Gewerbeflächenmonitoring - Ein Ansatz zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Gewerbeflächenpotenzials in Ostdeutschland

 
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Gewerbeflächenmonitoring - Ein Ansatz zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Gewerbeflächenpotenzials in Ostdeutschland
Forschungen Heft 119

                          Gewerbeflächenmonitoring
                Ein Ansatz zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
                 des Gewerbeflächenpotenzials in Ostdeutschland

Projektleitung
Dr. Peter Jakubowski
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn
unter Mitwirkung von
Dr. Fabian Dosch
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn
Dipl.-Ing. Gina Siegel
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin

Auftragnehmer
Dr. Hanns Werner Bonny, Dietmar Mücke
Planquadrat Dortmund – Büro für Raumplanung, Städtebau + Architektur, Dortmund
Dr. Jürgen Bunde
GEFAK Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung mbH, Marburg und Leipzig
Dr. Jürgen Glaser, Dr. Kai-Uwe Krause, Andreas Beckmann
Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH), Arbeitsbereich Stadt- und Regional-
ökonomie; TuTech Innovation GmbH, Hamburg

    Ein Projekt des Forschungsprogramms „Aufbau Ost“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und
        Stadtentwicklung (BMVBS) und des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR).
Forschungen
In der Schriftenreihe Forschungen veröffentlichen das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung (BMVBS) und das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) Ergebnisse der Ressortforschung
zu den Themen Raumordnung, Städtebau, Wohnungswesen und Bauwesen.

IMPRESSUM
Herausgeber
Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)
Invalidenstraße 44
10115 Berlin
www.bmvbs.bund.de
Bundesamt für
Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Deichmanns Aue 31 –37
53179 Bonn
www.bbr.bund.de
Redaktion
Katina Gutberlet, BBR, Bonn

Gestaltung und Satz
BBR, Bonn

Druck
BBR, Bonn

Verlag
Selbstverlag des Bundesamtes
für Bauwesen und Raumordnung
Deichmanns Aue 31–37
53156 Bonn

Bestellungen
Gisela Beckmann
E-Mail: gisela.beckmann@bbr.bund.de
Stichwort: Forschungen 119

Nachdruck und Vervielfältigung                                      Die vom Auftragnehmer vertretene Auffassung ist
Alle Rechte vorbehalten                                             nicht unbedingt mit der des Herausgebers identisch.

ISSN 1435-4659 (Schriftenreihe)                                                           Forschungen Heft 119
ISBN 3-87994-451-2                                                                                  Bonn 2006
Inhalt

Kurzfassung                                                         1

1   Ausgangssituation                                               3
    1.1 Die spezifische Situation in Ostdeutschland                 4
    1.2 Die Untersuchungsfragen                                     7

2   Konzeption des Monitorings                                      9
    2.1 Konzeptionelle Grundlagen                                   9
    2.2 Auswertung und Berichtsprogramm                            11
    2.3 Technische Umsetzung und GIS-Integration                   12

3   Erfahrungsbericht zum Aufbau des Monitorings                   15
    3.1 Lagebericht auf Basis der vorliegenden Daten               15
    3.2 Erfahrungsbericht aus Westsachsen                          28
    3.3 Die Informationsplattform „Gewerbeflächenmanagement Ost“   36
    3.4 Exkurs: Stärken und Schwächen von Standorten               39

4   Weiterentwicklung des Monitoringkonzeptes                      44
    4.1 Vermarktung                                                45
    4.2 Verstetigung                                               46
    4.3 Überlegungen zum Organisations- und Betreiberkonzept       48
    4.4 Bedeutung des Gewerbeflächenmonitorings für den Bund       49

5   Zusammenfassung                                                52

Anmerkungen                                                        54

Literatur                                                          56

Anhang                                                             57
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1      Entwicklung der GA- und EFRE-Förderung für die Erschließung
                 von Industrie- und Gewerbegelände in Ostdeutschland                         5
Abbildung 2      Die Monitoringkonzeption                                                   11
Abbildung 3      Anteil der Gewerbefläche an der Siedlungs- und Verkehrsfläche              16
Abbildung 4      Gewerbeflächenausstattung in Ostdeutschland                                18
Abbildung 5      Verteilung der gewerblichen Großstandorte in Ostdeutschland im Jahr 2000   20
Abbildung 6      Gewerbeflächenzuwachs in Ostdeutschland 1990–2000                          21
Abbildung 7      Gewerbeflächenausstattung pro 1 000 Beschäftigte in Ostdeutschland         22
Abbildung 8      Gewerbeflächenauslastung in Ostdeutschland                                 24
Abbildung 9      Gewerbeflächenbedarf in den Kreisen: Prognosehorizont 2010                 25
Abbildung 10     Reichweite der Gewerbeflächenpotenziale in Ostdeutschland                  26
Abbildung 11     Investitionen in Maschinen und Anlagen                                     28
Abbildung 12     Investitionen in Maschinen und Anlagen in Sachsen                          29
Abbildung 13     Investitionen in Grundstücke ohne Bauten 1995–2000                         29
Abbildung 14     Investitionen in Grundstücke in Sachsen (Kreise und kreisfreie Städte)     30
Abbildung 15     Baufertigstellungen (Fabrik und Werkstattgebäude) in der Region Leipzig    30
Abbildung 16     Baufertigstellungen in Sachsen (Gemeinde)                                  31
Abbildung 17     Gewerbeflächenpotenziale in der Region Westsachsen                         32
Abbildung 18     Gewerbefläche (brutto) je 1 000 Einwohner                                  33
Abbildung 19     Verfügbare Gewerbefläche je 1 000 Einwohner                                33
Abbildung 20     Gewerbeflächentypisierung                                                  34
Abbildung 21     Lagekategorien                                                             34
Abbildung 22     Durchschnittliche Entfernung zur Autobahn                                  34
Abbildung 23     Auslastung der Gewerbegebiete nach Entfernung zur Autobahn                 35
Abbildung 24     Durchschnittliche Entfernung der Gewerbegebiete zum Bahnhof                35
Abbildung 25     Vorschlag zur Gewerbeflächentypisierung                                    38
Abbildung 26     Auszug aus dem Fragebogen                                                  40
Abbildung 27     Systemskizze zum Aufbau integrierter Datendienste                          47
Abbildung 28     Vorschlag zur Organisation und Steuerung des Monitorings                   50
Abbildung 29     Fragebogen zum Gewerbeflächenmonitoring in der Region Leipzig (Entwurf)    59
Abbildung 30     Gewerbeflächenausstattung in Ostdeutschland                                64
Abbildung 31     Gewerbeflächenausstattung pro Einwohner                                    65
Abbildung 32     Gewerbeflächenausstattung: Einwohner pro ha Gewerbefläche                  66

Tabellenverzeichnis
Tabelle 1     Bewilligte GA- und EFRE-Mittel im Bereich „Wirtschaftsnahe Infrastruktur“
              1990–2003                                                                      5
Tabelle 2     Anforderungen an die Datenerfassung                                           10
Tabelle 3     Gewerbeflächenpotenziale in Ostdeutschland                                    19
Tabelle 4     Vergleich unterschiedlicher Datenquellen zur Gewerbeflächensituation          27
Tabelle 5     Gewerbeflächenausstattung der Region Westsachsen                              32
Tabelle 6     Standortfaktoren für Gewerbestandorte                                         40
Tabelle 7     Engpassfaktoren der Standortwahl in den Niederlanden                          42
Tabelle 8     Gewerbeflächen in Ostdeutschland: Auswertung der ATKIS-Daten                  61
Tabelle 9     Gewerbeflächen nach Landkreisen (ATKIS)                                       61
Kurzfassung
Das Bundesamt für Bauwesen und Raum-            Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der
ordnung (BBR) hat mit dem Projekt „Ge-          Regionen dar. Die Suchkosten der Betriebe
werbeflächenmonitoring – ein Ansatz zur         und auch ihre Unsicherheit bezüglich der
Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des         Standortqualität werden erheblich redu-
Gewerbeflächenpotenzials in Ostdeutsch-         ziert.
land“ die Arbeitsgemeinschaft Planquadrat
                                                Der Anforderungskatalog des Monitorings
Dortmund, die GEFAK Gesellschaft für an-
                                                wurde auf Basis der gegenwärtig vorhan-
gewandte Kommunalforschung mbH und
                                                denen Daten überprüft. Dabei hat sich ge-
die TU Hamburg-Harburg, Arbeitsbereich
                                                zeigt, dass keine der verfügbaren Erhebun-
Stadt- und Regionalökonomie mit der Kon-
                                                gen bzw. Statistiken im Sinne des Monito-
zeption eines Gewerbeflächenmonitorings
                                                ringkonzeptes vollständig ist, sondern alle
beauftragt.
                                                eine weitere Differenzierung sowohl in der
Die Untersuchung zur Steigerung der Wett-       Erfassung als auch in der Aufbereitung er-
bewerbsfähigkeit des ostdeutschen Gewer-        fordern. Grundsätzlich ist aber die Eignung
beflächenangebotes hat gezeigt, dass eine       der Daten für Monitoringzwecke gegeben.
verbesserte Informationsgrundlage we-           Gleichzeitig hat die Untersuchung verdeut-
sentlich ist. Nur dann, wenn Klarheit über      licht, dass in den ostdeutschen Bundeslän-
den gewerblichen Flächenbedarf besteht          dern insgesamt ein großer Flächenüber-
und die Flächenangebote der Kommunen            hang besteht. In den peripheren Regionen
transparent sind, lässt sich ein regionales     ist dieser Überhang am größten; hier soll-
Gewerbeflächenmanagement         erfolgreich    ten in vielen Fällen Gewerbeflächen aus ih-
umsetzen.                                       rer Widmung entlassen werden.
Entsprechend dieser Anforderungen wurde         Weiterhin wurde deutlich, dass neben der
ein Konzept für eine sachlich differenzierte    technischen Konfiguration vor allem die
„Buchhaltung“ – ein Monitoring – entwi-         Implementierung entscheidend ist. Ein Mo-
ckelt, das es erlaubt, Entstehung, Qualität     nitoringkonzept kann nur durch die Städte,
und Nutzung der Gewerbeflächen zu er-           Gemeinden und Landkreise selbst realisiert
fassen. Die Folge eines solchen Gewerbe-        werden, mit einer unterstützenden Position
flächenmonitorings ist ein auf die nachge-      der Länder und des Bundes. Dies wird aber
fragte Qualität und Quantität abgestelltes      nur geschehen, wenn den Gemeinden Vor-
passgenaues Angebot. Es ermöglicht eine         teile entstehen und ihnen mit dem Monito-
nachhaltige Flächenentwicklung, da nicht        ring ein Arbeitsmittel bzw. Werkzeug an die
mehr jeder denkbaren Anforderung Rech-          Hand gegeben wird, das eine bessere Erle-
nung getragen werden muss, sondern nur          digung ihrer Pflichtaufgaben ermöglicht als
noch den tatsächlichen Anforderungen der        bisher.
Unternehmen. Gleichzeitig erlaubt diese
Informationsbasis eine Optimierung des
                                                Planquadrat Dortmund/GEFAK/
Flächenangebotes (Steigerung der Produk-
                                                TU Hamburg-Harburg
tivität der Fläche, Rückbauleitplanung etc.).
Dies stellt einen erheblichen Beitrag zur       November 2005
3

1 Ausgangssituation
Die Diskussion zum Gewerbeflächenmo-           Auf der Basis dieser Ansprüche und An-
nitoring wird von zwei zentralen Gesichts-     forderungen ist eine Optimierung der Ge-
punkten bestimmt. Zum einen wird man           werbeflächenentwicklung auf lokaler und
den sehr komplexen Prozess der Flächen-        regionaler Ebene erforderlich. Die Informa-
und Standortgenerierung als Teil der Pla-      tionsgrundlagen der Planung und der Wirt-
nung beachten müssen. Zum zweiten ist          schaftsförderung sind daher so zu gestalten,
die Fläche die conditio sine qua non einer     dass sie eine differenzierte Auskunft über
regionalökonomischen Entwicklung. Beide        den aktuellen Stand und die Potenziale der
Gesichtspunkte stellen eigene Anforderun-      regionalen Industrie- und Gewerbeflächen-
gen, die in einem Gewerbeflächenmonito-        entwicklung erlauben.
ring Beachtung finden müssen.
                                               Die Informationen über den Bestand und
Weiterhin ist zu beachten, dass sich Ent-      die Entwicklung gewerblicher Bauflächen
wicklungsstrategien nur dann wirkungsvoll      sind widersprüchlich. In einem großen
entfalten können, wenn sie nicht nur im        Teil der Kommunen besteht ein Überange-
ökonomischen Sinne als nachhaltig gelten       bot an gewerblichen Bauflächen. Schilder,
können. Im konkreten Fall der Gewerbeflä-      ungenutzte, aber vollständig erstellte Er-
chenentwicklung heißt dies, dass nur dann      schließungsstraßen und gelegentlich auch
eine Gewerbeflächenpolitik als ökologisch      beleuchtete Schafweiden machen die Situa-
nachhaltig gelten kann, wenn die Flächen       tion auch für denjenigen anschaulich, der
im notwendigen Umfang am geeigne-              keine Pläne lesen kann. Andererseits wird
ten Standort bereitgestellt werden bzw. in     von vielen Kommunen vorgetragen, dass
Quantität und Qualität der Nachfrage der       sie über keine nachfragegerechten Gewer-
Unternehmen entsprechen.                       beflächen verfügen, die von den Betrieben
                                               zur Ansiedlung akzeptiert werden. Diese
Die Wettbewerbsfähigkeit einer Region wird
                                               widersprüchliche Situationsbeschreibung
durch die vorhandenen Betriebe, die Ar-
                                               kann jeweils mit Bezug auf die Datenla-
beitskräfte und ihre Qualifikationen sowie
                                               ge auch innerhalb einer Gemeinde zum
durch den Standort bzw. die Fläche mit
                                               Beispiel durch die Stadtplanung (viele un-
ihren unmittelbaren Eigenschaften gebil-
                                               genutzte Gewerbeflächen) und durch die
det. Der Stellenwert der Fläche resultiert
                                               Wirtschaftsförderung (wenige geeignete
– neben der Basisfunktion als Standort – vor
                                               Gewerbeflächen) erfolgen.
allem auch aus der „Vermittlungs- oder In-
tegrationsleistung“ zum Beispiel zwischen      Zur Erklärung dieses Widerspruchs kommt
der Lage, den infrastrukturellen Einrich-      es, wenn man den Prozess der Gewerbeflä-
tungen (im Umfeld) und dem Betrieb, aber       chenentwicklung und des Gewerbeflächen-
auch den verschiedenen innerbetrieblichen      managements verfolgt. Gewerbestandorte
Effekten wie zum Beispiel dem Materialfluss    werden durch die Kommunen im Rahmen
oder der Imagewirkung durch städtebauli-       ihrer hoheitlichen Rechte und unter Abwä-
che Gestaltung und Ähnlichem. Regionen,        gung der relevanten Belange ausgewiesen.
die über ein entsprechend differenziertes      Sie „bewerben“ sich mit ihren Standorten
Flächen- bzw. Standortangebot verfügen,        und Standortverhältnissen um Betriebe.
das diese Leistungen ohne Einschränkun-        Diese Flächenentwicklung durch die Kom-
gen erbringen kann, können als besonders       munen erfährt zurzeit eine dramatische
wettbewerbsfähig gewertet werden. Für          Veränderung. Die Fähigkeit, gute Standorte
Ostdeutschland kommt diesem Effekt in der      zu entwickeln, sinkt. Zunehmend werden
insgesamt noch wenig stabilisierten Situa-     aus Sicht der Betriebe Standorte „zweiter“
tion eine besondere Bedeutung zu.1 Verbin-     und „dritter Wahl“ angeboten, da die Räume
det man die regionalökonomisch notwen-         mit guter Standort- und Lagequalität schon
dige Standort- und Flächenentwicklung mit      längst besiedelt sind oder im Hinblick auf
den Forderungen der ökologischen Nach-         die sehr knappen ökologischen Ressourcen
haltigkeit sowie dem komplexen Planungs-       verschont bleiben sollen. In Ballungsräu-
prozess, ist die „Kontrolle“ der Inanspruch-   men wird das Gewerbe zudem im Wettbe-
nahme von Flächen für eine gewerbliche         werb mit den höherwertigen Nutzungen in
Nutzung zentral.                               die Defensive gedrängt.
4                                     Gewerbeflächenmonitoring          Forschungen Heft 119

    Diese Entwicklung wird verstärkt durch die    gebenenfalls erheblichen Aufbereitungsauf-
    Schwierigkeit der Kommunen, Aufwand           wand (Böschungen/Stützmauern, Erschlie-
    und Ertrag für gewerbliche Standorte ins      ßungen, Grundstücksaufbereitung) und in
    Gleichgewicht zu bringen. Die Kommunen        der Folge ohne Kostensignal in der Form
    stellen Standorte bereit, ohne die Produk-    hoher Abgabepreise. Das verfälschte Kos-
    tionskosten tatsächlich in den Abgabepreis    tensignal, durch die Wirtschaftsförderungs-
    einzubeziehen. In dieser Situation sind für   belange und den regionalen Wettbewerb
    die Städte und Gemeinden geringe Ein-         begründet, führt schließlich dazu, dass flä-
    standskosten wesentlich. Entsprechend         chensparende Innovationen im Fabrikbau
    meiden sie hochpreisige Standorte bzw.        oder -umbau und in der Produktionstech-
    im Sinne der skizzierten Integrations- und    nik in Bezug auf die geringen Flächenkos-
    Vermittlungsleistung gut ausgestattete        ten bzw. aufgrund der erfolgreichen Kos-
    Standorte. Gewerbeflächen sind damit ein      tenabwälzung ausbleiben.
    Gut, das gegen eine „Schutzgebühr“ an die
                                                  Im Resümee ist festzuhalten: die systema-
    Betriebe weitergegeben wird. Der Gewer-
                                                  tisch unzureichenden Informationen so-
    beflächenpreis signalisiert vielfach keinen
                                                  wie die fehlenden Rückkopplungen führen
    Wert, sondern lediglich den Haushaltssta-
                                                  dazu, dass mehr Gewerbeflächen dargestellt
    tus der Kommune bzw. das jeweils aktivier-
                                                  werden als genutzt werden können.5 Das
    te Fördervolumen. Mit diesem Mechanis-
                                                  gegenwärtige „System“ treibt im Wesentli-
    mus werden auch nachrangige Standorte
                                                  chen einen Evolutionsprozess voran: Gute
    entwickelt. Gelingt die Entwicklung eines
                                                  Flächen bzw. Standorte und gute Betriebe
    guten Standortes (Standort „erster Wahl“),
                                                  „überleben“, alles Übrige muss, vermittelt
    dann bleibt unter diesen Bedingungen die
                                                  über das Prinzip „Versuch und Irrtum“, aus-
    Diskriminierungswirkung des Preises ge-
                                                  scheiden. Ein Prinzip, das zwar langfristig
    ring. Technologieparks zum Beispiel wei-
                                                  eine optimale Anpassung nicht ausschließt,
    sen im Branchenspektrum an erster Stelle
                                                  aber hinter den Möglichkeiten einer plane-
    Vertriebsunternehmen für Elektronik und
                                                  risch-technischen Steuerung zurückbleibt.
    Elektrotechnik auf, es folgen allgemeine
    Handelsunternehmen sowie Rechts-, Wirt-       Die kontinuierliche Beobachtung der Flä-
    schafts- und technische Beratung. Erst        chenentwicklung bzw. ein Monitoring
    auf den hinteren Plätzen folgen mit einem     würde dagegen eine bisher nicht gegebene
    Anteil von 5 bis 10 % die Nutzungen, für      Transparenz schaffen. Der Prozess der Pla-
    die der Technologiestandort gedacht war:      nung (Produktion), der Nutzung und des
    die produzierenden technologiegeprägten       Ertrags der gewerblichen Flächenentwick-
    Klein- und Mittelbetriebe.2                   lung könnte auf der Basis eines Monitorings
                                                  differenziert und nachfragegerecht gestaltet
    Entsprechend oszilliert die Gewerbeflä-       werden. Die gleichzeitige Kopplung dieser
    chendarstellung in den Kommunen zwi-          Informationen an ein Flächenmanagement
    schen einem Überangebot an unzureichen-       lässt durch die nachfragegerechte Darstel-
    den Flächen und einem Mangel an funktio-      lung der Fläche eine Erhöhung der Wettbe-
    nal und städtebaulich wertvollen Flächen.3    werbsfähigkeit des regionalen Gewerbeflä-
    Verbunden mit diesen „Marktbedingungen“       chenpotenzials sowie deutliche Flächenein-
    ist der Umgang mit der Ressource Boden        sparungen erwarten.
    im Bereich der Flächenentwicklung für das
    Verarbeitende Gewerbe besonders unbe-
    friedigend. Es unterbleibt zum Beispiel die   1.1 Die spezifische Situation
    Differenzierung bzw. Segmentierung der            in Ostdeutschland
    Angebote nach verschiedenen Flächen-
    bzw. Standortqualitäten. Die Standortwahl     In Ostdeutschland sind die oben skizzierten
    der Unternehmen wird angesichts dieser        allgemeinen Verwerfungen und Fehlent-
    Verhältnisse mehr vom Gedanken geprägt,       wicklungen mindestens im gleichen Aus-
    sich eine Fläche zu sichern, als von der      maß zu beobachten. Auch hier entstanden
    Qualität des Standortes und der Fläche. In    Flächen, die im Wettbewerb nicht beste-
    der Mehrzahl der Fälle wählen die Betriebe    hen können, und in der Summe gehen die
    – so lassen sich Umfrageergebnisse inter-     Gewerbeflächen weit über eine mögliche
    pretieren – Standorte, die die Mindestbe-     Nachfrage hinaus. In Erwartung des west-
    dingungen erfüllen.4                          deutschen Siedlungsbildes, das von der
                                                  Suburbanisierung geprägt ist, aber auch
    Die Baulandausweisung erfolgt vor diesem      geleitet von wirtschaftlichen Entwicklungs-
    Hintergrund oft auch ohne Bezug zum ge-       vorstellungen, vermeintlichen Lagevortei-
Ausgangssituation                                                                                                                                                       5

len (Nähe zu Osteuropa) oder der hohen         Abbildung 1
Qualität der Standortfaktoren (Produktivi-     Entwicklung der GA- und EFRE-Förderung für die Erschließung von Industrie- und
                                               Gewerbegelände in Ostdeutschland
tät, Arbeitskräfteangebot etc.) sind Flächen
über die Nachfrage hinaus entstanden.                      

                                                           
Schließlich ließ sich immer wieder beob-
                                                           
achten, dass Gewerbeflächen als Politik-

                                               IN -IO 
mittel genutzt wurden. In einer Diskussion                 

wurden die sehr umfangreichen Gewerbe-                     

flächendarstellungen einer Gemeinde unter                  

anderem als politischer Schachzug begrün-                  
det: „Wir standen vor der Wahl: drei Bürger-                
meister oder drei Gewerbegebiete. Wir ha-                                                                    

ben uns für den Bürgermeister entschieden                                       "ERLIN                 -ECKLENBURG 6ORPOMMERN                3ACHSEN !NHALT
und drei Gewerbegebiete ausgewiesen.“                                           "RANDENBURG            3ACHSEN                               4HàRINGEN
Jede lokale wirtschaftliche Krise (Kom-                          1UELLE "UNDESAMT FàR 7IRTSCHAFT UND !USFUHRKONTROLLE "!&! EIGENE "ERECHNUNGEN
binatschließungen, Treuhandstilllegungen
etc.) war ein Anlass zur Demonstration po-
litischen Handelns. Ein erheblicher Anteil     deutlich. Tabelle 1 zeigt, dass der Hand-
der Gewerbeflächen ist nicht der Nachfra-      lungsschwerpunkt für den Bereich „Wirt-
ge oder falsch eingeschätzten Nachfrage        schaftsnahe Infrastruktur“ die Erschließung
zu verdanken, sondern resultiert aus der       von Industrie- und Gewerbegelände und
Notwendigkeit, in Krisen politische Zeichen    die Erstellung von Verkehrsverbindungen
zu setzen. Mit anderen Worten: es bestehen     zu Gewerbebetrieben war. Gleichzeitig ist
viele Einflussfaktoren, die die Forderung      zu erkennen, dass die Brachflächenbear-
nach Rationalität der Flächendarstellung       beitung – gemessen am Aufkommen – sehr
letztlich auch zurücktreten lassen.            gering bleibt. In dem 13-jährigen Beobach-
                                               tungszeitraum werden nur 7 % des Mittel-
Die Statistik zur Gemeinschaftsaufgabe
                                               volumens für diese Aufgabe bereitgestellt.
„Verbesserung der regionalen Wirtschafts-
struktur“ zeigt, dass bis Mitte der 1990er     In Ostdeutschland sind die Revitalisierungs-
Jahre in den Regionen Ostdeutschlands          potenziale der Altstandorte von besonderer
in großem Umfang Gewerbegebiete neu            Bedeutung.7 Sie setzen sich neben einer
ausgewiesen wurden. Als Folge der in-          Vielzahl einzelbetrieblicher Standorte unter
terkommunalen Ansiedlungskonkurrenz,           anderem zusammen aus
verbunden mit einer rückläufigen oder
ausbleibenden Nachfrage, entstand in re-
gional unterschiedlichem Umfang ein sehr       Tabelle 1
großes Angebot an Gewerbeflächen.6 Viel-       Bewilligte GA- und EFRE-Mittel im Bereich „Wirtschaftsnahe Infrastruktur“
fach bestehen keine Daten, und wenn Da-        1990–2003 (in %)
ten vorhanden sind, handelt es sich vor
                                                                                                                               neue                     alte
allem um Kostendaten. So ist zum Beispiel                                                                                   Bundesländer            Bundesländer
das gegenwärtige Beobachtungssystem der
                                                   Erschließung von Industrie- und Gewerbegelände                                   29,22                   41,90
Wirtschaftsförderung finanzwirtschaftlich
                                                   Errichtung/Ausbau von Verkehrsverbindungen
dominiert und auf die Zwecke der Abrech-           zur Anbindung von Gewerbebetrieben                                               11,46                   11,91
nung, Mittelkontrolle etc. ausgelegt.              Errichtung/Ausbau von Energie und Wasser-
                                                   versorgungsleitungen                                                              2,29                     1,17
Abbildung 1 zeigt den zeitlichen Verlauf           Errichtung/Ausbau von Anlagen für die Beseitigung
der GA- und EU-Förderung in Ostdeutsch-            bzw. Reinigung von Abwasser und Abfall                                           12,33                     5,67
land für die Erschließung von Gewerbege-           Geländeerschließung sowie öffentliche Einrichtungen
                                                   für den Fremdenverkehr                                                           17,06                   13,69
bieten. Dieser mittelbare Indikator erlaubt
                                                   Errichtung/Ausbau von Einrichtungen der
den Schluss, dass vor allem zwischen 1991          beruflichen Bildung                                                               9,14                     3,88
und 1995 Gewerbegebiete entstanden sind.           Errichtung/Ausbau von Gewerbezentren                                             11,34                   14,21
Nach 1996 sinkt die Förderung von ehemals          Wiederherrichtung von brachliegendem Industrie-
200 bis 320 Mio. € auf eine Größenordnung          und Gewerbegelände                                                                7,01                     7,30

von 25 bis 50 Mio. € ab. Damit wird in den         Erstellung regionaler Entwicklungskonzepte                                        0,01                     0,03
                                                   Planungs- und Beratungsleistungen                                                 0,07                     0,04
späten 1990er Jahren nur noch ein Niveau
                                                   Regionalmanagement-Vorhaben                                                       0,07                     0,21
von 20 % der frühen 1990er Jahre erreicht.
                                                                                                                                   100,00                 100,00
Aus anderer Perspektive wird dies auch im
Nachweis der gesamten Fördertatbestände        Quelle: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), eigene Berechnungen
6                                      Gewerbeflächenmonitoring          Forschungen Heft 119

    • industriell-gewerblichen Altflächen aus      Inventur in Verbindung mit der Aufstellung
      DDR-Zeiten, die durch die Liegen-            von Gebietsentwicklungsplänen (NRW)
      schaftsgesellschaft der Treuhandanstalt      oder vergleichbaren regionalen Planwerken
      mbH (sog. TLG-Liegenschaften) und die        in den anderen Bundesländern. Insgesamt
      TLG-Nachfolgegesellschaften vermarktet       werden diese Aufnahmen aber nicht ge-
      werden;                                      pflegt. Es sind „Ein-Zeitpunkt-ein-Zweck-
    • Konversionsflächen, die aufgrund des         Aufnahmen“ mit jeweils sehr individuellen
      Abzugs der Westgruppe der russischen         Merkmalen. Offensichtlich sind Erfahrungs-
      Truppen freigeworden sind (sog. WGT-         werte und plausible Schätzungen, die mit
      Liegenschaften) 8 oder ehemals durch die     geringem Aufwand immer wieder aufs Neue
      Nationale Volksarmee genutzte Liegen-        erzeugt werden können, für die zentralen
      schaften (sog. NVA-Liegenschaften);          Planungsentscheidungen, die im politisch-
                                                   administrativen Verhandlungsprozess im
    • Bahnliegenschaften der ehemaligen            Handlungsfeld Gewerbe getroffen werden,
      Deutschen Reichsbahn, der Deutschen          ausreichend. Dass Zeitvergleiche mit diesen
      Bahn AG bzw. der Deutschen Bahn Im-          Ansätzen nicht möglich sind, wird in Kauf
      mobilien GmbH;                               genommen.
    • nicht betriebsnotwendige Liegenschaf-
                                                   Die gegenwärtig verfügbaren Statistiken
      ten ehemals volkseigener land- und
                                                   zur betrieblichen Investition, zur Bau-
      forstwirtschaftlich genutzter Flächen,
                                                   fertigstellung oder zur Flächennutzung
      die durch die Bodenverwertungs- und
                                                   weisen in der Praxis eine Reihe von sper-
      -verwaltungs-GmbH (BVVG) in den Bun-
                                                   rigen Eigenschaften auf. Die Investitions-
      desländern Brandenburg, Mecklenburg-
                                                   statistik bezieht sich nur auf das Produzie-
      Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt
                                                   rende Gewerbe, soweit die Betriebe mehr
      und Thüringen im Auftrag des Bundes
                                                   als 20 Beschäftigte haben. Erfasst werden
      vermarktet werden (sog. BVVG-Liegen-
                                                   zwar Investitionen in unbebaute Grund-
      schaften).
                                                   stücke (was ungefähr dem Kauf von Ge-
    Die Daten und Informationen zu diesen          werbegrundstücken entspricht), zugänglich
    industriell-gewerblichen Revitalisierungs-     sind aber nur monetäre Daten. Überdies
    potenzialen sind nicht systematisch aufbe-     sind die Investitionsmeldungen Stromdaten
    reitet; gegenwärtig sind nur verschiedene      (die jährlichen Aufwendungen), aber über
    Schätzungen bekannt. Diese Flächeninfor-       den Bestand und Nutzungsstatus lässt sich
    mationen blieben für die aktuelle Gewerbe-     aus dieser Statistik keine Aussage ableiten.9
    flächennachfrage der Unternehmen aller-        Eine Verbindung zwischen der Investitions-
    dings von geringer Bedeutung. Sie werden       statistik, der Flächennutzungsstatistik oder
    daher in den nachfolgenden Ausführungen        der Baufertigstellung ist nicht gegeben. Der
    – vor allem mangels Information – weitge-      Trend der Investitionen gibt allenfalls die
    hend vernachlässigt. Gleichwohl sind sie       Nachfragedisposition der Betriebe wider.
    bei der Konzeption eines Monitorings zu
                                                   Die Baufertigstellungsstatistik weist zwar
    berücksichtigen.
                                                   die Fabrik- und Werkstattgebäude und ihre
    Für Ostdeutschland (ebenso wie für West-       Nutzfläche nach, aber nach der Statistikre-
    deutschland) stehen keine aktuellen, um-       form 1996 entfiel der Nachweis der Grund-
    fassenden Erhebungen zum Umfang und            stücksfläche. Hinzu kommt, dass die Nut-
    zur Entwicklung der (Bestands-)Flächenpo-      zungen eines Gewerbestandortes im Sinne
    tenziale zur Verfügung. Nur vereinzelt – wie   der §§ 8 und 9 Baunutzungsverordnung
    beispielsweise in Sachsen-Anhalt – liegen      über die erfassten Fabrik- und Werkstattflä-
    systematische Erfassungen und Analysen         chen hinausgehen. Die Statistik erfasst den
    zur Industrie- und Gewerbeflächenausstat-      Nutzungsprozess nicht vollständig.
    tung, allerdings mit Aktualitätsproblemen
                                                   Schließlich steht noch die Flächennut-
    behaftet, vor. Thüringen ist bisher das ein-
                                                   zungsstatistik (nach Art der tatsächlichen
    zige Bundesland, in dem die industriell-ge-
                                                   Nutzung) zur Verfügung. Hier wird aus den
    werbliche Altstandortsituation landesweit
                                                   Meldungen der Katasterämter der Nut-
    und damit einheitlich erfasst wurde bzw.
                                                   zungsstatus (seit 2002) für jedes Jahr zusam-
    zurzeit erfasst wird.
                                                   mengestellt. Gegenwärtig ist die Statistik
    Auf kommunaler Ebene werden im Rahmen          mit kleineren Ungereimtheiten verbunden.
    der Flächennutzungsplanung detaillierte        Zudem wird die Fläche für Gewerbe und
    Bestandsaufnahmen mit einer Vielzahl von       Industrie (Nutzungsschlüssel 170) nicht in
    Merkmalen erstellt. Ähnlich erfolgt eine       allen Bundesländern nachgewiesen. In Ost-
Ausgangssituation                                                                             7

deutschland verzichten die Länder Thürin-       und auszubauen. Ähnlich dürfte die Inter-
gen und Sachsen-Anhalt auf eine Erfassung       essenslage auf Bundesebene sein, wo die
bzw. Auswertung, in Westdeutschland die         Informationssicherung vor allem objekti-
Länder Niedersachsen, Bayern und Hes-           ven, entscheidungsrelevanten Daten gelten
sen. Diese Statistik bildet durch die Form      dürfte.
ihrer Nachweise auch eine „innere“ Bilanz.
Werden in einem Ort einige Hektar Gewer-
beflächen neu entwickelt und gleichzeitig       1.2 Die Untersuchungsfragen
einige Hektar Gewerbeflächen aufgegeben,        Die gegenwärtige, unübersichtliche Situa-
dann spiegelt die Statistik nur die Differenz   tion zu Umfang, Nutzung und Qualität der
zwischen den Stichtagen wider. Hinter der       gewerblichen Bauflächen in Ostdeutsch-
Angabe, dass der Gewerbeflächenanteil           land soll durch ein Monitoring, das im
gering oder gar nicht gewachsen ist, kann       Rahmen des Förderschwerpunktes „Aufbau
sich ein großer Wandel verbergen. Auf kom-      Ost“ entwickelt und geprüft wurde, über-
munaler Ebene ist ein Nachvollzug und           wunden werden. Bei dieser Beobachtung
eventuell eine Prüfung der Ergebnisse sehr      der tatsächlichen Situation sollen folgende
schwer. Differenziertere Analysen zum Bei-      Schlüsselfragen beantwortet werden:
spiel in Verbindung mit der ökonomischen
                                                • Wie viele Hektar Gewerbeflächen sind in
Entwicklung sind auf der Basis dieses Mate-
                                                  den Städten und Gemeinden, den (Land-)
rials nur hoch aggregiert möglich. Gemes-
                                                  Kreisen sowie in der Region verfügbar ?
sen an den eingangs skizzierten Problem-
lagen und Erfordernissen ist die Situation      • Welche Qualität in Form von Lage, Er-
unzureichend.                                     reichbarkeit, Immissionstoleranz etc.
                                                  weisen diese Flächen auf ?
Dass eine ausdifferenzierte Beobachtung
                                                • Welcher planungs- und eigentumsrecht-
zur Flächennutzung und zur Baulandent-
                                                  liche Status ist in den Kommunen bzw.
wicklung möglich ist, zeigt das Beispiel der
                                                  Gebietseinheiten der Region für die Ge-
Niederlande.10 Es werden sowohl Angebots-
                                                  werbegrundstücke gegeben ?
als auch Nachfragefaktoren auf kommunaler
und regionaler Ebene erfasst, auf nationaler    • Handelt es sich um Bestandsflächen, um
Ebene zu aussagekräftigen Indikatoren ver-        Brachflächen (mit welchen Gebäuden
dichtet und zu einem „terreinquotient“ zu-        bzw. Restriktionen) oder um neu entwi-
sammengefasst. In diesem Quotienten sind          ckelte Flächen („grüne Wiese“) ?
eine Reihe von Bodenmarktinformationen          • Wie hoch ist der Auslastungsgrad der Ge-
wie Preis und Produktivität, aber auch die        werbegebiete? Wie hoch die „Produktivi-
Flächenkennziffern enthalten. Mit diesem          tät“ der Flächen (Beschäftigte pro ha) ?
System, das auf die niederländische Pla-
nungsphilosophie abstellt, ist eine umfas-      • Welche Standorte bzw. Flächen (quanti-
sende Informationsquelle geschaffen. Es           tativ und qualitativ) werden in Zukunft
erlaubt differenzierte Analysen und lässt         nachgefragt, und wie hoch sind die lan-
vor diesem Hintergrund auf der Ebene der          des- und regionalplanerisch ausgewiese-
Regionen (in den Niederlanden) eine Steu-         nen Flächenreserven ?
erung des Flächenverbrauchs bzw. der Bau-       • Worauf ist der eventuelle Rückgang der
landentwicklung zu.11                             Flächennachfrage begründet? Sind es
                                                  konjunkturelle Effekte, oder zeichnet
Auch wenn die zentralen Kompetenzen für           sich eine Trendänderung (neue Stand-
die Umsetzung des Monitorings auf kom-            ortfaktoren) ab ?
munaler und regionaler Ebene liegen, wo
vor allem operative und planungsrelevante       Monitoring bedeutet im Wortsinn neben
Daten für eine regional ausgerichtete Ge-       Beobachtung auch Warnung. Vor diesem
werbeflächenpolitik benötigt werden, ist        Hintergrund soll das konzipierte System
davon auszugehen, dass ein Monitoring           Bestand und Entwicklung (Performance)
auch auf Landesebene Vorteile bieten kann.      der Gewerbeflächen in den Planungsregio-
Angesichts der zunehmenden Regionalisie-        nen beobachten und auf der Basis zentraler
rung von Aufgaben und Kompetenzen sind          Kennziffern eine Diagnose ermöglichen. Im
die Länder bestrebt, qualitativ hochwerti-      einfachsten Fall warnt das System frühzei-
ge, konsistente Informationen zu sichern,       tig vor einem (wachsenden) Überangebot
um einen Überblick über wesentliche Ent-        oder einem (steigenden) Defizit und kann
wicklungen in den einzelnen Landesteilen        diagnostisch die Ursache eines Überange-
sowie Steuerungsmöglichkeiten zu erhalten       bots oder Defizits anzeigen. Ausgehend von
8                                        Gewerbeflächenmonitoring             Forschungen Heft 119

    Basisinformationen der kommunalen und              in zwei Modellregionen durchgeführt. In
    regionalen Gewerbeflächensituation soll            Westsachsen und Südwest-Thüringen wur-
    eine Informationsübersicht – mit relevan-          den jeweils projektbegleitende Arbeitskrei-
    ten Angaben für Planung, Prognose und              se mit Vertretern aus kommunalen, kreis-
    Präsentation – für Ostdeutschland geschaf-         weiten und regionalen Planungs- und Wirt-
    fen werden. Durch Schaffung von Transpa-           schaftsinstitutionen eingerichtet. In jeweils
    renz auf dem Gewerbeflächenmarkt, so die           drei Workshops in Leipzig und Meiningen
    zentrale Ausgangsthese, lassen sich Strate-        wurde der Projektansatz aus regionaler
    gien eines regionalen Flächenmanagements           Perspektive und unter Gesichtspunkten
    entwickeln, die zur Steigerung der Wettbe-         der Praktikabilität dargestellt und erörtert.
    werbsfähigkeit des regionalen Gewerbeflä-          Der Projektfortschritt sowie die Ergebnis-
    chenpotenzials beitragen.                          se wurden dort vorgestellt und diskutiert.
                                                       In der schriftlichen Darstellung der Ergeb-
    Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, die
                                                       nisse liegt der Schwerpunkt auf der Unter-
    effizientere Nutzung vorhandener Gewerbe-
                                                       suchungsregion Westsachsen.
    flächenpotenziale zu fördern und regional
    abgestimmte Ansatzpunkte zur Stärkung              Der hier vorliegende Bericht gliedert sich in
    der Wettbewerbsfähigkeit der gewerblichen          zwei Teile: Im ersten Teil – Konzeption des
    Wirtschaft Ost zu entwickeln. Dazu erfolgt         Monitorings – erfolgt die Beschreibung des
    die Konzeption eines Gewerbeflächenmo-             Monitorings, der Zielstellung sowie der we-
    nitorings, mit dem unter anderem die ge-           sentlichen Elemente des Aufbaus. Im zwei-
    nutzten sowie die noch verfügbaren Indus-          ten Teil – Erfahrungsbericht zum Aufbau des
    trie- und Gewerbeflächen im kommunalen,            Monitorings – werden auf Basis der bereits
    regionalen sowie im landesweiten Vergleich         verfügbaren Daten konkrete Ergebnisse des
    dargestellt werden können. Zur Bilanzie-           Monitorings für Ostdeutschland dargestellt.
    rung von Angebot und Nachfrage ermög-              Abgeleitet aus den Diskussionen und Er-
    licht das Konzept auch die Bestimmung der          fahrungen in zwei Beispielregionen werden
    Flächenbedarfe.                                    zudem die Erfahrungen zum Aufbau eines
                                                       Monitorings geschildert.
    Da für die Erreichung der Flächenziele der
    Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie 12 eben-       Für den eiligen Leser sind die zentralen
    so wie für den Erfolg eines Monitoringsys-         Aussagen jeweils am Ende der einzelnen
    tems die Einbindung von kommunalen und             Kapitel in grau unterlegten Kästen zusam-
    regionalen Akteuren unabdingbar ist, wur-          menfassend dargestellt.
    den vertiefende Analysen zur regionalen
    Gewerbeflächensituation und Diskussionen
    der erarbeiteten Vorschläge und Ergebnisse

     Kapitel 1 setzt sich mit Angebot und Nachfrage der gewerblichen Bauflächen in Ostdeutsch-
     land auseinander. Festzustellen ist, dass die Beurteilung sehr widersprüchlich ist. In Abhän-
     gigkeit der Akteursperspektive besteht entweder ein Überangebot oder ein unzureichendes
     Angebot. Ursache für diese Divergenz ist die fragmentierte Informationslage. Keine der ver-
     fügbaren Statistiken, Datenbanken und Aufzeichnungen enthält eine vollständige Situa-
     tionsbeschreibung. Die zentralen Untersuchungsfragen zur Qualität des Bestandes, dem pla-
     nungsrechtlichen Status, der Herkunft der Gewerbeflächen, dem Auslastungsgrad der Gebiete
     und Flächen sowie der verfügbaren Reserven können nur mit großen Einschränkungen beant-
     wortet werden. Jede Angabe wird begleitet durch Einschränkungen und Annahmen.
     Weiterhin lässt sich festhalten, dass gegenwärtig nicht entschieden werden kann, ob ein Rück-
     gang der Flächennachfrage Zufall (bzw. eine natürliche Schwankung), das Ergebnis eines Kon-
     junkturzyklus oder der Hinweis auf eine strukturelle Änderung der Nachfrage ist oder schließlich
     auf einem unzureichenden Angebot beruht. Nur dann, wenn Klarheit über den gewerblichen
     Flächenbedarf besteht und die Flächenangebote der konkurrierenden Kommunen transparent
     sind, lassen sich Strategien zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme, z. B. durch ein
     regionales Gewerbeflächenmanagement, entwickeln und erfolgreich umsetzen.
9

2 Konzeption des Monitorings
Die Steuerung durch Planung – von der           • Informationsmanagement durch Ver-
Landesplanung bis zur verbindlichen Bau-          netzung der Akteure, der Informationen
leitplanung – wird den widersprüchlichen          und des Wissens (Organisation, Prozess-
Anforderungen einer wettbewerbsfähigen            management)
und bedarfsgerechten Flächenentwicklung         • Strategische Ausrichtung auf regional-
nicht gerecht. Die verfügbaren Informati-         bedeutsame Zielgruppen, Branchen und
onen über Gewerbeflächen sind in hohem            Cluster (Vermarktung)
Maße widersprüchlich und lassen operative,
konsistente und zielgerichtete Entscheidun-     • Controlling zur Reflexion der eigenen
gen bzw. Planungen kaum zu. Gegenwärtig           Aktivitäten (Evaluation)
ist es zum Beispiel nicht möglich, zwischen     Mit dem Instrument Monitoring ist gleich-
zufälligen Schwankungen, konjunkturellen        zeitig ein Informationsmanagement im Be-
Zyklen und neuen Trends bzw. Strukturwan-       reich der Planung und der Wirtschaftsförde-
del zu unterscheiden. Gewerbeflächenpoli-       rung sowie ein Management der Gewerbe-
tik oder Nachhaltigkeitsziele können nur        flächen- und Liegenschaftsentwicklung auf
dann rational gestaltet werden, wenn man        kommunaler und regionaler Ebene sowie
diese und andere Unterscheidungen treffen       auf Landesebene verbunden.15 Die Stärkung
kann. Ebenso wird eine Verbesserung der         der Wettbewerbsfähigkeit des regionalen
Wettbewerbsfähigkeit der Regionen nur auf       Gewerbeflächenpotenzials in Ostdeutsch-
der Basis dieser Unterscheidungen erfolgen      land resultiert aus dem Aufbau integrierter
können.                                         – d. h. organisations- und prozessübergrei-
Um die Gewerbeflächenentwicklung bes-           fender – Informationssysteme.
ser auszubalancieren, wird gegenwärtig in       Gegenüber den gegenwärtigen fragmentier-
vielen Regionen der Aufbau geeigneter Be-       ten Daten- und Informationssystemen zum
richts- und Informationsstrukturen disku-       Brach- und Gewerbeflächenbestand Ost-
tiert.13 Auch wenn noch keine abschließen-      deutschlands, mit denen nur die Angebots-
den Ergebnisse vorliegen, zeigt sich bereits,   seite – und diese auch nur eingeschränkt –
dass die Steuerung der gewerblichen Sied-       abgebildet werden kann, zeichnet sich der
lungsentwicklung nur auf der Basis eines        vorgeschlagene Monitoringansatz durch
differenzierten Informations- bzw. Beob-        zwei Besonderheiten aus: Sowohl die Nach-
achtungssystems gelingen kann.14                frage der Unternehmen nach Gewerbeflä-
Die Erfahrungen zeigen, dass eine Monito-       chen als auch die „erreichte Performance“
ringkonzeption zwei zentrale Aspekte auf-       in den Gewerbegebieten (Auslastungsgrade
weist. Zum einen bedarf es einer technisch-     etc.) werden explizit berücksichtigt.
organisatorischen Konstruktion, die klärt,
wie ein Erfassungs-, Auswertungs- und
                                                2.1 Konzeptionelle Grundlagen
Berichtsprogramm realisiert wird. Zum an-
deren wird ein Monitoring von politisch-so-     Mit dem Standort- und Gewerbeflächen-
zialen Bedingungen bestimmt. Das Konzept        monitoring sind unterschiedliche Ziele ver-
muss kompatibel mit dem Arbeitsalltag des       bunden, die einerseits darauf verweisen,
Personenkreises sein, der es betreut, pflegt    dass ein gemeinsam getragenes Konzept
und nutzt. Gleichzeitig muss auf die Inte-      ebenso erforderlich ist wie eine partner-
ressen Rücksicht genommen werden, die           schaftliche Zusammenarbeit in der Region.
sich aus der hierarchischen Struktur von        Andererseits sind mit dem breiten Zielsys-
Kommunen, Ländern und Bund ergeben.             tem auch unterschiedliche Anforderungen
                                                an die Konzeption des Monitorings ver-
Der Zielkanon des Monitorings lässt sich        knüpft. Bei der Konzeption lassen sich drei
durch fünf Punkte beschreiben:                  wichtige Bereiche unterscheiden. Zunächst
• Schaffung von Transparenz auf dem Ge-         erfordert ein Monitoring aufgrund der In-
  werbeflächenmarkt (Information)               formationsfunktion eine kontinuierliche
                                                deskriptive Beobachtung der gewerblichen
• Markt- und Potenzialanalysen, auf deren
                                                Flächennutzung. Vergleichbar den Regeln
  Basis Standortangebote und Standort-
                                                der Finanzbuchhaltung müssen Bestand,
  nachfragen in der Region überprüft wer-
                                                Eingang (Planungen, Erschließungen) und
  den können (Planung und Prognose)
                                                Ausgang (Nutzung, Rücknahme von Pla-
                                                nungen) gebucht werden.
10                                                                                  Gewerbeflächenmonitoring            Forschungen Heft 119

                                    Die zweite Anforderung an das Monito-                         Aggregation setzt sich auf der Gemeinde-,
                                    ring, die vor allem aus der Zielorientierung                  Kreis-, Regions- und Landesebene fort. Für
                                    auf Prozessmanagement und Vermarktung                         die Zwecke der laufenden Raumbeobach-
                                    resultiert, besteht in der Verknüpfung der                    tung des Bundesamtes für Bauwesen und
                                    Flächendaten mit den jeweiligen Nutzern.16                    Raumordnung kann beispielsweise mit-
                                    Auf dieser Basis lassen sich anforderungs-                    tels Gewerbeflächendaten der Gemeinden
                                    gerecht Indikatoren und Intensitätsziffern                    oder Kreise der Datensatz für die Raumord-
                                    wie Fläche pro Beschäftigte oder Umsatz                       nungsregionen gebildet werden. Mit diesem
                                    pro qm Fläche bilden, so dass der Erfolg                      Vorgehen ist die Verbindung zur amtlichen
                                    eines    Gewerbeflächenangebotes        nicht                 Statistik, insbesondere zur Flächennut-
                                    mehr allein in der Nutzung – oder im Ver-                     zungsstatistik, gewährleistet. Darüber hin-
                                    brauch – der Flächen besteht.                                 aus ergibt sich die Möglichkeit, eventuellen
                                                                                                  Widersprüchen, wie sie regelmäßig in gro-
                                    Der dritte Anforderungsbereich des Moni-
                                                                                                  ßen Systemen auftreten, auch nachzugehen
                                    torings lässt sich aus den Zielbereichen der
                                                                                                  und sie zu korrigieren.
                                    Planung, Prognose und des Controllings
                                    (Evaluation) ableiten. Er führt dazu, dass                    Mit jedem Betriebsgrundstück sind Attri-
                                    die Dynamik und erreichte Performance des                     bute verbunden, die auf den räumlich hö-
                                    Systems aufgenommen und die Bildung                           her aggregierten Ebenen, wie z. B. des Ge-
                                    zeitindizierter Reihen und Kennziffern im                     werbegebietes, um weitere Merkmale er-
                                    Rahmen einer Historienverwaltung mög-                         gänzt werden können. Auf der Ebene des
                                    lich wird. Neben der Ableitung des künfti-                    Gewerbegebietes gehören hierzu die Stand-
                                    gen Gewerbeflächenbedarfs kann auf dieser                     ort- und Gebietskennung, die Stammdaten,
                                    Basis auch eine optimierende Steuerung im                     Standortfaktoren wie Verkehrserschließung
                                    Sinne der Nachhaltigkeit über die Neben-                      oder Planungsrecht, die Belegungssituation
                                    bedingungen und Determinanten der Nut-                        etc. (vgl. Tab. 2). Eine weitere grundlegende
                                    zung erfolgen.                                                und unverzichtbare Basis eines Monito-
                                                                                                  ringsystems liegt in der Anbindung über die
                                    Der Aufbau eines Monitoringkonzeptes
                                                                                                  Adressen bzw. Geokoordinaten an Geogra-
                                    sollte auf der katasterrechtlichen Basis des
                                                                                                  phische Informationssysteme (GIS). Dabei
                                    Flurstücks erfolgen. Nur das Flurstück ist
                                                                                                  werden die gewerblich genutzten bzw. nutz-
                                    als rechtliches Objekt jederzeit ohne Zweifel
                                                                                                  baren Flurstücke und Betriebsgrundstücke
                                    zu bestimmen.17 Die Aggregation der Flur-
                                                                                                  in den Städten und Gemeinden sowohl in
                                    stücke ergibt gegebenenfalls das (Betriebs-)
                                                                                                  tabellarischer Form als auch mittels Karten,
                                    Grundstück. Ein Gewerbestandort bzw.
                                                                                                  Plänen und Bildern registriert.
                                    Gewerbegebiet wird durch ein oder meh-
                                    rere Betriebsgrundstücke gebildet.18 Diese                    Die eingesetzte Technik muss auch für die
                                                                                                  sonstigen Planungs- und Berichtszwecke
Tabelle 2                                                                                         der für die Datenerhebung und Datenpfle-
Anforderungen an die Datenerfassung                                                               ge verantwortlichen kommunalen und re-
                                                                                                  gionalen Akteure (Ämter und Verwaltungs-
 Merkmal                            Ausprägung                                                    stellen) verwendbar sein. Die Durchsicht
                                                                                                  der unterschiedlichsten Datensammlungen
 Standort- und Gebietskennung       Name des Gebietes, Stadt/Gemeinde, Eigentümer,
                                    Ansprechpartner, Aufnahmedatum, Georeferenzierung             im Verlauf des Projektes hat gezeigt, dass
 Stammdaten                         Lagekategorie, Eigentumskategorie, Branchenstruktur,          nur dort, wo keine „Ein-Zweck-Datenbank“
                                    wichtige Unternehmen, Profilierung, Standortqualifizierung,   entwickelt wurde und wo die Datener-
                                    Preis (Kauf, Miete, Pacht etc.), Gewerbe- und Grund-
                                    steuerhebesatz                                                fassungs- und Verwaltungssysteme einen
 Verkehrsanbindung                  Autobahn, Bundes- und Landstraße, Flughafen, Hafen,           sichtbaren Mehrwert für die laufenden Ar-
 (Distanz zu ...)                   Schienenanbindung (Personen und Güter), ÖPNV                  beitsprozesse erbringen, auch ein Interes-
 Planungsrechtliche Situation       FNP-Darstellung, Bebauungsplanung                             se an der Datenpflege, an Genauigkeit und
                                    (Status, Darstellung, Datum)
 Kennziffern                        GFZ, GRZ, BMZ, Zahl der Vollgeschosse
                                                                                                  inhaltlicher Konsistenz entstanden ist. Ins-
 Belegungssituation                 Größe des Gewerbegebietes, Zahl der Flurstücke,
                                                                                                  besondere dort, wo verschiedene Akteure
                                    belegte Fläche, Optionen, veräußerbare Fläche,                bzw. Ämter für unterschiedliche Zwecke auf
                                    größtes/kleinstes Grundstück
                                                                                                  ein und denselben Datenbestand zugegrif-
 Nutzungsmöglichkeiten/             Auflagen/Restriktionen, Ansiedlungswünsche, Aktivitäten
 Perspektiven                       zur Flächenmobilisierung
                                                                                                  fen haben, waren Nutzen und Akzeptanz
 Aktivitäten                        Veräußerungen, Optionen, sonstige Änderungen                  der eingesetzten Informationssysteme am
                                                                                                  höchsten.
Quelle: eigene Zusammenstellung in Anlehnung an das Monitoring der niederländischen Provinzen     Der gegenwärtig zu beobachtende Wandel
                                                                                                  „vom Planschrank zum Geodaten-Server“
                                                                                                  wird in naher Zukunft organisatorisch den
Konzeption des Monitorings                                                                                                                                                                      11

Zugriff unterschiedlicher Datennutzer und     Abbildung 2
Datenproduzenten auf eine einheitliche        Die Monitoringkonzeption
Informationsbasis erleichtern. Gleichzeitig
                                                                                                       "ESTAND
ist es technisch möglich, beispielsweise im                                                    'RUNDSTàCK MIT !TTRIBUTEN
                                                         :UFLUSS                                                                                        !BFLUSS
Rahmen von Netzwerk- und Intranetlösun-                                                         ,AGE "AURECHT )MAGE
                                                                                                 ZULÊSSIGE %MISSIONEN
gen, durch die Vergabe von Zugriffsrechten                                                                ETC
„Geheimnisse“ des Bearbeiters, des Amtes

                                                                                                                                    )NDUSTRIE'EWERBE

                                                                                                                                                           0LANÊNDERUNGEN

                                                                                                                                                                            WEITERE AUCH UNZU
                                                   0LANUNGSRECHT

                                                                                                                                                                            LÊSSIGE .UTZUNGEN
                                                                        %RSCHLIE”UNG

                                                                                                                                    .UTZUNG DURCH
oder der Kommune zu wahren. Entspre-
chend lässt sich ein definierter Datenaus-
tausch personalisieren und organisieren.
Die Informationsflut wird eingedämmt, da
die Dateneingabe und -pflege direkt einzel-
nen Bereichen bzw. Bearbeitern zugeordnet                             !GGREGATION ZU 'EWERBEGEBIETEN 'EMEINDEN +REISEN ETC

werden kann. Verwaltungsabläufe lassen
sich damit rationalisieren und moderni-
sieren. Die Mitarbeiterzufriedenheit kann                                                                   -ONITORING
gesteigert werden, da die Arbeitsabläufe                                               0ROTOKOLL ALLER 6ORGÊNGE "ILANZEN +ENNZIFFERN ETC
durch Workflows und eine optimierte Kom-
                                                                                               3ERVICE
munikation effizienter und Kosten sparend                          3UCHALGORITHMEN +ARTEN ,AGEBESCHREIBUNGEN (ILFSMITTEL ZUR !KQUISITION
gestaltet werden können, indem zum Bei-       1UELLE EIGENE $ARSTELLUNG
spiel routinemäßig einmal im Jahr genau
das gemeldet wird, was verabredet war und
für das kommunale bzw. regionale Stand-
                                              Nach Erfahrungen der Auftragnehmer und
ort- und Gewerbeflächenmonitoring von
                                              auch mit Blick auf die Erfahrungen in den
zentraler Bedeutung ist. Die Übersicht in
                                              Niederlanden könnte eine Standortdiffe-
Abbildung 2 gibt einen Eindruck über den
                                              renzierung nach unterschiedlichen Qua-
Informationsfluss und die zentralen Ele-
                                              litätsmerkmalen sinnvoll sein (vgl. hierzu
mente eines Monitoringsystems.
                                              Kap. 3.3, insbes. Abb. 25, S. 38).
                                              Mit der Definition von Standort- und Flä-
2.2 Auswertung und                            chenqualitäten können Veränderungen der
    Berichtsprogramm                          Flächennutzung typisiert werden. In Ver-
Der wesentliche Ertrag eines Monitorings      bindung mit dem Monitoring kann durch
liegt in der Schaffung von Transparenz        Transparenz unterschiedlicher, planrecht-
durch eine kontinuierliche deskriptive Be-    lich gewidmeter Angebotsqualitäten eine
obachtung. Auf Basis der skizzierten Daten    ausdifferenzierte Bedarfsplanung auf kom-
und Informationen kann festgehalten wer-      munaler Ebene stimuliert werden. Auf den
den, welche Flächen in welchem planungs-      Ebenen der Regional- und Landesplanung
rechtlichen Stadium sind und genutzt wer-     ermöglichen diese Informationen eine Ope-
den. Allein mit diesen Daten lässt sich in    rationalisierung wirtschafts- und planungs-
Verbindung mit zusätzlichen Merkmalen         politischer Zielvorgaben.
eine Fülle von weitergehenden Informatio-
                                              Ein wesentliches Ergebnis, so ist zu erwar-
nen erzeugen.
                                              ten, liegt in der Reduzierung der Auswei-
Die innerhalb eines Jahres neu genutzte       sung und Inanspruchnahme bisher unge-
Fläche ergibt, bezogen auf die Gewerbeflä-    nutzter Flächen sowie in einer stärkeren
chenausstattung, unmittelbar eine valide      Wiedernutzung von Bestands- und Brach-
Vorstellung über den Flächenvorrat. In Ver-   flächen (§ 2 Abs. 2 ROG), da zumindest auf
bindung mit den Attributen wie Lage, Aus-     regionaler Ebene umfangreiche Flächen-
stattung und sonstige Merkmale wird deut-     potenziale in den meisten Standortlagen
lich, welche Flächen eine Nachfrage finden.   verfügbar sein dürften. Dort, wo Stadt- und
Nach einigen Beobachtungsperioden lassen      Regionalentwicklung durch den Wandel der
sich Gewerbegrundstücke als „Schnelldre-      (ehemals) gewerblichen Flächennutzung
her“ und „Lagerware“ identifizieren. Durch    keine Impulse mehr bekommt, kann auch
die differenzierte Betrachtung unterschied-   der Rückbau von nicht nachfragegerechten
licher Standortqualitäten werden sowohl       Industrie- und Gewerbeflächen erforderlich
Unternehmen als auch Akteure der Planung      werden. Angesichts der vielerorts zu ver-
und Wirtschaftsförderung neue Erkennt-        zeichnenden Schrumpfungsprozesse, die
nisse gewinnen, die zu einer differenzier-    sich in Verbindung mit einer rückläufigen
ten Marktentwicklung beitragen können.        Gewerbeflächennachfrage vollziehen, wird
12                                       Gewerbeflächenmonitoring           Forschungen Heft 119

     auch die Rücknahme von bereits planerisch       durchhalten, wenn die Arbeit innerhalb und
     ausgewiesenen, aber noch nicht entwickel-       mit dem Monitoringsystem eine Arbeits-
     ten Gewerbeflächen notwendig.                   hilfe bei den übrigen zentralen Aufgaben
                                                     ist, wenn Doppelarbeit und Datenfriedhöfe
     Die gestiegenen Herausforderungen an
                                                     vermieden werden und wenn der Daten-
     Planung und Wirtschaftsförderung führen
                                                     schutz gewährleistet ist. Aus ihrer Sicht darf
     dazu, dass der Stellenwert informatori-
                                                     nicht die Gefahr entstehen, dass sie durch
     scher, Wissen generierender Instrumente
                                                     ihre eigenen Meldungen Nachteile bei der
     steigen wird – sowohl im Hinblick auf die
                                                     Fördermittelvergabe erfahren oder einer
     Herstellung von Markttransparenz als auch
                                                     Evaluation durch die übergeordnete Ad-
     in Bezug auf die Bewusstseinsbildung der
                                                     ministration unterworfen werden, nur weil
     Unternehmen. Schließlich müssen die Un-
                                                     dies nunmehr technisch möglich ist. Vor
     ternehmen aktiv in den Prozess des Stand-
                                                     diesem Hintergrund ist das „informationel-
     ort- und Flächenmanagements einbezogen
                                                     le Selbstbestimmungsrecht“ der Kommune
     werden.
                                                     zentral.
     Das im Rahmen eines Monitorings gene-           Auf Ebene der Raumordnungsregion, des
     rierte Wissen dürfte nicht nur analytisch       Regierungspräsidiums oder der Bundes-
     auf das Interesse der Stadt- und Regional-      länder kann ein Monitoring als öffentli-
     ökonomie treffen, sondern auch auf das          ches System nur unter Mitwirkung und
     Verhalten der Planungsträger, der Wirt-         Akzeptanz der Kommunen und Landkreise
     schaftsförderung und nicht zuletzt auf das      realisiert werden. Dementsprechend müs-
     Standortwahlverhalten der Unternehmen           sen die unterschiedlichen Akteure bereits
     zurück wirken. In einem weiteren Schritt,       frühzeitig in den Entwicklungsprozess ein-
     verbunden mit einer längeren Laufzeit des       bezogen werden. Doch ohne das Engage-
     Beobachtungssystems, lassen sich Indikato-      ment von Bund und Ländern wird ein lan-
     ren und Intensitätsziffern bilden. Mit diesen   desweit einheitliches Monitoring nicht zu
     Ziffern, zum Beispiel Fläche pro Beschäf-       realisieren sein. Unterstützung wird sowohl
     tigte oder auch Kosten pro Flächeneinheit,      bei der Ausgestaltung der konzeptionellen
     können die Kämmerei und das Tiefbauamt          Rahmensetzungen erforderlich werden als
     ihre Abrechnungen (ggf. erst einmal nur für     auch durch einen finanziellen Anstoß eines
     sich) in das Monitoring aufnehmen. Es wird      solchen landes- bzw. bundesweiten Vorha-
     hierbei Daten geben, die auf ihrem Mel-         bens.
     deweg eine weitere Aggregation erfordern,
     aber auch Kennziffern, welche die Gemein-       Ein weiterer Kernbestandteil des Monito-
     de nur selbst und exklusiv nutzen wird.         rings ist die kontinuierliche Berichterstat-
                                                     tung. Über einen regelmäßigen Lagebericht,
     Schließlich wird im zeitlichen Verlauf die      Beiträge in der Fachpresse sowie durch
     Informationsdichte zunehmen und deutli-         Vorträge sollten die aktuellen Analysen der
     cher werden, was zufällige Schwankungen,        Gewerbeflächenentwicklung und -vermark-
     konjunkturelle Zyklen und längerfristige        tung in die (Fach-)Öffentlichkeit getragen
     Trends sind. Gleichzeitig werden Verglei-       werden. Die Transparenz über das Ansied-
     che zwischen Gemeinden gleicher Größe           lungsgeschehen, den Gewerbeflächenmarkt
     und gleicher regionalökonomischer Posi-         oder aktuell geforderte Standortqualitäten
     tion möglich werden und die Frage aufwer-       werden die Planung zu einer stärkeren Aus-
     fen, warum im einen Fall die gleiche Zahl       richtung der Flächenentwicklung an die
     der Beschäftigten auf der Hälfte der Fläche     Nachfrage (Standort „erster Wahl“) führen
     Platz gefunden hat und im anderen Fall          und dadurch auch bei einem quantitativ
     trotz bester Standortfaktoren keine Nutzung     geringeren Angebot die zukünftigen Ver-
     der Gewerbeflächen erfolgte. Aber auch die      marktungschancen der Gewerbeflächen
     Kenntnisse über die branchenspezifischen        erhöhen.
     Standortanforderungen der Betriebe wer-
     den sich verbessern.
                                                     2.3 Technische Umsetzung
     Das vorgeschlagene System des Gewerbe-
                                                         und GIS-Integration
     flächenmonitorings wird sich etablieren
     und weiter entwickeln, wenn die Vorteile        Bei der technischen Realisierung des Moni-
     für alle Beteiligten wirksam werden. Eine       torings sind verschiedene Bedingungen zu
     Kommune bzw. eine Kreisverwaltung oder          erfüllen:
     Wirtschaftsförderungseinrichtung wird die       • Es muss sich um eine webbasierte Lö-
     Position als „Datenlieferant“ jedoch nur          sung handeln.
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