Telematik - eine Revolution in der Kfz-Versicherung?

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KFZ-Versicherung

Dr. Stephan C. Maier / Hendrik Todte

Telematik – eine Revolution in der Kfz-Versicherung?
Die Kraftfahrtversicherung ist ein hart umkämpftes Geschäftsfeld. Die hohe Vergleichbarkeit der Produkte und der Siegeszug der Online-Vermittler
stellen die Versicherer vor große Herausforderungen. Bereits in der jüngeren Vergangenheit haben Automobilhersteller (OEMs) der Versicherungs-
wirtschaft mit Finanzdienstleistungsprodukten erfolgreich Marktpotenziale streitig gemacht. Im Zuge des aktuellen Konnektivität-Hypes und des
gesetzlich vorgeschriebenen „eCalls“ ist von einer Vollvernetzung nahezu aller Neufahrzeuge in Europa bis 2020 auszugehen. Spätestens dann
werden OEMs auf Basis proprietärer Fahrzeugdaten innovative PAYD-/ PHYD-Produkte lancieren, die eine wesentlich individuellere Abrechnung
ermöglichen.

   Ob die Versicherungswirtschaft „stand-alo-       Versicherungswirtschaft: Die Combined              Die Wechselbereitschaft der Kfz-Versiche-
ne“ mit eigenen Produkten konkurrieren              Ratio für den gesamten Kfz-Bereich (Kfz-        rungskunden wird dies kaum bremsen: Trotz
kann, ist fraglich: Angesichts der Höhe der er-     Unfall, Kfz-Haftpflicht, Teil- und Vollkas-     entsprechender Instrumente, wie etwa dem
forderlichen Investitionen sollten Kfz-Versi-       ko) lag in 2012 bei 103% (Vorjahr: 107%), für   Rabattschutz, wird die Kfz-Versicherung zu-
cherer Kooperationsansätze mit OEMs oder            den Bereich Vollkasko bei 109% (Vorjahr:        nehmend jährlich gewechselt, allein im Jahr
Dritten intensiv prüfen. Gleichzeitig bieten        115%). Während die durchschnittlichen           2012 von 1,7 Mio. Kunden. Studien und Ver-
sich der Versicherungswirtschaft aber auch          Prämien seit 2005 um mehr als 10% sanken,       gleichsportale, die mögliche Einsparungen
Chancen, denn innovative Telematik-Tarife           sind die Schadenquoten gestiegen.               durch einen Wechsel aufzeigen, sorgen dafür,
erlauben eine regelmäßige Kundeninterakti-                                                          dass die Wechselbereitschaft von unter 40-
on und versprechen signifikante Einsparun-             Die Versicherungswirtschaft wird das         jährigen internetaffinen Kunden doppelt so
gen bei den Schadenkosten. Innovalue und            Prämienniveau daher in diesem Jahr um ca.       hoch ist wie bei Durchschnittskunden. Dies
Berylls Strategy Advisors haben die aktuellen       10-20 % anheben müssen. Um die Combi-           macht es Versicherern auch zunehmend
Trends und Stoßrichtungen der Automobil-            ned Ratio jedoch langfristig zu verbessern      schwerer, die Kfz-Versicherung als „Türöff-
hersteller und Versicherungsunternehmen ge-         und negative Effekte von Preiserhöhungen        ner“ für werthaltige Komposit- und LV-Pro-
meinsam analysiert und die Handlungsoptio-          einzugrenzen, muss ein nachhaltiger Ansatz      dukte zu nutzen.
nen bewertet.                                       gefunden werden. Mögliche Maßnahmen
                                                    neben der Reduktion der Schadenkosten              In diesem schwierigen und volatilen Um-
                                                    sind bspw. ein differenziertes und risikoadä-   feld müssen Versicherer künftig nicht nur
  Kfz-Versicherung: Wenig rentabel
                                                    quates Pricing, eine präzise und ertragsori-    die „bekannten“ Wettbewerber und die
  und hart umkämpft
                                                    entierte Selektion der Risiken, ein modula-     Combined Ratio im Auge behalten, son-
  Die Kfz-Versicherung ist seit längerem            risiertes Leistungsangebot sowie ein mehr-      dern zunehmend auch die Automobilher-
ein defizitäres Geschäft für die deutsche           wertiger Kundenservice.                         steller und deren Finanzdienstleistungs-
                                                                                                    sparten.

                                                                                                      Automobilhersteller: Zunehmende
Abbildung 1: Marktprognose Fahrzeug-Konnektivität 2010 bis 2020
                                                                                                      Eroberung der Kfz-Versicherung
                                                                                                      In der jüngeren Vergangenheit haben die
                                                                                                    Finanzdienstleistungstöchter der Automo-
                                                                                                    bilhersteller (OEM) ihren Kunden zuneh-
                                                                                                    mend erfolgreich „Sorglos- bzw. Flatrate-
                                                                                                    pakete“ offeriert, die Finanzierungs- oder
                                                                                                    Leasingangebote, Garantieleistungen und
                                                                                                    Versicherungsprodukte intelligent bündeln
                                                                                                    und dem Kunden direkt am Point of Sales
                                                                                                    (POS) beim Fahrzeugkauf angeboten wer-
                                                                                                    den. Damit konnten Rabatte teilweise ka-
                                                                                                    schiert oder „Downstream“-Erträge im ei-
                                                                                                    genen Konzern erwirtschaftet werden. In
                                                                                                    2012 lag die Penetrationsrate dieser Produk-
                                                                                                    te der Herstellerbanken bereits bei 17% –
                                                                                                    Tendenz steigend.

                                                                                                     Dr. Stephan C. Maier
                                                                                                     Managing Partner, Innovalue Management Partner GmbH
                                                                                                     Hendrik Todte
                                                                                                     Principal, Berylls Strategy Advisors GmbH

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KFZ-Versicherung

Abbildung 2: Übersicht Markteinführungen und -volumen telematikbasierter Versicherungsprodukte

  Darüber hinaus haben mittlerweile ei-             – Technologische Neuerungen wie z.B. die        (bzw. bietet ihnen die Chance), mehrwer-
nige OEMs begonnen, Sicherheitsaus-                   Elektromobilität machen eine stärkere         tige Applikationen und Services zu er-
stattungen (z.B. Park-Assistent) mit dem              Vernetzung von „Onboard“- und „Off-           schließen, welche diese Mehrkosten kom-
Angebot von Versicherungstarifen zu ver-              board“-Funktionen erforderlich (z.B.          pensieren können. Konnektivität wird
knüpfen – allerdings mehr als versteckte              Auffinden und Buchen von Elektrotank-         folglich zum strategischen Handlungsfeld
Subvention, denn als wirklicher Hebel                 stellen).                                     führender OEMs.
zur Senkung der Schadenkosten. Als
wären diese Initiativen nicht schon Her-            – Die Hersteller können durch eine konti-
                                                                                                     Risiko: OEMs entwickeln innovative
ausforderung genug für die Versiche-                  nuierliche Vernetzung der Fahrzeuge
                                                                                                     K-Produkte und treten als Versicherer
rungswirtschaft, arbeiten die Automobil-              über die „Luftschnittstelle“ und eine aus-
                                                                                                     auf
hersteller aktuell an wesentlich weitgrei-            gefeilte Datenanalytik ihre Produkte und
fenderen Innovationen.                                internen Prozesse wesentlich verbessern.        Die Suche nach attraktiven Anwendungs-
                                                                                                   fällen für die Fahrzeugtelematik hat bei ei-
                                                    – Zukünftige Innovationsfelder wie das au-     nigen OEMs zu der Erkenntnis geführt,
   Telematik-Revolution: Vollvernetzung
                                                      tonome Fahren erfordern eine umfassen-       dass fahrzeugdatenbasierte Leasing- und
   der PKW-Neufahrzeuge bis 2020
                                                      de Vernetzung der Fahrzeuge mit ihrer        Versicherungsprodukte ein attraktives und
  Nach ein paar Jahren des „Winterschlafs“            Umwelt (Car2X), um z.B. Straßenzustän-       relativ leicht zu erschließendes Geschäfts-
bauen mittlerweile nahezu alle namhaften              de und Verkehrssituationen außerhalb         feld sind. Über das Kommunikationsmodul
Automobilhersteller ihr Telematik-Angebot             von Sensor- und Radarreichweite erfas-       kann der OEM eine Vielzahl an Daten zur
intensiv aus (Vgl. Abbildung 1).                      sen zu können.                               aktuellen Laufleistung, der Quer- und
                                                                                                   Längsbeschleunigung, zu Positionsdaten
  Der Ausbau ist auf verschiedene Faktoren          – Insbesondere die ab Oktober 2015 in der      und Bremsverhalten sowie Assistenzsyste-
zurückzuführen, u.a.                                  EU gesetzlich vorgeschriebene Ein-           men (ESP, Bremsassistent etc.) generieren
                                                      führung eines fahrzeugfesten Notrufs         und diese als Tarifierungsmerkmale nut-
– OEMs adressieren das Bedürfnis der                  („eCall“) beschleunigt die Entwick-          zen.
  jüngeren Zielgruppen (Stichwort: „Di-               lung OEM-eigener Telematikprogram-
  gitial Natives“) nach einer Internetnut-            me. Der hierfür erforderliche Einbau ei-       Angesichts dieser Datenfülle besteht die
  zung im PKW, um zukünftige Absätze                  nes relativ kostspieligen Kommunikati-       Möglichkeit, Pay-as-you-drive (PAYD) und
  zu sichern.                                         onsmoduls im Fahrzeug zwingt die OEMs        Pay-how-you-drive (PHYD)-Produkte wei-

Zeitschrift für Versicherungswesen 23 | 2013                                                                                              777
KFZ-Versicherung

Abbildung 3: Kundeninteresse an telematikbasierten Versicherungen

terzuentwickeln, die in einfacher Ausprä-            fertige“ Lösungen. Erste Feldversuche deu-         Je nach Markenschwerpunkt des OEMs
gung bereits heute in Großbritannien, Itali-         ten auf Einsparpotenziale bei den Schaden-      ist es denkbar, dass innovative PHYD-Dien-
en oder den USA vorzufinden sind.                    kosten im zweistelligen Prozentbereich hin.     ste mit neuen Telematik-Sicherheitsfeatures
                                                                                                     (z.B. Geschwindigkeitslimitierung für Nut-
   So ist eine fortlaufende Fahrverhaltens-             Es ist davon auszugehen, dass zunächst       zergruppen, Geofencing von Gefahrenzo-
analyse mit flexibler Anpassung der Versi-           diejenigen Kunden auf derartige Tarife an-      nen etc.) flankiert werden. Hierfür werden
cherungsprämie denkbar: Der Kunde kann               springen, die eine direkte Perspektive auf      die Fahrzeughersteller neue Techniken zur
sein „Fahrtenbuch“ auf Webplattformen                Reduktion ihrer Prämie haben – sei es auf-      Identifikation des jeweiligen Fahrers im
des OEMs bequem einsehen und mit sei-                grund geringer Fahrleistung oder defensi-       Fahrzeug implementieren. Dies ermöglicht
nem Fahrverhalten die Höhe der monatli-              ven Fahrverhaltens. Aktuelle Kundenbefra-       wiederum eine personenspezifische Erfas-
chen Prämien nach einem Bonus/Malus-                 gungen deuten aber auch darauf hin, dass        sung des Fahrtaufkommens und -verhaltens
System steuern. Dieses ist bspw. für junge           eine Akzeptanz derartiger Produkte auch         im Gegensatz zur heute statischen Berück-
Fahranfänger attraktiv, die bis dato pau-            bei älteren Kundengruppen gegeben ist, so-      sichtigung bei der Tarifierung von K-Pro-
schal mit hohen Prämienaufschlägen belegt            fern sie hieraus einen zusätzlichen Nutzen      dukten.
werden.                                              ziehen (vgl. Abbildung 3).
   Angesichts des attraktiven Marktpotenzi-                                                             Neben spezifischen Produkten für
als ist es nicht verwunderlich, dass eine Viel-         Der relativ verhaltene öffentliche Protest   ausgewählte Zielgruppen werden die
zahl von Automobilherstellern und Versi-             über Datenschutzdefizite (z.B. bei Face-        OEMs bzw. ihre Finanzdienstleistungs-
cherungsunternehmen Pilotprojekte aufge-             book) ist ein Indiz dafür, dass der moderne     töchter die neuen Versicherungsprodukte
setzt haben, um mehr über das Nutzungs-              Kunde gewillt ist, gewisse Einbußen beim        geschickt mit den bestehenden Produkten
und Fahrverhalten potenzieller Kunden zu             Datenschutz zu akzeptieren - insbesondere       wie Finanzierung, Leasing oder Garan-
lernen (vgl. Abbildung 2). Mit einfachen             wenn ihm daraus ein Vorteil erwächst. So        tieverlängerungen kombinieren und so-
Smartphone-Apps oder sogenannten                     sind 63% der Kunden mit ursprünglichen          mit für den Kunden mehrwertige Pro-
OBD-II Dongle-Lösungen lassen sich rela-             Vorbehalten gegenüber der Verarbeitung          duktbündel erstellen. Das erklärte Ziel ist
tiv leicht Felddaten generieren und auswer-          persönlicher Daten dazu bereit, solche Da-      es, die Penetrationsrate der eigenen Versi-
ten. Etablierte Telematik-Service-Provider           ten zur Verfügung zu stellen, wenn sie im       cherungsprodukte beim Verkauf von
(TSPs) wie Octo Telematics oder innovative           Gegenzug mehrwertige Dienste erhalten           Neu- oder Gebrauchtwagen im Autohaus
Startups wie Amodo bieten hier „schlüssel-           (vgl. Abbildung 4).                             zu maximieren.

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KFZ-Versicherung

   Da der Kunde über die neuen Telema-
                                                       PAYD- und PHYD-Produkte: OEMs                   „Noch kann nicht mit
tikdienste auch nach dem Fahrzeugkauf mit
                                                       planen unterschiedliche Initiativen
dem Hersteller im Dialog bleibt, erhöht der                                                                Gewissheit gesagt
Hersteller zugleich seine Chance, bei einem            Die PAYD- und PHYD-Initiativen seitens
etwaigen Fahrzeug- oder Halterwechsel               der OEMs können verschiedene Ausprägun-            werden, inwieweit die
wieder zum Abschluss zu kommen.                     gen annehmen (vgl. Abbildung 5): Einige
                                                    OEMs werden das Versicherungsgeschäfts-              Telematikdaten die
   Über die innovative Ausgestaltung des            feld den Versicherungen überlassen, da es kein
Versicherungsproduktes hinaus werden                originäres Kerngeschäft ist. Andere werden           klassischen Tarifie-
die OEMs aber auch versuchen, ihr Teile-            sich damit begnügen, Fahrzeugdaten an
und     Service-Geschäft     abzusichern.           Partner zu lizenzieren bzw. zu verkaufen.           rungsmerkmale nur
OEMs können auf Basis von Fahrzeugda-               Wiederum andere OEMs scheuen die eigene
ten neue Aftersales-Dienste rund um Ser-            Produktentwicklung und werden versuchen,              ergänzen oder gar
vice & Wartung, Panne („bCall – Break-              Produktentwicklungspartner für „White-La-
down Call“) bis hin zur Unfallhilfe kreie-          bel“-Produkte zu finden, die dann als PHYD-             ablösen werden“
ren – in Echtzeit an die Fahrsituation              Produkte unter der Marke des Automobilher-
angepasste Dienste, die das Werkstattrou-           stellers offeriert werden.
ting der Versicherungswirtschaft unter-
laufen können. Bisher hat der Kunde im                 Besonders aggressive OEMs werden von          klassischen Tarifierungsmerkmale nur er-
Pannenfall seine Versicherung verstän-              der eigenen Produktgestaltung, über die Ri-      gänzen oder gar ablösen werden.
digt und diese hat die Schadensteuerung             sikoübernahme bis hin zum Schadenmana-
veranlasst. Zukünftig detektiert der OEM            gement alle werthaltigen Geschäftsfelder           Angesichts des zukünftig hohen Vernet-
den kleinsten „Parkrempler“ in Echtzeit             besetzen.                                        zungsgrades insbesondere bei Neufahrzeu-
und tritt mit dem Fahrer über das verbau-                                                            gen, werden PHYD/PAYD-Tarife darüber
te Telematik-System in Dialog bzw. routet             Noch kann nicht mit Gewissheit gesagt          hinaus für den gewerblich genutzten Be-
ihn in das eigene Werkstattnetz.                    werden, inwieweit die Telematikdaten die         reich attraktiv werden (z.B. für Dienstwa-

Abbildung 4: Datenschutz – Zustimmung zur Datenverarbeitung bei konkreten Diensten

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KFZ-Versicherung

Abbildung 5: Potenzielle Ausprägungen von PAYD- und PHYD-Produkten

genfahrer ohne persönliche SFR-Historie,            schäfts am Gesamtportfolio oder aufgrund           Welche Marktsegmente sollen oder kön-
Fuhrparks von gewerblichen Kunden etc.).            der allgemeinen Bedeutung dieses Ge-               nen adressiert werden?
                                                    schäftsfelds auf diesen Trend angemessen
   Die zunehmende Attraktivität des PHYD-           reagieren wollen, gilt es, ein tragfähiges Ge-      OEMs werden aufgrund ihrer starken
Produktsegments zeigt sich auch im Bemühen          schäftsmodell abzuleiten und zu hinterfra-       Absatzorientierung mit einem eigenen
von Mobilfunkanbietern wie Telefonica oder          gen, welche Markteintrittsstrategie verfolgt     PHYD-Angebot v.a. Neufahrzeuge (späte-
Vodafone und Content-Providern wie bei-             werden soll:                                     stens mit Beginn der eCall-Gesetzgebung)
spielsweise TomTom, eigene PHYD-Pilotpro-                                                            adressieren; Angebote für den im Markt be-
jekte zu initiieren. Diese Firmen suchen Op-        – Eintritt in den PHYD-Markt aus eigener         findlichen Fahrzeugbestand sind vorerst
portunitäten in angrenzenden Geschäftsfel-            Kraft, z.B. mit einer „Black-Box“-Lösung       nicht zu erwarten. Dies kann der Versiche-
dern. Für K-Versicherer sind sie eine               – Kooperation mit einem Nicht-OEM-               rungswirtschaft die Chance für eine schnel-
interessante Alternative zu den OEMs, da sie          Partner, z.B. Mobilfunk- & „Dongle“-           le, herstellerunabhängige Marktdurch-
umfangreiche Erfahrungen mit datenbasier-             Partner oder                                   dringung bieten. Hier ist zu prüfen, welche
ten Geschäftsmodellen haben und komple-             – Kooperation mit einem oder mehreren            Kundensegmente (das alleinige Segment
mentäre Ziele bei der Verarbeitung von Kun-           OEMs, die bspw. kein eigenes Versiche-         Fahranfänger ist volumenmäßig zu unat-
deninformationen verfolgen.                           rungsgeschäft forcieren                        traktiv) eine hohe Affinität zu telematikba-
                                                                                                     sierten Tarifen haben und welche spezifi-
                                                       Hierbei ist zu beachten, dass die gewählte    schen Bedürfnisse hierbei zu berücksichti-
  Strategie: Markteintrittsoptionen für
                                                    Markteintrittsstrategie maßgeblich durch         gen sind.
  klassische Kfz-Versicherer
                                                    den präferierten Technologieansatz be-
  Unabhängig davon, wie schnell das An-             stimmt wird (vgl. Abbildung 6).                    Welches PHYD-Wertversprechen soll
gebot neuer PHYD/PAYD-Produkte den                                                                     den Zielkunden offeriert werden?
Massenmarkt erreichen wird, ist aus heuti-
                                                      Management: 10 Fragen, die sich
ger Sicht davon auszugehen, dass dieser                                                                Es ist zu prüfen, durch welche Produktei-
                                                      Versicherer stellen sollten
Trend nicht aufzuhalten ist.                                                                         genschaften ein PHYD-Versicherungspro-
                                                       Vor der Entscheidung für ein PAYD- und        dukt differenzierend wird, um einerseits ei-
  Für Versicherungsunternehmen, die we-             PHYD-Geschäftsmodell sind zehn Kern-             nen nachhaltigen Erfolg im Markt zu erzie-
gen des relativen Anteils des Kraftfahrtge-         fragen zu beantworten:                           len und andererseits dem Kunden ein

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KFZ-Versicherung

ganzheitliches Produkterlebnis zu bieten.           nutzen bzw. erforderlichen Integrationsauf-       Erfahrungen in der Datenanalytik und dem
Beispielsweise ist eine laufende Anpassung          wand. Der Versicherer muss hier eine „Ma-         Mikropayment.
der Prämie (Bonus/Malus) nur sinnvoll,              ke-or-Buy“-Entscheidung herbeiführen.
wenn der Kunde seine gefahrenen Strecken                                                                Welche Synergien können in angrenzenden
einsehen kann und ihm die Bewertung des               Welche Kooperationen oder Partner-                Geschäftsfeldern erschlossen werden?
Versicherers transparent ist (z.B. wann un-           schaften sind denkbar?
sachgemäßes Fahrverhalten festgestellt                                                                   Die Versicherungsgesellschaft muss kri-
wurde). Dieses erfolgt idealerweise auf einer          Sofern das Spektrum eigener, mehrwerti-        tisch prüfen, ob sie das reine K-Produkt auf
webbasierten Kundenplattform, die die               ger Anwendungen auf Basis von Telema-             Basis von Telematikdaten (Geoposition,
Fahrhistorie im Abrechnungszeitraum vi-             tikdaten potenziell nicht ausreicht, sollte die   Fahrerprofil etc.) mit mehrwertigen Dien-
sualisiert; nur dann gewinnt der Kunde das          Versicherungsgesellschaft Kooperations-           sten wie Assistance, Concierge-Services o.ä.
nötige Vertrauen in das Produkt.                    ansätze mit ausgewählten OEMs verfolgen,          verknüpfen kann. Andernfalls sind techno-
                                                    die das Versicherungsprodukt nicht als            logische Mehrkosten in Eigenleistung wohl
   Welcher Technologieansatz soll                   Kerngeschäft erachten oder Fahrzeugdaten          kaum zu kompensieren.
   verfolgt werden?                                 im Sinne eines Lizenzgeschäfts bereitstel-
                                                    len. Neben den OEMs sind Mobilfunkan-               Welcher Vertriebsansatz soll
   Die Vernetzung der Fahrzeuge zum                 bieter (MNOs) angesichts erodierender               verfolgt werden?
Zwecke der regelmäßigen Datenübertra-               Sprach- und Datenerträge bestrebt, auto-
gung kann mit zunehmender Integrati-                mobilnahe Geschäftsmodelle zu er-                    Die Automobilhersteller werden den
onstiefe von einem sogenannten „Dongle“,            schließen.                                        Vertrieb von PHYD-Produkten voraus-
der auf die Onboard-Diagnose-Schnittstel-                                                             sichtlich mit Sicherheits-Sonderausstat-
le aufgesteckt wird, über eine App auf einem          Für eine genaue Eingrenzung der idealen         tungen oder den übrigen Finanzdienstlei-
Smartphone bis hin zu einem fest verbauten          Partner müssen die Wertschöpfungsketten           stungsprodukten verknüpfen und den
Kommunikationsmodul („Blackbox“ inkl.               von PHYD-Produkten im Detail analysiert           Vertrieb im Autohaus aktiv incentivieren,
GPS-Sender und Mobilfunksender) vari-               und ideale Leistungserbringer für die ein-        weil hier auch das eigene Werkstattge-
ieren. Jede Lösung hat unterschiedliche             zelnen Aktivitäten bestimmt werden;               schäft abgesichert werden kann. Alterna-
Auswirkungen auf den erlebbaren Kunden-             MNOs haben beispielsweise umfangreiche            tiv kann das PHYD-Produkt über den

Abbildung 6: Gegenüberstellung – Lösungsansätze zur Lancierung von PAYD- und PHYD-Produkten

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KFZ-Versicherung

Online-Kanal vertrieben werden, zumal             tion der Schadenkosten erzielt werden            prüfen, wie schnell die Wirtschaftlich-
der Kunde seine Fahrhistorie einsehen             kann, wird das Produkt Mehrwert stiften.         keitsschwelle bei einer reduzierten
wollen wird. Inwieweit der Vertrieb über                                                           PHYD/PAYD-Prämie erreicht wird. An-
die klassische Außenorganisation gelin-             Wie kann umfassender Datenschutz und           gesichts des aktuell ruinösen Preisniveaus
gen kann, ist fraglich. Versicherer müssen          Transparenz gewährleistet werden?              in der K-Versicherung ist zu bezweifeln,
ihre Kompetenzen hinsichtlich des Multi-                                                           dass die Mehrkosten für eine hochwertige
kanalvertriebes (d.h. stationär, Web, mo-            Kunden sind zunehmend für den poten-          „Black Box“ allein durch das Versiche-
bile Endgeräte etc.) ausbauen, um die             ziellen Missbrauch ihrer Daten sensibili-        rungsprodukt getragen werden können.
Chancen einer hochfrequenten Interakti-           siert. Die Versicherung muss sicherstellen,
on mit dem Kunden in Geschäftspoten-              dass sie höchsten Ansprüchen an den Da-            Wie sieht das richtige Betriebsmodell aus?
ziale ummünzen zu können.                         tenschutz und die restriktive Verwendung
                                                  der persönlichen Bewegungsdaten gerecht            In Abhängigkeit von der Beantwortung
  Welche Anforderungen an Prozesse                wird. Der Kunde muss z.B. stets darüber in-      der vorstehenden Fragen ergeben sich un-
  und Ressourcen ergeben sich?                    formiert werden, wenn seine Bewegungsda-         terschiedliche Anforderungen an die kon-
                                                  ten aufgezeichnet werden und unter Um-           krete Ausprägung des Geschäftsmodells.
  PHYD-Produkte bedeuten eine Abkehr              ständen die Möglichkeit haben, dieses zu         Das Betriebsmodell muss einen günstigen
von einer klassischen Tarifierung im Rah-         unterbinden.                                     Betrieb ermöglichen, um den Business Case
men des Underwritings bzw. der Tarifan-                                                            zu unterstützen. Deshalb und wegen der
passung im Schadenfall. Eine fortlaufen-            Wie kann ein belastbarer Business              technologischen Voraussetzungen wird
de und f lexible Anpassung der Prämie an-           Case erzielt werden?                           man weitgehend auf Automatisierung von
hand unterschiedlichster Variablen wie                                                             Vertrags- und Schadenbearbeitung setzen.
Lauf leistung, Beschleunigungsverhalten           Allen technischen Lösungen gemein ist,           Noch stärker als bei bestehenden Betriebs-
etc. und die entsprechende Kundeninter-           dass hier Hardwarekosten von 50 bis 300          modellen wird der Service telefoniegetrie-
aktion stellen neue Herausforderungen             Euro anfallen, die den Business Case des         ben sein, um über die „Standard-Aufga-
an die Agilität der Systeme und Prozesse          Produktes erheblich belasten. Diese Kos-         ben“ hinaus passgenaue und intelligente
sowie an die Mitarbeiterqualifikationen.          ten lassen sich nur teilweise auf den Kun-       Lösungen im Sinne mehrwertiger Dienste
Nur wenn eine überproportionale Reduk-            den abwälzen und dieser wird kritisch            anbieten und realisieren zu können.

Dr. Harald Haller

Telematik-Tarife: Mehr Wettbewerb in der Kfz-Versicherung
durch neue Produkte
Im September fand in Frankfurt am Main die Internationale Automobilausstellung, die IAA, statt. Die großen Themen der Hersteller lauteten Elek-
tromobilität und Internet-Vernetzung. Diese Zukunftsthemen stehen ganz oben auf der Agenda und werden mit entsprechend hohen Investitionen
unterlegt. Von der Vernetzung des Autos mit Internetdiensten versprechen sich Kfz-Herstellern neue Anwendungen und Services: Apps für Unter-
haltung, Navigation, Kommunikation, Fahrzeugservices sowie Techniken, die den Fahrer unterstützen. Neue Lösungen, die sich unmittelbar auf
die Tarifierung in der Kfz-Versicherung auswirken, sind ebenfalls möglich. In einigen Ländern sind Telematik-basierte Versicherungstarife bereits
heute am Markt. In Deutschland soll es ab dem nächsten Jahr soweit sein: Dann will beispielsweise Telefónica Deutschland mit der Marke O2 ab
2014 Telematik-Tarife anbieten. Die steigenden technischen Möglichkeiten und die Eisbrecher-Funktion eines bis dato Branchenfremden lassen
eine Zunahme von sogenannten Pay-as-you-drive-Tarifen erwarten. Dieser Beitrag soll die Grundlagen analysieren sowie einen Ausblick auf die zu
erwartende Entwicklung geben.

  Technologien, die bereits am Markt eta-         mann oder Fahrzeiten, können so berück-          gressive allen Autofahrern, auch denjeni-
bliert sind oder kurz vor der Serienreife ste-    sichtigt werden. Alle diese Aspekte werden       gen, die bei anderen Anbietern versichert
hen, bieten bereits heute alles, was nötig ist,   unter Einsatz bekannter Technologien wie         sind, an, kostenlos die Telematik-gestützten
um Telematik-basierte Kfz-Versicherungs-          GPS, elektronische Auswertung und Proto-         Angebote zu nutzen. Progressive stellt den
tarife anzubieten. Schon heute werden ne-         kollierung der Fahrdaten beispielsweise im       Fahrern ein Gerät, kleiner als eine Compu-
ben der jährlichen Fahrleistung Gruppie-          Bordcomputer erfasst. Ein in der Spediti-        ter-Maus, zur Verfügung. Damit wird doku-
rungsmerkmale wie Alter, Schadenfreiheit,         onsbranche gängiges Verfahren, das hilft,        mentiert, wann wie weit gefahren wurde so-
Geschlecht sowie Beruf in die Tarifberech-        Häufigkeit und Schwere von Unfällen zu           wie wie oft und stark man gebremst hat.
nung integriert. In Pay-as-you-drive-Pro-         reduzieren.
dukten werden zusätzlich Individualdaten                                                            Dr. Harald Haller,
über die Fahrweise des Versicherten erho-           In den USA sind bereits seit einiger Zeit       Versicherungsexperte und Direktor Business Development,
ben und integriert. Spezifische Parameter         entsprechende Angebote auf dem Markt.             Zühlke Engineering Deutschland
wie Bremsdruck, Abstand zum Vorder-               Seit Juli 2012 bietet der Versicherer Pro-

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