FLUTKATASTROPHEN - UND WIE WIR HELFEN
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
01•2022 Magazin für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit FLUTKATASTROPHEN – UND WIE WIR HELFEN Hochwasser in Deutschland, Hurrikane in Honduras, Taifune auf den Philippinen und Überschwemmungen durch den Monsun – Intensität und Häufigkeit von Extremwetterereignissen steigen durch den Klimawandel. Wir leisten humanitäre Hilfe für die betroffenen Menschen und unterstützen den Wiederaufbau – in Deutschland und weltweit.
EDITORIAL Liebe Freundinnen und Freunde, die letzten Monate waren geprägt von großen humanitären Katas trophen direkt vor unserer Haustür. Die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands hinterließ im Juli letzten Jahres eine Spur der Verwüs- tung: Mehr als 180 Menschen kamen ums Leben, Tausende verloren ihr Zuhause. Wenige Monate später führt der Krieg in der Ukraine zu unvorstellbarem Leid der Zivilbevölkerung. Gemeinsam mit unseren Partnern leisten wir humanitäre Nothilfe – nach Naturkatastrophen wie der Flut im Juli, aber auch für die Geflüchteten in der Ukraine und den Nachbarländern. Es sind Krisen und Zeiten wie diese, die uns wieder einmal zeigen, dass auf unsere Mitglieder und Spender*innen Verlass ist. Herzlichen Dank für die große Solidarität. Ein Jahr nach dem Hochwasser blicken wir in diesem weitblick zurück auf großartiges ehrenamtliches Engagement, schnelle und unbürokratische Hilfe sowie zahlreiche Beratungs- und Unterstützungsangebote unserer AWO-Flutbüros. Gemeinsam mit dem AWO Bundesverband und den AWO Bezirksverbänden Rheinland, Mittelrhein, Niederrhein und Westliches Westfalen waren wir in der Akutphase aktiv und lassen die Menschen auch nach der Flut nicht im Stich. Überschwemmungen richten weltweit immer wieder verheerende Verwüstungen an. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen unserer Projektregionen gab es im letzten Jahr schwere Überflutun- gen und Hochwasserkatastrophen: durch Taifune auf den Philippinen, Hurrikane in Honduras oder den Monsun in Nepal. Gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort leisten wir Nothilfe. Wie diese Nothilfe in Deutschland, aber auch in unseren anderen Projektregionen funktio- niert, erfahren Sie in diesem weitblick. Vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Arbeit und die großartige Unterstützung, ohne die unsere humanitäre Hilfe nicht möglich wäre. Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre. Rudi Frick Ingrid Lebherz Vorstandsvorsitzender Geschäftsführerin 3 FLUTKATASTROPHEN In Deutschland und weltweit 4 FLUTKATASTROPHE IM AHRTAL Eindrücke von der Hilfe vor Ort 6 VIELFÄLTIGE FLUTHILFE IN HAGEN Soforthilfen, psychologische Unterstützung und Alpaka-Wanderung 8 EIN STARKES TEAM AWO-Hochwasserhilfe in der Eifel 10 SCHNELL UND UNKOMPLIZIERT Unterstützung für Hochwasserbetroffene TITELBILD am Niederrhein Die Volme – hier in Hagen-Delstern – überflutete im Juli 2021 zahlreiche Straßenzüge.
FLUTKATASTROPHEN In Deutschland und weltweit Im vergangenen Jahr gab es weltweit über 400 Naturkatastrophen mit über 10 000 Toten. Mehr als die Hälfte dieser Katastrophen be- traf Überflutungen. Große Naturkatastrophen sind in Deutschland eher selten. Der letzte Inlandseinsatz von AWO International war das Elbhochwasser im Jahr 2013. Bereits damals sprach man von einem „Jahrhunderthochwasser“. Nach nicht enden wollenden Starkregen erreichte die Ahr im Juli 2021 einen Rekordpegelstand von 8 Metern. Viele Bäche in Rheinland- Pfalz und Nordrhein-Westfalen wurden zu reißenden Flüssen. Über 180 Menschen starben, Tausende verloren ihr Zuhause. Verstörende Bilder, wie wir sie vom Tsunami auf den Philippinen, vom Erdbeben in Nepal oder von Wirbelstürmen in der Karibik kennen, erreichten uns aus unserer bekannten Umgebung in Deutschland. Die Auswirkungen des Klimawandels und die damit verbundene Zunahme an Extremwetterereignissen und Naturkatastrophen sind weltweit spürbar. Nach Einschätzung von Klimatolog*innen finden sommerliche Starkregen bis zu neunmal häufiger statt und fallen zwi- schen drei- und neunzehnfach stärker aus. Während unsere Partnerländer Bangladesch, Guatemala und die Phi- lippinen auf dem Weltrisikoindex 2021 ganz oben stehen, ist Deutsch- land erst auf Platz 161 geführt. Das Hochwasser hat uns mit Brutalität verdeutlicht, dass der Klimawandel auch hier angekommen ist und wir nicht ausreichend vorbereitet sind. Im vergangenen Jahr war AWO International neben dem Einsatz in den Hochwassergebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen auch auf den Philippinen, in Honduras, in Nepal und Bangladesch in der Fluthilfe aktiv. Die Aus- löser der Überschwemmungen hängen oft mit regionalen Wetterphä- nomenen wie dem Monsun in Südasien oder Taifunen in Südostasien zusammen und werden durch den Klimawandel verstärkt. In existenziellen Krisen werden stets lebensnotwendige Güter benö- tigt. Wasser, medizinische Versorgung und Hygieneartikel, Nahrung und ein Dach über dem Kopf. Sicherheit, psychosoziale Unterstützung und in weiterer Folge Hilfen für den Wiederaufbau und die Wieder herstellung der Lebensbedingungen und des Alltags; im fernen Aus- land wie auch in Deutschland. Durch unsere Erfahrung bei der Um- setzung von Nothilfeprojekten im Ausland und die vorhandenen 11 PSYCHOLOGISCHE UNTERSTÜTZUNG Strukturen der AWO in Deutschland konnten wir bereits Tage nach NACH DER KATASTROPHE der Flut erste Nothilfemaßnahmen auf den Weg bringen, die konti- AWO-Hilfetelefon und digitale Gesprächsrunden nuierlich ausgebaut wurden und von denen bis dato betroffene Men- 12 HOCHWASSER IN DAVAO schen aus über 6900 Haushalten profitierten. Großes Engagement von Migrant*innen- vereinen in der Fluthilfe Um gefährdete Menschen vor Ort besser auf Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen vorzubereiten, setzt AWO Internatio- 14 ÜBERSCHWEMMUNGEN IN SÜDASIEN nal in zahlreichen Ländern Katastrophenvorsorgeprojekte um. Dabei Nothilfeprojekte in Bangladesch und Nepal werden Ersthelfer*innen ausgebildet, Vorsorgestrukturen etabliert, 15 DIE TROPENSTÜRME ETA UND IOTA Schutzdämme angelegt, Katastrophenschutzpläne erarbeitet und Part- Verheerende Folgen in Honduras nerorganisationen fortgebildet, um im Ernstfall schnelle und effiziente 16 EINE HUMANITÄRE KATASTROPHE Nothilfe zu leisten. Dadurch tragen wir dazu bei, Schäden und Opfer Unsere Nothilfeprojekte in der Ukraine im Katastrophenfall signifikant zu reduzieren und Menschenleben zu und den Nachbarländern retten. 18 KURZ NOTIERT Es gibt noch viel zu tun. Felix Neuhaus
FLUTKATASTROPHE IM AHRTAL Eindrücke von der Hilfe vor Ort AHRTAL EUROPA • DEUTSCHLAND AWO-AnsprechBar – Finanzielle Unterstützung und Beratung vor Ort Um den Betroffenen schnell finanzielle Hilfen zukommen zu lassen, waren die mobilen AWO-Beratungsteams nach dem Hochwasser direkt in den Flutgebieten im Kreis Ahrweiler un- terwegs. Dort halfen sie, die Soforthilfeanträge auszufüllen. So konnten unbürokratisch 5 646 550 Euro Soforthilfen an Austausch über Erlebtes, hilfreiche Tipps unter 3372 Haushalte ausgezahlt werden. Bereits während der Sofort Nachbar*innen und ein wenig Alltag – das alles hilfe-Phase wurden auch erste Beratungsgespräche geführt, wird durch unser gemeinsames Projekt mit dem erzählt Elvin, Migrationsberater im AWO-Hochwasserteam: AWO Bezirksverband Rheinland in den beheizten „Einige der Migrant*innen haben Fluchterfahrungen und damit Wintertreffs „Nelkenweg“ und „Kurpark“ in Bad eine doppelte Belastung. Vieles hier erinnert an Kriegszustände, Neuenahr für Betroffene der Flutnacht ermöglicht. was sehr belastend für diese Menschen ist.“ Organisiert von der Stadt Bad Neuenahr und finan- Um auch längerfristig eine Möglichkeit zu haben, vor Ort Bera- ziert von AWO International und Aktion Deutschland tungen durchzuführen, wurde im Dezember die AWO-Ansprech- Hilft wurden in zwei Wintertreffs von November bis Bar eröffnet. „Direkt unterstützen können wir hier etwa, wenn es April warme Mahlzeiten an bis zu 100 Personen täg- um verschiedenste Anträge geht. Wir können vielen Menschen lich ausgegeben. die Kommunikation anbieten, wenn sie zum Beispiel überfordert sind oder all ihre Unterlagen verloren haben“, erzählt Lina, Bera- Der Kreis Ahrweiler gilt als das am schwersten terin im AWO-Hochwasserteam. Oft geht es auch darum, zuzu- vom Hochwasser betroffene Gebiet: Die sonst so be- hören und zu zeigen, dass niemand mit seinen Sorgen allein ge- schauliche Ahr schwoll bis auf über sieben Meter an. lassen wird. „Wenn man den Menschen Mut machen und ihnen aufzeigen kann, was es noch für Unterstützungsmöglichkeiten Tausende Menschen verloren ihr Zuhause, und allein gibt, dann gibt es viel Dankbarkeit zurück.“ im Ahrtal kamen 134 Menschen ums Leben. Mit dem Fluthilfeteam der AWO, ehrenamtlichen Helfer*innen Zusätzlich organisiert das Hochwasserteam für die Kinder- und und Betroffenen haben wir im März bei unserem Jugendlichen im Ahrtal ein Freizeitprogramm: von Spieletonnen Besuch über die täglichen Herausforderungen im in den Wintertreffs über Bastel- und Trommelworkshops bis zum Flutgebiet und die Hilfe vor Ort gesprochen. Familientag auf der Sommerrodelbahn oder in einer Eisdisco. 4
Christiane und Finchen kümmern sich im Nelkenweg nicht nur um die Essensausgabe, sondern machten den Wintertreff zu einem beliebten und wichtigen Ort der Begegnung im Ahrtal. Wintertreffs – Orte der Begegnung im Ahrtal Handschuh … Da war es schon toll, hier im Nelkenweg einfach in Mit dem ersten Schritt in das bunt und liebevoll eingerichte- die Runde fragen zu können – und irgendwer hatte immer genau te Zelt schlagen einem Herzlichkeit, leckerer Essensduft und das fehlende Gerät da oder kannte jemanden, der es organisieren angeregtes Murmeln entgegen. Sofort ist klar: Hierher kommt konnte.“ Auch die Gespräche mit Bekannten und Nachbar*in- niemand nur, um sich mal eben ein warmes nen halfen ihm und seiner Frau sehr dabei, die Essen abzuholen. Christiane Thul Steinheuer schrecklichen Ereignisse der Flutnacht und die ist die gute Seele des Treffs am Nelkenweg: belastende Zeit danach zu verarbeiten. „Ich bin seit dem 15. Juli im Einsatz. Südlich Acht Monate nach der Flut der Ahr gab es keinen Bäcker und keinen of- sind immer noch wenige Die großen und kleinen Sorgen sind hier fenen Supermarkt. Ich begann, mit meinem Geschäfte offen, und viele bekannt. Mittlerweile ist längst eine Ge- Bollerwagen durch die Gassen zu fahren und Menschen fühlen sich meinschaft entstanden, die sich gegenseitig Kaffee und Süßes zu verteilen. Lange roch es alleingelassen. Unsere unterstützt und berät. Christiane hat eine hier nach Fäulnis, Fäkalien und Diesel. Später WhatsApp-Gruppe mit mittlerweile 85 Teil- Mahlzeiten geben einen habe ich zu Hause Mahlzeiten gekocht und nehmer*innen, in der der Menüplan und neue Rhythmus. verteilt.“ Später gab es viele Sachspenden, und Hilfsangebote verbreitet werden. „Acht Mona- Christiane verköstigte mit anderen Freiwil- te nach der Flut sind immer noch wenige Ge- ligen bis zu 1500 Betroffene und Helfer*in- schäfte offen, und viele Menschen fühlen sich nen: „Damals haben wir unter Camping-Bedingungen vor allem alleingelassen. Unsere Mahlzeiten geben einen Rhythmus. Die Dosen gewärmt und Getränke ausgegeben. Doch im Herbst meisten Leute bleiben mehrere Stunden, um sich auszutauschen.“ wurde es kalt und es regnete oft. Viele Menschen hatten Atem- wegsbeschwerden, waren allein und ratlos.“ Im Oktober machte Ende April liefen die kostenfreien Essen in den Wintertreffs aus, die Stadt Bad Neuenahr die Essensausgabe zum Wintertreff, und dennoch unterstützt das AWO-Team weiterhin die Bevölkerung AWO und Aktion Deutschland Hilft finanzierten neben zwei im Ahrtal. „Wir wollen weiterhin Treffpunkte ermöglichen, bei großen beheizten Zelten auch ein professionelles Catering. denen soziale Netze selbst organisiert vertieft werden können, während zeitgleich langsam der Alltag wieder in den Vorder- Finchen ist 91 Jahre alt und Christianes rechte Hand bei der Be- grund rückt“, erzählt Rebecca, Sozialarbeiterin im AWO-Hoch- wirtschaftung des Wintertreffs. In der Flutnacht hing sie an ein wasserteam. Daher bleibt der Wintertreff Nelkenweg bestehen, Fenstergitter geklammert in den Fluten. „Finchen ist jeden Tag öffnet aber nicht mehr jeden Tag. Das Team der AWO Rhein- die Erste und hilft bei der Essensausgabe. Sie ist immer gut drauf; land organisiert dort weiterhin einmal wöchentlich eine Nach letzte Woche haben wir hier ihren Geburtstag gefeiert“, berichtet mittagsveranstaltung. Dass es weitergehen muss, ist auch für Christiane. Christiane klar: „Der Nelkenweg ist längst mehr als ein Winter- treff und muss auch in Zukunft das ganze Jahr über bestehen Peter, der regelmäßig mit seiner Frau Ingrid zum Essen in den bleiben. Wir sind eine Gemeinschaft und brauchen diesen Platz Nelkenweg kommt, erzählt uns, dass er durch den Wintertreff so zum Austausch. Wenn es einmal keine Finanzierung mehr gibt, einige gute Tipps in Erfahrung bringen konnte. „Es war ja nichts, machen wir aus eigener Kraft weiter.“ wirklich gar nichts mehr da. Kein einziger Stift, kein einziger Anne Busch, Felix Neuhaus, Miriam Druba 5
HAGEN EUROPA • DEUTSCHLAND Eine kleine Auszeit: Alpaka-Wanderung mit Hochwasserbetroffenen. VIELFÄLTIGE FLUTHILFE IN HAGEN Soforthilfen, psychologische Unterstützung und Alpaka-Wanderung Während in Hagen die Lenne zahlreiche Straßenzüge überflutete, kam das Wasser im nahe gelegenen Altena die Berghänge heruntergeschossen. Hagen und die umliegenden Gemeinden bilden eine der Regionen im Westen Deutschlands, die besonders schwer von der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 getroffen wurden. Neben massiven Schäden an der Infrastruktur waren zahlreiche Privathaushalte stark betroffen. Durch unsere gemeinsamen Projekte mit dem AWO Bezirksverband Westliches Westfalen und dem AWO Unterbezirk Hagen-Märkischer Kreis wurden die Betroffenen durch Soforthilfen unmittelbar unterstützt. Außerdem werden vom AWO-Fluthilfeteam in Hagen Antragsberatungen, psychosoziale Begleitung sowie Freizeit angebote für betroffene Familien angeboten. Hilfe direkt vor Ort – Mobile Berater in der Fluthilfe völlig verwüstet, zahlreiche teure Stoffe musste sie wegwer- AWO-Mitarbeiter Gerard Gross lief in den geschädigten Gebieten fen, da sie durch das Wasser und den Schlamm unbrauchbar in Hagen und Altena von Haus zu Haus – zunächst, um die Men- geworden waren. Unterstützung bekommen Betroffene wie schen über die Soforthilfen der AWO zu informieren, später auch, Frauke durch das AWO-Hochwasserteam in Hagen. In einem um sie bei Fragen rund um den Wiederauf- Hochwasserhilfebüro in der Innenstadt bie- bau zu unterstützen, zuzuhören und gemein- tet der Verband gemeinsam mit anderen sam an Lösungsmöglichkeiten für multiple Wohlfahrtsverbänden und der Stadt Hagen Einfach dass jemand zuhört Herausforderungen zu arbeiten. Verstärkt eine Anlaufstelle für betroffene Personen. wird das mobile Hochwasserteam in Hagen und da ist, das ist toll. Die AWO-Flutberaterin Sabine Krimpmann durch den Psychologen Bernd Schumacher. bietet dort Unterstützung beim Ausfüllen der umfassenden Anträge auf staatliche „Einfach dass jemand zuhört und da ist, das ist toll“, erzählt Hilfen, berät über unbürokratische finanzielle Hilfen der AWO, Frauke von Lehm, die sowohl privat als auch gewerblich schwer beispielsweise zur Wiederbeschaffung von Hausrat, aber auch von dem Hochwasser betroffen war. Die gelernte Schneiderin über Wiederaufbauhilfen. Zur Verfügung gestellt werden diese ist erschöpft von den bürokratischen Herausforderungen beim Auszahlungen über Spendengelder von AWO international und Wiederaufbau. In der Flutnacht wurde ihr eigenes Nähatelier Aktion Deutschland Hilft. 6
Flutberater Gerard Gross spricht mit Mit dem Programm „Eine Flut an schönen Dingen“ bringt das Frauke von Lehm über die Fortschritte und Hochwasserteam gemeinsam mit dem Theater an der Volme Licht Herausforderungen beim Wiederaufbau. und Humor zurück zu den Menschen in den betroffenen Gebieten. Psychosoziale Unterstützung zu senken und den Hochwasserbetroffenen gleichzeitig eine für Hochwassergeschädigte Auszeit von den Sorgen und Ängsten zu geben, bietet das Hoch Während in der Anfangszeit die Auszahlung von Soforthilfen den wasserteam in Hagen verschiedene Freizeitangebote für Hoch- Schwerpunkt des Projektes bildete, zeigen sich mit der Zeit auch wassergeschädigte an. Ob Bowlingabend, Alpaka-Wanderung die psychischen Folgen für Betroffene immer deutlicher. Bernd oder Krimidinner – das Hochwasserteam in Hagen lässt sich Schumacher, der Psychologe aus dem Hochwasserteam in Hagen, immer wieder neue Aktionen einfallen, um den Menschen zwi- berichtet von kollektiver Angst und Unruhe der Betroffenen bei schen Renovierungsarbeiten, Geldsorgen und Antragsherausfor- Regen und steigendem Flusspegel: „Das Schlimme ist, dass die derungen eine kleine Auszeit zu ermöglichen. Gleichzeitig wer- Kinder sehen, wie die Erwachsenen schwach werden. Und dann den durch die Aktionen niedrigschwellig Räume für Austausch werden sie still und bekommen Angst, und Gespräche geschaffen. Eine beson- die Eltern noch mehr zu belasten.“ Aus ders erfolgreiche Aktion war der Früh- diesem Grund werden verschiedene jahrsputz im Biotop Königssee im März Angebote für Kinder entwickelt, zum Die Situation hat viele psychisch und 2022. Gemeinsam mit den betroffenen Beispiel ein Kindermitmachtheater, in körperlich an ihre Grenzen gebracht. Menschen und anderen Verbänden or- dem sie auf spielerische Art und Wei- Wir wollen den Menschen kurzfristig ganisierte das AWO-Hochwasserteam se die Erfahrungen des Hochwassers eine große Aufräumaktion in drei be- und unbürokratisch ein wenig verarbeiten können. Das Projekt wurde sonders von der Flut betroffenen Gebie- Entlastung schenken. in Zusammenarbeit mit einer Theater ten, um noch vorhandene Spuren der pädagogin entwickelt. Darüber hinaus Flut zu beseitigen. Im Anschluss wurde werden geschädigten Familien kosten gemeinsam gegrillt. lose Kuren an der Ostsee angeboten. „Die Situation hat viele psychisch und körperlich an ihre Grenzen gebracht“, so Andreas Wiederaufbauhilfe – Frank, Geschäftsführer der AW Kur und Erholung GmbH: „Wir Kein Sprint, sondern ein Marathon wollen den Menschen kurzfristig und unbürokratisch ein wenig „Fluthilfe ist kein Sprint, sondern eher ein Marathon, für den Entlastung schenken.“ Das Angebot richtet sich an Eltern oder wir einen langen Atem brauchen“, erklärt Michael Scheffler, Großeltern, die mit ihren Kindern oder Enkelkindern eine Aus- Vorsitzender des AWO Bezirksverbands Westliches Westfalen. zeit in schweren Zeiten benötigen. Beim Wiederaufbau gilt das Prinzip der Nachrangigkeit. Als Ers- tes muss – falls vorhanden – die Versicherung den Schadensfall Eine kleine Auszeit – prüfen. Was sie nicht zahlt, übernimmt der Staat, allerdings nur Freizeitaktivitäten für Hochwasserbetroffene zu 80 Prozent. Erst danach dürfen Spenden zum Einsatz kommen. Vielen Menschen, die in ihrem Leben sonst nie auf Hilfe ande- Seit Ostern konnten wir in Hagen endlich mit der finanziellen rer angewiesen waren, fällt es schwer, Hilfen anzunehmen. Wiederaufbauhilfe starten. Besonders für ältere Menschen ist es zudem eine große Hürde, Miriam Druba psychologische Angebote anzunehmen. Um die Hemmschwellen 7
AWO International zu Besuch beim Hochwasserteam in Schleiden-Gemünd. Von links nach rechts: Detlef Fassbender, Anne Busch (AWO International), Elisa Frauenkron und Jan Warrink. EIN STARKES TEAM AWO-Hochwasserhilfe in der Eifel SCHLEIDEN- Schleiden-Gemünd ist eine der am stärksten vom Hochwasser GEMÜND betroffenen Gemeinden in der Region Mittelrhein. AWO Inter- national war im März zu Besuch vor Ort, um die gemeinsamen Projekte zu reflektieren, mit Helfer*innen und Betroffenen EUROPA • DEUTSCHLAND zu sprechen und zukünftige Angebote zu planen. Besonders beeindruckt hat uns der unermüdliche Einsatz der Ehrenamtli- chen in der kleinen Gemeinde in der Eifel. Seit dem ersten Tag im Einsatz – Die Ehrenamtlichen der AWO-Ortsvereine in den vom Hoch- Ehrenamtliche Helfer*innen der AWO in der Eifel wasser betroffenen Regionen haben in den ersten Tagen und „Wir haben einfach angepackt und koordiniert. Man muss Wochen bei der Antragstellung für Soforthilfen tatkräftig unter- auch einfach funktionieren in so einer Situation“, berichtet Jan stützt – so auch in Schleiden-Gemünd. „Der Zusammenhalt hier Warrink, Hotelbetreiber und Mitglied des AWO Ortsvereins in Gemünd war enorm. Das hat noch keiner von uns so erlebt, Schleiden. Als Betreiber des Hotels Katharinenhof in Gemünd und das ist das Positive, das wir trotz dieser schrecklichen Kata- war er selbst schwer von dem Hochwasser betroffen: Küche, strophe erlebt haben“, erzählt Detlef Fassbender, Vorsitzender Speise- und Gemeinschaftsräume wurden von den Wasser des AWO Ortsvereins Schleiden bei unserem Besuch vor Ort. massen vollständig zerstört. Dennoch nahm er ohne zu zögern 170 bis 180 Soforthilfeanträge nahm er zu Beginn pro Tag entge- andere Betroffene, die nicht in ihren Häusern bleiben konn- gen. ten, auf, organisierte einen Duschwagen für die Nachbarschaft und startete eine Einsatzzentrale für Helfer*innen, die aus ganz Unmittelbar nach der Sintflut nahm auch der Fahrdienst in Deutschland angereist kamen – oft aber nicht genau wussten, Schleiden-Gemünd seine Arbeit auf und wird seitdem von Detlef wo und wie sie am besten unterstützen konnten. Auch der AWO Fassbender ehrenamtlich und mit viel Herzblut koordiniert und stellte er kostenlos ein erstes provisorisches Flutbüro in einem durchgeführt. Je nach Bedarf bringt er Betroffene zum Arzt, zum der Hotelzimmer zur Verfügung, von wo aus die ersten Sofort Einkaufen oder ins Fluthilfebüro, wo sie zum Beispiel Unterstüt- hilfeanträge entgegengenommen werden konnten. zung bei Wiederaufbauanträgen erhalten. Neben dem Transport von A nach B hat er auch immer ein offenes Ohr für seine Mit- 8
Der Fahrdienst ermöglicht Hochwasser- Frau Schuler zeigt uns ihr Haus, das geschädigten wieder etwas Mobilität aufgrund der irreparablen Flutschäden und Normalität. abgerissen werden muss. fahrer*innen, gibt Informationen zu Hilfsangeboten weiter und Und ich will auch niemandem etwas wegnehmen.“ Im Nachhin- macht den Menschen Mut, sich Unterstützung zu suchen. ein ist sie aber sehr dankbar: „Ich bin froh, dass ich die drei hatte, die haben mir wirklich sehr geholfen. Mir ging es zwischenzeit- Alle Helfer*innen gemeinsam unter einem Dach lich wirklich schlecht. Da habe ich zwischendurch schon einmal Im Dezember 2021 konnte das AWO-Flutbüro gemeinsam mit an- gedacht: Du wärst besser mit weggeschwommen. Das waren kei- deren Hilfsorganisationen in das neue Hilfszentrum Schleidener ne schönen Erfahrungen.“ Tal umziehen. Die AWO arbeitet dort Hand in Hand mit den Bera- ter*innen der Malteser und der Caritas. Außerdem gibt es in dem Sie erinnert sich noch sehr genau an die Nacht vom 14. auf den 15. Zentrum ein kleines Begegnungscafé. Ziel des AWO-Teams vor Juli: „Ich höre manchmal noch das Wasser, denn das kam hier ja Ort ist es, die materielle, soziale und persönliche Lebenssituation die Straße runter. Wir standen hier am Fenster und schauten auf der von der Flut betroffenen Menschen zu stabilisieren. „Jeder, den Friedhof, da schwamm ja auch alles. Alles ist weggeschwom- der Hilfe braucht, dem wird hier geholfen“, fasst Flutberaterin men“, erzählt sie bei unserem Projektbesuch im März. Inzwischen Elisa Frauenkron die Arbeit des Hilfezentrums hat sie in ihrer Straße eine Mietwohnung ge- zusammen. Neben der Unterstützung mit den funden. Dort kann die Rentnerin bleiben, bis komplexen Wiederaufbauanträgen des Landes sie nach dem Abriss ein neues Haus gebaut hat. NRW helfen die Berater*innen je nach Bedarf Der Zusammenhalt hier der Betroffenen auch bei der Suche nach Woh- in Gemünd war enorm. Auch wenn die sichtbaren Schäden der Flut nungen, Handwerker*innen, Anwält*innen Das hat noch keiner mit der Zeit mehr und mehr aus dem Stadtbild oder der Beschaffung neuer Möbel. von uns so erlebt, und verschwinden, bleibt die psychische Belastung das ist das Positive, der Betroffenen groß. „Nachts darf ich nicht Enorme Hilfsbereitschaft – das wir trotz dieser wach werden, denn dann kann ich nicht mehr Im Gespräch mit einer Betroffenen einschlafen“, erzählt Frau Schuler: „Ich bin be- schrecklichen Katastrophe Bei unserem Projektbesuch in Schleiden tra- stimmt zehn Jahre älter geworden in der Flut- erlebt haben. fen wir Frau Schuler (Name geändert), die nacht. Ich glaube, man kann das nicht begrei- dem Fluthilfeteam sehr dankbar ist. Durch fen, wenn man es nicht erlebt hat. Die eigene die Hochwasserkatastrophe im Juli wurde ein Verwandtschaft versteht das nicht. Die, die Öltank im Keller ihres Hauses zerstört, der penetrante Ölgestank hier waren und geholfen haben, die verstehen das.“ Die Hilfsbe- war auch acht Monate später im ganzen Haus zu riechen. Als klar reitschaft vor Ort sei immer noch enorm, berichtet die Rentnerin: wurde, dass das ganze Haus verunreinigt war und sie nicht weiter „Wildfremde Leute sind mit Putzeimer, Schaufeln, Stiefeln und dort leben konnte, nahm Jan Warrink sie im Hotel Katharinen- Plastiksäcken angekommen, um sich nützlich zu machen und zu hof auf. Dort erfuhr sie dann auch vom Fluthilfebüro der AWO, helfen.“ Auch jetzt gibt es noch eine große Hilfsbereitschaft von in dem sie Unterstützung bei der Suche nach einem Rechtsan- Menschen, die am Wochenende nach Schleiden kommen. walt bekam. Die Hilfen des AWO-Teams anzunehmen, fiel Frau Miriam Druba Schuler am Anfang nicht leicht: „Es fällt mir schwer, Unterstüt- zung anzunehmen, ich habe sonst ja immer den anderen gegeben. 9
SCHNELL UND UNKOMPLIZIERT REGION NIEDERRHEIN Unterstützung für Hochwasserbetroffene am Niederrhein Durch die verheerende Flutkatastrophe „Gerade zu Beginn gab es einen großen Acht Monate später haben wir uns per EUROPA • DEUTSCHLAND im Juli 2021 sind auch in mehreren Städ Bedarf an kurzfristigen Reparaturen und Zoom mit der jungen Mutter verabredet, ten am Niederrhein Straßenzüge über Ersatzbeschaffungen, um die Grundbe- die hochschwanger war, als das Hochwas- flutet und zahlreiche Wohnungen unbe dürfnisse der Betroffenen zu decken und ser ihre Souterrainwohnung in Düsseldorf wohnbar geworden. Gemeinsam mit dem den Menschen wieder eine Perspektive unbewohnbar machte. „In dem Moment, AWO Bezirksverband Niederrhein hat zu eröffnen.“ Über die finanziellen Hilfen in dem wir in der vollgelaufenen Woh- AWO International schnell reagiert und hinaus stellt Wiemers nach wie vor einen nung saßen, zwei Tage vor Entbindungs- Soforthilfen an 82 geschädigte Haushalte großen Redebedarf der Betroffenen fest. termin, haben wir uns gefragt: Wie soll ausgezahlt. Außerdem werden Betroffe Auch ist es für viele eine neue Situation, es jetzt weitergehen? Wir waren wirklich ne am Niederrhein mit Einzelfallhilfen plötzlich auf Hilfe angewiesen zu sein. „Es perspektivlos und total unter Schock“, be- und Wiederaufbauhilfen finanziell un ist ja schon eine komische Situation, wenn richtet sie. In den Nachrichten habe sie terstützt. man auf einmal bedürftig ist“, berichtet zwar gehört, dass die Spendenbereitschaft eine der Flutgeschädigten im Nachhinein: so hoch sei wie nie, aber wie sie als Be- In den ersten Wochen und Monaten nach „Es war echt super und total hilfreich, dass troffene an die Unterstützung herankam, der Flut ging es darum, den Menschen, Herr Wiemers immer wieder das Ange- wusste sie zunächst nicht. „Ich bin dann die persönlich und materiell von der bot gemacht hat und man sich dabei auch im Internet relativ schnell auf die AWO Flutkatastrophe betroffen waren, schnell nicht unwohl gefühlt hat.“ gestoßen. Die waren die Einzigen, die uns und unbürokratisch zu helfen. Andreas sofort geantwortet haben. Der Antrag war Wiemers, der die Hochwasserhilfe im „Was uns am allermeisten am nächsten Tag im Briefkasten, wir ha- Bezirksverband Niederrhein koordiniert, geholfen hat, war tatsächlich ben ihn ausgefüllt und zurückgeschickt, erklärt: „Wir unterstützen Menschen diese schnelle und unkompli und das Geld war sofort bei uns auf dem dabei, die materiellen Schäden schnellst- zierte Hilfe von der AWO“ Konto. Das war genau das, was wir in dem möglich zu beseitigen, damit die Hoch- Andreas Wiemers erzählt, dass in einigen Moment gebraucht haben.“ wasserkatastrophe emotional verarbeitet Einzelfällen auch über die Soforthilfe hi- werden kann.“ Bei Herausforderungen naus weitere Hilfen geleistet werden. Ge- Am Anfang hat die Familie noch gedacht, oder sprachlichen Barrieren bei der An- gen Vorlage von Belegen ist beim Bezirks- dass sie einfach ein Trocknungsgerät be- tragsstellung wurde via Telefon oder in verband Niederrhein die Beantragung kämen und dann wieder alles gut sei. Tat- der persönlichen Beratung der Antrag von Einzelfallhilfen über 2500 Euro hin- sächlich war ihre Wohnung jedoch mona- gemeinsam ausgefüllt. Die Soforthilfe- aus möglich, bei Summen über 5000 Euro telang unbewohnbar, und das Paar musste Zahlungen werden von den AWO-Mitar- kommt eine Härtefallkommission zum vorübergehend getrennt voneinander bei beiter*innen in die Phönix-Datenbank des Einsatz. „In einem Fall wurde zum Beispiel den Eltern leben. Zum Glück haben sie ge- Deutschen Roten Kreuzes gespeist: Dort das Kind zwei Tage zu spät geboren, aber meinsam mit der kleinen Tochter relativ wird jede*r registriert, der*die Fluthilfen das Kinderzimmer wurde durch das Hoch- schnell eine neue Wohnung gefunden. bekommt, um Doppelzahlungen zu ver- wasser bereits zerstört. Das Land NRW hat Mit den Spendengeldern konnte die Fami- meiden. sich geweigert, das Kind als Kostenfaktor lie neue Möbel finanzieren und hat sich in- bei der Wiederaufbauhilfe anzurechnen. zwischen gut eingelebt: „Jetzt ist alles gut, Benötigt werden die Soforthilfen beson- Da sind wir dann mit der Einzelfallhilfe und das nicht zuletzt, weil wir so schnelle ders für Schäden, die nicht durch einen eingesprungen“, so Wiemers. und unkomplizierte Hilfe bekommen ha- Versicherungsschutz oder staatliche Un- ben von der AWO.“ terstützung gedeckt sind, erklärt Wiemers: Miriam Druba 10
EUROPA • DEUTSCHLAND PSYCHOLOGISCHE UNTERSTÜTZUNG NACH DER KATASTROPHE AWO-Hilfetelefon und digitale Gesprächsrunden Gemeinsam mit der AWO Lifebalance tröstende Worte und eine Art Rezept oder fene, die in Kooperation mit SoulTable und und dem AWO Bundesverband haben Pflaster zu finden. Das ist aber nicht im- dem AWO BV Mittelrhein angeboten wer- wir schnell nach der Katastrophe eine mer hilfreich. Es kann besser sein, erst mal den. Begleitet von einer erfahrenen Mode- psychologische Hotline ins Leben geru- zuzuhören und dem Menschen Raum zu ratorin bietet SoulTable einen geschützten fen: das AWO-Hilfetelefon Flut. „Es hilft, geben, Dinge auszusprechen – auch Wut Raum zum Reden. Für Betroffene ist das jemanden zu haben, der sich am ande- und Verbitterung. Und danach geht es Angebot kostenlos. SoulTable-Beraterin ren Ende der Leitung Zeit nimmt und das darum, gemeinsam die nächsten Schritte Simone berichtet, dass sich die Teilneh- Gehörte dank professioneller Erfahrung zu finden.“ mer*innen gegenseitig am besten verste- aushalten kann“, erklärt Psychologin Dr. hen und es ihnen guttue zu reden und zu Christiane Schönknecht, die das Angebot Ein weiteres psychosoziales Angebot im merken, dass es den anderen ähnlich geht. leitete. „Wenn im privaten Umfeld von Kontext unserer Fluthilfe sind digitale Sorgen berichtet wird, ist der Reflex groß, Gesprächsrunden für Hochwasserbetrof- AWO-Hochwasserhilfe in Zahlen „Wenn der Körper schmerzt, ist es wichtig, frühzeitig zum Arzt 225 454 € 15 401 576 148 zu gehen. Das Gleiche gilt bei Spenden Personen psychosoziale Geräte psychischem Schmerz. Wenn die Gespräche sind direkt bei AWO profitierten von unseren Soforthilfezahlungen wurden im Kontext wie beispielsweise Heiztrockner wurden zum Seele wehtut, braucht sie Unter- International für die Hoch wasserhilfe eingegangen. in Höhe von bis zu 5000 € pro Haushalt. der Fluthilfe durchgeführt. kostenlosen Verleih ange- schafft und ausgegeben. stützung, und jeder, der sich diese Hilfe organisiert, ist stark und mutig.“ Christiane Schönknecht, 432 13 000 274 10 Millionen € AWO Lifebalance Kinder & Mahlzeiten Fahrten für den Jugendliche Wiederaufbau aus betroffenen Familien wurden in unseren Winter- hat der Fahrdienst für nahmen an unseren treffs in Bad Neuenahr- im Schleidener Tal vom Hochwasser Kinderprogrammen teil. Ahrweiler ausgegeben. durchgeführt. Betroffene reserviert. 11
Durch wochenlange, ungewöhnlich starke Regenfälle kam es in Davao City im August 2021 zu starken Überschwemmungen. HOCHWASSER IN DAVAO Großes Engagement von Migrant*innenvereinen in der Fluthilfe Sechs Monate später haben wir uns mit Nurjanna Cervantez und Juliet Bercasio unterhalten, die von den Überschwemmungen betroffen und an der Hilfsaktion beteiligt waren. Juliet ist 54 Jah- re alt und aktives Mitglied der Bago Aplaya Migrant Association In den letzten Jahren kam es in den Küsten SÜDOSTASIEN • PHILIPPINEN (BAMA), einem lokalen Migrant*innenverein, der von AWO gemeinden von Davao City im Süden der Philippinen International unterstützt wird. Vor dem Hochwasser ging sie von vermehrt zu Überschwemmungen. Dies liegt unter Haus zu Haus und half dabei, möglichst alle Menschen in ihrem anderem an der begrenzten Kapazität der Flüsse Stadtbezirk über die drohende Überschwemmung zu informie- zur Ableitung des überschüssigen Wassers nach ren. „Ich habe eine Doppelfunktion: Ich arbeite als Barangay- starken Regenfällen. Im August 2021 wurden Personal (lokale Verwaltung) und bin gleichzeitig aktives Mit- einige unserer Projektgemeinden in Davao City glied einer sozialen Struktur für Wanderarbeiter*innen. Es ist von starken Überschwemmungen heimgesucht, meine Pflicht, für die Sicherheit meiner Gemeinde zu sorgen, und es ist auch meine Verantwortung, die zurückgebliebenen Fami- die durch wochenlange, ungewöhnlich starke lien der Arbeitsmigranten zu schützen, damit die Angehörigen, Regenfälle ausgelöst wurden. Über unseren die im Ausland arbeiten, sich keine Sorgen um ihre Familien in Partner vor Ort, das Mindanao Migrants Center der Heimat machen müssen.“ Juliet kann sich besonders gut ein- for Empowering Actions, Inc. (MMCEAI), wurden fühlen, da sie früher ähnliche Erfahrungen gemacht hat, wäh- besonders schwer betroffene Familien mit rend ihr Mann als Wanderarbeiter in Saudi-Arabien war und Nothilfesets versorgt. sich um die Familie sorgte. Juliet arbeitete weiter, auch als das 12
Juliet hilft bei der Koordination der Hochwasserhilfen im BAMA Migrant Desk. Wasser hüfthoch stand. In dieser Zeit half sie bei der Verteilung ten Ort leben und Menschen aus Deutschland oder anderen von Hilfsgütern an ihre Nachbar*innen. Sie weiß genau, was in Teilen der Welt bereit sind, uns zu unterstützen. Das ist einer der solchen schwierigen Situationen zu tun ist, und ist der Meinung, Gründe, warum wir stark geblieben sind“, berichtet Juliet. Die dass ein Gefühl von Normalität in Katastrophenzeiten wichtig ist. erfahrene Unterstützung motivierte sie und ihre Kolleg*innen, alle Hochwasserbetroffenen zu be- Nurjanna, 34, ist ebenfalls Mitglied suchen und dabei mitzuhelfen, die in einer von AWO International Hygienesets an die Bewohner*in- unterstützten Migrant*inneniniti- Es ist meine Pflicht, für die Sicherheit nen zu verteilen. ative, der Bangkal Muslim Village meiner Gemeinde zu sorgen, und es ist Migrant Association (BMVMA). auch meine Verantwortung, die zurück Nurjanna und Juliet sind der An- Sie war selbst unmittelbar von gebliebenen Familien der Arbeitsmigranten sicht, dass das Problem der sich dem Hochwasser betroffen. „Die zu schützen, damit die Angehörigen, die im häufenden Überschwemmungen anhaltenden heftigen Regenfälle in Davao auch von Menschen ge- Ausland arbeiten, sich keine Sorgen um ihre verschlimmerten unsere Lage dra- macht ist. Viele Anwohner*innen Familien in der Heimat machen müssen. matisch.“ Während sie ihr Haus benutzen den Fluss wie eine große wieder herrichtete, konnten ihr Müllhalde, und ein unzureichen- Mann und sie nicht zur Arbeit ge- des Abwassersystem verschärfe hen, da ihre Mobilität durch die Überschwemmungen stark ein- das Risiko ebenfalls. Beide erklärten, dass es dringend notwen- geschränkt war. Ein kompletter Stillstand ihres regulären Tages- dig sei, diese Risiken zu reduzieren und sich angemessen auf ablaufs bedeutete für sie den Verlust ihrer Einnahmen. Alles, was Flutereignisse vorzubereiten. Glücklicherweise ist die örtliche sie für die Bedürfnisse der Familie brauchten, war buchstäblich Verwaltung aktiv und setzt sich für eine verbesserte Bebauungs- weggeschwemmt worden. planung und die Verbesserung des Abwassersystems ein. Über- schwemmungen werden auch in Zukunft die jährliche Regenzeit Nurjanna und Juliet erhielten die von AWO International und in den Küstengemeinden von Davao prägen. Aber die Menschen MMCEAI bereitgestellten Hilfspakete, die an von der Flut beson- in den betroffenen Gebieten lernen jedes Mal dazu, bessere Vor- ders schwer betroffene Familien verteilt wurden. „Wir wissen sorge zu treffen, sich zu schützen und sich gegenseitig zu helfen. die Gedanken der Menschen und ihre Hilfsbereitschaft sehr zu Kerstin Grimm schätzen, vor allem, weil wir hier an einem fernen, unbekann- 13
Verteilung von Bargeldhilfen an Unterstützung für von der Flut Geflüchtete in Rohingya-Flüchtlingscamps. betroffene Familien in Nepal. ÜBERSCHWEMMUNGEN IN SÜDASIEN SÜDASIEN • BANGLADESCH, NEPAL Nothilfeprojekte in Bangladesch und Nepal In unseren Projektregionen in Südasien zeit- und kosteneffizient.“ Darüber hinaus „Der Transport der Hilfsgüter zu den Ver- kommt es durch den Monsun und geogra wurden 200 weitere stark betroffene Fa- teilungsstellen war herausfordernd. Die fiebedingte Hochwasserproblematiken milien mit notwendigen Utensilien ver- Region ist sehr hügelig und viele Straßen regelmäßig zu Überschwemmungen. Ge sorgt, die durch die Überschwemmungen waren aufgrund der Erdrutsche nicht pas- meinsam mit Partnerorganisationen vor beschädigt wurden oder verloren gingen, sierbar. Da blieb uns nur der Weg zu Fuß, Ort leistet AWO International Nothilfe wie zum Beispiel Kleidung, Kochzubehör um zu den Dörfern zu gelangen“, berichtet und unterstützt Hochwasserbetroffene oder Moskitonetze. ein Mitarbeiter von NEEDS Nepal von den beim Neustart nach den Katastrophen. Herausforderungen bei der Nothilfe. „Hin- Nothilfe und Wiederaufbau zu kam, dass ungefähr zur selben Zeit die Soforthilfe für Geflüchtete in West-Nepal neue COVID-19-Variante Omikron auch in Rohingya-Flüchtlingscamps Auch nach der regulären Monsunsai- hier in Nepal ausbrach.“ So versorgte unser Im Juli 2021 führten starke Regenfälle in son kann es in Südasien zu starken und Team in einem weiteren Schritt 733 Schu- der Region um Cox’s Bazar in Bangladesch andauernden Regenfällen kommen – so len mit Schutzmasken, Desinfektionsmit- zu Sturzfluten, Überschwemmungen auch Ende Oktober 2021 in West-Nepal. teln und Handwaschstationen, um eine und Erdrutschen in den Rohingya- Insbesondere die Provinz Sudurpashchim weitere Verbreitung von COVID-19 – ge- Flüchtlingssiedlungen und den umliegen- und unsere Projektregion im Distrikt Doti rade in dieser Krisenzeit – einzudämmen. den Dörfern. Die Fluten zerstörten über waren stark betroffen. Hunderte Häuser 6000 Unterkünfte, Gesundheitseinrich- und circa 50 000 Hektar Agrarflächen In beiden Projekten, in Bangladesch und tungen und Tausende Sanitäranlagen. wurden durch Überflutungen und die Nepal, wurden die Familien nach dem Mehr als 64 000 Geflüchtete waren be- dadurch ausgelösten Erdrutsche beschä- Grad ihrer Bedürftigkeit für die Not troffen; 24 000 Menschen wurden ob- digt oder zerstört. Unmittelbar nach der hilfemaßnahmen ausgewählt. Dies ist nie dachlos. Unsere lokale Partnerorganisa- Flutkatastrophe verteilte unsere langjäh- eine leichte Entscheidung, da die Anzahl tion Gana Unnayan Kendra, kurz GUK, rige Partnerorganisation NEEDS Nepal der Bedürftigen oft die verfügbaren Res- engagiert sich bereits seit einigen Jahren Lebensmittelpakete an betroffene Fami- sourcen und Mittel für die Hilfsmaßnah- in den betroffenen Flüchtlingslagern. lien, um die schlimmste Not für mehrere men überschreitet. Einkommensschwa- „In dem Nothilfeprojekt entschieden wir Wochen zu lindern. Außerdem wurden che Familien sowie verletzliche Gruppen uns für die Verteilung von Bargeld an die Familien mit verschiedenen Mate wie zum Beispiel alleinerziehende Frauen, 300 Haushalte. Der unkomplizierte Zu- rialien für die Errichtung von temporären Senior*innen und Menschen mit Behinde- gang zu Bargeld gewährleistet, dass die Notunterkünften unterstützt. 35 Famili- rungen wurden für die Hilfsmaßnahmen von den Überflutungen betroffenen Men- en, deren Häuser gänzlich zerstört wur- priorisiert. Ziel war es auch, das Selbst schen ihre Unabhängigkeit und Würde den, erhielten zusätzlich Baumaterialien, hilfepotenzial zu stärken und die Hoff- bewahren und eigene Prioritäten setzen Bargeldgutscheine, Nutztiere und Saatgut. nung und Kraft der Betroffenen für einen können“, erklärt ein Projektmitarbeiter Damit konnten sie ihre Lebensgrundlagen Neustart nach der Katastrophe zu unter- von GUK. „Bargeldhilfen sind im Vergleich sichern sowie ihre Häuser wiederauf stützen. zu anderen Hilfsmaßnahmen außerdem bauen. Linda Römer, Martina Purwins 14
DIE TROPENSTÜRME ETA UND IOTA Verheerende Folgen in Honduras Im November 2020 fegten die Tropen befand sich immer noch im Ausnahme Jetzt, eineinhalb Jahre nach Eta und Iota, MITTELAMERIKA • HONDURAS stürme Eta und Iota über Mittelamerika zustand. Es war unmöglich, innerhalb sind die Menschen und lokale Behörden hinweg. Als Folge kam es zu Erdrutschen von zwei Wochen die von Eta verursachte besser auf eine solche Katastrophe vor- und Überschwemmungen, die verhee Zerstörung zu beheben. Das Ausmaß war bereitet. Dennoch sind viele an genau rende Verwüstungen hinterließen. Den erschreckend: 3 907 229 Menschen wa- den Ort zurückgekehrt, wo ihnen schon schlimmsten Schaden allerdings richte ren unmittelbar von den beiden Tropen einmal alles genommen wurde. Da keine ten die Tropenstürme in Honduras an, wo stürmen betroffen, 95 Menschen kamen Umsiedlungspolitik stattgefunden hat, etwa vier Millionen Menschen unmittel durch sie ums Leben. Auch die Sachschä- werden mit dem nächsten Hochwasser bar von der Katastrophe betroffen waren. den waren enorm: 26 835 Häuser, 173 Stra- vermutlich ähnliche Schäden entstehen. Zentralamerika ist geprägt von aktiven ßen und 44 Brücken wurden beschädigt Vulkanen. In der Region kommt es regel oder zerstört. Menschenleben retten mäßig zu Erdbeben, Hurrikanen und durch Katastrophenvorsorge Tropenstürmen. Die Hurrikan-Saison Als Antwort auf diese Katastrophe haben Loida Yax, Projektreferentin bei AWO dauert in der Regel von Juni bis Novem wir mit unserer honduranischen Part- International im Regionalbüro Mittelame- ber. Schlimmer als die Hurrikane selbst nerorganisation Organismo Cristiano de rika, hat das Projekt von Beginn an beglei- sind meist die Folgen: starke Regenfälle, Desarrollo Integral de Honduras, OCDIH, tet und sagt heute rückblickend: „Idealer- Überschwemmungen und Erdrutsche. ein Wiederaufbauprojekt gestartet, das weise werden Sicherheitsmaßnahmen vor im Jahr 2021 die Familien in Potrerillos Eintritt einer Katastrophe ergriffen. Das Die Tropenstürme Eta und Iota bei der Rückkehr zu einem normalen würde es den Gemeinden ermög lichen, So war es auch im November 2020, als die Leben unterstützte. In Zusammenarbeit sich schneller davon zu erholen. Es ist Tropenstürme Eta und Iota über Mittel- mit den lokalen Behörden und Gemein- wichtig, weiterhin Projekte zur Risiko- amerika hinwegzogen. Anfang November den wurden zudem Aktionspläne zur minimierung umzusetzen und dement- verursachte Eta in Honduras große Zer- Katastrophenvorsorge erarbeitet, um so sprechend auch in Prävention statt nur störungen. Als Folge des Sturms kam es zu für zukünftige Ereignisse vorbereitet zu in neue Infrastruktur zu investieren.“ Sie Starkregen und Überflutungen, wodurch sein. ruft zu mehr Katastrophenvorsorge in der zahlreiche Straßen und Brücken zerstört Region auf: „Wir können unsere Arbeit wurden. Insbesondere die Bevölkerung Nothilfepakete und nur dann verbessern, wenn die Familien, entlegener Gebiete wurde dadurch von finanzielle Unterstützung Gemeinden, Organisationen und staatli- jeglicher Hilfe abgeschnitten. Vielen blieb Die Menschen in Potrerillos wurden mit chen Behörden vorbereitet sind. Auf diese nur noch die Rettung auf ihre Dächer, um Nothilfepaketen ausgestattet, die Lebens- Weise können wir mehr Menschenleben dort auf Hilfe zu warten. mittel, Haushalts- und Hygieneartikel retten. Wir von AWO International haben enthielten. 100 Familien bekamen über die Möglichkeit, solche Projekte durchzu- Die Menschen hatten sich noch kaum von sogenannte Cash-Transfers finanzielle führen, und möchten nicht erst reagieren, ihren Verlusten erholen können, als kurz Unterstützung, pro Familie umgerechnet wenn der Notfall schon da ist.“ darauf der Tropensturm Iota wütete. Der gut 350 Euro. Diese Hilfe ermöglichte es Simone Tarabay, Karin Eder Gemeindebezirk Potrerillos, unser Projekt ihnen auch, ihre Häuser zu reparieren. gebiet im Nordwesten von Honduras, Unsere Partnerorganisation OCDIH verteilt Nothilfepakete mit Lebensmitteln, Reinigungs- und Hygieneartikeln an Betroffene.
Erich Fenninger, Geschäftsführer unseres Koope- Beim Entladen der Hilfsgüter rationspartners Volkshilfe Österreich, übergibt in Czernowitz gab es viele Hilfsgüter in der Stadt Czernowitz, Ukraine. spontane Helfer*innen. EINE HUMANITÄRE KATASTROPHE EUROPA • UKRAINE Unsere Nothilfeprojekte in der Ukraine und den Nachbarländern Der Krieg in der Ukraine ist eine humanitäre Katastrophe. Die Zivilbevölkerung leidet, und mehr als 13 Millio nen Menschen wurden laut UNHCR in den letzten Wochen entweder innerhalb des Landes vertrieben oder sind in die Nachbarländer geflohen (Stand Mai 2022). Das entspricht fast einem Drittel der Bevölkerung der Ukraine. Zusammen mit Aktion Deutschland Hilft rief AWO International Ende Februar zu Spenden für die Nothilfe auf, um zusammen mit Partnern vor Ort gezielt zu helfen. Gemeinsam mit der Volkshilfe Österreich unterstützen wir Erich Fenninger, Geschäftsführer unseres Kooperationspartners die langjährige ukrainische Partnerorganisation Narodna Volkshilfe Österreich, war bereits Anfang März in Czernowitz, Dopomoha, kurz NDU, in der westukrainischen Stadt um dringend benötigte Hilfsgüter wie Nahrungsmittel, Schlaf- Czernowitz. Dort wurde unter anderem ein „Welcome Point“ säcke und Medikamente an NDU zu übergeben. „Hunderte Men- eingerichtet, wo Binnenvertriebene frisches Trinkwasser und schen haben spontan eine Kette gebildet und beim Entladen ge- warme Mahlzeiten erhalten. Von dort aus vermittelten die holfen. Dieser Zusammenhalt und Einsatz der Zivilgesellschaft Mitarbeiter*innen und Freiwilligen von NDU bereits Notunter- ist überwältigend. Man sieht, unsere Hilfe kommt direkt bei künfte für über 500 Binnenflüchtlinge und führten psychosozia- den Menschen an“, berichtete Fenninger im Anschluss. Seitdem le Beratungsgespräche mit über 100 Menschen durch. wurden bereits zwei weitere umfangreiche Hilfslieferungen nach Czernowitz organisiert – weitere werden in den nächsten Wochen folgen. 16
Bis zu 2500 Binnen flüchtlinge werden täglich in dem gemeinsamen Projekt von AWO BV Oberbayern und AWO International in Lwiw mit einem warmen Essen versorgt. Die rumänische Partnerorgani- sation Migrant Integration Center versorgt Geflüchtete in Brașov. Mehr als 6,8 Millionen Menschen haben die Ukraine aufgrund pädagogisch betreut und mit Mahlzeiten versorgt. „Als der Krieg des Krieges bereits verlassen und suchen Schutz in den Nachbar- anfing, mussten wir unsere Arbeit ein bisschen umstellen: Wir ländern wie Polen, Rumänien oder der Republik Moldau. Trotz haben jetzt zum Beispiel die Unterstützung von 85 Waisen großer Solidarität der Zivilbevölkerung vor Ort kommen viele kindern aus Donezk übernommen. Diese Kinder werden mit Aufnahmeländer nach und nach an die Grenzen ihrer Kapazi- Lebensmitteln und anderen Sachen ausgestattet, die sie im täten – etwa bei der Unterbringung. Deshalb unterstützen wir Moment dringend brauchen“, berichtet Yuriy Lopatynsky, Ge- gemeinsam mit unserem Schweizer Netzwerkpartner Solidar schäftsführer unserer ukrainischen Partnerorganisation aus Suisse zwei rumänische Nichtregierungsorganisationen (NRO) Lwiw. Walnuss Haus versorgt pro Tag circa 2500 Menschen mit bei der Versorgung von Geflüchteten. Die zwei lokalen Partner einem warmen Essen: „Wir verteilen Essen am Bahnhof – sozu- organisationen LOGS in Timișoara und sagen an den Toren von Lwiw. Da kommen Migrant Integration Center Brașov die Geflüchteten aus dem Osten und der arbeiten schon lange im Migrations- Zentralukraine an, also Menschen, die bereich. Neben Unterbringungen und gerade vor Schüssen und Bomben fliehen. psychosozialen Beratungsangeboten Hunderte Menschen Ebenso unterstützen wir mit dem Essen erhalten Geflüchtete aus der Ukraine drei Unterkünfte für Geflüchtete“, so Yuriy haben spontan eine Kette gebildet in den beiden Projekten Unterstützung Lopatynsky. und beim Entladen geholfen. durch Bargeld oder Gutscheine, um Dieser Zusammenhalt und ihre Grundbedürfnisse zu decken. Neben dem Bezirksverband Oberbayern Einsatz der Zivilgesellschaft ist unterstützt AWO International aktuell auch In ganz Deutschland zeigen sich überwältigend. Man sieht, den AWO Kreisverband Wunsiedel, den AWO-Gliederungen solidarisch mit den unsere Hilfe kommt direkt bei Bezirksverband Potsdam sowie die Lan- Betroffenen und organisieren Spenden- den Menschen an. desverbände Brandenburg und Sachsen- aktionen, Nothilfeprojekte oder Unter Anhalt bei Hilfslieferungen in die Ukraine künfte für Geflüchtete. Neben den und nach Polen. Insgesamt konnten bis Projekten mit Partner organisationen Anfang Mai 2022 in Kooperation mit in der Ukraine und Rumänien unter- AWO-Verbänden und der Volkshilfe Öster stützt AWO Interna tional auch verschiedene AWO-Verbände reich bereits 18 Hilfstransporte durchgeführt werden und circa bei Nothilfeprojekten in der Ukraine sowie bei Hilfstransporten 90 Tonnen dringend benötigter Hilfsgüter wie Lebensmittel, von Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln und medizinischen Pro- medizinisches Material und Hygieneartikel in die Ukraine sowie dukten nach Polen und in die Ukraine. in Verteilzentren und Geflüchtetenunterkünfte in Polen gelie- fert werden. Wir sind überwältigt von der großen Solidarität Gemeinsam mit dem AWO Bezirksverband Oberbayern unter- und Hilfsbereitschaft für die Menschen in der Ukraine sowie die stützen wir zum Beispiel die ukrainische NRO Walnuss Haus Menschen auf der Flucht. in Lwiw, die aktuell 150 Personen in Notunterkünften sozial Miriam Druba 17
KURZ NOTIERT Erinnerungsaktionen für tote Migrant*in- nen in Katar Am 21.11.2022 findet in Katar das WM-Eröffnungsspiel statt. Tausende Planungsworkshop Wanderarbeiter*innen haben auf den in Uganda Baustellen für die gesamte Infrastruk- tur und die Stadien für die WM in den In diesem Jahr geht der erste dreijährige letzten Jahren den Tod gefunden. Zehn- Projektzyklus von AWO International tausende leben und arbeiten unter aus- in Uganda – unserem jüngsten Aus- beuterischen und menschenunwürdi- landsbüro – zu Ende. Im Februar gen Bedingungen. Gemeinsam mit dem Der Klimawandel sorgt führten wir daher einen partizipativen Künstler Volker-Johannes Trieb sowie schon heute für eine Planungsworkshop für die neue Pro- der AWO Westliches Westfalen haben jektphase (2023–2025) in Uganda durch. wir am Tag der Gruppenauslosung am Zunahme der Häufigkeit und Intensität extremer Wetterereignisse. Dies führt vielerorts zu Nahrungsmittel- und Wasserknappheit. Die größten Auswirkungen sind in Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika, auf kleinen Inseln und in der Arktis zu spüren. Da- Der Workshop brachte Teilnehmer*in- 1. April vor der FIFA-Zentrale in Zürich mit steht der Klimawandel nen von vier Partnerorganisationen ein Zeichen gegen die menschenver- auch der Erreichung der (AFARD, COVOID, ECO, UCOBAC) und achtenden und grausamen Bedingungen Ziele für Nachhaltige einem neuen Partner (RICE-WN) zusam- in Katar gesetzt. Die 6500 platzierten men. Die Teilnehmer*innen tauschten Fußbälle mit dem Zitat „Weltgewissen, Entwicklung entgegen. ihre Erfahrungen mit den laufenden du bist ein Fleck der Schande“ stehen Projekten aus und entwickelten gemein- für die vielen Menschen, die in Katar sam neue Projektrahmen. Diese neuen ums Leben gekommen sind. Im Novem- Projekte zielen auf die Entwicklung von ber werden die Bälle erneut in einem Existenzgrundlagen, auf nachhaltige Bundesligastadion im Ruhrgebiet plat- Weltklimarat (IPCC 2022: 11) Landwirtschaft, Kleinunternehmen ziert. Ebenfalls sollen zum WM-Start und die friedliche Koexistenz zwischen Traueranzeigen mit Spendenaufrufen Geflüchteten und Aufnahmegemein- veröffentlicht werden. Wir freuen uns, schaften ab. wenn Sie sich an der Aktion beteiligen und eine Anzeige schalten! Weitere Infos finden Sie auf www.welt- gewissen-katar.de. Rückfragen gerne an: lara.roescheisen@awointernational.de. 18
Sie können auch lesen