Gesetzentwurf für Mindestlohn schwächt Tarifautonomie und schafft Einstiegsbarrieren am Arbeitsmarkt

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Gesetzentwurf für Mindestlohn schwächt
Tarifautonomie und schafft
Einstiegsbarrieren am Arbeitsmarkt
Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur „Stärkung der Tarifautonomie“

Juni 2014

                                                 ren, dürfen nicht durch einen gesetzlichen
                                                 Mindestlohn verdrängt werden. Das muss für
Zusammenfassung
                                                 bereits bestehende Tarifverträge ebenso wie
Die Tarifautonomie in Deutschland stellt eine    für zukünftige Tarifvereinbarungen gelten.
Erfolgsgeschichte dar. Koalitionsfreiheit und
Tarifautonomie haben sich in den zurücklie-      Der Gesetzentwurf sieht aber nicht einmal
genden Jahrzehnten immer wieder bewährt          für bereits bestehende und bis zum Ende der
und als anpassungs- und wandlungsfähig           Übergangsfrist am 1. Januar 2017 noch zu-
erwiesen. Ein wichtiges Beispiel ist die Un-     stande kommende Tarifverträge einen hin-
terstützung bei der Bewältigung der Folgen       reichenden, die Tarifautonomie wahrenden
der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009.      Schutz vor. Denn nach der Übergangsrege-
Die Tarifvertragsparteien haben verantwor-       lung ist Voraussetzung dafür, bestehende
tungsvoll Unternehmen und Arbeitnehmer           oder bis zum 1. Januar 2017 abgeschlosse-
geholfen, die Folgen der Krise für den Ar-       ne Tarifverträge von der Geltung des Min-
beitsmarkt abzufedern.                           destlohns nur dann auszunehmen, wenn die
                                                 entsprechenden Vereinbarungen nach dem
Es ist Aufgabe und Verantwortung des Staa-       AEntG durch Rechtsverordnung erstreckt
tes, die Tarifautonomie zu bewahren und          werden. Dies setzt bundesweit geltende Ta-
Arbeitgebern ebenso wie Gewerkschaften           rifverträge über Mindestentgelte voraus.
Rechtssicherheit und Rechtsklarheit durch        Noch nicht einmal alle geltenden Mindes-
einen gesetzlichen Rahmen an die Hand zu         tentgeltsätze in Tarifverträgen beruhen aller-
geben, damit Arbeitgeber und Arbeitnehmer        dings auf bundesweiten Vereinbarungen.
wissen, woran sie sind und was für sie gilt.     Daher bedarf es sowohl für die Zukunft, wie
                                                 für bestehende Tarifverträge einer Vorschrift,
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung            die den Vorrang von Tarifvereinbarungen
zum „Tarifautonomiestärkungsgesetz“ erfüllt      gegenüber gesetzlichen Festsetzungen ge-
diese Vorgaben nicht. Der Mindestlohn so-        nerell sicherstellt.
wie die übrigen Änderungen im Tarifver-
tragsgesetz (TVG) und Arbeitnehmer-              Für zukünftige Anpassungen des Mindest-
Entsendegesetz (AEntG) werden die Tarifau-       lohns muss ein Weg gefunden werden, diese
tonomie schwächen und den Arbeitsmarkt           Anpassungen staatsfern zu gestalten. Tarif-
erheblich belasten. Der vorgelegte Gesetz-       verhandlungen und Tarifvereinbarungen dür-
entwurf bedarf daher an vielen Stellen der       fen durch die Arbeit der im Gesetzentwurf
Korrektur.                                       vorgesehenen Mindestlohnkommission nicht
                                                 übermäßig beeinträchtigt werden. Die Min-
Um die Tarifautonomie zu schützen, muss          destlohnkommission darf nicht zum Deck-
ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn Tarif-   mantel für neue staatlich gesetzte Eingriffe in
verträgen Vorrang einräumen. Entgeltverein-      die Tarifautonomie werden.
barungen, die auf Tarifvereinbarungen basie-
Beratungen in der Kommission sind keine                       den junge Menschen vor, in und besonders
Tarifverhandlungen. Die Tätigkeit der Kom-                    nach einer Ausbildung in der Möglichkeit er-
missionsmitglieder hat mit Tarifautonomie                     heblich beschränkt, zur Berufsorientierung
nichts zu tun. Die Kommission ist keine                       Praktikumsverhältnisse zu vereinbaren.
Kommission der Tarifpartner, sondern eine
Kommission der Bundesregierung. Die                           Der Gesetzentwurf bedroht schließlich die
Kommission kann weder den Ausgangsmin-                        Arbeitsvertragsgestaltung sowie in Tarifver-
destlohn festsetzen noch kann sie über Aus-                   trägen und Betriebsvereinbarungen geregel-
nahmen nach Branchen und Regionen oder                        te Sachverhalte, wie zum Beispiel die Ar-
über Differenzierung nach Qualifikation und                   beitszeitflexibilität in Deutschland. So haben
Dauer der Beschäftigung entscheiden. Daher                    Arbeitszeitkonten in der Krise 2008/2009
darf der Mindestlohn nicht Gegenstand von                     wesentlich dazu beigetragen, den Abbau von
Abstimmungen in dieser Kommission wer-                        Personal zu vermeiden. Arbeitszeitflexibilität
den. Für die zukünftigen Anpassungen kann                     ist für den Produktions- und Dienstleistungs-
es zum Schutz der Tarifautonomie nur einen                    standort Deutschland unverzichtbar, um Be-
Maßstab geben: Die Tarifentwicklung der                       schäftigung zu sichern und attraktiv für die
jeweiligen zurückliegenden Jahre. Diese Ta-                   Eröffnung neuer Beschäftigungschancen zu
rifentwicklung ist Ausdruck dessen, was in                    bleiben. Sicher ist es nicht gewollt, diese Ar-
echten Tarifverhandlungen vereinbart wird.                    beitszeitflexibilität in Frage zu stellen. Die
Nur so lässt sich verhindern, dass die staat-                 konkreten Regelungen im Gesetzentwurf
lich eingesetzte Mindestlohnkommission ein                    begründen aber genau diese Gefahr.
Präjudiz für zukünftige Tarifverhandlungen
setzt.                                                        Ebenso werden durch den Entwurf Aus-
                                                              schlussfristen, die Rechtssicherheit und
Auch die im Gesetzentwurf vorgesehene                         Rechtsklarheit für das Arbeitsverhältnis be-
jährliche Anpassung des Mindestlohns be-                      deuten, Stücklohnvereinbarungen und ande-
droht die tarifautonome Festsetzung von Ar-                   re übliche und typische Regelungen in Frage
beitsentgelten. Die Mehrheit der Tarifverträ-                 gestellt. Das ist nicht Aufgabe eines Mindest-
ge dauert schon heute über einen längeren                     lohns und ist auch nicht mit dem Koalitions-
Zeitraum als ein Jahr. In einigen Tarifverträ-                vertrag vereinbar, der die Einführung eines
gen reicht dieser Zeitraum sogar über zwei                    Mindestlohns, aber nicht die Infragestellung
Jahre hinaus. Daher sollte sich der Gesetz-                   des deutschen Arbeitsrechts im Übrigen, an-
geber auch insoweit daran orientieren, was                    gekündigt hat.
tariflich gelebte Praxis ist. Es ist notwendig,
den Zeitraum für die Anpassung auf mindes-                    Der Beschluss der Bundesregierung umfasst
tens zwei Jahre anzuheben.                                    neben dem Mindestlohngesetz Änderungen
                                                              im Recht der AVE von Tarifverträgen nach
Für junge Menschen ohne ausreichende                          dem TVG und im AEntG. Diese Änderungen
Qualifikation und mit großen Vermittlungs-                    können den Charakter der AVE in Deutsch-
hemmnissen wird der Einstieg in Arbeit                        land nachhaltig verändern und sind geeignet,
durch den Mindestlohn erheblich erschwert                     die Erstreckung von Tarifverträgen erheblich
werden. Bei diesen Beschäftigten wird mit                     zu erleichtern. Das schwächt die Tarifauto-
einem Mindestlohn i.H.v. 8,50 € die Bereit-                   nomie und geht deutlich über den Koalitions-
schaft beeinträchtigt, eine Ausbildung aufzu-                 vertrag und die in ihm enthaltenen Ankündi-
nehmen. Nicht ausbildungsfähigen jungen                       gungen zur Änderung des Tarifrechts hinaus.
Arbeitnehmern, für deren Integration in den                   Folge kann sein, dass die Bereitschaft, sich
Arbeitsmarkt die Betriebe ein hohes Maß an                    durch Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbän-
finanziellen und ideellen Ressourcen einset-                  den oder Gewerkschaften der privatautonom
zen, wird eine Chance zur Bewährung in Be-                    vermittelten Bindung an Tarifverträge zu un-
schäftigung verbaut. Mit der angeordneten                     terwerfen, abnimmt und dass die Akzeptanz
Geltung des Mindestlohns auch für weite                       von Tarifverträgen und damit der Tarifauto-
Teile von Praktikumsverhältnissen, die vom                    nomie in Deutschland insgesamt gefährdet
Koalitionsvertrag nicht erfasst werden, wer-                  wird.

                   Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie
                   („Tarifautonomiestärkungsgesetz“)

                   Juni 2014                                                                               2
Das Ziel von AVE und AEntG ist nicht die                      derichtlinie der EU in Artikel 3 Absatz 2,
Ausschaltung von Wettbewerb und Flexibili-                    zweiter Fall akzeptiert.
tät. Zu Recht sehen daher das TVG wie das                     2. Präjudizierung von Tarifverhandlun-
AEntG für den Einsatz von AVE und Rechts-                        gen vermeiden
verordnung Hürden vor, die dem Missbrauch
beider Instrumente Grenzen setzen können.                     Für die zukünftigen Anpassungen des Min-
Diese Hürden dürfen in ihrer Substanz nicht                   destlohns muss ein Weg gefunden werden,
angetastet werden. AVE und AEntG sollen                       diese Anpassungen staatsfern so zu gestal-
soziale Verwerfungen bekämpfen helfen, sie                    ten, dass sie Tarifverhandlungen und Tarif-
sind kein Instrument für Mindestwettbe-                       vereinbarungen möglichst wenig beeinträch-
werbsstandards, die vom Staat diktiert wer-                   tigen.
den.                                                          a)    Mindestlohn staatsfern anpassen
I. Mindestlohngesetz (Art. 1)                                 Die im Entwurf vorgesehene Mindestlohn-
Das Mindestlohngesetz, das das bisherige                      kommission darf nicht zum Deckmantel für
                                                              neue staatliche Eingriffe in die Tarifautono-
Mindestarbeitsbedingungengesetz ablösen
                                                              mie werden. Ihre Tätigkeit hat mit der Tarif-
soll, stellt einen schwerwiegenden Eingriff in
                                                              autonomie nichts zu tun. Sie darf daher auch
die Tarifautonomie dar. Es bedarf einer gro-
                                                              kein Ort von Tarifverhandlungen werden. Sie
ßen Zahl von Änderungen, um bestehende                        ist keine Kommission der Tarifpartner, son-
Tarifverträge, geltende Arbeitsverträge und                   dern der Bundesregierung. Die Kommission
Arbeitsmarktchancen nicht übermäßig zu                        setzt weder den Ausgangsmindestlohn fest
behindern.                                                    noch kann sie über Ausnahmen nach Bran-
1. Tarifautonomie schützen                                    chen und Regionen oder über Differenzie-
                                                              rungen nach Qualifikation oder Dauer der
Ein gesetzlicher Mindestlohn darf bestehen-                   Beschäftigung entscheiden.
de Tarifverträge während ihrer Laufzeit nicht
verdrängen. Tarifvertragliche Abweichungen                    Um den Schaden für die Tarifautonomie
müssen während der Übergangsfrist bis zum                     durch den gesetzlichen Mindestlohn nicht
31. Dezember 2016 und auch künftig unein-                     noch zu vergrößern, darf der Mindestlohn
geschränkt fortgelten können. Tarifvereinba-                  daher nicht Gegenstand von Abstimmungen
rungen dürfen nicht durch einen gesetzlichen                  in dieser Kommission sein. Um staatsferne
Mindestlohn verdrängt werden.                                 Anpassungen zu gewährleisten, kann Maß-
                                                              stab nur die Tarifentwicklung der jeweiligen
Die Bedingung, in das AEntG aufgenommen                       zurückliegenden Jahre sein. Sie ist Ausdruck
zu werden, wird den Schutz bestehender                        dessen, was in echten Tarifverhandlungen
Vereinbarungen im Ergebnis in Frage stel-                     vereinbart ist. Die staatlich eingesetzte Min-
len, weil vielfach eine Erstreckung der Tarif-                destlohnkommission sollte so wenig wie
verträge nach geltendem AEntG unmöglich                       möglich ein Präjudiz für künftige Tarifver-
ist. So verlangt das AEntG bundesweite Ta-                    handlungen setzen. Nur unter besonderen
rifverträge über Mindestentgeltsätze. Viele                   Bedingungen wie in der Krise 2008/209 soll-
der betroffenen repräsentativen Tarifverträge                 te die Kommission mit einer Zweidrittelmehr-
sind regional oder für unterschiedliche Bun-                  heit nach unten vom Mindestlohn abweichen
desländer oder als Haustarifverträge abge-                    können.
schlossen. Daher bedarf es sowohl für die
Zukunft, wie für bestehende Tarifverträge                     Auch die im Gesetzentwurf vorgesehene
einer Vorschrift, die den Vorrang von Tarif-                  jährliche Anpassung des Mindestlohns be-
vereinbarungen gegenüber gesetzlichen                         droht die tarifautonome Festsetzung von Ar-
Festsetzungen generell sicherstellt.                          beitsentgelten. Die Mehrheit der Tarifverträ-
                                                              ge läuft schon heute über einen längeren
Die Aufnahme in das AEntG ist auch nicht                      Zeitraum als ein Jahr. In einigen Tarifverträ-
durch das Europarecht geboten, weil die                       gen reicht dieser Zeitraum sogar über zwei
Übergangsregelung nur für Tarifverträge mit                   Jahre hinaus. In dieser Frage sollte sich der
repräsentativen Gewerkschaften gelten soll.                   Gesetzgeber daher an dem orientieren, was
Dieses Kriterium wird sogar von der Entsen-                   tariflich gelebte Praxis ist. Eine Anpassung

                   Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie
                   („Tarifautonomiestärkungsgesetz“)

                   Juni 2014                                                                              3
des Mindestlohns in Abständen von einem                        b) Jungen Menschen bei Beschäftigung
Jahr wäre ein weiterer gravierender Eingriff                      helfen
in die tarifautonome Gestaltung der Arbeits-
bedingungen. Es ist notwendig, den Zeit-                       Der Entwurf sieht in § 22 Abs. 2 vor, dass
raum für die Anpassung auf mindestens zwei                     Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr i.S.d.
Jahre anzuheben.                                               § 2 Abs. 1 und 2 JArbSchG, die noch keine
                                                               Berufsausbildung haben, vom gesetzlichen
b) Geschäftsstelle überflüssig                                 Mindestlohn ausgenommen werden. Diese
Eine eigenständige Geschäftsstelle zu schaf-                   Altersgrenze ist zu niedrig. Sie muss zumin-
fen, ist überflüssig. Hierfür ist ein Sekretariat              dest auf die Vollendung des 21. Lebensjah-
völlig ausreichend. Aufgaben der Geschäfts-                    res angehoben werden.
stelle sollen sein: die Sitzungskoordination,
Haushaltsplanung, Vergabe von Gutachten,                       Ziel der Regelung soll es ausweislich der
Bereitstellen einer Hotline, Auswerten der                     Gesetzesbegründung sein, keinen Anreiz zur
Hotline-Anfragen etc. Hierfür sind insgesamt                   Arbeit statt Ausbildung zu setzen. Das Alter
elf Mitarbeiter vorgesehen. Die Personal-                      der Ausbildungsanfänger beträgt jedoch
und Sachkosten werden sich laut Stellung-                      durchschnittlich 19,8 Jahre. Um die Bereit-
nahme des Normenkontrollrates auf gut 1                        schaft – gerade junger Menschen mit Ver-
Mio. Euro jährlich belaufen. Diese Aufgaben                    mittlungshemmnissen – nicht zu mindern,
kann ohne Probleme durch ein nachgeord-                        eine Berufsausbildung aufzunehmen, sollte
netes Sekretariat ohne wissenschaftlichen                      daher jungen Menschen nicht der Anreiz ge-
Unterbau übernommen werden.                                    geben werden, stattdessen ein vermeintlich
                                                               attraktiveres Arbeitsverhältnis zu Mindest-
3. Einstieg in Arbeit nicht verbauen                           lohnbedingungen aufzunehmen. Insbeson-
Ein Mindestlohn darf den Einstieg in Arbeit                    dere Jugendliche aus bildungsfernen Haus-
nicht verschließen. Daher muss durch ge-                       halten könnten einer zu einem Mindestlohn
setzliche Differenzierungen für Langzeitar-                    bezahlten, unqualifizierten Tätigkeit den Vor-
beitslose, Menschen, die noch nie gearbeitet                   zug gegenüber einer beruflichen Ausbildung
haben, und v. a. für junge Menschen ohne                       geben. Für Jugendliche bis zum 21. Lebens-
ausreichende Qualifikation eine Lösung ge-                     jahr müssen daher sachgerechte Ausnah-
funden werden, die keine Fehlanreize setzt.                    meregelungen gelten, die einen erfolgrei-
Der vorgesehene § 22 erfüllt diese Voraus-                     chen Start ins Berufsleben nicht gefährden.
setzungen nicht.
                                                               Die aktuelle Beschäftigtenstatistik der Bun-
a) Langzeitarbeitslosen Chancen erhal-                         desagentur für Arbeit (BA) belegt, dass im-
   ten                                                         mer mehr junge Menschen erst mit Mitte o-
Um den Arbeitsmarktzugang nicht zu behin-                      der Ende 20 eine Ausbildung beginnen. Die
dern, sollte für Langzeitarbeitslose und Men-                  Zahl der Jugendlichen, die bereits im Alter
schen, die noch nie gearbeitet haben, der                      zwischen 15 und 19 Jahren eine Berufsaus-
Mindestlohn wenigstens für die ersten zwölf                    bildung starten, ist dagegen in den vergan-
Monate nicht gelten. Wer schon heute we-                       genen 13 Jahren stark gesunken. Absolvier-
gen schwerwiegender Vermittlungshemm-                          ten im Jahr 2000 noch mehr als 843.000
nisse keinen Zugang zum Arbeitsmarkt fin-                      junge Männer und Frauen zwischen 15 und
det, wird ohne Abweichungsmöglichkeiten                        19 Jahren eine Ausbildung, so waren es Mit-
vom Mindestlohn noch schwerer zu vermit-                       te 2013 nur noch knapp 525.000. Fast ver-
teln sein. Dies ist mit dem Ziel nicht zu ver-                 doppelt hat sich dagegen die Zahl der beruf-
einbaren, Arbeitslose in den Arbeitsmarkt zu                   lichen Späteinsteiger in diesem Zeitraum:
integrieren und ihnen damit ein selbst erwirt-                 Mitte 2013 absolvierten nach BA-Angaben
schaftetes Einkommen, Wertschätzung und                        knapp 113.000 Menschen zwischen 25 und
soziale Kontakte zu ermöglichen und eine                       29 Jahren eine Ausbildung; im Jahr 2000
geordnete Tagesstruktur zu verschaffen.                        waren es nur knapp 54.000.

                    Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie
                    („Tarifautonomiestärkungsgesetz“)

                    Juni 2014                                                                              4
Entsprechendes gilt für nicht ausbildungsfä-                 ist darüber hinaus zu erwägen, die entspre-
hige Jugendliche. Muss ein Unternehmen                       chende Klarstellung gesetzlich nicht im Zu-
diese erst mit großem Aufwand und unter                      sammenhang mit Praktikumsverhältnissen,
erheblichen Anstrengungen dazu befähigen,                    sondern im dritten Absatz des § 22 im Zu-
einen Arbeitstag über Wochen durchzuhal-                     sammenhang mit Ausbildungsverhältnissen
ten, geht dies nicht zu Mindestlohnbedin-                    zu treffen.
gungen. Diese Gruppe wird für 8,50 Euro
                                                             d) Praktika nicht behindern
kaum einen Arbeitsplatz finden. Folge wird
ein deutlicher Anstieg der Jugendarbeitslo-                  Der Mindestlohn wird nicht nur eine Gefahr
sigkeit sein.                                                für bestehende Arbeitsverhältnisse darstel-
                                                             len, sondern auch Personen schaden, die
c) Einstiegsqualifizierungen bewahren
                                                             noch gar nicht in Arbeit sind. Mit der ange-
Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzentwurf                   ordneten Geltung des Mindestlohns auch für
Ausnahmen vom Mindestlohn für solche jun-                    weite Teile von Praktikumsverhältnissen, die
gen Menschen definiert, denen beim Einstieg                  vom Koalitionsvertrag nicht erfasst werden,
in eine Ausbildung geholfen werden muss.                     werden junge Menschen, vor, in und beson-
Die Anknüpfung allein an Maßnahmen, die                      ders nach einer Ausbildung in der Möglich-
nach § 54a SGB III gefördert werden, ist je-                 keit erheblich beschränkt, zur Berufsorientie-
doch zu eng.                                                 rung Praktikumsverhältnisse zu vereinbaren.

Spiegelbildlich zur betrieblichen Einstiegs-                 Auch wenn der Zeitraum für Orientierungs-
qualifzierung gemäß § 54a SGB III müssen                     praktika gegenüber dem Referentenentwurf
vergleichbare Förderprogramme der Wirt-                      von vier auf sechs Wochen erhöht wurde,
schaft vom Mindestlohn ausgenommen wer-                      wird das der besonderen Bedeutung von
den. Unternehmen und Verbände engagie-                       „Orientierungspraktika“ nicht gerecht. Insbe-
ren sich dafür, ausbildungsschwache oder                     sondere fehlt es an einer Ausnahme für frei-
benachteiligte Jugendliche so zu fördern,                    willige Praktika, die nach der Ausbildung o-
dass sie trotz bestehender Schwierigkeiten                   der auch nach dem Studium Hilfestellung bei
eine Berufsausbildung erfolgreich absolvie-                  der Berufsfindung geben sollen. Nur jeder
ren können. In der betrieblichen Praxis be-                  vierte Bachelor-Studierende an Universitäten
stehen dazu unterschiedliche Modelle. Diese                  ist laut Studienqualitätsmonitor mit den Pra-
dürfen durch einen Mindestlohn nicht ge-                     xisbezügen seines Studiums zufrieden. Viele
fährdet werden.                                              Studierende kompensieren daher diese Defi-
                                                             zite durch freiwillige Praktika zur Orientie-
Unter Berücksichtigung der unterschiedli-                    rung im, aber auch nach dem Studium. Auch
chen Ausgestaltung der einzelnen Förder-                     nicht verpflichtende Praktika sind ein wichti-
programme sollte die Ausnahmeregelung                        ges Instrument, um jungen Menschen Einbli-
daher dahingehend ergänzt werden, dass                       cke in die betriebliche Praxis zu geben und
Teilnehmer an Einstiegsförderprogrammen,                     die Berufsfindung zu erleichtern.
die zu einer Berufsbildung hinführen sollen,
aufgrund eines Tarifvertrages, in Betrieben                  Sollte ein Bedarf gesehen werden, einfache
eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers im                  Abgrenzungskriterien von Praktika und Ar-
Geltungsbereich und nach Maßgabe eines                       beitsverhältnissen zu entwickeln, könnte der
Tarifvertrages oder im Rahmen von Projek-                    Vorschlag der EU-Kommission für einen
ten, die die Voraussetzungen des § 54a SGB                   Qualitätsrahmen für Praktika herangezogen
III erfüllen aber die staatliche Förderung                   werden. Dieser sieht eine Begrenzung der
nicht in Anspruch nehmen, vom Anwen-                         Dauer von Praktika auf sechs Monate vor.
dungsbereich des Gesetzes ausgenommen                        Zumindest wenn das Praktikum nicht länger
werden.                                                      als sechs Monate dauert, sollte dementspre-
                                                             chend eine Vermutung dafür gelten, dass es
Um die Bedeutung entsprechender Pro-                         sich um ein Praktikum zur Orientierung han-
gramme gerade für die Ausbildung bzw. die                    delt.
Ausbildungsvorbereitung zu unterstreichen,

                  Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie
                  („Tarifautonomiestärkungsgesetz“)

                  Juni 2014                                                                              5
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsfor-
schung (IAB) gibt an, dass im Durchschnitt                     Die Zahl der dual Studierenden steigt stetig.
600.000 Praktika pro Jahr absolviert werden.                   Zur Zeit studieren über 64.300 Studierende
Dazu gehören neben Schulpraktika und                           in mehr als 1.000 verschiedenen dualen
Pflichtpraktika während des Studiums gera-                     Studiengängen, an denen sich knapp 40.000
de auch freiwillige Praktika. Die Unterneh-                    Betriebe beteiligen (Stand 2013). Die Ten-
men, die solche Praktika anbieten, investie-                   denz ist weiter steigend.
ren in diese ein hohes Maß an Zeit und Geld.
                                                               f)   Abiturientenprogramme
Der Vorteil erster Erfahrungen mit berufli-
chen Anforderungen für junge Praktikanten                      Ebenfalls klar gestellt werden muss die Aus-
liegt auf der Hand. Um solche Praktika nicht                   nahme sog. Abiturientenprogramme für Füh-
unattraktiv zu machen, müssen sie vom Min-                     rungsnachwuchskräfte, die in einem die Aus-
destlohn ausgenommen werden. Würden                            und Fortbildung integrierenden Qualifizie-
solche „Orientierungspraktika“ wie Arbeits-                    rungsgang auf Prüfungen vorbereiten. Dies
verhältnisse behandelt, könnten viele Unter-                   könnte dadurch erfolgen, dass im Mindest-
nehmen sie künftig nicht mehr anbieten.                        lohngesetz direkt und nicht erst in der Be-
                                                               gründung klargestellt wird, dass die Teil-
e) Duale Studiengänge ausnehmen
                                                               nehmer an einem Qualifizierungsgang, der
Einer Klarstellung bedarf es auch hinsichtlich                 auf eine Fortbildungsprüfung nach § 53 BBiG
der Behandlung Studierender in dualen Stu-                     vorbereitet, keine Praktikanten im Sinne des
diengängen. Solche Studiengänge werden                         § 26 BBiG sind, sondern in den Ausnahme-
zunehmend von staatlichen wie auch von                         katalog von § 22 Abs. 2 übernommen wer-
privaten Hochschulen angeboten. In beiden                      den. Das Mindestlohngesetz hat als wesent-
Fällen bedarf es einer Klarstellung, dass                      liches Ziel, „Arbeitnehmer und Arbeitnehme-
Studierende dieser Studiengänge vom Min-                       rinnen vor unangemessen niedrigen Löhnen
destlohn nicht erfasst werden.                                 zu schützen“. In dem Qualifizierungsgang
                                                               steht eindeutig die Qualifizierungsaufgabe im
Zu unterscheiden ist hier zwischen den aus-                    Vordergrund, nicht die Arbeit von Arbeitneh-
bildungs- und praxisintegrierten Studiengän-                   mern. Es wäre sachfremd und mit den Zielen
gen. Während die dual Studierenden in aus-                     des Mindestlohngesetzes nicht vereinbar, sie
bildungsintegrierten Studiengängen bis zum                     der Mindestlohnpflicht zu unterwerfen.
Abschluss ihrer dualen Berufsausbildung
                                                               g) Saisonarbeit angemessen regeln
nach BBiG bzw. HWO im Betrieb als Auszu-
bildende gelten und damit unter die Aus-                       Die Saisonarbeit ist ausdrücklich im Koaliti-
nahme des § 22 Abs. 3 fallen, sind Teilneh-                    onsvertrag genannt. Eine angekündigte Lö-
mer in praxisintegrierten Studiengängen im                     sung für die Saisonarbeit ist dem Gesetz-
Rahmen der betrieblichen Praxisphase we-                       entwurf nicht zu entnehmen. Diese muss
der als Auszubildende noch als Personen in                     ergänzt werden.
einem sonstigen Ausbildungsverhältnis im
                                                               4. Klarstellungsbedarf bei Berechnung
Sinne des § 26 BBiG noch als Arbeitnehmer
                                                                  des Mindestlohns
beschäftigt.
                                                               Gemäß § 1 Abs. 2 beträgt die Höhe des
Die Vertragsverhältnisse dieser dual Studie-                   Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 brutto
renden sind Vertragsverhältnisse eigener                       8,50 Euro je Zeitstunde.
Art, die nicht speziell geregelt sind. Durch die               a) Stücklohnvereinbarungen
Immatrikulation stehen die Studierenden
grundsätzlich in einem Vertragsverhältnis mit                  In der Begründung des Gesetzentwurfs wird
der Hochschule bzw. Berufsakademie, in                         zwar festgestellt, dass die „Vereinbarung von
dem auch die Praxisphasen geregelt sind.                       Stücklöhnen und Akkordlöhnen zulässig
Sie müssen daher im Sinne von § 22 Abs. 3                      bleibt, wenn gewährleistet wird, dass der
vom Mindestlohn ausgenommen werden.                            Mindestlohn für die geleistete Arbeitsstunde
Dies wird aber durch die aktuelle Gesetzes-                    erreicht wird.“ Diese Begründung kann aber
formulierung nicht klargestellt.                               so verstanden werden, dass unabhängig

                    Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie
                    („Tarifautonomiestärkungsgesetz“)

                    Juni 2014                                                                             6
vom Ergebnis der Arbeitsleistung zumindest                    destlohn angerechnet werden können. Es
durchschnittlich immer der Mindestlohn zu                     darf dabei keinen Unterschied machen, ob
gewähren ist, selbst wenn die angemessene                     solche Leistungen fortlaufend ratierlich oder
Mindestleistung nicht erreicht wird. Das wür-                 zu bestimmten Zeitpunkten in einer Summe
de dazu führen, dass Stücklohnvereinbarun-                    gewährt werden.
gen tatsächlich leer liefen.
                                                              c) Entgeltumwandlung rechtssicher ma-
Der Stücklohn setzt gerade die angemesse-                        chen
ne Nutzung der eigenen Arbeitskraft voraus.                   In § 3 des Gesetzentwurfs muss eindeutig
Dabei spielt eine durchschnittliche Arbeits-                  klargestellt werden, dass Entgeltumwand-
leistung sicherlich eine Rolle, darf aber nicht               lung nach § 1a des Betriebsrentengesetzes
so verstanden werden, dass mit einer                          nicht gegen die Vorgabe zur Unabdingbar-
Durchschnittsbetrachtung jede Stücklohnre-                    keit des Mindestlohns verstößt. Die bisher
gelung geklärt und gesichert wäre.                            nur in der Gesetzesbegründung vorgesehe-
                                                              ne Klarstellung zur weiter möglichen Entgelt-
Schon heute kann der Arbeitgeber Stücklöh-                    umwandlung nach dem Betriebsrentenge-
ne nur nach billigem Ermessen (vgl. § 315                     setz reicht hierfür nicht aus. Es besteht die
BGB) festsetzen. Das widerspricht dem Min-                    Gefahr, dass Vereinbarungen über Entgelt-
destlohn nicht, wenn ein durchschnittlicher                   umwandlung für unwirksam erklärt werden.
Arbeitnehmer bei durchschnittlicher Leistung                  Das würde gerade Geringverdiener von der
die festgesetzte Stücklohnzahl erreichen                      effizienten und kostengünstigen Form der
kann. Dabei handelt es sich um ein im Ar-                     kapitalgedeckten Altersvorsorge ausschlie-
beitsrecht übliches Instrument der Entgeltbe-                 ßen. Dabei ist nach dem Alterssicherungsbe-
stimmung. Seine Zulässigkeit muss durch                       richt der Bundesregierung 2012 der Verbrei-
eine Ergänzung des § 1, zumindest aber ei-                    tungsstand der betrieblichen Altersvorsorge
nen eindeutigen Hinweis in der Gesetzesbe-                    bei Geringverdienern ohnehin deutlich unter
gründung, klargestellt werden.                                dem Durchschnitt. In dieser Gruppe eine
                                                              stärkere Verbreitung der betrieblichen Al-
Die in vielen Branchen vereinbarten Stück-                    tersvorsorge zu erreichen, ist eine der gro-
löhne, Akkordlöhne, Provisionen oder ver-                     ßen Herausforderungen der Sozialpartner.
gleichbare umsatzbezogene Lohnformen                          Diese darf nicht durch vermeidbare Verunsi-
dürfen nicht grundsätzlich in Frage gestellt                  cherung, wie es bei einer fehlenden gesetzli-
werden. Es bietet sich an, in § 1 einen Hin-                  chen Klarstellung für die Entgeltumwandlung
weis auf § 315 BGB zu ergänzen.                               der Fall wäre, konterkariert werden.
b) Anrechnung von Sonderleistungen                            5. Arbeitszeitflexibilisierung erhalten
Ebenfalls muss gesetzlich klargestellt wer-                   Die Regelung von Arbeitszeitkonten im Ge-
den, dass bei der Bestimmung des Mindest-                     setzentwurf kann so verstanden werden,
lohns Sonderzahlungen des Arbeitgebers, z.                    dass sämtliche Arbeitsverhältnisse erfasst
B. Einmalzahlungen, auf den Mindestlohn-                      werden. Dann würde – ohne dass dies Teil
anspruch angerechnet werden können. Alles                     des Koalitionsvertrages ist – mit dem Gesetz
andere führt zu Rechtsunsicherheit und kann                   in alle vereinbarten Regelungen zur Arbeits-
sogar die Tarifbindung der Unternehmen in                     zeit eingegriffen. Das Arbeitszeitkonto müss-
Frage stellen.                                                te innerhalb eines Zeitraums von zwölf Mo-
                                                              naten hinsichtlich des Mindestlohnanteils am
Daher muss in § 1 des Gesetzentwurfes                         Arbeitseinkommen ausgeglichen werden.
klargestellt werden, dass im laufenden Ka-
lenderjahr aufgrund eines Rechtsanspruchs                     Arbeitszeitkonten sind ein unverzichtbarer
des Arbeitnehmers zu erbringende Zahlun-                      Standortvorteil. Das hat sich erst in der Krise
gen oder geldwerte Leistungen des Arbeit-                     2008/2009 eindrücklich gezeigt. Arbeitszeit-
gebers (z.B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld),                    kontenregelungen finden sich zumeist in Ta-
deren Zahlung nicht von einer Arbeitsleis-                    rifverträgen und Betriebsvereinbarungen.
tung des Arbeitnehmers abhängt, die von                       Dies sichert einen angemessenen Ausgleich
einer Normalleistung abweichen, als Arbeits-                  unterschiedlicher Interessen bereits heute
entgelt gelten und auf den gesetzlichen Min-                  hinreichend. Ohne eine gesetzliche Klarstel-

                   Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie
                   („Tarifautonomiestärkungsgesetz“)

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lung würde die vorgesehene Regelung zu                         Mindestlohngesetzentwurf für alle Arbeitsver-
erheblicher neuer Bürokratie führen und da-                    träge und Tarifverträge faktisch in Frage
mit mittelbar Arbeitszeitkonten generell in                    stellt.
Frage stellen.
                                                               7. Auftraggeberhaftung überprüfen
Es bedroht Arbeitszeitkonten im Kern, wenn                     Vom Koalitionsvertrag nicht umfasst und
für den Mindestlohnanteil, der in jedem Ar-                    nicht angekündigt ist die für den Mindestlohn
beitsentgelt enthalten ist, faktisch ein Zwei-                 in § 13 vorgesehene Regelung zur Auftrag-
Konten-System eingeführt werden müsste.                        geberhaftung. Eine Auftraggeberhaftung,
Je nach Höhe des vereinbarten Arbeitsent-                      nach der der Unternehmer für die Vergabe
gelts würde dieses „zweite Arbeitszeitkonto“                   von Werk- und Dienstleistungen wie ein Bür-
ganz unterschiedlich befüllt und wieder ganz                   ge haftet, der auf die Einrede der Vorauskla-
unterschiedlich abgebaut werden müssen.                        ge verzichtet hat – und zwar nicht nur für
Das ist überhaupt nicht praktikabel und wäre                   seinen eigenen Vertragspartner, sondern
für die Arbeitszeitflexibilität und damit für die              auch für jeden weiteren Vertragspartner die-
Arbeitsplatzstabilität in Deutschland eine Ka-                 ses Vertragspartners (Nachunternehmer),
tastrophe. § 2 darf tariflichen und betriebs-                  wäre unkalkulierbar, lebensfremd und unver-
verfassungsrechtlichen Bestimmungen zur                        hältnismäßig. Daraus könnte sich eine nicht
Führung solcher unverzichtbaren Instrumen-                     abzuschätzende, völlig intransparente und
te der Arbeitszeitflexibilisierung nicht wider-                nicht kontrollierbare Haftungskette der ge-
sprechen. Die Regelung zu Arbeitszeitkonten                    samten Wirtschaft untereinander ergeben.
muss sich daher danach richten, wie sie im
Betrieb oder Unternehmen gilt. In § 2 Abs. 2                   Auch wenn es so nicht gemeint sein sollte,
muss klar gestellt werden, dass für die Ver-                   wäre sogar vom Wortlaut eine Auslegung
einbarung von Arbeitszeitkonten die beim                       möglich (wenn auch widersinnig), nach der
Arbeitgeber des Arbeitnehmers geltenden                        sich die Haftung auf den Lohn jedes Arbeit-
tariflichen oder betrieblichen Bestimmungen                    nehmers des beauftragten Unternehmens
Anwendung finden.                                              erstreckt. Aber selbst bei einer engen Ausle-
                                                               gung stellt sich die Folgefrage, wer unmittel-
Die in § 2 Abs. 2 vorgesehene monatliche                       bar, mittelbar oder irgendwie kausal an der
Begrenzung der Zuführung von Mehrleistun-                      Auftragsdurchführung beteiligt ist.
gen auf 50 Prozent der vertraglich vereinbar-
ten Arbeitszeit lässt unberücksichtigt, dass                   Völlig unklar ist außerdem, welche Prüfpflich-
es im Verlauf eines Jahres Konjunkturverläu-                   ten bzw. Prüfrechte sich aus der Haftung für
fe geben kann, die in einzelnen Monaten hö-                    die Auftraggeber ergeben. Soweit der Auf-
here Einstellungen erfordern, während in                       traggeber Personaldaten, Arbeitsverträge
anderen Monaten kein oder nur ein geringer                     und Entgeltabrechnungen anfordern muss,
Bedarf an Mehrleistungen erforderlich ist.                     um sein Haftungsrisiko einschätzen zu kön-
                                                               nen, ist dies bereits aus datenschutzrechtli-
6. Ausschlussfristen sichern
                                                               chen sowie wettbewerbsrechtlichen Ge-
§ 3 muss so ergänzt werden, dass tarifver-                     sichtspunkten äußerst problematisch.
tragliche Ausschlussfristen unbeschränkt
und arbeitsvertragliche Ausschlussfristen                      Eine Auftraggeberhaftung findet sich zwar
nach Maßgabe der bisherigen Rechtspre-                         auch im AEntG. Ein Vergleich zu diesem
chung möglich bleiben. Ausschlussfristen,                      Gesetz ist allerdings nicht angemessen, weil
die sich in fast allen Tarif- oder Arbeitsver-                 die schon heute bestehende Haftung nach
trägen finden, müssen unbeschränkt auch                        dem AEntG nur bezüglich bestimmter Bran-
künftig möglich bleiben, um ihre rechtsbe-                     chen gilt. In diesen Fällen ist die Beauftra-
friedende Wirkung zu erhalten. Alles andere                    gung regelmäßig auf ein ganzes Projekt (z.B.
würde Unternehmen vor unübersehbare                            im Bau) oder auf eine Dauerbeziehung (Ge-
Rechtsunsicherheit stellen und einen Eingriff                  bäudereinigung) gerichtet. Der Wortlaut von
in die Tarifautonomie bedeuten. Schon heute                    § 13 umfasst jedoch jeden denkbaren Werk-
gibt es individualvertraglich keine Aus-                       und Dienstvertrag – auch einmalige und
schlussfrist, die kürzer als drei Monate dau-                  anonyme Geschäfte des täglichen Alltags.
ern darf. Es ist unverständlich, dass dies der

                    Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie
                    („Tarifautonomiestärkungsgesetz“)

                    Juni 2014                                                                              8
Der für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit                      9. Dokumentationspflicht nicht praxis-
vorgesehene Entlastungsbeweis bietet zu                          tauglich
wenig Rechtssicherheit. Es bleibt unklar,
wann von einer positiven Kenntnis bzw. grob                   Die vorgesehene Aufzeichnungspflicht in
fahrlässigen Unkenntnis auszugehen ist und                    § 17 Abs. 1 wird für alle Unternehmen, un-
welcher Prüfungsmaßstab gelten soll. Insbe-                   abhängig davon, ob sie bei der Lohnhöhe
sondere stellt sich die Frage, wie der Arbeit-                vom Mindestlohn betroffen sind oder nicht,
geber seiner nach dem Gesetzentwurf not-                      erhebliche Bürokratiekosten verursachen.
wendigen aktiven Nachweispflicht nach-                        Für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs. 1
kommen soll. Zudem sind den Auftraggebern                     SGB IV ist nunmehr nicht nur die Dauer,
häufig die gesamten Beteiligten in einer nicht                sondern auch der Beginn und das Ende zu
selten sehr langen und kaum überschauba-                      erfassen. Dies stellt einen massiven zusätz-
ren Zuliefererkette nicht bekannt und ihrem                   lichen Verwaltungsaufwand dar und belastet
Einflussbereich schon wegen praktischen                       gerade den eigentlich unbürokratischen Mi-
Gegebenheiten entzogen.                                       nijob. Besonders hart trifft es kleine und mitt-
                                                              lere Unternehmen, denn diese haben häufig
Daher bietet es sich an, die Vorschrift ganz                  keine detaillierte Arbeitszeiterfassung. Bis-
zu streichen. Zumindest muss sie so be-                       lang sind Arbeitgeber in Branchen außerhalb
schränkt werden, dass sie nicht generell eine                 des Entsendegesetzes nur verpflichtet, die
Haftung für alles und für jeden begründet.                    über die gesetzliche werktägliche Höchstar-
Hierzu bietet es sich an, § 13 so zu fassen,                  beitszeit hinausgehende Arbeitszeit zu er-
dass nur für den jeweiligen Vertragspartner                   fassen (§ 16 Abs. 2 ArbZG). Auch wird ver-
und Arbeitnehmer gehaftet wird, die unmit-
                                                              kannt, dass das Arbeitszeitmodell der Ver-
telbar in den Auftragsprozess eingebunden
                                                              trauensarbeitszeit faktisch nicht mehr mög-
sind.
                                                              lich ist. Die Regelung sollte daher gestrichen
8. Übermäßige Sanktionen vermeiden                            werden. Sollte das nicht möglich sein, muss
                                                              zumindest die Aufzeichnungspflicht für Mi-
Die Voraussetzungen für einen Ausschluss
von der Vergabe öffentlicher Aufträge sind                    nijobber entfallen.
zu weit. Ein Unternehmen, dem ein solcher
Verstoß vorgeworfen wird, muss sich unter                     Zudem sind die Anforderungen des § 17
Ausschöpfung des Rechtswegs verteidigen                       Abs. 2, die für die Kontrolle der Einhaltung
können, ohne dadurch gravierende wirt-                        des Mindestlohns erforderlichen Unterlagen
schaftliche Nachteile zu erleiden. Es darf                    auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhal-
daher nicht bereits auf die bloße Belegung                    ten, völlig praxisuntauglich. Diese Unterlagen
mit einer Geldbuße abgestellt werden. Der                     werden insbesondere bei kleinen und mittle-
Verstoß muss zumindest rechtskräftig fest-                    ren Unternehmen regelmäßig beim Steuer-
gestellt worden sein. Eine solche restriktive                 berater oder bei größeren Unternehmen am
Handhabung entspricht auch den Grundsät-                      Standort der Personalabteilung geführt.
zen der Unschuldsvermutung im deutschen
Rechtssystem.                                                 II. Änderung des Arbeitsgerichtsgeset-
                                                                  zes (Art. 2)
Erst recht muss dies für den Ausschluss-                      Die im Arbeitsgerichtsgesetz vorgesehenen
grund des § 19 Abs. 1 S. 2 gelten, der be-                    Änderungen enthalten Regelungen, die nicht
reits vor Durchführung eines Bußgeldverfah-                   nur die im Gesetzentwurf angeschnittenen
rens vernünftige Zweifel genügen lässt, von                   Themen betreffen. Auch wenn es insoweit
einer schwerwiegenden Verfehlung auszu-                       eine Ankündigung im Koalitionsvertrag nicht
gehen. Mit dieser Regelung erhält die zu-                     gegeben hat, können wir diese Änderungs-
ständige Behörde einen Ermessensspiel-                        vorschläge teilweise mittragen.
raum, der auf einem unbestimmten Rechts-
begriff basiert.                                              So ist nachvollziehbar, dass künftig bei Fra-
                                                              gen der Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit
                                                              die Kompetenzen der Überprüfung auf eine
                                                              Instanz – nämlich das Landesarbeitsgericht
                                                              – zusammengefasst werden. Das gilt ent-

                   Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie
                   („Tarifautonomiestärkungsgesetz“)

                   Juni 2014                                                                                9
sprechend für die Erwägung im Fall der Zu-                    Zukünftig soll es ausreichen, dass ein Tarif-
sammenfassung der Kontrolle der Vorgaben                      vertrag in seinem Geltungsbereich „überwie-
für die Erstreckung von Arbeitsentgelten                      gende Bedeutung erlangt“ oder dass die All-
nach dem TVG und dies bei den Landesar-                       gemeinverbindlicherklärung „eine wirtschaft-
beitsgerichten zu konzentrieren.                              liche Fehlentwicklung“ für die Branche ver-
                                                              hindert. Dies stellt eine weitgehende syste-
Ob es ein Schritt zu weniger Bürokratie ist,                  matische Änderung des geltenden Rechts
das Verfahren der Überprüfung von der ins-                    dar und geht ebenfalls über den Koalitions-
besondere betroffenen Verwaltungsgerichts-                    vertrag hinaus.
barkeit auf die Arbeitsgerichtsbarkeit zu
                                                              1. Regelbeispiele ungenügend
übertragen, muss die Zukunft zeigen. Es
muss sichergestellt bleiben, dass auch künf-                  So sieht der Koalitionsvertrag vor, dass an
tig der missbräuchlichen Nutzung von AVE                      die Stelle des bisherigen Erfordernisses ei-
und AEntG entgegengewirkt wird.                               nes öffentlichen Interesses und des Nach-
                                                              weises einer Tarifbindung von 50 %, für die
III. Änderung des       Verdienststatistikge-
                                                              Erstreckung von Tarifverträgen durch Allge-
     setzes (Art. 4)
                                                              meinverbindlichkeit ein besonderes öffentli-
Die Änderung des Verdienststatistikgesetzes                   ches Interesse treten soll, das durch Regel-
sieht u. a. vor, die Anzahl der befragten Un-                 beispiele beschrieben wird. Dem entspricht
ternehmen von 34.000 auf 60.000 auszuwei-                     der Gesetzentwurf nicht. Entgegen dem Koa-
ten. Im Ergebnis wären von dieser Erweite-                    litionsvertrag sieht er nur ein „einfaches“ öf-
rung 26.000 kleine Betriebe mit weniger als                   fentliches Interesse vor. Das sendet ein fal-
zehn sozialversicherungspflichtig Beschäftig-                 sches Signal aus und vermittelt den Ein-
ten betroffen, die bisher von der (auskunfts-                 druck, die Tarifbindung und die Koalitions-
pflichtigen) Befragung ausgenommen waren.                     freiheit seien beliebig disponibel.

                                                              Auch das erste Regelbeispiel findet sich im
Die damit verbundene bürokratische Belas-
                                                              Koalitionsvertrag an keiner Stelle. Nach der
tung insbesondere der kleinen Unternehmen
                                                              Vereinbarung der Koalitionspartner sollte
ist unverhältnismäßig und auch nicht durch
                                                              vielmehr eine Tarifbindung von 50 % glaub-
das richtige Ziel einer Evaluierung des flä-                  haft dargelegt werden müssen. Im Entwurf
chendeckenden gesetzlichen Mindestlohns                       heißt es demgegenüber, dass der Tarifver-
gerechtfertigt.                                               trag in seinem Geltungsbereich überwiegen-
                                                              de Bedeutung erlangen müsse. Was über-
Zielführend wäre eine Analyse hinsichtlich                    wiegende Bedeutung meint, wird schluss-
der Auswirkungen auf Arbeitslosigkeit und                     endlich weder durch die Begründung noch
auf Beschäftigungschancen von Arbeitssu-                      durch andere Hinweise im Gesetzestext
chenden mit unterdurchschnittlichen Qualifi-                  selbst ausreichend klar. Zumindest ebenso
kationen sowie eine Abschätzung der Effekte                   unbestimmt ist das weitere Regelbeispiel des
auf die wirtschaftliche Entwicklung.                          Entwurfs, wonach die AVE möglich ist, um
                                                              die Wirksamkeit der tarifvertraglichen Norm-
Es ist weder erkennbar noch geht es aus der                   setzung gegen die Folgen wirtschaftlicher
Gesetzesbegründung hervor, welchen Ein-                       Fehlentwicklungen abzusichern. Auch dies
fluss eine genauere Kenntnis der Verdienst-                   ist kaum überprüfbar und kann alles und
struktur von kleinen Unternehmen für Analy-                   nichts meinen.
sen und Entscheidungen zum Mindestlohn
haben könnte.                                                 Beide „Kriterien“ sind wirkungslose Placebos
                                                              gegen das Risiko, dass die Allgemeinver-
IV. Änderung des TVG (Art. 5)                                 bindlicherklärung faktisch an die Stelle not-
Artikel 5 sieht vor, dass ein Tarifvertrag auf                wendiger Tarifbindung tritt. Der Attraktivität
Antrag und mit Zustimmung des Tarifaus-                       der tariflichen Normsetzung und damit der
schusses vom BMAS für allgemeinverbind-                       Attraktivität der Mitgliedschaft in Verbänden
lich erklärt werden kann, wenn dies „im öf-                   wird mit einer solchen praktisch grenzenlos
fentlichen Interesse geboten erscheint“. Das                  möglichen Tariferstreckung durch das In-
bisherige Quorum von 50 % soll entfallen.                     strument der AVE geschadet. Daher besteht

                   Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie
                   („Tarifautonomiestärkungsgesetz“)

                   Juni 2014                                                                              10
das Risiko, dass eine solche Ausweitung                       wählt werden kann. Dies kann man als mit
auch von Gerichten als Verletzung der nega-                   dem Koalitionsvertrag vereinbar sehen.
tiven wie der positiven Koalitionsfreiheit ge-
sehen wird.                                                   Eine gravierende Überschreitung des Koali-
                                                              tionsvertrages liegt in der Umsetzung aber
Das Erfordernis eines gemeinsamen Antrags                     darin, dass § 7 Abs. 1 Satz 3 gestrichen
der tarifschließenden Parteien anstelle des                   wird. Im Ergebnis bedeutet dies, dass von
bisher ausreichenden Antrags auch nur einer                   den in § 2 genannten allgemeinen Arbeits-
Tarifvertragspartei ist vor diesem Hinter-                    bedingungen künftig alle über die Rechts-
grund richtig und notwendig.                                  verordnung erstreckt werden können. Das
                                                              bedeutet eine massive Ausweitung der Er-
Schließlich kann es nicht gewollt sein, dass                  streckungsmöglichkeiten durch Rechtsver-
allein die Behauptung der antragstellenden                    ordnung. Diese Ausdehnung ist auch nicht
Tarifvertragsparteien, die Regelbeispiele zu                  dadurch gerechtfertigt, dass die Rechtsver-
erfüllen, den Anforderungen an eine ggf.                      ordnung zukünftig im Wesentlichen der ein-
normverdrängende Erstreckung von Tarifver-                    zige Weg der Erstreckung ist. Vielmehr sollte
trägen genügt. Die Verantwortung für die                      es für die Arbeitsbedingungen der § 2 Nr. 3
Prüfung der Voraussetzungen muss beim                         bis 7 dabei bleiben, dass die Erstreckung –
Bundesministerium für Arbeit verbleiben.                      auch wenn sie über den Weg der Rechtsver-
                                                              ordnung vorgenommen wird – künftig weiter-
2. Erstreckung von Sozialkassentarifver-
                                                              hin zuvor von der Mehrheit der Mitglieder
   trägen                                                     des Tarifausschusses nach § 5 TVG gebilligt
Wir halten es nicht für zwingend geboten,                     werden muss.
einen allgemeinen Vorrang für spezifische                     2. Erstreckung auf Zeitarbeitsverhältnis-
Sozialkassentarifverträge gesetzlich abzusi-
                                                                 se
chern. Der in den neuen Absätzen 1a und 4
formulierte generelle Grundsatz, dass allge-                  Ebenfalls über den Koalitionsvertrag hinaus-
meinverbindliche Tarifverträge, wenn auch                     gehend wird die richtige Rechtsprechung des
beschränkt auf die Fälle von Sozialkassen                     Bundesarbeitsgerichts ausgehebelt, dass
anderen Tarifverträgen vorgehen, sollte                       Zeitarbeit von der Erstreckung des AEntG
nochmals einer Prüfung im Gesetzgebungs-                      nur dort erfasst wird, wo die Zeitarbeitskraft
verfahren unterzogen werden.                                  in einem dem AEntG unterfallenden Betrieb
V. Änderung des AEntG (Art. 6)                                eingesetzt wird. Diese gesetzliche Änderung
                                                              würde dazu führen, dass es künftig nicht
Wie im Koalitionsvertrag angekündigt, wird                    mehr auf die Zuordnung des „Entleihers“ zu
das AEntG durch den Entwurf für alle Bran-                    einer bestimmten Branche ankommt, son-
chen geöffnet. Die Umsetzung dieser Öff-                      dern allein auf die ausgeübte Tätigkeit abge-
nung umfasst Elemente, die mit den Ankün-                     stellt wird. Der persönliche Geltungsbereich
digungen im Koalitionsvertrag nicht zu ver-
                                                              der erstreckten Tarifverträge wird damit in
einbaren sind. Die vorgesehene Öffnung für
                                                              fragwürdiger Weise über den sachlichen Gel-
alle Branchen kann akzeptabel sein, wenn
                                                              tungsbereich ausgedehnt und insoweit der
beide Tarifpartner die Aufnahme in das Ent-
sendegesetz anstreben.                                        Tarifvertrag der Zeitarbeit einschließlich der
                                                              vereinbarten Zuschlagstarife verdrängt.
Von der Ankündigung einer solchen Öffnung
ist aber die im Gesetzentwurf faktisch vorge-                 Ansprechpartner:
sehene Ausdehnung der materiellen Inhalte
einer solchen Erstreckung nicht umfasst.                      BDA | DIE ARBEITGEBER
                                                              Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber-
1. Rechtsverordnung statt AVE                                 verbände
Der durch den Entwurf aufgezeigte Weg
                                                              Arbeitsrecht
lässt sich nachvollziehen, das AEntG für alle
                                                              arbeitsrecht@arbeitgeber.de
Branchen dadurch zu öffnen, dass künftig
der Weg der Erstreckung alternativ über das
Gesetz wie über die Rechtsverordnung ge-

                   Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie
                   („Tarifautonomiestärkungsgesetz“)

                   Juni 2014                                                                             11
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