ES WAREN IHRER SECHS - Residenztheater
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URAUFFÜHRUNG ES WAREN IHRER SECHS FREI NACH DEM GLEICHNAMIGEN ROMAN VON ALFRED NEUMANN IN EINER BEARBEITUNG VON TOMASZ SPIEWAK
Mit Valentino Dalle Mura Christian Erdt Pauline Fusban Vincent Glander Niklas Mitteregger Luana Velis Inszenierung Michał Borczuch Bühne und Kostüme Dorota Nawrot Video und Schnitt Wojciech Sobolewski Uraufführung Musik Bartosz Dziadosz Aufführungsrechte bei Alfred Kim Guggenheim Licht Jacqueline Sobiszewski Die Uraufführung von «Es waren ihrer sechs» war für Dramaturgie Tomasz Spiewak, Februar 2021 im Marstall geplant. Michael Billenkamp
Regieassistenz und Probenübersetzung Sara Dec Bühnenbildassistenz Stella Lennert Kostümassistenz Viktoria Semperboni Soufflage, Probenübersetzung und Regiepraktikum Julia Kawka Inspizienz Emilia Holzer Für die Produktion Bühnenmeister Klaus Kreitmayr, Karl-Heinz Weber Beleuchtungsmeister Uwe Grünewald Stellwerk Alexander Bauer, Thorsten Scholz Ton Matthias Reisinger Video Ehab Altamer, Lilli Finnigan, Marius Juds Requisite Max Keller, Julia Leitner, Elisabeth Müller Maske Sabine Finnigan Garderobe Cornelia Eisgruber, Stephanie Poell Für den Film Kamera Wojciech Sobolewski, Niels Voges Schnitt Michał Borczuch, Wojciech Sobolewski Englische Untertitel und Übersetzung Julia Kawka Die Ausstattung wurde in den hauseigenen Werkstätten hergestellt. Technischer Direktor Andreas Grundhoff Kostümdirek- torin Elisabeth Rauner Technische Leitung Frank Crusius Werkstätten Michael Brousek Ausstattung Bärbel Kober Beleuchtung Gerrit Jurda Video Jonas Alsleben Ton Michael Gottfried Requisite Barbara Hecht, Anna Wiesler Rüstmeister Peter Jannach, Robert Stoiber Produktions- leitung Kostüm Enke Burghardt Damenschneiderei Gabriele Behne, Petra Noack Herrenschneiderei Carsten Zeitler, Mira Hartner Maske Andreas Mouth Garderobe Cornelia Jeder von uns ist Faltenbacher Schreinerei Stefan Baumgartner Maler- saal Katja Markel Tapezierwerkstatt Peter Sowada für den anderen verantwortlich. Hydraulik Thomas Nimmerfall Galerie Christian Unger Transport Harald Pfähler Bühnenreinigung Adriana Elia Bild- und Tonaufnahmen sind während der Vorstellung nicht gestattet. Alfred Neumann, «Es waren ihrer sechs»
ES WAREN Genau diese Frage beschäftigte auch den polnischen Regis- seur Michał Borczuch bei seiner Bühnenadaption. Konse- IHRER SECHS quenterweise entscheidet er sich gegen eine lineare Nach- erzählung des Romans, sondern arbeitet die Kontroverse um die literarische Vorlage in seine theatrale Auseinander- DIE BEARBEITUNG VON MICHAŁ BORCZUCH setzung mit dem Stoff auch thematisch mit ein. Eine Aus- einandersetzung, die sich auch in der Wahl der Form und Als 1945 der Roman «Es waren ihrer sechs» des nach Los Spielweise widerspiegelt: Michał Borczuch unternimmt in Angeles emigrierten Autors Alfred Neumann erscheint, löst seiner Inszenierung den Versuch, den Roman aus heutiger er eine heftige öffentliche Kontroverse in Deutschland aus. Sicht und in Verbindung mit den sehr persönlichen Erfah- Basierend auf einem Zeitungsartikel aus dem Time Magazine rungen der Schauspieler*innen im Umgang mit den Stoff zu über die Flugblattaktionen und die Hinrichtung der Mitglie- rekonstruieren, wobei Neumanns eingangs erwähnte «ewi- der der Weißen Rose, entwickelte Neumann aus dem Leben ge Idee» vom jugendlichen Widerstand gegen totalitäre und Wirken der Widerstandskämpfer ein «freies Spiel der Herrschaftssysteme im Zentrum steht. Fantasie» wie er es nannte: «Es geht nicht um die Geschwis- ter Scholl. Es geht nicht einmal um die von mir geschaffenen Der Abend ist eine Art Versuchsanordnung an der Schnitt- Geschwister Möller, deren Name und Sprache und Nationa- stelle zwischen Theater und Film, an der Grenze zwischen lität getrost ausgewechselt werden können. Es geht nur um Authentizität und Fiktion, die sich über die biografischen die Gestaltung einer ewigen Idee.» Stationen Kindheit und Jugend, Verhaftung, Gefängnis und Hinrichtung den Figuren des Romans annähert. Daran Aber genau dieses «freie Spiel der Fantasie» Neumanns ist knüpft Michał Borczuch die großen Themen Widerstand, es, die die Auseinandersetzung mit dem Stoff so schwie- Angst und Tod und schlägt darüber nicht nur die Brücke zu rig und komplex macht. Denn anders als Neumann bei der den Widerstandsbewegungen in seiner polnischen Heimat, Fertigstellung seines Romans 1944, wissen wir heute um sondern ebenso zu den jugendlichen Protestformen welt- nahezu alle Details die Personen und die Aktionen der Wi- weit. derstandsgruppe der Weißen Rose betreffend. Die bio- Michael Billenkamp grafischen Leerstellen der Protagonisten musste Neumann mangels gesicherter Informationen noch behelfsmäßig aus- füllen: So übernahm er zwar die Vornamen der Mitglieder der Weißen Rose, doch ließ er beispielsweise seinen Pro- tagonisten Hans ein Bein bei einem Unfall in Russland ver- lieren oder dichtet «seiner» Sophia eine Affäre mit ihrem Widerstandskollegen Christoph an. Fast folgerichtig wurde er darum schon unmittelbar nach der Publikation mit dem Vorwurf der «Geschichtsfälschung» konfrontiert. Nicht zuletzt auch deshalb stellt sich heute noch genauso wie da- mals die Frage, wie mit der Fiktionalisierung der Historie, Neumanns «Spiel der Fantasie» umzugehen ist. 6 7 7
und «Sabotage an unsrer Kriegsführung mittels Flug- Nach der Veröffentlichung seines Romas «Es waren blätter ermutigt» zu haben ... ihrer sechs» sah sich Alfred Neumann vehementer Kritik und dem Vorwurf ausgesetzt, die Mitglieder der Alles was die Außenwelt am 22. Februar erfuhr, war Weißen Rose und die Ereignisse um ihre Verhaftung die Hinrichtung von Hans und Maria Scholl und Adri- und Hinrichtung grob verfälscht zu haben, weshalb er an Probst durch das Beil. Seitdem hatten noch andre sich zu nachfolgender Erklärung genötigt sah: Münchener Bürger ihre Köpfe auf den Block vor dem weißbehandschuhten Mann mit der Axt zu legen: Kurt Huber, seit 17 Jahren ein Psychologieprofessor; ein EINE FESTSTELLUNG Junge, der zu Stalingrad sein Bein für das Eiserne Kreuz 1. Klasse eintauschte; mindestens noch neun andre Studenten. In letzter Woche wurde es offenbar, Hier ist, zur Aufklärung der öffentlichen Meinung in Deutsch- dass die Nazis besorgt wurden. Da waren mehr Ver- land, die «Quelle» zu meinem Roman: «Es waren ihrer haftungen in München und eine genaue Überwachung von sechs», den ich vom 20. Juni 1943 bis zum 2. Juni 1944, also Studenten und Gymnasiasten der Oberklassen. Niemand während des Krieges, in Südkalifornien schrieb. außerhalb Deutschlands kann beurteilen, wie weit die Opposition gediehen ist. Aber Hans und Maria Scholl NICHT VERGEBLICH und Adrian Probst sind nicht vergeblich gestorben. TIME Magazine vom 14. Juni 1943, Seite 29 (Ins Deutsche übersetzt von mir) London gelangte in den Besitz des Flugblattes, das ihnen das Leben kostete, und verbreitete es über Es war nicht viel, was die Studenten taten. Die B. B. C.: meisten von ihnen waren unter Hitlers Nationalsozia- «Selbst dem dümmsten aller Deutschen müssen die lismus aufgewachsen, in seinen Ritualen gedrillt, Augen aufgegangen sein durch dieses entsetzliche mutmaßlich mit seinen Doktrinen durchtränkt. Doch Blutbad, in das Hitler und seine Komplizen ganz etwas ging schief. Da war Unruhe in den Gängen der Europa im Namen der Freiheit und der deutschen einstmals berühmten, einstmals liberalen Münchener Nation gerissen haben. Deutschlands Name wird Universität und böses Gewisper in den nahegelegenen für immer entehrt sein, wenn nicht Deutschlands Bierhallen. Als ein hoher Nazibeamter eine Rede an Jugend sich endlich erhebt, um seine Zerstörer die Studenten hielt, scharrten sie mit den Füssen zu vernichten und am Wiederaufbau eines neuen im Chor der Missbilligung. Schließlich schrien sie: Europas mitzuhelfen. Studentinnen und Studenten, «Genug!» und verließen in Massen den Saal. das deutsche Volk blickt auf uns: Es erwartet von uns, dass wir 1943 den Nationalismus brechen ... Münchens Gauleiter, Herr Giesler, setzte sei- so wie 1814 Napoleons Terror gebrochen worden ne Spione ans Werk und verhaftete drei «Rädels- ist. Die Toten von Stalingrad beschwören uns! führer», Hans und Maria Scholl und Adrian Probst. Steh auf, mein Volk, die Zeit ist gekommen!» Sie wurden als «typische Einzelgänger» beschrieben, vor einen Nazi-Volksgerichtshof gestellt und schul- Dieser Artikel also ist die einzige «Quelle» meines Romans, dig befunden, defätistische Propaganda verbreitet die Anregung, besser gesagt die Auslösung eines epischen 8 9
Unternehmens, das ich schon seit der Mitte der dreißiger Jahre geplant und in Schicksalen wie das des Professorpaa- res oder des Vaters Möller oder der Familie Sauer bereits konzipiert hatte. Über London bekam ich noch den voll- ständigen Text des Flugblattes und die genauen Namen der fünf Hauptbeteiligten. Ich benutzte sie als Namenspatrone für meine Helden: Ich gab ihnen ihre Vornamen. Der Name «Die Weiße Rose» Mehr «Material» hatte ich nicht und konnte ich nicht ha- ben, in Kriegszeiten. Vor allem aber: mehr wollte ich nicht ist willkürlich gewählt. Ich ging haben. Denn meine Aufgabe ist ja nicht Forschung, sondern Dichtung. Und ich hatte mich nun um das zeitlose Thema von der Voraussetzung aus, dass zu bemühen, dass eine Handvoll mutiger und nobler Men- in einer schlagkräftigen Propa- schen, hier Studenten und ihr Professor, für Freiheit und Menschenwürde und gegen Tyrannei und Barbarei kämpfen ganda gewisse feste Begriffe da und im ungleichen Kampf zugrunde gehen. Es geht nicht um die Geschwister Scholl. Es geht nicht ein Mal um die von mir sein müssen, die an und für sich geschaffenen Geschwister Möller, deren Name und Sprache nichts besagen, einen guten und Nationalität getrost ausgewechselt werden können. Es geht nur um die Gestaltung einer ewigen Idee. Klang haben, hinter denen aber Mit denen aber, die die dichterische Freiheit in der Ge- ein Programm steht. Es kann staltung faktischer Schicksale in Frage stellen, brauche ich sein, dass ich gefühlsmäßig nicht zu rechten. Denn da gibt es große Fürsprecher in der Geschichte der Literaturen: von Dante und Shakespeare bis diesen Namen gewählt habe, zu Schiller und Tolstoi und Thomas Mann. Alfred Neumann, Fiesole-Florenz, März 1949 weil ich damals unmittelbar unter dem Eindruck der spani- schen Romanzen von Brentano «Rosa Bianca» gestanden habe. Zu der «Weißen Rose» der eng- lischen Geschichte bestehen keine Beziehungen.» Hans Scholl, Gestapo-Verhörprotokoll, 20. Februar 1943 10 11
Die Schriften des exilierten russischen Religions- Der Begriff der Persönlichkeit steht in Beziehung zu einer philosophen Nikolai Berdjajew (1874-1948) waren Berufung und zu schöpferischem Wirken. Hier stoßen wir für die Mitglieder der Weißen Rose wichtige Ideen- auf das Grundparadoxon ihres Wesens. Niemand kann von und Impulsgeber für ihr Denken und spiegeln sich sich selbst sagen, er sei eine Persönlichkeit im vollen Sin- auch in den ersten Flugblätter wider. ne des Wortes, er habe sich völlig zur Vollendung gebracht. Persönlichkeit ist eine unendliche Aufgabe; sie ist nicht et- was Fertiges und Stabiles. Aber damit sie wirklich werde, FREIHEIT, damit auch nur ein Kampf um sie möglich sei, damit den auf ihre Zerstörung gerichteten Kräften Widerstand geleistet PERSÖNLICHKEIT werden könne, muss sie bereits da sein, muss jenes Subjekt schon vorhanden sein, das den Kampf um die Vollendung UND WIDERSTAND der Persönlichkeit aufnimmt. Man kann dies auch so aus- drücken: es ist die Persönlichkeit selbst, die die Persön- lichkeit realisiert; nur der Mensch bringt seine Persönlich- keit zur Vollendung, der selbst eine starke Persönlichkeit Das Dasein der Persönlichkeit setzt Freiheit voraus. Die Per- sein eigen nennt. Dieses Paradoxon ist einem anderen, dem sönlichkeit existiert in der Welt nur dadurch, dass es nicht Paradoxon der Freiheit, analog. Nur der Freie vollzieht die bloß ein Reich der Notwendigkeit, sondern auch ein Reich Freiheit in seinem Leben, nur der Freie befreit sich; nur er der Freiheit gibt. Ohne Freiheit kein Akt, keine Schöpfung, setzt der Macht der Notwendigkeit, die über seinem Leben kein Widerstand. Das Individuum ist determiniert, es kann waltet, Widerstand entgegen. Man darf selbst nicht mehr auch ohne Freiheit existieren. Die Persönlichkeit aber ist Sklave sein, wenn man das Joch der Sklaverei von sich ab- eine Manifestation der Freiheit, sie bedeutet den Kampf der schütteln will. Freiheit gegen die Notwendigkeit. Ich habe hierbei nicht den Nikolai Berdjajew Schulbegriff der Willensfreiheit als der Freiheit der Wahl im Auge, sondern den Begriff der Freiheit als schöpferischer Energie, als Bestimmung von innen her, als das geistige Prin- zip im Menschen, das die menschliche Persönlichkeit erst eigentlich konstituiert. Freiheit ist Geist im Unterschied zur Volk und Knecht und Überwinder Natur als dem Prinzip der Notwendigkeit. Die Persönlichkeit Sie gestehn, zu jeder Zeit, im Menschen zeugt nicht allein von der Freiheit, sondern Höchstes Glück der Erdenkinder auch vom Geiste. Persönlichkeit heißt Widerstand gegen die unpersönliche äußere Umwelt, Nichtaufgehenwollen in ihr, Sey nur die PERSÖNLICHKEIT. Kampf gegen die Vergewaltigung durch Natur und Gesell- schaft. Persönlichkeit heißt Wahl und Entscheidung. Man Jedes Leben sey zu führen, kann eine starke Individualität und doch nur eine schwach ausgeprägte Persönlichkeit sein; dann wird man es an Wi- Wenn man sich nicht selbst vermisst; derstandskraft gegenüber den Einwirkungen der Außenwelt Alles könne man verlieren, fehlen lassen, wird nicht ankämpfen gegen die Notwendig- Wenn man bliebe was man ist. keit, die den Menschen von außen her bestimmt. Johann Wolfgang von Goethe 18 19
Faksimile des ersten Flugblattes der Weißen Rose, Juni 1942.
ALFRED NEUMANN MICHAŁ BORCZUCH Alfred Neumann wurde am 15. Oktober 1895 im westpreu- Geboren 1979 in Krakau, studiert Michał Borczuch zunächst ßischen Lautenburg, dem heutigen Lizbark, geboren. Seine Grafik, danach Regie an der Akademie der Dramatischen Jugend und Schulzeit verbrachte er in Berlin, Rostock und Künste in Krakau. Mit «KOMPOnents» debütiert er 2005 am der französischen Schweiz. 1913 kam er als Student nach Stary Teatr in Krakau. Von 2012 bis 2013 ist er Protegé der München, promovierte und trat als Volontär in den Georg «Rolex Mentor and Protégé Arts Initiative» und arbeitet in Müller-Verlag ein, bis er unter der Leitung Ephraim Frischs dieser Zeit mit Patrice Chéreau zusammen. 2012 inszeniert Verlagslektor wurde und auch in der Redaktion von dessen er erstmals im deutschsprachigen Raum, «Der Krieg hat Zeitschrift «Neuer Merkur» mitarbeitete. Daneben war er kein weibliches Gesicht» nach dem Roman von Swetlana auch als Übersetzer Französischer Klassiker erfolgreich. Als Alexijewitsch am Düsseldorfer Schauspielhaus. Die meisten Hauptwerk seiner «romanistischen Zeit» bezeichnete er von Borczuchs Arbeiten (u. a. «Leonce und Lena», «Lulu», selbst die Herausgabe und Übertragung der Werke Alfred «Oscar Wilde», «Die Leiden des jungen Werther») ent- de Mussets (1925). Nach dem 1. Weltkrieg, an dem er als stehen am Stary Teatr in Krakau, am TR sowie am Nowy Soldat teilnahm, war er zwischen 1918-20 Dramaturg an Teatr in Warschau und am Teatr Polski in Breslau. Mit «My den Münchner Kammerspielen. Es folgten erste Veröffent- Struggle» erarbeitet er 2017 am TR Warschau eine freie lichungen in Lyrik und Prosa, die seinen Durchbruch als Adaption von Karl Ove Knausgårds mehrbändigem Werk. Schriftsteller bedeuteten. Die Novelle «Der Patriot» (1925) 2017 erhält Borczuch den wichtigsten polnischen Theater- und der historische Roman «Der Teufel» (1926) – ausge- preis «Paszport Polityki». Seit einigen Jahren konzentriert zeichnet mit dem Kleist-Preis 1926 – wurden in fast alle er sich vermehrt auf persönliche, intime Geschichten, etwa Sprachen übersetzt und wie im Falle «Der Patriot» sogar mit seiner eigenen Biografie in «All About My Mother» (2016) verfilmt. oder mit Produktionen, die u. a. auf Erlebnissen der Schau- 1930 folgte «Der Held. Roman eines politischen Mordes», spieler*innen basieren wie «The Call of Cthulhu» (2017), worin Neumann die Morde an Walther Rathenau und Kurt «Frogs» (2018) und »Cinema of Moral Anxiety» (2019). Eisner thematisierte. Er zog sich damit den Hass der Natio- Aus seiner schon länger bestehenden Zusammenarbeit mit nalsozialisten zu, floh 1931 aus München und 1933 weiter blinden und autistischen Menschen sowie mit Kindern aus nach Florenz. Weiterhin bedroht von der Gestapo gelang einem Waisenhaus entsteht 2018 sein vielfach ausgezeich- es ihm schließlich 1941 in die Vereinigten Staaten zu ent- netes Filmdebüt «Komodo Dragons». «Es waren ihrer kommen. Bis 1948 lebte Neumann in Kalifornien und schrieb sechs» ist seine erste Arbeit am Residenztheater München. dort vorrangig Drehbücher für Hollywood, arbeitete aber auch an einem Roman über die Geschichte der Geschwister Scholl «Es waren ihrer sechs» (1945). Neumann wurde 1946 amerikanischer Staatsbürger und blieb auch im Exil einer der meistübersetzten deutschen Autoren. 1951 kehrte er nach Florenz zurück. Ein Jahr später verstarb Neumann am 3. Oktober 1952 in Lugano. 26 27
Es waren Worte von solcher Leuchtkraft, dass man sie gleichsam sieht, wenn man an sie SCHÖNE denkt. VORSTELLUNG Alfred Neumann, «Es waren ihrer sechs» 9
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