EUROPAPRÜF- UND ZERTIFIZIERSTELLE FÜR MEDIZINPRODUKTE GRAZ EUROPEAN NOTIFIED BODY OF MEDICAL PRODUCTS GRAZ - (European Notified Body No. 0636) ...

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EUROPAPRÜFSTELLE FÜR MEDIZINPRODUKTE   2010   107

EUROPAPRÜF- UND ZERTIFIZIERSTELLE
   FÜR MEDIZINPRODUKTE GRAZ
          (Europaprüfstelle 0636)

    EUROPEAN NOTIFIED BODY
   OF MEDICAL PRODUCTS GRAZ
   (European Notified Body No. 0636)
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Europaprüfstelle (Notified Body)
Im Gegensatz zu akkreditierten Prüfstellen sind einer
Europaprüfstelle (European Notified Body) eine be-
sondere Autorität verliehen und erhöhte Verant-
wortung übertragen worden: Europaprüfstellen sind
nämlich von der Europäischen Kommission
ermächtigt (notifiziert), die Konformität von Produk-
ten mit den gesetzlichen Anforderungen zu prüfen, durch Zerti-
fikate zu bescheinigen und somit für den gesamten Europäischen Wirt-
schaftsraum (EWR) zuzulassen.
Es ist in Europa einzigartig, dass eine Universität über eine Europaprüfstelle verfügt.
Die TU Graz besitzt somit eine „unique selling position“. Diese Konstellation ermöglicht
die Verbindung von umfassendem theoretischem Wissen einer Technischen Universität
mit laufend erweiterter praktischer Erfahrung und unternehmerischem Engagement.
Dies stellt eine besondere Win-Win-Situation dar:
     Firmenkunden profitieren vom hochstehenden Know-How der Vorschriften-An-
      wendung und der interdisziplinären Problemlösungskapazität einer Technischen
      Universität.
     Die TU Graz profitiert von der engen Zusammenarbeit und Kontakten mit der In-
      dustrie und den sich daraus ergebenden Spinoffs.
     Die enge Zusammenarbeit der Europaprüfstelle mit dem Institut für Health Care
      Engineering (Krankenhaustechnik) ermöglicht erhöhte Effizienzen durch Syner-
      gieefffekte.
     Die Studierenden profitieren von der einzigartigen Möglichkeit, aufgrund der
      durch die Prüftätigkeit erkannten Konstruktions- und Designfehler in der Praxis
      auftretende Wissenslücken in der Umsetzung der medizintechnischen Anforde-
      rungen erkennen und in der Ausbildung gegensteuern zu können.
     Die Normungsorganisationen profitieren von der Mitarbeit hochqualifizierter
      und erfahrener Experten.
  Verbunden mit der Notifizierung ist auch der regelmäßige Erfahrungsaustausch und
  die Koordinierung der Tätigkeit der Europaprüfstellen im Rahmen der Notified Body
  Meetings in Brüssel, z.B. am 26. und 27. Oktober 2010.

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                                        Das Team:

          Leiter                                                               Stellv. Leiter

   Univ.-Prof. Dipl.-Ing.                                                 Assoc.-Prof. Dipl.-Ing.
   Dr. Norbert Leitgeb                                                     Dr. Jörg Schröttner
    Tel. 0316/873-7397                                                     Tel. 0316/873-7395
  Fax: 0316/873-107397                                                    Fax: 0316/873-107395
 norbert.leitgeb@tugraz.at                                                schroettner@tugraz.at

                                                                               Prüfingenieur
      Zertifiziererin                  Prüfingenieur
                                                                          seit 1. September 2009

    Sabine Fimbinger              Ing. Robert Neubauer                    Horst Friedrich Lechner
    Tel. 0316/873-7399              Tel. 0316/873-7398                      Tel. 0316/873-7898
  Fax: 0316/873-107399            Fax: 0316/873-107398                     Fax: 0316/873-107898
sabine.fimbinger@tugraz.at      robert.neubauer@tugraz.at                 horst.lechner@tugraz.at

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Leistungsbericht 2010

1.     Das neue Sicherheitszeichen
Als Ausdruck der Bemühungen der PMG um die Kunden-
zufriedenheit wurde heuer einem Kundenwunsch entspro-
chen und ein weiteres Service angeboten. Es wurde ein
eigenes Logo für „geprüfte Sicherheit“ entwickelt und euro-
paweit markenrechtlich geschützt.
Damit soll der eingeschränkte Informationsgehalt des CE-
Zeichens für Kunden besser ersichtlich mit der Information
über die geprüfte Sicherheit ergänzt werden. Das CE-Zei-
chen, sollte ursprünglich lediglich den Behörden signalisie-
ren, dass einem so gekennzeichneten Produkt bei der
Vermarktung keine nationalen Handelshemmnisse auferlegt
werden dürfen, weil es die Grundlegenden Anforderungen
der Direktive erfüllt. Leider ist es jedoch mehrdeutig. Je
nach einer der vier Konformitätsklassen kann es nämlich
lediglich die Beutung besitzen,
    dass der Hersteller selbst beteuert, dass sein Produkt
      die grundlegenden Anforderungen einhält (Konformi-
      tätsklasse I);
    dass (lediglich) überprüft wurde, dass das Gerät nach
      den technischen Unterlagen des Herstellers in reproduzierbarer Weise hergestellt
      wurde (Konformitätsklasse IIa), ohne das Gerät selbst einer umfassenden Sicher-
      heitsüberprüfung zu unterziehen;
    dass das Gerät eine EG-Baumusterprüfung bestanden hat und in reproduzierbarer
      Weise hergestellt wurde (Konformitätsklasse IIb);
    dass das Gerät mit Hilfe eines vollständigen QM-Systems ausgelegt, entwickelt,
      hergestellt und vermarktet wird (Konformitätsklasse III).

Mit dem GS-Zeichen soll den Kunden die Möglichkeit gegeben werden, bei Geräten, die
die Typprüfung oder die EG-Baumusterprüfung bestanden haben, die Überprüfung
durch eine akkreditierte Prüfstelle auch dem Kunden zu signalisieren.
Das GS-Zeichen reflektiert in der farblichen Ausführung die Landesfarben grün-weiß
der Steiermark und stellt durch die beiden parallelen roten Balken den Österreich-Be-
zug her.
Darüber hinaus erlaubt es die unbunte Version, das GS-Zeichen auch in produktions-
technisch einfacher Weise aufzubringen.

Voraussetzung für die Nutzung des GS-Zeichens ist der Abschluss eines Nutzungsver-
trages und ein gültiges Zertifikat bzw. ein Prüfzeugnis über die EG-Baumusterprüfung
bzw. die (freiwilllige) vollständige Typprüfung.
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2.      Prüf- und Zertifizierungstätigkeit
Die Prüf- und Zertifizierungstätigkeit konnte im Berichtszeitraum trotz schwieriger ge-
wordener wirtschaftlicher Randbedingungen erfolgreich fortgeführt werden. Wie die
Auswertung der im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems vorgesehenen Feed-
back-Fragebögen der Kunden zeigt, wird die engagierte, kompetente und kooperative
Abwicklung von Aufträgen von den Kunden geschätzt und gewürdigt. Aufgrund der
Vertraulichkeit der Tätigkeit wird hier jedoch auf eine detaillierte Auflistung der durch-
geführten Prüfaufträge verzichtet.

3.      Infrastruktur
Entsprechend dem Bemühen der PMG, das implementierte vollständige Qualitäts-
managementsystem nach den Vorschriften EN 17025 und EN 45011 auch konsequent
umzusetzen und mit Leben zu erfüllen, sind auch im Berichtszeitjahr die Bemühungen
zur kontinuierlichen Verbesserung weiter fortgeführt worden. Dies zeigt sich in der lau-
fenden Aktualisierung und Erneuerung des Prüfmittelparks und in der laufenden Er-
weiterung der Messmöglichkeiten.

3.1     Zerstörungsfreie Prüfung und Dokumentation
Um Geräteprüfungen so schonend und effektiv wie möglich durchführen zu können, hat
die PMG bereits im Bereich der zerstörungsfreien Prüfung und Dokumentation mit
einem 300kV-Röntgengerät neue Maßstäbe gesetzt. Darüber hinaus erlaubt es die
moderne Infrarotkamera, temperaturkritische Stellen in Geräten und/oder unzulässige
Körpererwärmungen durch An-
wendungsteile effizient, umfas-
send, genau und quantitativ zu
untersuchen und nachvollziehbar
zu dokumentieren.

Im Berichtszeitjahr konnte die PMG
eine weitere Verbesserung er-rei-
chen. Sie verfügt nun über einen
modernen tragbaren Ultraschall-
Realtime-Scanner mit verschie-
denen je nach Fragestellung aus-
wählbaren elektronischen Schall-
wandlern, der es, auch im Fall
röntgenkontrastarmer Materialien
erlaubt, Befunde nichtinvasiv zu
erheben und nachvollziehbar zu
dokumentieren.

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     Übersicht über die Temperaturverhältnisse mit Hilfe der Infrarot-Kamera

Bild1: Lichtbild der Prüfsituation                           Bild 2: Infrarot-Bild mit Hotspots

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3.2      Messgerätepark
In Bezug auf die Messtechnik konnten die Messmöglichkeiten neuerlich erweitert wer-
den:

     Im Bereich der Hoch-
      spannungsmessungen:
      Indem ein Hochspan-
      nungs-Messsystem mit
      Hochspannungs-Tast-
      köpfen       angeschafft
      wurde, das es ermög-
      licht, Hochspannungen
      bis zu 20kV zu messen.

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   Zur Messung sehr schneller transienter Vorgänge wurde ein ultraschnelles Oszil-
    loskop angeschafft, das es ermöglicht, schnelle zeitliche Vorgänge bis in den Pico-
    sekundenbereich aufzulösen und mit
    einer Abtastfrequenz bis zu 20
    Gigasamples pro Sekunde zu
    erfassen.    Die    Messbandbreite
    beträgt 1GHz. Eine Netzwerkanbin-
    dung      und    USB-Schnittstellen
    ermöglichen die Abspeicherung und
    Weiterverarbeitung mit einem PC.

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4.     Gutachten
Die PMG erstellt nicht nur sicherheitstechnische Gutachten über medizinische Geräte
und elektrische Laborgeräte, basierend auf sicherheitstechnischen Stückprüfungen,
darüber hinaus werden auch Gutachten zu speziellen Fragestellungen erstellt, auf
Wunsch von Kunden auch in englischer Sprache.

Leitgeb, N., Neubauer, R.
High-tension output of electric TASER devices
                         --------------- * * * * * ----------------

Leitgeb, N.:
Störbeeinflussung von elektronischen Implantaten durch Bluetooth-Verbindung
eines am Kopf getragenen Anwendungsteils mit einem am Körper mitgeführten
Medizingerät.
                         --------------- * * * * * ----------------
Leitgeb, N.:
Abgrenzung von universellen Produkten von medizinischen Produkten.
                         --------------- * * * * * ----------------
Leitgeb, N.:
Anforderungen an die Konformitätsüberprüfung eines komplexen medizinischen
Systems mit den gesetzlichen grundlegenden Anforderungen.
                         --------------- * * * * * ----------------
Leitgeb, N.:
Der Einfluss der Erzeugungs- und Vermarktungsstrategie eines medizinischen
Systems auf die Konformitätsbewertungserfordernisse.
                         --------------- * * * * * ----------------
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5.             Messungen

Die publizierten Angaben über die Abgabe von
Hochspannungsimpulsen durch TASER-Waffen
ließen bisher bezüglich der Messmethodik und
der Systematik noch einige Fragen über die tat-
sächliche Betriebsweise und die Parameter des
abgegebenen elektrischen Pulses offen.

Im Rahmen der messtechnischen Untersuchun-
gen der PMG war es möglich, durch zeitlich hoch
aufgelöste Messungen die komplexe Pulsstruktur
zu analysieren. Dabei zeigten sich insbesonders
im Nanosekunden-Bereich hohe Impulsspitzen mit
Amplituden bis in den Bereich zwischen 10.000V und 20.000V, die mit den konven-
tionellen Messansätzen wegen der zu geringen Abtastraten bisher nicht zuverlässig
ermittelt werden konnten.

Durch Untersuchung des Einflusses des Lastwiderstandes auf den zeitlichen Verlauf
und die Amplitude des abgegebenen Taserimpulses konnte eine umfassende Charak-
terisierung der Betriebsweise erarbeitet werden, die als Grundlage für die gesundheitli-
che Bewertung des TASER-Einsatzes im Rahmen eines Forschungsprojektes des In-
stituts für Health Care Engineering herangezogen werden konnte.

         20000
                                                                                            11,2kOhm
                                                                                            5,6kOhm
                                                                                            2kOhm
         15000                                                                              1kOhm
                                                                                            0,5kOhm

         10000
     U [V]

             5000

                0
                     10         100               1000              10000          100000           1000000

             -5000

        -10000
                                                           t [ns]
Bild: Taser-Impuls an verschiedenen Lastwiderständen, Zeitskala in logarithmischem
Maßstab, um die komplexe Zusammensetzung des Signals zu demonstrieren mit
Schwingungsdetails im ns-Bereich und im 100µs-Bereich.
                                      --------------- * * * * * ----------------
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6.        Informationen

6.1       Veränderungen
Neue Medizinprodukte-Direktive

Im Berichtsjahr sind für Medizinprodukte-
Hersteller und für Entwickler von Medi-
zinprodukten wesentliche Änderungen eingetreten. Diese
beziehen sich sowohl auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen als
auch auf die sichertechnischen Normen und Vorschriften.

Am 21. März 2010 trat ohne Übergangsfrist die neue Medizinprodukte-Direktive
2007/47EG in Kraft und brachte folgende Neuerungen:

     Nun wird auch medizinische Standalone-Software als eigenständiges Medizinpro-
      dukt angesehen, das auch dem Konformitätsbewertungsverfahren unterworfen ist.
      Zusammen mit der einschlägigen Software-Norm EN 62353 und der Norm für
      Software-Risikoanalyse EN 80001 sind nun umfangreiche Regelungen vorhanden,
      die Software-Hersteller zu erfüllen haben. Sie müssen nun die Software nicht nur
      verifizieren, sondern auch validieren.
     Unabhängig von der Konformitätsklasse muss nun für alle Medizinprodukte eine
      klinische Bewertung vorgenommen und dokumentiert werden, in der der Nach-
      weis der behaupteten Wirkung einer akzeptierbar kleinen Nebenwirkungen und
      eines akzeptierbaren Nutzen/Risiko-Verhältnisses erfolgt. So ist z.B. auch die
      Systematik und Vollständigkeit von Literaturrecherchen nachvollziehbar zu doku-
      mentieren.
     Medizinprodukte müssen nun auch alle einschlägigen Grundlegenden Anforderun-
      gen anderer Direktiven erfüllen, wenn diese anwendbar und strenger sind (z.B. die
      Maschinendirektive).
     Die Aufbewahrungsfrist der Konformitätsdokumentation wurde für implantierbare
      Produkte von 5 auf 15 Jahren verlängert.
     Hersteller, deren Sitz nicht in der EU ist, müssen statt lediglich eines verantwortli-
      chen Inverkehrbringers nun einen einzigen (für eine Gerätetype) Bevollmächtigten
      benennen.
     Medizinprodukte müssen nun auch den Gebrauchstauglichkeitsanforderungen (der
      neuen EN 60601-1-6) entsprechen und auch bei vernünftiger Weise vorhersehba-
      ren menschlichen Fehlern, Irrtümern und sogar Missbrauch sicher bleiben. Die
      Gebrauchstauglichkeit ist durch Untersuchungen nachzuweisen und in einer
      Gebrauchstauglichkeits-Akte zu dokumentieren.
     Einmalprodukte müssen eindeutig gekennzeichnet sein und eine Begründung
      enthalten, weshalb eine Wiederverwendung nicht zulässig ist.
     Kunststoffe, die z.B. als Weichmacher Phthalate enthalten, müssen mit einem
      Warnsymbol gekennzeichnet werden. Ihre Verwendung muss besonders begründet
      sein und ist bei Therapie von Kindern und Schwangeren besonders kritisch zu be-
      urteilen.
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Neue Medizinprodukte-Grundvorschrift

Es liegt nun die 3. Edition der allgemeinen Medizinge-
räte-Sicherheitsvorschrift EN 60601-1 vor. In ihr ist in
der Sicherheitsstrategie für Medizinprodukte ein we-
sentlicher Wandel vollzogen. Es wird nun zwischen
Patienten-bezogenen und Anwender-bezogenen
Sicherheitsaspekten unterschieden, wobei für den
Anwender (nur) mehr das geringere Schutzniveau
der allgemeinen Gerätetechnischen Vorschriften,
z.B. jener der EN 60950 für informationstechni-
sche Geräte, als ausreichend angesehen wird.
Darüber hinaus wurde in vielen Bereichen der
sichere aber einengendere Weg konkreter kon-
struktiver Anforderungen verlassen und dem Hersteller
mehr Eigenverantwortung übertragen. Es ist nun dem Hersteller über-
lassen, das Schutzniveau seines Produktes festzulegen - und zwar in eigener Verant-
wortung. Dazu ist er verpflichtet statt sich nur auf die Risikoanalyse zu beschränken,
nun einen Risikomanagementprozesses einzurichten und umzusetzen, der die Analyse
und Bewertung der Risiken zwar einschließt, aber sich nicht darauf beschränkt. Nun
sind zur Risikobeherrschung zusätzlich weitere Aktivitäten wie z.B. Verifizierung, Vali-
dierung und die laufende Evaluierung und Bewertung der Anwendungserfahrung erfor-
derlich. Der Risikomanagementprozess beinhaltet auch die Planung und Festlegung der
Aktivitäten während des gesamten Produktlebenszyklus.

Dass ein Hersteller dies tatsächlich kann, setzt allerdings voraus, dass er über die dafür
notwendigen Kenntnisse verfügt und die erforderlichen Maßnahmen erkennt, umsetzt
und aufrecht erhält. In Hinblick auf die Produkthaftung könnten jedoch Wissenslücken
zu einer existenziellen Bedrohung werden. Ein Hersteller ist ja auch für Folgeschäden
verantwortlich, die durch sein Produkt verursacht werden. Darüber hinaus wurde die
Beweislast sogar umkehrt, sodass von ihm im Schadensfall die Erbringung des Un-
schuldsbeweises gefordert wird, um den Haftungsansprüchen zu entgehen. Dies erfor-
dert den Nachweis, dass sein Produkt an dem Schaden nicht ursächlich beteiligt war.
Eigenes schuldloses Verhalten entbindet nicht vom Haftungsanspruch.

Das medizinische Sicherheitskonzept bindet auch Betreiber und Anwender mit ein. Es
fordert regelmäßige Wartung und wiederkehrende sicherheitstechnische Überprüfungen
durch äußere und ggf. auch innere Sichtkontrolle und messtechnische Überprüfung der
Sicherheitsparameter.

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6.2. Fortbildungsveranstaltungen
Die PMG bemüht sich um Fort- und Weiterbildung von bereits im Beruf stehenden Per-
sonen. Sie hat im Berichtsjahr an zwei Fortbildungsveranstaltungen mitgewirkt, in de-
nen Krankenhaustechniker und Hersteller über sicherheitstechnische Anforderungen
der Produktnormen und die gesetzlichen „Grundlegenden Anforderungen“ des Medi-
zinproduktegesetzes an die zu vermarktenden Produkte geschult wurden. Es waren
dies:

Leitgeb, N.:
Intensivkurs Sicherheitsprüfung von Medizingeräten
Graz, 6. Juli – 7. Juli 2010

Das sicherheitstechnische
Vorschriftenwesen ist we-
sentlich geändert worden,
charakterisiert durch die
neue     Medizinproduktedi-
rektive (MDD 2007/47/EG),
die neue und vollständig
überarbeitete Sicherheits-
Basisvorschrift für elektro-
medizinische Geräte EN
60601-1, Ed.3, die im
September 2009 verbind-
lich wurde, die neue Si-
cherheitsstrategie, die vom
Hersteller nicht nur die Risikoanalyse, sondern auch die dokumentierte Durchführung
eines Risikomanagementprozesses nach EN 14971 sowie die neue Vorschrift EN
62353 für die wiederkehrende Prüfung fordert
Aus diesem Grund werden nicht nur vom Hersteller, sondern auch von den Personen,
die wiederkehrende sicherheitstechnische Prüfungen durchführen (z.B. Technische
Sicherheitsbeauftragte oder externe Prüfer) oder die medizinische Geräte in Stand set-
zen (z.B. Servicetechniker)
und vom Anwender be-
sondere Kenntnisse über
die spezifischen Gefah-
renmomente und ihr Zu-
sammenwirken sowie über
die Anforderungen für die
sichere Konstruktion und
Anwendung der Geräte
gefordert. Die neuen Vor-
schriften und Gesetzesän-
derungen haben wichtige Neuerungen gebracht, die noch mehr Fachwissen erfordern
und daher in diesem Workshop vermittelt worden sind.
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EUROPAPRÜFSTELLE FÜR MEDIZINPRODUKTE                      2010   119

Leitgeb, N., Neubauer, R.
Praxistag
Sicherheitsprüfung von Medizingeräten

Graz, 8. Juli 2010
Als Ergänzung des Intensivkurses und zur
Vermittlung praktischer Fertigkeiten, ins-
besonders zur Vermeidung von häufigen
Messfehlern („Pitfalls“) wurde in Klein-
gruppen die wiederkehrende Überprüfung
von elektromedizinischen Geräten mit
erhöhtem Gefahrenpotenzial trainiert.

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120           EUROPAPRÜFSTELLE FÜR MEDIZINPRODUKTE                     2010

6.3    Fachbuch
Leitgeb, N.:
Sicherheit von Medizingeräten.
Recht-Risiko-Chancen
Springer-Verlag, 2010
241 Seiten, 94 Abbildungen

Leitgeb, N.:
Safety of Electromedical Devices
Law - Risk - Opportunities
Springer-Verlag, 2010
230 pages, 94 Figures

Nicht zuletzt zur Information der Kunden der PMG
und als Hilfestellung bei der Umsetzung der
neuen Anforderungen wurde das Buch „Sicherheit
von Medizingeräten“ geschrieben und hat bereits
kurz nach seinem Erscheinen für großes positives
Echo gesorgt. Es ist seit Oktober 2009 in deut-
scher verfügbar und wurde ab Jänner 2010 auch
in englischer Sprache herausgebracht.
Bis vor kurzem gab es Sicherheitsnormen, die die Hersteller in Form konkreter Anforde-
rungen detailliert in die Pflicht nahmen. In der Zwischenzeit sind wesentliche Änderun-
gen eingetreten. Diese beziehen sich sowohl auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen
als auch auf die sicherheitstechnischen Vorschriften.
In vielen Bereichen wird nun nämlich der Weg
konkreter Anforderungen verlassen und der Her-
steller auf das glatte Parkett der Eigenverantwor-
tung geführt. Nun ist der Hersteller das Maß aller
Dinge. Ihm ist es jetzt übertragen, das Schutzni-
veau seines Produktes festzulegen - und zwar in
eigener Verantwortung und aufgrund eines einzu-
richtenden Risikomanagementprozesses, der weit
über die bisher geforderte strukturierte Risiko-
analyse hinausgeht und weitere Aktivitäten wie
z.B. Risikomanagementplanung und Risikobe-
herrschung durch Optionenanalyse, Verifizierung,
Validierung und laufende Evaluierung aufgrund
aktiver Marktüberwachung vorsieht. Wissens-
lücken, die zu gefährlichen Produkten und exis-
tenzbedrohenden Haftungsansprüchen führen,
können nicht nur für den Patienten, sondern auch
für die ökomonische Existenz des Herstellers zu
einer gravierenden Bedrohung werden, noch
dazu, wo eigenes schuldloses Verhalten nicht vom
Haftungsanspruch entbindet.
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EUROPAPRÜFSTELLE FÜR MEDIZINPRODUKTE                     2010   121

6.4    Homepage
Die Prüfstelle informiert ihre
Kunden durch Informations-
Aussendungen. Darüber hin-
aus über eine Homepage, in
der allgemeine Informatio-
nen über das Leistungsan-
gebot und Konformitätsbe-
wertung enthalten sind.

Aufgrund der zunehmen-
den Anzahl ausländischer
Kunden gibt es die Ho-
mepage      auch      in
Englisch.

               http://www.pmg.tugraz.at
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7.         PMG-Leistungsspektrum
Das angebotene Leistungsspektrum der PMG umfasst:

7.1        Beratung
      Beratung von Firmen über die Verpflichtungen des Herstellers von Medizinproduk-
       ten, z.B. bezüglich
            Anmeldepflichten
            die Einteilung von Medizinprodukten in die zutreffende Konformitätsklasse
            die Auswahl des optimalen Weges, um ein Medizinprodukt auf den Markt
               bringen zu können.
      Beratung von Firmen über die Verpflichtungen als Verantwortlicher Inverkehrbrin-
       ger eines im nichteuropäischen Ausland erzeugten Medizinproduktes, z.B. bezüg-
       lich
            Anmeldepflichten;
            den Verantwortlichkeiten gegenüber Kunden und Behörden;
            der rechtlichen Absicherung gegenüber dem ausländischen Hersteller.

      Beratung von Herstellern über die konformitätsgerechte Lösung von Design- und
       Herstellungsproblemen von Medizinprodukten.
                                 --------------- * * * * * ----------------

7.2        Prüfung
Folgende Prüfungstätigkeiten wurden durchgeführt1:
      EG-Baumusterprüfung
       Diese Prüfung ist für Medizinprodukte der Konformitätsklasse IIb (mit erhöhtem
       Gefährdungspotenzial) vorgeschrieben. Sie umfasst die Prüfung von
            Begleitinformation (Gebrauchsanweisung);
            sicherheitstechnischem Aufbau;
            Risikomanagement (Risikoerfassung, -analyse, -beherrschung, -überwachung);
            elektromagnetische Verträglichkeit (Emission, Netzrückwirkung und Immuni-
               tät gegenüber Fremdfeldern und statischen Entladungen);
            Biokompatibilität;
            medizinische Zweckerfüllung;
                                 --------------- * * * * * ----------------

1
    Zur Wahrung der Vertraulichkeit dürfen keine spezifischeren Angaben gemacht werden
EUROPAPRÜFSTELLE FÜR MEDIZINPRODUKTE                      2010           123

     EG-Verifikationsprüfung
      Darunter versteht man eine einer Fertigungsendkontrolle vergleichbaren Prüfung
      zur Sicherstellung gleichbleibender Herstellungsqualität. Hersteller von Medizin-
      produkten, deren Anwendungsrisiko nicht vernachlässigbar klein ist, sind ver-
      pflichtet, von einer Europaprüfstelle überwachte Qualitätssicherungsmaßnahmen
      zu ergreifen. In Fällen, in denen die Unterhaltung eines eigenen Qualitätssiche-
      rungssystems mit den entsprechenden Fixkosten nicht sinnvoll ist, ist die Auslage-
      rung der Qualitätssicherung an eine Europaprüfstelle im Sinne von EG-Verifika-
      tionsprüfungen eine effiziente wirtschaftliche Alternative, da sie mit gut kalkulierba-
      ren Stückkosten verbunden ist.
      Je nach Produktionsweise bestehen für den Hersteller zwei Alternativen:
          Stück-Verifizierung;
          Stichproben-Verifizierung falls mehrere Produkte in einem kontinuierlichen
           Produktionsprozess (Batch) gefertigt werden. In diesem Fall wird eine Zu-
           falls-Stichprobe von etwa 10 bis 15% der produzierten Geräte gezogen und
           diese Untermenge geprüft.
                             --------------- * * * * * ----------------

     Wiederkehrende Prüfung
      Gemäß den Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes sind Medizinprodukte
      gemäß den Herstellerangaben in regelmäßigen Abständen (1 – 3 Jahre) sicher-
      heitstechnisch zu überprüfen. Diese Prüfungen wurden sowohl im Haus nach Vor-
      lage des Gerätes als auch vor Ort in Gesundheitseinrichtungen durchgeführt.
                             --------------- * * * * * ----------------

7.3      Messungen
Zum Dienstleistungsangebot zählen auch nicht nur Messungen elektrischer Größen,
sondern auch die Messung und Überwachung von elektrischen, magnetischen und
elektromagnetischen Feldern in der Umwelt. Dazu zählen niederfrequente Felder von
Hochspannungsleitungen oder Transformatorstationen ebenso wie hochfrequente Fel-
der von Mobilfunk-Basisstationen.
                             --------------- * * * * * ----------------

7.4      GS-Sicherheitszeichen
Kunden erhalten das Recht zur Nutzung des GS-Zeichens bei
Geräten, die die Typprüfung oder die EG- Baumusterprüfung
bestanden haben, um die Sicherheitsprüfung durch eine akkre-
ditierte Prüfstelle auch dem Kunden zu signalisieren.
Voraussetzung für die Nutzung des GS-Zeichens ist der Ab-
schluss eines Nutzungsvertrages und ein gültiges Zertifikat oder
Prüfzeugnis über die EG-Baumusterprüfung oder eine vollstän-
dige Typprüfung.
                             --------------- * * * * * ----------------
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8.      Geschichte
Bereits am 6. August 1976 wurde als erste österreichische Prüfstelle für Medizingeräte die
„Versuchs- und Prüfanstalt für Biomedizinische Technik“ (VABMT) an der TU Graz errichtet und
mit der staatlichen Autorisation versehen. In einer Zeit, wo noch keine eigenständigen Vor-
schriften für Medizingeräte existierten, hat die Prüfstelle mit ihrem vertieften Know-How und
dem fachlichen Hintergrund einer technischen Universität Pionierarbeit geleistet und wesentlich
zur Entwicklung der Medizingerätenorm (ÖVE 0750-1:1979) beigetragen und sich seither bis
heute verantwortlich für die Weiterentwicklung der Sicherheitsvorschriften eingesetzt.

1976, 6. August: Der Vorläufer der PMG wird als „Versuchsanstalt für Biomedizini-
     sche Technik“ (VABMT) vom Bundesministerium für Wissenschaft (gemäß
     Lex Exner) eingerichtet und dem Institut für Elektro- und Biomedizinische
     Technik der TU Graz angegliedert. Sie wird damit die erste österreichische
     Prüfstelle auf dem Gebiet der Medizintechnik.
1988, 26. Dezember: Die VABMT wird vom Institut für Elektro- und Biomedizinische Technik
     abgetrennt und als “besondere Universitätseinrichtung“ gemäß § 83, lit. 1a UOG 1975
     geführt.
1995, 1. Juli: Mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angele-
     genheiten vom 23. August wird der VABMT die staatliche Akkreditierung
     zugesprochen
1995, 18. Oktober: Die VABMT wird in PMG (Prüfstelle für Medizintechnik Graz)
     umbenannt.
1996, 4. September: Die PMG wird im Zuge der organisatorischen Umstellung der TU Graz
     nach UOG 1993 ein eigenständiges „Institut“ mit der Bezeichnung „Versuchsanstalt für
     Prüf- und Sicherheitstechnik in der Medizin“, das dem Rektor direkt unterstellt wird.
1996, 12. November: Die PMG wird zur europäisch notifizierten Prüf- und Zertifi-
     zierstelle erhoben und damit Europaprüfstelle.

Seither ist die PMG autorisiert, Konformitätsprüfungen durchzuführen und
Zertifikate auszufertigen, die die Konformität von Medizinprodukten mit den europäischen
„Grundlegenden Anforderungen“ bescheinigen. Diese Zertifikate müssen im gesamten
europäischen Wirtschaftsraum anerkannt werden.

Die Ermächtigung der Prüf- und Zertifizierstelle für Medizinprodukte Graz (PMG), derartige
Zertifikate auszustellen erstreckt sich auf
         alle aktiven Medizinprodukte einschließlich dem (auch nichtaktiven) Zubehör
         alle medizinische Software
         alle aktiven medizinischen Implantate

Darüber hinaus übt die PMG (nicht akkreditierte) Gutachtertätigkeit auf dem Gesamtgebiet der
Biomedizinischen Technik aus.

Die Prüf- und Zertifizierstelle für Medizinprodukte Graz (PMG) ist an der Technischen Univer-
sität Graz eingerichtet. Der PMG kommt nach § 27 lit. 1 UG (2002) Rechtspersönlichkeit zu. Sie
arbeitet nach wirtschaftlichen Kriterien und finanziert sich und das Personal zur Gänze aus den
Eigeneinnahmen.

Als staatlich akkreditierte Stelle und Europaprüfstelle (Noti-
fied Body) verfügt die Prüfstelle über ein vollständiges und
regelmäßig durch externe Fachleute auditiertes Qualitätssi-
cherungssystem (gemäß EN 17025).
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