Gewerbeflächenmonitoring - Ein Ansatz zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Gewerbeflächenpotenzials in Ostdeutschland
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Forschungen Heft 119 Gewerbeflächenmonitoring Ein Ansatz zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Gewerbeflächenpotenzials in Ostdeutschland Projektleitung Dr. Peter Jakubowski Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn unter Mitwirkung von Dr. Fabian Dosch Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn Dipl.-Ing. Gina Siegel Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin Auftragnehmer Dr. Hanns Werner Bonny, Dietmar Mücke Planquadrat Dortmund – Büro für Raumplanung, Städtebau + Architektur, Dortmund Dr. Jürgen Bunde GEFAK Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung mbH, Marburg und Leipzig Dr. Jürgen Glaser, Dr. Kai-Uwe Krause, Andreas Beckmann Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH), Arbeitsbereich Stadt- und Regional- ökonomie; TuTech Innovation GmbH, Hamburg Ein Projekt des Forschungsprogramms „Aufbau Ost“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR).
Forschungen In der Schriftenreihe Forschungen veröffentlichen das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung (BMVBS) und das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) Ergebnisse der Ressortforschung zu den Themen Raumordnung, Städtebau, Wohnungswesen und Bauwesen. IMPRESSUM Herausgeber Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) Invalidenstraße 44 10115 Berlin www.bmvbs.bund.de Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) Deichmanns Aue 31 –37 53179 Bonn www.bbr.bund.de Redaktion Katina Gutberlet, BBR, Bonn Gestaltung und Satz BBR, Bonn Druck BBR, Bonn Verlag Selbstverlag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung Deichmanns Aue 31–37 53156 Bonn Bestellungen Gisela Beckmann E-Mail: gisela.beckmann@bbr.bund.de Stichwort: Forschungen 119 Nachdruck und Vervielfältigung Die vom Auftragnehmer vertretene Auffassung ist Alle Rechte vorbehalten nicht unbedingt mit der des Herausgebers identisch. ISSN 1435-4659 (Schriftenreihe) Forschungen Heft 119 ISBN 3-87994-451-2 Bonn 2006
Inhalt Kurzfassung 1 1 Ausgangssituation 3 1.1 Die spezifische Situation in Ostdeutschland 4 1.2 Die Untersuchungsfragen 7 2 Konzeption des Monitorings 9 2.1 Konzeptionelle Grundlagen 9 2.2 Auswertung und Berichtsprogramm 11 2.3 Technische Umsetzung und GIS-Integration 12 3 Erfahrungsbericht zum Aufbau des Monitorings 15 3.1 Lagebericht auf Basis der vorliegenden Daten 15 3.2 Erfahrungsbericht aus Westsachsen 28 3.3 Die Informationsplattform „Gewerbeflächenmanagement Ost“ 36 3.4 Exkurs: Stärken und Schwächen von Standorten 39 4 Weiterentwicklung des Monitoringkonzeptes 44 4.1 Vermarktung 45 4.2 Verstetigung 46 4.3 Überlegungen zum Organisations- und Betreiberkonzept 48 4.4 Bedeutung des Gewerbeflächenmonitorings für den Bund 49 5 Zusammenfassung 52 Anmerkungen 54 Literatur 56 Anhang 57
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Entwicklung der GA- und EFRE-Förderung für die Erschließung von Industrie- und Gewerbegelände in Ostdeutschland 5 Abbildung 2 Die Monitoringkonzeption 11 Abbildung 3 Anteil der Gewerbefläche an der Siedlungs- und Verkehrsfläche 16 Abbildung 4 Gewerbeflächenausstattung in Ostdeutschland 18 Abbildung 5 Verteilung der gewerblichen Großstandorte in Ostdeutschland im Jahr 2000 20 Abbildung 6 Gewerbeflächenzuwachs in Ostdeutschland 1990–2000 21 Abbildung 7 Gewerbeflächenausstattung pro 1 000 Beschäftigte in Ostdeutschland 22 Abbildung 8 Gewerbeflächenauslastung in Ostdeutschland 24 Abbildung 9 Gewerbeflächenbedarf in den Kreisen: Prognosehorizont 2010 25 Abbildung 10 Reichweite der Gewerbeflächenpotenziale in Ostdeutschland 26 Abbildung 11 Investitionen in Maschinen und Anlagen 28 Abbildung 12 Investitionen in Maschinen und Anlagen in Sachsen 29 Abbildung 13 Investitionen in Grundstücke ohne Bauten 1995–2000 29 Abbildung 14 Investitionen in Grundstücke in Sachsen (Kreise und kreisfreie Städte) 30 Abbildung 15 Baufertigstellungen (Fabrik und Werkstattgebäude) in der Region Leipzig 30 Abbildung 16 Baufertigstellungen in Sachsen (Gemeinde) 31 Abbildung 17 Gewerbeflächenpotenziale in der Region Westsachsen 32 Abbildung 18 Gewerbefläche (brutto) je 1 000 Einwohner 33 Abbildung 19 Verfügbare Gewerbefläche je 1 000 Einwohner 33 Abbildung 20 Gewerbeflächentypisierung 34 Abbildung 21 Lagekategorien 34 Abbildung 22 Durchschnittliche Entfernung zur Autobahn 34 Abbildung 23 Auslastung der Gewerbegebiete nach Entfernung zur Autobahn 35 Abbildung 24 Durchschnittliche Entfernung der Gewerbegebiete zum Bahnhof 35 Abbildung 25 Vorschlag zur Gewerbeflächentypisierung 38 Abbildung 26 Auszug aus dem Fragebogen 40 Abbildung 27 Systemskizze zum Aufbau integrierter Datendienste 47 Abbildung 28 Vorschlag zur Organisation und Steuerung des Monitorings 50 Abbildung 29 Fragebogen zum Gewerbeflächenmonitoring in der Region Leipzig (Entwurf) 59 Abbildung 30 Gewerbeflächenausstattung in Ostdeutschland 64 Abbildung 31 Gewerbeflächenausstattung pro Einwohner 65 Abbildung 32 Gewerbeflächenausstattung: Einwohner pro ha Gewerbefläche 66 Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Bewilligte GA- und EFRE-Mittel im Bereich „Wirtschaftsnahe Infrastruktur“ 1990–2003 5 Tabelle 2 Anforderungen an die Datenerfassung 10 Tabelle 3 Gewerbeflächenpotenziale in Ostdeutschland 19 Tabelle 4 Vergleich unterschiedlicher Datenquellen zur Gewerbeflächensituation 27 Tabelle 5 Gewerbeflächenausstattung der Region Westsachsen 32 Tabelle 6 Standortfaktoren für Gewerbestandorte 40 Tabelle 7 Engpassfaktoren der Standortwahl in den Niederlanden 42 Tabelle 8 Gewerbeflächen in Ostdeutschland: Auswertung der ATKIS-Daten 61 Tabelle 9 Gewerbeflächen nach Landkreisen (ATKIS) 61
Kurzfassung Das Bundesamt für Bauwesen und Raum- Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der ordnung (BBR) hat mit dem Projekt „Ge- Regionen dar. Die Suchkosten der Betriebe werbeflächenmonitoring – ein Ansatz zur und auch ihre Unsicherheit bezüglich der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortqualität werden erheblich redu- Gewerbeflächenpotenzials in Ostdeutsch- ziert. land“ die Arbeitsgemeinschaft Planquadrat Der Anforderungskatalog des Monitorings Dortmund, die GEFAK Gesellschaft für an- wurde auf Basis der gegenwärtig vorhan- gewandte Kommunalforschung mbH und denen Daten überprüft. Dabei hat sich ge- die TU Hamburg-Harburg, Arbeitsbereich zeigt, dass keine der verfügbaren Erhebun- Stadt- und Regionalökonomie mit der Kon- gen bzw. Statistiken im Sinne des Monito- zeption eines Gewerbeflächenmonitorings ringkonzeptes vollständig ist, sondern alle beauftragt. eine weitere Differenzierung sowohl in der Die Untersuchung zur Steigerung der Wett- Erfassung als auch in der Aufbereitung er- bewerbsfähigkeit des ostdeutschen Gewer- fordern. Grundsätzlich ist aber die Eignung beflächenangebotes hat gezeigt, dass eine der Daten für Monitoringzwecke gegeben. verbesserte Informationsgrundlage we- Gleichzeitig hat die Untersuchung verdeut- sentlich ist. Nur dann, wenn Klarheit über licht, dass in den ostdeutschen Bundeslän- den gewerblichen Flächenbedarf besteht dern insgesamt ein großer Flächenüber- und die Flächenangebote der Kommunen hang besteht. In den peripheren Regionen transparent sind, lässt sich ein regionales ist dieser Überhang am größten; hier soll- Gewerbeflächenmanagement erfolgreich ten in vielen Fällen Gewerbeflächen aus ih- umsetzen. rer Widmung entlassen werden. Entsprechend dieser Anforderungen wurde Weiterhin wurde deutlich, dass neben der ein Konzept für eine sachlich differenzierte technischen Konfiguration vor allem die „Buchhaltung“ – ein Monitoring – entwi- Implementierung entscheidend ist. Ein Mo- ckelt, das es erlaubt, Entstehung, Qualität nitoringkonzept kann nur durch die Städte, und Nutzung der Gewerbeflächen zu er- Gemeinden und Landkreise selbst realisiert fassen. Die Folge eines solchen Gewerbe- werden, mit einer unterstützenden Position flächenmonitorings ist ein auf die nachge- der Länder und des Bundes. Dies wird aber fragte Qualität und Quantität abgestelltes nur geschehen, wenn den Gemeinden Vor- passgenaues Angebot. Es ermöglicht eine teile entstehen und ihnen mit dem Monito- nachhaltige Flächenentwicklung, da nicht ring ein Arbeitsmittel bzw. Werkzeug an die mehr jeder denkbaren Anforderung Rech- Hand gegeben wird, das eine bessere Erle- nung getragen werden muss, sondern nur digung ihrer Pflichtaufgaben ermöglicht als noch den tatsächlichen Anforderungen der bisher. Unternehmen. Gleichzeitig erlaubt diese Informationsbasis eine Optimierung des Planquadrat Dortmund/GEFAK/ Flächenangebotes (Steigerung der Produk- TU Hamburg-Harburg tivität der Fläche, Rückbauleitplanung etc.). Dies stellt einen erheblichen Beitrag zur November 2005
3 1 Ausgangssituation Die Diskussion zum Gewerbeflächenmo- Auf der Basis dieser Ansprüche und An- nitoring wird von zwei zentralen Gesichts- forderungen ist eine Optimierung der Ge- punkten bestimmt. Zum einen wird man werbeflächenentwicklung auf lokaler und den sehr komplexen Prozess der Flächen- regionaler Ebene erforderlich. Die Informa- und Standortgenerierung als Teil der Pla- tionsgrundlagen der Planung und der Wirt- nung beachten müssen. Zum zweiten ist schaftsförderung sind daher so zu gestalten, die Fläche die conditio sine qua non einer dass sie eine differenzierte Auskunft über regionalökonomischen Entwicklung. Beide den aktuellen Stand und die Potenziale der Gesichtspunkte stellen eigene Anforderun- regionalen Industrie- und Gewerbeflächen- gen, die in einem Gewerbeflächenmonito- entwicklung erlauben. ring Beachtung finden müssen. Die Informationen über den Bestand und Weiterhin ist zu beachten, dass sich Ent- die Entwicklung gewerblicher Bauflächen wicklungsstrategien nur dann wirkungsvoll sind widersprüchlich. In einem großen entfalten können, wenn sie nicht nur im Teil der Kommunen besteht ein Überange- ökonomischen Sinne als nachhaltig gelten bot an gewerblichen Bauflächen. Schilder, können. Im konkreten Fall der Gewerbeflä- ungenutzte, aber vollständig erstellte Er- chenentwicklung heißt dies, dass nur dann schließungsstraßen und gelegentlich auch eine Gewerbeflächenpolitik als ökologisch beleuchtete Schafweiden machen die Situa- nachhaltig gelten kann, wenn die Flächen tion auch für denjenigen anschaulich, der im notwendigen Umfang am geeigne- keine Pläne lesen kann. Andererseits wird ten Standort bereitgestellt werden bzw. in von vielen Kommunen vorgetragen, dass Quantität und Qualität der Nachfrage der sie über keine nachfragegerechten Gewer- Unternehmen entsprechen. beflächen verfügen, die von den Betrieben zur Ansiedlung akzeptiert werden. Diese Die Wettbewerbsfähigkeit einer Region wird widersprüchliche Situationsbeschreibung durch die vorhandenen Betriebe, die Ar- kann jeweils mit Bezug auf die Datenla- beitskräfte und ihre Qualifikationen sowie ge auch innerhalb einer Gemeinde zum durch den Standort bzw. die Fläche mit Beispiel durch die Stadtplanung (viele un- ihren unmittelbaren Eigenschaften gebil- genutzte Gewerbeflächen) und durch die det. Der Stellenwert der Fläche resultiert Wirtschaftsförderung (wenige geeignete – neben der Basisfunktion als Standort – vor Gewerbeflächen) erfolgen. allem auch aus der „Vermittlungs- oder In- tegrationsleistung“ zum Beispiel zwischen Zur Erklärung dieses Widerspruchs kommt der Lage, den infrastrukturellen Einrich- es, wenn man den Prozess der Gewerbeflä- tungen (im Umfeld) und dem Betrieb, aber chenentwicklung und des Gewerbeflächen- auch den verschiedenen innerbetrieblichen managements verfolgt. Gewerbestandorte Effekten wie zum Beispiel dem Materialfluss werden durch die Kommunen im Rahmen oder der Imagewirkung durch städtebauli- ihrer hoheitlichen Rechte und unter Abwä- che Gestaltung und Ähnlichem. Regionen, gung der relevanten Belange ausgewiesen. die über ein entsprechend differenziertes Sie „bewerben“ sich mit ihren Standorten Flächen- bzw. Standortangebot verfügen, und Standortverhältnissen um Betriebe. das diese Leistungen ohne Einschränkun- Diese Flächenentwicklung durch die Kom- gen erbringen kann, können als besonders munen erfährt zurzeit eine dramatische wettbewerbsfähig gewertet werden. Für Veränderung. Die Fähigkeit, gute Standorte Ostdeutschland kommt diesem Effekt in der zu entwickeln, sinkt. Zunehmend werden insgesamt noch wenig stabilisierten Situa- aus Sicht der Betriebe Standorte „zweiter“ tion eine besondere Bedeutung zu.1 Verbin- und „dritter Wahl“ angeboten, da die Räume det man die regionalökonomisch notwen- mit guter Standort- und Lagequalität schon dige Standort- und Flächenentwicklung mit längst besiedelt sind oder im Hinblick auf den Forderungen der ökologischen Nach- die sehr knappen ökologischen Ressourcen haltigkeit sowie dem komplexen Planungs- verschont bleiben sollen. In Ballungsräu- prozess, ist die „Kontrolle“ der Inanspruch- men wird das Gewerbe zudem im Wettbe- nahme von Flächen für eine gewerbliche werb mit den höherwertigen Nutzungen in Nutzung zentral. die Defensive gedrängt.
4 Gewerbeflächenmonitoring Forschungen Heft 119 Diese Entwicklung wird verstärkt durch die gebenenfalls erheblichen Aufbereitungsauf- Schwierigkeit der Kommunen, Aufwand wand (Böschungen/Stützmauern, Erschlie- und Ertrag für gewerbliche Standorte ins ßungen, Grundstücksaufbereitung) und in Gleichgewicht zu bringen. Die Kommunen der Folge ohne Kostensignal in der Form stellen Standorte bereit, ohne die Produk- hoher Abgabepreise. Das verfälschte Kos- tionskosten tatsächlich in den Abgabepreis tensignal, durch die Wirtschaftsförderungs- einzubeziehen. In dieser Situation sind für belange und den regionalen Wettbewerb die Städte und Gemeinden geringe Ein- begründet, führt schließlich dazu, dass flä- standskosten wesentlich. Entsprechend chensparende Innovationen im Fabrikbau meiden sie hochpreisige Standorte bzw. oder -umbau und in der Produktionstech- im Sinne der skizzierten Integrations- und nik in Bezug auf die geringen Flächenkos- Vermittlungsleistung gut ausgestattete ten bzw. aufgrund der erfolgreichen Kos- Standorte. Gewerbeflächen sind damit ein tenabwälzung ausbleiben. Gut, das gegen eine „Schutzgebühr“ an die Im Resümee ist festzuhalten: die systema- Betriebe weitergegeben wird. Der Gewer- tisch unzureichenden Informationen so- beflächenpreis signalisiert vielfach keinen wie die fehlenden Rückkopplungen führen Wert, sondern lediglich den Haushaltssta- dazu, dass mehr Gewerbeflächen dargestellt tus der Kommune bzw. das jeweils aktivier- werden als genutzt werden können.5 Das te Fördervolumen. Mit diesem Mechanis- gegenwärtige „System“ treibt im Wesentli- mus werden auch nachrangige Standorte chen einen Evolutionsprozess voran: Gute entwickelt. Gelingt die Entwicklung eines Flächen bzw. Standorte und gute Betriebe guten Standortes (Standort „erster Wahl“), „überleben“, alles Übrige muss, vermittelt dann bleibt unter diesen Bedingungen die über das Prinzip „Versuch und Irrtum“, aus- Diskriminierungswirkung des Preises ge- scheiden. Ein Prinzip, das zwar langfristig ring. Technologieparks zum Beispiel wei- eine optimale Anpassung nicht ausschließt, sen im Branchenspektrum an erster Stelle aber hinter den Möglichkeiten einer plane- Vertriebsunternehmen für Elektronik und risch-technischen Steuerung zurückbleibt. Elektrotechnik auf, es folgen allgemeine Handelsunternehmen sowie Rechts-, Wirt- Die kontinuierliche Beobachtung der Flä- schafts- und technische Beratung. Erst chenentwicklung bzw. ein Monitoring auf den hinteren Plätzen folgen mit einem würde dagegen eine bisher nicht gegebene Anteil von 5 bis 10 % die Nutzungen, für Transparenz schaffen. Der Prozess der Pla- die der Technologiestandort gedacht war: nung (Produktion), der Nutzung und des die produzierenden technologiegeprägten Ertrags der gewerblichen Flächenentwick- Klein- und Mittelbetriebe.2 lung könnte auf der Basis eines Monitorings differenziert und nachfragegerecht gestaltet Entsprechend oszilliert die Gewerbeflä- werden. Die gleichzeitige Kopplung dieser chendarstellung in den Kommunen zwi- Informationen an ein Flächenmanagement schen einem Überangebot an unzureichen- lässt durch die nachfragegerechte Darstel- den Flächen und einem Mangel an funktio- lung der Fläche eine Erhöhung der Wettbe- nal und städtebaulich wertvollen Flächen.3 werbsfähigkeit des regionalen Gewerbeflä- Verbunden mit diesen „Marktbedingungen“ chenpotenzials sowie deutliche Flächenein- ist der Umgang mit der Ressource Boden sparungen erwarten. im Bereich der Flächenentwicklung für das Verarbeitende Gewerbe besonders unbe- friedigend. Es unterbleibt zum Beispiel die 1.1 Die spezifische Situation Differenzierung bzw. Segmentierung der in Ostdeutschland Angebote nach verschiedenen Flächen- bzw. Standortqualitäten. Die Standortwahl In Ostdeutschland sind die oben skizzierten der Unternehmen wird angesichts dieser allgemeinen Verwerfungen und Fehlent- Verhältnisse mehr vom Gedanken geprägt, wicklungen mindestens im gleichen Aus- sich eine Fläche zu sichern, als von der maß zu beobachten. Auch hier entstanden Qualität des Standortes und der Fläche. In Flächen, die im Wettbewerb nicht beste- der Mehrzahl der Fälle wählen die Betriebe hen können, und in der Summe gehen die – so lassen sich Umfrageergebnisse inter- Gewerbeflächen weit über eine mögliche pretieren – Standorte, die die Mindestbe- Nachfrage hinaus. In Erwartung des west- dingungen erfüllen.4 deutschen Siedlungsbildes, das von der Suburbanisierung geprägt ist, aber auch Die Baulandausweisung erfolgt vor diesem geleitet von wirtschaftlichen Entwicklungs- Hintergrund oft auch ohne Bezug zum ge- vorstellungen, vermeintlichen Lagevortei-
Ausgangssituation 5 len (Nähe zu Osteuropa) oder der hohen Abbildung 1 Qualität der Standortfaktoren (Produktivi- Entwicklung der GA- und EFRE-Förderung für die Erschließung von Industrie- und Gewerbegelände in Ostdeutschland tät, Arbeitskräfteangebot etc.) sind Flächen über die Nachfrage hinaus entstanden. Schließlich ließ sich immer wieder beob- achten, dass Gewerbeflächen als Politik- IN -IO mittel genutzt wurden. In einer Diskussion wurden die sehr umfangreichen Gewerbe- flächendarstellungen einer Gemeinde unter anderem als politischer Schachzug begrün- det: „Wir standen vor der Wahl: drei Bürger- meister oder drei Gewerbegebiete. Wir ha- ben uns für den Bürgermeister entschieden "ERLIN -ECKLENBURG 6ORPOMMERN 3ACHSEN !NHALT und drei Gewerbegebiete ausgewiesen.“ "RANDENBURG 3ACHSEN 4HàRINGEN Jede lokale wirtschaftliche Krise (Kom- 1UELLE "UNDESAMT FàR 7IRTSCHAFT UND !USFUHRKONTROLLE "!&! EIGENE "ERECHNUNGEN binatschließungen, Treuhandstilllegungen etc.) war ein Anlass zur Demonstration po- litischen Handelns. Ein erheblicher Anteil deutlich. Tabelle 1 zeigt, dass der Hand- der Gewerbeflächen ist nicht der Nachfra- lungsschwerpunkt für den Bereich „Wirt- ge oder falsch eingeschätzten Nachfrage schaftsnahe Infrastruktur“ die Erschließung zu verdanken, sondern resultiert aus der von Industrie- und Gewerbegelände und Notwendigkeit, in Krisen politische Zeichen die Erstellung von Verkehrsverbindungen zu setzen. Mit anderen Worten: es bestehen zu Gewerbebetrieben war. Gleichzeitig ist viele Einflussfaktoren, die die Forderung zu erkennen, dass die Brachflächenbear- nach Rationalität der Flächendarstellung beitung – gemessen am Aufkommen – sehr letztlich auch zurücktreten lassen. gering bleibt. In dem 13-jährigen Beobach- tungszeitraum werden nur 7 % des Mittel- Die Statistik zur Gemeinschaftsaufgabe volumens für diese Aufgabe bereitgestellt. „Verbesserung der regionalen Wirtschafts- struktur“ zeigt, dass bis Mitte der 1990er In Ostdeutschland sind die Revitalisierungs- Jahre in den Regionen Ostdeutschlands potenziale der Altstandorte von besonderer in großem Umfang Gewerbegebiete neu Bedeutung.7 Sie setzen sich neben einer ausgewiesen wurden. Als Folge der in- Vielzahl einzelbetrieblicher Standorte unter terkommunalen Ansiedlungskonkurrenz, anderem zusammen aus verbunden mit einer rückläufigen oder ausbleibenden Nachfrage, entstand in re- gional unterschiedlichem Umfang ein sehr Tabelle 1 großes Angebot an Gewerbeflächen.6 Viel- Bewilligte GA- und EFRE-Mittel im Bereich „Wirtschaftsnahe Infrastruktur“ fach bestehen keine Daten, und wenn Da- 1990–2003 (in %) ten vorhanden sind, handelt es sich vor neue alte allem um Kostendaten. So ist zum Beispiel Bundesländer Bundesländer das gegenwärtige Beobachtungssystem der Erschließung von Industrie- und Gewerbegelände 29,22 41,90 Wirtschaftsförderung finanzwirtschaftlich Errichtung/Ausbau von Verkehrsverbindungen dominiert und auf die Zwecke der Abrech- zur Anbindung von Gewerbebetrieben 11,46 11,91 nung, Mittelkontrolle etc. ausgelegt. Errichtung/Ausbau von Energie und Wasser- versorgungsleitungen 2,29 1,17 Abbildung 1 zeigt den zeitlichen Verlauf Errichtung/Ausbau von Anlagen für die Beseitigung der GA- und EU-Förderung in Ostdeutsch- bzw. Reinigung von Abwasser und Abfall 12,33 5,67 land für die Erschließung von Gewerbege- Geländeerschließung sowie öffentliche Einrichtungen für den Fremdenverkehr 17,06 13,69 bieten. Dieser mittelbare Indikator erlaubt Errichtung/Ausbau von Einrichtungen der den Schluss, dass vor allem zwischen 1991 beruflichen Bildung 9,14 3,88 und 1995 Gewerbegebiete entstanden sind. Errichtung/Ausbau von Gewerbezentren 11,34 14,21 Nach 1996 sinkt die Förderung von ehemals Wiederherrichtung von brachliegendem Industrie- 200 bis 320 Mio. € auf eine Größenordnung und Gewerbegelände 7,01 7,30 von 25 bis 50 Mio. € ab. Damit wird in den Erstellung regionaler Entwicklungskonzepte 0,01 0,03 Planungs- und Beratungsleistungen 0,07 0,04 späten 1990er Jahren nur noch ein Niveau Regionalmanagement-Vorhaben 0,07 0,21 von 20 % der frühen 1990er Jahre erreicht. 100,00 100,00 Aus anderer Perspektive wird dies auch im Nachweis der gesamten Fördertatbestände Quelle: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), eigene Berechnungen
6 Gewerbeflächenmonitoring Forschungen Heft 119 • industriell-gewerblichen Altflächen aus Inventur in Verbindung mit der Aufstellung DDR-Zeiten, die durch die Liegen- von Gebietsentwicklungsplänen (NRW) schaftsgesellschaft der Treuhandanstalt oder vergleichbaren regionalen Planwerken mbH (sog. TLG-Liegenschaften) und die in den anderen Bundesländern. Insgesamt TLG-Nachfolgegesellschaften vermarktet werden diese Aufnahmen aber nicht ge- werden; pflegt. Es sind „Ein-Zeitpunkt-ein-Zweck- • Konversionsflächen, die aufgrund des Aufnahmen“ mit jeweils sehr individuellen Abzugs der Westgruppe der russischen Merkmalen. Offensichtlich sind Erfahrungs- Truppen freigeworden sind (sog. WGT- werte und plausible Schätzungen, die mit Liegenschaften) 8 oder ehemals durch die geringem Aufwand immer wieder aufs Neue Nationale Volksarmee genutzte Liegen- erzeugt werden können, für die zentralen schaften (sog. NVA-Liegenschaften); Planungsentscheidungen, die im politisch- administrativen Verhandlungsprozess im • Bahnliegenschaften der ehemaligen Handlungsfeld Gewerbe getroffen werden, Deutschen Reichsbahn, der Deutschen ausreichend. Dass Zeitvergleiche mit diesen Bahn AG bzw. der Deutschen Bahn Im- Ansätzen nicht möglich sind, wird in Kauf mobilien GmbH; genommen. • nicht betriebsnotwendige Liegenschaf- Die gegenwärtig verfügbaren Statistiken ten ehemals volkseigener land- und zur betrieblichen Investition, zur Bau- forstwirtschaftlich genutzter Flächen, fertigstellung oder zur Flächennutzung die durch die Bodenverwertungs- und weisen in der Praxis eine Reihe von sper- -verwaltungs-GmbH (BVVG) in den Bun- rigen Eigenschaften auf. Die Investitions- desländern Brandenburg, Mecklenburg- statistik bezieht sich nur auf das Produzie- Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt rende Gewerbe, soweit die Betriebe mehr und Thüringen im Auftrag des Bundes als 20 Beschäftigte haben. Erfasst werden vermarktet werden (sog. BVVG-Liegen- zwar Investitionen in unbebaute Grund- schaften). stücke (was ungefähr dem Kauf von Ge- Die Daten und Informationen zu diesen werbegrundstücken entspricht), zugänglich industriell-gewerblichen Revitalisierungs- sind aber nur monetäre Daten. Überdies potenzialen sind nicht systematisch aufbe- sind die Investitionsmeldungen Stromdaten reitet; gegenwärtig sind nur verschiedene (die jährlichen Aufwendungen), aber über Schätzungen bekannt. Diese Flächeninfor- den Bestand und Nutzungsstatus lässt sich mationen blieben für die aktuelle Gewerbe- aus dieser Statistik keine Aussage ableiten.9 flächennachfrage der Unternehmen aller- Eine Verbindung zwischen der Investitions- dings von geringer Bedeutung. Sie werden statistik, der Flächennutzungsstatistik oder daher in den nachfolgenden Ausführungen der Baufertigstellung ist nicht gegeben. Der – vor allem mangels Information – weitge- Trend der Investitionen gibt allenfalls die hend vernachlässigt. Gleichwohl sind sie Nachfragedisposition der Betriebe wider. bei der Konzeption eines Monitorings zu Die Baufertigstellungsstatistik weist zwar berücksichtigen. die Fabrik- und Werkstattgebäude und ihre Für Ostdeutschland (ebenso wie für West- Nutzfläche nach, aber nach der Statistikre- deutschland) stehen keine aktuellen, um- form 1996 entfiel der Nachweis der Grund- fassenden Erhebungen zum Umfang und stücksfläche. Hinzu kommt, dass die Nut- zur Entwicklung der (Bestands-)Flächenpo- zungen eines Gewerbestandortes im Sinne tenziale zur Verfügung. Nur vereinzelt – wie der §§ 8 und 9 Baunutzungsverordnung beispielsweise in Sachsen-Anhalt – liegen über die erfassten Fabrik- und Werkstattflä- systematische Erfassungen und Analysen chen hinausgehen. Die Statistik erfasst den zur Industrie- und Gewerbeflächenausstat- Nutzungsprozess nicht vollständig. tung, allerdings mit Aktualitätsproblemen Schließlich steht noch die Flächennut- behaftet, vor. Thüringen ist bisher das ein- zungsstatistik (nach Art der tatsächlichen zige Bundesland, in dem die industriell-ge- Nutzung) zur Verfügung. Hier wird aus den werbliche Altstandortsituation landesweit Meldungen der Katasterämter der Nut- und damit einheitlich erfasst wurde bzw. zungsstatus (seit 2002) für jedes Jahr zusam- zurzeit erfasst wird. mengestellt. Gegenwärtig ist die Statistik Auf kommunaler Ebene werden im Rahmen mit kleineren Ungereimtheiten verbunden. der Flächennutzungsplanung detaillierte Zudem wird die Fläche für Gewerbe und Bestandsaufnahmen mit einer Vielzahl von Industrie (Nutzungsschlüssel 170) nicht in Merkmalen erstellt. Ähnlich erfolgt eine allen Bundesländern nachgewiesen. In Ost-
Ausgangssituation 7 deutschland verzichten die Länder Thürin- und auszubauen. Ähnlich dürfte die Inter- gen und Sachsen-Anhalt auf eine Erfassung essenslage auf Bundesebene sein, wo die bzw. Auswertung, in Westdeutschland die Informationssicherung vor allem objekti- Länder Niedersachsen, Bayern und Hes- ven, entscheidungsrelevanten Daten gelten sen. Diese Statistik bildet durch die Form dürfte. ihrer Nachweise auch eine „innere“ Bilanz. Werden in einem Ort einige Hektar Gewer- beflächen neu entwickelt und gleichzeitig 1.2 Die Untersuchungsfragen einige Hektar Gewerbeflächen aufgegeben, Die gegenwärtige, unübersichtliche Situa- dann spiegelt die Statistik nur die Differenz tion zu Umfang, Nutzung und Qualität der zwischen den Stichtagen wider. Hinter der gewerblichen Bauflächen in Ostdeutsch- Angabe, dass der Gewerbeflächenanteil land soll durch ein Monitoring, das im gering oder gar nicht gewachsen ist, kann Rahmen des Förderschwerpunktes „Aufbau sich ein großer Wandel verbergen. Auf kom- Ost“ entwickelt und geprüft wurde, über- munaler Ebene ist ein Nachvollzug und wunden werden. Bei dieser Beobachtung eventuell eine Prüfung der Ergebnisse sehr der tatsächlichen Situation sollen folgende schwer. Differenziertere Analysen zum Bei- Schlüsselfragen beantwortet werden: spiel in Verbindung mit der ökonomischen • Wie viele Hektar Gewerbeflächen sind in Entwicklung sind auf der Basis dieses Mate- den Städten und Gemeinden, den (Land-) rials nur hoch aggregiert möglich. Gemes- Kreisen sowie in der Region verfügbar ? sen an den eingangs skizzierten Problem- lagen und Erfordernissen ist die Situation • Welche Qualität in Form von Lage, Er- unzureichend. reichbarkeit, Immissionstoleranz etc. weisen diese Flächen auf ? Dass eine ausdifferenzierte Beobachtung • Welcher planungs- und eigentumsrecht- zur Flächennutzung und zur Baulandent- liche Status ist in den Kommunen bzw. wicklung möglich ist, zeigt das Beispiel der Gebietseinheiten der Region für die Ge- Niederlande.10 Es werden sowohl Angebots- werbegrundstücke gegeben ? als auch Nachfragefaktoren auf kommunaler und regionaler Ebene erfasst, auf nationaler • Handelt es sich um Bestandsflächen, um Ebene zu aussagekräftigen Indikatoren ver- Brachflächen (mit welchen Gebäuden dichtet und zu einem „terreinquotient“ zu- bzw. Restriktionen) oder um neu entwi- sammengefasst. In diesem Quotienten sind ckelte Flächen („grüne Wiese“) ? eine Reihe von Bodenmarktinformationen • Wie hoch ist der Auslastungsgrad der Ge- wie Preis und Produktivität, aber auch die werbegebiete? Wie hoch die „Produktivi- Flächenkennziffern enthalten. Mit diesem tät“ der Flächen (Beschäftigte pro ha) ? System, das auf die niederländische Pla- nungsphilosophie abstellt, ist eine umfas- • Welche Standorte bzw. Flächen (quanti- sende Informationsquelle geschaffen. Es tativ und qualitativ) werden in Zukunft erlaubt differenzierte Analysen und lässt nachgefragt, und wie hoch sind die lan- vor diesem Hintergrund auf der Ebene der des- und regionalplanerisch ausgewiese- Regionen (in den Niederlanden) eine Steu- nen Flächenreserven ? erung des Flächenverbrauchs bzw. der Bau- • Worauf ist der eventuelle Rückgang der landentwicklung zu.11 Flächennachfrage begründet? Sind es konjunkturelle Effekte, oder zeichnet Auch wenn die zentralen Kompetenzen für sich eine Trendänderung (neue Stand- die Umsetzung des Monitorings auf kom- ortfaktoren) ab ? munaler und regionaler Ebene liegen, wo vor allem operative und planungsrelevante Monitoring bedeutet im Wortsinn neben Daten für eine regional ausgerichtete Ge- Beobachtung auch Warnung. Vor diesem werbeflächenpolitik benötigt werden, ist Hintergrund soll das konzipierte System davon auszugehen, dass ein Monitoring Bestand und Entwicklung (Performance) auch auf Landesebene Vorteile bieten kann. der Gewerbeflächen in den Planungsregio- Angesichts der zunehmenden Regionalisie- nen beobachten und auf der Basis zentraler rung von Aufgaben und Kompetenzen sind Kennziffern eine Diagnose ermöglichen. Im die Länder bestrebt, qualitativ hochwerti- einfachsten Fall warnt das System frühzei- ge, konsistente Informationen zu sichern, tig vor einem (wachsenden) Überangebot um einen Überblick über wesentliche Ent- oder einem (steigenden) Defizit und kann wicklungen in den einzelnen Landesteilen diagnostisch die Ursache eines Überange- sowie Steuerungsmöglichkeiten zu erhalten bots oder Defizits anzeigen. Ausgehend von
8 Gewerbeflächenmonitoring Forschungen Heft 119 Basisinformationen der kommunalen und in zwei Modellregionen durchgeführt. In regionalen Gewerbeflächensituation soll Westsachsen und Südwest-Thüringen wur- eine Informationsübersicht – mit relevan- den jeweils projektbegleitende Arbeitskrei- ten Angaben für Planung, Prognose und se mit Vertretern aus kommunalen, kreis- Präsentation – für Ostdeutschland geschaf- weiten und regionalen Planungs- und Wirt- fen werden. Durch Schaffung von Transpa- schaftsinstitutionen eingerichtet. In jeweils renz auf dem Gewerbeflächenmarkt, so die drei Workshops in Leipzig und Meiningen zentrale Ausgangsthese, lassen sich Strate- wurde der Projektansatz aus regionaler gien eines regionalen Flächenmanagements Perspektive und unter Gesichtspunkten entwickeln, die zur Steigerung der Wettbe- der Praktikabilität dargestellt und erörtert. werbsfähigkeit des regionalen Gewerbeflä- Der Projektfortschritt sowie die Ergebnis- chenpotenzials beitragen. se wurden dort vorgestellt und diskutiert. In der schriftlichen Darstellung der Ergeb- Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, die nisse liegt der Schwerpunkt auf der Unter- effizientere Nutzung vorhandener Gewerbe- suchungsregion Westsachsen. flächenpotenziale zu fördern und regional abgestimmte Ansatzpunkte zur Stärkung Der hier vorliegende Bericht gliedert sich in der Wettbewerbsfähigkeit der gewerblichen zwei Teile: Im ersten Teil – Konzeption des Wirtschaft Ost zu entwickeln. Dazu erfolgt Monitorings – erfolgt die Beschreibung des die Konzeption eines Gewerbeflächenmo- Monitorings, der Zielstellung sowie der we- nitorings, mit dem unter anderem die ge- sentlichen Elemente des Aufbaus. Im zwei- nutzten sowie die noch verfügbaren Indus- ten Teil – Erfahrungsbericht zum Aufbau des trie- und Gewerbeflächen im kommunalen, Monitorings – werden auf Basis der bereits regionalen sowie im landesweiten Vergleich verfügbaren Daten konkrete Ergebnisse des dargestellt werden können. Zur Bilanzie- Monitorings für Ostdeutschland dargestellt. rung von Angebot und Nachfrage ermög- Abgeleitet aus den Diskussionen und Er- licht das Konzept auch die Bestimmung der fahrungen in zwei Beispielregionen werden Flächenbedarfe. zudem die Erfahrungen zum Aufbau eines Monitorings geschildert. Da für die Erreichung der Flächenziele der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie 12 eben- Für den eiligen Leser sind die zentralen so wie für den Erfolg eines Monitoringsys- Aussagen jeweils am Ende der einzelnen tems die Einbindung von kommunalen und Kapitel in grau unterlegten Kästen zusam- regionalen Akteuren unabdingbar ist, wur- menfassend dargestellt. den vertiefende Analysen zur regionalen Gewerbeflächensituation und Diskussionen der erarbeiteten Vorschläge und Ergebnisse Kapitel 1 setzt sich mit Angebot und Nachfrage der gewerblichen Bauflächen in Ostdeutsch- land auseinander. Festzustellen ist, dass die Beurteilung sehr widersprüchlich ist. In Abhän- gigkeit der Akteursperspektive besteht entweder ein Überangebot oder ein unzureichendes Angebot. Ursache für diese Divergenz ist die fragmentierte Informationslage. Keine der ver- fügbaren Statistiken, Datenbanken und Aufzeichnungen enthält eine vollständige Situa- tionsbeschreibung. Die zentralen Untersuchungsfragen zur Qualität des Bestandes, dem pla- nungsrechtlichen Status, der Herkunft der Gewerbeflächen, dem Auslastungsgrad der Gebiete und Flächen sowie der verfügbaren Reserven können nur mit großen Einschränkungen beant- wortet werden. Jede Angabe wird begleitet durch Einschränkungen und Annahmen. Weiterhin lässt sich festhalten, dass gegenwärtig nicht entschieden werden kann, ob ein Rück- gang der Flächennachfrage Zufall (bzw. eine natürliche Schwankung), das Ergebnis eines Kon- junkturzyklus oder der Hinweis auf eine strukturelle Änderung der Nachfrage ist oder schließlich auf einem unzureichenden Angebot beruht. Nur dann, wenn Klarheit über den gewerblichen Flächenbedarf besteht und die Flächenangebote der konkurrierenden Kommunen transparent sind, lassen sich Strategien zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme, z. B. durch ein regionales Gewerbeflächenmanagement, entwickeln und erfolgreich umsetzen.
9 2 Konzeption des Monitorings Die Steuerung durch Planung – von der • Informationsmanagement durch Ver- Landesplanung bis zur verbindlichen Bau- netzung der Akteure, der Informationen leitplanung – wird den widersprüchlichen und des Wissens (Organisation, Prozess- Anforderungen einer wettbewerbsfähigen management) und bedarfsgerechten Flächenentwicklung • Strategische Ausrichtung auf regional- nicht gerecht. Die verfügbaren Informati- bedeutsame Zielgruppen, Branchen und onen über Gewerbeflächen sind in hohem Cluster (Vermarktung) Maße widersprüchlich und lassen operative, konsistente und zielgerichtete Entscheidun- • Controlling zur Reflexion der eigenen gen bzw. Planungen kaum zu. Gegenwärtig Aktivitäten (Evaluation) ist es zum Beispiel nicht möglich, zwischen Mit dem Instrument Monitoring ist gleich- zufälligen Schwankungen, konjunkturellen zeitig ein Informationsmanagement im Be- Zyklen und neuen Trends bzw. Strukturwan- reich der Planung und der Wirtschaftsförde- del zu unterscheiden. Gewerbeflächenpoli- rung sowie ein Management der Gewerbe- tik oder Nachhaltigkeitsziele können nur flächen- und Liegenschaftsentwicklung auf dann rational gestaltet werden, wenn man kommunaler und regionaler Ebene sowie diese und andere Unterscheidungen treffen auf Landesebene verbunden.15 Die Stärkung kann. Ebenso wird eine Verbesserung der der Wettbewerbsfähigkeit des regionalen Wettbewerbsfähigkeit der Regionen nur auf Gewerbeflächenpotenzials in Ostdeutsch- der Basis dieser Unterscheidungen erfolgen land resultiert aus dem Aufbau integrierter können. – d. h. organisations- und prozessübergrei- Um die Gewerbeflächenentwicklung bes- fender – Informationssysteme. ser auszubalancieren, wird gegenwärtig in Gegenüber den gegenwärtigen fragmentier- vielen Regionen der Aufbau geeigneter Be- ten Daten- und Informationssystemen zum richts- und Informationsstrukturen disku- Brach- und Gewerbeflächenbestand Ost- tiert.13 Auch wenn noch keine abschließen- deutschlands, mit denen nur die Angebots- den Ergebnisse vorliegen, zeigt sich bereits, seite – und diese auch nur eingeschränkt – dass die Steuerung der gewerblichen Sied- abgebildet werden kann, zeichnet sich der lungsentwicklung nur auf der Basis eines vorgeschlagene Monitoringansatz durch differenzierten Informations- bzw. Beob- zwei Besonderheiten aus: Sowohl die Nach- achtungssystems gelingen kann.14 frage der Unternehmen nach Gewerbeflä- Die Erfahrungen zeigen, dass eine Monito- chen als auch die „erreichte Performance“ ringkonzeption zwei zentrale Aspekte auf- in den Gewerbegebieten (Auslastungsgrade weist. Zum einen bedarf es einer technisch- etc.) werden explizit berücksichtigt. organisatorischen Konstruktion, die klärt, wie ein Erfassungs-, Auswertungs- und 2.1 Konzeptionelle Grundlagen Berichtsprogramm realisiert wird. Zum an- deren wird ein Monitoring von politisch-so- Mit dem Standort- und Gewerbeflächen- zialen Bedingungen bestimmt. Das Konzept monitoring sind unterschiedliche Ziele ver- muss kompatibel mit dem Arbeitsalltag des bunden, die einerseits darauf verweisen, Personenkreises sein, der es betreut, pflegt dass ein gemeinsam getragenes Konzept und nutzt. Gleichzeitig muss auf die Inte- ebenso erforderlich ist wie eine partner- ressen Rücksicht genommen werden, die schaftliche Zusammenarbeit in der Region. sich aus der hierarchischen Struktur von Andererseits sind mit dem breiten Zielsys- Kommunen, Ländern und Bund ergeben. tem auch unterschiedliche Anforderungen an die Konzeption des Monitorings ver- Der Zielkanon des Monitorings lässt sich knüpft. Bei der Konzeption lassen sich drei durch fünf Punkte beschreiben: wichtige Bereiche unterscheiden. Zunächst • Schaffung von Transparenz auf dem Ge- erfordert ein Monitoring aufgrund der In- werbeflächenmarkt (Information) formationsfunktion eine kontinuierliche deskriptive Beobachtung der gewerblichen • Markt- und Potenzialanalysen, auf deren Flächennutzung. Vergleichbar den Regeln Basis Standortangebote und Standort- der Finanzbuchhaltung müssen Bestand, nachfragen in der Region überprüft wer- Eingang (Planungen, Erschließungen) und den können (Planung und Prognose) Ausgang (Nutzung, Rücknahme von Pla- nungen) gebucht werden.
10 Gewerbeflächenmonitoring Forschungen Heft 119 Die zweite Anforderung an das Monito- Aggregation setzt sich auf der Gemeinde-, ring, die vor allem aus der Zielorientierung Kreis-, Regions- und Landesebene fort. Für auf Prozessmanagement und Vermarktung die Zwecke der laufenden Raumbeobach- resultiert, besteht in der Verknüpfung der tung des Bundesamtes für Bauwesen und Flächendaten mit den jeweiligen Nutzern.16 Raumordnung kann beispielsweise mit- Auf dieser Basis lassen sich anforderungs- tels Gewerbeflächendaten der Gemeinden gerecht Indikatoren und Intensitätsziffern oder Kreise der Datensatz für die Raumord- wie Fläche pro Beschäftigte oder Umsatz nungsregionen gebildet werden. Mit diesem pro qm Fläche bilden, so dass der Erfolg Vorgehen ist die Verbindung zur amtlichen eines Gewerbeflächenangebotes nicht Statistik, insbesondere zur Flächennut- mehr allein in der Nutzung – oder im Ver- zungsstatistik, gewährleistet. Darüber hin- brauch – der Flächen besteht. aus ergibt sich die Möglichkeit, eventuellen Widersprüchen, wie sie regelmäßig in gro- Der dritte Anforderungsbereich des Moni- ßen Systemen auftreten, auch nachzugehen torings lässt sich aus den Zielbereichen der und sie zu korrigieren. Planung, Prognose und des Controllings (Evaluation) ableiten. Er führt dazu, dass Mit jedem Betriebsgrundstück sind Attri- die Dynamik und erreichte Performance des bute verbunden, die auf den räumlich hö- Systems aufgenommen und die Bildung her aggregierten Ebenen, wie z. B. des Ge- zeitindizierter Reihen und Kennziffern im werbegebietes, um weitere Merkmale er- Rahmen einer Historienverwaltung mög- gänzt werden können. Auf der Ebene des lich wird. Neben der Ableitung des künfti- Gewerbegebietes gehören hierzu die Stand- gen Gewerbeflächenbedarfs kann auf dieser ort- und Gebietskennung, die Stammdaten, Basis auch eine optimierende Steuerung im Standortfaktoren wie Verkehrserschließung Sinne der Nachhaltigkeit über die Neben- oder Planungsrecht, die Belegungssituation bedingungen und Determinanten der Nut- etc. (vgl. Tab. 2). Eine weitere grundlegende zung erfolgen. und unverzichtbare Basis eines Monito- ringsystems liegt in der Anbindung über die Der Aufbau eines Monitoringkonzeptes Adressen bzw. Geokoordinaten an Geogra- sollte auf der katasterrechtlichen Basis des phische Informationssysteme (GIS). Dabei Flurstücks erfolgen. Nur das Flurstück ist werden die gewerblich genutzten bzw. nutz- als rechtliches Objekt jederzeit ohne Zweifel baren Flurstücke und Betriebsgrundstücke zu bestimmen.17 Die Aggregation der Flur- in den Städten und Gemeinden sowohl in stücke ergibt gegebenenfalls das (Betriebs-) tabellarischer Form als auch mittels Karten, Grundstück. Ein Gewerbestandort bzw. Plänen und Bildern registriert. Gewerbegebiet wird durch ein oder meh- rere Betriebsgrundstücke gebildet.18 Diese Die eingesetzte Technik muss auch für die sonstigen Planungs- und Berichtszwecke Tabelle 2 der für die Datenerhebung und Datenpfle- Anforderungen an die Datenerfassung ge verantwortlichen kommunalen und re- gionalen Akteure (Ämter und Verwaltungs- Merkmal Ausprägung stellen) verwendbar sein. Die Durchsicht der unterschiedlichsten Datensammlungen Standort- und Gebietskennung Name des Gebietes, Stadt/Gemeinde, Eigentümer, Ansprechpartner, Aufnahmedatum, Georeferenzierung im Verlauf des Projektes hat gezeigt, dass Stammdaten Lagekategorie, Eigentumskategorie, Branchenstruktur, nur dort, wo keine „Ein-Zweck-Datenbank“ wichtige Unternehmen, Profilierung, Standortqualifizierung, entwickelt wurde und wo die Datener- Preis (Kauf, Miete, Pacht etc.), Gewerbe- und Grund- steuerhebesatz fassungs- und Verwaltungssysteme einen Verkehrsanbindung Autobahn, Bundes- und Landstraße, Flughafen, Hafen, sichtbaren Mehrwert für die laufenden Ar- (Distanz zu ...) Schienenanbindung (Personen und Güter), ÖPNV beitsprozesse erbringen, auch ein Interes- Planungsrechtliche Situation FNP-Darstellung, Bebauungsplanung se an der Datenpflege, an Genauigkeit und (Status, Darstellung, Datum) Kennziffern GFZ, GRZ, BMZ, Zahl der Vollgeschosse inhaltlicher Konsistenz entstanden ist. Ins- Belegungssituation Größe des Gewerbegebietes, Zahl der Flurstücke, besondere dort, wo verschiedene Akteure belegte Fläche, Optionen, veräußerbare Fläche, bzw. Ämter für unterschiedliche Zwecke auf größtes/kleinstes Grundstück ein und denselben Datenbestand zugegrif- Nutzungsmöglichkeiten/ Auflagen/Restriktionen, Ansiedlungswünsche, Aktivitäten Perspektiven zur Flächenmobilisierung fen haben, waren Nutzen und Akzeptanz Aktivitäten Veräußerungen, Optionen, sonstige Änderungen der eingesetzten Informationssysteme am höchsten. Quelle: eigene Zusammenstellung in Anlehnung an das Monitoring der niederländischen Provinzen Der gegenwärtig zu beobachtende Wandel „vom Planschrank zum Geodaten-Server“ wird in naher Zukunft organisatorisch den
Konzeption des Monitorings 11 Zugriff unterschiedlicher Datennutzer und Abbildung 2 Datenproduzenten auf eine einheitliche Die Monitoringkonzeption Informationsbasis erleichtern. Gleichzeitig "ESTAND ist es technisch möglich, beispielsweise im 'RUNDSTàCK MIT !TTRIBUTEN :UFLUSS !BFLUSS Rahmen von Netzwerk- und Intranetlösun- ,AGE "AURECHT )MAGE ZULÊSSIGE %MISSIONEN gen, durch die Vergabe von Zugriffsrechten ETC „Geheimnisse“ des Bearbeiters, des Amtes )NDUSTRIE'EWERBE 0LANÊNDERUNGEN WEITERE AUCH UNZU 0LANUNGSRECHT LÊSSIGE .UTZUNGEN %RSCHLIEUNG .UTZUNG DURCH oder der Kommune zu wahren. Entspre- chend lässt sich ein definierter Datenaus- tausch personalisieren und organisieren. Die Informationsflut wird eingedämmt, da die Dateneingabe und -pflege direkt einzel- nen Bereichen bzw. Bearbeitern zugeordnet !GGREGATION ZU 'EWERBEGEBIETEN 'EMEINDEN +REISEN ETC werden kann. Verwaltungsabläufe lassen sich damit rationalisieren und moderni- sieren. Die Mitarbeiterzufriedenheit kann -ONITORING gesteigert werden, da die Arbeitsabläufe 0ROTOKOLL ALLER 6ORGÊNGE "ILANZEN +ENNZIFFERN ETC durch Workflows und eine optimierte Kom- 3ERVICE munikation effizienter und Kosten sparend 3UCHALGORITHMEN +ARTEN ,AGEBESCHREIBUNGEN (ILFSMITTEL ZUR !KQUISITION gestaltet werden können, indem zum Bei- 1UELLE EIGENE $ARSTELLUNG spiel routinemäßig einmal im Jahr genau das gemeldet wird, was verabredet war und für das kommunale bzw. regionale Stand- Nach Erfahrungen der Auftragnehmer und ort- und Gewerbeflächenmonitoring von auch mit Blick auf die Erfahrungen in den zentraler Bedeutung ist. Die Übersicht in Niederlanden könnte eine Standortdiffe- Abbildung 2 gibt einen Eindruck über den renzierung nach unterschiedlichen Qua- Informationsfluss und die zentralen Ele- litätsmerkmalen sinnvoll sein (vgl. hierzu mente eines Monitoringsystems. Kap. 3.3, insbes. Abb. 25, S. 38). Mit der Definition von Standort- und Flä- 2.2 Auswertung und chenqualitäten können Veränderungen der Berichtsprogramm Flächennutzung typisiert werden. In Ver- Der wesentliche Ertrag eines Monitorings bindung mit dem Monitoring kann durch liegt in der Schaffung von Transparenz Transparenz unterschiedlicher, planrecht- durch eine kontinuierliche deskriptive Be- lich gewidmeter Angebotsqualitäten eine obachtung. Auf Basis der skizzierten Daten ausdifferenzierte Bedarfsplanung auf kom- und Informationen kann festgehalten wer- munaler Ebene stimuliert werden. Auf den den, welche Flächen in welchem planungs- Ebenen der Regional- und Landesplanung rechtlichen Stadium sind und genutzt wer- ermöglichen diese Informationen eine Ope- den. Allein mit diesen Daten lässt sich in rationalisierung wirtschafts- und planungs- Verbindung mit zusätzlichen Merkmalen politischer Zielvorgaben. eine Fülle von weitergehenden Informatio- Ein wesentliches Ergebnis, so ist zu erwar- nen erzeugen. ten, liegt in der Reduzierung der Auswei- Die innerhalb eines Jahres neu genutzte sung und Inanspruchnahme bisher unge- Fläche ergibt, bezogen auf die Gewerbeflä- nutzter Flächen sowie in einer stärkeren chenausstattung, unmittelbar eine valide Wiedernutzung von Bestands- und Brach- Vorstellung über den Flächenvorrat. In Ver- flächen (§ 2 Abs. 2 ROG), da zumindest auf bindung mit den Attributen wie Lage, Aus- regionaler Ebene umfangreiche Flächen- stattung und sonstige Merkmale wird deut- potenziale in den meisten Standortlagen lich, welche Flächen eine Nachfrage finden. verfügbar sein dürften. Dort, wo Stadt- und Nach einigen Beobachtungsperioden lassen Regionalentwicklung durch den Wandel der sich Gewerbegrundstücke als „Schnelldre- (ehemals) gewerblichen Flächennutzung her“ und „Lagerware“ identifizieren. Durch keine Impulse mehr bekommt, kann auch die differenzierte Betrachtung unterschied- der Rückbau von nicht nachfragegerechten licher Standortqualitäten werden sowohl Industrie- und Gewerbeflächen erforderlich Unternehmen als auch Akteure der Planung werden. Angesichts der vielerorts zu ver- und Wirtschaftsförderung neue Erkennt- zeichnenden Schrumpfungsprozesse, die nisse gewinnen, die zu einer differenzier- sich in Verbindung mit einer rückläufigen ten Marktentwicklung beitragen können. Gewerbeflächennachfrage vollziehen, wird
12 Gewerbeflächenmonitoring Forschungen Heft 119 auch die Rücknahme von bereits planerisch durchhalten, wenn die Arbeit innerhalb und ausgewiesenen, aber noch nicht entwickel- mit dem Monitoringsystem eine Arbeits- ten Gewerbeflächen notwendig. hilfe bei den übrigen zentralen Aufgaben ist, wenn Doppelarbeit und Datenfriedhöfe Die gestiegenen Herausforderungen an vermieden werden und wenn der Daten- Planung und Wirtschaftsförderung führen schutz gewährleistet ist. Aus ihrer Sicht darf dazu, dass der Stellenwert informatori- nicht die Gefahr entstehen, dass sie durch scher, Wissen generierender Instrumente ihre eigenen Meldungen Nachteile bei der steigen wird – sowohl im Hinblick auf die Fördermittelvergabe erfahren oder einer Herstellung von Markttransparenz als auch Evaluation durch die übergeordnete Ad- in Bezug auf die Bewusstseinsbildung der ministration unterworfen werden, nur weil Unternehmen. Schließlich müssen die Un- dies nunmehr technisch möglich ist. Vor ternehmen aktiv in den Prozess des Stand- diesem Hintergrund ist das „informationel- ort- und Flächenmanagements einbezogen le Selbstbestimmungsrecht“ der Kommune werden. zentral. Das im Rahmen eines Monitorings gene- Auf Ebene der Raumordnungsregion, des rierte Wissen dürfte nicht nur analytisch Regierungspräsidiums oder der Bundes- auf das Interesse der Stadt- und Regional- länder kann ein Monitoring als öffentli- ökonomie treffen, sondern auch auf das ches System nur unter Mitwirkung und Verhalten der Planungsträger, der Wirt- Akzeptanz der Kommunen und Landkreise schaftsförderung und nicht zuletzt auf das realisiert werden. Dementsprechend müs- Standortwahlverhalten der Unternehmen sen die unterschiedlichen Akteure bereits zurück wirken. In einem weiteren Schritt, frühzeitig in den Entwicklungsprozess ein- verbunden mit einer längeren Laufzeit des bezogen werden. Doch ohne das Engage- Beobachtungssystems, lassen sich Indikato- ment von Bund und Ländern wird ein lan- ren und Intensitätsziffern bilden. Mit diesen desweit einheitliches Monitoring nicht zu Ziffern, zum Beispiel Fläche pro Beschäf- realisieren sein. Unterstützung wird sowohl tigte oder auch Kosten pro Flächeneinheit, bei der Ausgestaltung der konzeptionellen können die Kämmerei und das Tiefbauamt Rahmensetzungen erforderlich werden als ihre Abrechnungen (ggf. erst einmal nur für auch durch einen finanziellen Anstoß eines sich) in das Monitoring aufnehmen. Es wird solchen landes- bzw. bundesweiten Vorha- hierbei Daten geben, die auf ihrem Mel- bens. deweg eine weitere Aggregation erfordern, aber auch Kennziffern, welche die Gemein- Ein weiterer Kernbestandteil des Monito- de nur selbst und exklusiv nutzen wird. rings ist die kontinuierliche Berichterstat- tung. Über einen regelmäßigen Lagebericht, Schließlich wird im zeitlichen Verlauf die Beiträge in der Fachpresse sowie durch Informationsdichte zunehmen und deutli- Vorträge sollten die aktuellen Analysen der cher werden, was zufällige Schwankungen, Gewerbeflächenentwicklung und -vermark- konjunkturelle Zyklen und längerfristige tung in die (Fach-)Öffentlichkeit getragen Trends sind. Gleichzeitig werden Verglei- werden. Die Transparenz über das Ansied- che zwischen Gemeinden gleicher Größe lungsgeschehen, den Gewerbeflächenmarkt und gleicher regionalökonomischer Posi- oder aktuell geforderte Standortqualitäten tion möglich werden und die Frage aufwer- werden die Planung zu einer stärkeren Aus- fen, warum im einen Fall die gleiche Zahl richtung der Flächenentwicklung an die der Beschäftigten auf der Hälfte der Fläche Nachfrage (Standort „erster Wahl“) führen Platz gefunden hat und im anderen Fall und dadurch auch bei einem quantitativ trotz bester Standortfaktoren keine Nutzung geringeren Angebot die zukünftigen Ver- der Gewerbeflächen erfolgte. Aber auch die marktungschancen der Gewerbeflächen Kenntnisse über die branchenspezifischen erhöhen. Standortanforderungen der Betriebe wer- den sich verbessern. 2.3 Technische Umsetzung Das vorgeschlagene System des Gewerbe- und GIS-Integration flächenmonitorings wird sich etablieren und weiter entwickeln, wenn die Vorteile Bei der technischen Realisierung des Moni- für alle Beteiligten wirksam werden. Eine torings sind verschiedene Bedingungen zu Kommune bzw. eine Kreisverwaltung oder erfüllen: Wirtschaftsförderungseinrichtung wird die • Es muss sich um eine webbasierte Lö- Position als „Datenlieferant“ jedoch nur sung handeln.
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