Festrede 24. September 2021 Frank Janda Happich - 125 Jahre Turnerbund Stöcken von 1896 e.V - TB-Stöcken
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Festrede 125 Jahre Turnerbund Stöcken von 1896 e.V. 24. September 2021 Festredner Frank Janda Happich Veröffentlichung -vollständig oder auszugsweise- in jedweder Form erlaubt, jedoch nur unter Nennung des Namens des Verfassers.
Lieber Turnerbund Stöcken, auf diese Zeitreise zu begeben, die Ende des 19. Jahrhun- derts beginnt. Wenn ich mich in dieser Runde so umschaue, nun stehen wir beiden Alten allein auf der Bühne und die Au- kann ich mit absoluter Sicherheit feststellen, dass niemand gen aller anwesenden Gäste hier in der Sporthalle schauen 30 außer mir zu diesem Zeitpunkt schon gelebt hat. Unsere äl- auf uns. Sie alle sind gekommen, um Dir zu Deinem 125. testen hier anwesenden Gratulanten könnten fast schon 5 Geburtstag zu gratulieren. Und diesen Glückwünschen meine Enkel sein. Von daher dürften, lieber Turnerbund, si- schließe ich mich natürlich gerne an. cherlich insbesondere Deine ersten Lebensjahrzehnte für sie Du hast mich gebeten, für Dich die Festrede zu halten. Die- die spannendsten sein. Leider konnte ich mich nach so lan- sem Wunsch komme ich sehr gerne nach. Bevor ich aber 35 ger Zeit auch nicht mehr an jedes Detail erinnern und so bin einen Rückblick auf Dein Leben halte, begrüße ich ganz ich dankbar, dass ich mich in Deinem von den Eheleuten 10 herzlich alle Gäste dieser Feierstunde. Namentlich möchte Gärtner gut geführten Archiv umschauen und meine Erinne- ich in diesem Zusammenhang rungen auffrischen durfte. Der Neffe des Verfassers der Festschriften zu Deinem 60. und 75. Geburtstag hat mir die den Bürgermeister und Ratsvorsitzenden der Landeshaupt- 40 Erlaubnis erteilt, hieraus zu zitieren. So bleiben mir hoffent- stadt Hannover, Herrn Thomas Hermann, sowie lich Plagiatsvorwürfe erspart. die Vizepräsidentin des Stadtsportbundes Hannover, Frau 15 Alexandra Jaritz, die auch als Vertreterin des Landessport- Es war am 25. März 1896, als sich 18 turnbegeisterte junge bundes Niedersachsen anwesend ist, Männer in der alten Sender’schen Gastwirtschaft trafen, um einen Turnverein zu gründen. Sie alle werden es sich kaum erwähnen. 45 vorstellen können, dass Stöcken damals noch ein reines Dorf vor den Toren der großen Stadt Hannover war. Zwi- 1896 – das Jahr Deiner Geburt – ist auch das Geburtsjahr schen diesem Dorf und der Stadt lagen noch große Gebiete, des größten und über die Grenzen Hannovers sicherlich be- die unbebaut waren. Eine engere verkehrliche Anbindung an 20 kanntesten Sportvereins, nämlich des Hannoverschen die Stadt, beispielsweise in Form einer Straßenbahn, be- Sportvereins von 1896, besser bekannt als Hannover 96. 50 stand damals noch nicht. Das mag auch ein Grund sein, wa- Du allerdings bist wenige Tage, genau genommen 19 Tage, rum die damalige Dorfgemeinde Stöcken noch ein ganz be- älter. Und auch Du hast bis heute ein sehr wechselvolles, sonderes Eigenleben hatte. spannendes und erfolgreiches Leben geführt. Das möchte Vereine hat es zu dem damaligen Zeitpunkt schon einige in 25 ich Ihnen, liebe Gäste, gerne etwas näherbringen und ich unserem hannoverschen Vorort gegeben. Das Besondere, lade Sie herzlich dazu ein, sich mit dem Turnerbund und mir 55 weil Neue an Dir, lieber Turnerbund Stöcken, war, dass Du Teil 1 / Seite 1 Teil 1 / Seite 2
ein Sportverein bist. Insbesondere für die älteren Stöckener Aus dem Protokoll der ersten Versammlung geht hervor, Bewohner war es schlicht unverständlich, dass einige junge 30 dass die Vereinsmitglieder auch damals schon keine Kost- Burschen noch nicht genug an ihrer zumeist harten körperli- verächter waren. Heißt es doch dort: (Zitat) „Zum Schluss chen Berufsarbeit hatten und in ihrer Freizeit noch durch Tur- wurde noch ein Fässchen Bier mehrseitig gewünscht zu trin- 5 nen Kraft vergeuden wollten. Aber diese entschlossenen ken, aber es war leider etwas spät und es wurde bis auf wei- jungen Männer ließen sich natürlich in ihrem Vorhaben nicht teres verschoben.“ (Zitat Ende) beirren. 35 Der erste Mitgliedsbeitrag betrug lediglich 25 Pfennig monat- Einen solchen Verein wie Dich hat es damals in den Dörfern lich. Trotzdem, so heißt es in einem damaligen Protokoll, kaum gegeben. Für deren Bewohner war die turnerische Be- konnte (Zitat) „wegen des guten Wirtschaftens des Kassen- 10 tätigung etwas Befremdliches. Von daher lässt es sich erklä- wartes ein gut Teil davon zur Sparkasse gebracht werden.“ ren, dass Du in Deinen Anfängen sogar von vielen Leuten (Zitat Ende) angefeindet wurdest. Aber wer, so wie Deine Begründer, vol- ler Tatendrang und Enthusiasmus ist, der lässt sich davon 40 Turngeräte ließen sich aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht beirren und geht seinen Weg. Mit viel Eifer ist es Dir zunächst nicht aus dem Vereinsetat beschaffen. So wurden 15 gelungen, die Menschen von der Idee des Deutschen Tur- ein Reck und Schaukelringe von August Sender selbst her- nens zu überzeugen. gestellt. Ein Turnpferd wurde später hinzugekauft. Kurz nach Deiner offiziellen Gründung, Deiner Geburt sozu- Dem unermüdlichen Engagement insbesondere August sagen, musste erst einmal ein Vorstand gefunden werden, 45 Senders ist es zu verdanken, dass den Stöckener Bewoh- der sich um Deine Belange kümmert. Mit dem Kaufmann nern die Vereinsaktivitäten nicht unbemerkt blieben. Ein ers- 20 Adolf Parl wurde ein erster Vorsitzender gefunden, der die- tes Schauturnen noch im Gründungsjahr brachte schon ei- ses Amt 35 Jahre bekleiden sollte. Daran mag deutlich wer- nen gewissen Erfolg mit sich. Im Jahr darauf wurde bereits den, welchen beispiellosen Idealismus die Männer besaßen, die Aufstellung einer Altersriege beschlossen. die Dich ins Leben riefen. Zweiter wichtiger Mann neben dem 50 1897 hast Du das erste Stiftungsfest gefeiert, zu dem unter Vorsitzenden, eigentlich der wichtigste Mann, war August anderem mehrere Vereine der „Umgegend“ eingeladen wa- 25 Sender, der zum Gerätewart und wenig später zum ersten ren. Hierfür wurde Dir keine Genehmigung von den Behör- Turnwart gewählt wurde. Er blieb 25 Jahre in dieser Funk- den erteilt, aber Deine damals Verantwortlichen widersetz- tion. Diese beiden Männer trieben Deine Entwicklung ganz ten sich diesem Verbot, woraufhin sie eine Ordnungsstrafe maßgeblich voran. 55 zahlen mussten. Teil 1 / Seite 3 Teil 1 / Seite 4
Zur damaligen Zeit herrschten eine gewisse Zucht und Ord- Im Jahr 1900 wurdest Du, liebes Fahnenbanner, aus den nung. So gab es bereits eine saftige Strafe in Höhe von 5 30 ersten Überschüssen des noch jungen Vereins beschafft. Du Pfennig für ein mehr als 15minütiges Zuspätkommen zum dientest und dienst bis heute dazu, bei öffentlichen Veran- Turnen. 20 Pfennig zahlte, wer an dem Schauturnen nicht staltungen deutlich zu machen, welchem Verein die dem 5 mitmachte und gar 50 Pfennig wurden fällig, wenn ein Ver- Banner folgenden Menschen angehören, unseren Verein einsmitglied sich nicht an einem ersten Ausflug nach Beren- also nach außen hin zu repräsentieren. Aber auch am Grab bostel beteiligt hat. Das Tragen eines vom Vorstand vorge- 35 manch eines treuen Vereinsmitglieds hast Du seither ge- schriebenen gleichen Hutes und Gürtels zu diesem Ausflug standen. Eine feierliche Fahnenweihe fand im Sommer des- (beides zusammen zum Preis von 2,25 Mark zu erwerben), selben Jahres statt. Gegen die Auswahl der zu diesem An- 10 wurde zwingend vorgeschrieben. Ich glaube, derartige Sank- lass von dem Vorstand auserkorenen zwölf Ehrenjungfrauen tionen sind heute kaum mehr durchsetzbar. regte sich Protest. Ein von Mitgliedern erhobener Einspruch 40 wurde in einer eigens hierfür einberufenen Versammlung zu- Lieber Turnerbund Stöcken, bitte sei nicht böse, wenn ich rückgewiesen. Hierzu wurde vermerkt: (Zitat) „Die Bedingun- mich in meiner heutigen Festrede auf das Wesentliche in gen, die an die Damen gestellt wurden, wurden von densel- Deiner weiteren Entwicklung beschränke. 125 Jahre sind ben gemeinsam mit dem Vorstand bereitwilligst angenom- 15 einfach eine sehr lange Zeit. In all‘ den Jahren ist so viel ge- men.“ (Zitat Ende) schehen, dass eine nahezu lückenlose Erwähnung bei wei- tem den Rahmen dieser Veranstaltung sprengen würde. 45 Mir ist heute leider nicht mehr in Erinnerung, um welche Be- dingungen konkret es sich damals gehandelt hat. Verschiedene in den ersten Jahren Deines Bestehens von den Vereinsverantwortlichen neben den eigentlichen Turn- Im Jahr 1901 fassten die Verantwortlichen den Entschluss, 20 abenden durchgeführte Veranstaltungen (z.B. Schauturnen, neben der bereits gegründeten Altersriege auch eine Turn- Stiftungsfeste, Weihnachtsvergnügen und sogar Tanz- abteilung für Schulkinder einzurichten. Man hatte erkannt, abende) sorgten dafür, dass der Turnerbund Stöcken einen 50 dass es notwendig war, die heranwachsende Jugend (Zitat) gewissen Bekanntheitsgrad im Dorf Stöcken erlangte. Schon „mit den Idealen der deutschen Turnerschaft vertraut zu ma- im Jahr 1899 nahmen an den alle zwei Monate stattgefunde- chen und mitzuhelfen, sie durch die Haltung und Gesinnung 25 nen Versammlungen im Durchschnitt 40 Mann teil. echten Turnertums zu frischen, frommen, fröhlichen und freien Menschen zu erziehen.“ (Zitat Ende) Ein erster Wettkampf wurde im Sommer 1899 anlässlich ei- ner Turnfahrt nach Bückeburg bestritten. Dabei wurde ein 55 Die eingeleitete positive Entwicklung bei der Anzahl der Mit- beachtlicher dritter Platz belegt. glieder führte dazu, dass mehr Geld zur Verfügung stand. Teil 1 / Seite 5 Teil 1 / Seite 6
Ein Teil der Einnahmen wurde dazu verwendet, bereits im Jugendclub besaß einen Sportplatz und wurde vom Turner- Jahr 1903 den damals verpflichteten Turnlehrer zu bezahlen. bund Stöcken als Sportabteilung übernommen, in der Fuß- Dies steigerte die Qualität der Übungsstunden, was sich wie- 30 ball und auch Leichtathletik betrieben wurden. derum in den erzielten Ergebnissen bei diversen Turnfesten 5 widerspiegelte. Aber schon im Jahr 1924 kam es wieder zu einer Trennung, weil viele Stöckener Vereinsmitglieder die Sportabteilung ab- Im Sommer 1913 gab es einen weiteren Meilenstein in Dei- lehnten, die nicht organisch im Verein gewachsen war. Dar- ner Entwicklung: Dem Wunsche einiger turnbegeisterter über hinaus entbrannte zwischen den führenden Verbänden, Mädchen entsprechend wurde eine Damenriege gegründet. 35 die die Turner einerseits und die Sportler andererseits ver- Zunächst nur als Versuch, um zu sehen, wie die skeptischen traten, ein heftiger Streit. Das war die Gründungsstunde un- 10 Stöckener Bewohner diese Entwicklung aufnehmen würden. seres Nachbarvereins SV Kleeblatt Stöcken, mit dem uns Aber die Beteiligung und der Eifer der Turnerinnen waren so heute eine gute nachbarschaftliche Beziehung verbindet. groß, dass sie schon bald in der Öffentlichkeit auftreten konnten. Die Abteilung Frauenturnen war gegründet und ist Aber die im Turnerbund Stöcken verbliebenen jungen Män- seitdem nicht mehr wegzudenken aus dem Angebot unseres 40 ner wollten sich ebenfalls weiter spielerisch auf dem Sport- 15 Vereins. platz betätigen. In den Vorstand nachrückende junge Män- ner unterstützten diese Entwicklung und so kam es schließ- Das stetige Bergauf des TB Stöcken fand sein jähes Ende lich zur Gründung der Handballabteilung in unserem Verein durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges, in dem 23 Mit- im Jahr 1924. Was, außer interessierten Sportlern und einem glieder ihr Leben lassen mussten. 45 Ball, benötigt man, um dieses schöne Spiel betreiben zu kön- nen? Natürlich – einen Sportplatz. Für die Jüngeren von Nach dessen Ende lag das Vereinsleben nahezu am Boden Ihnen sei an dieser Stelle erwähnt, dass es damals noch 20 und es musste in dieser Zeit viel Aufbauarbeit geleistet wer- nicht den heute allseits bekannten Hallenhandballsport gab. den. Die Stadt Hannover, zu der das Dorf Stöcken nach seiner Etwas ganz Besonderes entwickelte sich in den ersten Nach- 50 Eingemeindung inzwischen gehörte, stellte Dir, lieber Tur- kriegsjahren: Insbesondere die jungen Menschen zog es aus nerbund, ein Gelände für Deinen Freiluftsport zur Verfügung. dem Turnsaal, in dem vornehmlich mit viel erforderlicher Dis- Und, meine Damen und Herren hier in der Halle zu Ihrer Ein- 25 ziplin, Fleiß und Mühe am Turngerät geturnt wurde, ins Freie. ordnung, dieser Platz lag in etwa dort, wo sich der heutige Sie wollten sich dort ungezwungen beim Fußball oder ander- Straßenbahn-Endpunkt Stöcken befindet. Weißt Du noch, weitig spielerisch auf dem Sportplatz tummeln. Der damalige 55 TB Stöcken, mit welch aufopferungsvollem Einsatz beinahe Teil 1 / Seite 7 Teil 1 / Seite 8
alle Mitglieder an der Herrichtung dieses Platzes gearbeitet einzige Möglichkeit, dieser erfrischenden Freizeitbeschäfti- haben? Viele haben Spenden geleistet. Eine Umkleidebara- 30 gung nachzugehen. Aber der Bau eines Schwimmbades war cke wurde errichtet, ein alter Eisenbahnwagen diente als Ge- auch für Dich als aufstrebender Verein mindestens eine räteschuppen. Und am Ende war nach unermüdlicher Arbeit Nummer zu groß. Da ja ein solches Schwimmbad, auch um 5 eine Wirkungsstätte geschaffen, an der es Spaß machte, wirtschaftlich betrieben werden zu können, möglichst allen Sport zu treiben und sich von den Belastungen der Arbeit zu Stöckener Bürgern zugänglich sein sollte, wurde auf Betrei- erholen. 35 ben aus den Reihen des TB Stöcken die Idee geboren, die Arbeitsgemeinschaft Stöckener Vereine zu gründen. Ein Zu- Damit einher ging eine deutliche Steigerung der Mitglieder- sammenschluss, der auch heute noch besteht und sich ver- zahlen. Dies führte auch dazu, dass der Sender’sche Saal, einsübergreifenden Themen widmet. Dieser Arbeitsgemein- 10 in dem Du in den ersten Jahren die Turnstunden für Deine schaft - übrigens unter Vorsitz von Heinrich Ehlers, der 2. Mitglieder angeboten hast, von der Kapazität her einfach 40 Vorsitzender im Turnerbund war - gelang es, den Schwimm- nicht mehr ausreichte. In langen Verhandlungen, die die für badbau im Jahr 1926 zu realisieren. Auch hier für Sie zur Dich verantwortlichen Herren zusammen mit Vertretern der besseren Orientierung der Hinweis, dass sich das Schwimm- Stöckener Schule geführt haben, erklärte sich die Stadt Han- bad im Mittellandkanal, westlich der Heidehausbrücke, auf 15 nover schließlich mit dem Bau einer Sporthalle bereit. Das dem heutigen Grundstück der Firma Johnson Control, früher war der nächste Meilenstein Deiner kontinuierlichen Fortent- 45 Varta und noch früher Akkumulatorenfabrik, befand. Diese wicklung. Den jungen Menschen hier im Raum sei zu ihrer Badeanstalt im Kanal, so heißt es damals, wurde zur Körper- besseren Vorstellung gesagt, dass es sich bei der genann- pflege und Erfrischung nicht nur für die Vereinsmitglieder, ten Halle um die auch heute noch bestehende Halle nahe sondern für die Allgemeinheit geschaffen. 20 der Feuerwache Stöcken an der Mecklenheidestraße han- delt. Anfang der 1930er Jahre kam es zu umfassenden personel- 50 len Veränderungen im Vorstand. Namentlich erwähnen Was benötigte der Turnerbund Stöcken darüber hinaus, um möchte ich lediglich den Wechsel an der Spitze des Vereins: sein sportliches Angebot auf eine noch breitere Basis zu stel- Adolf Parl, Vorsitzender seit der Gründung, schied aus die- len? Richtig: ein Schwimmbad. Eine Schwimmabteilung ser Funktion aus und übergab die Führung an Willi Reese. 25 hatte sich nach dem Krieg zwar inzwischen im Verein ge- Diese und alle weiteren Neubesetzungen in den Vorstands- gründet, aber sie hatte noch keine sportliche Heimstatt. Ge- 55 ämtern taten der guten Entwicklung des Turnerbundes Stö- meinschaftsschwimmabende, ausgerichtet vom Turnbezirk cken keinen Abbruch, wenn, ja wenn da nicht dieses Hannover im damaligen Goseriedebad, waren die bis dahin Teil 1 / Seite 9 Teil 1 / Seite 10
schwarze Kapitel in der deutschen Geschichte gewesen es ging ganz langsam wieder etwas bergauf, wurde das Ver- wäre. einsverbot gelockert. Alte Vereine durften sich wieder neu 30 gründen. Und bereits am 16.01.1946 beschlossen 117 ehe- Mitte der 1930er Jahre traten Entwicklungen ein, die den Be- malige Turnerbundler, dass es einen Neustart geben sollte. ginn des späteren vollständigen Erliegens sämtlicher Verein- Zum 1. Vorsitzenden wurde Wilhelm Hatopp, ein damals 5 stätigkeit einläuteten. Die Deutsche Turnerschaft als Dach- 26jähriger Mann, gewählt. Ein wahrer Glücksgriff, wie sich verband aller Turner in Deutschland wurde aufgelöst und in im weiteren Verlauf herausstellen sollte. Die erste Mitglieder- den Reichsbund für Leibesübungen überführt. Die Mädchen 35 versammlung beschloss das „Vereins-Statut“, wie eine Sat- und Jungen des Vereins mussten ihn verlassen und wurden zung damals bezeichnet wurde. Darin heißt es: (Zitat) Zwangsmitglieder in der HJ. Die in mühseliger Arbeit errich- 10 tete Badeanstalt musste einem Industriewerk weichen. „Der Zweck des Vereins ist die Hebung und Förderung der Volkskraft und Volksgesundheit durch Pflege von Mit Heinrich Muhlert bekamst Du, lieber Turnerbund Stö- Leibesübungen aller Art auf volkstümlicher Grundlage cken, im Jahr 1938 einen neuen ersten Vorsitzenden. Er war 40 als Mittel zur körperlichen und geistigen Bildung seiner um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Mitglieder.“ (Zitat Ende) Die Kriegswirren der Jahre 1939 bis1945 bedeuteten für 47 Finden Sie nicht auch, dass das aus heutiger Sicht ziemlich 15 Vereinsmitglieder den Tod. sperrig klingt? Der Wiederaufbau des Vereins nach dem ersten Weltkrieg Nachdem der Turnbruder Hatopp die Versammlung zur Wie- war schon sehr schwer; nach dem zweiten Weltkrieg hinge- 45 dergründung des Vereins geschlossen hatte, wurde, so steht gen schien er beinahe unmöglich zu sein. Aufgrund der all- es im damaligen Protokoll, (Zitat) „unter den Klängen des seits bestehenden Not wurde geplündert und geraubt. Dies Turnbruders Apel noch ein Tänzchen gewagt. Eine freiwillige 20 erklärt, dass die Sportplatzanlage völlig unbrauchbar ge- Spende an diesem Abend zum Aufbau des Vereins ergab macht wurde. Alles, aber auch wirklich alles, was es auf dem immerhin 340,50 Reichsmark.“ (Zitat Ende) Sportplatz noch gab, konnte irgendwo anders zum Wieder- aufbau gebraucht werden. 50 Die Aufbauarbeit gestaltete sich schwer, es fehlte nahezu an allem und die Menschen mussten erst wieder überzeugt wer- In dieser Zeit hatte jeder genug mit sich selbst zu tun und an den von den „Vorzügen“ eines Sportvereins. Ganz allmählich 25 den Wiederaufbau eines Sportvereins war zunächst nicht im konnten Aktivitäten im Freien wieder angeboten werden, Entferntesten zu denken. Außerdem waren von der Militär- regierung sämtliche Vereine verboten worden. Ende 1945, Teil 1 / Seite 12 Teil 1 / Seite 11
doch kam es aufgrund fehlender Räumlichkeiten zu zwangs- eine große Feier. Da kam die Nachricht, dass Du die Platz- weisen winterlichen Unterbrechungen des Übungsbetriebes. 30 anlage an der Mecklenheidestraße verlassen musst, weil hier im Zuge des Neubaus des Volkswagenwerkes die End- 1948, es ging so langsam mit der Entwicklung wieder voran, station der Straßenbahn gebaut werden soll. Der nächste kam die Währungsumstellung, die den Verein zu eisernem Rückschlag – aber auch den solltest Du überstehen. 5 Sparen zwang. Sparen war auch deshalb notwendig, weil bei den Vereinsmitgliedern immer stärker der Wunsch aufkam, Schon im Jubiläumsjahr wurden die Sportplätze und die die aus der Not heraus mit viel Improvisation aufgebaute 35 Laufbahn auf dem Dir von der Stadt Hannover zur Verfügung Sportanlage nun zu einem Ort umzubauen, an dem die Ver- gestellten Grundstück an der Eichsfelder Straße, also genau einsfamilie eine Heimstatt findet. Der Kern des Vereins sollte hier, wo wir uns derzeit befinden, fertiggestellt. Der Bau des 10 dadurch weiter gefestigt werden. Umkleideräume und ein ei- Clubhauses wurde in den beiden darauffolgenden Jahren genes Klubhaus sollten zu diesem Zweck gebaut werden. durchgeführt. Man kannte es auch damals schon: Die ur- Die Kosten hierfür wurden in der Baubeschreibung des Ar- 40 sprünglich veranschlagten Kosten erhöhten sich nicht uner- chitekten immerhin mit 10.000 DM beziffert. heblich. Aber insbesondere eine Entschädigungszahlung für die alten Baulichkeiten an der Mecklenheidestraße sowie Schon 1950 wurde mit der Realisierung begonnen. Eine Darlehen und Spenden der Mitglieder sicherten die Finan- 15 Reihe selbstständig tätiger Turnerbundler übernahmen die zierung. So konnte am 08. Juni 1958 die Anlage mit einer vielfältigen Planungs- und Bauarbeiten. Sie verzichteten da- 45 festlichen Veranstaltung eingeweiht werden. In den hanno- bei auf ihren eigenen Verdienst. Zu einem großen Teil er- verschen Zeitungen hieß es zu dem Bau, dass es (Zitat) folgte die Finanzierung des Baumaterials und Inventars „dem Architekten gelungen sei, unter Abgrenzung der ein- durch Spenden und Darlehen der Mitglieder. Im Juni 1951 zelnen Funktionen das zweckdienliche mit einer anspre- 20 schließlich konnte bereits die Einweihung gefeiert werden. chenden äußeren Gestaltung zu verbinden. Die Stöckener Dieser Bau und auch die Tatsache, dass ab 1952 die Sport- 50 können sich glücklich schätzen, eine der modernsten und halle wieder für den Übungsbetrieb zur Verfügung standen, schönsten Sportanlagen im Stadtgebiet zu besitzen.“ (Zitat läuteten den erhofften Aufwärtstrend ein. Ende) Du, lieber Turnerbund Stöcken, steuertest auf Dein 60jähri- Aus heutiger Sicht mögen Sie das vielleicht kaum mehr 25 ges Bestehen zu. Du hattest Dich herausgeputzt, hast die nachvollziehen können. Wirren zweier Kriege nicht nur überstanden, sondern bist zweimal gefestigt und durch uneigennützigen Einsatz Deiner Teil 1 / Seite 14 Mittglieder wieder auferstanden. Alles war angerichtet für Teil 1 / Seite 13
Aber: Von diesem Tag an hatte der Turnerbund Stöcken seine neue und bis heute endgültige Heimstatt. Insofern trat nun eine ruhige Phase ein. Trotzdem gäbe es noch so viel über Dich, mein lieber Jubilar, 5 zu erzählen. Aber ich möchte natürlich auch nicht Sie, liebe Zuhörer, über Gebühr beanspruchen. Außerdem gibt es na- türlich für die letzten zurückliegenden Jahre und Jahrzehnte noch sehr viele Zeitzeugen, die sicherlich gerne den jünge- ren interessierten Menschen von Deiner Entwicklung erzäh- 10 len. Ein ganz besonderes Ereignis möchte ich aber auf gar kei- nen Fall unerwähnt lassen, denn 1990 wurde eine heiß um- kämpfte Entscheidung getroffen: Die Mitglieder entschieden sich in einer Kampfabstimmung für den Bau der Halle, in der 15 wir uns gerade aufhalten. Es war ein großer finanzieller Kraftakt, doch dank des Einsatzes aller verantwortlich Han- delnden und der finanziellen Unterstützung vieler Mitglieder ist die Finanzierung seit dem letzten Jahr abgeschlossen. Soweit mein zusammenfassender historischer Rückblick auf 20 die Entwicklung des Turnerbundes Stöcken. Oh – was sehe ich da hinten? Dort, in einer der hinteren Rei- hen? Ein Anflug von Erschöpfung vielleicht? Sauerstoffman- gel? Zu wenig Bewegung? Wahrscheinlich von allem etwas. Ich übergebe daher an Ale- 25 xandra Oetzmann. Sie hat sicher eine Idee, Sie, meine Zu- hörer, wieder fit zu machen für den zweiten Teil meiner Aus- Teil 1 / Seite 16 führungen. Teil 1 / Seite 15
Meine Damen und Herren, wert sein, aber im Jahr 1995, als Ursula Sievert diese Auf- gabe von ihrem Vorgänger Hansgeorg Janda übernommen ich habe Ihnen vor der Pause viel, hoffentlich nicht zu viel 30 hat, war das schon noch eher die Ausnahme. Seit nunmehr erzählt über die ersten Jahrzehnte des Turnerbundes Stö- gut einem Jahr lenkt Alexandra Oetzmann die Geschicke un- cken, unseres heutigen Jubilars. Aber außer mir gibt es ein- seres Turnerbundes. 5 fach keine Zeitzeugen mehr und Sie sollen doch wissen, wel- che Entwicklungen der Verein genommen hat, welche Alle Vorsitzenden haben natürlich die Mitglieder des ge- Schwierigkeiten gemeistert wurden und welches Engage- schäftsführenden Vorstandes bei der Aufgabenwahrneh- ment die Vereinsmitglieder auch schon damals, vielleicht 35 mung an ihrer Seite. Darüber hinaus gibt es die Mitglieder auch eher besonders damals, an den Tag gelegt haben für des erweiterten Vorstandes, die Abteilungsleitungen, die 10 ihre sportliche Heimat, für ihren Turnerbund Stöcken von Übungsleiterinnen und Übungsleiter, Schiedsrichterinnen 1896 e.V. und Schiedsrichter, Helferinnen und Helfer jedweder Art. Sie alle hier namentlich aufzuzählen, sprengt den Rahmen die- Nun, nachdem Sie sich etwas stärken konnten und sicher 40 ser Veranstaltung. anregende Gespräche geführt haben, hoffe ich, dass Sie mir und meinen Ausführungen weiter folgen mögen. Aber erlauben Sie mir bitte, einige Menschen zu erwähnen, die aus meiner Sicht den Turnerbund Stöcken, unseren Ju- 15 Mir ist daran gelegen, allen, die sich für diese Gemeinschaft bilar, insbesondere nach dem zweiten Weltkrieg in besonde- eingebracht haben bzw. aktuell einbringen, danke zu sagen. rer Weise geprägt haben, zu erwähnen. Diese Aufzählung Jedes noch so kleine Rädchen, jeder noch so kleine Einsatz, 45 kann natürlich nicht abschließend sein und ist rein subjektiv, tragen dazu bei, den Turnerbund Stöcken in seinem Fahr- was ich bereits jetzt zu entschuldigen bitte. Die Reihenfolge wasser zu halten. Große Verantwortung tragen natürlich die stellt dabei keineswegs eine Rangfolge dar. 20 jeweiligen Vorsitzenden. Und hier ist der Turnerbund Stö- cken in gewisser Weise ein Vorreiter, und zwar in zweierlei Erinnern Sie sich mit mir an Gerhard Beckmann. Er zeich- Hinsicht. Zum einen haben diesen Verein in seinen nunmehr net als Trainer verantwortlich für fünf deutsche Meistertitel 125 Jahren seines Bestehens lediglich sieben Personen ge- 50 im Korbball. In der gleichen Sportart verzeichneten die C-Ju- führt, was einer durchschnittlichen Verweildauer im Amt von gendlichen unter der Leitung von Ramona Glahn so viele 25 beinahe 18 Jahren entspricht, und zum anderen wird er nun Deutsche Meistertitel, wie bis dahin kein anderer Verein in schon zum zweiten Mal in Folge von einer Frau geführt. Das ganz Deutschland erringen konnte. sollte in der heutigen Zeit eigentlich keine Erwähnung mehr Teil 2 / Seite 2 Teil 2 / Seite 1
Wilhelm Hatopp, der vorhin bereits erwähnte langjährige Für Hansgeorg Janda gehörte der Turnerbund Stöcken Vorsitzende, steht als der Aufbaupionier des Turnerbundes zum Lebensmittelpunkt. Abteilungsleiter Judo und Handball, in den Geschichtsbüchern. In einem Atemzug mit ihm muss 30 Gründer und Leiter der Korbballabteilung, stellvertretender man an dieser Stelle Herbert Hohnschopp und Otto Pape Vorsitzender sowie anschließend Vorsitzender und Ehren- 5 erwähnen. Beide sind als ehemalige Handballspieler bereits vorsitzender waren die Stationen in seinem mehr als 65jäh- während und darüber hinaus auch nach ihrer aktiven Lauf- rigen Vereinsleben. bahn über viele Jahrzehnte Mitglied des Vorstandes gewe- sen. Otto Pape wurde bereits im Alter von 18 Jahren in die- Ursula Sievert als langjährige Abteilungsleiterin Korbball ses Gremium gewählt. 35 und spätere Vereinsvorsitzende sowie Rosie Rohowski als langjährige Abteilungsleiterin Frauengymnastik und daran 10 Die Älteren von Ihnen erinnern sich sicher noch an Gust- anschließend Schatzmeisterin wurden jeweils für ihr Lebens- chen Medje, die mehr als 40 Jahre verantwortliche Übungs- werk als Ehrenvorsitzende bzw. als Ehrenmitglied durch die leiterin im Turn- und Gymnastikbereich war. Auf eine noch Mitgliederversammlung des Turnerbundes Stöcken ernannt. längere Dienstzeit als Übungsleiterin können Renate Marby im Frauenturnen sowie Marga Prendel im Kinderturnen ver- 40 Und schließlich gilt es, noch zwei Familienstämme zu erwäh- 15 weisen. nen, deren Mitglieder das Gesicht des Turnerbundes Stö- cken seit Anfang des vorigen Jahrhunderts, also nahezu seit Stephanie Roß blickt auf eine inzwischen beinahe 40jährige der Gründung des Vereins, ganz maßgeblich mitbestimmt Amtszeit in verschiedenen leitenden Funktionen in der haben. Handballabteilung zurück. Unermüdlich bringt sie sich der- zeit als deren Leiterin ein. 45 Da ist zum einen die Familie Knüttel. Drei Brüder – Hein- rich, Erich und Adolf – verschrieben sich schon früh dem 20 Ulrich Krüger, obwohl selbst gar nicht Mitglied des Turner- Turnerbund. Die beiden erstgenannten waren über viele bundes, aber mit ihm im Herzen verwachsen, war über 40 Jahre aktive Turner, ehe sie sich dann in verschiedenen Jahre für unsere Gemeinschaft tätig. Man kann ihn getrost Funktionen für die Mitarbeit im Vorstand zur Verfügung ge- als „Mann für alle Fälle“ bezeichnen, war er doch neben sei- 50 stellt haben. Heinrich Knüttel, geboren 1897 und Mitglied nem Hauptbetätigungsfeld als Handballtrainer unter ande- im Verein seit 1905, ist der Vater von Luise, allen besser 25 rem auch in der Leichtathletik, beim Badminton und dem Kin- unter ihrem Spitznamen „Ise“ bekannt. Ise prägte und ver- derturnen als Übungsleiter aktiv. Uli, wie er von allen ge- körperte unseren Turnerbund Stöcken insbesondere im nannt wurde, war eine echte „Allzweckwaffe“. Frauen- und Seniorenturnen von frühen Kindesbeinen an bis 55 zu ihrem Tod im Jahr 2013 über mehr als 75 Jahre und das Teil 2 / Seite 3 Teil 2 / Seite 4
weit über die niedersächsischen Landesgrenzen hinaus. Sie Du, lieber Turnerbund Stöcken, bist eine große Familie. Und gehörte dem Vorstand des Vereins ununterbrochen 66 Jahre wer hier erst einmal heimisch geworden ist, fühlt sich in Dei- lang an. Legendär sind die unzähligen, von ihr durchgeführ- ner Gemeinschaft wohl. Das Bewegungsangebot richtet sich ten Fahrten mit Seniorenturnerinnen nach Friedenweiler im 30 an Jung und Alt. Aufgrund der Vielfältigkeit des Angebots 5 Schwarzwald. Dort wurde sie mit der Ehrenbürgerwürde dürfte sicherlich für alle etwas Passendes dabei sein. Bad- ausgezeichnet. Ihre markante Stimme und ihre großgewach- minton, Gesundheitssport, Gymnastik, Handball, Jeder- sene Statur machten diese liebenswerte Frau einfach unver- mannsport, Korbball, der Lauftreff, Leichtathletik, Schwim- wechselbar. Alle hörten auf ihr Wort, niemand widersprach. men, Tanzen, Tennis, Volleyball und Wandern sind derzeit Ich habe sie einmal ehrfurchtsvoll „Miss Turnerbund Stö- 35 die Sportarten, die heute auf dem breitgefächerten Übungs- 10 cken“ genannt. Zurecht wurde ihr für ihr ehrenamtliches En- plan stehen. Früher hast Du sogar einmal Fechten angebo- gagement vom Bundespräsidenten das Bundesverdienst- ten. Leider musste vor nicht allzu langer Zeit Deine bis dahin kreuz verliehen. sehr erfolgreiche Judo-/Ju-Jutsu-Abteilung aufgegeben wer- den, weil sich einfach keine Trainer finden ließen. Schade! Aber Ise Knüttel? Hieß sie nicht Ise Burgstett? Ja, beides 40 Du, lieber Turnerbund, verstehst Dich in erster Linie als Brei- ist richtig. Luise hat nämlich Kurt Burgstett geheiratet. tensportverein. Jede Frau, jeder Mann, jedes Kind ist bei Dir 15 Und damit sind wir bei der zweiten prägenden Turnerbund- herzlich willkommen. Jeder betreibt den Sport im Rahmen familie, den Burgstetts. Kurt Burgstett war lange Jahre ihrer bzw. seiner Möglichkeiten. Der eine mehr als Freizeit- Turner im Verein und übte die Funktion des Oberturnwartes ausgleich zum anstrengenden Beruf, die andere leistungs- aus. Seine Frau Liesel wiederum war nach ihrer aktiven Zeit 45 orientierter. Hauptsache, am Ende einer Trainingsstunde als Turnerin über viele, viele Jahre als Übungsleiterin im Tur- sind alle zufrieden, etwas für sich getan zu haben. Und man 20 nerinnenbereich tätig. Aus dieser Beziehung ging Tochter lernt bei Dir neue Freunde kennen, mit denen es Spaß Renate Burgstett, heute Borchers, hervor, die seit 1968 bis macht, die freie Zeit gemeinsam zu verbringen. Der Turner- heute als Übungsleiterin tätig ist. Einige Jahre, nachdem Lie- bund übernimmt darüber hinaus auch eine soziale Verant- sel Burgstett verstorben war, heiratete Kurt „unsere“ Luise 50 wortung: Integration heißt hier das Stichwort. Knüttel, die seitdem den Namen Burgstett trug. Auf diese Mit Deinem Projekt „Handball inklusive“ bietest Du Men- 25 Weise verbanden sich schließlich diese beiden Familiendy- schen mit und ohne Behinderung Gelegenheit, miteinander nastien. Sport zu treiben. Teil 2 / Seite 5 Teil 2 / Seite 6
Aber auch darüber hinaus bringt der Turnerbund Stöcken den Verlockungen des Turnfestes erliegen und dadurch sei- viele Sportbegeisterte zusammen. In diesem durch Men- nen sportlichen Erfolg gefährden. Sie beschlossen daher, schen verschiedener Herkunft geprägten Stadtteil ist der ge- 30 ihn rund um die Uhr zu überwachen. Damals hieß es, dass meinsam betriebene Sport eine prima Möglichkeit, beste- es sich um außerordentliche sportliche Leistungen unseres 5 hende Grenzen abzubauen, zu helfen, andere Denk- und Turners gehandelt hat für einen Verein, dessen Wirken von Verhaltensweisen zu verstehen und Spaß am gemeinsamen jeher in erster Linie auf Breitenarbeit und nicht auf Höchst- Miteinander zu finden. leistungen gerichtet war. In einem Artikel der damaligen „Hannoverschen Zeitung“ aus 35 Korbballmannschaften aller Altersklassen schafften es, für dem Jahr 1955 heißt es, (Zitat) „der Turnerbund Stöcken den Turnerbund Stöcken insgesamt 16 Deutsche Meistertitel 10 wolle keine Spitzenkönner heranbilden. Jedes seiner Mitglie- zu erringen. der solle sich in seiner Sportart betätigen und in ihr den Kör- per stählen und auf dem Sportplatz Erholung finden. (Zitat Aber auch die Handballmannschaften waren in der Vergan- Ende) genheit sehr erfolgreich. Allen voran die A-Jugend des Jahr- 40 ganges 1973/74, die als Norddeutscher Meister den vierten Aber aus der Masse heraus bildet sich zwangsläufig auch Platz bei den Deutschen Meisterschaften belegte. Die Her- 15 die Klasse. Menschen, die ihre Sportart besonders gut be- renmannschaft dieser Abteilung wurde 1984 Niedersachsen- herrschen, viel Zeit zu investieren bereit sind und ganz oben meister und spielte seitdem in der dritthöchsten Deutschen dabei sein können und möchten, sind im Turnerbund Stö- Spielklasse. cken ebenso herzlich willkommen wie die sogenannten Brei- tensportler. Lassen Sie mich hier an einige Beispiele insbe- 45 Laufsenior Friedel Köhne hat im Alter von 70 (!) Jahren sei- 20 sondere der Jahre aus der zweiten Lebenshälfte unseres nen ersten Marathon in einer Glanzzeit von vier Stunden ab- Vereins erinnern, aber auch hier kann meine Aufzählung na- solviert, und er war mit 85 Jahren noch immer auf den Lang- türlich nicht vollständig sein: laufstrecken weltweit unterwegs. Schon im Jahr 1923 schaffte Heinrich Knüttel beim Deut- Erinnern Sie sich noch an Klaus Glahn? Der Judoka, der bei schen Turnfest in München etwas ganz Besonderes. Er be- 50 den Olympischen Spielen in Tokio 1964 und München 1972 25 legte unter der Elite der deutschen Turner im Sechskampf eine Bronze- und eine Silbermedaille errang? Jeder dama- den 16. Platz. Es hält sich die Überlieferung, mitgereiste Ver- lige Stöckener Judoka war stolz zu wissen, dass dieser einsmitglieder seien damals besorgt gewesen, „Heini“ könne Teil 2 / Seite 8 Teil 2 / Seite 7
Mann seine Karriere im Turnerbund begonnen hat. Er ist üb- liche Karriere! Für mich ist Stephan Kunzelmann der erfolg- rigens der Schwager der vorhin erwähnten sehr erfolgrei- reichste Sportler, der bis heute aus den Reihen unseres Tur- chen Stöckener Korbballtrainerin Ramona Glahn. nerbundes Stöcken je hervorgegangen ist. Der jugendliche Tennisspieler Jonas Memenga errang 2005 „Last but not least“ möchte ich noch an Christian Jäger er- 5 die Niedersachsenmeisterschaft. 30 innern, der in seiner Disziplin, dem Wasserspringen, Deut- scher Jugendmeister geworden ist. Wir haben sogar einen Weltmeister in unseren Reihen: Ru- dolf (genannt: Rudi) Kirsch. Er war Mitglied der deutschen Was für glanzvolle Leistungen! Dahinter stecken unzählige Handballnationalmannschaft, die im Jahr 1966 den Welt- Stunden Training, Fleiß, Ausdauer, aber auch Tränen und meistertitel errang. Das war aber nicht, wie Sie jetzt möglich- Enttäuschungen. 10 erweise denken, beim Hallenhandball. Nein, zu der damali- gen Zeit wurde Handball immer noch fast ausschließlich im 35 Aber ohne die Menschen hinter den Sportlern, den Eltern, Freien auf dem sogenannten Großfeld praktiziert. Trainern, Betreuern, Abteilungsleitern und Vorstandsmitglie- der, könnten die Sportlerinnen und Sportler diese Leistungen Nanette Webers und Nicole Trepte waren in den 1980er nicht erbringen. Jahren die Aushängeschilder unserer Judoabteilung. We- 15 bers wurde im Jahr 1985 in ihrer Disziplin Deutsche Vize- Und da bin ich dann wieder am Anfang: wir sind eine große meisterin. 40 Familie, in der es Spaß macht, seinem Hobby nachzugehen. Im Vorfeld dieser Veranstaltung habe ich mich einmal unter Und dann gibt es noch die Sportler des nassen Elements. den Mitgliedern umgehört. Auf meine Frage, was das Beson- Allen voran muss hier natürlich der Name Stephan Kunzel- dere für sie im Turnerbund Stöcken sei, wurden beinahe ein- mann genannt werden. Er war auf seinen Strecken mehrfa- hellig als Antwort „der Sport in der Gemeinschaft und das 20 cher Deutscher Meister, ist im Jahr 1998 einen Weltrekord in 45 nette Beisammensein vor, während und nach dem Sport“ ge- der Staffel geschwommen, wurde mit der 4x100 m Freistil- geben. Erlauben Sie mir, auf eine dieser Antworten an dieser staffel Europameister, war Deutscher Rekordhalter über 100 Stelle etwas näher einzugehen: Ingrid Diering, unsere Sozi- m Freistil, belegte bei den Olympischen Spielen in Sydney alwartin, die sich insbesondere um die älteren Menschen im mit der Staffel den vierten Platz und konnte sich erneut für Verein kümmert, erklärte mir, der Turnerbund sei insbeson- 25 die Spiele 2004 in Athen qualifizieren. Eine unfassbare sport- 50 dere für Alleinstehende wie ein zweites Zuhause. Man werde Teil 2 / Seite 9 Teil 2 / Seite 10
dort z.B. beim Klönschnack, beim Sport oder Wandern auf- „Fang nie an aufzuhören, hör nie auf anzufangen“. gefangen und man erhalte das Gefühl, auch im hohen Alter noch am Leben teilnehmen zu können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Wenn die Mitglieder so empfinden, bist Du, lieber Turner- 5 bund, auf dem richtigen Weg. Meine Damen und Herren, ich wünsche mir für die Zukunft, dass der Turnerbund Stöcken weiterhin vielen Menschen die Heimstatt für Spaß an Bewegung und Geselligkeit bleibt. Das Fahrwasser, in dem sich Sportvereine heute bewegen, 10 dürfte rauer sein, als noch in der Vergangenheit. Gleichwohl bin ich überzeugt davon, dass die im Verein an den unter- schiedlichsten Stellen verantwortlichen Menschen es schaf- fen werden, den Turnerbund Stöcken immer so aufzustellen, dass er die sich ihm entgegenstellenden Untiefen umschifft. 15 Und wenn das gelingt, bin ich zuversichtlich, dass wir uns in 125 Jahren an dieser Stelle wiedersehen werden, um das 250. Jubiläum unseres Vereins zu feiern. Ich jedenfalls, habe mir diesen Termin schon fest in meinem Kalender vermerkt. Sie sollten das auch tun: Freitag, 25. März 2146. 20 Schließen möchte ich mit dem Leitspruch unserer Luise Burgstett, die sich die Worte von Cicero, dem römischen Phi- losophen, zu eigen gemacht hat. Diese Worte mögen An- sporn für all‘ diejenigen sein, die sich, in welcher Funktion auch immer, in das Vereinsleben mit ihrer ehrenamtlichen 25 Tätigkeit uneigennützig einbringen: Er lautet: Teil 2 / Seite 12 Teil 2 / Seite 11
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