Fleischrevolution auf dem Teller - ERSCHIENEN IN AUSGABE 3/2020 Fleischersatzprodukte
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Fleischrevolution auf dem Teller Mit pflanzlichem Hähnchenfleisch will das Schweizer Start-up Planted seinen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten. Im Vergleich zu konventioneller Tierhaltung werden für die Produktion von Planted- Erzeugnissen 90 Prozent weniger Land und 66 Prozent weniger Wasser verbraucht sowie 66 Prozent weniger Treibhausgase erzeugt. (Von Karoline Giokas) E rbsenprotein, Erbsenfasern, Rapsöl und Wasser – mehr als diese vier Zutaten braucht das Team von ohne dass dafür Tiere aufgezogen, gemästet und geschlachtet werden müssen. Planted nicht, um ein von Textur und Geschmack ähnliches Hähnchenfleisch- Imitat herzustellen. Wer Pflanzenbasiert und ohne Zusatzstoffe aber glaubt, dass hier die entscheidende Zutat fehlt, irrt. Denn das Jungunternehmen mischt den Der Anstoß für natürliche und gesunde pflanzliche Schweizer Lebensmittelmarkt derzeit mit Fleischkreationen kam Co-Founder Pascal Bieri 2016 sogenanntem Planted Chicken, also „gepflanztem“ während seiner Beschäftigung für den Schweizer Hähnchenfleisch auf. Das Versprechen: Das Fleisch Detailhändler Migros. „Als ich damals für den auf Pflanzenbasis soll genauso gut schmecken wie Schokoladensektor in Amerika unterwegs war, bin echtes Hähnchenfleisch, gesund und nachhaltig sein, ich dort auf die hoch gepriesenen Pflanzenburger www.catering.de
von Beyond Meat und Impossible Burger gestoßen – in Finanzierung und Branding mitbringt. Etliche und freute mich im Prinzip sehr über diese Geschmacks- und Texturierungstests später Alternativen“, erinnert sich der heute 34-Jährige. gründete das Vierergespann schließlich nach knapp „Schnell merkte ich dann allerdings auch, welche zwei Jahren Forschung Planted, brachte Version 1.0 nicht natürlichen und kaum wirklich gesunden auf den Markt und knüpften erste Kontakte zu Zusatzstoffe diese Fleischalternativen doch Gastronomen. Inzwischen zählen rund 70 enthielten.“ Das muss doch auch anders gehen, Restaurants in der Schweiz zum Kundenstamm von dachte sich der studierte Wirtschaftswissenschaftler Planted, ein Webshop bedient private Kunden übers und kontaktierte kurzerhand seinen Cousin in der Internet und seit dem 13. Januar ist das Schweiz. Lukas Böni promovierte zu jenem Zeitpunkt Fleischersatzprodukt zudem in rund 200 Filialen von nämlich gerade an der Eidgenössischen Technischen Coop, einer der größten Supermarktketten des Hochschule Zürich (ETH) im Fach Landes, auch für Endverbraucher erhältlich. Die Lebensmittelwissenschaften und sah schnell großes Botschaft von Planted: einen leckeren Fleischersatz Potenzial in der Fleischalternative aus Pflanzen. herzustellen, der so natürlich wie möglich das Beide hielten ihre Ideen Wertversprechen von tier- in einem Two-Pager fest, ischem Fleisch erfüllt, dabei Das Co Founder-Team von Planted: marschierten damit zum Lukas Böni, Eric Stirnemann, ganz ohne Aromaoder Kon- Forschungsausschuss der und Pascal Bieri (v.li.) Fotos: Planted servierungsstoffe auskommt ETH und erhielten durch und so für eine gesunde das Pioneer Fellowship Ernährung und nachhaltiges finanzielle Unterstütz- Tierwohl sorgt. „Anstatt ung für ihre Arbeit. einer sogenannten Ingredients „Wir rannten mit list from hell zeigen wir unserem Vorschlag unseren Konsumenten ganz klar, offene Türen an der welche natürlichen Zutaten ETH ein“, so Böni, der hinter unserem Produkt stecken selbst als Vegetarier – sodass sie diese auch lebt. „Jedem von uns einordnen können“, so ist klar: Steigt die Welt- Pascal Bieri. bevölkerung und Urba- Noch ist das Fleischer- nisierung an wie vorher- satzprodukt preislich ver- gesagt, muss eine Ver- gleichbar mit Bio-Freiland- schiebung zu mehr hühnchen – also eher im pflanzlichen Proteinen, oberen Preissegment ange- weg von ineffizienten siedelt. „Unsere Produktions- tierischen Proteinen stätte an der ETH platzt stattfinden.“ aber aus allen Nähten, wes- halb wir aktuell eine größere 4 Mann, ein Ziel: Planted ehemalige Maggi-Produktionshalle in Kemptthal, zwischen Zürich und Winterthur umbauen“, so Bieri. Bieri und Böni holten sich Lebensmitteltechniker Ab Mai soll dort die aktuelle Produktion von bis zu Eric Stirnemann mit ins Boot, der an der ETH bereits 300 kg Planted pro Tag verzehnfacht und kann dann Erfahrung mit dem Nassextrusionsverfahren (High auch skaliert werden. Damit ebnet das junge Team Moisture Extrusion Cooking HMEC) gesammelt die Weichen zur weiteren Expansion – denn noch in hatte. „Einfach ausgedrückt wird bei dieser Methode diesem Jahr soll es den Schweizer Fleisch ersatz auch die mit Wasser versetzte teigartige Rohstoffmasse in Deutschland geben. Hersteller wie Nestlé oder mittels zweier rotierender Schneckenwellen durch Quorn sehen die vier Jungunternehmer dabei nicht ein Gehäuse befördert, erhitzt und am Ende durch als Konkurrenz. eine gekühlte Düse gepresst“, erklärt St i rnemann. Schon seit langem werden Teile dieses Verfahren „Wir alle gehen mit unseren Alternativprodukten das z.B. zur Herstellung von Erdnussflips oder gleiche grosse Thema an und wollen es vorantreiben Frühstücks-Cerealien eingesetzt. Das Gründerteam – je mehr Hersteller also dazukommen, umso besser komplettiert Christoph Jenny, der vorher ganze für die Auswahl und schlussendlich eben auch für Restaurantketten managte, und einen Hintergrund unseren Planeten“, betont Pascal Bieri. www.catering.de
Wie wird Planted hergestellt? Das Herstellungsverfahren nennt sich Nassextrusion. Bei der Extrusion handelt es sich um ein Verfahren, das ursprünglich für die Kautschukverarbeitung entwickelt wurde, seit den 60er Jahren aber auch in der Lebensmittelindustrie Anwendung findet: für Erdnussflips, Cornflakes, Spaghetti oder neu eben Planted Chicken. Für die zweite Generation pflanzlicher Fleischersatzprodukte ist sie zentral, denn mit ihr lassen sich die extrahierten Pflanzenproteine, die auf mikroskopischer Ebene eine kugelige Form haben, in die faserige und gestreckte Form tierischer Muskelfaserproteine verwandeln. Durch Rotation zweier Schrauben werden die Zutaten im Extruder erhitzt und unter Druck gesetzt. Gleichzeitig wirken Scherkräfte wie bei einer Pastamaschine. So entsteht ein Teig, der durch eine Düse gepresst und darin abgekühlt wird. Verwendet werden vier komplett natürliche Zutaten: Erbsenprotein, Erbsenfasern, Rapsöl und Wasser. Aroma- oder Konservierungsstoffe finden keine Verwendung. www.catering.de
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