LEITFADENGESTÜTZTES INTERVIEW EINE ANLEITUNG FÜR SCHÜLER/INNEN
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LEITFADENGESTÜTZTES INTERVIEW EINE ANLEITUNG FÜR SCHÜLER/INNEN Dezember 2010 Mag.a Manuela Gamsjäger, Dr. Roman Langer (zuletzt aktualisiert durch Manuela Gamsjäger, September 2013) Basierend auf dem Skriptum von Dr. Roman Langer „AG Qualitative Sozialforschung: Gesellschaftliche Einflüsse auf Erziehung und Unterricht“ und Materialien aus dem Projekt „Schüler/innen entwickeln Schule“ 1 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
Inhalt 1. Einleitung – Was ist ein Interview? ____________________________________________ 3 2. Erstellung eines Leitfadens für ein Interview (entnommen aus Langer, 2010) ________ 4 a. Themenaspekte festlegen ___________________________________________________ 4 b. Formulierung der Fragen: Allgemeine Regeln ___________________________________ 5 c. Fragen, die nicht gestellt werden sollten _______________________________________ 6 d. Aufbau und Gestaltung eines Leitfadens________________________________________ 7 3. Vorlage: Anschreiben/Ansuchen um Forschungsteilnahme (Langer, 2010) __________ 9 4. Beispiel für einen Leitfaden (Langer, 2010) ____________________________________ 10 5. Beispiel für einen Leitfaden – erstellt von Schülervertretungen zwischen 11 und 19 Jahren und Wissenschaftler/innen im Projekt „Schüler/innen entwickeln Schule“ ________ 11 6. Interviewsituation und -haltung _____________________________________________ 13 a. Kontaktaufnahme _________________________________________________________ 13 b. Interview-Setting (Langer, 2010) ____________________________________________ 13 c. Gesprächsführung (Langer, 2010) ___________________________________________ 14 d. Vor und nach dem Interview ________________________________________________ 15 7. Vorlage: Beiblatt für Interview bzw. Anmerkungen (Langer, 2010) ________________ 16 8. Aufbereitung der Daten – Transkription ______________________________________ 18 9. Analyse der Daten _________________________________________________________ 18 10. Beispiel: Auszug aus Kategoriensystem am Beispiel einer zentralen Schlüsselkategorie (vgl. Altrichter et al. 2012) ______________________________________________________ 23 11. Einstiegsübungen zur qualitativen Analyse __________________________________ 25 12. Übung: Beispielhafte Analyse EINER Frage eines Leitfadens ____________________ 28 13. Noch einmal das Wichtigste kurz zusammengefasst (Langer, 2010) _____________ 31 14. Lösung: Einstiegsübungen zur qualitativen Analyse ___________________________ 33 15. Lösung: Beispielhafte Analyse EINER Frage eines Leitfadens ___________________ 35 16. Literatur ______________________________________________________________ 41 2 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
1. Einleitung – Was ist ein Interview? In der Wissenschaft unterscheidet man prinzipiell zwischen mündlicher und schriftlicher Befragung: Interview = mündliche Befragung: Kennzeichnend ist die offene Gestaltung der Interviewsituation. Das heißt die interviewte Person spricht über ihre Erfahrungen und ihre Sichtweise zu einem bestimmten Thema. Im Gegensatz zu einem Fragebogen, in dem sowohl die Fragestellungen als auch die Antwortkategorien vorgegeben sind, können bei einem Interview die Antworten frei gegeben werden. Dies ist möglich, weil ausschließlich offene Fragen gestellt werden. Beispiele für offene Fragen: • Kannst du mir bitte Deinen schulischen Werdegang schildern? Welche Schulausbildung hast du? • Wie ist es dazu gekommen, dass du Schwimmer/in wurdest? • Was macht für Dich eine gute Unterrichtsstunde aus? Interviews solltest du einsetzen, wenn du wissen möchtest, was Menschen über ein bestimmtes Thema denken (welche Alltagstheorien, Konzepte, Deutungsmuster lassen sich finden). Oder wenn du etwas über verschiedene Lebensentwürfe, Orientierungen, Normen, etc. herausfinden willst. Interviews sind auch geeignet, kulturelle Muster oder Stile zu untersuchen – allerdings eigenen sich hier Gruppeninterviews besser, da sie kollektive Meinungen erzeugen. Ein weiterer Bereich wäre die Untersuchung von Prozessen, Abläufen, etc. Dies wird auch als Experteninterview bezeichnet, d.h. du befragst Experten über ihr Themengebiet. Darüber hinaus gibt es natürlich noch viele weitere mögliche Einsatzbereiche für Interviews, bspw. Motive/Motivationen, narrative Bewältigung der eigenen Biographie (z.B. Erzählungen von Lebensgeschichten) usw. Um möglichst viel zu erfahren, solltest du dir vorab genau überlegen, wen du interviewst. Am besten bewährt hat sich eine möglichst kontrastierende Stichprobe, d.h. möglichst unterschiedliche Personen. Z.B. könntest du Vertreter/innen verschiedener Parteien zu einem Thema, Schüler/innen aus verschiedenen Schultypen über die Bildungsstandards oder Frauen aus unterschiedlichen Generationen über ihre Vorstellungen von Erziehung interviewen. Zielvorgaben bezüglich der Größe der Stichprobe existieren nicht. Wichtiger als der Umfang sind die Zusammensetzung der Stichprobe und die Qualität der Interviews. In der Regel haben sich für Forschungsprojekte 12 bis 15 Interviews als ausreichend herausgestellt – ab dann führen weitere Interviews kaum mehr zu neuen Erkenntnissen. Aber auch mit weniger Interviews lässt sich bereits einiges herausfinden! Suche daher möglichst unterschiedliche Personen (Variation) und bereite dich gut auf das Interview vor! Unabhängig vom Thema sind für die Durchführung eines Interviews aber immer folgende Schritte nötig: 1. Einen Leitfaden erstellen: Du forscht zu einem bestimmten Thema und möchtest dazu Personen befragen. Der Leitfaden besteht aus einer Einleitung, den Fragen, die du zum Thema stellen willst und einem Beiblatt, in dem du wichtiges (Ort, Zeit, Personen, Raum, etc.) festhalten kannst. 2. Interviewpartner/in suchen: Je nach Thema und Forschungsinteresse nimmst du Kontakt zu möglichen Interviewpartner/innen auf. 3 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
3. Interview vorbereiten: Wo wird das Interview stattfinden? Kenne ich mich mit dem Aufnahmegerät aus? Ist mir der Leitfaden vertraut? Was muss ich während des Gespräches beachten? Es ist sehr wichtig, sich gut auf das Interview vorzubereiten! 4. Durchführung: Teste noch einmal das Aufnahmegerät, lies vorab noch einmal die Fragen durch, dann kannst du entspannt in das Interview gehen! 5. Interview nachbereiten: Fülle das Beiblatt aus. Alle diese Schritte werden nachfolgend genauer erläutert und beschrieben. Je nachdem, in welcher Phase du dich gerade befindest, kannst du die entsprechenden Hinweise zu Hilfe nehmen! 2. Erstellung eines Leitfadens für ein Interview (entnommen aus Langer, 2010) Für ein offenes Interview, also eine Art persönliches Gespräch, bereitet man einen Leitfaden vor. Dieser ‚leitet’ dich wie ‚ein roter Faden’ durch das Interview und gibt dir Hilfestellung zum Thema. Er enthält einige ausformulierte Fragen (Aspekte zum Thema, siehe unten), die nach Möglichkeit sinngemäß oder ggf. wörtlich gefragt werden. Dadurch werden bei allen Interviews dieselben Thematiken angeschnitten. Daneben kann der Leitfaden zusätzliche Stichworte bzw. Punkte zum Nachfragen enthalten. Die Funktion dieser Stichworte besteht darin, den/die Interviewer/in auf zusätzliche relevante Aspekte hinzuweisen, die er/sie gegebenenfalls zum richtigen Zeitpunkt in das Interview einbringen kann. Das Interview sollte möglichst ähnlich wie ein Alltagsgespräch ablaufen (Interviewsituation und -haltung siehe unten). Dann kann die/der Befragte frei antworten und ihre/seine Erfahrungen bzw. subjektive Sichtweise einbringen. a. Themenaspekte festlegen Beinahe jedes Thema hat bestimmte Aspekte. Nachfolgend werden Hauptaspekte beschrieben, die jedes Thema betreffen können. Sie sollen dir mit Hilfe der Beispiele helfen, deinen schematisierten Leitfaden zu erstellen: Dennoch ist es sinnvoll, sich für jedes Thema eigene Aspekte zu überlegen und sich nicht nur auf die genannten zu beschränken! D.h. du solltest dich an deinem Thema (!) und nicht an den Beispielen orientieren! • Beschreibung und Typisierung: Um herauszufinden, wie die Situation zu Deinem Thema derzeit ist, kannst du diese durch die Befragten beschreiben lassen. „Was ist das Typische, Charakteristische an Schulkonferenzen? Beschreibe mir bitte einmal den Ablauf so einer typischen Schulkonferenz aus Deiner Sicht, mit Anfang, Verlauf und Ende.“ „Nun laufen ja nicht alle Schulkonferenzen genau gleich ab. Welche verschiedenen Arten von Schulkonferenzen gibt es?“ • Bewertung: Willst du etwas über die Meinung der Befragten zu Deinem Thema erfahren, kann es helfen, sie nach positiven und negativen Aspekten des Themas zu fragen. 4 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
„Was ist das Positive an den Konferenzen, das Gute daran?“ „Und was ist eher negativ daran, wie sie zurzeit laufen?“ • Zeit/ Prozess: Durch einen Vergleich von „früher – heute“ oder „heute – morgen“ erfährst du etwas darüber, wie sich dein Thema über die Zeit hinweg verändert hat bzw. verändern könnte. „Wie liefen die Schulkonferenzen denn früher ab, als Du an die Schule kamst / als Du hier zum ersten Mal Konferenzen erlebt hast? Was war damals anders als heute, und was ist gleich geblieben?“ „Wenn alles so weitergeht wie jetzt mit den Konferenzen, was hat das für die Zukunft für Folgen?“ • Alternativen und Chancen: Durch die Frage nach Alternativen und Chancen können ebenfalls Aspekte für Veränderungs- möglichkeiten zu deinem Thema benannt werden. „Was könnte man Deiner Meinung nach tun, um die Konferenzen besser, effektiver, vielleicht auch spannender zu gestalten?“ „Was könnte die Schulleitung tun, die Kollegen, die Schüler … jeder einzelne von Ihnen?“ • Positive und negative Visionen: Durch die Fragen nach einer positiven oder negativen Vision kannst du Unterschiede zur Ist- Situation deines Themas erfragen. Diese Fragen eignen sich besonders als Schlussfragen. „Ich bitte Dich zum Schluss, einmal ein wenig Deine Fantasie spielen zu lassen. Stell Dir einmal die ideale Konferenz vor. Wie läuft die ab? Kannst Du mir das einmal schildern, mit Anfang, Verlauf und Ende dieser Konferenz?“ „Wenn es nach Dir ginge, Du allein könntest den Ablauf einer Schulkonferenz bestimmen. Was würdest Du tun?“ • Begründungsfragen (Warum-Fragen): Diese solltest du eher nicht stellen. Sind sie für dein Thema unvermeidlich, solltest du sie in einer Form stellen, die einer Aufforderung zur Beschreibung so nahe wie möglich kommt. Die Form qualitativer Fragen nach Gründen ist daher: „Was/ welche Gründe sprechen für x? Was/ welche Gründe sprechen dagegen? „Es gibt ja gute Gründe, sich an den Schulkonferenzen durch eigene Diskussionsbeiträge zu beteiligen. Was spricht aus Deiner Sicht – oder aus der Sicht anderer Personen, von denen Du vielleicht solche Gründe gehört hast – dafür, sich zu beteiligen?“ „Und welche Gründe sprechen dagegen?“ b. Formulierung der Fragen: Allgemeine Regeln Mit Hilfe der oben genannten Aspekte eines Themas konntest du dein Thema bereits ein- und abgrenzen bzw. Fragen sammeln. Aber nicht nur für das wonach gefragt wird, sondern auch dafür, wie die Fragen gestellt bzw. welche Fragen nicht gestellt werden, gibt es einige Regeln: • Wiederholung: Nenne während des Gespräches immer wieder das Thema des Interviews. Das Thema soll in einer einfachen, eher positiv klingenden, für die Befragten gut verständlichen Weise formuliert sein. Am besten nur in einem oder zwei Worten, damit es zwanglos in die einzelnen Fragen einbaubar ist. 5 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
• Länge: Finde 5-7 wesentliche Aspekte deines Themas. Solltest du mehr als sieben Aspekte gefunden haben, versuche Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und sie so lange neu zu gruppieren, bis du höchstens sieben Aspekte hast. Stelle zu jedem Aspekt eine bis zwei Fragen (siehe Beispiele oben!) Hilfreich kann es sein, gegensätzliche Fragen auszuwählen: Beispielsweise: Was ist positiv/negativ? Wie war es früher/heute? • Vereinfachung: Stelle wenige Fragen – nicht weniger als 12 und nicht mehr als 15 Fragen! Beschränke dich auf wichtige, inhaltlich sehr unterschiedliche Fragen zu wirklich sehr verschiedenen Seiten des Themas/ Gegenstandes. Die Fragen dürfen nicht zu spezifisch sein. • Verschriftlichung: Sprich dir die Fragen vorab vor und halte sie schriftlich fest, um in schwierigen Interviewsituationen auch ablesen zu können. Unterscheiden sich die Fragen sehr stark voneinander, kannst du schriftliche Überleitungen formulieren. Lerne die Fragen auswendig! Dann kannst du im Interview freier sprechen und dich auf das Zuhören konzentrieren. • Formulierung: Überprüfe ob deine Fragen offen formuliert sind! Die offene Frage ist dadurch gekennzeichnet, dass sie keinen Hinweis auf die Art der Beantwortung gibt oder gar Antwortvorgaben vorlegt. Sie ermöglicht Antworten in eigener Formulierung der Befragten. • Einfache Sprache: Stelle deine Fragen in einer einfachen, klaren Sprache. Formuliere die Fragen, kurz, konkret, aktiv und präzise. Verwende die Alltagssprache. • Alltagsnah: Beziehe deine Fragen so gut wie möglich auf konkrete Situationen, die die Befragten gut kennen. Dann haben sie auch etwas zu sagen! Aber: Frage auch nach den Meinungen anderer Personen / der Allgemeinheit: („Wie denkt man im Allgemeinen über x – und was meinst Du?“) • Individuell: Passe deine Leitfadenformulierungen an deine Interviewpartner/innen zu, wo es nötig ist. Eine Schülerin wirst du bspw. nicht nach ihrem Berufsleben, sondern nach ihrer Schullaufbahn fragen. c. Fragen, die nicht gestellt werden sollten • Alle Fragen, die nach Prüfung, Test, Kreuzverhör, Abfrage oder Anklage „schmecken“ („Warum hast du nicht am Projekt teilgenommen?“ „Hast du überhaupt mitgekriegt dass das Projekt lief?“); • Direkte Warum-Fragen; • Geschlossene bzw. Aufzählungsfragen, auf die man mit ja oder nein oder einem Wort antworten kann. („Wie sinnvoll ist deiner Meinung nach Projektunterricht?“ – „Sollten wir mehr oder eher weniger Konferenzen haben?“); • Suggestivfragen („Du bist doch auch der Meinung, dass es zuviel Konferenzen gibt?!“); • Starke Wertungen („Schildere mal die Vielredner in den Konferenzen!“); • Negative oder zu positive Bewertungen („Die neue Initiative der Bundesregierung ‘Chance 2000’ möchte mehr Arbeitsplätze für Jugendliche schaffen. Wie stehst du zu dieser Initiative?“); • Fragen, die zu sehr aufs Persönliche zielen („Wie fühlst du dich, wenn ...?“); 6 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
• Ritualisierte Alltagsfragen („Wie zufrieden bist du mit ...“, „Wie findest du ...“, „Was hältst du von ...“, „Wie geht es dir mit …“. d. Aufbau und Gestaltung eines Leitfadens Damit du mit deinem Leitfaden ein gutes Interview führen kannst, gilt es ein paar Punkte in Hinblick auf Aufbau und Gestaltung zu beachten: Aufbau eines Leitfadens • Einleitung: Diese sollte die Vorstellung der Person und des Forschungsprojekts, die Art der Untersuchung, Zusicherung der absoluten Anonymität (Vertraulichkeit) und Konsequenzlosigkeit der Angaben und Auskunft darüber, wie mit den Daten verfahren wird, beinhalten. Siehe dazu im Anhang die Vorlage „Anschreiben“, daran kannst du dich für die Einleitung orientieren. Die Einleitung benennt deutlich das Thema, um das es geht. Sie führt zu der ersten Frage hin, und lädt die Befragten zum Erzählen ein („… deshalb sind wir interessiert an Deiner Meinung. Möchtest Du sie mir bitte einmal schildern …“). (Ein bisschen Bauchpinseln ist kein Verbrechen☺) • Erste Frage: Beginne mit einer einfachen, zum Beschreiben und Erzählen einladenden Frage: Diese führt die interviewte Person zum Thema hin. Sie/er kann sich ein wenig „warmreden“ (= erzählgenerative Frage). Erzählgenerative Fragen = leicht zu beantwortende Fragen: Sie laden dazu ein, verschiedene problemlos darstellbare Ereignisse zu schildern. Erzählgenerative Fragen können die Qualität der entstehenden Daten sehr positiv und, wenn sie misslungen sind, sehr negativ beeinflussen. Beispiele für erzählgenerative Fragen findest du im obigen Abschnitt unter „Beschreibung/ Typisierung“. • Von einfachen/leichten zu komplexen Fragen: Beginne mit Beschreibungen und Bewertungen unproblematischer Sachverhalte, die der/die Befragte kennt. Stelle komplexe Fragen gegen Ende des Interviews: Fantasiefragen, Fragen nach Gründen, Fragen nach moralisch oder sonst wie heiklen Aspekten, Fragen nach Möglichkeiten und Alternativen. • Bewertungen bieten sich ebenfalls als einfache Fragen an. Jeder/m fällt es relativ leicht, eine wertende Meinung zu einem Thema zu sagen. Fragen nach der Entwicklung des Themas von früher über heute bis zur Zukunft sind schon etwas komplexer, aber noch relativ einfach zu beantworten. Der/die Befragte macht sich weiter vertraut mit dem Thema. • Abschlussfrage: Jedes Interview sollte mit einer Abschlussfrage beendet werden. Dadurch weiß die/der Befragte, dass das Interview damit beendet ist. „Meine letzte Frage lautet: Was möchtest Du noch zum Thema Schulkonferenzen sagen, was wir bisher noch nicht angesprochen haben?“ • Demographische Daten: Wenn diese nötig sind, frage diese am Schluss der Befragung ab („Nun habe ich nur noch ein paar Fragen zur Statistik“). Gestaltung eines Leitfadens • Gestalte den Fragebogen bzw. den Leitfaden ansprechend. Er repräsentiert die Professionalität und Seriosität der Forschungspersonen und ihrer Institution. • Fertige ein Deckblatt mit den wichtigsten Auskünften an: Universität, Schule, Forschungsprojekt, Thema der Befragung, Interviewer/in, Interview-Nr. (dies ist wichtig: Vergiss nicht die Interview-Nummer!) 7 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
• Fertige ein Beiblatt an für Rahmenbedingungen: Kurze Schilderung von Person(en) und Situation; Kommentare und Vermutungen des/der Interviewer/in; Bemerkenswertes; was vor und vor allem nach dem Ausschalten des Tonbandgeräts noch gesagt wird. Siehe hierzu die Vorlage unten. • Probiere deinen Leitfaden in einer simulierten Interviewsituation aus, bevor du ihn verwendest! Ja, bitte probiere Deinen Leitfaden in einer simulierten Interviewsituation aus, bevor du ihn verwendest! ☺ 8 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
3. Vorlage: Anschreiben/Ansuchen um Forschungsteilnahme (Langer, 2010) [Logo der Institution] [Adresse] [Datum, Ort] Bitte um Interview für Forschungsprojekt Sehr geehrte/r Herr/ Frau ! Frau/ Herr _______________________ ist Schüler/in an ____________________________ (Schule) in ___________. Sie/ er arbeitet derzeit im Rahmen der vorwissenschaftlichen Arbeit unter meiner Leitung zum Thema Aktuelle gesellschaftliche Tendenzen in Erziehung und Bildung. Diese Studie möchte die Ansichten der Bevölkerung darüber erkunden, welche Kennzeichen Erziehung und Bildung heute – im Unterschied früheren Zeiten – aufweisen, was also heute typisch für Erziehung und Bildung ist. Ziel der Studie ist es, gesellschaftlichen Ursachen für Missstände in Erziehung und Bildung möglichst genau auf die Spur zu kommen. Wir bitten Sie deshalb darum, uns in einem Gespräch Ihre Ansichten darüber mitzuteilen, was Bildung und Erziehung heute ausmacht. Das Gespräch wird etwa _______________ (Zeitangabe) dauern. Ihre Informationen werden von uns anonymisiert, vertraulich behandelt und ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke verwendet. Falls Sie Fragen zu unserem Vorgehen haben, beantworten wir Ihnen diese gerne im persönlichen Gespräch! Mit freundlichen Grüßen, [Name] 9 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
4. Beispiel für einen Leitfaden (Langer, 2010) Schule im Allgemeinverständnis – Allgemeiner Teil des Leitfadens [Beschreibung] (1) Beschreibe mir bitte einmal das, was österreichische Schulen kennzeichnet. Was ist aus Deiner Sicht typisch für österreichische Schulen, was ist charakteristisch? [EVENTUELL ERLÄUTERN: Du kannst über das ganze Schulsystem sprechen oder auch über einzelne, besondere Schulen, - was Dir am Wichtigsten ist.] [Bewertung] (2) Was ist das Positive an österreichischen Schulen? [Was ist gut und sollte so bleiben, wie es ist?] (3) Und was ist nicht so gut, was sollte nicht so bleiben, wie es ist? [Zeit/ Prozess] (4) Erinnern Sie sich doch bitte einmal an Ihre eigene Schulzeit. Wenn Sie zurückdenken: Was war damals anders als heute? Wie hat sich die Schule verändert seitdem? (5) Und was ist gleich geblieben? (6) Wenn alles im Großen und Ganzen so weitergeht wie bisher: Wie werden Österreichs Schulen in 10 Jahren aussehen? [Wohin werden sie sich entwickeln?] [Erwartung/ Ideal] (7) Welche Aufgaben sollte die Schule Deiner Ansicht nach erfüllen? Welche Leistungen soll sie erbringen? [FALLS NICHT VON SELBST ERWÄHNT: Inwiefern sollte die Schule die Schüler auch erziehen, bis sie erwachsen sind?] (8) Wir bitten Dich, einmal Deine Fantasie ein bisschen spielen zu lassen. Wie sähe die ideale österreichische Schule aus? Was spielt sich darin ab? [Aktive Verbesserung: Minister, Lehrer] (9) Versetze dich doch bitte einmal in die Rolle des Bildungsministers. Was könnte der tun, um die österreichischen Schulen hin zu diesem Ideal zu verbessern, das Sie gerade beschrieben haben? (10) Und was könnten die Lehrer tun, um die Schulen zu verbessern? (11) Und was sollten Lehrer in Zukunft lieber lassen? [weitere Dimensionen Deiner Wahl] ÜBERLEITUNG: Jetzt interessieren uns noch spezielle Aspekte zu österreichischen Schulen. Zunächst einmal [die PISA-Studie / die Gesamtschulen usw.] Höchstens 10 Fragen! Lieber weniger! Konzentriere Dich auf das Wesentliche! [Abschlussfrage] (xy) Vielen Dank. Haben wir damit alles durch, oder habe ich noch etwas vergessen, was auch noch zum Thema „österreichische Schulen“ gehört? 10 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
5. Beispiel für einen Leitfaden – erstellt von Schülervertretungen zwischen 11 und 19 Jahren und Wissenschaftler/innen im Projekt „Schüler/innen entwickeln Schule“ [Einleitung] Wir möchten in unserem Forschungsprojekt erfahren, ob und wie sich Schülerinnen und Schüler an der Entwicklung von Schule beteiligen können. Uns interessieren deshalb Deine Meinung und Deine Erfahrungen als Schülervertreter/in Deiner Schule. Mit Beteiligung von Schülervertretungen meinen wir, was diese tun können, um die Schule zu verbessern. Daher frage ich dich am Anfang vor allem nach deinen Erfahrungen als Schülervertretung und später nach deiner Meinung, wo sich Schülervertretungen beteiligen sollten. Kommen wir also zuerst einmal zu deinen Erfahrungen. [Werdegang] (1) „Warum hast du als Klassensprecher1 kandidiert?“2 [Themen und Aufgaben ] (2) Welche wichtigsten Themen willst du als Schülervertreter bearbeiten (bearbeitest du)? (3) Warum ist es wichtig, die zu bearbeiten? (Was ist das Problem?) [Tätigkeiten] (4) Was hast du bisher als Klassensprecher / Schulsprecher getan, um deine Ziele zu erreichen / die von dir angesprochenen Themen zu bearbeiten? (5) Was wirst du in Zukunft konkret tun, um deine Ziele zu erreichen/ die Themen zu bearbeiten? (6) Mit wem kannst du über deine Tätigkeit als Schülervertreter reden, wer kann dich unterstützen? (und wie?) [Offizielle Gremien] (11) Gibt es an deiner Schule etwas Offizielles, wo Schülervertreter mitarbeiten können? [INT: EVENTUELL ERLÄUTERN: Schülerparlament, Schulgemeinschaftsausschuss, Schulforum, Klassensprechersitzung] Falls ja: (12) Wie arbeitet man dort? Und wie arbeitest du daran mit (willst du dort mitarbeiten, dich einbringen)? (13) Wo siehst du die größten Hindernisse für deine Arbeit als Schülervertreter? [Einbindung von Mitschüler/innen] (7) „Wie kann man die anderen Mitschüler bei wichtigen Entscheidungen mit einbinden?“ (8) „Wie kann man am besten dafür sorgen, dass Schüler in Schulprojekten mitbestimmen können?“ (9) „Wie erreichst du, dass eine möglichst große Anzahl von Schüler ihre Vorschläge einbringen können?“ 1 Aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit für die Schüler/innen wurde für die bessere Lesbarkeit auf eine gendergerechte Formulierung in diesem Leitfaden verzichtet. In den darauffolgenden wurde diese jedoch konsequent verwendet, da die Schüler/innen nun bereits Erfahrungen im Führen von Interviews gesammelt hatten. 2 In „“ gesetzte Fragen wurden während des Workshops von den Schüler/innen ergänzt bzw. umformuliert. 11 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
(10a) „Wenn du an die Schüler deiner Schule denkst und ihre Bereitschaft sich bei der Schulgestaltung zu engagieren. Was spricht dafür sich zu engagieren und mitzumachen? (10b) „Was spricht dagegen, was verhindert, dass sich Schüler engagieren?“ [Unterricht] (14) „Wenn du an die Umgangsformen und die Kommunikation zwischen SS und LL denkt. Was wäre daran zu verbessern und was könntest du selber zur Verbesserung beitragen?“ [INT: ZUM NACHFRAGEN: Lehrer, Eltern, Freunde, andere Klassensprecher] (15) „Was können Ss tun oder beitragen um den Unterricht zu verbessern um die Potentiale der Schüler voll auszuschöpfen?“ [INT: EVENTUELL ERLÄUTERN: z.B. Auswahl von Themen, Wahl der Unterrichtsmethode, etc.] NACHFRAGE: „Wenn ihr daran denkt, wie gut LL erklären können. Was könnt ihr als Schüler dazu beitragen, damit sich das verbessert?“ [Weitere Themen und Probleme] (16) Bisher haben wir xy [siehe unten] noch nicht angesprochen. Was müsste sich da ändern, und welche Rolle kann ein Schülervertreter dabei spielen? [INT: MÖGLICHE THEMENBEREICHE ZUM NACHFRAGEN • GESTALTUNG DER SCHULRÄUME • SCHULLEBEN, z.B. Schulfeste, Sportfeste, Ausflüge, etc. • VERWALTUNG, z.B. Ausgaben für Bücher, technische Geräte, etc. • SCHULORGANISATION, z.B. Pausenregelungen, Unterrichtszeiten, Fächerverteilungen, etc.] (17) Welche Themen/ Probleme siehst du noch an der Schule, die verändert werden müssten? Kannst du auch solche nennen, auf die du (bzw. Schüler) keinen Einfluss nehmen können, aber können sollten. NACHFRAGE: „Erzähl mal, was an der Schule erzeugt bei dir Stress?“ [Wünsche / Projektionen] (18) Was müsste sich ändern, um hier (bzw. bei einem der genannten Themen) Einfluss nehmen zu können? Wer könnte helfen, was könnten Schüler tun, Schulleitung … usw? (19) Was soll an der Schule so bleiben, wie es ist? (Nachfragen: Was ist denn daran gut? Erzähl mal) (20) Schauen wir in die Zukunft: Was wäre ein wirklicher Erfolg für die Arbeit eines Schülervertreters? [INT: Oder Fantasiefrage: Wie sähe die ideale Schule aus, wenn die Schüler alle gewünschten Veränderungen durchkriegten?] 12 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
6. Interviewsituation und -haltung Um hochwertige Daten zu erhalten, ist in der qualitativen Sozialforschung die Gestaltung der Interviewsituation die „halbe Miete“. Personen werden sich bemühen, ausführlich und aufrichtig zu antworten, wenn sie bemerken, dass • die Atmosphäre freundlich ist. • sie Vertrauen haben können. • ihre Mitteilungen wertgeschätzt werden bzw. wenn sie sich gut behandelt fühlen. • sie wissen, dass ihre Auskünfte ernst genommen und vertraulich behandelt werden Die Frage ist also, wie stellt man eine solche gute Rahmenatmosphäre her? In Stichworten folgt einiges, was zu beachten ist. a. Kontaktaufnahme • Melde Dich an (per Brief, Telefon, E-Mail). • Identifiziere Dich: Person, Institution, ggf. Referenzen. • Erläutere kurz (!) Deine Forschung. • Begründe, warum Du gerade diese Person ansprichst. • Erkläre, was mit den Ergebnissen geschieht; in wessen Hände sie gelangen. Sichere Vertraulichkeit und Anonymität zu. • Gib an, wie lange das Gespräch dauern soll. • Schicke auf Wunsch die Fragen vorab zur Ansicht! (Wird von Personen des öffentlichen Lebens, Politikern und Wirtschaftlern öfters gefordert.) b. Interview-Setting (Langer, 2010) • Der/die Befragte ist Expert/in für (seine/ihre Sicht auf) den Gegenstand, über den er/sie befragt wird. Er/sie soll ungestört erzählen und sich offen äußern können, soll seine/ihre Kenntnisse, Meinungen und Ansichten zum Thema mitteilen. Richte die Interview-Situation deshalb so ein, dass der/die Befragte sich wohl fühlt (bei Informant/innen zu Hause oder in netter Räumlichkeit [Kaffee/ Tee, Kekse, Blumen]) • Ganz wichtig („halbe Miete“ für gelingende Interviews!) ist es, eine Interviewsituation mit vertraulicher, offener, entspannter Atmosphäre herzustellen. • Strahle Ruhe und entspannte Gelassenheit aus (Du weißt was du tust und stehst dazu, dir kann nichts passieren). • Verhalte dich sozial angemessen (nicht anbiedernd, verbrüdernd / „fremdelnd“, distanziert, herablassend) in Kleidung, Umgangsformen und Sprache – aber verbiege dich nicht! • Offenheit siegt! Interesse siegt! Respekt siegt! Wenn du wirklich an deinem Thema und an der Meinung der/des Befragten interessiert bist, strahlst du schon von selbst Vertrauenswürdigkeit aus. (Aber niemals Interesse und Offenheit vortäuschen: Heucheln erzeugt Ärger, Rückzug und Widerstand, wenn es entlarvt wird. Und schon bekommst du keine Daten mehr.) • Und: Sorge dafür, dass die Beforschten auch weiterhin bereit sind, für Forschungszwecke zur Verfügung zu stehen. 13 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
c. Gesprächsführung (Langer, 2010) • Höre aktiv zu! Aktives Zuhören muss man üben. Es ist anfangs recht ungewohnt und anstrengend: Man wird schnell ungeduldig und fürchtet, eigene Argumente zu vergessen. Aber beim Interview kommt es nur auf die Aussagen der Interviewten an! • DU führst/leitest das Gespräch durch Fragen. Niemals durch Aussagen! • Bei gutem Verlauf wird das Gespräch mit der Zeit dialogischer, ungezwungener, es beginnt zu „fließen“. • Wie reagiere ich, wenn der/die Befragte vom Thema abschweift? – Je früher du dich im Forschungsprozess befindest, desto weniger kannst du wissen, ob der/die Befragte nicht doch etwas zum Thema sagt – und dass du es bist, der/die diesen Zusammenhang nicht sieht! In späteren Phasen kannst du schneller erkennen, wann jemand wirklich abschweift, aber auch dann gilt: Ausreden lassen. Anschließend führst du die/den Befragte/n mit der nächsten Frage wieder aufs Thema zurück. Generell gilt also: In der Interviewsituation hat der/ die Befragte immer Recht! Bedenke: Die Antwortenden verstehen und beantworten die Frage in der Regel nicht so, wie sie gemeint ist, sondern wie sie sie deuten. Du erhältst immer andere und mehr Informationen, als du eigentlich erhalten wolltest. Du nimmst also alles auf, auch das scheinbar Verrückte, Abwegige, Absurde, Dumme – Bewertet wird erst in der Analyse! • Wie reagiere ich, wenn die Befragten schon bevor ich meine Frage zu Aspekt x stelle, diesen Aspekt ansprechen? Oder wenn ihnen noch etwas einfällt, nachdem Aspekt x schon abgehandelt war? – Dann reagierst du flexibel: Die Befragten sollen alles was ihnen zum Thema wichtig ist sagen, egal wann. Für die Analyse spielt es keine Rolle, an welcher Stelle des Protokolls die Informationen stehen. Die Reihenfolge der Fragen kann je nach Interviewsituation verändert werden. • Wie reagiere ich, wenn jemandem nichts einfällt? – Wenn die Befragten auf eine Frage nicht antworten können, fragen Sie einmal (!) nach in Form von Erinnerungshilfen („Vielleicht gab es so etwas wie x, oder Sie haben einmal y erlebt; denke zum Beispiel an x, es könnte auch y sein, oder vielleicht kam es auch als z vor.“). Ansonsten verwendest du eben mehr Zeit auf das, worüber der/die Befragte erzählen kann und will. • Darf ich nachfragen? – Ja, aber nur, wenn du etwas nicht verstanden hast (und nicht: weil dich das jetzt spontan interessiert). Mögliche Nachfragen: „Bitte erläutere etwas genauer, wie du das meinst.“ – „Lass mich einmal sichergehen, ob ich das jetzt richtig verstanden habe. Du sagst also, erst passierte a, dann kam b und schließlich sprang c dabei heraus. Meintest du das so?“ – „Ich habe noch nicht recht verstanden, wie das mit x ist, vielleicht kannst du mir das noch eingehender erläutern?“ –„Du hast mir jetzt sehr viel Informationen gegeben. Darf ich noch einmal zusammenfassen: Das Wesentliche war, dass … Stimmt das so?“ • Wie reagiere ich, wenn ich die Befragten nicht verstanden habe? Dann hat es dein Tonband ja trotzdem aufgenommen. Wenn du aber ahnst, dass dir das auch beim nochmaligen Anhören nicht klar wird: Fasse zusammen, was du verstanden hast und frage: „habe ich das so richtig verstanden?“ Und/ oder bitte um zusätzliche Erläuterungen. • Was tue ich, wenn das Tonband abgeschaltet ist, und die Befragten dann aber besonders wichtige Informationen mitteilen? Am Ende des Gespräches kurz Notizen zu dem Gesagten machen und somit festhalten! • Was man nicht tun soll: Befragte disziplinieren (z.B. immer wieder auf die Frage zurückzwingen), korrigieren, widersprechen, bewerten, beurteilen, kommentieren, provozieren, verbrüdern, „bohrend“ nachfragen, autoritär fragen: Suggestivfragen, rhetorische Fragen, Prüf- und 14 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
Testfragen, Kontrollfragen, Entlarven, Kreuzverhör, Abfragen, Aushorchen. Befragte durchdringend anstarren. Blickkontakt vermeiden. Angespannt, hektisch, misstrauisch sein. d. Vor und nach dem Interview • Prüfe vor dem Interview ob das Aufnahmegerät funktioniert! • Sprich vorab auf Band, wen du interviewst und welcher Tag heute ist. • Bedanke dich nach dem Gespräch bei deinem/deiner Interviewpartner/in. • Halte Aussagen, die getroffen wurden, nachdem das Tonband ausgeschaltet wurde schriftlich fest. • Fülle zu jedem Interview das Beiblatt aus und füge es dem Interview bei. 15 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
7. Vorlage: Beiblatt für Interview bzw. Anmerkungen (Langer, 2010) Beiblatt – Interview Nr. ______ InformantIn Ort d. Interviews Datum ............................................................. ................................................... .............................. InterviewerIn Mat.Nr.: SKZ ............................................................. ................................................... .............................. Formale Angaben Geschlecht:______________ Alter (geschätzt):__________ Beruf/Funktion: _____________________________________________________ Schule/Einrichtung: __________________________________________________ Im Beruf/ in der Funktion/ in der Einrichtung seit: ___________________________ Sample-Eigenschaften der InformantIn: ___________________________________ Schilderung der InformantIn Schilderung der Situation Kommentare, Anmerkungen, Vermutungen 16 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
Raum für Notizen zum rezeptiven Interview (Auskünfte vor oder, vor allem, nach dem offiziellen Ende des Interviews) (Dieser Raum ist für Ihre Erinnerungshilfe, das ausformulierte Rez. Int. bitte als Antwort auf Frage Nr. 90 ins Transkript): 17 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
8. Aufbereitung der Daten – Transkription Bevor du die Daten analysieren kannst, musst du die Aufnahmen transkribieren (=niederschreiben). Dazu gibt es Gratis-Software im Internet, bspw. über Audiotranskription-Software: http://download.chip.eu/de/f4-audio-3.0.2_1087272.html „Datenmaterial zu transkribieren bedeutet, es von einer auditiven in eine schriftliche Form zu überführen. Zu transkribieren sind also beispielsweise Interviews, Gruppendiskussionen oder auch natürliche Gespräche, die zum Zweck der Datenerhebung aufgezeichnet wurden. Die Transkription ist zwar aufwändig, für eine systematische Auswertung aber unverzichtbar“ (Hussy et al. 2010). Prinzipiell solltest du alles transkribieren (=vollständig). Nur Gesprächspassagen, die gar nichts mit deinem Thema zu tun haben müssen nicht transkribiert werden. Außerdem solltest du dir Zeichen (siehe Tabelle unten) überlegen, die auch nonverbale Äußerungen oder Betonungen kennzeichnen. Stell dir vor, eine gute Freundin von dir ist zu der Party des Jahres nicht eingeladen worden. Sie sagt: „Das ist mir doch egal, ob die mich einladen!“ Es macht nun einen Unterschied, ob sie das schluchzend oder achselzuckend mit einem Lachen sagt. In einem solchen Fall kommt der Äußerungsform (also der Art und Weise, wie etwas gesagt wird), eine mindestens so große Bedeutung zu wie dem Äußerungsinhalt (also dem, was gesagt wird). Das Transkribieren ist ein großer zeitlicher Aufwand, den du nicht unterschätzen solltest. Als Daumenregel gilt: 1:7 – 1:10 (je nach „Tippgeschwindigkeit“!). D.h für eine Stunde Interview benötigst du nochmal sieben bis zehn Stunden Transkriptionszeit! Insgesamt ergibt eine Stunde Tonmaterial dabei ca. 15 Seiten – je nach Layout. Abbildung 1Vorschläge für nonverbale Transkription 9. Analyse der Daten Allgemeines Ziel bei der Auswertung qualitativer Daten ist es, die Bedeutung der Materialien zu verstehen. Methoden sollen also verstehensorientiert analysieren. Dabei gibt es allerdings ein Kontinuum zwischen tiefem Textverständnis (Hermeneutik: jedes Wort wird analysiert) mit wenig Regelgeleitetheit bzw. einem hohen Grad an Offenheit bis hin zu systematischen, dadurch aber 18 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
weniger individualisierten Verfahren, wie die Inhaltsanalyse. Für die Analyse deiner Daten eignet sich die Inhaltsanalyse. Ziel der Inhaltsanalyse ist die Erfassung von Aspekten der tatsächlichen Textbedeutung unter ausgewählten Perspektiven (daher war die Variation der Fälle so wichtig!). Diese Bedeutungsaspekte werden in Form eines Kategoriensystems im Detail expliziert: die Kategorien enthalten auch Anweisungen, unter welchen Bedingungen ein Textteil einer Kategorie zugeordnet wird. Daher eignet sie sich in erster Linie zum Vergleich von Texten bzw. Interviewaussagen und gehört zu den datenreduzierenden Verfahren, da die Textdaten systematisch kategorisiert und zusammengefasst werden. Nachfolgend ein kurzes Beispiel zum Durchlesen – anschließend folgen Übungen, deren Lösungen du im Anhang findest: 1. Schritt: Aussagen paraphrasieren und generalisieren Ziel: Nach gleichen oder sehr ähnlichen Aussagen suchen und (Unter)Kategorien festlegen. a) Streiche dafür alle nichtssagenden Textbestandteile (d.h. Ausschmückungen, Wiederholungen etc.). b) Dann paraphrasierst du die verbleibenden Texte. D.h. du überführst die unterschiedlichen Aussagen in möglichst kurze Sätze, die eine neutrale, gemeinsame Sprache haben. Beispielfrage und Beispielantworten (entnommen aus vier verschiedenen Interviews von Schülervertretungen): a) Nichtssagende Textteile streichen Bei der Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern? Wie ist das so bei euch, wenn du daran denkst? Antwort 1 (A1): „Es ist ehrlich gesagt, also bei uns, ich glaube, das ist auch in den anderen Schulen so, 19 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
lehrerabhängig. Also, mit manchen Lehrern kannst du z.B. sehr gut reden und deine Anliegen vorbringen. Bei manchen Lehrern rennst du gegen eine Wand, sagen wir so. Und da kannst du wirklich, egal was du machst, kannst (unverst.) Und es ist halt ein bisschen unterschiedlich. Man kann jetzt nicht über jeden Lehrer sagen: „Okay, man kann mit allen Lehrern gut oder nicht gut reden.“, sondern das ist einfach lehrerabhängig.“ Antwort 2 (A2): „Mhm. Mmm. (…) Also, wenn die Schüler mit den Lehrer Probleme haben, so mit Kommunikation halt so, dann sagen sie es mir. Es ist oft so, dass sie es den Lehrern nicht sagen trauen. Und dann kommen sie zu mir und ich übermittle dem Lehrer das und das und das.“ Antwort 3 (A3): „Nein, das passt schon. Ich finde es gut, dass die Lehrer sich ein bisschen distanzieren. Also, es gibt auch gewisse Lehrer, die reden auch von ihrem Privatleben und bei manchen Lehrern stört mich das. Aber ich finde es bei Lehrern, die ich mag, da mag ich das, die sind auch lustig dabei, aber ich mag es nicht so, wenn die Lehrer zu freundschaftlich, weil dann ist irgendwie nicht mehr so die Bindung Lehrer-Schüler, sondern so gleich und das ist auch nicht so gut. Sollte schon eine Respektsperson sein, der Lehrer.“ Antwort 4 (A4): „Man kann eigentlich nicht viel dazu beitragen, weil jeder Lehrer hat ein Bild von einem Schüler. Und da kann man auch irgendwie nicht hineinreden, weil manche Lehrer irgendwie so sind, die schreien dich herunter, obwohl du eigentlich nur deinen Zeichenblock vergessen hast. Und dann, ich finde das unnötig, weil da muss man nicht gleich so auszucken. Und es sind jedes Mal immer die gleichen Schüler und mir tun die Schüler auch wirklich leid, weil irgendwie sind sie arm.“ b) Die verbleibenden Texte in grammatikalische Kurzform bringen (paraphrasieren). Dadurch entstehen Bedeutungseinheiten. A1: Kommunikation ist lehrerabhängig. Mit machen Lehrer/innen kann man gut reden und eigene Anliegen vorbringen, mit anderen nicht. A2: Schüler/innen trauen sich bei Problemen mit Lehrern nicht diese selbst anzusprechen und wenden sich dann an die Schülervertreter/innen. A3: Lehrer/innen sollten sich von den Schüler/innen ein bisschen distanzieren. Die Bindung Lehrer/in- Schüler/in sollte aufrechterhalten werden, der/die Lehrer/in sollte eine Respektsperson bleiben. A4: Schüler/innen können wenig zur Kommunikation beitragen. Diese wird davon beeinflusst, welches Bild ein/e Lehrer/in von dem/der Schüler/in hat. Dieses Bild ist nicht veränderbar und betrifft immer die gleichen Schüler/innen. 2. Schritt: Paraphrasen codieren (= den Bedeutungseinheiten eine möglichst kurze Beschreibung, falls möglich nur einen Begriff zuordnen). A1: Kommunikation ist lehrerabhängig. A2: Schüler/innen sind von Lehrer/innen abhängig. A3: 1) Herstellung der richtigen Distanz durch die Lehrer/in ist entscheidend. A4: 1) Schüler/innen sind von Lehrer/innen abhängig. 2) Kommunikation ist lehrerabhängig. 20 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
3. Schritt: Gleiche Codes mit den dazugehörigen Textstellen zu einer Datengruppe zusammenstellen = Kategorisieren: Kategorie 1: Kommunikation ist lehrerabhängig: (A1 + A3/1 + A4/2) A1: Es ist lehrerabhängig. Mit machen Lehrern kann man gut reden und eigene Anliegen vorbringen, mit anderen nicht. Antwort 1: „Es ist … lehrerabhängig. Also, mit manchen Lehrern kannst du z.B. sehr gut reden und deine Anliegen vorbringen. Bei manchen Lehrern rennst du gegen eine Wand … Und da kannst du wirklich, egal was du machst, … Und es ist halt ein bisschen unterschiedlich. Man kann jetzt nicht über jeden Lehrer sagen: „Okay, man kann mit allen Lehrern gut oder nicht gut reden.“, sondern das ist einfach lehrerabhängig.“ A3: Lehrer/in sollte sich von den Schüler/innen ein bisschen distanzieren. Die Bindung Lehrer/in- Schüler/in sollte aufrechterhalten werden, der/die Lehrer/in sollte eine Respektsperson bleiben. Antwort 3: „Nein, das passt schon. Ich finde es gut, dass die Lehrer sich ein bisschen distanzieren. Also, es gibt auch gewisse Lehrer, die reden auch von ihrem Privatleben und bei manchen Lehrern stört mich das. Aber ich finde es bei Lehrern, die ich mag, da mag ich das, die sind auch lustig dabei, aber ich mag es nicht so, wenn die Lehrer zu freundschaftlich, weil dann ist irgendwie nicht mehr so die Bindung Lehrer-Schüler, sondern so gleich und das ist auch nicht so gut. Sollte schon eine Respektsperson sein, der Lehrer.“ Antwort 4: „… weil manche Lehrer irgendwie so sind, die schreien dich herunter, obwohl du eigentlich nur deinen Zeichenblock vergessen hast. … Und es sind jedes Mal immer die gleichen Schüler ….“ Kategorie 2: Schüler/innen sind von Lehrer/innen abhängig (A2 + A4/1) A2: Schüler trauen sich bei Problemen mit Lehrern nicht diese selbst anzusprechen und wenden sich dann an die Schülervertreter/innen. A4: Schüler/innen können wenig zur Kommunikation beitragen. Diese wird davon beeinflusst, welches Bild ein/e Lehrer/in von dem/der Schüler/in hat. Antwort 2: „Es ist oft so, dass sie es den Lehrern nicht sagen trauen. Und dann kommen sie zu mir und ich übermittle dem Lehrer das und das und das.“ Antwort 4: „Man kann eigentlich nicht viel dazu beitragen, weil jeder Lehrer hat ein Bild von einem Schüler. Und da kann man auch irgendwie nicht hineinreden, weil manche Lehrer irgendwie so sind, …“ 4. Schritt: Zu jeder Kategorie eine Kernaussage (=Beschreibung) formulieren. Die Originaltextstellen an die Kernaussage hängen, damit diese während der weiteren Analyse zur Verfügung stehen. Kategorie 1: Kommunikation ist lehrerabhängig: (A1 + A3 + A4/2) Kernaussage: Schüler/innen empfinden die Kommunikation als vom Lehrer/von der Lehrerin abhängig Die Kommunikation zwischen Schüler/innen und Lehrer/innen ist aus Sicht der befragten 21 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
Schülervertretungen von der Person des/der Lehrer/in und dem Bild das der/die Lehrer/in von dem/der Schüler/in hat abhängig. Die richtige Distanz zwischen Schüler/innen und Lehrer/innen entscheidet aus ihrer Sicht darüber, ob die Bindung Schüler/innen-Lehrer/innen aufrechterhalten werden kann. A1: Es ist lehrerabhängig. Mit machen Lehrern kann man gut reden und eigene Anliegen vorbringen, mit anderen nicht. Antwort 1: „Es ist … lehrerabhängig. Also, mit manchen Lehrern kannst du z.B. sehr gut reden und deine Anliegen vorbringen. Bei manchen Lehrern rennst du gegen eine Wand … Und da kannst du wirklich, egal was du machst, … Und es ist halt ein bisschen unterschiedlich. Man kann jetzt nicht über jeden Lehrer sagen: „Okay, man kann mit allen Lehrern gut oder nicht gut reden.“, sondern das ist einfach lehrerabhängig.“ A3: Lehrer sollte sich von den Schüler/innen ein bisschen distanzieren. Wenn Schüler/innen eine Lehrperson mögen, darf sich diese Distanz verringern. Die Bindung Lehrer/in-Schüler/in sollte aufrechterhalten werden, der/die Lehrer/in sollte eine Respektsperson bleiben. Antwort 3: „Nein, das passt schon. Ich finde es gut, dass die Lehrer sich ein bisschen distanzieren. Also, es gibt auch gewisse Lehrer, die reden auch von ihrem Privatleben und bei manchen Lehrern stört mich das. Aber ich finde es bei Lehrern, die ich mag, da mag ich das, die sind auch lustig dabei, aber ich mag es nicht so, wenn die Lehrer zu freundschaftlich, weil dann ist irgendwie nicht mehr so die Bindung Lehrer-Schüler, sondern so gleich und das ist auch nicht so gut. Sollte schon eine Respektsperson sein, der Lehrer.“ Antwort 4: „… weil manche Lehrer irgendwie so sind, die schreien dich herunter, obwohl du eigentlich nur deinen Zeichenblock vergessen hast. … Und es sind jedes Mal immer die gleichen Schüler ….“ Kategorie 2: … 5. Schritt: Mit allen Fragen aus allen Protokollen so verfahren. 6. Kategoriensystem erstellen: Hauptkategorie Ausprägung/ Definition/ Ankerbeispiel Belegstelle Unterkategorie Beschreibung Das Kategoriensystem macht deine Analyse transparent und nachvollziehbar – wesentliche Grundvoraussetzungen für wissenschaftliches Arbeiten. Wie du das Kategoriensystem erstellen kannst, siehst du unter 15. 22 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
Lösung: Beispielhafte Analyse EINER Frage eines Leitfadens, S. 35. 7. Schritt: Gesamtzusammenhang zwischen allen Kategorien konstruieren. Zentrale Kategorie finden und alle Schlüsselaussagen so lange daran zuordnen/strukturieren/hierarchisieren, bis du einen Gesamtzusammenhang zwischen allen Schlüsselaussagen konstruieren kannst. Kategorien um die zentrale Schlüsselkategorie z.B. nach Rahmenbedingungen, Ursachen, Folgen, Handlungsstrategien von Personen gruppieren usw. gruppieren. Diesen Gesamtzusammenhang einmal in einer einheitlichen Sprache ausformulieren. Dieser Gesamtzusammenhang ist die Struktur des untersuchten Sachverhalts und sollte in Zusammenhang mit der festgelegten Richtung der Analyse stehen (=roter Faden). Alle Kategorien gemäß diesem roten Faden ordnen, der die Struktur des Sachverhalts erklärt. Den Ergebnisbericht ausformulieren – und zwar entlang des oben rekonstruierten roten Fadens. Die wichtigsten, am meisten allgemeinen Schlüsselaussagen werden dabei als Kapitelüberschriften dienen. Dieser Endbericht ist deine ausformulierte „Theorie“. Prüfe, ob diese Theorie wirklich beschreibt, wie der Sachverhalt aussieht (z.B. was „Schülermitbestimmung“ ist, woraus sie besteht, was Schüler/innen tun, wenn sie mitbestimmen, und wie „Schülermitbestimmung“ funktioniert) und ob in ihr wirklich erklärt wird, warum er so ist, wie er ist und sich so verhält, wie er sich verhält. Das heißt: Warum ist Schülermitbestimmung so, wie sie ist und nicht anders? Warum besteht sie aus den festgestellten Komponenten und nicht aus anderen? Warum machen Schüler das von dir Beschriebene, wenn sie mitbestimmen, und warum machen sie anderes nicht? – Fertig! 10. Beispiel: Auszug aus Kategoriensystem am Beispiel einer zentralen Schlüsselkategorie (vgl. Altrichter et al. 2012) Zentrale Kategorie: Arbeitsbeziehungen Schlüsselkategorie: „Gestaltung der Arbeitsbeziehungen in der Schule“ Oberkategorien: 1. Allgemeine kommunikationsbezogene Faktoren 2. Verhalten der Schüler/innen 3. Schüler/innen-Feedback über Unterricht 4. Feedback von Schüler/innen an die Lehrkräfte über ihren Unterricht 5. Unterrichtsbezogene Faktoren Unterkategorien für Nr. 5: Unterrichtsbezogene Faktoren 23 Gamsjäger, M. & Langer, R. (2013). Leitfadengestütztes Interview – eine Anleitung für Schüler/innen. Linz: Johannes Kepler Universität.
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