Erste Tagung der "Academia Didactica Athesina" - Schule.at
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Nummer 4/2017 Herausgegeben von der Sodalitas November 2017 Erste Tagung der „Academia Didactica Athesina“ Aus der Idee von Koll. Rainer Weißengruber, in dessen Brust bekannter Maßen ein (ober-)österreichisches und ein italienisches Herz schlagen, italienische und österreichische Lehrer zu einem Erfahrungsaustausch zusammenzuführen, wurde Realität. Nach einer Auftaktveranstaltung in Cividale del Friuli organisierte er, unterstützt von Mag. Peter Glatz, dem AG-Leiter von Oberösterreich, von 17.11.-19.11. in Bozen eine Didaktiktagung. Nicht ohne Grund wählte er Bozen, das Zentrum der Europaregion Tirol-Südtirol/Alto Adige-Trentino, als Tagungsort, bietet die Stadt sich doch wegen ihrer Zweisprachigkeit als Brücke zwischen dem deutschen und dem italienischen Sprachraum an. Die Tagung fand in den Räumlichkeiten der beiden führenden Gymnasien Bozens, des Walter von der Vogelweide und des Carducci, statt. Schülerinnen und Schüler des Walter von der Vogelweide-Gymnasiums untermalten die Veranstaltung mit beeindruckenden Gesangseinlagen. Der Vormittag des 18.11., der im Zeichen Impression aus Trient des österreichischen Lehrplans, der Richtlinien zur Gestaltung von Schularbeiten, des Consensus, und der neuen Reifeprüfung stand, beeindruckte die Kolleg/-innen aus Italien und verschreckte sie gleichzeitig ob des „österreichischen Reglemen- tierungwahns“. In den Pausen hatten die italienischen Kolleg/-innen die Gelegenheit, im Rahmen einer kleinen Schulbuchausstellung das Angebot des VERITAS- und des HPT-Verlags kennen zu lernen. Am Nachmittag referierten Eva Cescutti und Raffaele Mannarini über die zentral erstellte Reifeprüfung aus Latein und Griechisch in Italien, die wiederum die Österreicher/-innen qua ihrer Unberechenbarkeit und des Mangels an jedweden Kommentaren und Hintergrundinformationen schockierte. Koll. Giovanni Ghiselli aus Bologna berichtete von durchaus auch in Österreich bekannten Freuden und Problemen des Unterrichts in den Klassischen Sprachen, Koll. Andrea Del Ponte aus Genua gelang es, dem internationalen Publikum anhand der Herausforderungen in der Wortschatzarbeit bewusst zu machen, dass unser aller Unterricht nur dann Die Direktorinnen des Walter von der Vogelweide- und des Pratti- erfolgreich sein kann, wenn wir einem fervore didattico latino inspiriert agieren. Gymnasiums beim Betrachten einer Das Rahmenprogramm (ein gemütliches coming together in einem urigen Gasthof Petracra-Gesamtausgabe aus dem Schulbesitz auf 900 m Seehöhe in Völs am Schlern, gemeinsame Fahrten im Linienbus nach Bozen, Törggelen und die Besichtigung des eindrucksvollen Liceo classico Pratti in Trient) trug das Seine dazu bei, das wichtigste Ziel der Tagung, österreichische und italienische Lateinlehrer/-innen ins Gespräch zu bringen, zu erreichen. Es bleibt zu hoffen, dass Kolleg/-innen aus beiden Ländern auch in den nächsten Jahren dieses großartige Angebot wahrnehmen.
Neuigkeiten Stichwort NOST Mit Hilfe von deren Rückmeldungen soll das Konzept Wie bereits mitgeteilt, hat die Arbeitsgruppe Lehrplan dann bei Bedarf adaptiert werden. ein Konzept dafür erstellt, die wesentlichen Bereiche Im Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung im neuen, semestrierten Lehrplan zu definieren. findet sich folgender Punkt zum Thema NOST: Dabei lag es nahe, von den einzelnen Lehrplan- Erweiterung der Übergangsfristen für die Umstellung modulen als thematische Einheiten auszugehen und auf die „Neue Oberstufe“ (NOST), um eine innerhalb jedes Moduls die im Lehrplan als für das ausführliche Evaluierung der bestehenden Versuche zu Fach Latein relevant ausgewiesenen Kompetenz- ermöglichen“. bereiche „Übersetzung“ und „Interpretation“ als 2. Lateintag an der Universität Graz wesentliche Bereiche auszuweisen. In der Lektüre- Nach der erfreulichen Resonanz des letzten Jahres phase wären es also jeweils vier Kompetenzbereiche fand am 13.10. der zweite Grazer Lateintag mit pro Semester, die von den Schüler/-innen alle erweitertem Programm statt. Zunächst gab es zwei überwiegend positiv absolviert werden müssten. allgemein einführende Vorträge für Lehrer/-innen und Sollte das nicht gelingen, müssten die Defizite über Schüler/-innen zum Thema Fabel von Prof. Ursula Sokrates im Beiblatt des Semesterzeugnisses des Gärtner und Prof. Niklas Holzberg, die die jeweiligen Schülers/ der jeweiligen Schülerin vermerkt Anwesenden ob der interessanten Fragestellungen werden. Dort erscheint zwar nur der Wortlaut des und der charismatischen Performance begeisterten. semestrierten Teils des Lehrplans, auf der Basis des Anschließend teilte sich das Programm, für Lehrer/- „CONSENSUS“ können aber detailliertere Explika- innen wurden Informationen der SODALITAS tionen der notwendigen Kompetenzen als Richtlinie angeboten, Schüler/-innen konnten an Schnupper- für die Leistungsfeststellung leicht erstellt werden; seminaren teilnehmen, um zu sehen, wie antike Texte Hilfestellungen der Arbeitsgruppe wurden erarbeitet an der Uni bearbeitet werden. und liegen ebenfalls vor. Erstmals fand unter der Ägide von Prof. Eveline Das Ministerium wünscht, dass sich vor allem die Krummen eine Griechisch-Akademie statt, die sich – Fachschaften an den einzelnen Schulen gemeinsam passend zum Thema Fabel – an Schüler/-innen bemühen, einen probaten Weg zu erarbeiten, um die richtete, die Griechisch bereits an der Schule lernen neuen Herausforderungen in den Bereichen Leis- oder dafür Interesse haben. tungsfeststellung und Leistungsbeurteilung zu bewäl- 4. Fachdidaktiktagung in Innsbruck tigen. Nach Wien, Salzburg und Graz ist nun die Universität Die Kompetenzprogression in den einzelnen Semes- Innsbruck an der Reihe, eine Fachdidaktiktagung tern ergibt sich in den Klassischen Sprachen durch die auszurichten. Lehrplaninhalte, die qua zunehmender Komplexität in Erfreulicherweise haben sich Fachdidaktiktagungen im Form und Inhalt immer höhere Anforderungen an Bewusstsein der Kollegenschaft gut etabliert und Übersetzungs- und Interpretationskompetenz der erfreuen sich wachsenden Zuspruchs. Mittlerweile ist Lernenden stellen. Z.B. stellen in L6 die narrativen es communis opinio, dass die fachdidaktische Texte der 5. Klasse weniger Herausforderung an Forschung den Student/-innen und den aktiven Übersetzungs- und Interpretationskompetenz als die Lehrpersonen wichtige Hilfestellungen für die Sprache der Dichtung im ersten Semester der 6. Unterrichtsarbeit zu bieten imstande ist und dass Klasse und die Sprache der Rhetorik im 2. Semester Fachkompetenz allein nicht genügt, um junge der 6. Klasse ist gegenüber der Dichtersprache Menschen für die Klassischen Sprachen zu begeistern. syntaktisch deutlich anspruchsvoller. In diesem Sinne würde es uns alle sehr freuen, wenn Die NOST wird im heurigen Schuljahr an den wieder viele Kolleg/-innen die Einladung der Uni Pilotschulen, die ja heuer mit ihren 6. Klassen Innsbruck annehmen würden. tatsächlich in die Semestrierung einsteigen, erprobt. 2
Beispiele für den Vorschlag der Arbeitsgruppe Lehrplan – wesentlichen Bereiche 6. Klasse L4 Lehrplan – 6. Klasse – 1. Semester – Ko mpetenzmodul 3 WESENTLICHER BEREICH Kenntnisse der lateinischen Morphologie (zB Verb: Partizipia; Konjunktiv aktiv und Übersetzungskompetenz passiv, nd-Formen) und Syntax (zB satzwertige Konstruktionen, konjunktivische Haupt- und Gliedsätze) und der Wortbildungslehre erweitern und vertiefen den Basiswortschatz ausbauen und festigen und den Umgang mit dem Wörterbuch erlernen WESENTLICHER BEREICH vertiefte Einsichten in die antike Kultur und ihr Fortwirken gewinnen Interpretationskompetenz L4 Lehrplan – 6. Klasse – 2. Semester – Ko mpetenzmodul 4 WESENTLICHER BEREICH Kenntnisse der lateinischen Morphologie (zB Verb: Partizipia; Konjunktiv aktiv und Übersetzungskompetenz passiv, nd-Formen) und Syntax (zB satzwertige Konstruktionen, konjunktivische Haupt- und Gliedsätze) und der Wortbildungslehre erweitern und vertiefen WESENTLICHER BEREICH ab dem Beginn der Lektürephase die Kenntnisse der Morphologie und Syntax nach Übersetzungskompetenz den Erfordernissen der Textsorte vertiefen und erweitern die effiziente Benutzung des Wörterbuchs trainieren WESENTLICHER BEREICH Schlüsseltexte aus der europäischen Geistes- und Kulturgeschichte Interpretationskompetenz anhand von Beschreibungen nichteuropäischer Lebensformen eigene Standpunkte reflektieren und Toleranz für das Anders-Denken und Anders-Sein entwickeln Verständnis gewinnen für den Einfluss der Romanisierung auf die Regionen Europas unter Berücksichtigung der Austria Latina anhand von einfachen Texten aus Bibel und Hagiographischen Texten das Christentum als prägende Kraft Europas kennen lernen L6 Lehrplan – 6. Klasse – 1. Semester – Ko mpetenzmodul 3 WESENTLICHER BEREICH Der Mythos und seine Wirkung Übersetzungskompetenz den antiken Mythos in seiner bildhaften Darstellung menschlichen Daseins und seinem Versuch einer Welterklärung begreifen WESENTLICHER BEREICH Eros und Amor Übersetzungskompetenz mit dem facettenreichen Phänomen Liebe in unterschiedlicher literarischer Darstellung vertraut werden WESENTLICHER BEREICH Der Mythos und seine Wirkung Interpretationskompetenz - den antiken Mythos in seiner bildhaften Darstellung menschlichen Daseins und seinem Versuch einer Welterklärung begreifen seine vielfältige Wirkung in allen Bereichen der Kunst bis hin zum persönlichen Umfeld verstehen WESENTLICHER BEREICH Eros und Amor Interpretationskompetenz erleben, wie ein lyrisches Ich seine Empfindungen ausdrückt sich in der Auseinandersetzung mit Leid und Leidenschaft großer Liebender über die Bedeutung von Liebe und Partnerschaft für das eigene Leben bewusst werden 3
Einladung zur 4. Österreichischen Tagung zur Didaktik der alten Sprachen Forschung und Praxis im Dialog Innsbruck 2. 3. – 3. 3. 2018 Absicht und Ziel der Tagung: Ziel der jährlich an einem anderen österreichischen Universitätsstandort stattfindenden Tagung ist es, die Fachdidaktiken der Einzeluniversitäten untereinander zu vernetzen, Impulse für die (interuniversitäre) Forschung zu setzen, eine Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zu bieten und interessierten Kolleg/- innen Einblick in die universitäre Arbeit und die aktuellen Forschungsschwerpunkte zu geben. Beginn: Freitag, 2. 3. 2018, 14:00 Uhr Ende: Samstag, 3. 3. 2018, 13:00 Uhr Tagungsort: Zentrum für Alte Kulturen, Langer Weg 11, 6020 Innsbruck Um die Tagung besser planen zu können, werden Anmeldungen (durch informelles Mail) an stefanie.steixner@uibk.ac.at erbeten.1 Bitte geben Sie bei der Anmeldung auch bekannt, ob Sie an einem der beiden Angebote des optionalen Nachmittagsprogramms teilnehmen wollen. Wir freuen uns auf Ihr Kommen Martin Bauer, Werner Walder und Simon Zuenelli VORLÄUFIGES PROGRAMM Freitag, 2. 3. 2018 14:00: Coming together 14:30–14:45: Grußworte des Vizerektors für Lehre sowie der Dekane 14:45–15:30: Margot Geelhaar (Salzburg): Richard Meister vs. Otto Glöckel. Die Verankerung der „humanistischen Bildungsidee“ im Gymnasiallehrplan des Jahres 1928 15:30–16:15: Wolfgang Kofler (Innsbruck): Latein und Griechisch zwischen Schule und Universität: Plädoyer für einen weiten Professionsbegriff 1 Für Tiroler und Südtiroler Lehrer/-innen genügt die Anmeldung an der PHT bzw. beim Deutschen Bildungsressort im Rahmen des landesweiten Fortbildungsprogramms. Nur für das optionale Nachmittagsprogramm bitten wir um eine kurze Benachrichti- gung, um die Nachfrage abschätzen zu können. 4
Kaffeepause 16:45–17:30: Eva Cescutti/Christoph Röck (Bozen): „Latein und Griechisch ohne Korsett? Möglichkeiten und Wirklichkeit des altsprachlichen Unterrichts an Südtiroler Gymnasien“ 17:30–18:15: Nina Aringer (Wien): Ergebnisse der Post-Test-Analyse zu den Performanzen der standardisierten schriftlichen Reifeprüfung im Haupttermin 2017 (L4) 18:30–19:30: Öffentlicher Abendvortrag: Monika Vogel (Wuppertal): Thema wird noch bekanntgegeben Buffet Samstag, 3. 3. 2018 09:00–09:45: Manuela Kriegl (Graz/Judenburg): Artes versus Medias In Res - Ein Vergleich didaktischer Zugänge und daraus resultierender Fitness beim Einstieg in die Lektüre 09:45–10:30: Andrea Beyer (Berlin): Anspruch und Wirklichkeit in lateinischen Lehrbuchtexten 10:30–11:15: Gabriela Kompatscher (Innsbruck): Literary Animal Studies und Lateinunterricht Kaffeepause 11:45–12:45: Schlussvortrag: Barbara Hinger (Innsbruck): Von Viëtor und IMoF: Latein als Modell, Bezugsbasis, Kooperationspartner oder Hindernis? 12:45–13:00: Schlussdiskussion Mittagspause 14:30–15:30: Optionales Nachmittagsprogramm (bitte den Teilnahmewunsch bei der Anmeldung bekanntgeben!): a) Führung durch die Sammlung stadtrömischer Inschriften am Zentrum für Alte Kulturen (Helmut Ber- neder, Michael Sporer, Hermann Niedermayr) oder b) Führung durch das Archäologische Museum am Zentrum für Alte Kulturen (Florian M. Müller) Athene vor dem Parlament im Original, auf einer Briefmarke (1993) und in der Karikatur (Kleine Zeitung) mitgeteilt von W. J. Pietsch 5
Lukas Spielhofer Fabula docet – Wer will schon saure Trauben? Grazer Repositorium antiker Fabeln (GRaF) Wer will schon saure Trauben? Grazer Repositorium antiker Fabeln (GRaF)“ Fabeln als literarische Texte untersucht werden. Behandelt werden dabei Fabeln antiker Fabeldichter, beispielsweise Phaedrus, Aesop, Babrios oder Avian. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit mehreren steirischen Gymnasien (Bischöfliches Gymnasium, Graz, Akademisches Gymnasium Graz, BRG Petersgasse, Graz, BG Rein) und einer deutschen Schule, um nach den Grundsätzen der Förderreihe „Sparkling Science“ des BMWFW, die das Projekt unterstützt, Schule und Wissenschaft zu verbinden und so Schülerinnen und Schülern einerseits Einblicke in den modernen wissenschaftlichen Umgang mit antiken Texten zu gewähren und andererseits in Kooperation mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern neue und innovative Ansätze zur Interpretation antiker Literatur zu entdecken. Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen in die Erstellung einer digitalen Lernplattform, des Grazer Reposi- Wolf und Lamm, Adler und Fuchs, Frosch und Rind. toriums antiker Fabeln, einfließen, die Impulse und Wer von uns kennt sie nicht, die abwechslungsreichen Anregungen zur Beschäftigung mit antiker Tiergeschichten, die auf spielerische Weise Unter- Fabeldichtung schaffen und Schülerinnen und haltung und moralische Erziehung miteinander Schülern, Studierenden sowie Lehrerinnen und verbinden und daher von der Antike bis in die heutige Lehrern eine Vielzahl an Möglichkeiten und Ange- Zeit fester Bestandteil des Schulunterrichts sind? Doch boten rund um das Thema antike Fabel bieten soll. als Objekt der wissenschaftlichen Forschung wurden diese Texte lange Zeit vernachlässigt. Weitere Infos zum Projekt unter: Ein engagiertes Team der Uni Graz will dies ändern: https://klassische-philologie.uni-graz.at/de/projekt- Unter der Leitung von Frau Univ.-Prof. Dr. Ursula graf/ Gärtner sollen im Forschungsprojekt „Fabula docet – https://www.sparklingscience.at Grazer Repositorium antiker Fabeln (GRaF) Ein Sparkling Science Projekt Univ.-Prof. Dr.phil. Ursula Gärtner Karl-Franzens-Universität Graz Institut für Klassische Philologie Universitätsplatz 3/II, 8010 Graz +43 (0)316 380 – 2432 ursula.gaertner@uni-graz.at 6
Anna Philina Burmester / Matthias Korn Vom Landesteller Gedanken zur länderverbindenden Zusammenarbeit Österreich-Deutschland Die Neufassung der Reifeprüfung in den klassischen Vergleich zum neusprachlichen Unterricht. Auf Sprachen in Österreich hat der fachdidaktischen diesem Feld ist das Stadium der Innensicht noch Diskussion in Deutschland seit 2015 wertvolle Impulse lange nicht überwunden, das die Geltung der klas- gegeben. Spätestens seit der Vorstellung und sischen Sprachen in gesellschaftlicher Sicht aber intensiven Diskussion bei der Fachtagung ‚Perspek- infolge der Heterogenität der gegebenen Antwor- tiven II‘ am 19./20. November 2015 in Dresden haben ten schwächt – wie gesagt: nur scheinbar un- sich die deutschen Bildungsadministrationen und scheinbar. Fachdidaktiker*innen intensiv mit den Vorzügen Österreichische und deutsche Fachdidaktiker*innen beschäftigen können, die die SKRP im Vergleich zu den arbeiten auf den genannten Feldern zunehmend verschiedenen Abiturprüfungsformaten der deut- zusammen und nutzen die Synergieeffekte ihrer schen Länder in den klassischen Sprachen aufweist. Erfahrungen und Visionen, z. B. bei den Fachdidaktik- Zudem sorgten einschlägige Veröffentlichungen für tagungen in Salzburg (2016), Graz (2017) und die verdiente Publizität im gesamten deutsch- hoffentlich auch in Innsbruck (2018) sowie mit sprachigen Raum.1 Unterstützung der SODALITAS und der Bundesländer- Doch es ist weitaus mehr als dieses Thema, was AGen bzw. der Landesverbände im Deutschen österreichische und deutsche Fachdidaktiker*innen Altphilologenverband beim Austauschen von seit ca. fünf Jahren zunehmend zum gemeinsamen Referent*innen in beide Richtungen bei Fachtagungen Wirken im Interesse von Kind und Fach zusammen- und Universitätsveranstaltungen, die auf die führt: Bedürfnisse und Erwartungen von Lehrer*innen und Die Ausgangslage ist auf beiden Seiten die des Lateinstudierenden zugeschnitten sind. Schülerrückgangs und der ständig drohenden wei- Die beiden zuletzt genannten Zielgruppen sind teren Kürzung von Fachunterrichtsstunden; diejenigen, die hier in erster Linie die Nutznießer der zudem haben beide Seiten Handlungsbedarf auf länderverbindenden Zusammenarbeit sein können. den gleichen Feldern, z.B. Lexik, Wortschatzarbeit, Denn die oben genannten Handlungsfelder sind ja bei Lehrplan und Lektürekanon, Formen der Leis- weitem nicht alle. Die Schulfremdsprache Latein hat tungserhebung und fachspezifische Methoden; durchaus noch weitere Potenziale, denen wir künftig und schließlich eine Frage, die ganz unscheinbar sowohl in Österreich als auch in Deutschland unsere daherkommt, tatsächlich aber im Interesse der Aufmerksamkeit zuwenden müssen, wenn wir unser Außenwirkung des Faches eigentlich am drin- Fach weiterentwickeln wollen. In erster Linie sind gendsten der Klärung bedarf, nämlich die Frage hierbei zu nennen nach dem Wert des altsprachlichen Unterrichts im die unterrichtliche Implementierung von Metho- den zur Dokumentation von Textverstehen dies- 1 Korn, Matthias: Die neue schriftliche Reifeprüfung (Matu- seits der Rekodierung, die zu einer ganzheitlichen ra) in den alten Sprachen in Österreich, in: Kuhlmann, Pe- Erarbeitung der wertvollen literarischen Texte zu ter: Perspektiven für den Lateinunterricht II. Ergebnisse der Dresdner Tagung vom 19./20.11.2015, S. 44ff.; Lošek, Fried- führen vermag, ohne das Schreckgespenst einer rich / Seitz, Martin: Die mündliche Reifeprüfung (Matura) in Monokultur der Rekodierung zu wecken; 2 den klassischen Sprachen in Österreich, a.a.O., S. 50ff.; Lošek, Friedrich / Niedermayr, Hermann: Die standardisier- 2 te kompetenzorientierte schriftliche Reifeprüfung in Öster- Hier könnten deutsche Lehrer*innen und Lateinstudie- reich. In: AU 4+5 (2017) 98ff. rende viel von der österreichischen Praxis profitieren, weil 7
die Implementierung von Latein auch im Unter- hospitieren. Dabei konnte sie zusätzlich zu den richt von nichtgymnasialen Formen, gepaart mit theoretischen Aspekten der lateinischen Fachdidaktik, neuen Curricula. Sie würde gleichermaßen der Er- die in der Universität gelehrt wurden, einen höhung von Bildungsgerechtigkeit wie auch der umfassenden Einblick in die österreichische Praxis des konzeptuellen Weiterentwicklung des Fachs die- Lateinunterrichts gewinnen. Sie lernte andere nen.1 Lehrmittel, Unterrichtsmethoden, Möglichkeiten der Diese beiden genannten Punkte standen im Zentrum Leistungsfeststellung und -bewertung, den Lehrplan des Diskurses der Fachtagung ‚Perspektiven des der Sekundarstufen I und II sowie die standardisierte Lateinunterrichts III‘, zu der am 30.11./1.12.2017 kompetenzorientierte schriftliche Reifeprüfung vornehmlich Vertreter*innen der Bildungsadmini- kennen. Auch außerhalb des Unterrichts konnte sie strationen und der universitären Fachdidaktik in Erfahrungen sammeln z.B. im Rahmen einer Mainz zusammentrafen. Von diesem Diskurs gingen Italienexkursion mit österreichischen Schüler*innen wirklich gute und Mut machende Vorzeichen für eine und Lehrer*innen. zielführende Weiterentwicklung des Lateinunterrichts Des Weiteren war die Möglichkeit gegeben, im Laufe aus.2 Von daher ist es bedauerlich, dass nur wenige des Semesters an akademischen Veranstaltungen mit Teilnehmer*innen aus Österreich ihren Weg zu dieser fachdidaktischem Schwerpunkt teilzunehmen und sich ausdrücklich dem gesamten deutschsprachigen Raum außerhalb der universitären Pflichtveranstaltungen geöffneten Fachtagung fanden. fortzubilden. Mitte Oktober 2016 fand der 1. Grazer Doch lassen Sie uns nicht zurück-, sondern nach vorn Lateintag statt. Dieser wurde, nach dem Vorbild der schauen und abschließend einen Blick auf ein Beispiel Potsdamer Lateintage konzipiert, in Graz eingeführt: für die in diesem Artikel bereits mehrfach ange- Schüler*innen erhalten in Schnupperseminaren sprochene Synergie werfen, das geeignet ist, für die Einblick in das wissenschaftliche Arbeiten mit antiken österreichisch-deutsche Zusammenarbeit auf dem Texten und Lehrer*innen bekommen Fortbildungs- Feld der klassischen Sprachen zum Nutzen von Kind angebote zu aktuellen Themen der Klassischen und Fach und unter Berücksichtigung der kommenden Philologie. Kurz vor Ende des viel zu kurzen Lehrer*innengeneration zu stehen. Aufenthalts in Österreich fand am 3./4. März 2017 die Eine Dresdner Lateinstudierende, Anna Philina 3. Fachdidaktik Tagung in Graz statt. Deren Programm Burmester, nutzte die Möglichkeiten des Erasmus+- zeichnete sich durch eine gelungene Mischung von Programms, um ein Semester an der Karl-Franzens- Beiträgen aus Österreich und Deutschland aus, die Universität in Graz zu verbringen. Über die Teilnahme sowohl Erfahrungen thematisierten als auch in die an universitären Lehrveranstaltungen hinaus konnte Zukunft wiesen. sie aufgrund der freundlichen und äußerst Die länderverbindende Zusammenarbeit, die hilfsbereiten Aufnahme von Beginn ihrer Zeit in Österreich und Deutschland auf dem Feld der Österreich an semesterbegleitend in verschiedenen klassischen Sprachen pflegen, sollte künftig auch auf Grazer und im Grazer Umland liegenden Schulen das Feld des Studiums ausgedehnt werden. Neue fachdidaktische Erkenntnisse betreffen nämlich nie die genannten, zur Rekodierung alternativen Aufgabenty- lediglich das eigene Land, sondern die Kultur der pen im Dienste der Dokumentation des Textverstehens zum Fachdidaktik im Allgemeinen. Man kann mithilfe eines Instrumentarium der Interpretationsaufgabe der SKRP und Blicks über den (Landes)Tellerrand von den erprobten damit natürlich auch zum unterrichtlichen Vorlauf gehören. 1 Hier könnten österreichische Lehrer*innen und Lateinstu- Stärken des Anderen lernen, um die eigenen dierende von den deutschen Erfahrungen profitieren, die Schwächen zu kompensieren. So ist z.B. die Gefahr seit über dreißig Jahren an Gesamt- oder Gemeinschafts- der Monokultur der Rekodierung eine typische schulen (mit drei Anforderungsebenen) und seit kurzem Schwäche des Unterrichts in den klassischen Sprachen auch an Schulen ohne gymnasiales Anforderungsniveau, also für Absolventen des Haupt- und Realschulbildungsgan- in Deutschland. In Österreich dagegen bietet der ges gemacht wurden bzw. werden. Interpretationsteil der SKRP und der zur Matura 2 Ein ausführlicher Bericht dazu ist von Martin Seitz im führende Unterricht ausgehend vom Standardwerk nächsten CIRCULARE zu erwarten. 8
Texterschließung seit 2011 eine Fülle von Typologie alternativer Lernaufgaben entwickelt. So Lernaufgaben alternativ zur Rekodierung. Daher wird die Masterarbeit zum Beispiel dafür, wie die verwundert es nicht, dass die mit österreichischen länderverbindende Zusammenarbeit Österreich- Erfahrungen gewappnete Dresdner Studierende zu Deutschland auf dem Gebiet der Fachdidaktik der diesem Thema ihre Masterarbeit verfasst. Darin klassischen Sprachen zum Erfolgsmodell werden kann. werden die in Folge der Länderhoheit verschiedenen Lateinlehrpläne Deutschlands und der Lateinlehrplan Anna Philina Burmester, Wundtstraße 3, D-01217 Österreichs anhand eines selbstentwickelten Rasters Dresden, apburmester@web.de analysiert und verglichen. So soll nachgewiesen Dr. Matthias Korn, Universität Leipzig, werden, dass die Monokultur der Rekodierung Sprachenzentrum, Postfach 100920, D-04009 Leipzig, curricular unzulässig ist. Im Gegenzug wird eine matthias.korn@uni- leipzig.de Höhlengleichnis, Thomas Wizany, SN, 30.11.17 (Irr-)Wege, Thomas Wizany, SN, 20.10.17 Nouvelle Cuisine, Standard, 24.10.17 Mahlzeit, Pismestrovic, Kleine Zeitung 29.11.2017 Thomas Wizany, 16.11.2017, Europa surft Entfesslungskünstler gesucht (Cicero) 9
Renate Oswald Informelle Kompetenzmessung in den klassischen Sprachen Da die klassischen Sprachen nicht zu den Fächern „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie gehören, die durch die Bildungsstandards eine erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fer- zyklische Rückmeldung über den Leistungsstandard tigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, einer Klasse/Gruppe, aber auch für den einzelnen sowie die damit verbundenen motivationalen Lernenden ermöglichen, wurde für Latein eine Form und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösung in variablen Situationen der „Informellen Kompetenzmessung“ erarbeitet, die erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu allen Interessierten einen niederschwelligen Zugang zu können.“3 diesem Testformat und damit ein unmittelbares Gleichzeitig wurde am BIFIE im Auftrag des Feedback auf den (individuellen) Leistungsstand sowie Ministeriums ein Instrumentarium zur Durchführung ggf. notwendige Reaktionen auf diesen im Unterricht regelmäßiger Überprüfungen entwickelt, aus denen ermöglicht. umfassende und valide Ergebnisse über den Bildungsstandards im österreichischen Schulsystem Kompetenzstand der Lernenden abgeleitet werden Im Rahmen der Bemühungen, Lernprozesse an können. denselben Schultypen möglichst zu vereinheitlichen, Diese zentral erstellten und periodisch durchge- allen Schüler/-innen grundsätzliche Kompetenzen zu führten Standardüberprüfungen in der 4. bzw. und 8. vermitteln und deren Vorhandensein verbindlich zu Schulstufe dienen den Schulen und den Lehrkräften in überprüfen, wurden in Österreich Bildungsstandards, erster Linie dazu, die gewonnenen Erkenntnisse für d.h. Ergebnisorientierung, nachhaltigen Kompe- die Schul- und Unterrichtsentwicklung nutzbar zu tenzenaufbau und gezielte individuelle Förderung als machen. Schülerinnen und Schüler können ihre verpflichtende Unterrichtsprinzipien im SchUG Ergebnisse zwar über einen Code 7–8 Monate nach verankert.1 Nach dem Vorbild anderer EU-Länder der Überprüfung einsehen, aber die Erfahrung lehrt, wurden Bildungsstandards für die Fächer Deutsch, dass nur wenige von diesem Angebot Gebrauch Englisch und Mathematik definiert, also „konkret machen, was in Anbetracht des langen Intervalls formulierte Lernergebnisse, die sich aus den zwischen Testung und Rückmeldung nicht überrascht. Lehrplänen ableiten lassen. Sie legen jene Auch die Ergebnisse der einzelnen Schulen sind nicht Kompetenzen fest, die Schüler/innen bis zum Ende der 1 zu 1 zugänglich. Die Schulleitung bekommt eine 4. Schulstufe in Deutsch und Mathematik sowie bis Gesamtschau, deren Ergebnisse4 im „fairen zum Ende der 8. Schulstufe in Deutsch, Mathematik Vergleich“5 gewichtet sind. Klassenlehrer/-innen wird und Englisch nachhaltig erworben haben sollen. Dabei handelt es sich um Fähigkeiten, Fertigkeiten und 3 Weinert, Franz E. (2001) Vergleichende Leistungsmessung Haltungen, die für die weitere schulische und in Schulen – Eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In: berufliche Bildung von zentraler Bedeutung sind.“2 Weinert, Franz E. (Hg.): Leistungsmessungen in Schulen. Auch eine Definition des Kompetenzbegriffs wurde Weinheim u. Basel: Beltz, S. 27 f. 4 Zur Auswertung vgl. n Breit, Simone, Schreiner, Claudia vorgegeben, hier folgte das Ministerium der Definition (Hrsg.). (2016).Large-Scale Assessment mit R. Methodische von Franz Weinert. Ihm zufolge sind Kompetenzen: Grundlagen der österreichischen Bildungsstandardüberprü- fungen. Wien: facultas, S. 333–362. 1 5 vgl. § 17 SchUG und , die Verordnung zu den Bildungs- U.a. werden die Erwartungen, die man an eine Schulklasse standards (BGBl. II Nr. 1/2009) und ihre Novelle (BGBl. II Nr. in Bezug auf ihr getestetes Kompetenzniveau setzt, von 282/2011) Variablen wie der geographischen Lage der Schule, der 2 https://www.bifie.at/bildungsstandards Ausländer/-innenquote und der Geschlechterverteilung mitbestimmt. 10
nur das Gesamtergebnis ihrer Klasse zugänglich Kernbereichen eines Unterrichtsgegenstands gemacht. zugrunde liegen. Die Arbeitsgruppe kam schnell zum Ergebnis, dass es Parallel dazu wurde unter der Ägide des BIFIE ein nicht möglich ist, Kompetenztestungen für die freiwilliges Selbstevaluierungstool zur informellen Sekundarstufe 1 auf Basis des Lehrplans 2000 zu Kompetenztestung (IKM) geschaffen, das allen Schu- entwickeln. Dieser noch immer gültige Lehrplan ist len der Grund- und Sekundarstufe angeboten wird. nicht kompetenzorientiert, sondern er beschränkt sich Die IKM kann in der 3., 4. Klasse der Volksschule und auf die Auflistung von Grammatikphänomenen, teilt in der Sekundarstufe in der 6., 7. und 8. Schulstufe also nur mit, was gewusst werden soll, nicht aber was durchgeführt werden. So können sich die Lehrenden gekonnt werden muss, um lateinische Texte in die ein Bild von den aktuellen Kompetenzen ihrer Schü- Unterrichtssprache übersetzen zu können. Außerdem ler/innen als Gruppe und als Individuen machen, um ist er formal an die Erfordernisse der lebenden ihre Unterrichtsplanung und ihre Fördermaßnahmen Fremdsprachen angeglichen, was eine für die Praxis nach diesen Ergebnissen zu justieren. Für die Sekun- des Lateinunterrichts unangemessene Überbetonung darstufe 2 sind Aufgabenpakete für den Einsatz zu kommunikativer Elemente (wie z.B. das Begrüßen) Beginn der 9. Schulstufe im Sinne einer Eingangsmes- nach sich zieht. sung vorgesehen. So ergab es sich als erster Arbeitsschritt, die Vorgaben Eine IKM für den Lateinunterricht des Lehrplans in Kompetenzen, die mit den Wie auch andere Fachschaften, die nicht durch die Schülerinnen und Schülern erarbeitet und gefestigt Bildungs-Standard-Überprüfung erfasst werden, wie werden können, umzugießen. Diese sollten sich die Naturwissenschaften oder die 2. lebende inhaltlich und formal an den bereits vorhandenen Fremdsprache, ist die Fachschaft Latein / Griechisch Kompetenzbeschreibungen für das vierjährige und das an das Ministerium mit dem Wunsch herangetreten, sechsjährige Latein orientieren und eine tragfähige eine Arbeitsgruppe zur Erstellung von Materialien zur Basis zum Erwerb der dort dargestellten Kompetenzen informellen Kompetenzmessung zu installieren. Das Ministerium begrüßte dieses Anliegen und setzte eine Arbeitsgruppe bestehend aus Walter Dujmovits (Burgendland), Renate Glas (Kärnten), Friedrich Lošek (Niederösterreich), Renate Oswald (Steiermark), Harald Schwarz (Niederösterreich) und Wilma Widhalm-Kupfer-schmidt (Wien) ein. Im September 2012 wurde ein Arbeitspapier vorgelegt und die Projektdauer mit Dezember 2014 begrenzt. Als output waren eine Publikation zur informellen Kompetenzmessung in den Klassischen Sprachen und eine für mehrere Testungen ausreichende Menge von Heiko Sakurai, 15.11.2017 "Wie Italien früher die WM-Pleite Tasks für die Online-Plattform des Ministeriums bewältigt hätte" vorgesehen. bilden1. Ein erster Schritt – Grundkompetenzen – Kompetenzbeschreibungen Die Herausforderung bestand darin, zu definieren, was „das Wesentliche“ im Lateinunterricht der Den in den Bildungsstandards festgeschriebenen Unterstufe ist, also was von Schülerinnen und Kompetenzen muss naturgemäß ein aus dem Schülern überwiegend beherrscht werden muss, um jeweiligen Lehrplan abgeleitetes fachspezifisches mit Genügend beurteilt werden zu können, und um Kompetenzmodell mit den wesentlichen 1 https://www.srdp.at/downloads/ 11
gut gerüstet in die Lektürephase eintreten zu können. haben sollen. Sie konzentriert sich dabei auf die Intendiert wurde auch ein washback-Effekt auf die Kernbereiche des Unterrichtsfaches und Gestaltung neuer Lehr- und Übungsbücher. beschreibt die erwarteten Kenntnisse, Fähigkeiten Folgende Eckdaten beschreiben das Anliegen der neu und Fertigkeiten nach zwei Jahren erstellten Grundkompetenzen: Lateinunterricht als Basis für den kompetenz- orientierten Unterricht in der Oberstufe, der zur Bei Formenlehre und Syntax wurde der standardisierten kompetenzorientierten Reife- Schwerpunkt auf die Funktion der grammati- prüfung führen soll. Das definierte kalischen Phänomene, den Erwerb zumindest Leistungsniveau soll von der überwiegenden einer jeweils effektiven Übersetzungsstrategie Mehrheit der Schülerinnen und Schüler erreicht und eines Bewusstseins für die Struktur von werden. Sätzen gesetzt (z.B. Konnektoren, die ver- schiedenen Funktionen von Beistrichen, Nach ihrer Fertigstellung wurde diese Beschreibung Wortarten und ihre Funktion im Satz etc.). der Grundkompetenzen in den Medien der Großes Augenmerk wurde auf sprachliche SODALITAS, über die Arbeitsgemeinschaften der Phänomene gelegt, in denen sich das Lateini- Lateinlehrer/-innen und über die Schulaufsicht mit sche vom Deutschen unterscheidet (z.B. die dem Zusatz bekannt gemacht, dass sie als offizielle Funktion von Imperfekt und Perfekt, Konjunk- Ergänzung und Erläuterung zum Lehrplan tiv). herangezogen werden dürfen. Der zweite Schritt – die Entwicklung von Test-Tasks Die Arbeitsgruppe machte sich in einem zweiten Arbeitsschritt daran, Tools für eine informelle Kompetenztestung zu entwickeln, also ein Instrumentarium für Lehrkräfte, um am Ende der 7. Schulstufe und gegen Ende des Elementarunterrichts ein freiwillige Standortbestimmung über den Leistungsstand ihrer Klassen durchführen zu können. Oliver Schopf, der Standard, Lage der Union Diese IKM sollte auf einer Plattform des BIFIE online gestellt werden, den Lehrerinnen und Lehrern mittels Der Schwerpunkt in der Wortschatzarbeit eines Zugangscodes zugänglich gemacht und jedes wurde auf den Erwerb von Verständnis für die Jahr durch neue Tasks ergänzt werden. Auch die Polysemie des lateinischen Wortguts, Grund- Testung sollte online durchgeführt und ausgewertet lagenwissen zur Wortbildung und einen werden. Konkrete Rückmeldungen sollten an die Fremdwortschatz gelegt. Schüler/-innen über ihre eigenen Leistungen und an Auch Grundlagen zur Texterschließung, zum die Lehrkräfte über den Leistungsstand der Gruppe Gliedern, Sammeln von Wort- und Sachfel- ergehen. Parallel dazu sollte eine Publikation zur dern etc. und der Erwerb des zum Textver- Erläuterung von Sinn und Methode einer IKM ständnis notwendigen, realienkundlichen Hin- entstehen. tergrundwissens wurden unter die Grund- Nachdem die Plattform wegen eines Sicherheits- kompetenzen aufgenommen. problems deaktiviert worden war, musste sich die Die von der Arbeitsgruppe erstellte Kompetenz- Arbeitsgruppe damit zufrieden geben, dass die beschreibung für Latein legt somit ähnlich wie Testungen wie in Volksschulen in einer ausgedruckten Bildungsstandards fest, welche Kompetenzen Papierversion durchgeführt und von den Lehrkräften Schülerinnen und Schüler am Ende der 8. selbst ausgewertet werden. Auch der gut eingeführte Schulstufe im Fach Latein nachhaltig erworben Titel „Informelle Kompetenztestung“ musste 12
aufgegeben werden; die Arbeit an der Publikation Ergebnisse dieser Qualitäts-sicherungsmaßnahmen wurde eingestellt. waren ermutigend. Grundsätzliche Überlegungen für die Testung Die Aufgabenstellungen wurden in ihrer For- Aus einer Schnittmenge des Wortschatzes der in mulierung von den Klassen in ihrer Formulie- Österreich approbierten Grundkurs-Lehrbücher wurde rung verstanden. ein Basiswortschatz erstellt. Dieser Wortschatz war so Sie wurden in der vorgegebenen Zeit prob- gering, dass es von allem Anfang an nicht sinnvoll lemlos bewältigt. schien, bei der IKM auch Wortschatzkenntnisse zu Die Ergebnisse entsprachen sehr gut dem testen. Leistungsniveau der Klassen, niemand schei- Auch eine Testung zur Übersetzungskompetenz schien terte gänzlich an den Tasks. mit den vorhandenen Mitteln wenig zielführend, wohl Die Lehrer/-innen meldeten zurück, dass sie aber können aus der vorliegenden Testung größere Klarheit über den konkreten Leis- Rückschlüsse zum Textverständnis gezogen werden. tungsstand ihrer Klasse gewonnen hätten. Ein weiteres Problem ergab sich daraus, dass die Die Testung wurde auch von Lehrer/-innen an der gängigen Grundkursbücher sehr unterschiedliche Kurzform verwendet und erwies sich – mit kleinen Geschwindigkeit bei der Vermittlung wichtiger Einschränkungen – auch als tauglich für diese grammatikalischer Phänomene wählen. So mussten Zielgruppe. Tasks erstellt werden, die jedenfalls mit den im ersten Das fertige Produkt Lernjahr erworbenen Kompetenzen zu bewältigen sein sollten, einige Tasks für einen Zwischenbereich, Die fertigen Tasks wurden dem BIFIE übermittelt, dort der zwar in den einen Lehrbüchern schon abgedeckt gelayoutet und sukzessive online gestellt. Mittlerweile wird ist, in den anderen aber nicht, und Taskaufgaben sind die Aufgabenpakete ohne Zugangscode unter über den Stoff des 2. Lernjahres. Somit kann jede dem Titel „Selbsttest zum Unterrichtsertrag – Latein“ Lehrperson diejenigen Tasks, die sich auf noch nicht auf der Service-Site des Bundesministeriums für erarbeitete Kompetenzen beziehen, nach erfolgter Bildung1 unter Testung als Null-Resultat zählen. https://www.srdp.at/downloads/dl/selbsttest-zum- unterrichtsertrag-fuer-das-fach-latein/ zu finden. Die Taskaufgaben wurden durchwegs als geschlossene Formate gestaltet, in der Mehrzahl handelt es sich um Da sie nicht durch das Ministerium beworben werden Auswahlaufgaben. Für jede Arbeitsaufgabe wurde wie andere IKM-Testungen, ist es nach wie vor prognostiziert, wie viel Zeit zur Lösung benötigt wird, Aufgabe der Community, diese Testungen über die ihr jedem Testpaket wurde eine einleitende Gebrauchs- zur Verfügung stehenden Kanäle zu bewerben. anweisung und eine Lösung beigegeben. Zur Qualitätssicherung entwickelte die Arbeitsgruppe verschiedene Strategien. Mag. Anna Pinter begut- achtete die Tasks aus psychometrischer Sicht. In der Folge wurde eine Probetestung entwickelt, die erst an den Schulen der Mitglieder der Arbeitsgruppe und nach einer kleineren Justierung auch an interessierten Schulen im gesamten Bundesgebiet pilotiert wurde, um zu überprüfen, ob der Schwierigkeitsgrad angemessen, die Fragestellungen verständlich und die Zeitvorgaben realistisch sind. 32 Schulen beteiligten sich an dieser Pilotierung, dabei ergab sich zufällig eine gute Durchmischung von Schulstandorten. Die 1 https://www.srdp.at/schriftliche-pruefungen/latein- griechisch/allgemeine-informationen/ Heiko Sakurai, 13.11.2017, Auf in die Zielgerade 13
Renate Glas Latein in einer kunterbunten Kinderbücherwelt Latein und Bilderbücher? Latein und Kinderbücher? EGBERT WIRD ROT/EGBERT RUBESCIT ist ein werden so manche hinterfragen. Gibt es die Kindermalbuch. Wenn Egbert ausgelacht oder überhaupt? Einige sind schon auf dem Markt und geärgert wird, wird Egbert besonders rot. Wütend und einige werden noch folgen. rot. Was kann man da machen? Egbert hat einen Plan und eine abenteuerliche Idee... "Egbertus rubescit" ist Der Zufall führte mich in Amsterdam in ein einsprachig gratis online abzurufen unter: Buchgeschäft, dessen Name schon vielversprechend http://www.philippwinterberg.com/projekte/Egbert_ war: ATHENAEUM BOEKHANDEL. In der reichst Turns_Red_Latin.pdf ausgestatteten lateinisch und griechischen Abteilung Das E-Book kann ausgedruckt werden und mit 50+ gab es auch ein Regal, in dem zwei reizende anderen Sprachen kombiniert werden, siehe: Bilderbücher standen: MIFFA und MIFFA AD MARE, http://www.philippwinterberg.com/projekte/egbert_ beide von Dick Bruna. Seine bekannteste Figur ist wird_rot_sprachen.php Nijntje, in der deutschen und englischen Übersetzung „DA REIN, DA RAUS“ – „INTRAT HAC, EXIT ILLAC!“ ist Miffy, in der lateinischen Version MIFFA. Miffa ist ein die Geschichte des kleinen Jakob, der jegliche Kritik kleines Kaninchen, das allerlei kleine Abenteuer erlebt. Die Figur ist so beliebt, dass es in den Niederlanden sogar ein Nijntemuseum gibt (www.nijntjemuseum.nl). Mein Spüreifer war geweckt und so stieß ich auf den Philipp Winterberg Verlag (http://www.philippwinterberg.com). Sein Motto ist: Ein Weltkinder- buch für jedes Land der Erde. Das Bilderbuch „Bin ich klein?“ ist seit seinem Erscheinen in über 100 Spra- chen übersetzt worden. Im Mittel- punkt steht das Mädchen Tamia, das eine wunder- nicht an sich heranlässt. Zum Glück hat man ja zwei same Reise erlebt Ohren: Eins für rein und eins für raus. Auf eine Person und dabei entdeckt, dass Größe relativ und sie selbst aber hört Jakob… Der Link zum E-Book lautet: genau richtig ist. „EGO SUM PARVA?“ ist der Titel der https://www.amazon.de/dp/B00ZO503NK lateinischen Ausgabe. https://www.amazon.de/reader/1508934037)Printver sion https://www.amazon.de/dp/B00VSFT4RQ E-Book 14
Reinhard Kriechbaum Bukephalos in Salzburg (Drehpunktkultur, 3.10.17) […] Es geht also um ein Pferd. 355 bis 326 vor Christus. der Presseaussendung. Schweres Gerät wird also Das sind angeblich die Lebensdaten des Streit-Rosses demnächst auffahren, um das – wenigstens in Tonnen mit einer Verhaltens-auffälligkeit: Es fürchtete – gewichtige Ding in den Residenzhof zu hieven. angeblich seinen eigenen Schatten. Alexander der Bukephalos hat ja keine Flügel wie sein mytho- Große hat sich damit arrangiert und ritt in Schlachten logischer Verwandter Pegasos. gegen die Sonne. Wenn Bukephalos als gewaltiges Nur sehr oberflächliche Betrachter könnten auf die Bronze-Standbild nun für sechs Monate im Hof der Idee kommen, es mit einem Einhorn zu tun zu haben: Salzburger Residenz Aufstellung nimmt, wird man Was vorne raussteht, ist die zum Zopf gedrehte hoffentlich auch auf den Schatten achten: Der könnte Stirnmähne. „Tugend soll eingeflochten sein, in das nämlich ziemlich imponierend ausfallen, ist das Ding Haar deiner Stirnlocke… ich habe dir die Macht doch fünf Meter lang und samt Unterkonstruktion verliehen zu fliegen ohne Flügel“, heißt es im Koran. neun Meter hoch. 2,8 Tonnen wiegt allein das Pferd, Dort kommt das Pferd ebenfalls vor. das auf einem Guss-Gestänge in luftiger Höhe steht. Eine Kunstsammlerin und Pferdenärrin namens Uta „Zügellose Archaik verwandelt in anmutige Schön- Scherb hatte die Skulptur in Auftrag gegeben, sie starb heit“, heißt es in einer Presseaussendung dazu. aber 2013 unerwartet. Andjé Pietrzyk hat Andjé Pietrzyk, ein in Linz lebender Pole, hat die unverdrossen weitergearbeitet, eine Linzer Unter- Riesenplastik gemacht. Warum? „Viel aus meiner nehmerfamilie finanzierte schließlich den Bronzeguss. Kindheit steckt darin“, verrät der Künstler in einem Hofreitschul-Chefin Elisabeth Gürtler ließ das Ding im Imagefilm auf seiner Website. „Wildheit, Kraft, Juni anlässlich der Fete Imperiale für einen Monat vor Entfaltungssehnsucht und auch etwas davon, mein der Hofreitschule aufstellen. In Linz [Kunstmuseum inneres galoppierendes Pferd zu bändigen.“ So tickt Lentos] scheint man weder Bedarf noch Platz zu eine Künstlerseele, wogegen unsereiner es höchstens haben. In Salzburg schon: Von 6. Oktober bis März mit einem deutlich leichtgewichtigeren inneren 2018 ist der „Goldene Bukephalos“ nun in der Schweinehund zu tun bekommt. Residenz aufgestellt. Übrigens gibt es dort schon einen Abgesehen vom kathartischen Kunst-Wert und den Bukephalos: Ein Deckenbild von Johann Michael Glupschaugen aus Murano-Glas, an denen sich die Rottmayr im Rittersaal der Residenz zeigt Alexander Begeisterung von Tierfreunden gewiss entzünden den Großen mit seinem Leibpferd. wird: Es sei dem Volumen nach „eines der größten Projekte zeitgenössischer Skulptur, das in Österreich in Bilder: http://art-andje.at/video/ (2); dpk-Archiv (1) jüngster Vergangenheit umgesetzt wurde“, heißt es in 15
Venus, Thetis – und jetzt noch ein Achilles-Winzling (Drehpunkt Kultur 10.10.17) NEUMARKT am Wallersee Institutionen übergreifende Zusammenarbeit besteht Sieht so aus, als hätten die Archäologen in Salzburg seit knapp zehn Jahren und bietet detaillierte Rück- gerade Hochkonjunktur. Jene, die sich aufs schlüsse auf das Leben in unserem Land in der Mittelalter spezialisiert haben, nehmen gerade ein Römerzeit. Der römische Gutshof von Neumarkt gilt altes Bauernhaus im Lungau auseinander (wir berich- als die am besten erforschte „villa rustica“ in Öster- teten). Die Antike-Spezialisten buddeln auch. In reich. „Schon für das Jahr 2018 ist eine Ausstellung im Neumarkt haben sie einen kleinen Achilles in Bronze Museum Fronfeste Neumarkt zur Präsentation der zutage gefördert. neuesten Funde und Erkenntnisse vorgesehen“, „Diese Bronzefigur zeigt, wie eng der Raum nördlich kündigt Museumsleiterin Ingrid Weydemann an. Man der Alpen mit der griechisch-römischen Kultur und werde von der Geschichte der freigelegten Räume und ihren Mythen verbunden war“, über das Leben in der Villenanlage in Neumarkt- erklärt Felix Lang vom Fachbereich Pfongau erzählen. „Die Kulturvermittlung für Schüler- Altertumswissenschaften, Klass- innen und Schüler steht für das Grabungs- und ische und Frühägäische Archäo- Ausstellungsprojekt im Mittelpunkt.“ logie an der Universität Salzburg. Im Lauf der aktuellen Grabung wurden erstmals in Anzunehmen sei „ein entsprech- Pfongau Teile eines der Hauptgebäude der Villen- ender Bildungshintergrund der Be- anlage aufgedeckt. In den freigelegten Räumen fanden sitzerfamilie“. Mit Sicherheit habe sich noch Reste einer verkohlten hölzernen Tür- sie der lokalen Oberschicht angehört und wichtige schwelle und zahlreiche Eisenbeschläge der Türe in politische Ämter in Iuvavum, dem heutigen Salzburg, Originallage. Aus dem Gebäude stammen zahlreiche ausgeübt. Sieht also so aus, dass man schon damals in weitere Funde, wie Fensterglas oder Toilettegerät- der Metropole gearbeitet und ein schmuckes schaften. „Im Umfeld des Bauwerks fand sich eine Häuschen auswärts bewohnt hat. Von „Schlaf- außergewöhnliche antike Kleinbronze“, so Landes- dörfern“ und Speckgürtel rund um die Stadt war archäologe Raimund Kastler. „Sie zeigt, wie der kleine damals aber gewiss noch nicht die Rede. Held Achill von seiner Mutter Thetis in den Fluss Styx Jedenfalls verlief die römische Reichsstraße zwischen gehalten wird, um ihn dadurch unverwundbar zu den beiden Municipalstädten Iuvavum (Salzburg) und machen. Die rund sechs Zentimeter große Figur war Ovilava (Wels) durch das Gebiet der heutigen wohl Teil eines Möbelbeschlages.“ Bis jetzt seien keine Stadtgemeinde Neumarkt am Wallersee. Das Grab- dreidimensionalen Darstellungen dieser Szene aus der relief eines Legionärs an der Kirche in Pfongau, ein Antike bekannt. „Damit ist die Figur einzigartig.“ Im 1988 entdecktes Büstengefäß, die Statuette „Venus Bild versinkt der Achill-Winzling in den Wogen der von Pfongau“ (2008) und schließlich die „Nymphe blauen Handschuhe. An der Ferse wird Achill später Thetis mit Achill“ (2017) belegen, dass sich hier in der verwundbar sein... Die bereits im 19. Jahrhundert Römerzeit schon ein beachtliches Wirtschaftsleben bekannte Fundstelle wurde bei Erschließungsarbeiten entwickelt hat. Seit 2008 liefern die Ausgrabungen in im Gewerbegebiet von Neumarkt Pfongau im Pfongau Einblicke in Neumarkts antike Vergangenheit. nordwestlichen Flachgau 1988 wiederentdeckt. Neben Unter-sucht werden die Reste eines römerzeitlichen Teilen der Wohnbe-bauung (Badeanlage) kamen bei Landgutes. Die archäologische Erforschung des römer- den Ausgrabungen vor allem Wirtschaftsbauten zeitlichen Gutshofs von Neumarkt-Pfongau ist ein (Lagerhallen, Gebäude für die Unterbringung von Kooperationsprojekt der Landesarchäologie des Landarbeitern, Speicher und Remisen) zu Tage. Salzburg Museums, des Fachbereichs Altertums- Hinweis auf Gewerbetätigkeit im Bereich des Gutshofs wissenschaft der Universität Salzburg, der Stadt lieferten drei Ziegelbrennöfen für Dachziegel sowie Neumarkt und dem Museum Fronfeste. Diese enge, Arbeitsbereiche für Eisenbearbeitung. 16
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Klaus Bartels Stichwort „Sympathie“ (NZZ 23.11.2017) „Zwei Segel erhellend die tiefblaue Bucht! dem griechischen páthos die lateinische passio, „Lei- Zwei Segel sich schwellend zu ruhiger Flucht! den, Leidenschaft“, die uns durch die „Passion“ oder Wie eins in den Winden sich wölbt und bewegt, die „Patience“ geläufig ist. So ist das alte Wort in drei wird auch das Empfinden des andern erregt. Sprachen und dreierlei Bedeutung ins Deutsche ge- Begehrt eins zu hasten, das andre geht schnell, verlangt eins zu rasten, ruht auch sein Gesell.“ kommen: prägefrisch griechisch im „Pathos“ und in allem „Pathetischen“, lateinisch in der „Passion“ und Das Liebesgedicht Conrad Ferdinand Meyers ist nicht dem „passionierten“ Patience-Spieler, und vollends in „Sympathie“, sondern „Zwei Segel“ überschrieben; der Lehnübersetzung „Leidenschaft“ und der Verdop- aber das Bild dieser beiden im Wechsel der Winde pelung eines „leidenschaftlichen“ Pathos. sich wölbenden, bewegenden, „empfindenden“ Segel Auch die sympátheia, wortwörtlich das „Mit-Erleiden, ist aufs Schönste dazu angetan, die im Sprachge- Mit-Empfinden“, ist in dreierlei Gestalt zu uns gelangt: brauch arg verblasste altgriechische „Sympathie“ wie- geradewegs als „Sympathie“ mit dem Gegenbegriff der zum Leuchten zu bringen. der „Antipathie“ und über eine spätlateinische com- Am Anfang steht hier das neuerdings in Misskredit passio in den Lehnübersetzungen des „Mitleids“ und gekommene leidenschaftliche „Pathos“. Ein Politiker, der „Mitleidenschaft“. Wo wir heute von psycho- der sich im Wahlkampf zu hohem Pathos versteigt, somatischen Krankheitserscheinungen sprechen, erregt damit heute eher Antipathie als Sympathie. Das spricht die antike Medizin von einer sympátheia der Misstrauen gegenüber den rhetorischen Künsten hat Art, dass Seele und Körper einander wechselseitig in alles Pathetische, das „echte“ wie das „falsche“ Pa- „Mitleidenschaft“ ziehen. thos, in Mitleidenschaft gezogen, und mit all dem sind Und wo wir heute von Resonanz, wortwörtlich „Wi- wir unversehens mitten in diese griechisch-lateinisch- derhall“, sprechen, spricht die antike Physik von einer deutsche Wortgeschichte hineingeraten. sympátheia in dem Sinne, dass klingende Saiten oder Das griechische Verb pás-chein oder patheín, im Bronzen einander wechselseitig „mitschwingen, mit- Schulvokabular „leiden“, bedeutet allgemein „eine klingen“ lassen. Einwirkung erfahren, erleiden“, das páthos bezeichnet So verstanden, präsentiert sich die menschliche allgemein eine solche „Einwirkung“, etwa einen Sin- „Sympathie“, gewiss das sympathischste Mitglied neseindruck, besonders ein „Erleiden“ und eine dieser ganzen Wortfamilie, als eine seelische Gleich- „Krankheit“ – daher die „Pathologie“ –, und schliess- gestimmtheit, in der zwei Menschen wie jene in den lich einen starken Affekt. Liebe und Hass, Zorn und wechselnden Winden bewegten, erregten Segel in Furcht verstand die Antike nicht als Regungen, die in schönem Einklang jeweils Mit-Liebe und Mit-Hass, uns aufkommen, sondern umgekehrt als Gewalten, Mit-Zorn und Mit-Furcht, Mit-Freude und Mit-Leiden die uns von außen überkommen. empfinden. Was bedeutet dagegen selbst eine „volle Wie im Mythos der geflügelte Eros oder Amor mit Sympathie“ für diese oder jene Person oder Sache? seinen Pfeilen, so zeugt in der Sprache dieses griechi- Was ist dagegen, wie wir sagen, eine „sympathische sche páthos von dem „Erleiden“ eines Affekts; das Person“ oder eine „sympathische Geste“? In einem so lateinische Fachwort „Affekt“ bezeichnet buchstäblich saloppen wie präzisen Bild können wir heute erklären, etwas derart uns „Angetanes“. zwei Menschen hätten „die gleiche Wellenlänge“. Da Neben dem griechischen pás-chein steht das sprach- scheinen Antike und Gegenwart, die alten und die verwandte lateinische pati, „erleiden, erdulden“, das neuen Sprachen einander selbst in einer gleichge- im „Patienten“ und in der „Patience“ fortlebt, neben stimmten „Sympathie“ auf der gleichen Wellenlänge zu begegnen. 19
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