ (2017) belegen, dass sich hier in der        verwundbar sein... Die bereits im 19. Jahrhundert
Römerzeit schon ein beachtliches Wirtschaftsleben               bekannte Fundstelle wurde bei Erschließungsarbeiten
entwickelt hat. Seit 2008 liefern die Ausgrabungen in           im Gewerbegebiet von Neumarkt Pfongau im
Pfongau Einblicke in Neumarkts antike Vergangenheit.            nordwestlichen Flachgau 1988 wiederentdeckt. Neben
Unter-sucht werden die Reste eines römerzeitlichen              Teilen der Wohnbe-bauung (Badeanlage) kamen bei
Landgutes. Die archäologische Erforschung des römer-            den Ausgrabungen vor allem Wirtschaftsbauten
zeitlichen Gutshofs von Neumarkt-Pfongau ist ein                (Lagerhallen, Gebäude für die Unterbringung von
Kooperationsprojekt der Landesarchäologie des                   Landarbeitern, Speicher und Remisen) zu Tage.
Salzburg Museums, des Fachbereichs Altertums-                   Hinweis auf Gewerbetätigkeit im Bereich des Gutshofs
wissenschaft der Universität Salzburg, der Stadt                lieferten drei Ziegelbrennöfen für Dachziegel sowie
Neumarkt und dem Museum Fronfeste. Diese enge,                  Arbeitsbereiche für Eisenbearbeitung.
                                                           16
17
18
Klaus Bartels

                                 Stichwort „Sympathie“ (NZZ 23.11.2017)

„Zwei Segel erhellend die tiefblaue Bucht!                     dem griechischen páthos die lateinische passio, „Lei-
Zwei Segel sich schwellend zu ruhiger Flucht!                  den, Leidenschaft“, die uns durch die „Passion“ oder
Wie eins in den Winden sich wölbt und bewegt,                  die „Patience“ geläufig ist. So ist das alte Wort in drei
wird auch das Empfinden des andern erregt.
                                                               Sprachen und dreierlei Bedeutung ins Deutsche ge-
Begehrt eins zu hasten, das andre geht schnell,
verlangt eins zu rasten, ruht auch sein Gesell.“               kommen: prägefrisch griechisch im „Pathos“ und in
                                                               allem „Pathetischen“, lateinisch in der „Passion“ und
Das Liebesgedicht Conrad Ferdinand Meyers ist nicht            dem „passionierten“ Patience-Spieler, und vollends in
„Sympathie“, sondern „Zwei Segel“ überschrieben;               der Lehnübersetzung „Leidenschaft“ und der Verdop-
aber das Bild dieser beiden im Wechsel der Winde               pelung eines „leidenschaftlichen“ Pathos.
sich wölbenden, bewegenden, „empfindenden“ Segel               Auch die sympátheia, wortwörtlich das „Mit-Erleiden,
ist aufs Schönste dazu angetan, die im Sprachge-               Mit-Empfinden“, ist in dreierlei Gestalt zu uns gelangt:
brauch arg verblasste altgriechische „Sympathie“ wie-          geradewegs als „Sympathie“ mit dem Gegenbegriff
der zum Leuchten zu bringen.                                   der „Antipathie“ und über eine spätlateinische com-
Am Anfang steht hier das neuerdings in Misskredit              passio in den Lehnübersetzungen des „Mitleids“ und
gekommene leidenschaftliche „Pathos“. Ein Politiker,           der „Mitleidenschaft“. Wo wir heute von psycho-
der sich im Wahlkampf zu hohem Pathos versteigt,               somatischen Krankheitserscheinungen sprechen,
erregt damit heute eher Antipathie als Sympathie. Das          spricht die antike Medizin von einer sympátheia der
Misstrauen gegenüber den rhetorischen Künsten hat              Art, dass Seele und Körper einander wechselseitig in
alles Pathetische, das „echte“ wie das „falsche“ Pa-           „Mitleidenschaft“ ziehen.
thos, in Mitleidenschaft gezogen, und mit all dem sind         Und wo wir heute von Resonanz, wortwörtlich „Wi-
wir unversehens mitten in diese griechisch-lateinisch-         derhall“, sprechen, spricht die antike Physik von einer
deutsche Wortgeschichte hineingeraten.                         sympátheia in dem Sinne, dass klingende Saiten oder
Das griechische Verb pás-chein oder patheín, im                Bronzen einander wechselseitig „mitschwingen, mit-
Schulvokabular „leiden“, bedeutet allgemein „eine              klingen“ lassen.
Einwirkung erfahren, erleiden“, das páthos bezeichnet          So verstanden, präsentiert sich die menschliche
allgemein eine solche „Einwirkung“, etwa einen Sin-            „Sympathie“, gewiss das sympathischste Mitglied
neseindruck, besonders ein „Erleiden“ und eine                 dieser ganzen Wortfamilie, als eine seelische Gleich-
„Krankheit“ – daher die „Pathologie“ –, und schliess-          gestimmtheit, in der zwei Menschen wie jene in den
lich einen starken Affekt. Liebe und Hass, Zorn und            wechselnden Winden bewegten, erregten Segel in
Furcht verstand die Antike nicht als Regungen, die in          schönem Einklang jeweils Mit-Liebe und Mit-Hass,
uns aufkommen, sondern umgekehrt als Gewalten,                 Mit-Zorn und Mit-Furcht, Mit-Freude und Mit-Leiden
die uns von außen überkommen.                                  empfinden. Was bedeutet dagegen selbst eine „volle
Wie im Mythos der geflügelte Eros oder Amor mit                Sympathie“ für diese oder jene Person oder Sache?
seinen Pfeilen, so zeugt in der Sprache dieses griechi-        Was ist dagegen, wie wir sagen, eine „sympathische
sche páthos von dem „Erleiden“ eines Affekts; das              Person“ oder eine „sympathische Geste“? In einem so
lateinische Fachwort „Affekt“ bezeichnet buchstäblich          saloppen wie präzisen Bild können wir heute erklären,
etwas derart uns „Angetanes“.                                  zwei Menschen hätten „die gleiche Wellenlänge“. Da
Neben dem griechischen pás-chein steht das sprach-             scheinen Antike und Gegenwart, die alten und die
verwandte lateinische pati, „erleiden, erdulden“, das          neuen Sprachen einander selbst in einer gleichge-
im „Patienten“ und in der „Patience“ fortlebt, neben           stimmten „Sympathie“ auf der gleichen Wellenlänge
                                                               zu begegnen.
                                                          19
Sie können auch lesen