Rehabilitation nach einer COVID-19-Erkrankung - AWMF-Leitlinie - Paracelsus ...

 
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Rehabilitation nach einer COVID-19-Erkrankung - AWMF-Leitlinie - Paracelsus ...
MEDIZINREPORT

                                                                                                                                               Foto: picture alliance/dpa/MAXPPP Darek Szuster
           Titel      AWMF-Leitlinie

          Rehabilitation nach einer
          COVID-19-Erkrankung
          Immer mehr Patienten haben eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht, aber damit noch nicht
          überstanden. Sie sind weiter symptomatisch und bedürfen der zielgerichteten Rehabilitation. Jetzt gibt
          es eine eigens hierfür konsentierte Leitlinie, deren Empfehlungen summarisch vorgestellt werden.

         A
                 ufgrund der prädominanten          Insbesondere bei Patienten und       auch, dass viele Betroffene – nicht
                 Virusübertragung über die       Patientinnen nach schweren und          nur die initial schwerer Betroffe-
                 Bronchialschleimhaut, even-     kritischen Verläufen persistieren       nen – weit über die Zeit der ei-
          tuell auch der Augen, betrifft         auch nach überstandener Akutphase       gentlichen Viruserkrankung hinaus
          COVID-19 primär die Atemwege           bei einem relativ hohen Anteil          symptomatisch geblieben sind. In
          und die Lungen. Während der            Symptome, beispielsweise Belas-         einen systematischen Review, der
          1. Pandemiewelle in 2020 verliefen     tungsdyspnoe und Leistungsschwä-        Kohortenstudien zur Erfassung von
          etwa 80 % der Fälle (n = 110 789)      che, und auch nachweisbare Schä-        Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-
          in Deutschland mild; 18 % (n =         digungen von zahleichen Organen         Infektion mit mindestens 100 Teil-
          27 466) wurden stationär aufge-        (zum Beispiel Lunge, Herz, Gefä-        nehmern einschloss, wurden 15 Stu-
          nommen, darunter wurden im Ver-        ße, Gehirn und periphere Nerven,        dien identifiziert und Metaanalysen
          lauf 14 % (n = 3 418) intensiv-        Leber, Niere und Muskulatur) so-        basierend auf insgesamt 47 910
          pflichtig (1). Laut dem von RKI        wie psychische Symptome, zum            Teilnehmern durchgeführt (3). Der
          und der Deutschen Interdisziplinä-     Beispiel emotionale Belastungen         Follow-up dieser Studien betrug
          ren Vereinigung für Intensiv- und      durch Depressivität oder Angst-         14 bis 110 Tage nach der Infektion,
          Notfallmedizin (DIVI) gemeinsam        symptome (2). Zu deren Behand-          das Alter der Teilnehmer lag zwi-
          geführten      DIVI-Intensivregister   lung sollten rehabilitative Ange-       schen 17 und 87 Jahren.
          (www.intensivregister.de) werden       bote, meist zunächst als stationäre        Es wurde festgestellt, dass 80%
          aktuell 54 % der intensivmedizi-       Rehabilitation initiiert werden.        (95-%-Konfidenzintervall [KI] 65 -
          nisch behandelten Erkrankten be-          Nachuntersuchungen            von    92 %) der SARS-CoV-2-Infizierten
          atmet (Stand 25. März 2021).           COVID-19-Erkrankten zeigten aber        eines oder mehrere Langzeitsymp-

A 774                                                                              Deutsches Ärzteblatt | Jg. 118 | Heft 15 | 16. April 2021
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tome angaben (Grafik). Die 5 häu-                      auf einer Intensivstation über eine                                               und Arbeitsschutz gewährleistet
figsten Symptome waren Fatigue                         Frührehabilitation im Akutkranken-                                                werden kann. Andererseits gibt sie
(58 %), Kopfschmerz (44 %), Auf-                       haus, eine Anschluss-Rehabilita-                                                  Empfehlungen zur Rehabilitation
merksamkeitsdefizite (27 %), Haar-                     tion beziehungsweise rehabilitative                                               von COVID-19-Betroffenen. Diese
ausfall (25 %) und Dyspnoe (24 %).                     Heilverfahren in speziellen Reha-                                                 werden nachfolgend vorgestellt.
Häufig beobachtet wurden ferner                        bilitationseinrichtungen bis hin zur                                                  Dabei soll zunächst die pneumo-
außerdem Anosmie (21 %), Ageu-                         Rehabilitations-Nachsorge und Lang-                                               logische Rehabilitation erläutert
sie (23 %), Husten (19 %), Schmer-                     zeit-Rehabilitation (5, 6).                                                       werden, da primär die Atemwege
zen und/oder Beklemmungen im                              Je nachdem, ob beispielsweise                                                  und die Lungen als häufigste Ein-
Brustbereich (16 %), Gedächtnis-                       die pulmonalen, kardialen oder                                                    trittspforte der SARS-CoV-2-Infek-
schwierigkeiten (16 %), vermehrte                      neurologischen       Schädigungen                                                 tion den klinischen Verlauf und die
Ängste (13 %) und Depressivität                        („Impairments“) für die Rehabilita-                                               Prognose wesentlich bestimmen.
(12 %).                                                tionsbedürftigkeit führend sind, soll                                             Laut Robert Koch-Institut können
   Auch ein Survey des UK Go-                          entsprechend eine indikationsspezi-                                               initial vier Krankheitsverläufe un-
vernment’s Office for National Sta-                    fische pneumologische, kardiologi-                                                terschieden werden (7):
tistics dokumentierte bei SARS-                        sche oder neurologische Rehabilita-                                                  ● Leichte Erkrankung: keine
CoV-2-Infizierten zwischen 5 und                       tion gewählt werden. Angepasst an                                                 Pneumonie
12 Wochen nach Infektion bei un-                       die individuelle Symptomatik sind                                                    ● Moderate Erkrankung: leichte
gefähr einem Fünftel der Betroffe-                     dabei begleitend oder grundständig                                                Pneumonie
nen noch mindestens ein Symptom                        psychiatrische und/oder psycho-                                                      ● Schwere Erkrankung: Pneu-
(4). Jenseits von 12 Wochen wur-                       therapeutische Behandlungsangebo-                                                 monie mit Fieber, beidseitigen Lun-
den immerhin noch bei etwa jedem                       te indiziert.                                Die Grafik zeigt die                 geninfiltraten und Atemfrequenz
10. der Betroffenen Beschwerden                           Die nachfolgenden Erläuterun-             am häufigsten be-                    > 30/min oder schwere Luftnot oder
registriert.                                           gen thematisieren drei zentrale              klagten Symptome                     SpO2 < 90–94 % bei Raumluft
                                                       Rehabilitationsmaßnahmen nach                bei Erfassungen                         ● Kritische Krankheitsverläufe:
                                                                                                    von Langzeitfol-
Multiple Beeinträchtigungen                            einer SARS-CoV-2-Infektion. Sie
                                                                                                    gen einer SARS-
                                                                                                                                         Acute respiratory distress syndro-
Diese Schädigungen und Sympto-                         basieren auf der unlängst erschiene-         CoV-2-Infektion.                     me (ARDS), Hyperinflammation
me bedingen Beeinträchtigungen                         nen S2k-Leitlinie „SARS-CoV-2,               Die Daten stammen                    mit klinischem Bild einer Sepsis
bei Alltagsaktivitäten. Sie resultie-                  COVID-19 und (Früh-)Rehabilita-              aus einem systema-                   oder eines septischen Schocks mit
ren außerdem in sozialen, familiä-                     tion“ (6). Diese wurde unter der             tischen Review, der                  Multiorganversagen.
ren und beruflichen Einschränkun-                      Federführung der Deutschen Ge-               Kohortenstudien mit
gen der Teilhabe. Multimodale und                      sellschaft für Neurorehabilitation           mindestens 100                       Je schwerer, desto länger
interdisziplinäre Konzepte der Re-                     (DGNR) gemeinsam mit 13 weite-               Teilnehmern ein-                     Insbesondere, aber nicht nur bei
                                                                                                    schloss, 15 Studien
habilitation können dem entgegen-                      ren Fachgesellschaften konsentiert.                                               hospitalisierten COVID-Patienten
                                                                                                    identifizierte und
wirken. Diese umfassen ein weites                         Die Leitlinie thematisiert indika-        Metaanalysen ba-                     persistieren auch nach überstande-
Spektrum von rehabilitativen The-                      tionsübergreifend einerseits, wie            sierend auf insge-                   ner Akutphase oftmals pulmonale
rapieoptionen und reichen von einer                    bei der Rehabilitation in Zeiten der         samt 47 910 Teilneh-                 Symptome (8). Diese sind häufiger
sehr frühen Rehabilitation noch                        COVID-19-Pandemie Infektions-                mern durchführte.                    bei schweren als bei milden Verläu-
                                                                                                                                         fen, sie treten nach Behandlung auf
   GRAFIK 1                                                                                                                              einer Intensivstation (ICU, Intensi-
                                                                                                                                         ve care unit) häufiger auf als nach
   Die häufigsten Symptome bei „Long COVID“ in Prozent                                                                                   ausschließlicher Therapie auf einer
                                                                                                                                         Normalstation (9).
                                      Depressivität                                                                                         Im Rahmen eines telefonischen
                                vermehrte Ängste                                                                                         Follow-ups wurde bei 100 konseku-
                      Gedächtnisschwierigkeiten                                                                                          tiven COVID-19-Patienten einer
                                                                                                                                         großen Universitätsklinik 4 bis 8
   Schmerzen/Beklemmungen im Brustbereich
                                                                                                                                         Wochen nach Entlassung ermittelt,
                                            Husten                                                                                       dass 65,6 % der ICU-Gruppe und
                                           Ageusie                                                                                       42,6 % der Normalstationsgruppe
                                          Anosmie                                                                                        weiterhin Kurzatmigkeit aufwiesen
                                                                                                                                         (10). In einer weiteren Studie wurde
                                          Dyspnoe
                                                                                                                                         allen bei Krankenhausaufnahme
                                       Haarausfall                                                                                       prospektiv erfassten Patienten und
                         Aufmerksamkeitsdefizite                                                                                         überlebenden COVID-19-Patienten
                                     Kopfschmerz
                                                                                                                                         (n = 131) 8 bis 12 Wochen nach Ent-
                                                                                                                                         lassung eine ambulante Nachunter-
                                            Fatigue                                                                                      suchung angeboten (11). Von 110
                                                                                                                                         Teilnehmenden klagten jeweils 39 %
                                                                                                                           Quelle: (3)

                                                       0      10      20     30      40        50         60       70
                                                                                                                                         über Kurzatmigkeit und massive Er-

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 118 | Heft 15 | 16. April 2021                                                                                                              A 775
MEDIZINREPORT

  GRAFIK 2                                                                                                                                                    Krankenhausentlassung, aber even-
                                                                                                                                                              tuell auch in den Monaten danach,
  Klinischer Pfad zur Versorgung von COVID-19-Erkrankten                                                                                                      bei persistierenden pulmonalen
                                                                                                                                                              Symptomen oder pathologischen
                              COVID-19                                                        Post-COVID-19/„Long COVID“                                      Funktionsbefunden eine pneumolo-
                                                                                                                                                              gische Rehabilitation eingeleitet
        Leichte Erkrankung                                                                            Ambulante fachärztliche
                                                                                                     Versorgung und Heilmittel                                werden, von der die Patienten nach
        (keine Pneumonie)
                                                                                                       inkl. Psychotherapie                                   derzeitiger Evidenz deutlich profi-
                                         Ambulante
                                         Behandlung                                                                                                           tieren (19). Dies gilt auch für leich-
                                                                                                          (teil)stationäre                                    tere Krankheitsverläufe, die zu kei-
        Moderate Erkrankung
                                                                                                       (Früh-)Rehabilitation

                                                                  Rehabilitationsbedarf?
        (Leichte Pneumonie)                                                                                                                                   ner Hospitalisation geführt haben,
                                                                                                       Je nach individueller                                  wenn im Verlauf Beschwerden wie
                                                                                                          Symptomatik:                                        Kurzatmigkeit, psychophysische
       Schwere Erkrankung                                                                                                                                     Erschöpfung oder eingeschränkte
          (Pneumonie mit                   Stationäre                                                    Pneumologische
    respiratorischer Insuffizienz)        Behandlung                                                      Rehabilitation                                      Belastbarkeit persistieren.
                                                                                                                                                                 Gemäß eines systematischen Re-
                                                                                                          Neurologische
                                                                                                          Rehabilitation
                                                                                                                                                              views sind die häufigsten neurologi-
                                                                                                                                                              schen Symptome bei einer SARS-

                                                                                                                                    Quelle: Professor Platz
        Kritischer Verlauf               Intensivstation                                                  Kardiologische                                      CoV-2-Infektion Kopfschmerzen
    (ARDS, Multiorganversagen)                                                                            Rehabilitation                                      (20,1 % von 16 446 Teilnehmern),
                                                                                                                                                              Schwindel (6,8 % von 2 236 Teil-
                                                                                                                                                              nehmern), Störungen des Geruchs-
schöpfung, wobei auch hier dieser               Algorithmus für                            logischen Rehabilitationskliniken                                  sinns (59,2 % von 906 Teilneh-
Anteil umso höher war, je schwerer              die Post-COVID-                            die Gruppe der Post-COVID-Pa-                                      mern), Störungen des Geschmacks-
initial die Krankheit verlief. Ins-             Situation: Berück-                         tienten sogar die häufigste Diagno-                                sinns (50,8 % von 846 Teilnehmern)
                                                sichtigt sind die
besondere nach initial schwerem                                                            segruppe darstellt. Zu den personell                               und Bewusstseinsstörungen (5,1 %
                                                Abklärung von reha-
Krankheitsverlauf fanden sich                   bilitativem Behand-
                                                                                           erforderlichen Voraussetzungen                                     von 2 890 Teilnehmern) (20).
noch pathologische Röntgenbefunde               lungsbedarf und                            zählt etwa, dass ein Pneumologe als                                   Allerdings wurden Störungen
(27,8 %), restriktive Lungenfunk-               dessen ambulante                           Leitender Arzt eingesetzt ist. Zu                                  des Geruchs- und Geschmackssinns
tionsbefunde beziehungsweise eine               und stationäre Um-                         den strukturellen, dass die notwen-                                deutlich häufiger bei leichteren
belastungsinduzierte Sauerstoffent-             setzung. Als indika-                       dige Diagnostik vorgehalten wird,                                  Verläufen und Störungen des Be-
sättigung in jeweils knapp 30 be-               tionsspezifische Be-                       darunter Blutgasbestimmung, Lun-                                   wusstseins häufiger bei schweren
ziehungsweise 20 % der schweren                 handlungsbedarfe                           genfunktion, Lungendiffusion, Be-                                  Verläufen beobachtet (20). Andere
                                                sind (da häufiger)
Fälle.                                                                                     lastungstests und Bildgebung.                                      neurologische Manifestationen, die
                                                die pneumologi-
   Ähnliche Resultate ergab eine Be-            sche, neurologische
                                                                                              Und schließlich müssen die er-                                  ebenfalls mit COVID-19 assoziiert
fragung von 384 COVID-19-Patien-                und kardiologische                         forderlichen Therapiemaßnahmen                                     berichtet wurden, sind Schlagan-
ten von 3 großen Londoner Kliniken              Rehabilitation                             wie körperliche Trainingstherapie,                                 fälle, epileptische Anfälle, Enze-
im Median 54 Tage nach ihrer Entlas-            exemplarisch                               Atemphysiotherapie, Ergotherapie,                                  phalopathien, Meningitiden und
sung (12). 53 beziehungsweise 34 %              genannt.                                   alle Formen der Sauerstofftherapie                                 Enzephalitiden, das Guillain-Barré-
berichteten über persistierende Kurz-                                                      und nötigenfalls nichtinvasive Be-                                 Syndrom (GBS), das Miller-Fisher-
atmigkeit oder Husten. Auch hier war                                                       atmung (NIV) zur Verfügung ste-                                    Syndrom, die Polyneuritis cranialis
die Symptomhäufigkeit bei den Pa-                                                          hen. Daneben sind aber auch Sozi-                                  und die Oculomotorius-Parese (21).
tienten mit initial schwererem Ver-                                                        alberatung, Leistungen zur Teilhabe
lauf (Beatmung) stärker als bei jenen,                                                     am Arbeitsleben sowie psychologi-                                  Defekte nach Intensivtherapie
die lediglich Sauerstoff benötigten.                                                       sche Einzel- und Gruppeninterven-                                  Das Post-Intensive-Care-Syndrom
   Persistierende Krankheitsfolgen                                                         tionen in den Empfehlungen der                                     (PICS) stellt eine häufige und ernste
mit Gefährdung der Erwerbsfähig-                                                           Deutschen Gesellschaft für Pneu-                                   Komplikation einer intensivmedizini-
oder     Selbstversorgungsfähigkeit                                                        mologie und Beatmungsmedizin                                       schen Behandlung dar und kann spä-
sind entscheidende Kriterien für                                                           (DGP) zur pneumologischen Reha-                                    ter zu deutlichen Einbußen in der
einen Rehabilitationsbedarf, sodass                                                        bilitation bei COVID-19 aufgelistet                                gesundheitsbezogenen Lebensquali-
die Kostenträger Reha-Maßnahmen                                                            (13). Die einschlägigen Empfehlun-                                 tät und Teilhabe führen (22, 23). Das
bewilligen können, wenngleich                                                              gen sind in die hier berichtete                                    Syndrom zeichnet sich durch Läh-
„Post-COVID“ bisher in den offi-                                                           S2k-Leitlinie übernommen worden.                                   mungen, kognitive und emotionale
ziellen AHB-/AR-Indikationskata-                                                              Zwischenzeitlich liegen sowohl                                  Störungen aus. Diese Komponenten
logen nicht explizit aufgeführt ist.                                                       im internationalen Schrifttum als                                  können entweder einzeln oder kom-
                                                                                           auch aus Deutschland Studien vor,                                  biniert auftreten. Periphere Lähmun-
Post-COVID dominiert Reha                                                                  die die Effektivität einer stationären                             gen beim PICS sind meist durch eine
Eine Post-COVID-Rehabilitation ist                                                         Rehabilitation bei persistierender                                 motorisch und axonal betonte CIP
daher inzwischen gängige Praxis,                                                           pulmonaler Symptomatik belegen                                     („critical illness polyneuropathy“)
sodass aktuell in vielen pneumo-                                                           (14–18). Daher sollte sowohl vor                                   und eine CIM („critical illness myo-

A 776                                                                                                                            Deutsches Ärzteblatt | Jg. 118 | Heft 15 | 16. April 2021
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pathy“) bedingt, die häufig als Misch-   onsbehandlung mit einem noch ho-       spezialisierte kardiologische Reha-
bild vorliegen (24). Kognitive Stö-      hen Maß an ärztlicher und pflegeri-    bilitationseinrichtungen möglich.
rungen beim PICS betreffen gehäuft       scher Versorgung und Überwa-              Das Programm im Rahmen der
Aufmerksamkeits- und Gedächtnis-         chung (Phase C). Leicht Betroffene     CR richtet sich nach den Haupt-
sowie Exekutivfunktionen und emo-        (primär oder nach Besserung im         indikationen wie ACS, Myokarditis
tionale Störungen wie Angststörun-       Verlauf) sollten eine Rehabilita-      oder LAE entsprechend der aktuel-
gen und depressive Syndrome.             tionstherapie, Anschluss-Rehabili-     len S3-Leitlinie zur kardiologischen
   In Abhängigkeit von den indivi-       tation oder Heilverfahren erhalten     Rehabilitation aus 2019 (33). Jedoch
duellen Schädigungen des zentralen       (Phase D).                             sollten nach COVID-19 noch weite-
und/oder peripheren Nervensystems           Bei der durch SARS-CoV-2 ver-       re Aspekte wie Einschränkungen der
mit Störungen der Atmung, des Be-        ursachten     Coronavirus-Krankheit    Lungenfunktion nach Pneumonie
wusstseins, der Kognition, der Spra-     2019 (COVID-19) dominieren in der      sowie potenzielle Entwicklung eines
che, der Wahrnehmung, des Schlu-         Regel respiratorische Symptome das     Post-COVID-Syndroms in Diagnos-
ckens, der Motorik oder Sensorik hat     klinische Erscheinungsbild. Es ist     tik und Therapie beachtet werden.
die Neurorehabilitation die Aufgabe,     aber bekannt, dass die Infektion mit   Hier gilt es insbesondere im Bereich
die zugrunde liegenden Organschä-        SARS-CoV-2 auch schwerwiegen-          der psychosozialen Betreuung, die
digungen zu diagnostizieren. Hierfür     de kardiovaskuläre Erkrankungen        Krankheitsverarbeitung in den Vor-
stehen Elektrophysiologie und Bild-      wie Lungenarterienembolie (LAE),       dergrund zu stellen, da viele Patien-
gebung zur Verfügung. Zudem sind         Myokarditis, akutes Koronarsyn-        ten COVID-19 als stigmatisierend
Schädigungen und Aktivitätslimitie-      drom (ACS) verursacht oder sich mit    empfinden und Intensivaufenthalte
rungen mithilfe eines standardisier-     diesen Erkrankungen manifestiert.      traumatisch sowie häufig verbunden
ten Assessments zu objektivieren.        Diese kardialen Folgeerkrankungen      mit Todesängsten erlebt haben.
   Und schließlich sollen Therapie-      und Manifestationen von COVID-19
ziele Schritt für Schritt durch einen    können unter anderem mit dem er-       Wiedereingliederung oder Rente
in der Regel multiprofessionellen        höhten Sympathikotonus, der direk-     Unter sozialen Aspekten spielen die
Therapieansatz verfolgt werden. Da-      ten Virusinfektion von Myokard-        Wiedereingliederung ins Berufs-
bei soll insbesondere die Selbststän-    und Endothelzellen (Endothelitis)      leben mithilfe der Instrumente der
digkeit im Alltag und die Rückkehr       sowie der Hypoxie aufgrund von         Deutschen       Rentenversicherung
in ein Teilhabe-orientiertes Leben       Atemversagen und Elektrolytent-        (DRV), die Beratung bezüglich
ermöglichst werden. Diese Ziele          gleisungen zusammenhängen (28).        Schwerbehinderung und die Evalua-
sind vom Behandlungsteam mit den            Die COVID-19-Pandemie hat           tion bezüglich der Voraussetzungen
Betroffenen und ihrem sozialen Um-       überdies die übliche kardiologische    für die Erteilung eines Pflegegrades
feld abzustimmen.                        Versorgung sowohl von ambulanten       mit Organisation der Überleitung in
                                         als auch von akutstationär versorg-    den häuslichen Alltag entscheidende
Stufenweise zurück ins Leben             ten Patienten grundlegend verändert,   Rollen. Die Versorgung der Patien-
Die Konstellationen sind so indivi-      indem es zur Absage von elektiven      ten nach einer CR etwa in Form von
duell wie die COVID-19-assoziier-        Eingriffen und zur Verringerung der    Teilnahme an Herzgruppen und den
ten neurologischen Manifestationen       Effizienz bestehender Wege der Not-    Nachsorgeprogrammen der DRV
und daher hier nicht abbildbar. Es       fallversorgung gekommen ist. Wei-      (Intensivierte Rehabilitationsnach-
sei auf entsprechende Literatur der      terhin wurde über eine verminderte     sorge) sollte gesichert werden.
Neurorehabilitation verwiesen (25).      Inanspruchnahme von Gesundheits-                          Prof. Dr. med. Axel Schlitt
Wichtig ist zu beachten, dass alle       leistungen bei akuten Erkrankungen        Paracelsus-Harz-Klinik Bad Suderode GmbH
Patienten mit sensorischen, senso-       durch Nicht-COVID-19-Patienten            und Medizinische Fakultät der Martin-Luther-
                                                                                                  Universität Halle-Wittenberg
motorischen, kognitiven und/oder         berichtet und auf Bedenken hinsicht-
                                                                                                       Dr. med. Konrad Schultz
emotionalen Post-COVID-19-Ver-           lich Angst vor einer Infektion mit
                                                                                 Klinik Bad Reichenhall, Zentrum für Rehabilitation,
änderungen einer adäquaten neuro-        SARS-CoV-2 im Krankenhaus zu-          Pneumologie und Orthopädie der DRV Bayern Süd
logischen Evaluation und neuro-          rückgeführt (28).                                         Prof. Dr. med. Thomas Platz
rehabilitativen Versorgung zuge-            Auch wenn nur wenige Publika-                     Institut für Neurorehabilitation und
führt werden sollen.                     tionen zum Thema der kardiologi-              Evidenzbasierung, BDH-Klinik Greifswald
   Die am schwersten Betroffenen         schen Rehabilitation (CR) vorlie-              AG Neurorehabilitation, UMG Greifswald
bedürfen der kombiniert intensiv-        gen, hat die neue Leitlinie auf der
                                                                                Interessenkonflikt: Dr. Schultz erklärt, Honorare
medizinischen und frührehabilitati-      bestehenden Datenbasis Empfeh-         von Chiesi, Berlin Chemie und von der Degemed
ven Behandlung, zum Teil mit Be-         lungen zur Durchführung einer CR       erhalten zu haben. Prof. Platz erklärt, ein Honorar
                                                                                von der Degemed erhalten zu haben. Prof. Schlitt
atmungsentwöhnung (Phasen A/B            formuliert (29–32). Eine CR wird       erklärt, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
mit Weaning) (26, 27). Schwer Be-        in der Regel nur bei einem Barthel-
troffene benötigen eine kombiniert       Index > 70 empfohlen. Jedoch sind      Der Artikel unterliegt nicht dem Peer-Review-
                                                                                Verfahren.
akutmedizinische und frührehabili-       bei den häufig schwer Erkrankten
tative Behandlung (Phase B), mit-        nach COVID-19 auch Direktverle-
                                                                                Literatur im Internet:
telschwer Betroffene (primär oder        gungen von Patienten mit einem         www.aerzteblatt.de/lit1521
nach Besserung) eine Rehabilitati-       Barthel-Index zwischen 50–70 in        oder über QR-Code.

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          Zusatzmaterial Heft 15/2021, zu:

          AWMF-Leitlinie

          Rehabilitation nach einer
          COVID-19-Erkrankung
          Immer mehr Patienten haben eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht, aber damit noch nicht
          überstanden. Sie sind weiter symptomatisch und bedürfen der zielgerichteten Rehabilitation. Jetzt gibt
          es eine eigens hierfür konsentierte Leitlinie, deren Empfehlungen summarisch vorgestellt werden.

          Literatur                                          10. Halpin S J, McIvor C, Whyatt G, et al.: Post-       19. S3-Leitlinie zu Empfehlungen zur stationä-
           1. Schilling J, Lehfeld AS, Schumacher D, et          discharge symptoms and rehabilitation                   ren Therapie von Patienten mit COVID-19.
                                                                 needs in survivors of COVID-19 infection:               Langversion – 2021 AWMF Registernum-
              al.: Krankheitsschwere der ersten COVID-
                                                                 A cross-sectional evaluation. J Med Virol               mer: 113 – 001 (Stand 23. Februar 2021),
              19-Welle in Deutschland basierend auf den
                                                                 2020; 93: 1013–22.                                      https://www.awmf.org/leitlinien/detail/
              Meldungen gemäß Infektionsschutzgesetz.                                                                    ll/113–001.html (last accessed on 3 March
              Journal of Health Monitoring. 2020; 5 (S11):   11. Arnold DT, Hamilton FW, Milne A, et al.:                2021).
              2–20.                                              Patient outcomes after hospitalisation with
                                                                 COVID-19 and implications for follow-up:            20. Chen X, Lauren S, Onur OA, et al.: A syste-
           2. Barker-Davies RM, O’Sullivan O, Senaratne                                                                  matic review of neurological symptoms and
              KPP, et al.: The Stanford Hall consensus           results from a prospective UK cohort. Tho-
                                                                 rax (Online First) 3 December 2020, doi:                complications of COVID-19. J Neurol 2021;
              statement for post-COVID-19 rehabilitation                                                                 268: 392–402.
              Br J Sports Med 2020; 54 (16): 949–59.             10.1136/thoraxjnl-2020–216086 (last acces-
                                                                 sed on 3 March 2021).                               21. Berlit P. et al.: Neurologische Manifestatio-
          3. Lopez-Leon S, Wegman-Ostrosky T, Perel-                                                                     nen bei COVID-19, S1-Leitlinie, 2021, in:
             man C, et al.: More than 50 Long-term ef-       12. Mandal S, Barnett J, Brill SE, et al.: ‚Long-           Deutsche Gesellschaft für Neurologie
             fects of COVID-19: a systematic review and          COVID‘: a cross-sectional study of persis-              (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Thera-
             meta-analysis. Res Sq rs.3.rs-266574 (Pre-          ting symptoms, biomarker and imaging ab-                pie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/
             print), doi: 10.21203/rs.3.rs-266574/v1 (last       normalities following hospitalisation for CO-           leitlinien (last accessed on 3 March 2021).
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                                                                 2020, doi: 10.1136/thoraxjnl-2020–215818            22. Desai SV, Law TJ, Needham DM: Long-
          4. Office for National Statistics (ONS) (UK):                                                                  term complications of critical care. Crit.
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                                                                                                                         Care Med 2011; 39: 371–9.
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                                                                 nal outcome after inpatient rehabilitation in
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                                                                                                                         – results of a first orienting survey. Neuro
              heiten durch hochpathogene Erreger am              tients With COVID-19 Benefit from Rehabili-
                                                                                                                         Res Pract 2020; 2 (1): 18.
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                                                                                                                         Cardiovascular Implications of the
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Deutsches Ärzteblatt | Jg. 118 | Heft 15 | 16. April 2021              A6
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