FAIR STATT FAST FASHION - Wege zu einem verantwortungsvollen Modekonsum - Biallo
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FAIR STATT FAST FASHION Bildquelle: Artit Thongchuea / Shutterstock.com Wege zu einem verantwortungsvollen Modekonsum
Fair statt Fast Fashion Wege zu einem verantwortungsvollen Modekonsum von Helga Riedel Bekleidungsketten wie Zara oder H&M locken ihre modebewussten Kunden mit bis zu 24 neuen Kol- lektionen pro Jahr in die Läden. Doch die schnell konsumierte Fast Fashion hat einen hohen Preis. Es gibt wohl kaum ein schlichteres Kleidungsstück als ein T-Shirt. Es braucht weder Knöpfe noch Reißverschluss, Futterstoff oder Kragen. Trotzdem reist es während seiner Herstellung vom Baumwollanbau bis in unsere Fußgängerzonen mit rund 18.000 Kilo- metern einmal um die halbe Welt. Dabei entstehen Treibhausgase in 50facher Höhe des Eigengewichts: für 220 Gramm Stoff rund elf Kilogramm CO2. Für die Bewässerung der Baumwollfelder in regenarmen Gegenden wie Burkina Faso, Usbekistan oder Indien sowie die verschiedenen Verarbeitungsschritte wie das Reinigen und Färben verbraucht das un- scheinbare T-Shirt durchschnittlich 2.495 Liter Wasser. Außerdem wird für die schädlings- anfällige, in Monokulturen angebaute Baumwolle ein Viertel der weltweit verbrauchten Pestizide eingesetzt. Das T-Shirt ist mit 150 Gramm dabei. Zum Färben und Veredeln der Fasern stehen 4.000 Farben und 7.500 Chemikalien zur Verfügung, die in den Produktions- ländern Böden, Flüsse und Grundwasser belasten und Gesundheitsschäden verursachen können. Diese Zahlen belegen verschiedene Studien unter anderem des Entwicklungsminis- teriums. Doch damit nicht genug. Unser T-Shirt trägt noch mehr Ballast mit sich her- um: die häufig menschen- verachtenden Arbeits- bedingungen all jener, die es produzieren. Schichten von bis zu 15 Stunden an sechs bis sieben Tagen in der Woche, mangelnder Gesundheits- und Kündi- gungsschutz im Fall von Krankheit oder Schwan- gerschaft und Löhne, die weit unter dem Existenz- minimum liegen, sind für die Mehrheit der rund 75 Millionen Textilarbeiter/ Bildquelle: StevenK / Shutterstock.com innen normaler Alltag. Seite 2
Das Bündnis für nachhaltige Textilien Bildquelle: textilbuendnis.com Als am 24.04.2013 in Bangladesch das Fabrikgebäude Rana Plaza ein- stürzte, starben 1.129 Menschen, 2.500 wurden teils schwer verletzt. Die Reportagen und Bilder vom Unglücksort führten der ganzen Welt vor Augen, unter welchen Um- ständen unsere Kleidung dort pro- duziert wurde. Für Bundesentwick- lungsminister Gerd Müller war dies ein „Weckruf“, der zur Gründung des Bündnisses für nachhaltige Texti- lien führte. Die mittlerweile 120 Mitglieder aus Wirtschaft, Gewerk- schaften, NGOs, Verbänden und Politik setzen sich dafür ein, „die menschenrechtliche Lage entlang der Liefer- und Wertschöpfungs- ketten weltweit zu verbessern“. So wurden in Asien 67 Millionen Euro in die Aus- und Fortbildung für Arbeitssicherheit, in Unfallver- sicherungen, Feuerwachen und Techniken zur Wassereinsparung investiert. Tiefgreifende Änderun- gen wird es aber nur geben, wenn die umsatzstarken Modeketten und -marken bei ihren Lieferanten soziale Standards durchsetzen, hö- here Lohnkosten in Kauf nehmen, die Weitergabe von Aufträgen an unbekannte Subunternehmer ver- bieten und Verantwortung für ihre Bildquelle: Sk Hasan Ali / Shutterstock.com gesamte Lieferkette übernehmen. Seite 3
Positive Entwicklungen in der Modebranche Doch es gibt auch Lichtblicke in der Modebranche. Nachdem Greenpeace jahrelang hohe Konzentrationen von Giftstoffen in den Abwässern der Textilfabriken nachgewiesen hatte, gründete die Organisation 2011 die Detox-Kampagne. Unternehmen, die sich ihr anschlossen, verpflichteten sich bis 2020 elf gefährliche Chemi- kalien-Gruppen aus der Produktion zu eliminieren. Bereits fünf Jahre später hatten der Zara-Mutterkonzern Inditex, H&M und Benetton dieses Ziel weitge- hend erreicht. Die regelmäßigen Über- prüfungen und Veröffentlichungen von Greenpeace über den aktuellen Stand führten weltweit immer wieder zu Protesten von Konsumenten beispiels- weise vor Stores von Adidas und G-Star Raw. Inzwischen ist mit den 26 Textil- herstellern rund um Prato in Italien eine ganze Region mit an Bord sowie Bildquelle: fashionforgood.com 54 weitere Unternehmen darunter 19 Modefirmen, sieben Discounter, drei Outdoor-Marken und viele Textilliefe- „Fashion for Good“ an der Implemen- ranten. Gemeinsam stehen sie für 15 tierung einer „Circular Fashion“. H&M Prozent der globalen Textilproduktion. fertigt bereits ein Drittel der Waren Das hat eine starke Signalwirkung auf aus nachhaltig hergestellten Fasern, die übrigen Wettbewerber und setzt bis 2030 soll das auf das gesamte zudem einen gewissen Automatis- Sortiment ausgeweitet werden, unter mus in Gang. Denn hat eine Fabrik anderem mit recycelten Fasern aus erst einmal gefährliche Chemikalien Altkleidern. Der Outdoor-Ausrüster ausgemustert, wird sich daran auch Patagonia verwendet bereits seit An- für Aufträge von anderen, nicht an der fang der 90er Jahre Recycling-Polyes- Kampagne beteiligten Firmen etwas ter, das aus Plastikflaschen, Stoffresten ändern. und Altkleidern gewonnen wird, und deckt damit mittlerweile 80 Prozent Darüber hinaus gibt es in der Branche des Bedarfs. Auch bei Esprit heißt es: Bestrebungen, eine nachhaltige Kreis- „Wir möchten weg von einer linearen laufwirtschaft aufzubauen. Ein paar Wirtschaft und einer Wegwerfkultur. Beispiele: C&A, der weltweit größte Und hin zu einer Kreislaufwirtschaft, Abnehmer von zertifizierter Bio- in der wir respektvoll mit Rohstoffen Baumwolle, arbeitet mit der Initiative umgehen.“ Seite 4
Derzeit kommen 40 Prozent des Mate- rialbedarfs bei Esprit aus nachhaltigen Quellen. Das Ziel heißt 100 Prozent. Adidas bringt 2021 mit dem „Future- craft.loop“ den ersten komplett recy- celfähigen Laufschuh auf den Markt. Er kann problemlos in seine Einzelteile zerlegt werden, aus denen ein neuer Performance-Schuh entsteht. Außerdem kommen derzeit – dank in- novativem Forschergeist – immer neue nachhaltige Fasern auf den Markt. So gibt es: Taschen, Schuhe und Kleidung aus einem veganen „Fruchtleder“, das aus Ananasblättern gefertigt wird, Viskose aus Meeresalgen, Eukalyp- tusholz („Lyocell“) oder zertifizierten Bildquelle: adidas.com Holzquellen („EcoVero“), Fasern aus Rohmilch-Abfällen oder ausgemus- terten Teppichen und Fischernetzen („ECONYL). Am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung arbeiten im Pi- lotprojekt „DiTex“ Wissenschaftler und Partner aus der Wirtschaft daran, bei recycelten Fasern die gleiche Qualität wie bei Neuware zu erreichen. Eine Doch die Corona-Krise könnte der erste Testphase mit Berufskleidung Branche einen Umsatz-Einbruch von samt genauer Dokumentation der 30 Prozent bescheren. Da werden bei Lebensdauer ist bereits angelaufen. manchen Firmen eingeleitete Initia- tiven für mehr Ökologie und höhere Sozialstandards in den Hintergrund treten. Doch sie sind wichtiger denn je, wie eine neue Studie von Boston Consulting Group (BCG), Sustainable Apparel Coalition (SAC) und dem Tech- nologieunternehmen Higg Co. belegt, „um auf dem Markt, der nach der Pan- demie entstehen wird, wettbewerbsfä- hig zu sein. Während Nachhaltigkeit in einigen Bereichen der Branche in Ge- fahr ist, werden Unternehmen, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben, auf der anderen Seite der Pandemie zu den Anführern einer wiederaufle- benden Modeindustrie gehören“, so die Analyse der Forscher. Bildquelle: Marina Matsak / Shutterstock.com Seite 5
Wegweiser durch den Siegel-Dschungel Ihre nachhaltigen Kollektionen kenn- Die wichtigsten Siegel für Textilien zeichnen die Hersteller mit eigenen sind: Labeln wie „WearTheChange“ (C&A), „We Care” (s.Oliver), “I am sustainable” (Esprit), „Join Life“ (Zara), „Committed Collection“ (Mango) oder „Gut Gemacht“ • GOTS – Global Organic (Tchibo). Ob es sich dabei eher um Textile Standard: Image-Pflege und Greenwashing oder Das Siegel zertifiziert tatsächlich ökologisch und fair pro- biologisch hergestellte duzierte Waren handelt, lässt sich für Naturtextilien. Ihr Anteil muss bei den Laien kaum feststellen. Das wäre mindestens 70 Prozent liegen, bis eine Aufgabe für das vom Textilbünd- zu 30 Prozent dürfen Recycling- nis 2015 gegründete Vergleichsportal fasern auch aus Polyester sein. Die „Siegelklarheit“. Doch leider findet man Sozialstandards richten sich nach dort nur die unabhängigen Siegel, die den Normen der Internationalen auch andere Führer wie der „Kompass Arbeitsorganisation der Vereinten Gütesiegel“ von Ökotest, der Einkaufs- Nationen (ILO). Existenzsichernde führer Textilien von Greenpeace oder Löhne und Versammlungsfreiheit der „Wegweiser durch das Label-Laby- sind nicht enthalten. Der GOTS rinth“ der Christliche Initiative Romero regelt und überprüft die gesamte (CiP) auflisten. Produktionskette vom Anbau bis zur fertigen Textilie. Die Kontrollen führen unabhängige Dritte durch. Bildquelle: NinaM / Shutterstock.com • IVN Best: Das Siegel des Interna- tionalen Verbands der Naturtextilwirtschaft ist das die Ökologie betreffend strengste Label. Die Beimischung von Kunst- fasern ist nicht erlaubt, so dass die Produkte vollkommen biologisch abbaubar sind. Verlangt werden die Einhaltung der ILO-Kernarbeits- normen sowie existenzsichernde Löhne. Die Überprüfung findet durch unabhängige Zertifizierungs- stellen und Umweltlabore statt. Für jedes Kleidungsstück lässt sich der gesamte Entstehungsprozess nachverfolgen. Seite 6
wollanbau“ hinzukommen. Grundlage • Öko-Tex – Made für die Unternehmenskriterien sind die in Green: Leitprinzipien der Vereinten Nationen Die Produktion für Wirtschaft und Menschenrechte. wird nach den strengen Regeln des Diese enthalten aber nur die Bezah- „Sustainable Textile Production“ lung des Mindestlohns, der in keinem (STeP) hinsichtlich Chemikalien- der Produktionsländer zum Leben und Umweltmanagement, Arbeits- reicht. Geradezu skandalös ist, dass sicherheit, Qualitätsmanagement in Europa hergestellte Kleidung den und sozialer Verantwortung Grünen Knopf automatisch verwenden überprüft. Existenzsichernde Löhne darf. Denn der Bericht „Ausbeutung werden allerdings lediglich emp- Made in Europe“ von Brot für die Welt fohlen. Die Überprüfung erfolgt und Clean Clothes Campaign belegt, durch Mitglieder von Öko-Tex, dass „die Kluft zwischen dem tatsäch- einem Zusammenschluss von 16 lichen Lohn und einem Basis-Existenz- Forschungs- und Prüfinstituten. lohn in Europa tendenziell größer ist Man erhält einen Überblick über als in Asien“. Das Siegel sagt also we- den Herstellungsprozess mittels der über faire Produktionsbedingun- ID/QR-Code am Produkt. gen noch über die Ökologie etwas aus, könnte es doch „auf einem T-Shirt aus Weitere vertrauenswürdige Siegel pestizidbehandelter Gentechnik-Baum- sind Bluesign, Cradle to Cradle, Der wolle kleben“, so Viola Wohlgemuth, Blaue Engel, EU-Ecolabel, Fairtrade Konsum-Expertin bei Greenpeace. Textilstandard, Fair Wear Foundation und Global Recycled Standard, die jedoch Ökologie und Fairness unterschied- lich gewichten. Das erste staatliche Siegel, der Grü- ne Knopf von Bundesent- wicklungsminister Gerd Müller, startete 2019 mit 27 Teilnehmern darunter Aldi, Lidl, Kaufland, Rewe, Tchibo, Hess Natur und Vaude. Die Unternehmen müssen zunächst nur in den Bereichen „Zuschnei- den und Nähen“ sowie „Bleichen und Färben“ 46 Sozial- und Umweltkrite- rien einhalten. Erst in den nächsten Jahren sollen der Bereich „Spinnen und Weben“ und als letztes die „Faserproduktion/Baum- Bildquelle: Phuong-Thao / Shutterstock.com Seite 7
Langlebige Kleidung – weniger kaufen und länger tragen ten zurück. Bei der nächsten Retoure nach weiteren drei Jahren erhält man einen Gutschein von zehn Euro und aus den intakten Hemdenteilen ent- stehen Neue in buntem Patchwork. Bei Nudie, den 16 „Tailor-Shops“ von Levi’s und bei Gant kann man Jeans reparie- ren lassen, bei Esprit sämtliche dort gekauften Klamotten und in den durch die Städte tourenden „Worn Wear-Mo- bilen“ von Patagonia wird kostenlos alles geflickt egal von welcher Marke. Und selbst, wenn die hochwertigen Klamotten irgendwann nicht mehr passen oder gefallen und ausgemus- Bildquelle: may numpetch / Shutterstock.com tert werden, können sie dank der Qualität noch anderen Freude bereiten Ob Fast oder Fair Fashion – am nach- – im Gegensatz zur billig produzierten haltigsten ist es natürlich weniger zu Fast Fashion, die nach ein paar Wasch- konsumieren und die Sachen länger zu gängen verschlissen aussieht. Diese tragen. Das funktioniert allerdings nur, Erfahrung machen sowohl professio- wenn man schon beim Klamotten-Kauf nelle als auch karitative Verwerter auf Langlebigkeit achtet. Prinzipiell von Altkleidern. „Über 50 Prozent der lohnt es sich vor allem bei zeitlosen Sachen sind nicht mehr tragbar“, stellt Basics wie Jeans, T-Shirts, Blazer be- etwa Thomas Ahlmann vom Dachver- ziehungsweise Sakko, Pullovern und band Fairwertung, einem Zusammen- Cardigans in Qualität zu investieren. schluss von über 130 gemeinnützigen Altkleider-Sammelorganisationen, fest. Einige Unternehmen haben sich be- sonders der Langlebigkeit verschrie- ben. So gibt der Brite Tom Cridland auf seine klassischen Hosen, Jackets, T-Shirts und Sweatshirts eine Garan- tie von 30 Jahren. Das amerikanische Bildquelle: Vitalinka / Shutterstock.com Unternehmen Lands’ End verwöhnt seine Kunden sogar mit einer zeitlich unbegrenzten „Zufriedenheitsgarantie“. Da bei Männerhemden immer zuerst der Kragen durchscheuert, ist der bei der Upcycling-Firma Aluc austauschbar, bei Brainshirt kann man Hemden nach drei Jahren einschicken und bekommt sie mit neuem Kragen und Manschet- Seite 8
Slow Fashion – Kleidung leihen, tauschen, secondhand kaufen Seit der Jahrtausendwende hat sich die zusammen, die größtenteils im Müll Anzahl der weltweiten Kleidungskäufe oder Sammel-Containern landen. Nur auf mehr als 100 Milliarden Stück ver- ein kleiner Teil wird im Bekanntenkreis doppelt, während sich die Tragedauer weitergegeben, an karitative Organisa- halbiert hat. Durchschnittlich kauft tionen gespendet oder verkauft. jeder Deutsche jährlich 60 neue Teile, obwohl wir laut einer Umfrage von Bedenkt man den gewaltigen Auf- Greenpeace rund 40 Prozent unserer wand an Ressourcen, Arbeitskraft und Klamotten selten oder nie tragen. Das Emissionen, der allein in der Produk- summiert sich auf rund zwei Milliar- tion eines T-Shirts steckt, sollte man den praktisch neuer Kleidungsstücke, es nicht achtlos entsorgen, sondern die in unseren Schränken ungenutzt ihm eine möglichst lange Lebenszeit herum liegen. Daneben wird aber auch bescheren. Denn nach Berechnungen fleißig aussortiert. Bei der Erhebung der englischen Organisation WRAP von Greenpeace gab jeder zweite an, verringert sich alle neun Monate der Klamotten und Schuhe innerhalb Verbrauch an CO2, Wasser, und Abfall eines Jahres auszumustern, die andere eines Kleidungsstücks um 20 bis 30 Hälfte macht dies spätestens nach Prozent. Auf Abwechslung muss man drei Jahren. Insgesamt kommen so dennoch nicht verzichten. jährlich eine Million Tonnen Altkleider Seite 9
Secondhand-Mode Auf Flohmärkten und in Secondhand- Bildquelle: akimov.de Läden gibt es ein riesiges Angebot an Vintage-Kleidung. Kauft man die in einem der Shops der Entwicklungshil- feorganisation Oxfam, in einem Sozial- kaufhaus oder bei einer karitativen Organisation, unterstützt man neben- bei auch noch einen guten Zweck. Und natürlich kann man dort auch gut erhaltene Sachen aus dem eigenen Kleiderschrank abgeben, anstatt sie in einen Container zu werfen. Denn deren Sachen in den Läden. Unabhängig von Inhalt landet häufig in Afrika oder Öffnungszeiten und Maskenpflicht Südamerika mit negativen Folgen für lässt sich bequem im Internet bei einer deren heimische Märkte. Und auch bei der zahlreichen Secondhand-Platt- einigen auf Nachhaltigkeit bedachten formen wie Kleiderkreisel, Kleiderkorb, Marken wie Filippa K und Gudrun Sjö- Klamottenbox, Rebelle, Second Life den findet man inzwischen neben den Fashion oder ubup gebrauchte Mode neuen Kollektionen auch gebrauchte shoppen. Kleidung leihen Warum sollte das, was bei Faschings- kostümen schon lange funktioniert, nicht auch alltagstauglich sein: Kla- motten einfach leihen statt kaufen. Für Leute, die die Abwechslung lieben oder bei denen im Job hohe Anforderungen ans Outfit gestellt werden, ist das eine tolle Möglichkeit, die Garderobe zu erweitern und gleichzeitig Umwelt und Geldbeutel zu schonen. Bei Anbietern wie Unown (nur nachhaltige Marken), Stay Awhile, Myonbelle, die Kleiderei (faire Mode), Kilenda, Hurr, Chic by Coice, Rent the Runway, oder Modami funktioniert das in etwa immer nach Bildquelle: sweeann / Shutterstock.com dem gleichen Prinzip. Als Mitglied kann man entweder Einzelteile für Seite 10
eine gewisse Zeit leasen oder zwi- Unown leiht die Klamotten ebenfalls schen unterschiedlichen Abo-Modellen von den Herstellern und gibt sie am mit einer bestimmten Anzahl von Klei- Ende ihrer Lebenszeit zum Recycling dungsstücken wählen. Bei Unown gibt an diese zurück. es beispielsweise Leasingteile ab 9,50 Vereinzelt sparen sich Modemarken Euro, das Fashion-Abo für zwei oder den Schritt über eine Leasing-Platt- drei neue Teile für 39 beziehungsweise form und verleihen ihre Klamotten 69 Euro monatlich. Im Preis enthalten direkt an den Endkunden. So kann man sind bei allen Anbietern in der Regel: bei Mud aus den Niederlanden für 7,50 Euro pro Monat eine Jeans leasen • Anschließende professionelle und nach einem Jahr gegen ein neues Reinigung Modell eintauschen. Verschlissene Ex- emplare werden recycelt und zu neuen • Versicherung für Flecken und Ver- Jeans verarbeitet. Bei Tchibo Share gibt schleiß es Kinder- und Umstandskleidung, aber auch Teile aus dem Damenmode-Sorti- • Rabatt beim Kauf von Lieblings- ment zum Einzel-Leasingpreis von fünf teilen bis zehn Euro im Monat. Selbst H&M ist Ende 2019 auf den Zug aufgesprun- • Kostenloser Umtausch und Rück- gen und hat zunächst in Stockholm versand einen Verleih-Service aus den Con- scious-Kollektionen gestartet. Mit 33 Euro pro Woche für drei Teile sind die Schweden allerdings vergleichsweise teuer. Und auch bei Filippa K kann man einzelne Kleidungsstücke für vier Tage und 20 Prozent des ursprünglichen Verkaufspreises ausleihen mit einer Option auf Verlängerung. Das Kult-La- bel Ganni aus Dänemark hat mit dem Programm „Ganni Repeat“ ebenfalls einen Verleihservice im Programm, al- lerdings bislang nur im Ursprungsland. Bildquelle: Brian A Jackson / Shutterstock.com Seite 11
Klamotten tauschen Ein weiterer nachhaltiger Weg zu mehr Abwechslung ist der Kleidertausch. So lassen sich die zwei Milliarden bereits produzierten, aber unge- nutzten Sachen aus unseren Schränken wieder in Umlauf bringen. Noch dazu kann so eine Kleider-Tausch-Party mit ein paar Freundinnen bei Aperol Spritz und Fingerfood jede Menge Spaß machen. Mehr Auswahl hat man bei professionell organisierten Tauschpartys wie beispiels- weise von der Zeitschrift Glamour in München. Wann Bildquelle: View Apart / Shutterstock.com und wo so etwas wieder stattfinden wird, erfährt man in Lokalzeitung, Anzeigenblättern oder im Internet. Kleidung reparieren, neu stylen oder selber nähen Die Lebenszeit von Kleidung verlän- gen, zum Beispiel aus einer lang- eine gern ließe sich häufig ganz einfach kurzärmlige Bluse, aus einer Jacke eine durch Reparatur, Anpassung oder ein Weste machen oder Hosen kürzen. Ins- neues Styling. Doch laut der Um- pirationen dazu findet man im Internet frage von Greenpeace zur „Wegwerf- auf DIY-Blogs wie love Maegan.com, ware Kleidung“ hat etwa die Hälfte A Beautiful Mess, I Spy DIY, P.S. I made der Befragten noch nie Sachen zur this, A pair and a spare und Youtube-Vi- Änderungsschneiderei gebracht – ver- deos. Deren Anregungen umzusetzen mutlich herrscht hier die Meinung vor, funktioniert sicher noch besser, wenn dass sich das nicht ‚lohnt‘. Doch der man außerdem einen Nähkurs besucht, Ladenpreis spiegelt ja leider nicht die die beispielsweise von Volkshochschu- tatsächlichen Kosten wider. Wo immer len, Stoff- und Nähmaschinengeschäf- möglich sollte man deshalb Kleidung ten angeboten werden. Dann kann auf die eine oder andere Weise wieder man selbst zum kreativen Mode-Desig- tragbar machen, sei es durch Reparie- ner werden und Kleidung tragen, die ren oder Verändern. Vieles davon lässt garantiert sonst niemand besitzt. sich relativ leicht selbst bewerkstelli- Seite 12
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