Für eine gewaltpräventive Sexualkultur - Grundlagen Workshop-Impuls
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Prof. Dr. Uwe Sielert (a.D.) Für eine gewaltpräventive Sexualkultur Workshop-Impuls Grundlagen 07. 12. 2021
Teil 1: Grundlagen Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Uwe Sielert 1. Von der Sexualaufklärung zur Sexualkulturgestaltung 2. Warum Sexualkultur? 3. Internationale Diskurse und WHO-Definitionen 4. Problemthemen und Präventionsziele
Sexualpädagogik Seit ca. 2000: Bewältigungshilfen wg. Diversifizierung der Lebensweisen, Sexualkultur- Ab 2010 (→ sexuelle Selbstbildung auch der Macht entwicklung Gewalt !) Die Strukturen, Erwachsenen! Schutz- Organisationen und Netzwerke kommen in konzepte Sexualität als Ressource den Blick. Klima Sexuelle Werte Beziehungs- Bildung Familien- weisen formen Regeln Sexuelle Rechte Rituale Sexuelle Verhandlungsmoral Orientierungen Umgangs- Sexual- Inter- Sprache + formen Gender- kulturalität Kommuni- Geschlechts- erziehung Moral- identität erziehung erziehung kation Gewaltprävention Sprach- Cyber- Infos zur Fortpflanzung fähigkeit sexualität Körper- kunde Rollen- Sexual- Prä- vention klarheit aufklärung Normenvermittlung Seit ca. 1960/70: Seit ca. 1980/90: medizinisch dominierte Intensivierung sexual- Aufklärung und moralische erzieherischer Hilfen für Verhaltenssteuerung im Kinder + Jugendliche öffentlichen Bildungswesen
Warum Sexualkultur? Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Uwe Sielert Zeitgeschichtlich-aktuelle Anlässe: ➢ Hinweise auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf sexuelle Lebensverhältnisse ➢ Aufdeckung institutioneller ‚toxischer‘ Verursachungsbedingungen für sexuelle Gewalt ‚sexuelle Staatsbürgerschaft“: ➢ Staatsaufgabe: Schutz und Befähigung zur sexuellen Selbstbestimmung und zum Respekt vor diversen Identitäten und Lebenswelten ➢ Bildungshilfen für „ars erotica“ und sexuelles Wohlbefinden ➢ Prävention sexueller Gewalt: ➢ viele Ursachen sexueller Gewalt: ‚kein eindeutiger Feind‘ ➢ „Kombinationsprävention“: Verhalten und Verhältnisse, Bildung und Milieugestaltung
Zentrale Dokumente multinationaler Organisationen verorten Sex Education sexualkulturell und -politisch Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Uwe Sielert UNESCO Rahmenkonzept 2018 Leitlinien für die Implementation der zur „Comprehensive Sex Education Standards für Sexualerziehung
Trilogie der Sexualkultur: World Association for Sexual Health (WAS): Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Uwe Sielert Prävention Diversität Intimate Citicenship
Netzwerk der Problemthemen gegenwärtiger Sexualkultur Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Uwe Sielert gesellschaftliche Machtmuster: kulturelle, politische, religiöse Muster Medien Wirtschaft Cybermobbing, Leistung statt Sexismus / Rassismus/Adultismus unfreiwilliger -grooming ect. Wohlbefinden Pornografie- Pay-Sex markt Lebenswelten: Organisationen des Sozial-, Bildungs- Familie, Peers, Sozialraum und Gesundheitswesens informeller/formeller fehlender wenig Attraktivität bestimmt Tabuisierung Machtmissbrauch Ethik-Code sexuelle Bildung den Status von Sexualität Abwertung diverser Unklare Sphäre der Mangelnde sexuelle sexueller Identitäten Diskriminierung Einvernehmlichkeit Nähe-Distanz- Erziehungskompetenz vulnerabler Gruppen Taktlosigkeit sexuelle Mythen + Grenzverletzungen, Sprachbarrieren Sex. Peergewalt Gesundheitsrisiken Übergriffe und Gewalt Missbrauch unhinterfragte in Familien toxische Räume Sexualmoral Mangelnde Förderung von Bildung und Prävention Hetero- normativität. Kontroll- und Familie nur Tabuisierung Sanktionspolitik Vater-Mutter-Kind der Lust Politik/Recht Religion/ Kirche
Präventionsziele humaner Sexualkultur Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Uwe Sielert gesellschaftliche Rahmung: kulturelle, politische, religiöse Muster Medien Wirtschaft Leistung und Sexual bzw. intimate Arbeit gegen Hass Wohlbefinden citizenship und Gewalt im Internet politische Einhegung Pornografie- der Sexualindustrie kompetenz Lebenswelten: Organisationen des Sozial-, Bildungs- Familie, Peers, Sozialraum und Gesundheitswesens Pleasure und Kompetenter Umgang Vertrauens- Respekt vor diversen egalitäre Workflow mit Einvernehmlichkeit Personen sexuellen Identitäten Beziehungskultur taktvolle Nähe- Sensibilität Diskussion interner Grenzwahrende sinnliche Distanz-Regulation und Resilienz Sexualmoralen Erziehungskompetenz Respekt Empowerment Ethik + Complience- Aufklärung in Peers vulnerabler Gruppen Regeln sexueller Mythen Sexuelle Gesundheit Sprachkompetenz zur Sexuelle Sexualität / Intimität Bildung Verhaltens- und Verhältnisprävention Interreligiöser Sexualitäts- diskurs Schutz sexueller Vielfalt der Lustfreundliche Integrität Familienformen Sexualethik Politik/Recht Religion/ Kirche
Positionierung zu (sexualisierter) Peer-Gewalt: absolut nicht o.k.! Wie findest du das? → meist deutlich kritisch: Zustimmungswerte unter 3! 1 = absolut nicht o.k. / 2 = eher nicht / 3 = teils/teils / 4 = eher o.k. / 5 = absolut o.k. N M SD Sexvideos und -bilder werden ohne Zustimmung der Beteiligten weiter versendet 1201 1,05 ,339 Bilder und Videos werden ohne Zustimmung von anderen Jugendlichen gemacht, wie 1208 1,06 ,379 z. B. unter der Dusche, in der Umkleide, auf der Toilette, etc. Gleichaltrige werden aufgrund ihrer Sexualität ausgegrenzt 1206 1,11 ,452 Jugendliche werden von anderen Jugendlichen ohne Zustimmung an der Brust, am 1206 1,16 ,534 Po oder am Schritt berührt In einer Beziehung erfolgen sexuelle Handlungen, auch ohne Zustimmung der 1206 1,19 ,593 anderen Person Aufdringliches und erneutes Flirten findet statt, auch nach konkreter Ablehnung der 1208 1,31 ,629 Interessensbekundung Pornos werden zugesendet, ohne eine Zustimmung zu erfragen 1203 1,40 ,773 Gewalt ist Bestandteil von sexuellen Handlungen 1203 1,66 1,003 Es wird im Netz über Gleichaltrige gelästert und getratscht (z. B. WhatsApp, 1205 1,67 ,876 Facebook) Sprüche und Kommentare zum Geschlecht und zu Sexualität werden geäußert (z. B. 1204 1,68 ,957 „Schlampe“, „Bitch“, „Schwuchtel“, „du Fotze“, „du bist notgeil“) In Spielen (z. B. Trinkspiele, Wahrheit oder Pflicht) wird zu sexuellen Handlungen 1208 1,79 ,955 gedrängt Sprüche und Kommentare zum Aussehen und Körper werden geäußert 1209 2,90 1,134 (z. B. „du siehstheiß aus“, „deine Hose geht gar nicht“) (Onlinebefragung (2020) des BMBF-Projekts „Schutznorm“ (Kassel, Hildesheim, Kiel, Landshut) bei 1221 jungen Menschen der offenen Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Jugendverbandsarbeit, internationale Jugendarbeit zu Sichtweisen auf Sexualitäten, (sexualisierter) Peer-Gewalt )
Sphäre der Zustimmung als Kontinuum (Quelle: Dalhoff, Maria u.a. (2021): Sexuelle Einvernehmlichkeit gestalten, Hannover: fabrico Verlag Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Uwe Sielert Zustimmung (Bedingungen: freiwillig, einwilligungsfähig, informiert, aktiv und deutlich, prozessorientiert, auch widerrufbar: gemeinsames gestalten durch horizontales Miteinander) ➢ als Konsens: großes Ja (100%, enthusiastisch dafür) ➢ als Konsent: kleines Ja (nichts spricht dagegen) ➢ als Kompromiss: o.k., wenn.. ( beschränkt auf…, Dir zuliebe, gerne später…) für‘s sexuelle Lernen „Zustimmungsunfall“ meist unvermeidbar (unbeabsichtigt, evtl. erst später deutlich, gut gemeint – nicht gut angekommen, offen für‘s beidseitige Lernen, Entschuldigung und Wunsch, Wiederholung zu vermeiden) ➢ klein: Sexuelle Grenzüberschreitung („Überraschung“, irritierend, oft produktiv) ➢ größer: Sex. Grenzverletzung (bleibt subjektiv unangenehm, wird unterbunden) Ende der Zustimmungssphäre: „Nein heißt Nein“! Handeln ohne Einvernehmlichkeit: erkennbar gegen den Willen des Gegenübers Ablehnung wird übergangen, Unfähigkeit zur Einwilligung wird ignoriert, nicht-einvernehmliche Zustimmung wird erwirkt durch Verwirrung, Drohung, Gewalt, Manipulation, Ausnutzen eines Machtgefälles, Fehlinformation.
Themen von Sexualkultur in Organisationen Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Uwe Sielert „Enter most organisations and you enter a world of sexuality“ Hearn & Parkin 1987 Transparenz vs. Diversität vs. Geheimhaltung Homogenität Umgangs- formen Ziele Feedback- Klima Werte Streitkultur vs. kultur vs. Macht Konflikt- Ignoranz scheue Begehren Gender Haltung- Sprache Fehlerfreund- (en) Intimitätsschutz vs. lichkeit vs. Themen Geständniszwang Strenge Rituale
Stärkende und problematische Sexualkultur in Organisationen Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Uwe Sielert Gelingende Sexualkultur Misslingende Sexualkultur • gewährleistet Professionalität • vermischt diffuse und formale des Arbeitsauftrags (Complience- Beziehungen (fehlende Complience- Regeln) Regeln) • verlebendigt interpersonale • beschränkt Kommunikation auf Kommunikation Arbeitsprozesse • fördert Vertrauen • nährt Gleichgültigkeit, und lustvolles Arbeiten verhindert Workflow • lässt rechtlich zulässige Verschiedenheit • bevorzugt homogene gedeihen (sexuelle) Identitäten • achtet Integrität und Selbstbestimmung • ermöglicht sexuelle Übergriffe, Scham und Bloßstellung • Takt: angemessene Nähe-Distanz-Regulation • Taktlosigkeit: Willkür oder bloße Regelbefolgung
Prof. Dr. Uwe Sielert (a.D.) Für eine gewaltpräventive Sexualkultur Workshop-Impuls Umsetzung 08. 12. 2021
Teil 2: Umsetzung Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Uwe Sielert 1. Gesamtstrategie eines Umsetzungsprozesses 2. Es geht auch kleiner: 2.1 Blick auf einzelne Facetten der Einrichtung 2.2 Blick auf zentrale Themen von Sexualkultur 3. Wie vorgehen?
Gesamtstrategie der Organisationsentwicklung mit Steuergruppe und externer Beratung Interventionen, Curricula und Dienstleistungen: Praxis und sinnvolle Alternativen Strukturelle Prävention: Personal + Zielgruppen: Strukturveränderungen der Interessen, Kompetenzen und Sexualkulturgestaltung sexuelle Bildung verbessern Konzeptentwicklung Sexual- kultur Umsetzungsplanung Schlüsselpersonen: Motivation, Kompetenzen und Unterstützungssystem: Einflusssektoren institutionelle Kooperationspartner einbinden Implementierung: Umsetzungsphase und Verankerung im Leitbild und strategischem Konzept
Es geht auch kleiner: Kritischer Blick auf die eigene Organisation und ihre Umwelt: Probleme und Verbesserung von Sexualkultur in unserer Einrichtung in Bezug auf… ➢Teamstrukturen und Teamatmosphäre ➢ die Balance von Aufgabenerfüllung und Wohlbefinden ➢ Machtdynamiken im Umgang miteinander ➢problematische / kraftspendende Räume + Situationen ➢ die Arbeit mit den Zielgruppe(n) ➢ das Verhältnis zu Träger und anderen Akteuren
Es geht auch kleiner: Zentrale Themen aufgreifen! Zum Beispiel: Sensibilisierung für Einvernehmlichkeit, Grauzonen und Übergriffe ➢ der Kinder und Jugendlichen untereinander ➢ im Verhältnis von Fachkräften zu Kindern und Jugendlichen ➢ der Fachkräfte untereinander
Es geht auch kleiner! Zentrale Themen aufgreifen! Weitere Beispiele: • Balance von Schutz und Befähigung • Balance von Pleasure und Prävention • Sensibilisierung für geschlechtliche und sexuelle Identitäten • Normalitätskonzepte
Wie vorgehen? Je nach Organisation: ➢kleine oder große Einrichtung? ➢öffentlicher, privater, privatwirtschaftlicher Träger? ➢territoriales, kommunales Netzwerk? Zu bedenken: ➢ Interessierte Kolleg*innen ansprechen ➢Wie anfangen, „wem die Augen öffnen“? ➢ realistische Ziele setzen ➢Unterstützungssysteme innen und außen finden ➢ Interne oder externe Moderation?
Wie vorgehen? Kriterien und Hilfen: ➢ Partizipation und Akzeptanz organisieren ➢ Leitung einbeziehen ➢ internen und externen Gewinn erläutern ➢ Konflikte und Allianzen nutzen ➢ punktuell beginnen ➢ Ressourcen bündeln ➢ Dokumentation und Evaluation ➢ Nachhaltigkeit anstreben
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