Georgien Bericht einer Exkursion - Nees-Institut & Botanische Gärten der Universität Bonn - Universität Bonn
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Georgien Bericht einer Exkursion Nees-Institut & Botanische Gärten der Universität Bonn 21. Mai bis 02. Juni 2007 Daud Rafiqpoor & Wolfram Lobin Iris iberica © D. Rafiqpoor, 21. Mai 2007 Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen und Botanische Gärten Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Inhalt INHALT ....................................................................................................................................II VORWORT............................................................................................................................. IV VERLAUF DER EXKURSION ................................................................................................ V DIE EXKURSIONSTEILNEHMER ......................................................................................... VI ÜBERSICHT DER EXKURSIONSZIELE.............................................................................. VII VORBEREITUNGEN IN BONN ........................................................................................... VIII REFERATTHEMEN DES SEMINARS………………………………………………………….........VIII AUFBAU DES PROTOKOLLS.............................................................................................. IX NACH ANKUNFT IN TIFLIS - SONNTAG, 20.05.2007: BESUCH DES BOTANISCHEN GARTENS UND STADTEXKURSION……………………………………………………………………………...1 CHARAKTERISIERUNG DER PHYSISCH-GEOGRAPHISCHEN UND FLORISTISCHEN VERHÄLTNISSE DER EXKURSIONS-STANDORTE.............................................................3 MONTAG, 21.05.2006: FEDERGRASSTEPPEN OSTGEORGIENS -DIE SCHICHTKAMMLANDSCHAFT UM DAWIT GAREDSHI.. ...............................................................................................................3 DIENSTAG, 22.05.2006: DIE REGION UM MZCHETA UND SIOGVIME, LAUB-MISCHWÄLDER, EICHEN-WACHOLDER-WÄLDER, TROCKENRASEN ......................................................................9 MITTWOCH, 23.5.2006 UND DONNERSTAG, 24.5.2006: DIE KOLCHISCHEN WÄLDER IN WEST-GEORGIEN - DIE TÄLER VON DEKHVA-, BSONIZA- UND CHAKVI-TZKHALI………………… 13 TAL DES DEKHVA (KOLCHISCHER WALD) ..................................................................................15 CHAKVISZKHALI-FLUßTAL .........................................................................................................18 FREITAG, 25.5.2006: RÜCKFAHRT VON ADJARIEN NACH TIFLIS .................................19 DAS SURAMI-GEBIRGE - AUSLÄUFER DER KOLCHISCHEN WÄLDER……………………………...19 Suramigebirge, Westseite ..............................................................................................21 Suramigebirge, Ostseite .................................................................................................22 SONNTAG, 27.5.2006: SEDASENI (WÄLDER) – DZVARI (TROCKENRASEN, STEPPEN) .............24 MONTAG, 28.5.2006: GROßER KAUKASUS, ENTLANG DER GEORGISCHEN HEERSTRASSE UND KREUZ-PASS ZUM KASBEK ......................................................................................................27 Fagus orientalis-Wälder und alpine Matten ....................................................................27 DIENSTAG, 29.5.2006: NATIONALPARK LAGODECHI ..............................................................33 Fagus orientalis- und Carpinus orientalis-Wälder...........................................................33 MITTWOCH, 30.05.2006 & DONNERSTAG, 31.05.2006: KLEINER KAUKASUS, UMGEBUNG BAKHURIANI - NATIONALPARK BAKHURIANI .............................................................................36 Fagus-Carpinus-Picea- und Pinus-Mischwälder ............................................................36 FREITAG, 1.6.2006: DAS BERGLAND VON DIDGOORI - VERSCHIEDENE WALDTYPEN, WIESEN, SAUMGESELLSCHAFTEN UND ANKLÄNGE AN HOCHSTAUDENFLUREN ........................................42 ARUM MEGOBREBI – EINE NEUE ART AUS DEM KAUKASUS.......................................44 LISTE DER BEOBACHTETEN TIERE ..................................................................................47
III 1 ERPETOFAUNA…………………………………………………………………………..………..47 1.1 Amphibien.................................................................................................................47 1.2 Schildkröten..............................................................................................................48 1.3 Eidechsen.................................................................................................................48 1.4 Schlangen.................................................................................................................48 2 AVIFAUNA…………………………………………………………………………………………49 2.1 Nicht-Passeriformes .................................................................................................49 2.2 Passeriformes...........................................................................................................49 VON DEUTSCHEM LIEDGUT UND SCHLECHTEN SÄNGERN..........................................51 BESUCH IN DER GÄRTNER SCHULE ................................................................................54 BESUCH IN DER GÄRTNER SCHULE ................................................................................54 AUSGEWÄHLTE LITERATUR..............................................................................................56 GESAMTLISTE DER FLORA DES EXKURSIONSSTANDORTE ........................................57
IV Vorwort Die Botanischen Gärten der Universität Bonn pflegen seit 1999 einen intensiven Kon- takt mit dem Botanischen Garten von Tiflis (Georgien). Es begann mit der Ausrich- tung eines Workshops (Botanische Gärten und Erhaltung Biologischer Vielfalt, von den Driesch & Lobin 2001) im Sommer 1999 in Georgien, an dem Vertreter von Bo- tanischen Gärten aus den neun Ländern der früheren Sowjetunion teilnahmen. Bereits ein Jahr später, August 2000, organisierten die georgischen Kollegen, insbe- sondere der damalige Direktor des Botanischen Gartens Tiflis, Jimsher Kereselidse, eine gemeinsame Exkursion. Von deutscher Seite nahmen Andreas Gröger, (Botani- scher Garten München) und Wolfram Lobin teil. Weitere gemeinsame Exkursionen folgten 2002, 2003, 2005. Umgekehrt reisten mehrfach auch die georgischen Kolle- gen Jimsher Kereselidse, Zurab Schewardnadse (beide Botanischer Garten Tiflis) und Zurab Manvelidse (Botanischer Garten Batumi) nach Deutschland. Nachdem auch weitere Mitarbeiter der Botanischen Gärten von Bonn und München nach Georgien gereist waren, besuchte im Juni 2006 auch der Direktor des Nees- Instituts und der Botanischen Gärten in Bonn, Wilhelm Barthlott, zusammen mit Daud Rafiqpoor und Dieder Supthut (Sukkulentensammlung Zürich) Georgien. Während dieser vielfältigen Kontakte reifte der Gedanke, eine Studentenexkursion nach Georgien zu organisieren. Dies wurde im Rahmen eines Blockpraktikums „Flora und Vegetation Georgiens“ durchgeführt und besonders dadurch begünstigt, dass mit Zurab Schewardnadse ein georgischer Doktorand seine Dissertation in Bonn schreibt. Ihm verdanken wir, und das sei schon vorweggenommen, dass die Exkursi- on so erfolgreich verlief. Georgien ist ein kleines Land, etwa so groß wie das Bundesland Bayern. Doch durch seine Oberflächengestalt, durch den vertikalen und horizontalen Wandel seines Kli- mas und seiner Vegetation auf engstem Raum, durch den hohen Endemismusgrad seiner Flora sowie schließlich durch die engräumige geologische und geomorpholo- gische Landschaftsgliederung ist dieses Land beinahe ein Experimentierfeld für geo- botanische Exkursionen. Die Exkursion wurde von mehren Personen geleitet. Wolfram Lobin trug die Haupt- verantwortung. Zurab Schewardnadse machte durch seinen unermüdlichen Einsatz die Exkursion überhaupt erst möglich. Andreas Gröger war Ansprechpartner für die Bestimmung der Pflanzen und die Herbararbeit, Daud Rafiqpoor (Geograph) brachte den Exkursionsteilnehmern die interessanten geologischen und geographischen Phänomene Georgiens näher. Er schrieb auch den größten Teil des Exkursionspro- tokolls. Eberhard Fischer half bei der Bestimmung und Anett Krämer beim Sammeln von Pflanzen.
V Verlauf der Exkursion Samstag, 19. Mai 2007: Abflug von Frankfurt nach Tiflis Sonntag, 20. Mai 2007: Besuch des Botanischen Gartens von Tiflis und Stadtexkursion Montag, 21. Mai 2006: Federgrassteppen Ostgeorgiens: die Schichtkammlandschaft um Dawit Garedshi Dienstag, 22. Mai 2006: Die Region um Mzcheta und Siogvime: Laub-Mischwälder, Eichen-Wacholder- Wälder, Trockenrasen Mittwoch, 23. Mai 2006 und Donnerstag, 24. Mai 2006: Die kolchischen Wälder in West-Georgien: die Täler von Dekhva-, Bsoniza- und Chakvi-Tzkhali Freitag, 25. Mai 2006: Rückfahrt von Adjarien nach Tiflis: Das Surami-Gebirge - Ausläufer der kolchischen Wälder und Übergang in die Labmischwald-Region Ostgeorgiens Samstag, 26. mai 2007: Nationalfeiertag von Georgien: Besuch von Militär-Parade in Tiflis, Teilnahme an ei- ner orthodoxen Messe in der neuen Kathedrale von Tiflis Sonntag, 27. Mai 2006: Sedaseni (Wälder) – Dzvari (Trockenrasen, Steppen) Montag, 28. Mai 2006 Großer Kaukasus: An der Georgischen Heerstrasse über den Kreuz-Pass zum Kas- bek - Geologie, Geomorphologie, Höhenstufen des Klimas und der Vegetation, Hochgebirgsflora Dienstag, 29. Mai 2006 Lagodechi: Nationalpark Lagodechi - Fagus orientalis- und Carpinus orientalis- Wälder Mittwoch, 30. Mai 2006 und Donnerstag, 31. Juni 2006 : Der Kleine Kaukasus: Nationalpark Bakhuriani - Fagus-Carpinus-Picea- und Pinus- Mischwälder Freitag, 1. Juni 2006 Didgoori: verschiedene Waldtypen, Wiesen, Saumgesellschaften, Anklänge an Hochstaudenfluren Samstag, 02. Juni 2007: Rückflug von Tiflis nach Frankfurt
VI Die Exkursionsteilnehmer 18 6 14 13 1 15 17 2 11 5 4 19 8 12 3 10 16 7 9 © Nils Köster, Mai 2007 Die Exkursionsteilnehmer im Botanischen Garten von Batumi 1. Böhnert, Tim 11. Lobin, Wolfram 2. Ehrenfried, Nicole 12. Löhne, Conny 3. Erpenbach, Arne 13. Obholzer, Jasmin 4. Fischer, Eberhard 14. Rafiqpoor, Daud 5. Gröger, Andreas 15. Rembold, Katja 6. Heibl, Christof 16. Schewardnadse, Zurab 7. Kiefer, Iris 17. Sensen, Sara 8. Korsten, Annika 18. Spitzer, Svenja 9. Köster, Nils 19. Stein, Anke 10. Krämer, Anett
VII Übersicht der Exkursionsziele N Großer Kaukasus Kazbeg Russland Georgien Kreuz-Pass Schwarzes Meer Surami-Gebirge Sedaseni Siogvime Lagodechi Bakuriani Dekhva- & Bsoniza-Tal Tiflis Batumi Dawid Garedshi Didgoori Kleiner Kaukasus Türkei Aserbaidschan Entwurf: Nils Köster, Kartengrundlage: Google Earth Armenien
VIII Vorbereitungen in Bonn Zur Vorbereitung der Exkursion wurde im Nees-Institut ein Seminar veranstaltet, in dem jeder Teilnehmer/in selbständig ein Thema in Form eines Referates bearbeitete. Die Referate sollten genügend Raum für eine ergiebige Diskussion lassen. Darüber hinaus wurde jeder Teilnehmer mit der Einarbeitung in einer der wichtigsten georgi- schen Pflanzenfamilien betraut, um sich die Merkmale der Familien und Gattungen einzuprägen zur Erleichterung der Bestimmung der Pflanzen im Gelände. Die Refe- rate wurden von den Vortragenden als Thesenpapier auch den anderen Seminarteil- nehmern zur Verfügung gestellt. Kartenstudien im Seminarraum dienten ersten Ori- entierungen. Referate zur Geologie und Klima Georgiens und des Kaukasus durch Daud Rafiqpoor sollten die physisch-geographischen Kenntnisse der Studenten ver- tiefen helfen. Durch Besuche im Botanischen Garten der Universität Bonn wurden den Studenten auch Kenntnisse der Flora Georgiens anhand der lebenden Exempla- re vermittelt. Referatthemen des Seminars: 1. Die Geschichte Georgiens (A. Erpenbach) 2. Geologie Georgiens und Entstehung des Kaukasus (D. Rafiqpoor) 3. Klima und Böden (D. Rafiqpoor) 4. Die Höhenzonierung der Vegetation Georgiens (A. Korsten) 5. Flora und Phytogeographie Georgiens (A. Stein) 6. Endemiten Georgiens (J. Obholzer) 7. Die Nutzpflanzen Georgiens (S. Sensen) 8. Der Einfluss des Menschen auf Flora und Vegetation Georgiens (S. Spitzer) 9. Natur- und Umweltschutz in Georgien (N. Ehrenfried) 10. Die Tierwelt Georgiens und des Kaukasus (Iris Kiefer)
IX Aufbau des Protokolls Das Exkursionsprotokoll wurde so konzipiert, dass zunächst jede von uns besuchte Landschaftseinheit Georgiens physisch-geographisch und vegetationskundlich cha- rakterisiert wird. Einige Bilder veranschaulichen die besonderen Charakterzüge der jeweiligen Landschaftseinheiten. Für diesen Teil zeichnen Daud Rafiqpoor und Wolf- ram Lobin verantwortlich. An die Kurzbeschreibung der Landschaftseinheiten schlie- ßen sich dann die Listen der an den jeweiligen Exkursionsstandorten gesammelten Pflanzen mit Angabe der Namen von Protokollanten und Herbaristen des jeweiligen Tages sowie der genauen GPS-Koordinaten und Höhe der Exkursionsstandorte. Diese Vorgehensweise erleichtert den raschen Einsteig in die Materie und vermeidet Wiederholungen. Das gesammelte Herbarmaterial wurde zum Teil unmittelbar im Gelände oder bei den Nacharbeitungen im Botanischen Garten von Tiflis, zum Teil aber nach Rück- kehr in Bonn und München (Andreas Gröger) nachbestimmt. Diejenigen Pflanzen, die bisher immer noch nicht nachbestimmt werden konnten, bleiben in den Listen leider ohne genaue Artangabe.
NACH ANKUNFT IN TIFLIS Sonntag, 20.05.2007: Besuch des Botanischen Gartens und Stadtexkursion © Daud Rafiqpoor, 20. Mai 2007 Blick von Nari-Qala auf die pulsierende Stadt Tiflis, durchflossen von Mtkuari mit seinem trüben Was- ser aus der Schneeschmelze des Frühjahrs Die Maschine der Fluggesellschaft „Georgian Airways“ landete am Samstag, 19. Mai 2007, gegen Mitternacht in Tiflis. Am Flughafen erwartete uns unser georgischer Freund und Exkursionsbegleiter Zurab Schewardnadse (ein Doktorand des Nees- Instituts) mit einem VW-Bus und einem weiteren Transporter, das von dem freundli- chen Omari gefahren wurde. Die Studenten waren bei georgischen Familien in Tiflis untergebracht. Die Exkursi- onsleitung wohnte für die Dauer ihres Aufenthalts im Gästehaus des Botanischen Gartens von Tiflis. © Daud Rafiqpoor, 20. Mai 2007 Das Gelände des Botanischen Gartens von Tiflis mit dem Verwaltungsgebäude
2 Am 20. Mai 2007 um 11:00 Uhr begann offiziell die Exkursion mit der Begrüßung durch die damalige Garten-Direktorin Mananan Ekbalidze und einem Rundgang durch den Botanischen Garten von Tiflis. Im Hauptgebäude des Botanischen Gar- tens (im obigen Bild sichtbar) wurde uns für die Dauer der Exkursion ein großer Kon- ferenzsaal als Besprechungsraum zur Verfügung gestellt, und wir konnten unsere Sachen, die auf den Tagesexkursion nicht unbedingt mitgeschleppt werden mussten, wie z.B. Laptops, das gesammelten Herbarmaterial, Pressen etc. dort lagern. In die- sem Raum fand auch die abendliche Zusammenfassung des jeweiligen Exkursions- tages durch Wolfram Lobin statt, und Andreas Gröger konnte hier die Studenten in die Herbarisierung und die Methodik der Pflanzenbestimmung anhand der Floren- werke einführen und mit den gesammelten Exemplaren auch die ersten Bestimmun- gen vornehmen.
Charakterisierung der physisch-geographischen und floristischen Verhältnisse der Exkursions-Standorte Montag, 21.05.2006 Federgrassteppen Ostgeorgiens - die Schichtkammlandschaft um Dawit Garedshi - Der Raum zwischen Tbilisi und Vaziani ist aus quartären Sedimenten (fluvioglaziale Ablagerungen und Terrassenschottern) aufgebaut, die während der pleistozänen Vereisungsphasen durch Entwässerungsrinnen aus dem Großen Kaukasus mitge- bracht wurden und die Flussniederungen aufgefüllt haben. Entlang der Flüsse haben sich in diesen Ablagerungen mehrere Terrassen-Niveaus ausgebildet, die den Rhythmus der Kalt- und Warmzeiten dokumentieren. Nach Verlassen der Schotter- ebenen und Flussniederungen gelangt man in ein jungtertiäres Hügelland, das aus einer Serie von hintereinander gestaffelten Schichtstufen aufgebaut ist und bis in der Umgebung von Udabno (Umsiedlungsdorf der Swanen) noch ihren Hügelland- Charakter beibehält. Erst in der Umgebung von Dawit Garedshi treten die tertiären Sedimente des transkaukasischen Beckens an den steilen Schichtstufen offen zu- tage, während die flachen Schichtflächen weitgehend mit einem dichten artenreichen Federgrasteppich bedeckt sind. Die tertiären Sedimente bestehen aus bunten Sand- steinen, Konglomeraten, Tonen und Mergeln, die tektonisch schräg gestellt sind. Sie bilden in dieser Region aufgrund schneller Abfolge unterschiedlich widerstandsfähi- ger Gesteine eine ausgesprochene Schichtkammlandschaft aus. In der mehrere hundert Meter mächtigen Serie des Jungtertiärs sind die diagenetisch verfestigten Konglomerate und Sandsteine als Härtlingszüge herauspräpariert worden (Fig. 1). Die zum Teil mit noch gut erhaltenen Fresken bemalten Höhlen der Mönche aus dem 10.–11. Jh. (URL:http://www.geokulturforum.de/Fresken.html) wurden in die Tertiär- schichten eingehauen. Einer der markanten Härtlingszüge bildet bei Dawit Garedshi die Grenze zwischen Georgien und Aserbaidschan (s. Fig. 1). Klimatisch ist das Ge- biet um Dawit Garedshi durch spärliche Niederschläge von jährlich rund 400 mm ge- kennzeichnet. Sie reichen aber durchaus für das Aufkommen einer Trockenwaldfor- mation aus, deren Reste bei der Klosteranlage von Dawit Garedshi noch erhalten geblieben sind.
4 © Daud Rafiqpoor, 21. Mai 2007 Fig. 1: Die eindrucksvolle Schichtkammlandschaft bei der Klosteranlage von Dawit Garedshi ist das Ergebnis einer Wechsellagerung von Konglomeraten, bunten Sandsteinen, Mergeln und Tonen des Tertiärs. Der im Bild dargestellte Härtlingszug mit einem Wehrturm bildet die Grenze zwischen Geor- gien (rechts) und Aserbaidschan (links) © Daud Rafiqpoor, 08. Juni 2006 Fig. 2: Federgrassteppe in der Umgebung von Udabno
5 © Daud Rafiqpoor, 21. Mai 2007 Fig. 3: Weidende Rinderherden in der Ebene von Udabno. Durch einen frühen Weidegang war in die- sem Frühjahr die Federgrassteppe vollkommen kahl gefressen Eine Einordnung dieser Region in Gebiete mit Halbwüstenklima, wie es SCHÄFER (2003) vornimmt, scheint daher nicht gerechtfertigt. Allein die jährliche Nieder- schlagsmenge von 405 mm, die an der Station Gardabani in der Nachbarschaft von Dawit Garedshi gemessen werden (SCHÄFER 2003), widerspricht diesem Einord- nungsprinzip. Die kleinräumige geologische und pedologische Differenzierung des Raumes schafft wechselvolle Habitatverhältnisse, die heute das Aufkommen einer artenreichen Steppenflora ermöglichen. Diese Region ist heute weitflächig mit Federgrassteppen bedeckt (Fig. 2), da der ur- sprüngliche Waldbestand durch Jahrtausende lange anthropogene Nutzung (vor al- lem durch Beweidung mit Groß- und Kleinvieh (Fig. 3) bis zur Unkenntlichkeit zerstört worden ist. Im Frühling bilden sich hier durch den abtauenden Schnee temporär grö- ßere Seen mit vielen Wasservögeln. Felsige Hänge mit schwach ausgeprägter Ge- hölzflora, weisen daraufhin, dass hier natürlicherweise Trockenwald stehen würde. In diesem Jahr waren die Steppengräser, besonders die Federgrasarten, nur schwach vorhanden, während auf der Exkursion 2006 (s. Fig. 2), die etwa zum glei- chen Zeitpunkt stattfand, schöne Federgrasfluren beobachtet werden konnten. Viel- leicht hat dies seinen Grund in den frühen Regenfällen in diesem Jahr, die die Hirten möglicherweise veranlassten, früher ihr Vieh durch dieses Gebiet zu treiben.
6 Protokoll: Iris Kiefer & Katja Rembold Herbar: Arne Erpenbach & Tim Böhnert Standort 1: Temporärer See vor Udabno 41°34.521’ N / 45°19.364’ E; Höhe: 1170 m a.s.l. Anthropogen bedingte, stark beweidete Federgrassteppe. Alopecurus spec. (Poaceae) Anchusa spec. (Boraginaceae) Artemisia spec. (Asteraceae) Asparagus spec. (Asparagaceae) Cerastium spec. 1 (Caryophyllaceae) Erodium spec. 1 (Geraniaceae) Eryngium cf. campestre (Apiaceae) Falcaria vulgaris (Apiaceae) Geranium spec. 2 (Geraniaceae) Lamium spec. 2 (Lamiaceae) Lepidium perfoliatum (Brassicaceae) Lepidium spec. (Brassicaceae) Limonium spec. 1 (Plumbaginaceae) Medicago spec. 1 (Fabaceae) Ranunculus spec. 3 (Ranunculaceae) Scorzonera cana (Asteraceae) Standort 2: 1,5 km weiter Richtung Dawit Garedshi 41°33.039’ N / 045°21.547’ E; Höhe: 1280 m a.s.l. Wie Standort 1, nur ohne temporäre Gewässer. Ajuga spec. 1 (Lamiaceae) Astragalus spec. 4 (Fabaceae) Cotinus coggyria (Anacardiaceae) Euphorbia agaria (Euphorbiaceae) Linum spec. (Linaceae) Melampyrum spec. (Orobanchaceae) Muscari comosa (Hyacinthaceae) Peucedanum spec. 1 (Apiaceae) Polygala transcaucasia (Polygalaceae) Pulsatilla spec. 1 (Ranunculaceae) Rhus coriaria (Anarcadiaceae) Sanguisorba cf. minor (Rosaceae) Scandix spec. 1 (Apiaceae) Thesium spec. 1 (Santalaceae) Thymus spec. 1 (Lamiaceae) Veronica spec. 4 (Plantaginaceae) Vinca cf. herbacea (Apocynaceae)
7 Standort 3: Fuß des Höhenrückens am Turm eines Klosters 41°27.405’ N / 45°21.615’ E; Höhe: 1075 m a.s.l In der Umgebung stehen mehrere Höhlenklöster in Sichtweite über Türme miteinan- der in Verbindung. Auch hier finden sich stark beweidete Flächen (eine anwesende Schafherde verdeutlicht dies). Nach Süden erstreckt sich ein Felshang mit schwach ausgeprägter Gehölzflora, die darauf hinweist, dass hier natürlicherweise Trocken- wald stehen würde. Astragalus denudatus (Fabaceae) Jasminum fruticans (Oleaceae) Astragalus spec. 1 (Fabaceae) Prunus incana (Rosaceae) Centaurea dealbata (Asteraceae) Pyrus cf. sachokiana (Rosaceae) Centaurea spec. (Asteraceae) Ranunculus spec. 1 (Ranunculaceae) Chondrilla juncea (Asteraceae) Rhamnus frangula (Rhamnaceae) Cotinus coggyria (Anacardiaceae) Rosa spinosissima (Rosaceae) Cotoneaster integerrimus (Rosaceae) Salvia garedji (Lamiaceae) Dictamnus albus (Rutaceae) Scutellaria orientalis (Lamiaceae) Elaeagnus angustifolia (Elaeagnaceae) Spiraea hypericifolia (Rosaceae) Euphorbia spec.4 (Euphorbiaceae) Gnaphalium spec. (Asteraceae) Thalictrum foetidum (Ranunculaceae) Heracleum spec. (Apiaceae) Valerianella spec. 1 (Valerianaceae) Iris spec. 1 (Iridaceae) Veronica spec. 3 (Plantaginaceae) Standort 4: Beginn des Höhenwegs in Richtung Dawit Garedshi 41°27.338’ N / 45°21.688 E; Höhe: 1115 m a.s.l. Nach dem Aufstieg hat man vom Kamm eine weite Sicht nach Aserbaidschan. Nach allen Seiten hin erstrecken sich beweidete Wiesen. Am Fuß des Südhangs verläuft die Grenze zu Aserbaidschan. Acantholimon spec. (Plumbaginaceae) Neotinea ustulata (Orchidaceae) Astragalus spec. 2 (Fabaceae) Nonea lutea (Boraginaceae) Astragalus spec. 3 (Fabaceae) Omphalodes cappadocica (Boraginaceae) Bellevalia spec. 2 (Hyacinthaceae) Onosma spec. 1 (Boraginaceae) Celtis caucasica (Cannabaceae) Onosma spec. 2 (Boraginaceae) Cerinthe spec. (Boraginaceae) Orchis spec. 1 (Orchidaceae) Colutea orientalis (Fabaceae) Orobanche spec. 3 (Orobanchaceae) Ephedra procera (Ephedraceae) Papaver spec. 1 (Papaveraceae) Euphorbia wittmannii (Euphorbiaceae) Petrorhagia spec. (Caryophyllaceae) Heracleum spec. (Apiaceae) Phleum spec. (Poaceae) Iris iberica (Iridaceae) Plantago spec. 1 (Plantaginaceae) Iris spec. 1 (Iridaceae) Sanguisorba spec. (Rosaceae) Juniperus oblonga (Cupressaceae) Sedum spec. 1 (Crassulaceae) Koeleria spec. (Poaceae) Tuberaria guttata (Cistaceae) Linum spec. (Linaceae) Verbascum spec. 2 (Scrophulariaceae)
8 Standort 5: Altes Kloster oberhalb Asperula taurina ssp. taurina (Rubiaceae) Berberis spec. (Berberidaceae) Dawit Garedshi, Kapelle Dictamnus albus (Rutaceae) 41°26.442’ N / 45°22.909’ E; Ephedra procera (Ephedraceae) Höhe: 1190 m a.s.l. Hyoscyamus niger (Solanaceae) Die Kapelle befindet sich auf dem höchsten Iris spec. 1 (Iridaceae) Linaria genistifolia (Plantaginaceae) Punkt des Kamms, der zugleich den Grenz- Paliurus spina-christi (Rhamnaceae) posten darstellt. Im Umkreis liegen die Fel- Poa bulbosa ssp. viviparis (Poaceae) Scleranthus spec. 1 (Caryophyllaceae) senhöhlen der Mönche von Dawit Garedshi. Silene spec. 2 (Caryophyllaceae) Silybum marianum (Asteraceae) Von hier Abstieg zum Kloster über einen Vincetoxicum funebre (Apocynanceae) steilen und felsigen Weg. Zygophyllum fabago (Zygophyllaceae) Standort 6: Federgrassteppe kurz Onosma spec. 1 (Boraginaceae) vor Abzweigung nach Udabno Pulsatilla albana (Ranunculaceae) 41°26.441’ N / 45°20.700’ E; Höhe: 1080 m a.s.l. Ranunculus spec. 2 (Ranunculaceae) Flacher beweideter Hang mit nur sehr ver- Salvia spec. (Lamiaceae) Stipa pennata (Poaceae) einzeltem Federgras, welches aber noch Valerianella spec. (Valerianaceae) nicht blüht. Viola cf. kitaibeliana (Violaceae) Standort 7: Wasserreservoir bei Ajuga chamaepytis (Lamiaceae) Udabno Ballota nigra ssp. foetida (Lamiaceae) 41°30.912’ N / 45°23.979’ E; Brassica spec. (Brassicaceae) Höhe: 1169 m a.s.l. Caragana grandiflora (Fabaceae) Chrysanthemum spec. (Asteraceae) Udabno ist ein großes Dorf, in dem umge- Cuscuta spec. (Convolvulaceae) siedelte Swanen leben. In der Umgebung Euphorbia spec. 3 (Euphorbiaceae) zeigt sich eine stark beweidete Hügelland- Malva spec. (Malvaceae) Medicago spec. 2 (Fabaceae) schaft mit vereinzelten großen Rinderher- Orobanche spec. 2 (Orobanchaceae) den (s. Fig. 3), vielen Reptilien (Eidechsen, Prunus incana (Rosaceae) Schildkröten, Schleiche) und Vögeln (vgl. Reseda lutea (Resedaceae) Sedum spec. 2 (Crassulaceae) Beitrag Heibl S. 47). Thesium spec. 2 ? (Santalaceae) Thymus spec. 2 (Lamiaceae) Tuberaria guttata (Cistaceae) Veronica spec. 5 (Plantaginaceae)
Dienstag, 22.05.2006 Die Region um Mzcheta und Siogvime - Laub-Mischwälder, Eichen-Wacholder-Wälder, Trockenrasen - Das Gebiet um die alte georgische Hauptstadt Mzcheta und die Umgebung der aus dem 6. Jh. stammenden alten Klosteranlage Siogvime ist geologisch ein tertiäres Intermontan-Becken. Es wurde im Jungtertiär im Zuge der Hebung des großen Kau- kasus angelegt und zugleich mit syn- und postorogenen Neogen-Sedimenten als so genannte Binnenmolasse (Konglomerate, Sandsteine, Tone, Mergeln und Sande) in wechselnder Abfolge aufgefüllt. Die Gebirgskämme des tertiären Hügellandes verlau- fen nahezu parallel zur Hauptstreichrichtung der Faltenachsenebene des Großen Kaukasus von WSW nach ONO. © Daud Rafiqpoor, 22. Mai 2007 Fig. 4: Mosaikartige Anordnung der feuchten und trockenen Vegetationsformationen nach Geländeex- position. Die feuchten Nordhänge tragen üppigen Laubmischwald (hellgrün). Auf den trockenen son- nenexponierten Südhängen gedeihen Trockengehölze mit ihrer Begleitflora Auch hier ist durch quartäre Landformung eine hintereinander gestaffelte Schicht- kamm- bzw. Schichtstufenlandschaft entstanden. Das tertiäre Lockermaterial ist sehr erosionsanfällig, weshalb die Entwaldung mit schwerwiegenden Konsequenzen für
10 die Landschaft verbunden ist. Bodenerosion, Hangrutsche, Unterspülungen und Nachsackungen als Folge der linearen Erosion sind aktuell-morphodynamische Er- scheinungen, die überall in diesem Raum beobachtet werden können. Die Mzcheta-Region ist mit einer ganzjährigen Niederschlagsverteilung bei jährlichen Niederschlagsmengen von rund 600 mm (Klimastation Mukhrani 567 mm/Jahr, SCHÄFER, 2003) klimatisch sub- bis semihumid. Die Vegetation dieser Gebiete zeigt eine mosaikartige Anordnung, wobei die schatti- gen und dementsprechend feuchteren Nordhänge einen üppigen Laubmischwald aus Fagus orientalis, Carpinus orientalis und Fraxinus orientalis tragen. Die Südhänge trocknen infolge der intensiven Sonneneinstrahlung und der Durchlässigkeit des Ge- steinsuntergrundes schneller aus. An solchen Hängen gedeiht deshalb eine trocke- nere Vegetationsgesellschaft aus Quercus iberica, Juniperus oblonga und J. virginia- na mit entsprechender Begleitflora aus Steppenelementen und Trockenrasen (Fig. 4) an offenen Stellen. Durch Beweidung sind hier aber an solchen trockenen Standorten auch offene Gras- länder entstanden, in denen häufig auch Federgras-Arten auftreten. Besonders ein- drucksvoll zeigte sich dies auf dem Rücken zwischen dem Süd- und Nordhang, an dem die Steppenelemente an wenigen offenen, meist sehr steilen Hangpartien zu finden waren. Weiter unterhalb nahmen Dornsträucher und gehölzfreie Flächen zu, um dann an den trockensten Standorten in eine gehölzfreie, durch Beweidung ent- standene Steppe überzugehen. Protokoll: Svenja Spitzer & Annika Korsten Herbar: Nicole Ehrenfried & Sarah Sensen Mzcheta und Siogvime (Wacholderwälder und Trockenrasen) Standort 8: Kloster von Siogvime 41°51.643’ N / 44°38.701’ E; Höhe: 840 m a.s.l. In dieser Region ist die natürliche Vegetation durch anthropogene Beeinflussung größtenteils in Steppenvegetation umgewandelt worden. In den Wäldern kommen endemische Baumarten vor, die die einstige natürliche Vegetation repräsentieren.
11 Buglossoides purpurocaeruleum (Boraginaceae) Carpinus orientalis (Betulaceae) Cephalanthera damasonium (Orchidaceae) Cephalanthera longifolia (Orchidaceae) Cornus spec. (Cornaceae) Euonymus latifolia (Celastraceae) Euonymus verrucosa (Celastraceae) Fraxinus orientalis (Oleaceae) Juniperus oblonga (Cupressaceae) Juniperus virginiana (Cupressaceae) Laser trilobum (Apiaceae) Lonicera spec. (Caprifoliaceae) Peucedanum spec. 2 (Apiaceaee) Polygonatum spec. (Convallariaceae) Quercus iberica (Fagaceae) Standort 9: Kapelle 41°51.508’ N / 44°38.814’ E; Höhe: 950 m a.s.l. Trockenrasen mit Steppenelementen auf dem Rücken zwischen dem Süd- und dem Nordhang. Adonis spec. (Ranunculaceae) Asperula arvensis (Rubiaceae) Asperula spec. 1 (Rubiaceae) Chamaecytisus hirsutus (Fabaceae) Colutea orientalis (Fabaceae) Cotinus coggyria (Anacardiaceae) Cotoneaster cf. multiflorus (Rosaceae) Echium russicum (Boraginaceae) Ephedra major (Ephedraceae) Euphorbia agaria (Euphorbiaceae) Euphorbia condylocarpa (Euphorbiaceae) Galium spec. (Rubiaceae) Genista transcaucasica (Fabaceae) Helianthemum spec. (Cistaceae) Lathyrus roseus (Fabaceae) Melica picta (Poaceae) Onobrychis kachetica (Fabaceae) Onobrychis radiata (Fabaceae) Orchis simia (Orchidaceae) Paliurus spina-christi (Rhamnaceae) Phelypaea coccinea (Orobanchaceae) Primula spec. 1 (Primulaceae) Sedum caucasicum (Crassulaceae) Stachys iberica (Lamiaceae) Stipa spec. (Poaceae) Tamarix spec. (Tamaricaceae) Tuberaria guttata (Cistaceae) Vicia spec. 1 (Fabaceae) Viscum album (Santalaceae) Zosima orientalis (Apiaceae)
12 Standort 10: Bergrücken 41°51.508’ N / 44°38.814’ E; Höhe: 840 m a.s.l. Begehung des Südhanges mit Trockenrasen bis zum Kamm; viele Dornsträucher und Dornbusch. Die Vegetation des Nordhangs ist an mehr Feuchtigkeit angepasst. Astragalus spec. 5 (Fabaceae) Bellevalia spec. 1 (Hyacinthaceae) Dictamnus albus (Rutaceae) Elaeagnus angustifolia (Elaeagnaceae) Jurinea consanguinea (Asteraceae) Orobanche cf. nana (Orobanchaceae) Phelypaea coccinea (Orobanchaceae) Prangos ferulacea (Apiaceae) Rhamnus spec. (Rhamnaceae) Scutellaria orientalis (Lamiaceae) Spiraea hypericifolia (Rosaceae) Stachys iberica (Lamiaceae) Tulipa eichleri (Liliaceae) Vincetoxicum funebre (Apocynanceae)
Mittwoch, 23.5.2006 und Donnerstag, 24.5.2006 Die kolchischen Wälder in West-Georgien - die Täler von Dekhva-, Bsoniza- und Chakvi-Tzkhali - Die Kolchis ist klimatisch durch milde Tempera- 160 Kutaisi: 116 m a.s.l. 160 150 42°16’N/42°38’E 150 turen und ganzjährige Niederschläge gekenn- 140 N = 1333 mm 140 T = 14,4 °C zeichnet (Fig. 5). Das Niederschlagsmaximum 130 130 120 120 liegt generell im Winterhalbjahr und ist gebunden 110 110 Niederschlag [mm] an den Durchzug der wandernden Zyklonen der 100 100 Temperatur [°C] 90 90 Westwinddrift zum Vorderen Orient. Im Sommer 80 80 70 70 entwickelt sich durch die Auswirkung des 60 60 Schwarzen Meeres ein Land-See-Wind-System 50 50 °C 40 40 mit der Konsequenz einer lokalen, gewitterbürti- 30 30 gen Zyklogenese, die Schauerniederschläge 20 20 10 10 verursacht. Die Kombination beider Nieder- 0 0 J F M A M J J A S O N D schlagsregimes macht die Kolchis in Verbindung Fig. 5: Jahresgang des Nieder- schlags und der Temperatur an der mit warmen subtropischen Temperaturen und Station Kutaisi (Kolchis) der maritimen Wirkung des Schwarzen Meeres, die sich an der geringen Jahresamp- litude der Temperatur äußert, zu einer der fruchtbarsten Gegenden der Erde (vgl. Fig. 5). Die ganzjährige Niederschlagsverteilung ist für alle Landesteile in Georgien typisch, wenn auch mit sukzessiv abnehmender Tendenz vom Schwarzen Meer in Richtung des Kaspischen Meeres. Die umschriebene klimatische Konfiguration führte in der Kolchis zu einer intensiven tiefgründigen chemischen Verwitterung, die durch Bildung mächtiger Rotlehmdecken, zum Beispiel in der Umgebung von Batumi, dokumentiert ist. Auf diesen Böden wur- den in der Sowjetzeit vor allem Teeplantagen angelegt. Heute liegen sie aber größ- tenteils brach und sind mit Adlerfarn (Pteridium aquilinum) überwuchert oder sind zum Teil der Gartenkultur und dem Gemüseanbau für die städtische Versorgung ge- wichen. Die Fruchtbarkeit der Böden insbesondere in der Region um Batumi ist nicht zuletzt die Konsequenz des Vorkommens von lokal eng begrenzten basischen und intermediären tertiären Vulkaniten, die im Zuge der Heraushebung des Surami- Gebirges und des Kleinen Kaukasus entstanden sind. Die Vulkanite verwittern unter warm-feuchten subtropischen Klimabedingungen beinahe zu Grus und zeigen eine Art Schalenverwitterung (Fig. 6).
14 © Daud Rafiqpoor, 23. Mai 2007 Fig. 6: Schalenverwitterung der Basalte und Andesite und ihre Vergrusung und Verwitterung zum Rot- lehm im unteren Dekhva-Tzkhali Im Bereich der während der zwei Exkursionstage besuchten Täler von Dekhva-, Bsoniza- und Chakvi-Tzkhali beobachtet man einen deutlichen Fazieswechsel von dunklen basischen Vulkaniten (Basalte, Andesite) im unteren Bereich der Täler zu helleren intermediären und zum Teil sogar sauren Vulkaniten (Rhyodazit, Rhyolit) in den oberen Tallagen. Aus den unterschiedlichen Gesteinstypen sind verschiedene Böden hervorgegangen als Standorte für die artenreiche Flora der Kolchis. Die Exkursion in die Kolchis führte uns also in einen artenreichen kolchischen Wald mit laubwerfender Hauptbaumschicht (Fagus orientalis, Castanea sativa, Carpinus orientalis, Tilia caucasica und Alnus glutinosa ssp. barbata) und vorwiegend immer- grüner unterer Baum- und Strauchschicht (Prunus laurocerasus, Rhododendron pon- ticum und Ilex colchica). Bemerkenswert an diesem Standort waren alte, hohe Ex- emplare von Taxus baccata. Weiterhin kennzeichnend waren immergrüne Lianen (Hedera colchica und Smilax aspera) und zahlreiche Farnarten darunter als Beson- derheit den Hautfarn Hymenophyllum tumbrigense (insgesamt mindestens 17 Arten).
15 Zunächst durchquerten wir auf einem unbefestigter Weg (ca. 5 km) Kulturland, das vorwiegend aus aufgelassenen Tee- sowie Walnuss- (Juglans mandschurica) und Citrus-Pflanzungen sowie einige Gemüsegärten bestand. Die Baum- und Straucharten können lokal anders zusammengesetzt sein. So fanden wir an einem zweiten Standort größere Exemplare von Ulmus elliptica und ein ver- mehrtes Auftreten von Castanea sativa. Auffallend war hier dass häufige Vorkommen immergrüner Buxus colchica („Bsa“ bedeutet Buchsbaum und das Tal hat davon sei- nen Namen) in der Strauchschicht. Als weitere typisch kolchische Art ist hier Staphy- lea pinnata hervorzuheben. Tal des Dekhva (Kolchischer Wald) Protokoll: Nils Köster & Conny Löhne Herbar: Jasmin Obholzer & Anke Stein Sehr tiefgründig verwitterte Böden (durch feucht-subtropisches Klima) auf tertiären Vulkaniten (z.T. Basalte); hohe Niederschläge (bis 3000 mm/a); Restschneefelder im Mai an den nur ca. 700-800 m hohen Kammlagen. Standort 11: Weg aufwärts zum Hymenophyllum-Standort 41°45.174’ N / 41°50.110’ E; Höhe: 150 – 270 m a.s.l. Unbefestigter Weg (ca. Anthoceros cf. caucasicum (Anthoceraceae) 5 km) durch Kulturland; Camellia sinensis (Theaceae) Citrus cf. medica (Rutaceae) vorwiegend Tee-, Wal- Clinopodium umbrosum (^Lamiaceae) nuss- (Juglans mand- Daphne glomerata (Thymelaeaceae) Duchesnea indica (Rosaceae) schurica) und Citrus- Hypericum androsaemum (Hypericaceae) Pflanzungen sowie ei- Hypericum spec. (Hypericaceae) Juglans mandshurica (Juglandaceae) nige Gemüsegärten auf Oplismenus burmannii (Poaceae) Paulownia tomentosa (Paulowniaceae) ehemaligem Standort Polypodium cambricum (Polypodiaceae) des kolchischen Wal- Pteridium aquilinum (Hypolepidaceae) Pteris cretica (Pteridaceae) des; Tee-Pflanzungen Robinia pseudoacacia (Fabaceae) größtenteils aufgege- Sambucus ebulus (Adoxaceae) Scrophularia lunariifolia (Scrophulariaceae) ben und mit Pteridium Scrophularia peregrina (Scrophulariaceae) aquilinum überwach- Smilax excelsa (Smilacaceae) sen.
16 Standort 12: Hymenophyllum-Standort am Ende der Strasse 41°44.410’ N / 41°50.409 E; Höhe: 225 m a.s.l. Artenreicher kolchischer Wald mit laubwerfender Hauptbaumschicht und vorwiegend immergrüner unterer Baum- und Strauchschicht sowie zahlreichen Farnarten. Alnus glutinosa ssp. barbata (Betulaceae) Hymenophyllum tunbringense (Hymenophyllaceae) Aristolochia cf. pontica (Aristolochiaceae) Ilex colchica (Aquifoliaceae) Arum spec.nov. (Araceae) Matteuccia struthiopteris (Woodsiaceae) Asplenium adiantum-nigrum (Aspleniaceae) Oreopteris limbosperma (Thelypteridaceae) Asplenium septentrionale (Aspleniaceae) Paris incompleta (Melanthiaceae) Asplenium trichomanes (Aspleniaceae) Polystichum braunii (Dryopteridaceae) Athyrium filix-femina (Athyriaceae) Polystichum setiferum (Dryopteridaceae) Blechnum spicant (Blechnaceae) Polystichum woronowii (Dryopteridaceae) Carpinus orientalis (Betulaceae) Prunus laurocerasus (Rosaceae) Castanea sativa (Fagaceae) Pteris cretica (Pteridaceae) Dentaria bulbifera (Brassicaceae) Rhododendron luteum (Ericaceae) Dryopteris affinis (Dryopteridaceae) Ruscus colchicum (Ruscaceae) Dryopteris carthusiana (Dryopteridaceae) Sambucus nigra (Adoxaceae) Dryopteris cf. dilatata (Dryopteridaceae) Smilax excelsa (Smilacaceae) Fagus orientalis (Fagaceae) Tamus edulis (Dioscoreaceae) Galeobdolon luteum (Lamiaceae) Taxus baccata (Taxaceae) Hedera colchica (Araliaceae) Tilia caucasica (Tiliaceae) Hookeria lucens (Hookeriaceae) Ulmus elliptica (Ulmaceae) Standort 13: Direkt unterhalb Standort 12 am Bach Bachbegleitende Vegetation und helle Waldbereiche, z.T. auf Felsen Aruncus dioicus (Rosaceae) Carex pendula (Cyperaceae) Chrysosplenium dubium (Saxifragaceae) Conocephalum salebrosum (Marchantiaceae) Lemanea fluviatilis (Rhodophyta) Luzula forsteri (Juncaceae) Mnium undulatum (Mniaceae) Pachyphragma macrophyllum (Brassicaceae) Petasites albus (Asteraceae) Ranunculus cappadocicus (Ranunculaceae) Rubus spec. (Rosaceae) Saxifraga cymbalaria (Saxifragaceae) Trachystemon orientale (Boraginaceae)
17 Bsoniza-Flusstal Protokoll: Jasmin Obholzer & Anke Stein Herbar: Iris Kiefer & Katja Rembold Standort 14: Wegesrand, Bachufer; Beweidung durch Kühe 41°41.440’ N / 41°50.063’ E; Höhe: 160 m a.s.l. Kolchischer Wald ähnlich dem Vortag, allerdings geprägt durch größere Exemplare von Ulmus elliptica und häufiges Vorkommen von Castanea sativa und dem immer- grünen Buxus colchica in der Strauchschicht sowie Staphylea pinnata als typisch kol- chische Art. Acer spec. (Sapindaceae) Hypericum bupleuroides (Hypericaceae) Adiantum capillus-veneris (Adiantaceae) Juglans mandshurica (Juglandaceae) Ajuga reptans (Lamiaceae) Lamium spec. 1 (Lamiaceae) Alnus glutinosa ssp. barbata (Betulaceae) Leontodon danubialis (Asteraceae) Aruncus dioicus (Rosaceae) Leontodon/ Crepis spec. (Asteraceae) Asplenium septentrionale (Aspleniaceae) Lysimachia spec. (Myrsinaceae) Asplenium trichomanes (Aspleniaceae) Matteuccia struthiopteris (Woodsiaceae) Athyrium filix-femina (Athyriaceae) Omphalodes cappadocica (Boraginaceae) Blechnum spicant (Blechnaceae) Oplismenus burmannii (Poaceae) Buxus colchica (Buxaceae) Oreopteris limbosperma (Thelypteridaceae) Cardamine spec. (Brassicaceae) Pachyphragma macrophyllum (Brassicaceae) Castanea sativa (Fagaceae) Paulownia tomentosa (Paulowniaceae) Corylus avellana (Betulaceae) Petasites albus (Asteraceae) Corylus colchica (Betulaceae) Plantago major (Plantaginaceae) Dryopteris affinis (Dryopteridaceae) Polygonum spec. (Polygonaceae) Euonymus latifolia (Celastraceae) Polystichum woronowii (Dryopteridaceae) Ficus spec. (Moraceae) Prunus laurocerasus (Rosaceae) Fragaria spec. (Rosaceae) Pteridium aquilinum (Hypolepidaceae) Frangula alnus (Rhamnaceae) Pteris cretica (Pteridaceae) Hedera colchica (Araliaceae) Ranunculus cappadocicus (Ranunculaceae) Heracleum spec. (Apiaceae) Ranunculus spec. (Ranunculaceae) Hydrocotyle spec. (Araliaceae) Rhamnus frangula (Rhamnaceae) Hypericum androsaemum (Hypericaceae) Rhamnus pallasii (Rhamnaceae)
18 Chakviszkhali-Flußtal Standort 15: Wegesrand, Bachufer; Beweidung durch Kühe 41°41.541’ N / 41°50.300 E’; Höhe: 150 m a.s.l. Bsoniza- und Chakviszkhali fließen an dieser Stelle zusammen. Die Vegetation ist in den beiden Tälern sehr ähnlich. Als kolchisches Tertiär-Relikt ist hier das baumförmi- ge Vaccinium arctostaphylos hervorzuheben. Acer spec. (Sapindaceae) Aira spec. (Poaceae) Alnus glutinosa ssp. barbata (Betulaceae) Anagallis spec. (Myrsinaceae) Asplenium adiantum-nigrum (Aspleniaceae) Asplenium septentrionale (Aspleniaceae) Asplenium trichomanes (Aspleniaceae) Blechnum spicant (Blechnaceae) Buxus colchica (Buxaceae) Castanea sativa (Fagaceae) Corylus avellana (Betulaceae) Corylus colchica (Betulaceae) Dryopteris cf. dilatata (Dryopteridaceae) Fagus orientalis (Fagaceae) Fragaria spec. (Rosaceae) Juglans mandshurica (Juglandaceae) Matteuccia struthiopteris (Woodsiaceae) Plantago major (Plantaginaceae) Polygonatum spec. (Convallariaceae) Polystichum woronowii (Dryopteridaceae) Pteridium aquilinum (Hypolepidaceae) Rhododendron luteum (Ericaceae) Rubus spec. (Rosaceae) Sambucus ebulus (Adoxaceae) Sedum spec. (Crassulaceae) Silene compacta (Caryophyllaceae) Smilax excelsa (Smilacaceae) Vaccinium arctostaphylos (Ericaceae) Veronica spec. 1 (Plantaginaceae)
Freitag, 25.5.2006 Rückfahrt von Adjarien nach Tiflis Das Surami-Gebirge - Ausläufer der kolchischen Wälder - Nachdem die Hinfahrt von Tiflis nach Batumi mit dem Nachtzug erfolgte und uns die Schönheit der Landschaft verborgen blieb, hatten wir auf der Rückfahrt doch noch die Gelegenheit, den Übergang von den perhumiden kolchischen Wäldern im Wes- ten in die sub- bis semihumiden Waldformationen im Zentrum des transkaukasischen Beckens in Augenschein zu nehmen und zugleich auch zu beobachten, wie sich der Fazieswechsel des geologischen Gesteinsuntergrundes von den quartären und terti- ären Ablagerungen des Rioni-Beckens über das Mesozoikum der Gebirgsvorländer in das Paläozoikum des zentralen Surami-Gebirges vollzieht. Das tektonisch wäh- rend des Jungtertiärs herausgehobene Surami-Gebirge teilt die einstige transkauka- sische Senke im südlichen Vorland des Großen Kaukasus, die vom schwarzen bis zum Kaspischen Meer reichte, in zwei Abschnitte: Das Becken von Rioni im Westen und das von Mtkwari im Osten. Das Nord-Süd-verlaufende Surami-Gebirge bildet als tektonisch herausgehobenes Verbindungsglied zwischen dem Großen und dem Klei- nen Kaukasus zugleich auch eine markante Klimascheide zwischen dem perhumiden Rioni-Becken in der Kolchis und der semihumiden Mtkwari-Senke im Osten. An der Westabdachung dieser Klimascheide fällt ein Großteil sowohl der zyklonalen Nieder- schläge im Winter als auch der Gewitterregen im Sommer, ehe sie in abgeschwäch- ter Form die Kammlagen dieses Massivs überwinden, um mit sukzessive abnehmen- der Niederschlagsintensität nach Osten zu ziehen. Dieser West-Ost-Wandel des Feuchtigkeitsregimes prägt in Verbindung mit in gleicher Richtung zunehmender po- tentieller Landschaftsverdunstung (LAUER & RAFIQPOOR 2002) die räumliche Anord- nung der Vegetationsformationen. Während der Fahrt entlang des Rioni-Flusses in Richtung Tiflis hatten wir links und rechts einen grandiosen Blick auf den Kleinen und den Großen Kaukasus, deren Kammlagen im Frühjahr noch im Schnee verhüllt waren. Die geologischen Verhält- nisse entlang der Route Batumi-Tiflis kann man wie folgt charakterisieren: Die Küstenregion des Schwarzen Meeres wie auch die Senke des Rioni-Flusses sind mit Quartären Sanden und Kiesen aufgefüllt, die von den Flüssen aus dem Großen und Kleinen Kaukasus sowie aus dem Surami-Gebirge selbst ins Tiefland verfrachtet
20 wurden. Alle aus diesen drei großen Gebirgsmassiven stammenden Flüsse fließen recht schnell und haben wegen kurzer Vertikaldistanz zum Schwarze Meer als Be- zugsbasis eine enorme Erosionskraft. Sie führen insbesondere in der Schnee- schmelzperiode im Frühjahr zu Überschwemmungen und Umlagerungen von Materi- al aus dem umliegenden Gebirge ins Tiefland. Quasi vor den Toren der Stadt Kutaisi verlässt man das Quartär-Becken und betritt das Tertiär der Rioni-Senke, welches in der gleichen Faziesabfolge aus Sandsteinen, Konglomeraten, Tonen und Mergeln aufgebaut ist, die wir aus der Umgebung von Tiflis bereits kennen. Hinter Kutaisi gelangt man in die Engtalstrecke des Rioni- Flusses, und man beobachtet rechter Hand dickbankige dunkle Kalke. Es sind Abla- gerungen der Jura-Formationen, die uns zum ersten Mal hier begegnen. Sie beglei- ten uns in wechselnder Faziesabfolge aber nur für eine kurze Zeit. Bereits hinter der Talenge tritt das kristalline präkambrische Grundgebirge zutage. Es besteht aus Migmatiten, Gneisen, Glimmerschiefern, Amphibolitschiefern, Graniten, Dioriten, Granodioriten und Quarzdioriten. An dem Standort, an dem wir den von Eberhard Fischer lange ersehnten Farn (Polystichum-Hybride) an der Straße neben dem Ke- ramikladen entdeckten, waren schon die kristallinen Tiefengesteine (Granodiorite) aufgeschlossen, aus denen braune Waldböden entstanden sind. Am Standort Nr. 16 bei Chewi trat ein Granitmassiv zutage, das sich durch rote Feld- späte als Syenith ansprechen lässt. Auch aus diesem Gestein sind braune Waldbö- den hervorgegangen, auf denen Fagus orientalis- und Carpinus orientalis-Wälder stocken mit violett und weiß blühenden Rhododendron colchicum und Prunus lauro- cerasus als Strauchschicht (Fig. 7) sowie einer artenreichen Krautschicht. Auch die Passregion des Surami-Kedi (Fig. 8), wo wir den gelb blühenden Rhodo- dendron luteum im Unterwuchs der Fagus orientalis-Wälder in Augenschein nehmen konnten, liegt in diesem Kristallin-Massiv. Östlich des Passes geht recht bald das Kristallin-Massiv erneut in die Abfolge der Jura- und Kreideformation über. Der Ort Surami liegt bereits in der oberen Kreideformation des Gebirgsvorlandes in der obe- ren Kartli-Niederung. In der Höhe der Ortschaft Khashuri gelangen wir schließlich in das Neogen (Jungtertiär), das uns dann in bekannter Faziesabfolge bis Tiflis beglei- tet.
21 © Daud Rafiqpoor, 25. Mai 2007 Fig. 7: Fagus orientalis-Wälder am Surami-Kedi mit Rhododendron colchicum und Prunus laurocera- sus als Strauchschicht Suramigebirge, Westseite Protokoll: Annika Korsten & Christoph Heibl Herbar: Iris Kiefer & Katja Rembold Standort 16: Bei Chewi, Flußbett und steile Böschung 42°04.863’ N / 43°28.520’ E; Höhe: 690 m a.s.l. Fagus-orientalis-Wald, kurz vor dem Straßentunnel, westlich des Passes: Das Grundgebirge des surami kedi wird durch kristalline Schiefer, Migmatite, Gneise, Amphibolite, Granite, Granodiorite und verschiedene Vulkanite aus dem Präkambri- um aufgebaut. Die Vegetation ist im Vergleich zu dem Tiefländern der Kolchis noch relativ ungestört, stellenweise waren aber Beweidungsspuren auszumachen. Der Wald am Standort 16 wird von Fagus orientalis dominiert und weist einen sehr dichten Unterwuchs auf. Kolchische Tertiärrelikte sind hier noch sehr stark repräsentiert.
22 Acer laetum (Sapindaceae) Juncus spec. (Juncaceae) Actaea spicata (Ranunculaceae) Linaria genistifolia (Plantaginaceae) Alnus glutinosa ssp. barbata (Betulaceae) Matteuccia struthiopteris (Woodsiaceae) Arum spec.nov. (Araceae) Myosotis spec. (Boraginaceae) Aruncus dioicus (Rosaceae) Neottia nidus-avis (Orchidaceae) Asplenium septentrionale (Aspleniaceae) Paris incompleta (Melanthiaceae) Cardamine tuberosa (Brassicaceae) Petasites spec. 2 (Asteraceae) Carpinus orientalis (Betulaceae) Polygonatum spec. (Convallariaceae) Castanea sativa (Fagaceae) Polystichum braunii (Dryopteridaceae) Cicerbita spec. (Asteraceae) Prunus laurocerasus (Rosaceae) Corylus avellana (Betulaceae) Pyrus spec. (Rosaceae) Cynoglossum spec. (Boraginaceae) Rhododendron luteum (Ericaceae) Dryopteris affinis (Dryopteridaceae) Ruscus colchicum (Ruscaceae) Dryopteris filix-mas (Dryopteridaceae) Ruscus ponticus (Ruscaceae) Equisetum telmateia (Equisetaceae) Euonymus latifolia (Celastraceae) Sambucus ebulus (Adoxaceae) Euonymus spec. (Celastraceae) Scrophularia spec. 3 (Scrophulariaceae) Euphorbia spec. 1 (Euphorbiaceae) Tamus edulis (Dioscoreaceae) Fagus orientalis (Fagaceae) Tilia caucasica (Tiliaceae) Galium odoratum (Rubiaceae) Trachystemon orientale (Boraginaceae) Hedera pastuchowii (Araliaceae) Veronica spec. 2 (Plantaginaceae) Ilex colchica (Aquifoliaceae) Viola cf. kitaibeliana (Violaceae) Juncus effusus (Juncaceae) Viola reichenbachiana (Violaceae) Suramigebirge, Ostseite Protokoll: Annika Korsten & Christoph Heibl Herbar: Iris Kiefer & Katja Rembold Standort 17: Straßenböschung östl. des Passes 42°04.838 N / 43°28.262 E; Höhe: 630 m a.s.l. Kurzer Halt wegen Rhododendron luteum (Fig. 8) an der Ostseite des Surami- Gebirges. Wald ähnlich dem der Westseite, allerdings sollten hier die immergrünen Elemente nicht mehr so häufig sein, was aber nicht genauer angesehen wurde. Rododendron luteum (Ericaceae) Beim endgültigen Verlassen des Surami-Gebirges gelangt man in das Becken von Gori, das aus neogenen Schichten aufgebaut und im engeren Flusstalbereich mit quartären Sanden und Kiesen aufgefüllt ist, in denen mehrere Terrassenniveaus ein- geschaltet sind. In dem breiten, zwischen dem Großen und dem Kleinen Kaukasus liegenden fruchtbaren Becken des inneren Kartli östlich des Surami-Gebirges wird vornehmlich Getreideanbau betrieben. Die Gebirgsabdachungen beiderseits des Be- ckens sind der Beweidung vorbehalten. Die Getreidefelder auf tiefgründigen braunen
23 Steppenböden sind reich an Ackerbegleitflora, vor allem Papaver und Consolida ori- entalis, die im Frühjahr ein buntes Bild bietet (Foto: 9). © Daud Rafiqpoor, 25. Mai 2007 Fig. 8: Blick vom Surami-Paß Richtung Osten. Deutlich erkenntlich ist die rosa Farbe des Granitgruses entlang des rechten Straßenrands. Die Fagus orientalis-Wälder werden an dieser Stelle vom gelb blühenden Rhododendron luteum (kleines Bild) als Unterwuchs begleitet © Daud Rafiqpoor, 31. Mai 2007 Fig. 9: Ackerbegleitflora im Becken des Inneren Kartli. Farbgebend sind Papaver (rot) und Consolida orientalis (lila). Ist das nicht ein Monet par excellence?
Sonntag, 27.5.2006 Sedaseni (Wälder) – Dzvari (Trockenrasen, Steppen) Auch in der Region um Sedaseni lässt sich, ähnlich wie in der Umgebung der Klos- teranlage Siogvime, ein klarer asymmetrischer Aufbau der Vegetationsformationen in Abhängigkeit von der Exposition beobachten. Die feuchten nordexponierten Hänge des Sedaseni-Gebirges sind mit Fagus orientalis- und Carpinus orientalis-Wäldern bedeckt mit einem reichen Unterwuchs vor allem aus Orchideen- (Ophrys spec., Or- chis purpurea etc.) und andere Geophyten (z.B. Ornithogalum magnum). Insbeson- dere in den höheren Lagen nimmt der Geophyten-Anteil in den naturnahen Fagus orientalis und Carpinus orientalis-Wäldern zu. Im gesamten östlichen Teil Georgiens sind die Wälder der Nordabdachungen im Sedaseni-Nationalpark der einzige Stand- ort, an dem noch einige kolchische Elemente, wie z.B. die an dieser Stelle boden- kriechende Ilex colchica, als Zeigerpflanzen für höhere Feuchtigkeit auftreten. Die südexponierten Hänge sind auch hier wie in der Mzcheta-Siogvime-Region trocke- ner. Von den Feuchtwäldern der Höhenlagen des Sedaseni-Klosters in Richtung des Dzvari-Klosters erfolgt eine hygrische Abstufung von den humiden Fagus orientalis- Wäldern zunächst in semihumide reine Quercus-Wälder und später in die semiariden Quercus-Juniperus-Wälder und schließlich in aride Steppen- und Trockenrasen- Formationen. Die Beobachtung dieser interessanten Abfolge war uns leider nicht vergönnt, da wir im Wald den Weg in Richtung Dzvari-Kloster verloren. Während ei- ner Tagesexkursion von Didgoori nach Mzcheta konnte zumindest ein Teil der Ex- kursionsteilnehmer einige Tage später diese Vegetationsabfolge in Augenschein nehmen (vgl. das Bergland von Didgoori). Geologisch befinden wir uns auch im Berg- land von Sedaseni nach wie vor im Neogen (Jungtertiär). Die Faziesverhältnisse sind denen der Mzcheta- und Siogvime-Region gleich (s.o.). Die Landschaft ist aber hier im Vergleich zur Mzcheta-Siogvime-Region etwas großzügiger und erweckt nicht un- bedingt den Eindruck einer enggestaffelten Schichtkammlandschaft, sondern hat e- her den Charakter einer breiter angelegten Schichtstufenlandschaft.
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