Fahrplan Anpassung an den Klimawandel - Schleswig-Holstein

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Fahrplan Anpassung an den Klimawandel - Schleswig-Holstein
Ministerium für Landwirtschaft,
                   Umwelt und ländliche Räume
                  des Landes Schleswig-Holstein

Fahrplan Anpassung an den Klimawandel

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Fahrplan Anpassung an den Klimawandel - Schleswig-Holstein
Impressum

Herausgeber:

Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein,

Mercatorstraße 3, 24106 Kiel

Druck: Neue Nieswand Druck GmbH Druckerei, Kiel

Auflage: 1500 Stück

Dezember 2011

Das Ministerium im Internet: www.landwirtschaftsministerium.schleswig-holstein.de

Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der schleswig-holsteinischen Landes-

regierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder

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Fahrplan Anpassung an den Klimawandel - Schleswig-Holstein
Inhaltsverzeichnis

Vorwort Ministerin Dr. Juliane Rumpf.......................................................................................................................................5
Klimawandel in Norddeutschland..............................................................................................................................................7
   Schon jetzt zu beobachtende Klimaänderungen....................................................................................................................7
   Mögliche Änderungen in der Zukunft ...................................................................................................................................9
   Wozu dient der Fahrplan Anpassung? ................................................................................................................................11
Welche Arbeitsprozesse und Konzepte zur Anpassung existieren bereits auf EU-, Bundes- oder Landesebene?.................13
Welche Erkenntnisse über den Klimawandel liegen in Schleswig-Holstein bereits vor?........................................................13
Welche Erkenntnisse bestehen und welche Ansätze zur Anpassung sind schon ergriffen?..................................................18
   Boden..................................................................................................................................................................................18
   Grundwasser.......................................................................................................................................................................24
   Meeresökologie...................................................................................................................................................................30
   Küstenschutz.......................................................................................................................................................................34
   Landwirtschaft.....................................................................................................................................................................40
   Biologische Vielfalt...............................................................................................................................................................44
   Forstwirtschaft.....................................................................................................................................................................50
Welche übergreifenden Projekte laufen oder sind in Planung?...............................................................................................54
Was sind die weiteren Arbeitsschritte auf dem Weg zu Landes-Anpassungsstrategien? Ein Ausblick!................................57
Abkürzungen............................................................................................................................................................................63

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Fahrplan Anpassung an den Klimawandel - Schleswig-Holstein
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Fahrplan Anpassung an den Klimawandel - Schleswig-Holstein
Sehr geehrte Damen und Herren,

der Klimawandel ist in Deutschland bereits messbar.      Die Anpassung an den Klimawandel betrifft viele
Wir müssen uns auf Veränderungen durch steigende         Handlungsbereiche und verschiedene Handlungsträger.
Temperaturen und Veränderungen der Niederschläge         Mit dieser Veröffentlichung möchte ich einen nötigen
einstellen. Selbst ein weltweites Zurückfahren der       Diskussionsprozess anstoßen. Ich würde mich freuen,
Klimagasemissionen auf das Niveau von 1990 wird ein      wenn durch diese Lektüre Anstöße gegeben werden,
Fortschreiten des Klimawandels auch in Schleswig-        um das durch den Klimawandel Unvermeidbare so weit
Holstein zunächst nicht bremsen können. Deshalb ist es   wie möglich beherrschbar zu machen.
wichtig jetzt abzuschätzen, welche Klimaänderung
in unserem Land welche Klimafolgen hervorruft.
Hierfür brauchen wir u.a. eine fundierte Untersuchung
der konkreten Risiken. Auf deren Grundlage können wir
Strategien für eine Abmilderung der Auswirkungen
des Klimawandels in kritischen Bereichen erarbeiten.     Dr. Juliane Rumpf
Da dies nicht von heute auf morgen realisierbar ist,     Ministerin für Landwirtschaft,
haben wir in dieser Broschüre den Prozess dargestellt,   Umwelt und ländliche Räume
wie wir eine Strategie für die Anpassung an die Folgen   des Landes Schleswig Holstein
des Klimawandels in Schleswig-Holstein erarbeiten
wollen, die über die allgemeinen Aussagen der
Deutschen Anpassungsstrategie (DAS) hinausgeht.

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Fahrplan Anpassung an den Klimawandel - Schleswig-Holstein
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Fahrplan Anpassung an den Klimawandel - Schleswig-Holstein
Klimawandel in Norddeutschland

    Schon jetzt zu beobachtende Klimaänderungen
    Das Klima in Norddeutschland hat sich – wie in vielen
    anderen Regionen der Welt – bereits deutlich verändert.
    Die Wetteraufzeichnungen der letzten 100 Jahre
    belegen einen Anstieg der Temperatur um etwa 1 °C,
    mit einer Beschleunigung in den letzten 30 Jahren.
    Die jährlichen Niederschläge haben zugenommen mit
    einer Tendenz zu trockeneren Sommermonaten und
    einer deutlichen Zunahme des Niederschlags im
    Herbst und Winter.
    Der Meeresspiegelanstieg längs der Küste liegt bei
    20 cm und auch Sturmfluten sind angestiegen.
    Im ökologischen Bereich sind frühere Blühtermine bei
    Pflanzen und längere Vegetationsperioden eingetreten
    und seit einiger Zeit sind neue wärmeliebende Arten
    in Elbe, Wattenmeer und Nordsee anzutreffen.

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Fahrplan Anpassung an den Klimawandel - Schleswig-Holstein
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Fahrplan Anpassung an den Klimawandel - Schleswig-Holstein
Mögliche Änderungen in der Zukunft
Nach allen vorliegenden Kenntnissen wird sich
dieser Trend fortsetzen. Aktuelle Forschungen
sind beispielsweise im Norddeutschen Klimaatlas1
dokumentiert. Danach sind ein Temperaturanstieg
bis max. 4,7 °C bis 2100 und eine Änderung der
Niederschläge mit einer Abnahme von max. 41 % im
Sommer und einer Zunahme von max. 53 % im Winter
möglich. Der Meeresspiegelanstieg wird langfristig
signifikant zunehmen; nach dem UNO-Weltklimarat
IPCC ist mit Werten zwischen 0,2 und maximal 0,8
m bis 2100 zu rechnen. Die Sturmflutwasserstände
könnten in der Deutschen Bucht und der Tideelbe
bis 2100 um 3 bis 11 Dezimeter höher auflaufen als
heute. Belastbare Aussagen über mögliche Änderungen
der Extremniederschläge und – in der Folge –
Binnenhochwasser existieren bisher nicht. Aus diesem
Grund wird der Binnenhochwasserschutz in diesem
Bericht noch nicht weiter vertieft. Die Änderungen
des Klimas werden Auswirkungen auf Natur- und
Wirtschaftsräume mit sich bringen.

1
    www.norddeutscher-klimaatlas.de/klimaatlas/2071-2100/jahr/durchschnittliche-temperatur/

metropolregion-hamburg.html

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Fahrplan Anpassung an den Klimawandel - Schleswig-Holstein
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Wozu dient der Fahrplan Anpassung?

Die zu erwartenden Klimaänderungen und ihre Folgen         • auf laufende oder geplante Untersuchungen zur
erfordern Anpassungsmaßnahmen in verschiedenen               Vertiefung des Kenntnisstandes hinweisen,
gesellschaftlichen Handlungsfeldern wie Land-              • bereits ergriffene oder vorgesehe Handlungsansätze
und Forstwirtschaft, Küstenschutz, Naturschutz oder          skizzieren sowie abschließend übergreifend den
Wasserwirtschaft. Diese müssen vorausschauend                weiteren Prozess zur Erarbeitung von Anpassungs-
geplant und schrittweise umgesetzt werden.                   strategien skizzieren.
Ein Dilemma besteht darin, dass sich derzeit zwar Trends
erkennen lassen, genaue Prognosen der zu erwartenden       Dies geschieht zunächst für ausgewählte
Veränderungen aber schon aus naturwissenschaftlichen       Handlungsbereiche und Sektoren:
Gegebenheiten heraus unmöglich sind. Hierauf muss          • Wasserwirtschaft inkl. Grundwasser,
sich eine Handlungsstrategie einstellen. Sie muss          • Küstenschutz,
eine Verbreiterung des Wissensstandes einschließen,        • Boden,
gleichzeitig aber auch Flexibilitäten ermöglichen und      • Biologische Vielfalt,
unterschiedliche Optionen betrachten. All dies soll        • Forst- und Landwirtschaft.
mit einer Anpassungsstrategie für Schleswig-Holstein
erreicht werden. Die aufgezeigten Herausforderungen        Ergebnis des geschilderten Arbeitsprozesses können
machen deutlich, dass eine Strategieplanung quasi „aus     eine übergreifende, aber durchaus auch mehrere Teil-
einem Guss“ schwierig, wenn nicht unmöglich ist. Das       Anpassungsstrategien sein. Nach derzeitigem Stand ist
Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche       durchaus denkbar, dass aufgrund der unterschiedlichen
Räume (MLUR) des Landes Schleswig-Holstein hat sich        Herausforderungen und Wissensstände in den einzelnen
daher zu einem Stufenkonzept entschlossen. In einem        Sektoren mehrere fachspezifische Anpassungsstrategien
ersten Schritt wird zunächst dieser Fahrplan vorgelegt.    parallel – ggf. auch mit zeitlicher Versetzung – entwickelt
Er soll den Weg hin zur Anpassungsstrategie skizzieren.    werden.
                                                           Der Fahrplan richtet sich an all diejenigen, die sich in
Im Einzelnen will er                                       Schleswig-Holstein mit Anpassungsmaßnahmen an
• bereits vorhandene Erkenntnisse über mögliche Verän-     den Klimawandel in den unterschiedlichen Sektoren
   derungen durch den Klimawandel dokumentieren,           beschäftigen müssen und wollen.

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Welche Arbeitsprozesse und Konzepte zur Anpassung
existieren bereits auf EU-, Bundes- oder Landesebene?1a
Europäische Union                                              der Aufstellung und der alle sechs Jahre erfolgenden
Die EU-Kommission hat im April 2009 mit dem Weißbuch           Fortschreibung der Bewirtschaftungspläne und Maß-
Klimaanpassung einen Rahmen für die Anpassung                  nahmenprogramme mit berücksichtigt.
auf EU-Ebene gesetzt2 . Die Kommission möchte die
bestehenden Aktivitäten der Mitgliedstaaten stärken            Bereits mit dem Bericht „Impacts of Europe´s changing
und durch koordinierte Maßnahmen auf EU-Ebene                  climate - 2008 indicator based assessment”3 hatte
unterstützen.                                                  die Euro-päische Umweltagentur (EEA) gemeinsam mit
Sie sieht Ihre Rolle insbesondere dort, wo Folgen des Klima-   anderen europäischen Institutionen zuvor begonnen,
wandels die Grenzen einzelner Länder überschreiten – etwa      schrittweise die Datenbasis für die Anpassung an den
bei gemeinsamen Flusseinzugsgebieten oder Meeren sowie         Klimawandel in Europa zu verbessern.
in großen, zusammenhängenden Naturräumen.                      Der EEA Report stellt beobachtete und projizierte
                                                               Folgen des Klimawandels in Europa dar mit dem Ziel,
Im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinien zur Regelung          Handlungsfelder und Sektoren mit hohen Vulnerabilitäten
der Wasserwirtschaft (Wasser-Rahmenrichtlinie, Hoch-           und der Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen zu
wasserrisikomanagementrichtlinie, Meeresstrategie-             identifizieren.
Rahmenrichtlinie) werden die Auswirkungen des
Klimawandels auf die Schutzgüter mit geprüft und bei

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Bundesregierung                                            und Netzwerkbildung, rechtliche oder technische
Am 17. Dezember 2008 hat das Bundeskabinett die            Rahmensetzung sowie Förderpolitik.
Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel
(DAS) beschlossen. Diese schafft einen Rahmen              Bundesländer
zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in            Auch die Bundesländer haben damit begonnen
Deutschland. Sie stellt vorrangig den Beitrag des Bundes   Anpassungsstrategien für ihre Zuständigkeitsbereiche
dar und bietet auf diese Weise eine Orientierung für       unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten
andere Akteure. Die Strategie legt den Grundstein für      zu entwickeln. Bei aller Unterschiedlichkeit zeigen
einen mittelfristigen Prozess, in dem schrittweise mit     die bislang vorlie­genden Strategieansätze und Maß­
den Bundesländern und anderen gesellschaftlichen           nahmenkataloge eine ähnliche Struktur. Ausgehend
Gruppen die Risiken des Klimawandels bewertet, der         von den Erkenntnissen des 4. Sachstandsberichtes
mögliche Handlungsbedarf benannt, die entsprechenden       des Weltklimarates (IPCC) von 2007 zu globalen
Ziele definiert sowie mögliche Anpassungsmaßnahmen         Klimaänderungen bemühen sich die Länder zunächst
entwickelt und umgesetzt werden sollen. Derzeit wird       um kleinräumigere Kli­maprojektionen. Erste Bundes-
ein Evaluationskonzept für die fortlaufende Umsetzung      länder haben darauf aufbauend Verletzlichkeits-/
der DAS unter Einbindung der Bundesländer und              Anfälligkeitsstudien („Vulnerabilitätsstudien“) zur
unter fachwissenschaftlicher Begleitung durch das          Konkretisierung der Klimafolgen begonnen. Nur in
Umweltbundesamt erarbeitet.                                einigen Bun­desländern werden Maßnahmen zur
                                                           Klimaanpassung und deren Um­set­zung bereits konkret
Zur Konkretisierung der DAS hat das Bundeskabinett         beschrieben bzw. geregelt.
im August 2011 den „Aktionsplan Anpassung“
verabschiedet. Er befasst sich nicht mit Einzelsektoren,   1a Text aus „Daten- und Konzeptanalyse für ein Klimafolgen-Monitoring als Basis einer

                                                           Berichter-stattung für das Ressort des MLUR“ Von: Petra van Rüth, Achim Daschkeit (UBA
sondern formuliert Querschnittsmaßnahmen der
                                                           KomPass) 30.04.2011, 2 Commission of the European Communities (2009): WHITE PAPER
Bundesregierung in den Bereichen Informations-
                                                           Adapting to climate change: Towards a European framework for action, 3 http://ec.europa.
vermittlung, Ausbau der Forschungs- und Informations-      eu/environment/climat/adaptation/index_en.htm, http://www.eea.europa.eu/pressroom/
infrastruktur, Unterstützung von Dialog, Beteiligung       newsreleases/europe-needs-to-intensify-actions-to-adapt-to-climate-change-impacts

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Welche Erkenntnisse über den Klimawandel
liegen in Schleswig-Holstein bereits vor?
Grundlagen                                                     Die Herausforderung gegenüber den recht
Um heute Entscheidungen für die Zukunft treffen zu             groben globalen Klimaprojektionen besteht darin,
können, benötigen wir Anhaltspunkte wie sich das Klima         mögliche Entwicklungen zu regionalisieren, so dass
konkret in Schleswig-Holstein ändern könnte. Auch für          spezifischere Aussagen für ein Bundesland möglich
Norddeutschland bilden die globalen Klimamodelle die           sind. Hierzu sind verschiedene Modelle entwickelt
Grundlage für eigene Berechnungen. Um verschiedene             worden, die sich in statistische (WETTREG, STAR)
zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten des Klimas                und dynamische (REMO, CLM) Verfahren einteilen
zu erfassen, legt der Weltklimarat unterschiedliche            lassen. An laufenden Fortentwicklungen der Modelle
Szenarien für die weitere gesellschaftlich-wirtschaftliche     ist auch Schleswig-Holstein beteiligt. Gegenüber
Entwicklung und darauf aufbauend unterschiedliche              dem Klimaschutzbericht der Landesregierung 2009
Emissionsannahmen zugrunde. Dazu hat er Szenarien-             sind jetzt verbesserte Datenreihen aus neueren
Familien (A1, A2, B1, B2) definiert, die sich z.B.             Modellrechnungen mit WETTREG 2010 verfügbar.
hinsichtlich technischer Entwicklungen, Nutzungen              Sowohl die Modellrechnungen aus 2006 als auch die
fossiler und Ausbau Erneuerbarer Energien sowie                2010er Datenreihen werden parallel genutzt. Als Beispiel
Bevölkerungsentwicklung unterscheiden. Grundsätzlich           werden hier die Projektionszeiträume 2021 bis 2050 und
führen die „A“-Szenarien aufgrund der getroffenen              2071 bis 2100 für einen meteorologischen Sommer und
Annahmen zu höheren Erwärmungen als die „B“-                   einen Winter mit WETTREG-Daten des Jahres 2010 für
Szenarien. Extreme Werte liefern die Szenarien A1FI            Temperatur und Niederschlagsmengen gewählt.
und A2. Die im nebenstehenden Kasten aufgeführten              Im Rahmen der Erarbeitung einer Anpassungsstrategie
Kriterien in A1B charakterisieren eine mittlere Entwick-       für Schleswig-Holstein werden aber sämtliche
lung und werden daher exemplarisch für diesen                  zur Verfügung stehenden Modelle ausgewertet
Bericht zur Darstellung möglicher Klimaentwicklungen           (Ensembletechnik; Erläuterungen siehe weiter unten).
herangezogen – auch wenn konstatiert werden muss,
dass die tatsächliche weltweite Emissionsentwicklung
der letzten Jahre sich eher am oberen Rand der Szenarien
abspielt, also z. B. A1FI die reale Entwicklung eher trifft.

  14
Projektionen sind keine Prognosen!

                                                                                          • Projektionen stellen unter bestimmten Annahmen
                                                                                            mögliche zukünftige Entwicklungen dar.
Die Grafiken auf den Folgeseiten zeigen jeweils die
                                                                                            Bestehende Klimamodelle liefern ausschließlich
projezierten Veränderungen gegenüber dem Basiszeitraum.
                                                                                            Projektionen
So wird danach der Sommer z.B. im Projektionszeitraum
2021 – 2050 um rd. 1°C wärmer. Aufgrund der geringen
                                                                                          • Prognosen stellen eine zukünftige Situation dar,
Fläche und der kleinen Höhen-unterschiede in Schleswig-
                                                                                            die für wahrscheinlich gehalten wird.
Holstein gibt es keine großen Temperaturunterschiede
                                                                                            Prognosen sind allein für kurzzeitige Wetterent-
im Land. Bis 2100 ist eine deutliche Steigerung der
                                                                                            wicklungen, nicht aber Klimaveränderungen
Temperaturen zu erkennen.
                                                                                            möglich.
Im Norden sind die Temperaturen geringfügig kälter als
im Süden von Schleswig-Holstein. Auch im Winter steigen
die Temperaturen im gleichen Muster wie im Sommer
an. Die Niederschläge nehmen im Projektionszeitraum                                       A1B (Mittleres Emissionsszenario)
2071-2100 im Sommer deutlich ab, am stärksten
im Norden von Schleswig-Holstein, während sie im                                          Annahmen:
Winter stärker zunehmen. Auch hier zeigt sich eine                                        • Global orientierte Entwicklung mit starkem
Differenzierung. An der Ostseeküste und in einem                                          		 Wirtschaftswachstum
Streifen auf der Linie Kiel-Hamburg zeigen die Grafiken die                               • Schnelle Einführung neuer und effizienter
höchste Niederschlagsveränderung. Das Norddeutsche                                          Techniken
Klimabüro1 hat unter Nutzung dieser neuen Modelle mit                                     • Nutzung fossiler und erneuerbarer Energien
dem Norddeutschen Klimaatlas ein digitales Internet-                                      • Anstieg der Weltbevölkerung bis Mitte des
Tool entwickelt, mit dem sich Anwender selbständig                                          21.Jahrhunderts, gefolgt von einer Abnahme
über zukünftige Klimaänderungen in Norddeutschland                                          der Weltbevölkerung
informieren können. Der Klimaatlas ist interaktiv konzipiert.                             • Anstieg der CO2-Emissionen bis Mitte des
                                                                                            21. Jahrhunderts, danach leichter Rückgang
                                                                                            bis 2100

1 Institut für Küstenforschung, Helmholtz-Zentrum Geesthacht, Zentrum für Material- und

Küstenforschung GmbH, www.norddeutsches-klimabuero.de

                                                                                                                                           15
Basiszeitraum 1961 - 1990                                                                                                       Projektionszeitraum 2021 - 2050                                                                     Projektionszeitraum 2071 - 2100
(absolute Werte in °C)                                                                                                          (Änderungssignal zum Basiszeitraum in °C)                                                           (Änderungssignal zum Basiszeitraum in °C)
WETTREG 2010; EH_L1; A1B; Simulation:Mittel; Mittel_Temp; meteorologischer Sommer (JJA)

                                                                                                Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0

                                                                                                                                                                                                    Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0

                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0
     0.00   1.5   3.0   4.5   6.0   7.5   9.0   10.5   12.0   13.5 15.0    16.5 18.0 (°C)                                            -0.50   0.0   0.50   1.0   1.5   2.0   2.5         3.0 (°C)                                        1.5    2.0   2.5    3.0    3.5    4.0    4.5         5.0 (°C)

                                                                                                                                                                                   Mittel 1.6(°C)
                                                                          0.18 °C je 100 m                                                                                                                                                                                               Mittel 4.0(°C)
                                                                          R= 0.124
                                                                          Mittel 16.1 (°C)

Basiszeitraum 1961 - 1990                                                                                                       Projektionszeitraum 2021 - 2050                                                                     Projektionszeitraum 2071 - 2100
(absolute Werte in °C)                                                                                                          (Änderungssignal zum Basiszeitraum in °C)                                                           (Änderungssignal zum Basiszeitraum in °C)
WETTREG 2010; EH_L1; A1B; Simulation: Mittel; Mittel_Temp; meteorologischer Winter (DJF)
                                                                                                Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0

                                                                                                                                                                                                    Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0

                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0
     0.00   1.5   3.0   4.5   6.0   7.5   9.0   10.5   12.0   13.5   15.0 16.5 18.0 (°C)                                            -0.50    0.0   0.50   1.0   1.5   2.0   2.5         3.0 (°C)                                       1.50   2.0    2.5   3.0    3.5    4.0    4.5        5.0   (%)
                                                                            -1.35 °C je 100 m                                                                                     Mittel 1.6 (°C)                                                                                      Mittel 3.9 (%)
                                                                            R= 0.738
                                                                            Mittel 1.8 (°C)

             14
            16
Basiszeitraum 1961 - 1990                                                                               Projektionszeitraum 2021 - 2050                                                                                          Projektionszeitraum 2071 - 2100
(absolute Werte in mm)                                                                                  (Änderungssignal zum Basiszeitraum in %)                                                                                 (Änderungssignal zum Basiszeitraum in %)
WETTREG 2010; EH_L1; A1B; Simulation: Mittel; Niederschlag; meteorologischer Sommer (JJA)

                                                                        Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0

                                                                                                                                                                                                 Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0
   120    175    230    285    340    395    450         505 (mm)                                           -50.0   -40.0 -30.0   -20.0   -10.0   0.00   10.0   20.0   30.0   40.0   50.0 (%)                                              -50.0   -40.0 -30.0   -20.0   -10.0   0.00   10.0   20.0   30.0   40.0   50.0 (%)
                                                                                                                                                                                                                                 -52.9 <
                                               -9.70 mm je 100 m                                                                                                              Mittel -14.2 (%)                                                                                                               Mittel -38.7 (%)
                                               R= 0.131
                                               Mittel 221.3 (mm)

Basiszeitraum 1961 - 1990                                                                               Projektionszeitraum 2021 - 2050                                                                                          Projektionszeitraum 2071 - 2100
(absolute Werte in mm)                                                                                  (Änderungssignal zum Basiszeitraum in %                                                                                  (Änderungssignal zum Basiszeitraum in %)
WETTREG 2010; EH_L1; A1B; Simulation: Mittel; Niederschlag; meteorologischer Winter (DJF)
                                                                        Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0

                                                                                                                                                                                                 Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Claudia Schöps (LLUR) 3.3.3.0
    120    175    230    285    340    395    450         505 (mm)                                          -50.0   -40.0 -30.0   -20.0   -10.0   0.00   10.0   20.0   30.0   40.0   50.0 (%)                                              -50.0   -40.0 -30.0   -20.0   -10.0   0.00   10.0   20.0   30.0   40.0    50.0 (%)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          52.0 >
                                                    -7.47 mm je 100 m
                                                    R= 0.078                                                                                                                   Mittel 11.1 (%)                                                                                                                Mittel 34.8 (%)
                                                    Mittel 179.2 (mm)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                        17
18
Welche Erkenntnisse bestehen und welche
Ansätze zur Anpassung sind schon ergriffen?
            Der folgende Abschnitt untersucht den Kenntnis-
            und Maßnahmenstand zur Anpassung in Sektoren /
            Handlungsbereichen, die für die Anpassung besonders
            relevant sind. Dabei folgt jede Sektordarstellung einer
            einheitlichen Gliederung:

            • Welche Erkenntnisse liegen zu erwartbaren
              Klimafolgen vor?
            • Welche Herausforderungen bestehen, welche
              Maßnahmen sind denkbar?
            • Welche Aktivitäten auf Landesebene sind bereits
              konzipiert oder sogar ergriffen?

            Boden
            Welche Erkenntnisse liegen zu erwartbaren
            Klimafolgen vor?
            Klimawandel beeinflusst den Boden. Auf der Grundlage
            der Projektionen des Regionalisierungsmodells WETTREG
            unter ausschließlicher Betrachtung von Temperatur
            und Niederschlag zeichnen sich folgende mögliche
            Entwicklungstendenzen für die drei Hauptnaturräume
            Schleswig-Holsteins ab:

                                                                      19
Geänderte Niederschlags- und Verdunstungsraten
wirken sich unmittelbar auf die Bodenwassergehalte
aus. Geringere Bodenwassergehalte im Sommer führen
besonders auf den sandigen Geeststandorten zu einer
Einschränkung der pflanzenverfügbaren Wassermenge
und so zu einer Zunahme von Trockenstresssituationen.
Die Böden der Marschen und des Östlichen Hügellandes
können eher längere Trockenperioden überbrücken.
Allerdings werden diese Böden von der projezierten
Niederschlagszunahme im Winter vermutlich stärker
beeinträchtigt als jene der Geestlandschaften.

                                                                                                             !
Sie befinden sich dann länger im wassergesättigten
Zustand und sind anfälliger gegenüber Schadverdich-
tungen. Eine Ausweitung der Phasen mit wasser-
gesättigten Bodenzuständen kann an geneigten Standorten      Erwartbare Klimafolgen in Böden:
außerdem eine Zunahme des Oberflächenabflusses und
damit der Bodenerosion bedeuten.                             • Trockenstress im Sommer auf der Geest

Die Sandböden der Geestlandschaften bieten ein               • Schadverdichtungen und Bodenerosion in Marsch
besonders hohes Potential für Nitratausträge durch Sicker-     und östlichem Hügelland
wasser. Da zudem in der Geest sehr hohe Niederschlags-
zunahmen für den Winter erwartet werden, kann gerade         • Erhöhte Schadstoffausträge auf der Geest
hier die Gefährdung von Grund- und Oberflächengewässern
durch Stoffeinträge deutlich zunehmen.                       • Rückgang von organischer Substanz in Mooren
                                                               und Feuchtgebieten.

  20
Der Humusabbau wird sowohl bei starker Trockenheit                                   Bodenkarte Schleswig-Holstein, Teil Bodenarten
als auch bei starker Nässe gehemmt. Zusätzlich wird                                  (LLUR 2011; leicht verändert)
eine Zunahme der Biomasseproduktion infolge des
Klimawandels vermutet. Aufgrund der Unsicherheiten,
die mit möglichen Veränderungen der biologischen
Aktivität und der Humusgehalte verbunden sind, ist eine
regionale Einschätzung sehr schwierig.
Bei zunehmender Trockenheit kann jedoch eine erhöhte
Gefahr des Rückgangs von organischer Substanz in
hydromorphen Böden, besonders in Mooren, als sehr
wahrscheinlich erachtet werden.

Bundesweit führt das Johann Heinrich von Thünen-
Institut seit 2010 das Projekt Bodenzustandserhebung
Landwirtschaft durch. Dabei werden die
Kohlenstoffvorräte landwirtschaftlich genutzter
Böden und der Einfluss von Klima, Nutzung und
Management auf Bodeneigenschaften ermittelt
sowie die Auswirkungen des Klimawandels auf die                                           Sand
                                                                                          Sand und lehmiger Sand über Sand
Bodenkohlenstoffvorräte prognostiziert2.                                                  Sand und lehmiger Sand über Lehm
                                                                                          Sand und lehmiger Sand über Ton
                                                                                          Lehm und lehmiger Sand über Lehm
                                                                                          Schluff und Feinsand
                                                                                          Ton und Schluff
                                                                                          Niedermoortorf und Anmoor
                                                                                          Hochmoortorf
                                                                                          Aufschüttung

2 vgl. http://www.bmelv.de/SharedDocs/Standardartikel/Landwirtschaft/Klima-und-Um-
                                                                                          Binnensee
  welt/Agrar-Umweltmassnahmen/Bodenzustandserhebung.html

                                                                                                                                      21
Seit 1989 wird das Programm Boden-Dauerbeobachtung
durchgeführt. Die Erfassung der Veränderungen der
Gehalte/Vorräte an organischer Substanz im Boden
                                                                                      Erforderliche Bodenschutzmaßnahmen:
ist hierbei eine zentrale Größe in der Betrachtung der
Klimafolgen für den Boden. Konkrete Aussagen dazu sind
                                                                                      • Schutz von Böden, insbesondere solchen mit
aufgrund der dafür noch zu kurzen Laufzeiten und noch
                                                                                        sehr hohem C-Speichervermögen bzw.
nicht ausreichenden Wiederholungsbeprobungen derzeit
                                                                                        hohem C-Vorrat vor Überbauung im Rahmen
noch nicht möglich. Eine monokausale Zuweisung von
                                                                                        von Planungs- und Genehmigungsverfahren
Ursachen für Veränderungen des Bodens aufgrund des
                                                                                        (Freiflächenschutz)
Klimawandels wird jedoch praktisch nicht möglich sein.
                                                                                      • Reduzierung des Flächenverbrauchs bisher
                                                                                        unversiegelter Böden durch verstärkte Innen-
Welche Herausforderungen bestehen,
                                                                                        entwicklung und Brachflächenrecycling
welche Maßnahmen sind denkbar?
                                                                                      • Rekultivierung und Renaturierung devastierter
Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Boden hat ein
                                                                                        Flächen
Positionspapier „Boden und Klimawandel. Klimawandel
                                                                                      • Erhalt, ggf. Mehrung von Wald und Grünland,
- Betroffenheit und Handlungsempfehlungen des Boden-
                                                                                        insbes. Vermeidung von Grünlandumbruch;
schutzes“ entwickelt und vorgelegt.3 Dieses skizziert
                                                                                      • Schutz hydromorpher Böden, insbesondere
bereits einige Herausforderungen und Handlungsoptionen.
                                                                                        Erhalt und Regeneration von Mooren
Eine Schlüsselfunktion kommt den Böden bei der
                                                                                      • nachhaltige Nutzung von Ackerflächen,
Speicherung von Kohlenstoff zu (Senkenfunktion), wobei
                                                                                        insbesondere durch: Sicherstellung einer
die von Böden gespeicherten C-Mengen je Flächeneinheit
                                                                                        ausgeglichenen Humusbilanz; Vermeidung
in der Reihenfolge Moore >> semiterrestrische Böden
                                                                                        des Verlustes organischer Substanz infolge von
(Gleye, Marschen, Auenböden) >> terrestrische Böden
                                                                                        Wasser- und Winderosion; Vermeidung von
3 Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz: Boden und Klimawandel. Klimawandel -
                                                                                        Bodenschadverdichtungen.
Betroffenheit und Handlungsempfehlungen des Bodenschutzes. LABO-Positionspapier.

Stand 09.06.2010.

   22
Feldkapazität im effektiven Wurzelraum FKWE
                                                                 sehr hoch       mehr als 400 mm
                                                                 hoch            300-400 mm
                                                                 mittel          200-300 mm
                                                                 gering          100-200 mm
                                                                 sehr gering     0-100 mm

                                                                 nicht bewertet (z.B. Wald, Siedlung, Datenlücken
                                                                 Gewässer

                                                           Bodenfunktion „Bestandteil des
                                                           Naturhaushalts, insbesondere mit
                                                           seinen Wasser- und Nährstoff-
                                                           Kreisläufen“ (§2, Abs. 2, Pkt. 1b,
                                                           BBodSchG)

                                                           Die FKWE ist die Mendge an Wasser im
                                                           effektiven Wurzelraum, die der Boden
                                                           entgegen der Schwerkraft halten kann.                    Beispiel für einen Sandboden
                                                           Hohe Ton-, Schluff- und Humusgehalte
                                                           bewirken eine hohe FKWE und
                                                                                                                    Gley aus Talsand über tiefem Schmelz-
                                                           umgekehrt.                                               wassersand an der Pinnaunördlich von
                                                                                                                    Quickborn (Grünlandstandort)

abnehmen. Den größten Einfluss auf die C-Vorräte           Welche Aktivitäten auf Landesebene sind bereits
der Böden hat die Landnutzung (Wald ≈ Grünland >>          konzipiert oder sogar ergriffen?
Ackerland). Darüber hinaus hat die Bodenbewirtschaftung    Auf der Maßnahmenebene ist insbesondere im
einen deutlichen Einfluss auf die C-Gehalte und -Vorräte   „Agrarland Schleswig-Holstein“ der enge Zusammenhang
im Boden. Es gilt vorhandene organische Bodensubstanz      von Bodenqualität und Landbewirtschaftung zu
zu erhalten und ggf. zu erhöhen. Allerdings werden         berücksichtigen. Eine der Grundlagen für eine
die Gehalte an organischer Substanz in Böden im            standortangepasste Landbewirtschaftung sind
Wesentlichen von den standorttypischen Gegebenheiten       Informationen, die über Verbreitung, Aufbau,
bestimmt und lassen sich daher nicht einfach durch         Beschaffenheit, Zustand und Entwicklung des Bodens
Zugabe von organischen Materialien erhöhen.                Auskunft geben. Diese Daten werden vom Landesamt
                                                           für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR)
Bestrebungen der Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft           ermittelt und u.a. auch hinsichtlich klimarelevanter
Boden hinsichtlich einer koordinierten Anpassung der       Aussagen bewertet. Bewertungskarten u.a. hinsichtlich
Boden-Dauerbeobachtung vor dem Hintergrund des             Wasserhaushalt, Nährstoffhaushalt und natürlicher
Klimawandels stehen erst am Anfang. Gegebenenfalls         Ertragsfähigkeit liegen bereits vor. Damit können für
kann das laufende Projekt Boden-Dauerbeobachtung in        Schleswig-Holstein regionale Aussagen zu Böden mit
Schleswig-Holstein unter Nutzung vorhandener Daten         geringer und hoher Wasserspeicherfähigkeit und deren
um die Kohlenstoffvorräte landwirtschaftlich genutzter     Empfindlichkeit gegenüber dem Klimawandel abgeleitet
Böden sowie die Humusqualität erweitert werden.            werden und auch das Nährstoffrückhaltevermögen mit
                                                           erwarteten Niederschlagsänderungen verknüpft werden.

                                                                                                                                                  23
24
22
Grundwasser

Welche Erkenntnisse liegen zu erwartbaren
Klimafolgen vor?
Der Klimawandel kann durch Erhöhung der Jahresdurch-
schnittstemperaturen, Veränderungen der Niederschlags-
verteilung (Zunahme der Winterniederschläge, Abnahme
der Sommerniederschläge bei gleichzeitig stärkerer
Neigung zu Extremereignissen) oder durch den Anstieg
des Meerspiegels (Verlagerung der Süß-Salzwassergrenze)
Einfluss auf Menge und chemischen Zustand des
Grundwassers haben.

Auswirkungen des Klimawandels auf das Grundwasser
sind derzeit noch nicht zweifelsfrei nachweisbar, da das
Grundwasser vielfältigen sich überlagernden Einflüssen
unterliegt. Es gibt derzeit keine eindeutigen Hinweise auf
klimabedingte Veränderungen von Grundwasserständen
an Landesmessstellen, auch ergeben sich aus den hydro-
chemischen Untersuchungen des Grundwassers bislang
keine Hinweise auf klimabedingte Veränderungen.

                                                       25
Welche Herausforderungen bestehen,                       Ein verstärkter Eintrag von Schadstoffen aus dem
welche Maßnahmen sind denkbar?                           Bodenbereich in das Grundwasser durch eine erhöhte
Die derzeitige geologisch/hydrogeologische Grundlagen-   Grundwasserneubil­dung könnte die Umstellung
ermittlung muss fortgesetzt werden, um zunächst          landwirtschaftlicher Flächennutzung auf Fruchtfolgen mit
das grundsätzliche Systemverständnis (status quo) zu     Winterdeckung oder eine konsequente Winterbegrünung
verbessern. Das landesweite Monitoring der chemischen    erforderlich machen.
und mengenmäßigen Entwicklung des Grundwassers
stellt dabei eine wichtige Datengrundlage dar.           Die Verminderung der Niederschlagshöhe im
Die Messnetze werden turnusmäßig überprüft               Sommerhalbjahr könnte einen erhöhten Wasserbedarf,
und an neue Erkenntnisse angepasst. Es wird              z.B. zur Beregnung landwirtschaftlicher Kulturen zur
davon ausgegangen, dass langfristige klimatische         Folge haben. Inwiefern die im Winterhalbjahr erhöhte
Veränderungen des Grundwassers mit diesem                Niederschlagsmenge ausreicht, um den höheren
Instrumentarium hinreichend erfasst werden können.       Sommerbedarf auszugleichen, ist derzeit nicht bekannt.
                                                         Wasserrechtliche Erlaubnisse und Bewilligungen für
Für die Einschätzung der Klimaauswirkungen auf           Grundwasserentnahmen sind Grundlage einer Steuerung
das Grundwasser ist die kontinuierliche Erarbeitung      der Grundwasserbewirtschaftung. Somit kann über diese
hydrogeologischer Fachgrundlagen fortzusetzen. Dabei     Instrumente auch auf klimatisch bedingte Veränderungen
bildet auch die Erarbeitung hydrogeologischer (3-D)      reagiert werden.
Modelle sowie numerischer Grundwassermodelle             Sich ändernde bzw. stärker schwankende Grund-
einen wichtigen Arbeitsschwerpunkt. Die Ergebnisse       wasserstände könnten Auswirkungen auf grundwasser-
dienen einem besseren Verständnis der Systemzu-          nah errichtete Bauwerke haben, so dass ggf.
sammenhänge und sind Fachgrundlagen für Prognose-        Wasserhaltungsmaßnahmen erforderlich werden.
und Szenarienmodelle. Derzeit konzentrieren sich die
Modellbetrachtungen auf wasserwirtschaftlich stark
beanspruchte Modellregionen.

  26
Mögliche Veränderungen durch den Klimawandel
(Ostsee und Nordsee)

Physikalisch-meteorologisch
•  Meeresspiegelanstieg (Überflutungen)
•  Änderungen der Häufigkeit und Intensität
   von Extremereignissen
   (Sturmfluten, Hochwasser, Überflutungen)
•  Zunahme Küstenerosion (an Steil- und
   Flachküsten mit Steilküstenabbrüchen und
   Sandverluste an Badestränden, Änderung
   und Rückgang Uferlinie)
•  veränderte Strömungsdynamik und
   Sedimenttransport (Sandtransport)
•  veränderte Sedimentationsprozesse
   (Versandungen)
•  Gefährdung Grundwasser (Versalzen)
•  Höhere Wassertemperaturen (Oberfläche)
•  Änderungen der Bewölkung und                 Biologisch
   Sonneneinstrahlung                           •   vermehrtes Wachstum von Bakterien
•  Zunahme der Niederschläge (im Winter)            (pathogene Keime, toxische Cyanobakterien)
•  Zunahme der Trübung durch Partikel           •   vermehrtes Auftreten von Algenblüten
•  Abnahme des Salzgehaltes                         (Phytoplankton)
•  Veränderte Zirkulation durch Änderungen in   •   verfrühtes Einsetzen der Planktonentwicklung,
   den salinen und thermischen Schichtungen     •   Zunahme kurzlebiger Großalgen -
•  Verstärkte Eutrophierung (Nährstoffpulse         Abnahme mehrjähriger Formen
   im Winter, Landnutzungsänderungen)           •   Verbesserte Lebensbedingungen für
•  verminderte Gewässerqualität (WRRL,              nichtheimische Arten (Neobiota)
   MSRL, Badequalität)                          •   Reduzierte Artenvielfalt durch Abnahme
•  Änderungen im Strandanwurf (qualitativ           heimischer Arten
   und quantitativ)                             •   Änderungen in der Artenzusammensetzung
•  Zunahme Sauerstoffmangel im Tiefenwasser     •   Abwandern kälteliebender Arten – Zunahme
   mit Vergrößerung der anoxischen Zonen            wärmeliebender Arten (Fische, Makrozoobenthos,
•  pH-Wert Veränderungen                            Plankton)

                                                                                                27
28
Die im Landesvergleich größte Bedeutung könnten           dem Schwerpunkt Grundwasser ist. Es sollen
Änderungen der Grundwasserverhältnisse in                 geowissenschaftliche Daten als Planungsgrundlagen
küstennahen Bereichen, insbesondere für die               für die Entwicklung von eventuellen Anpassungs-
Süßwasserlinsen der Nordseeinseln haben.                  strategien an die Auswirkungen des Klimawandels
                                                          in den küstennahen Regionen erarbeitet werden.
Welche Aktivitäten auf Landesebene sind bereits           Die durchgeführten Untersuchungen konzentrieren
konzipiert oder sogar ergriffen?                          sich derzeit auf die Insel Föhr.
Im Hinblick auf den erwähnten Aspekt einer potenziellen
Zunahme der Grundwasserneubildung und dem damit           Als Ergebnis der Vielzahl unterschiedlicher Unter-
verbundenen verstärkten Eintrag von Schadstoffen          suchungsmethoden können mögliche Folgen von
ins Grundwasser werden im Rahmen der Umsetzung            Grundwasserveränderungen, wie z.B. Grundwasser-
der Wasserrahmenrichtlinie Möglichkeiten zur Min-         versalzungen sicherer bewertet werden.
derung flächenhafter Nährstoffeinträge bei der land-
wirtschaftlichen Flächennutzung entwickelt und erprobt.

Ein erhöhter „Konkurrenzdruck“ für das Grundwasser,
z.B. in Folge eines intensivierten Anbaus energetisch
nutzbarer Pflanzen in Addition mit klimabedingten
hydraulischen und hydrochemischen Veränderungen
der Grundwassersituation, ist zu vermeiden.

Der Arbeitsbereich Hydrogeologie des Geologischen
Dienstes Schleswig-Holstein ist Projektpartner
im INTERREG IV-Projekt CLIWAT www.cliwat.eu
dessen Ziel die Erkundung möglicher Einflüsse
des Klimawandels auf den Wasserhaushalt mit

                                                                                                               29
30
Meeresökologie

Welche Erkenntnisse liegen zu
erwartbaren Klimafolgen vor?

Ostsee
Mithilfe von 3D Ökosystemmodellen und regionalen
Datensätzen modellieren Wissenschaftler aus dem
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
Klimaszenarien für die Ostsee. Die Projektionen wurden
für verschiedene Klimagasemis­sionsszenarien (A1B
und B1) für den Zeitraum von 2000 bis 2100 erstellt.
Die Ergebnisse zeigen eine erwartete Erwärmung
des Oberflächenwassers um 0,5 bis 2,5 °C mit
einer Abnahme der Salinität um 1.5 bis 2 g pro kg
und einer stark reduzierten Seeeisbedeckung im
Winter (Gräwe und Burchard 2010). Die Saison in der
Cyanobakterienblüten vorherrschen verlängert sich und
die Sauerstoffmangelsituationen im Tiefenwasser der
zentralen Ostsee könnten sich etwas weniger stark
ausbilden (Neumann 2010).

Eine umfassende Darstellung der aktuellen
wissenschaftlichen Erkenntnisse in der regionalen
Klimaforschung im Bereich der Ostsee findet sich
im Buch „Assessment of Change for the Baltic Sea
Basin“ des BACC Autorenteams von 2008. Nach den
Ergebnissen verschiedener Modellläufe erhöht sich die
durchschnittliche Jahreslufttemperatur im gesamten

                                                   31
Ostseebereich um 3-5°C. So verlängert sich die Dauer   Für das so genannte Worst-Case Szenario
der Vegetationsperiode (>5°C) im südlichen Bereichen   (50 cm Meeresspiegelanstieg bis zum Jahre 2050) gilt:
der Ostsee um 30-90 Tage. Außer in den südlichsten     • die Kapazität des Wattenmeeres, Änderungen
Regionen der Ostsee nimmt mit der Erwärmung               im System durch Materialumlagerungen
im Sommer auch der Niederschlag zu. Die meisten           auszugleichen, könnte überschritten werden,
regionalen Modelle projizieren trockenere Sommer       • die tidalen Einzugsgebiete könnten dadurch anfangen,
und feuchtere Winter in den südlichen Ostseeregionen      sich in Richtung von Küstenlagunen (mit mehr
(Meinke et al. 2010).                                      ständigen Wasserflächen) zu entwickeln,
                                                       • diese geomorphologische Entwicklung würde die
Nordsee                                                   Lebensbedingungen der Flora und Fauna
Seit 1998 beschäftigt sich eine wattenmeerweite           beeinflussen.
(trilaterale) Arbeitsgruppe (CPSL) mit dem
Meeresspiegelanstieg und anderen Folgen der            Die Arbeitsgemeinschaft erwartet, dass sich zwischen
Klimaveränderung. Die AG hat Szenarien für den         dem realistischsten und dem „Worst-Case” Szenario eine
Meeresspiegelanstieg erarbeitet und die Folgen         Grenze der Belastbarkeit befindet, deren Überschreitung
abgeschätzt. Für das realistischste Szenario (25 cm    zu erheblichen Schäden am Ökosystem Wattenmeer führt.
Meeresspiegelanstieg bis zum Jahre 2050) gilt:
• signifikante Änderungen im Ökosystem Wattenmeer      Eine Reihe von Auswirkungen der Erwärmung des
     (Geomorphologie und Biologie) werden              Nordseewassers und der Klimaveränderung sind
     nicht erwartet,                                   bereits zu beobachten wie z.B. eine frühere Setzzeit bei
                                                       Seehunden, früherer Brutbeginn bei Vögeln, verstärkte
                                                       Ausbreitung der Pazifischen Auster und anderer
                                                       wärmeliebender Arten, Rückgang der heimischen
                                                       Miesmuschelbestände.

  32
Mögliche Folgen für Nord- und Ostsee

• Höhere und pulsartige Nährstoffeinträge
  (besonders im Winter)
• Vermehrte Algen- und Cyanobakterienblüten
• Verminderte Badewasserqualität (pathogene
  Keime, Quallen, Algenblüten, Trübstoffe)
• Dauerhafte Überflutung und Vernässung
  von Strandabschnitten                          Welche Herausforderungen bestehen,
• Schäden an Schutzdeichen, Hafen- und           welche Maßnahmen sind denkbar?
  Verkehrsinfrastruktur, Küstenbauwerken,
  Werften, Uferpromenaden Wanderwegen,           Ostsee
  Strandzugängen und Treppen                     Der Klimawandel kann die Auswirkungen des
• Sand- bzw. Uferabtrag an Badestränden und      Nährstoffüberangebotes weiter verschärfen, da es durch
  Campingplätzen                                 Zunahme des Niederschlags insbesondere im Winter zu
• Beeinträchtigung von Fischlaichplätzen,        pulsartigen Belastungsspitzen in der Ostsee kommen
  Miesmuschelbänken, Seegras- und 		             kann. Um die Eutrophierung mit ihren Auswirkungen zu
  Blasentangbeständen                            reduzieren, laufen derzeit mehrere Forschungsvorhaben
• Verlängerung der Tourismussaison mit neuen     und Anwendungsprojekte. Vorrangiges Ziel ist es, die
  touristischen Angebot im Bereich Sport         Nährstoffe zu reduzieren bzw. zurückzuhalten, bevor sie
  und Freizeit                                   in die Ostsee gelangen (Dränagemanagement). Dazu
• Hohe Kosten für Küstenschutzmaßnahmen          werden effiziente Maßnahmen zur Stickstoffminderung
  (Sturmfluten, Hochwasser, 			                  und zur Nutzung aquatischer Biomasse entwickelt
  Überschwemmungen)                              und getestet.
• Abnahme der Salinität (Salzgehalt, hier im
  Meerwasser) kann zu horizontalen und
  vertikalen Änderungen der Artenverteilung
  und letztendlich zur Abnahme der Artenanzahl
  führen
• Störung im Nahrungsnetz,
  (Verhungern von Fischlarven, reduzierte
  Reproduktion, geringere Fangerträge

                                                                                                    33
34
Küstenschutz

Welche Erkenntnisse liegen zu erwartbaren
Klimafolgen vor?

Der Weltklimarat IPCC hat 2007 Projektionen zum
Meeresspiegelanstieg in diesem Jahrhundert erstellt.
Demnach könnte der globale mittlere Meeresspiegel
2100 um 0,2 bis 0,6 m höher liegen als gegen Ende des
letzten Jahrhunderts. Beschleunigtes Abschmelzen der
Landeiskappe auf Grönland könnte diese Werte noch
um maximal 0,2 m erhöhen. Neuere Untersuchungen
liefern jedoch Hinweise, dass die IPCC-Projektionen
möglicherweise zu niedrig sind; die aktuellen
Anstiegswerte liegen zwischen 0,5 und 1,4 m bis
2100. Zum Vergleich: im letzten Jahrhundert stieg der
Meeresspiegel an unseren Küsten in etwa um 0,15 m
an. Ein vorsorglicher Küstenschutz hat sich somit nicht
nur auf deutlich höhere Wasserstände, sondern auch
auf größere Unsicherheiten (was kommt da wirklich auf
uns zu?) einzustellen. Der Meeresspiegelanstieg betrifft
sowohl auf Mittel- als auch auf Extremwasserstände an
den Küsten Schleswig-Holsteins führen. Bereits heute
müssen etwa ein Viertel der Landfläche und die Inseln
durch Deiche und andere Anlagen vor Sturmfluten und
Landabbruch geschützt werden. Der Klimawandel macht
erhöhte Anstrengungen im Küstenschutz erforderlich.

                                                    35
Für die Küstensicherung (Schutz vor Landabbruch) ist          Hinsichtlich künftiger Sturmflutwasserstände ist
eine differenzierte Betrachtung nötig. Grundsätzlich          zunächst festzuhalten, dass Sturmfluten auf den
nimmt der Küstenabbruch mit erhöhten Anstiegsraten            jeweiligen mittleren Wasserspiegel aufsetzen.
und zunehmender Sturmflutaktivitäten zu. In der               Folglich nehmen die Sturmflutwasserstände in etwa
Konsequenz muss spätestens in einigen Jahrzehnten mit         entsprechend dem mittleren Meeresspiegelanstieg
verstärktem Küstenabbruch gerechnet werden – dann             (siehe oben) zu. Sturmfluten entstehen während
auch an Stellen, die heute stabil sind. Hinsichtlich dieser   auflandiger Starkwindereignisse, die das Wasser
Herausforderung ist es wichtig, rechtzeitig Überlegungen      vor der Küstenlinie aufstauen und dort zu einem
über mögliche Anpassungsstrategien anzustellen.               sog. Windstau führen. Die Höhe des Windstaus ist
                                                              abhängig von der Windstärke, -richtung und -dauer
Hinsichtlich des flächenhaften Küstenschutzes (Sicherung
                                                              sowie der Küstentopographie (Wassertiefe, Exposition
der Stabilität des Wattenmeeres) wird auf die bereits
                                                              zur Windrichtung, Buchteneffekt). Entsprechend
dargestellten Ergebnisse der trilateralen Expertengruppe
                                                              fällt der Windstau lokal stark unterschiedlich aus und
hingewiesen, wonach ein Meeresspiegelanstieg
                                                              sind Projektionen für die Küsten Schleswig-Holsteins
nur unterhalb eines Schwellenwertes noch durch
                                                              schwierig zu erstellen. Das Helmholtz Zentrum
Umlagerungen ausgeglichen werden kann. Bei
                                                              Geesthacht (ehemals GKSS) hat auf Basis der IPCC-
stärkeren Meeresspiegelanstiegsraten, die nach den
                                                              Szenarien A2 und B2 für die Nordseeküste und Tideelbe
neuesten Projektionen zumindest langfristig nicht mehr
                                                              Modellrechnungen zu künftigen Sturmflutwasserständen
auszuschließen sind, würden die Wattflächen signifikant
                                                              veröffentlicht (Woth et al., 2006, Grossmann et al.,
abnehmen und sich damit auch erhebliche Auswirkungen
                                                              2006). Demnach könnten die Sturmflutwasserstände
für den Küstenschutz ergeben. Durch die größeren
                                                              (einschl. des mittleren Meeresspiegelanstieges) am
Wassertiefen könnten höhere Wellen das Deichvorland
                                                              Ende dieses Jahrhunderts im Vergleich zum Ende des
und die Deiche erreichen. Die Deichvorländer sind
                                                              letzten Jahrhunderts an der Nordseeküste Schleswig-
vermutlich in der Lage, einen Meeresspiegelanstieg von
                                                              Holsteins um 0,3 m bis maximal etwa 1,1 m ansteigen,
bis zu 1,5 cm pro Jahr durch vermehrte Akkumulation
                                                              in der Tideelbe um maximal etwa 1,3 m (St. Pauli).
auszugleichen.

  36
Die Aussagen sind allerdings mit großen Unsicherheiten    Auch hierzu wurden für den deutschen Ostseebereich im
behaftet. Für die deutsche Ostseeküste wurden             Rahmen der Forschungsprojekte RADOST und KLIWAS
bisher keine Sturmflutszenarien veröffentlicht. Die       regionalisierte Untersuchungen durchgeführt.
Beobachtungen aus der Vergangenheit lassen keine
Aussagen zur künftigen Entwicklung zu. Im Rahmen der      Welche Herausforderungen bestehen, welche
Forschungsprojekte RADOST (nähere Erläuterungen           Maßnahmen sind denkbar?
siehe weiter unten) und KLIWAS werden regionalisierte     Trotz aller bestehender Erkenntnisse und auch schon
Untersuchungen an der Ostseeküste durchgeführt.           eingeleiteter Maßnahmen (siehe nachfolgender
                                                          Abschnitt) müssen weitere Anstrengungen
Die mittleren und maximalen Seegangsverhältnisse          unternommen werden, die Folgen und Auswirkungen
sind, wie der Windstau, von den Windverhältnissen         des Klimawandels im Küstenbereich detaillierter zu
und der Küstentopographie geprägt. Auch hier gilt, dass   erfassen bzw. abzuschätzen, um die bestehenden
die Erstellung von (lokal gültigen) Projektionen sehr     Strategien und Maßnahmenkonzepte (siehe unten) für
schwierig ist. Im EU-Forschungsvorhaben STOWASUS          Küstenregionen fort zu entwickeln.
2100 wurden mögliche Änderungen des Seegangsklimas
bei einer angenommenen Verdoppelung des CO2-              Welche Aktivitäten auf Landesebene sind bereits
Gehaltes in der Atmosphäre (vergleichbar mit dem          konzipiert oder sogar ergriffen?
IPCC-Szenario A2) untersucht. Die Modellergebnisse        In Anerkennung der übergeordneten Bedeutung eines
zeigen für die Nordsee eine etwa 5%ige Zunahme der        funktionierenden Küstenschutzes, auch in Zeiten des
mittleren signifikanten Wellenhöhen und eine noch         Klimawandels, haben der Bund und die Küstenländer
geringere Zunahme der maximalen Wellenhöhen.              Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Beide Änderungen liegen jedoch deutlich innerhalb der     Niedersachsen und Schleswig-Holstein 2009 einen
natürlichen Streubreite des 20. Jahrhunderts, so dass     Sonderrahmenplan: „Maßnahmen des Küstenschutzes
hieraus keine eindeutige Entwicklung abzuleiten ist.      infolge des Klimawandels“ aufgelegt. Bis 2025 werden

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insgesamt 494 Mio. e zusätzlich für den Küstenschutz       Durch die Abflachung und Verbreiterung der
bereit gestellt. An dieser Summe beteiligt sich der        Deichkrone wird bereits heute eine zusätzliche
Bund mit 380 Mio. e; den Rest übernehmen die               Sicherheit gegenüber dem bisherigen Regelprofil für
Länder. Mit diesen Mitteln werden die Küstenländer         Deichverstärkungen geschaffen, da der Wellenauflauf
ihre Küstenschutz-Anpassungsstrategien für den             mit flacheren Deichaußenböschungen generell
Klimawandel umsetzen. In Schleswig-Holstein werden         abnimmt. Der größte Vorteil ist jedoch, dass eine
die zusätzlichen Mittel auch dazu genutzt, ein neues       sog. Baureserve für spätere Nachverstärkungen
Konzept für Deichverstärkungen – wie in der Abbildung      geschaffen wird. Falls der Meeresspiegel stärker
dargestellt – umzusetzen:                                  als bisher angenommen ansteigt (>> 0,5 m), haben
1. Nach dem im Generalplan Küstenschutz Schleswig-         nachfolgende Generationen nämlich die Möglichkeit,
Holstein des Jahres 2001 beschriebenen Verfahren wird      mit relativ geringem Aufwand dem Deich eine sog.
regelmäßig – etwa alle zehn Jahre – die Sicherheit der     Deichkappe aufzusetzen (Abb. d). Das alte Regelprofil
Landesschutzdeiche überprüft.                              mit unterschiedlichen Deichaußenböschungen würde
2. Bei festgestellter Unterbemessung (Abb. a) wird         dadurch wiederhergestellt. Mit dieser Maßnahme
zunächst eine Neubemessung nach dem bisherigen             kann – zusätzlich zum bisherigen Klimazuschlag von
Verfahren (einschl. Klimazuschlag von 0,5 m)               0,5 m – einem Meeresspiegelanstieg von bis zu einem
und für das Regelprofil mit variabler Neigung der          Meter begegnet werden. Die Bandbreite der aktuellen
Deichaußenböschung durchgeführt (Abb. b).                  Meeresspiegelprojektionen bis 2100 (0,5 bis 1,4
3. Das somit ermittelte Deichbestick (Höhe und             m) wird somit durch das mehrstufige Verfahren voll
Neigungen) wird in einem zusätzlichen Schritt angepasst,   abgedeckt. Die zusätzlichen Kosten für die Abflachung
in dem die Breite der Deichkrone von 2,5 auf 5 m           und Verbreiterung liegen zwischen 10 und 20 %
verbreitert wird und die Außenböschung eine einheitlich    einer regulären Verstärkungsmaßnahme, das spätere
flache Neigung erhält (Abb. c).                            Aufsetzen einer Deichkappe schätzungsweise bei
                                                           lediglich 10 %. Entsprechend verringern sich die Kosten
                                                           für die nächsten Generationen, die den anthropogenen
                                                           Klimawandel auch nicht zu verantworten haben.

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a

Zu verstärkender Deich

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Deichverstärkung nach Generalplan Küstenschutz 2001 (mit Klimazuschlag von 50 cm)
Zu verstärkender Deich

                                                                                    c

Deichprofil mit Baureserve
Deichverstärkung nach Generalplan Küstenschutz 2001 (mit Klimazuschlag von 50 cm)
Zu verstärkender Deich

                                                                                    d

Baureserve für zusätzlichen Meeresspiegelanstieg
Deichprofil mit Baureserve
Deichverstärkung nach Generalplan Küstenschutz 2001 (mit Klimazuschlag von 50 cm)
Zu verstärkender Deich

                                                                                        39
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