Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern - Methodensammlung - Wertebündnis ...

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Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern - Methodensammlung - Wertebündnis ...
Gemeinsam für Demokratie.
Israel und Bayern.
Methodensammlung.
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern - Methodensammlung - Wertebündnis ...
Gemeinsam für Demokratie.
Israel und Bayern.

Eva Feldmann-Wojtachnia (Hrsg.):

Democracy matters.

Toleranz lernen und vermitteln in der
Einwanderungsgesellschaft in Bayern
und Israel

Methodensammlung

München 2018
ISBN 3-933456-51-7
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern - Methodensammlung - Wertebündnis ...
Methodensammlung

Inhalt
Vorwort – 5                    Methodenbausteine – 10
Gemeinsam für Demokratie.      Toleranz lernen
Israel und Bayern.
                               Auf die Menschen kommt es an! – Ein interkulturelles Theater – 10
Einleitung – 6                 Sensibilität und Ähnlichkeiten der Sprachen – 12
Democracy matters. Toleranz    Vorurteile, die uns wichtig sind – 16
lernen und vermitteln in der   „Schwarzfahrer“ – Mutig sein gegen Rassismus – 18
Einwanderungsgesellschaft      Was versteckt sich in einem Wort? – 24
in Bayern und Israel           Planspiel: Die Schülerzeitung – 26
                               Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte – 32
                               Gemeinsame Feiertage – 33
                               Autofotografie – 35
                               Denkhüte – 36
                               Shake Hands! Begrüßungsrituale – 37
                               Die kulturelle Brille – Besuch auf der Insel Albatros – 38
                               Das Toleranzbarometer – 40
                               Bewegung der Relativsätze – Grammatik und Sport verbinden – 46

                               Partizipation einüben

                               Little Town – Erwachsene bleiben draußen! – 48
                               Soll ich etwas tun? Zivilcourage in der Schule – 50
                               Demokratie in der Schule – 53
                               Nachhaltigkeit vereint – Umweltbewusstsein
                               in der Zuwanderungsgesellschaft – 54
                               Keine Partizipation in der Schule! – 61
                               Das gleiche Recht, zu wählen und gewählt zu werden – 62

                               Freiheit und Sicherheit schätzen

                               Kann uns Massenüberwachung vor Terrorismus schützen? – 70
                               Die Grenzen des Gehorsams – 74
                               Das Fadenspiel: Meine Freiheit – Deine Freiheit?! – 75
                               Zauberstab – 76
                               Vertrauenslauf – 77
                               Vertrauenspendel – 78

                               Mehrheiten und Minderheiten reflektieren

                               Spiel mit geheimen Zeichen – multikulturelle Demokratie – 80
                               Kugellager – 81
                               Informeller Fußball?! – 82
                               Wertschätzendes Erkunden – 84
                               Wann darf die Mehrheit entscheiden? – 85
                               Was ich nicht weiß, vermute ich – 86
                               Literaturverzeichnis – 91

                                                                                                   3
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern - Methodensammlung - Wertebündnis ...
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern.

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Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern - Methodensammlung - Wertebündnis ...
Methodensammlung

Vorwort
Gemeinsam für Demokratie.
Israel und Bayern.

D      as Wertebündnis-Projekt „Gemeinsam
       für Demokratie. Israel und Bayern.“ hat
       sich zum Ziel gesetzt, demokratische
und pluralistische Werte unter Schüler*in-
nen in Israel und in Bayern zu stärken. Die
                                                 Diese Methodensammlung zielt darauf ab,
                                                 sich mit Vorurteilen auseinander zu setzen,
                                                 Perspektivenvielfalt zu erlernen und den Schü-
                                                 ler*innen zu zeigen, wie sie demokratische
                                                 Werte in ihrem Umfeld einbringen können. In
beiden Länder haben zahlreiche, aber jeweils     den Themenbereichen „Toleranz und Vielfalt“,
spezifische Erfahrungen bei der Integration      „Partizipation“, „Freiheit und Sicherheit“ sowie
von Zugewanderten. Es lag deshalb nahe,          „Mehrheiten und Minderheiten“ wird Selbst-
Erfahrungen auszutauschen und das eigene         bestimmung im Einklang mit einer demokrati-
Methodenrepertoire gegebenenfalls durch          schen Gesellschaft ausgelotet.
neue Ansätze zu bereichern. Dazu haben sich
Multiplikatoren und Bildungsverantwortliche      Mit diesen konkreten Methoden möchten wir
im jeweils anderen Land ein Bild von den dort    Menschen, die in der schulischen oder außer-
beschrittenen Wegen gemacht, um in einem         schulischen Bildung tätig sind, ermutigen, sich
zweiten Schritt auszuloten, ob man von der ei-   des zentralen Themas unseres demokratischen
nen oder anderen Idee profitieren könnte. Ein    Zusammenlebens in einer pluralistischen Ge-
konkretes Projektergebnis ist das vorliegende    sellschaft zu widmen.
Methodenhandbuch „Democracy matters“ mit
Beiträgen aus Israel und Bayern.

Jürgen Böhm                     Sandra Simovich                   Max Schmidt
Arbeitsgemeinschaft             Generalkonsulin                   Vorstandsvorsitzender
bayerischer Lehrerverbände      des Staates Israel                Stiftung Wertebündnis
                                für Süddeutschland                Bayern

                                                                                                            5
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern.

Einleitung
Democracy matters. Toleranz lernen und
vermitteln in der Einwanderungsgesellschaft
in Bayern und Israel

T     oleranz ist die Grundlage für
      ein friedliches Zusammenleben
      in der Demokratie. Seit siebzig
Jahren unterhalten Deutschland und
Israel besondere und vielschichtige
                                         impliziert auch die Auseinanderset-
                                         zung mit vielen unterschiedlichen
                                         Meinungen. In Deutschland bildet
                                         dabei das Grundgesetz den Rahmen,
                                         in Israel die Unabhängigkeitserklärung
Beziehungen, die bis heute von der       und die bisher 12 Grundgesetze. Dies
Vergangenheit beeinflusst werden.        mit Leben zu füllen ist ein Balanceakt,
Diese Beziehung basiert auf einer Wer-   welcher in einem sicheren Lernkontext
tegemeinschaft – ein wichtiger Bereich   erfahren werden kann.
des bürgerschaftlichen Engagements.
Hintergrund für dieses Methoden-       Die in diesem Band dargelegten Me-
handbuch ist das Wertebündnisprojekt   thoden zur Toleranz- und Demokratie-
„Gemeinsam für Demokratie. Israel      erziehung sind Teil eines Reflexions-
und Bayern.“ Dieses hat zum Ziel,      prozesses der Projektteilnehmenden.
demokratische Werte wie Toleranz       Die Zugänge sind vielseitig und setzen
und Pluralismus unter der jungen       sich zum einen mit Toleranz im priva-
Generation in Israel und Bayern zu     ten Bereich auseinander. Das Material
stärken. Gerade die Schule ist hierbei soll jedoch auch dazu anregen, sich
ein wichtiger Ort, an dem das demo-    Gedanken über das gesamtgesell-
kratische Miteinander eingeübt und     schaftliche Leben in einer Demokratie
gelebt werden kann.                    zu machen, in der die unterschied-
                                       lichsten Menschen zusammenleben.
Ein Anknüpfungspunkt ist hierbei, dass Toleranz betrifft hierbei nicht nur
die Gesellschaft sowohl in Deutschland die Akzeptanz und das Bemühen um
als auch in Israel einen großen Anteil Verständnis Andersgläubiger und
an Menschen mit Migrationshinter-      Migrant*innen, sondern auch von
grund hat. Einerseits bedeutet Zuwan- Menschen unterschiedlichen Alters,
derung ein Anwachsen des kulturellen unterschiedlicher sozialer Herkunft
Reichtums, andererseits werden         oder auch Menschen mit Behinde-
dadurch sowohl die Politik und die     rung.
Wirtschaft als auch die Gesellschaft
vor große Herausforderungen gestellt. Diese Methodensammlung zielt darauf
Die Zuwanderung macht Toleranz         ab, sich mit Vorurteilen auseinan-
nötig, denn zwangsläufig trifft man    derzusetzen, Perspektivenvielfalt zu
auf andere Lebensentwürfe, andere      erlernen und den Schüler*innen und
Meinungen und andere Vorstellungen. Schülern zu zeigen, wie sie demokra-
Unterschiedliche Überzeugungen         tische Werte in ihrem Umfeld einbrin-
und Orientierungen, verschiedene       gen können. Hierbei sollen vor allem
Religionen sollen ihren Platz in einer Diskriminierung in der Sprache und im
Demokratie finden und diese so         Alltag aufgedeckt und durch Toleranz
stärken. Ein demokratisches System     und Dialog ersetzt werden. Die Ju-

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Methodensammlung

gendlichen lernen dabei, welche Mög-       ihre eigene demokratische Lebenswelt
lichkeiten sie haben, die Demokratie       darstellen. „Denkhüte“ – hierbei
mitzugestalten. Auch lernen sie durch      versetzen sich die Jugendlichen in ver-
die Methoden den Wert der Selbstbe-        schiedene Positionen und Sichtweisen
stimmung im Einklang mit einer Ge-         hinein und müssen so ihre Perspektive
sellschaft, in der jeder Einzelne gerne    auf eine Thematik wechseln. „Die
und sicher lebt, kennen. Die Übungen       kulturelle Brille – Besuch auf der Insel
der vorliegenden Methodensammlung          Albatros“ soll den Schüler*innen eine
sind je nach ihrem Schwerpunkt in die      andere Kultur und ihre Gesellschafts-
Abschnitte „Toleranz lernen“, „Partizi-    strukturen näherbringen. „Shake
pation einüben“, „Freiheit und Sicher-     Hands! – Begrüßungsrituale“ zeigt den
heit schätzen“ und „Mehrheiten und         Jugendlichen, dass es viele verschiede-
Minderheiten reflektieren“ eingeteilt.     ne Arten gibt, sich in einer Gesellschaft
                                           zu begrüßen und näher zu kommen.
Toleranz lernen                            Das „Toleranzbarometer“ führt den
„Auf die Menschen kommt es an! –           Schüler*innen die gesellschaftliche
Ein interkulturelles Theater“ zielt        und historische Verankerung des
darauf ab, dass Schüler*innen anhand       Toleranzbegriffs vor Augen.
eines Essays darüber reflektieren, wie
eine Gesellschaft mit Zuwanderung          Partizipation einüben
umgehen kann. „Sensibilität und            „Little Town – Erwachsene bleiben
Ähnlichkeiten der Sprachen“ zeigt          draußen!”. Hierbei schlüpfen die
den jungen Menschen durch einen            Jugendlichen in Rollen und bauen ihre
anderssprachigen Text Vielfalt und         eigene Stadt, wodurch ihr demokra-
deren Bedeutung in einer Demokratie        tisches Bewusstsein geweckt werden
auf. „Bewegung der Relativsätze“           soll. „Soll ich etwas tun? Zivilcourage
erläutert mit den Schüler*innen in         in der Schule“ soll den Schüler*innen
einem bewegungsaktiven Spiel, wie          Zivilcourage näherbringen, ohne die
man sich richtig ausdrückt. „Vorurteile,   eine demokratische Gesellschaft nicht
die uns wichtig sind“ soll zeigen, dass    funktionieren kann. „Nachhaltigkeit
es wichtig ist, miteinander zu reden,      vereint – Umweltbewusstsein in einer
um ein friedliches und tolerantes          Zuwanderungsgesellschaft“ – das Ziel
Leben in einer globalisierten Welt zu      hierbei ist es, den Jugendlichen einen
ermöglichen. „Schwarzfahrer – Mutig        nachhaltigen Lebensstil zu vermitteln,
sein gegen Rassismus“ – bei dieser         welcher in heutigen Demokratien von
Übung setzen sich die Schüler*innen        enormer Wichtigkeit ist. „Demokratie
durch einen Kurzfilm mit Rassismus         in der Schule“ bringt den Schüler*in-
auseinander, und lernen, wie sie           nen die Thematik der Kommunikation
diesem in einer demokratischen             in Demokratien näher. Gleichzeitig
Gesellschaft entgegenwirken können.        erlernen sie den bewussten Gebrauch
„Was verstecken wir in einem Wort?“        von modernen Medien in der heutigen
bringt den Schüler*innen unterschwel-      Gesellschaft. „Das gleiche Recht,
lige Bedeutungen von Wörtern näher,        zu wählen und gewählt zu werden“
wodurch sie lernen, diese in einen         – die Schüler*innen werden hier
demokratischen Kontext zu setzen. Die      dazu aufgefordert, intensiv über das
Planspielübung „Die Schülerzeitung“        demokratische Grundrecht der Wahl
zielt darauf ab, dass die Schüler*innen    nachzudenken. „Keine Partizipation in
in einem ihnen bekannten Umfeld ler-       der Schule!“ soll den Schüler*innen
nen, demokratisch und diplomatisch         vor Augen führen, wie es wäre, wenn
miteinander umzugehen. „Ein Bild sagt      es keine Demokratie gäbe und so der
mehr als 1000 Worte“ setzt sich mit        Tendenz entgegenwirken, dass junge
den Toleranzgrenzen eines Einzelnen        Menschen Demokratie und demokrati-
auseinander. „Gemeinsame Feiertage“        sche Werte zu sehr als Selbstverständ-
ermöglicht den Schüler*innen, etwas        lichkeit sehen.
über die unterschiedlichen Festtage
verschiedener Kulturen zu lernen und       Freiheit und
zeigt ihnen deren Bedeutung für die        Sicherheit schätzen
Vielfalt in der Demokratie auf. „Au-       Die Übung „Kann uns Massenüber-
tofotografie“ lässt die Schüler*innen      wachung vor Terrorismus schützen?“

                                                                                  7
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern.

zielt darauf ab, Schüler*innen mit dem   geht es darum, das Individuum in der
Spannungsfeld zwischen Freiheit und      Gesellschaft mit seinen Potentialen
Sicherheit in modernen Demokratien       wertzuschätzen.
vertraut zu machen und anhand des-
sen die Positionen zu diesem Thema       Das Methodenhandbuch verfolgt das
kennenzulernen. „Die Grenzen des         Ziel, dass junge Menschen lernen, sich
Gehorsams“ versetzt die Schüler*in-      in andere Rollen hineinzuversetzen
nen in die Lage von Personen, die eine   und sich mit anderen Auffassungen
wichtige Entscheidung für ihre eigene    konstruktiv auseinanderzusetzen.
Zukunft, aber auch die anderer treffen   Dabei sollen sie spielerisch erfahren,
müssen, wodurch ihnen das Prinzip        was Toleranz und Demokratie bedeu-
des zivilen (Un-)Gehorsams näherge-      ten und wie sie selbst ihren Teil dazu
bracht wird. Das „Fadenspiel: Meine      beitragen können, diese Werte zu
Freiheit – Deine Freiheit?!“ lehrt die   schützen. Den Jugendlichen werden
Jugendlichen, dass die individuelle      dabei keine Verhaltensregeln oder
Freiheit in einer Gesellschaft manch-    Grundsätze aufgezwungen, vielmehr
mal eingeschränkt wird, um zugehörig     sollen sie selbst reflektiert Probleme
zu sein. Der „Zauberstab“ macht den      aufdecken und ihren Horizont durch
Schüler*innen die Notwendigkeit von      eine Vielfalt an Meinungen und Über-
Kommunikation in einer demokrati-        legungen erweitern.
schen Gesellschaft bewusst. „Vertrau-
enslauf“ und „Vertrauenspendel“ bau-     Die Übungen stärken den Teamgeist
en aufeinander auf und fördern das       und den Austausch untereinander.
Vertrauen unter den Schüler*innen        Ebenso sind sie durch anschauliche
in der Gemeinschaft.                     Beispiele und praktische Umsetzungen
                                         auf die reale Lebenswelt anwendbar
Mehrheiten und Minder-                   und somit lebensnah gestaltet.
heiten reflektieren
„Wann darf die Mehrheit entschei-        Gerade in Zeiten demokratischer
den?“ stellt die Frage, in welchen       Herausforderungen sind engagierte
Fällen ein Mehrheitsbeschluss in der     Bürger*innen wichtig, die die Grund-
Demokratie getroffen werden kann.        werte und Normen der Demokratie
Dadurch setzen sich die Schüler*innen    kennen, für diese eintreten, sie schüt-
mit einem wichtigen Mechanismus          zen und dies bereits in einem jungen
der Demokratie auseinander. „Spiel       Alter gelernt haben. Allen Teilnehmen-
mit geheimen Zeichen – multikul-         den des Projekts, die beim Entstehen
turelle Demokratie“ zielt darauf ab,     dieses Methodenhandbuchs mitge-
dass Schüler*innen lernen, wie man       wirkt haben und insbesondere den
Minderheiten in eine Demokratie und      Autor*innen der Methodenbausteine,
in den demokratischen Prozess inte-      sei herzlich für ihren Beitrag gedankt!
griert. „Was ich nicht weiß, vermute
ich“, hierbei sollen die Jugendlichen
Vorstellungen und Klischees hinterfra-
gen, die sie über verschiedene Gesell-
schaftsgruppen haben und lernen, wie
man Vorurteilen in einer Demokratie
entgegenwirken kann. Auch im Sport
sind Fair Play und Teamgeist gefragt.
Mit der Übung „Informeller Fußball?!“
kann dies in unserer Gesellschaft
kritisch hinterfragt werden. Die Ju-
gendlichen spielen Fußball, legen aber
vorher ihre eigenen demokratischen
Regeln fest, wodurch sie die Wichtig-
keit dessen für demokratische Staaten
ableiten können. Das „Kugellager“        Eva Feldmann-Wojtachnia
bietet Möglichkeiten, Perspektiven       Centrum für angewandte Politik-
und Meinungsvielfalt zu erfahren.        forschung der Ludwig Maximilians
Beim „Wertschätzenden Erkunden“          Universität München

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Methodensammlung

Toleranz lernen
Auf die Menschen kommt es an! – Ein interkulturelles Theater – 10
Sensibilität und Ähnlichkeiten der Sprachen – 12
Vorurteile, die uns wichtig sind – 16
„Schwarzfahrer“ – Mutig sein gegen Rassismus – 18
Was versteckt sich in einem Wort? – 24
Planspiel: Die Schülerzeitung – 26
Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte – 32
Gemeinsame Feiertage – 33
Autofotografie – 35
Denkhüte – 36
Shake Hands! Begrüßungsrituale – 37
Die kulturelle Brille – Besuch auf der Insel Albatros – 38
Das Toleranzbarometer – 40
Bewegung der Relativsätze – Grammatik und Sport verbinden – 46

                                                                                   9
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern.

Auf die Menschen kommt es an!
Ein interkulturelles Theater
Kurz und knapp:                 Durchführung:
Auf Grundlage eines Aus-        1. Die Stunde beginnt mit zwei                 zen. Sprechen ist nicht erlaubt.
schnitts aus dem Essay „Die        Übungen der Theaterprobe. Zwei              Diese Übung dauert etwa 10 Minu-
große Wanderung“ von Hans          Schüler*innen sitzen sich gegen-            ten, anschließend können die Rollen
Magnus Enzensberger sollen         über und werden angewiesen, sich            getauscht werden, so dass jede*r
die Schüler*innen darüber          anzuschauen. Nach etwa 30 Se-               Schüler*in mitspielt, während der
reflektieren, wie eine Ge-         kunden sollen sie ihr Gegenüber             Rest der Gruppe beobachtet.
sellschaft mit Zuwanderung         mit Grimassen oder wilden Gesten
umgehen kann und ihre              verwirren. Diese Übung dauert            5. Die Klasse wird in Sechser-Gruppen
Ergebnisse in szenischer           etwa eine Minute.                           eingeteilt. Sie lesen den gegebenen
Darstellung umsetzen.                                                          Ausschnitt von Enzensbergers Essay
                                2. Die Schüler*innen bilden zwei               und fassen ihn inhaltlich zusammen.
Auf einen Blick:                   Reihen (A und B), sodass jede*r             Auf Grundlage des Ausschnitts
                                   Schüler*in einem anderen gegen-             sollen die Schüler*innen zwei
 Zeit 90 Minuten
                                   übersitzt. Die Lehrkraft fordert die        Versionen der Szene entwickeln und
 Gruppengröße                      Schüler*innen in Reihe A auf, ihr           ausprobieren. In Version A sollen
 6 – 30 Teilnehmer*innen           Gegenüber auf unterschiedliche              sie den Inhalt des Essay-Ausschnitts
 Alter 15 – 18 Jahre               Weise anzusehen: arrogant, selbst-          darstellen. In Version B verteidigen
                                   bewusst, verrückt, schüchtern,              zwei Mitfahrer*innen das Zugabteil
 Materialien
                                   usw. Die Schüler*innen in Reihe B           als ihr eigenes Territorium, indem
 Beigefügtes Arbeitsblatt
                                   sollen nicht auf ihre Übungspartner         sie Haltungen, Gesten und Sprache
 Rahmen Ein Klassenraum,           reagieren. Mit Klatschen kann               nutzen. Die Schüler*innen dürfen
 Stühle und Tische auf die         die Lehrkraft einen Wechsel der             sprechen, sollen dies aber nur
 Seite geräumt                     Rollen initiieren. Diese Übung kann         reduziert tun. Diese Übung dauert
 Schlagwörter Interkulturel-       mehrmals wiederholt werden,                 etwa 40 Minuten.
 les Lernen, interkulturelles      mindestens zwei Mal sind emp-
 Theater, Essay über Migra-        fohlen. Im Anschluss werden die          Auswertung / Reflexion:
 tion                              Schüler*innen dazu ermutigt, über        Die Schüler*innen sollen ermutigt
                                   ihre Wahrnehmung des Spiels zu           werden, sich zu folgenden Frage-
                                   sprechen.                                stellungen Gedanken zu machen:
Ziele:
Die Begegnung mit un-         3. Nun werden die Schüler*innen in     ††Welche Strategien wurden von
  terschiedlichen Kulturen         das Hauptthema der Stunde einge-      den zwei Reisenden genutzt, um
  in szenischer Darstellung        führt. Sie spielen unterschiedliche   zu verhindern, dass neue Reisende
  erfahren                         Rollen von Menschen, die an einer     das Zugabteil betreten?
                                   Bushaltestelle warten:
Gegenseitige Wahr-               Eine/n müde/n Angestellte/n,        ††Wie haben die neuen Reisenden
  nehmung schulen                  eine/n gelangweilte/n Schüler*in,     darauf reagiert?
                                   eine zerbrechliche Großmutter, usw.
Über Migration, Integra-         Es sind keine spezifischen Handlun- ††In seinem Essay beschreibt Enzens-
  tion und Toleranz reflek-        gen vorgesehen, die Schüler*innen     berger eine Form von Ausschluss,
  tieren                           sollen sich jedoch nicht zu viel      die bei Ausländern*innen und
                                   bewegen.                              Geflüchteten erfahren werden
                                                                         kann. Das Zugabteil ist hierbei eine
                                4. Neue Personen treffen an der Bus-     Metapher für unsere Gesellschaft.
                                   haltestelle ein und verhalten sich    Wie werden Geflüchtete in diese
                                   entweder aggressiv oder freundlich:   Gesellschaft integriert? Werden sie
                                   Eine Gruppe Schüler*innen, Fuß-       als Eindringlinge oder als Bereiche-
                                   ball-Hooligans, ältere Menschen,      rung wahrgenommen?
                                   usw. Das soziale Gefüge der Gruppe
                                   ändert sich, da sich Personen
                                   wegbewegen oder neue Gruppen
                                   formen. Die Schüler*innen sollen
                                   Körpersprache und Gesten einset-

10                              Autoren: Daniela Arnold (LMU München), Jan Franz (Staffelsee-Gymnasium Murnau)
Gemeinsam
MATERIAL/ARBEITSBLATT
          für Demokratie. Israel und Bayern. Methodensammlung.

Auf die Menschen kommt es an!
Ein interkulturelles Theater
Aufgabe
                                        Hans Magnus Enzensberger:
††Lest in Eurer Gruppe den Ausschnitt   Das Eisenbahnabteil
  von Enzensbergers Essay und fasst
  ihn inhaltlich zusammen.              (…) Zwei Passagiere in einem Eisenbahnabteil.
                                        Wir wissen nichts über ihre Vorgeschichte, ihre
††Auf dieser Grundlage entwickelt       Herkunft oder ihr Ziel. Sie haben sich häuslich
  Ihr zwei Versionen der Szene und
  probiert diese aus.                   eingerichtet, Tischchen, Kleiderhaken, Gepäckabla-
  Version A = Darstellung des Inhalts   gen in Beschlag genommen. Auf den freien Sitzen
  des Essay-Ausschnitts                 liegen Zeitungen, Mäntel, Taschen herum. Die Tür
  Version B = zwei Mitfahrer*innen      öffnet sich, und zwei neue Reisende treten ein. Ihre
  verteidigen das Zugabteil offen als
  ihr eigenes Territorium, indem sie    Ankunft wird nicht begrüßt. Ein deutlicher Wider-
  Haltungen, Gesten und Sprache         wille macht sich bemerkbar, zusammenrücken, die
  nutzen. Dabei ist es erlaubt zu       freien Plätze räumen, den Stauraum über den Sit-
  sprechen, jedoch in reduzierter       zen teilen. Dabei verhalten sich die ursprünglichen
  Form.
                                        Fahrgäste, auch wenn sie einander gar nicht ken-
                                        nen, eigentümlich solidarisch. Sie treten, den neu
                                        Hinzukommenden gegenüber, als Gruppe auf. Es
                                        ist ihr Territorium, das zur Disposition steht. Jeden,
                                        der neu zusteigt, betrachten sie als Eindringling.
                                        Ihr Selbstverständnis ist das von Eingeborenen, die
                                        den ganzen Raum in Anspruch nehmen. Diese Auf-
                                        fassung lässt sich rational nicht begründen. Umso
                                        tiefer scheint sie verwurzelt zu sein. Dennoch
                                        kommt es so gut wie nie zu offenen Auseinan-
                                        dersetzungen. Das liegt daran, dass die Fahrgäste
                                        einem Regelsystem unterliegen, das nicht von
                                        ihnen abhängt. Ihr territorialer Instinkt wird ei-
                                        nerseits durch ungeschriebene Verhaltensnormen
                                        wie die der Höflichkeit gebändigt. Also werden nur
                                        Blicke getauscht und die Entschuldigungsformeln
                                        zwischen den Zähnen gemurmelt. Die neuen
                                        Fahrgäste werden geduldet. Man gewöhnt sich an
                                        sie. Doch bleiben sie, wenn auch in abnehmendem
                                        Grade, stigmatisiert. Dieses harmlose Modell ist
                                        nicht frei von absurden Zügen. Das Eisenbahnabteil
                                        ist ein transitorischer Aufenthalt, ein Ort, der nur
                                        dem Ortswechsel dient. Die Fluktuation ist seine
                                        Bestimmung. Der Passagier ist die Negation des
                                        Sesshaften. Er hat ein reales Territorium gegen ein
                                        virtuelles eingetauscht. Trotzdem verteidigt er sei-
                                        ne flüchtige Bleibe nicht ohne stille Erbitterung. (…)

                                        aus: Hans Magnus Enzensberger:
                                        Die große Wanderung, Frankfurt/Main 1992, S. 11-13

                                                                                                 11
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern.

Sensibilität und Ähnlichkeiten der Sprachen

Kurz und knapp:                        Durchführung:
Die Schüler*innen lesen einen Text     1. Zu Beginn der Stunde stellen           5. Abschließend präsentieren die
in einer Fremdsprache, z. B. auf          sich die Schüler*innen vor, in-           Schüler*innen ihre Ergebnisse
Türkisch und reflektieren darüber,        dem sie sich gegenseitig Fragen           und erläutern ihre Entschei-
ob es Ähnlichkeiten oder Gemein-          über ihren familiären Hinter-             dung bezüglich der Zuordnung.
samkeiten zu ihrer eigenen Sprache        grund stellen (zum Beispiel               Abschließend schaffen die Schü-
gibt. Während dieser Stunde lernen        woher die Eltern kommen und               ler*innen einen „Stammbaum“
sie, dass es Ähnlichkeiten zwischen       welche Sprachen gesprochen                der Weltsprachen in ihrer
allen Sprachen gibt. Auch lernen sie      werden).                                  Klasse.
Sprachfamilien kennen und Eigen-
schaften der Sprachen. Zum Schluss     2. Auf der Weltkarte werden die           Varianten:
schaffen die Schüler*innen einen          Geburtsorte der Schüler*innen          ††Die Übung muss sich nicht auf
„Stammbaum“ der Weltsprachen.             markiert, um der Klasse ihre             eine Sprache begrenzen, es
                                          Vielfalt zu demonstrieren.               kann jede Sprache zum Ver-
Auf einen Blick:                                                                   gleich herangezogen werden.
                                       3. Anschließend wird ein Text in
 Zeit 90 Minuten
                                          einer Sprache der Heimatlän-
 Gruppengröße                             der, z. B. ein türkischer Text
 3 – 30 Teilnehmer*innen                  bearbeitet. Zuerst lesen die
 Alter Ab 13 Jahren                       Schüler*innen den Text und
                                          diskutieren anschließend, ob
 Materialien Türkischer Text (M1),
                                          sie einzelne Wörter davon ver-
 Englischer Text (M2) und Deutscher
                                          stehen können. Ziel ist dabei,
 Text (M3), DIN A5 Karten, Magne-
                                          Empathie für Menschen zu ent-
 ten / Kreppband, türkischer Text
                                          wickeln, die in ein fremdes Land
 auf einer Folie oder über Beamer,
                                          kommen, ohne die Sprache zu
 Stift für Notizen auf den Karten,
                                          verstehen. Auch reflektieren
 Weltkarte
                                          sie über Probleme, welchen
 Rahmen Blackboard oder Stellwän-         sich Menschen stellen müssen,
 de, Beamer oder Overhead Projek-         wenn sie eine Sprache nicht
 tor, um den Text zu zeigen, Tische       sprechen. Die Übersetzung wird
 für die verschiedenen Gruppen            erst am Ende vorgelesen.
 Schlagwörter Kulturelle Vielfalt,
 Unterschiede und Gemeinsam-           4. Danach versuchen die Schü-
 keiten                                   ler*innen, Ähnlichkeiten
                                          zwischen fremden Sprachen in
                                          der Gruppe und ihrer Mutter-
Ziele:                                    sprache zu finden (zum Beispiel
Die Bedeutung der eigenen               fremdsprachige Wörter, tech-
  Sprache erkennen                        nische Begriffe, Wurzeln einer
                                          Sprache, die Struktur etc.) und
Die Beziehungen zwischen den            schreiben diese auf Karten: auf
  verschiedenen Sprachen kennen-          der Vorderseite einen Begriff,
  lernen                                  Bedeutung und Herkunft auf
                                          der Rückseite. Anschließend
Verständnis für Nicht-Mutter-           ordnen die Schüler*innen diese
  sprachler entwickeln                    Karten je nach Begriffen, Spra-
                                          chen oder Gemeinsamkeiten.
Ähnlichkeiten zwischen den
  Sprachen entdecken

                                       Autorinnen: Lise Brinkmann (LMU München), Latife Kara (LMU München)
                                       Ergänzende Literatur: Tekin, Özlem (2012). Grundlagen der kontrastiven Linguistik
12                                     in Theorie und Praxis. Tübingen: Stauffenberg Verlag.
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          für Demokratie. Israel und Bayern. Methodensammlung.

Sensibilität und Ähnlichkeit der Sprachen                                                                 M1

 Kaan bebe – cici bebe                                    Türkiye Cumhuriyetinin kurulusu

 Bir varmis bir yokmus evvel zaman icinde kalbur          Birinci dünya savasindan sonra Almanyanin savasi
 saman icinde Kaan diye bir bebek varmis. Ülke-           kaybettikten istifa eden Emperyalisim ülkeler
 lerin birinde mutlu mesut annesiyle ve babasiyle         Osmanli topraklarindan isgal ettiler. Buna karsi ül-
 beraber yasarmis. Cok usluymus ve hic bir zaman          kenin bagimsizligi icin bir adam bagimsizlik savasi
 onlarin sözünden cikmazmis. Öyle tatliymis ki, her       ilan etti ve ilk defa 1923 yilinda Türkiye Cumhuri-
 gören onu sevmeden veya hos söz birakmadan               yetini kurdu. Ardindan yirmi üc nisan 1923 yilini
 duramazmis. Görünüsünü merak ediyorsan: pa-              dünya cocuklar bayrami ilan etti.
 muk yanakli – kiraz dudakli – ve yesil gözlü bir ay
 parcasi.                                                 Buna ragmen de ondokuz mayisi genclere bayram
                                                          gününü hak görmüs. Sonra halk dilini ve Kuran
 Gel zaman git zaman Kaanin ilk bayrami olmus ve          yaziyi arapcadan türkceye cevirdi. 1934 yilinda
 bütün ailesini ziyaretine gitmis. Hediyeler almis, ilk   kadinlara secme ve secilme hakkini da verdi bu
 tatlilarini yemis ve herkese gülücükler atmis. Insan     adam.
 gercekten bakmaya doyamiyormus ya … Bir de
 tatile gitmez mi? Daha alti aylik olmadan ucakla ta      Türkiye Cumhuriyetine ilk defa laikligi getirdi ve bu
 uzaklara ucup ebeveynleriyle güzel vakit gecirmez        durumda din ve devlet islerini birbinden ayirmayi
 mi? Oralarda cok uslu durup, günesi görüp hep            basardi. Söyledigi cok popüler bir söz: „Yurtta baris
 keyfini cikarmis uslu bebek. Bir de babasinin ona        ve dünyada baris.“
 söyledigi bir sarki varmis: „Yakiskli bebek, yakisikli
 bebek, benim kücük bir oglum var yakisikli be-           Bu adam Mustafa Kemal Atatürkdir.
 bek […]“ – bunu duyan Kaan her seferinde sevincle
 ucarmis. Ama tabi her oldugu gibi Kaani kiskanan
 ve onun kötülügünü isteyen var. Bunu gecebilirler,
 cünkü kendisi ve ailesi gibi dürüst insan yoktur. Ve
 dogruluk her zaman kazanir! Onlar ermis muradi-
 na biz cikalim kerevetine…

                                                                                                                  13
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Sensibilität und Ähnlichkeit der Sprachen                                                                  M2

  Kaan baby – sweet baby                                    The Founding of the Turkish Republic

  Once upon a time there was a baby named Kaan.             The Republic of Turkey was founded on Oktober,
  In any unknown country he lived happily together          23rd and Turkish and Turkish became official
  with his parents. He was very well-behaved and            language. This was preceeded by the collapse
  listened always to his parents. He was so sweet,          of the Ottoman Empire after World War I., the
  that everyone who saw him should love him and             Turkish War of Independence (1919-1923) and
  say a lovely word. If you are curious how he looks        the removal of Sultan Mehmed VI.
  like : Cheeks like, lips like cherry and green eyes
  baby.                                                     Also 19. May is the day for young people.
                                                            Important to see, that he also gave woman
  And after a time Kaan had his first holiday and he        the rights to vote and also be voted.
  visited his whole family. He got presents, ate his
  first sweets and laughed whole time. You really           Turkish Republic firstly saw the separation of
  don’t get fed up. Never get boring. And to all of         religion and state and got secular. He had a very
  that he got to his first vacation! Before getting six     popular quote : “Freedom in you country and
  months he flew long way and get very great time           freedom for the whole world.”
  with its parents. He was very kind and spent great
  time in the sunshine. There was a song sung by            This man was Mustafa Kemal Atatürk.
  his father : “Sweet baby, sweet baby, I have a little
  baby sweet baby […]” – everytime Kaan hearing
  this song is happy and confident. But of course
  there are also bad people who are jealous or wish
  bad things to Kaan. But that is not a problem for
  Kaan or his family, because they are honest and
  natural. Honesty wins always! And they all lived
  happily everafter…

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Gemeinsam
MATERIAL/ARBEITSBLATT
          für Demokratie. Israel und Bayern. Methodensammlung.

Sensibilität und Ähnlichkeit der Sprachen                                                             M3

 Kaan – das süße Baby                                  Die Gründung der Türkischen Republik

 Es war einmal ein kleines Baby, das hieß Kaan.        Die Republik Türkei wurde am 29. Oktober 1923
 Es lebte glücklich mit seinen Eltern in einem         gegründet und Türkisch wurde Amtssprache.
 unbekannten Land. Kaan war wohlerzogen und            Vorausgegangen waren der Zusammenbruch des
 gehorchte immer seinen Eltern. Er war so süß,         Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg, der
 dass jeder, der ihn sah, ihn lieben und nette Worte   türkische Befreiungskrieg (1919-1923) und die
 sagen musste. Wenn Du neugierig bist, wie er aus-     Absetzung Sultan Mehmeds VI.
 sieht: die Wangen und Lippen kirschrot und grüne
 Babyaugen.                                            Es gibt auch einen Tag, der der Jugend gewidmet
                                                       ist. Es ist der 19. Mai. Wichtig zu bemerken, dass
 Nach einer Zeit besuchte Kaan zum ersten Mal in       er den Frauen das Recht gab zu wählen und ge-
 den Ferien seine Familie. Er bekam Geschenke,         wählt zu werden.
 aß Süßigkeiten und lachte die ganze Zeit. Man
 konnte nicht genug von ihm kriegen … es wurde         Die Türkische Republik führte als erste die Tren-
 nie langweilig. Darüber hinaus waren es seine         nung von Religion und Staat ein und wurde säku-
 ersten Ferien! Noch bevor er ein halbes Jahr alt      lar. Er wird mit dem berühmten Ausspruch zitiert:
 war, flog er das erste Mal eine lange Strecke und     „Freiheit in Deinem Land bedeutet Freiheit in der
 hatte eine wunderbare Zeit mit seinen Eltern. Er      ganzen Welt“.
 war sehr lieb und verbrachte eine großartige Zeit
 in Sonnenschein. Sein Vater sang: „Süßes Baby,        Dieser Mann war Mustafa Kemal Atatürk.
 süßes Baby, ich habe ein süßes Baby (…)“ – immer,
 wenn Kaan das Lied hörte, war er glücklich und zu-
 frieden. Aber es gibt selbstverständlich auch böse
 Menschen, die neidisch waren und Kaan Schlech-
 tes wünschten. Aber das war kein Problem für
 Kaan und seine Familie, weil sie aufrichtige und
 wahre Menschen waren. Ehrlichkeit siegt immer!
 Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie
 noch heute glücklich …

                                                                                                            15
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern.

Vorurteile, die uns wichtig sind

Kurz und knapp:                                Durchführung:
Auf viele Menschen wird in ihrem               1. Erfahren, was es heißt
Leben mit dem Finger gezeigt, auf                 ausgegrenzt zu werden (15 min)
manche verbal, auf andere durch
Ausgrenzung und Segregation. Vorur-              Die Schüler*innen erfahren, wie es ist, wenn jemand
teile zu haben ist normal, aber für ein          mit dem Finger auf einen zeigt. Alle Schüler*innen
friedliches und tolerantes Leben in              stellen sich in einem Kreis auf. Die Lehrkraft ruft be-
einer globalisierten Welt ist es nötig,          stimmte Attribute auf, wie Haar- oder Augenfarbe,
Vorurteile als solche zu erkennen                Größe, Gewicht, Heimatstadt, Ethnie, Religion, etc.
und über diese nachzudenken. Es ist              Schüler*innen, die in diese Gruppe hineinfallen,
wichtig, miteinander zu reden, nicht             müssen sich in die Mitte des Kreises stellen und
übereinander. Diese Methode soll                 alle anderen zeigen auf sie. Um die Situation zu
Teenager dazu anregen, über ihre                 verschärfen, macht die Lehrkraft Kommentare wie
eigenen Vorurteile nachzudenken                  „zu klein“, „zu groß“, „zu arm“, „zu blaue Augen“,
und motiviert sie, Informationen zu              „einfach anders“, „nicht von hier“…
sammeln, anstatt mit dem Finger
auf andere zu zeigen, „weil das jeder            Diese Übung wird wiederholt, bis jede*r mindestens
macht“.                                          einmal im Kreis und einmal außerhalb stand. Die
                                                 Schüler*innen außerhalb können sich ggf. hinsetzen,
Auf einen Blick:                                 um den Kontrast noch größer zu machen. Die Lehr-
                                                 kraft fragt die Schüler*innen im Anschluss, wie sie
 Zeit 90 Minuten
                                                 sich im Kreis und außerhalb gefühlt haben und was
 Gruppengröße                                    den Unterschied gemacht hat. Die Schüler*innen
 10 – 40 Teilnehmer*innen                        sollen merken, dass die meisten Klassifizierungen
 Alter 14 – 16 Jahre                             willkürlich waren und dass sie durch eine Autoritäts-
                                                 person dazu gezwungen wurden, so zu handeln.
 Materialien Bunte Präsentations-
 karten, Stoppuhr und Kleber
 Rahmen Genug Platz im Raum, um                  Kommentar: Es hängt von der Klasse und von den
 sich in einem Kreis aufzustellen, In-           individuellen Schüler*innen ab, auf welche Merk-
 ternetzugang für alle Schüler*innen             male sie sensibel reagieren. Die Schüler*innen,
 Schlagwörter Vorurteile, Kultur,                welche bereits Probleme haben, sollten nicht
 Segregation und Exklusion                       alleine im Kreis stehen. Falls jemand sich weigert,
                                                 auf andere zu zeigen, kann diese Person ange-
                                                 wiesen werden, sich auch in den Kreis zu stellen.
Ziele:                                           Diese Erfahrung kann schockierend sein, auch für
Ein Gefühl dafür zu bekommen,                  Erwachsene, weshalb es wichtig ist, über alles zu
  was es heißt, ausgegrenzt zu                   reden und klar zu machen, dass es sich nur um
  werden oder als jemand Fremdes                 ein Experiment handelt.
  behandelt zu werden

Bewusstsein dafür zu entwickeln,
  welche Rolle Segregation und
  Vorurteile in unserer Gesellschaft
  spielen

Zu erkennen, dass man etwas
  bewegen kann, wenn man sein
  eigenes Verhalten ändert und sich
  Vorurteilen entgegenstellt

16
Methodensammlung

                                                        Varianten:
2. Die Verbindung zum echten Leben (20 min)             Falls mehr Zeit zur Verfügung steht,
                                                        kann der Rechercheteil auch in ange-
  Alle Schüler*innen sollen darüber nachdenken,         messenem Rahmen erfüllt werden,
  warum sie jemanden ausgeschlossen haben, warum        zum Beispiel durch Ausarbeiten eines
  sie auf jemanden mit dem Finger gezeigt haben         Aufsatzes über das gewählte Thema.
  oder warum sie auf negative Weise über jemanden       Die Themen für die Recherche können
  geredet haben und wie sie sich dabei gefühlt haben.   auch durch die Lehrkräfte vorbereitet
  Die Antworten werden auf Karten geschrieben und       werden, damit verlässliche Quellen
  von der Lehrkraft an der Tafel gesammelt. Es soll     herangezogen werden können.
  diskutiert werden, warum Menschen so etwas tun
  und wann so etwas in der Vergangenheit einer gan-
  zen Gruppe von Menschen passiert ist oder wo es       Reflexion:
  heutzutage immer noch passiert.                       ††Welche Unterschiede hast Du
                                                          zwischen den genutzten Quellen
                                                          bemerkt? Welchen Quellen ver-
  Kommentar: Die Präsentation der Karten stellen          traust Du und warum?
  eine Chance dar, anonym zu „gestehen“. Nie-
  mand muss seine Antwort erklären und über             ††Welche Fragen sind offen
  niemanden soll geurteilt werden.                        geblieben?

                                                        ††Sammelt Ideen, um Vorurteile
3. Vorurteile in der Gegenwart (35 min)                   im Leben von Schüler*innen zu
                                                          verhindern.
  Brainstorming an der Tafel sammeln: Welche
  Menschengruppe in Deiner Welt ist mit Vorurteilen     ††Diskutiert, warum „anders“ nicht
  konfrontiert? Warum? Gruppenbildung von 3 – 5           gleichbedeutend mit „schlecht“
  Schüler*innen, welche eines der genannten Themen        oder „falsch“ ist.
  auswählen. Die Schüler*innen recherchieren im
  Internet und sammeln Informationen für eine kleine
  Präsentation (Recherche 15 min, Präsentation 1 min
  pro Gruppe).

  Kommentar: 15 Minuten Recherchezeit sind
  sehr knapp, kann aber die Komplexität des
  Themas verdeutlichen. Nach Möglichkeit sollte
  für Schritt 3 mehr Zeit gegeben werden, siehe
  Varianten.

Autorin: Sophie Schuhmacher (LMU München)                                                    17
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern.

„Schwarzfahrer“ – Mutig sein gegen Rassismus

Kurz und knapp:                                Durchführung:
Durch die Erarbeitung der we-                  1. Arbeitsblatt M1 bitte als Klassensatz kopieren
sentlichen Inhalte des Kurzfilms                  und austeilen.
„Schwarzfahrer“ von Pepe Danquart
setzen sich die Schüler*innen mit                Die Schüler*innen bitten, die Bilder in Ruhe zu be-
Erscheinungsformen von Rassismus                 trachten. Sammlung erster Eindrücke. Anschließend
im Alltag auseinander und werden                 genauer die erkennbare Mimik und Körpersprache
auf dessen desintegrierende Wirkung              betrachten und versuchen, sich in die dargestellten
aufmerksam. Die Erschließung von                 Personen hineinzuversetzen und ihre möglichen
fast ausschließlich nonverbalen Reak-            Gedanken (Ich-Perspektive) in die „Wolken“ rund um
tionen des Umfeldes auf rassistische             die Bilder notieren. Sammlung der Ergebnisse und
Äußerungen im Film sensibilisiert                Überleitung zur Impulsfrage „Die Personen befinden
die Schüler*innen für die Bedeutung              sich gerade in …“.
körpersprachlicher Äußerungen und
ermöglicht ihnen die Einordnung von              Die Einstiegssequenz sollte ausreichend Raum für
Passivität als wesentlichem Nährbo-              eine Erstbegegnung mit dem Medium bieten, um
den für Rassismus. Im spielerischen              speziell über die aufmerksame Wahrnehmung der
Austesten alternativer Verhaltens-               in den Bildern dargestellten Personen den Schülern
weisen können die Schüler*innen                  einen identifizierenden Zugang zu ermöglichen. Nur
sich bzgl. des Themas „Rassismus“                über einen derartigen empathischen Bezug kann die
selbst positionieren und Anregungen              angestrebte Werteschulung erreicht werden.
für den Mut zu eigener Zivilcourage
erhalten sowie Ideen zu deren                  2. Abspielen des Videos
praktischer Umsetzung entwickeln.                 (s. Links unter M2) bis Minute 5:47.
Auf einen Blick:                                 Arbeitsauftrag, v.a. auf die Äußerungen der im
                                                 Filmausschnitt auftauchenden älteren Frau und die
 Zeit 90 Minuten
                                                 Reaktionen der anderen Personen zu achten. Im
 Gruppengröße                                    Anschluss erste spontane Eindrucks- / Meinungsäu-
 15 – 25 Teilnehmer*innen                        ßerungen der Schüler*innen. Bearbeiten der Fragen
 Alter 16 – 18 Jahre                             1 – 5 auf dem nun ausgeteilten Arbeitsblatt (M3) in
                                                 Partnerarbeit. Dann Sammlung und Kontrolle der
 Materialien Klassensatz Arbeits-
                                                 Ergebnisse. In Überleitung zum zweiten Teil des
 blätter (M1 – M3) in Kopie, Inter-
                                                 Films die Schüler*innen Vermutungen über den
 netzugang, Beamer, PC
                                                 weiteren Verlauf äußern lassen.
 Rahmen Ausreichend Platz für sze-
 nisches Spiel, Ausweichmöglichkei-
 ten als Übungsraum für szenisches
 Spiel
 Schlagwörter Rassismus,
 Zivilcourage

Ziele:
Sensibilisierung für Erscheinungs-
  formen von Rassismus

Auseinandersetzung mit
  desintegrativer Wirkung
  von Rassismus

Förderung von Zivilcourage

18
Methodensammlung

                                                                 Auswertung / Reflexion:
3. Abspielen des Videos                                          ††Was sind Kennzeichen
   (s. Links unter M2) ab Minute 5:47.                             rassistischen Verhaltens?

   Arbeitsauftrag v.a. den jungen Mann genau zu                  ††Welche Auswirkungen hat
   beobachten und weiterhin auch die Reaktionen und                Rassismus auf Betroffene
   Verhaltensweisen der anderen Fahrgäste im Blick zu              und die ganze Gesellschaft?
   behalten. Raum geben für spontane Äußerungen im
   Anschluss. Bearbeiten der Fragen 6 – 8 des Arbeits-           ††Warum sollte man sich gegen
   blatts (M3). Sammlung und Kontrolle der Ergebnisse.             Rassismus engagieren?
   Überleitung zum anschließenden Arbeitsschritt der
   Gruppenarbeit. Einteilung der Gruppen (Anzahl ab-             ††Welche Möglichkeiten gibt es,
   hängig von Teilnehmer*innenzahl; ca. 5 – 6 Personen             Zivilcourage zu zeigen?
   pro Gruppe) und Erläuterung des szenischen Spiels.
                                                                 Tipps:
   10 – 15 Minuten Übungszeit für die sich nun räum-             Der Kurzfilm befremdet zunächst
   lich trennenden Gruppen. Präsentation der Ergeb-              etwas durch die Darstellung einer
   nisse über Vorspielen vor der Klasse. Dabei Auftrag           deutlich etliche Jahre zurückliegenden
   an die jeweils zuschauenden Schüler*innen, auf die            Lebensrealität. Allerdings rückt durch
   jeweils gezeigten alternativen Verhaltensweisen der           das schwarz-weiß Format mit dem
   anderen Fahrgäste zu achten. Sammlung der Ergeb-              Wechsel ins Innere des Waggons das
   nisse unter 10. auf dem Arbeitsblatt (M3).                    zwischenmenschliche Agieren der
                                                                 Personen stärker in den Blick, das
4. Die Schüler*innen fassen wesentliche                          durchaus auch in der heutigen Lebens-
   Aspekte der Einheit zusammen.                                 realität angesiedelt sein kann.

   Eingeleitet durch die Fragen „Ich kann mich anders            Die Schüler*innen sollten vor Abspie-
   verhalten, aber sollte ich das denn auch?“ „Wa-               len des Films auf diesen Umstand
   rum?“ äußern Schüler*innen Gründe für einen                   aufmerksam gemacht werden mit
   Einsatz gegen Rassismus, die unter 13. auf dem                der Bitte, sich durch die eingangs
   Arbeitsblatt (M3) gesichert werden.                           gezeigten Szenen bzw. deren ggf.
                                                                 etwas ungewohnte Optik nicht unnötig
                                                                 ablenken zu lassen.

Autorin: Daniela Matheis (Staatliches Berufliches Schulzentrum
Neusäß)

Literatur: Danquart, Pepe (1992). Schwarzfahrer. [Kurzfilm].
Verfügbar auf https://www.youtube.com/watch?v=il2wnw5CgLI
(30.08.18).

Albrecht, Christine & Hörwick, Meinrad (2006). [Materialien
zur Distriktkonferenz Berufsbildende Schulen im Herbst 2006].
Bayern: Bistum Augsburg.                                                                            19
MATERIAL/ARBEITSBLATT        Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern. Methodensammlung.

„Schwarzfahrer“ – Mutig sein gegen Rassismus                                         M1

Arbeitsaufträge:

† Was fällt Dir an diesen
  Personen auf? Beschreibe
  Deine Eindrücke!

† Woran könnten sie Deiner
  Meinung nach gerade
  denken?
  Ergänze ihre Gedanken
  in die Gedankenblasen!

† Wo könnten sie sich
  befinden? Mache einen/
  mehrere Vorschläge!

20
Gemeinsam
MATERIAL/ARBEITSBLATT
          für Demokratie. Israel und Bayern. Methodensammlung.

„Schwarzfahrer“ – Mutig sein gegen Rassismus                M2

             LINK Kurzfilm „Schwarzfahrer“ auf Youtube

             https://www.youtube.com/watch?v=il2wnw5CgLI

             (deutsche Version)

             LINK Kurzfilm „Schwarzfahrer“ auf Youtube

             https://www.youtube.com/watch?v=XFQXcv1k9OM

             (deutsche Version mit englischen Untertiteln)
             (etwas kürzer durch fehlenden Vorspann)

Grafik s. http://clipartstation.com/video-clipart-3-2         21
MATERIAL/ARBEITSBLATT                      Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern. Methodensammlung.

„Schwarzfahrer“ – Mutig sein gegen Rassismus                                                              M3

1. Welche „Argumente“ bringt die ältere Frau im Verlauf der Fahrt vor? Nenne drei!

                                               2. Welche Zeit beschwört die ältere Frau, wenn sie sagt:
                                               „Das wäre früher nicht passiert, dass alle rein dürfen zu uns!“

                                               3. Wie nennt man die Haltung/Einstellung der älteren Frau?

4. Erkläre die Einstellung aus Frage 3 mit eigenen Worten!

5. Wie würdest Du die Atmosphäre in diesem Straßenbahnwaggon beschreiben?

6. Was fällt Dir am Verhalten der anderen Fahrgäste auf? Notiere Deine Eindrücke!

7. Warum verhalten sie sich so? Nenne zwei Gründe für das Verhalten!

22
Gemeinsam
MATERIAL/ARBEITSBLATT
          für Demokratie. Israel und Bayern. Methodensammlung.

8. Wie fühlt sich der junge Mann angesichts des Verhaltens der anderen Fahrgäste?

9. Welche Lösung findet der junge Mann?

10. Welche Erfahrung macht die ältere Frau infolge dieses Vorgehens des jungen Mannes?

11. Gruppenarbeit:

                                 Verteilt die Rollen einzelner Fahrgäste auf die Gruppenmitglieder!

                                 Spielt die Fahrt kurz nach!

                                 Lasst die Mitfahrer*innen anders agieren als im Film!

12. Welche Vorschläge für ein anderes Verhalten wurden in den einzelnen gespielten Szenen deutlich?

13. Mut zeigen ist wichtig, weil …

Grafik s. http://clipartstation.com/
wp-content/uploads/2017/11/
rollenspiel-clipart-7.jpg                                                                             23
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern.

Was versteckt sich in einem Wort?

Kurz und knapp:                 Durchführung:
Die Schüler*innen sollen        1. Die Lehrkraft verteilt das Arbeits-          4. Die Schüler*innen suchen (ggf.
erkennen, dass jede Sprache        blatt „Heimliche Botschaften“. Die              als Hausaufgabe) „Heimliche Bot-
unterschwellig Nebenbe-            Schüler*innen werden gebeten, die               schaften“ heraus, die in Zeitungen,
deutungen transportiert.           Bilder und Klischees zu bestimmen,              Zeitschriften, Anzeigen, Büchern,
Sie sollen die Fähigkeit ent-      die bei diesen Wörtern assoziiert               Fernseh- und Radioprogrammen
wickeln, Einseitigkeiten zu        werden. Sie sollen anschließend                 oder in Unterhaltungen mit ihren
überdenken und zu überar-          möglichst viele der Wörter oder                 Freunden oder in der Familie ver-
beiten, indem sie allgemein        Redewendungen ändern.                           wendet werden.
gebräuchliche Wörter und
Redewendungen mit weite-        2. Nach Beendigung der Übung                    5. Nachdem die Schüler*innen nach
ren Bedeutungen sammeln            werden die Schüler*innen in kleine              einiger Zeit die Ergebnisse in Klein-
und umformulieren.                 Gruppen eingeteilt. Die Antworten               gruppen oder in der Klasse mittei-
                                   werden besprochen und fünf                      len, werden Voreingenommenheit
Auf einen Blick:                   weitere Beispiele für „Heimliche                und Klischees besprochen, die in
                                   Botschaften“ – Worte oder Rede-                 dem Material vorkommen.
 Zeit zweimal 45 Minuten,
                                   wendungen, die die Schüler*innen
 ggf. länger
                                   gehört oder benutzt haben –                  6. Die Schüler*innen formulieren
 Gruppengröße                      werden gesucht.                                 einen Artikel des Gruppenmaterials
 20 – 30 Teilnehmer*innen                                                          sowie einige Redewendungen, die
 Alter 10 – 14 Jahre            3. Die Gruppe bespricht die Antwor-                sie mitgebracht haben, neu, sodass
                                   ten mit der Klasse. Folgende Fragen             „Heimliche Botschaften“ oder Bilder
 Materialien Beigefügtes
                                   sind hilfreich für die Diskussion:              darin nicht mehr vorkommen.
 Arbeitsblatt „Heimliche
 Botschaften“; Zeitungen,
                                   • Wie gebräuchlich sind diese                7. Einige Schüler*innen werden
 Zeitschriften, Bücher
                                     Wörter oder Redewendungen                     gebeten, ihre umformulierten
 Rahmen Keine Besonder-              in den Medien?                                Artikel vorzulesen.
 heiten
 Schlagwörter Rassismus,           • Warum, glaubst Du, wurden diese            8. Nachdem die Schüler*innen ihre
 Sexismus, sensibler                 Ausdrücke ursprünglich geprägt?               Texte vorgetragen haben, folgt
 Umgang mit Sprache                                                                die Auswertung.
                                   • Welche Bilder lassen diese
                                     Ausdrücke erkennen?                        Auswertung / Reflexion:
Ziele:                                                                          ††Inwieweit wurde durch das Um-
Die wahre Bedeutung              • Ist es überhaupt vertretbar,                 formulieren des ursprünglichen
  rassistischer und sexisti-         „Heimliche Botschaften“ zu                   Ausdrucks / Textes die Grundbedeu-
  scher Wörter und Rede-             senden?                                      tung oder Absicht verändert?
  wendungen aufdecken
                                   • Welche Mythen werden durch                 ††Haben sich Einstellungen nach der
Den Gebrauch dieser Wör-           diese „Heimlichen Botschaften“               Überarbeitung geändert, wenn ja,
  ter und Redewendungen              gefestigt?                                   inwiefern?
  in den Medien analysieren
                                   • Was bedeutet es, wenn diese                ††Wie kann die Wahl von Wörtern
Verstehen, wie man von             Ausdrücke von anerkannten                    oder Redewendungen die Art
  Sprache beeinflusst wird           Autoritäten benutzt werden?                  und Weise beeinflussen, wie die
                                                                                  Öffentlichkeit Personen, Orte oder
                                                                                  Ereignisse betrachtet?

                                Quelle: Mattenson, Pearl T. (1994). A World of Difference Institute: Elementary Study Guide.
24                              New York: Anti-Defamation League.
Gemeinsam
MATERIAL/ARBEITSBLATT
          für Demokratie. Israel und Bayern. Methodensammlung.

Was versteckt sich in einem Wort?

Heimliche Botschaften

††Suche mit Deiner Gruppe aus der Sammlung einige Begriffe heraus.

††Wie lauten die „Heimlichen Botschaften“?

††Versuche, einen neutralen Begriff zu finden.
  Suche Begriffe, die keine „Heimliche Botschaft“ enthalten.

Heimliche Botschaft          Neutrale Bezeichnung        Heimliche Botschaft      Neutrale Bezeichnung
Unser bester Mann                                        Ossi/ Wessi

Softie                                                   Bürohengst

Herumzigeunern                                           Eingeborene

Bananenrepublik                                          Der schwarze Kontinent

Das schwache Geschlecht                                  Krüppel

Frauenarbeit                                             Unterentwickelt

Alte Oma                                                 Ghetto

Asylanten                                                Tiefstes Afrika

                                                                                                         25
Gemeinsam für Demokratie. Israel und Bayern.

Planspiel: Die Schülerzeitung

Kurz und knapp:                  Durchführung:
Es handelt sich um ein ein-      1. Anfangs werden die Methode,                   wird abgestimmt, das Ergebnis
fach strukturiertes Planspiel,      das Szenario und der Ablauf der               bekannt gegeben und die Sitzung
das speziell für das Schul-         Simulation grundsätzlich erklärt. Die         geschlossen. Für diesen Teil sollten
umfeld entwickelt wurde.            Aufgaben und das Ziel sollen den              etwa 90 Minuten eingeplant wer-
Das Szenario beschreibt             Schüler*innen vermittelt werden. Je           den.
einen Streit um die exklusive       nach Vorwissen und Reflexionsgrad
Gestaltung einiger Seiten           der Gruppe folgt eine mehr oder            Auswertung / Reflexion:
in der Schülerzeitung in            weniger ausführliche Einführung            Anschließend folgt die gemeinsame
fremder Sprache. Simuliert          in die Regeln der Versammlung.             Auswertung der Versammlung. Die
wird eine Redaktionssitzung,        Die Schüler*innen werden auch              Auswertung ist integraler Bestandteil
auf der das Problem gelöst          angewiesen, sich fiktive Namen zu          des Planspiels, ihr sollte ausreichend
werden soll.                        geben.                                     Zeit gewidmet werden. Sie hat die
                                                                               Funktion, die Spielenden aus der Rolle
Auf einen Blick:                 2. Die Schüler*innen haben 20 Mi-             zu führen, das Erlebte zu reflektieren
                                    nuten Zeit, sich in ihre Rolle             und die dort gewonnenen Erkennt-
 Zeit 3 Stunden
                                    einzulesen, sich eine Strategie und        nisse zu verstetigen.
 Gruppengröße                       einen Namen zu überlegen. Die
 18 Teilnehmer*innen                Kommunikation erfolgt nun schon            Varianten / Anmerkungen:
 Alter 15 – 18 Jahre                in den Rollen, welche jedoch nicht         Bei der Einführung ist es wichtig zu
                                    den Mitspielern*innen gezeigt              betonen, dass es Rollen sind, die die
 Materialien pro Person
                                    werden dürfen. Es wird ein*e „Chef-        Schüler*innen übernehmen, und dass
 Je ein Szenario / individuel-
                                    redakteur*in“ gewählt, der/die die         es beim Planspiel kein „richtig“ oder
 les Rollenprofil / Namens-
                                    Sitzung leitet. Die Schüler*innen          „falsch“ gibt. Die Rollen stellen keine
 schild
                                    haben die Möglichkeit ihn/sie              abgeschlossene Position dar, sondern
 Rahmen Großer Raum                 abzuwählen, wenn die Mehrheit              dienen lediglich als Anhaltspunkt. Es
 für die Sitzung, eventuell         sich nicht fair behandelt fühlt. Die       ist sehr wichtig, dass sich die Lehrkraft
 kleinere Räume für die             Lehrkraft sollte die Schüler*innen         während des Spiels zurückhält und nur
 Arbeitsgruppen                     bitten, sich bei Beiträgen zunächst        falls nötig eingreift (falls die Integrität
 Schlagwörter Mehrheit,             vorzustellen, damit die anderen die        der Schüler*innen angegriffen wird).
 Minderheit, sprachliche            Charaktere kennen lernen.                  Zum Beispiel kann die Lehrkraft die
 und kulturelle Vielfalt                                                       Rolle der Schulleitung übernehmen.
                                 3. Die Teilnehmenden versammeln
                                    sich im Sitzungssaal und die
Ziele:                              Lehrkraft eröffnet die Sitzung.               Rollenverteilung:
Auf spielerische Weise mit        Anschließend werden die Positio-              Die Rollen werden nach dem
  wesentlichen Positionen           nen dargelegt und die Diskussion              Zufallsprinzip zugelost – je nach
  der Integrationsdebatte,          darüber eröffnet. Die Schüler*innen           Schülerzahl ggf. mehrfach und
  deren Begründungen und            loten die anderen Positionen aus              möglichst gleich gewichtet. Sie
  Grenzen vertraut werden           und suchen Übereinstimmungs-                  dienen zur Orientierung als Ver-
                                    punkte für eventuelle Kompromisse             handlungsgrundlage und sollen
Selbstständig die Argu-           und bilaterale Verhandlungen zur              im Laufe des Planspiels von den
  mente und Positionen              Mehrheitsfindung. Anschließend                Schüler*innen weiterentwickelt
  vertiefen                         wird die Sitzung unterbrochen und             und ausgestaltet werden.
                                    die Schüler*innen treffen sich in
Politische Basiskompe-            Arbeitsgruppen, um Anträge zu
  tenzen üben, wie zum              formulieren und auszuhandeln. In
  Beispiel die Fähigkeit,           einer zweiten Sitzung werden diese
  Standpunkte zu formulie-          vorgestellt und diskutiert. Anschlie-
  ren und zu vertreten              ßend können Änderungsanträge
                                    eingebracht werden. Schließlich

                                 Quelle: Ulrich, Susanne & Wenzel, Florian (2006). Praxishandbuch. Sprache macht
                                 Demokratie. Schwalbach am Taunus: Wochenschau Verlag; hier etwas bearbeitet
26                               und gekürzt wiedergegeben.
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