Gibt es Constructed Action in Deutscher Gebärdensprache und in Deutsch (in der Textsorte Bedeutungserklärung)?1
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
l i ngu i s t i k Gibt es Constructed Action in Deutscher Gebärdensprache und in Deutsch (in der Textsorte Bedeutungserklärung)? 1 Von renate fischer und simon kollien kommunikativem Handeln auf allge- meines Handeln und nannte dieses gebärdensprachliche Diskursphäno- Constructed Action (CA) ist eine Einleitung men folgerichtig (und in Anlehnung an für Gebärdensprachen typische Winstons Vorschlag von 1992) „const- Konstruktion in „blended mental Verschiedentlich wird die Frage auf- ructed action“ (Metzger 1995). spaces“2. Sie ist bisher vor allem in geworfen, ob gebärdensprachliche CA CA war im Gegensatz zu CD im- Narrationen nachgewiesen worden, mit Enactment, das in gesprochenem mer eines (rein) gestischen Charak- obwohl sich die Ansicht zunehmend Diskurs Verwendung findet, gleichge- ters verdächtig. Relativ früh wurden durchsetzt, dass CA kein narrations- setzt werden könne. Schließlich han- Vergleiche mit Gesten Hörender ein- spezifisches, sondern ein allgemei- delt es sich in beiden Fällen um ges- bezogen; Emmorey (1999) z. B. ord- nes Prädikationsmittel sein dürfte. tische Diskursanteile mit einem Kör- nete CA dem Typ der „concurrent Auf der Basis eines elizitierten Kor- pereinsatz, der über manuelle Gesten gestures“ (den sprachbegleitenden pus von Bedeutungserklärungen in hinausgeht. Außerdem scheint nicht statt -ersetzenden Gesten) zu. Mit ei- Deutscher Gebärdensprache (DGS) nur in CA, sondern auch im Enactment ner diachronisch-entwicklungsbezo- 502 DZ 86 10 möchten wir belegen, dass die Ver- ‚Rollenübernahme‘ vorzuliegen, also genen Perspektive setzen Pyers und sprachlichungsleistung mittels CA die gestische Verkörperung einer Refe- Senghas (2007) auch CD in Beziehung in der Tat nicht narrationsspezifisch renzentität, die nicht identisch ist mit zu Gesten Hörender, aus denen CD- ist. Darüber hinaus können wir an der Person, die gerade gebärdet/spricht. Merkmale hervorgehen könnten.4 den variierenden Bedeutungserklä- Fraglich und unseres Wissens bis- CA hat jedoch innerhalb der Ge- rungen zu ein und demselben Be- her nicht systematisch überprüft ist bärdensprachlinguistik beigetragen griff zeigen, dass das Vorkommen speziell die Vergleichbarkeit von ge- zu genuinen Ansätzen, die das Ges- von CA mit unterschiedlichen Kon- bärdensprachlicher CA und lautsprach- tische und Ikonische einbeziehen zeptualisierungen ‚desselben‘ Vor- verbundenem Enactment; für den Un- (vgl. Liddell 2003; Cuxac & Sallandre gangs variiert, den der erfragte Be- tertyp des Constructed Dialogue (CD) 2007). Ihnen ist gemein, dass sie mit griff beinhaltet. scheint dagegen klar, dass gebärden- ihrer gebärdensprachlinguistischen In einem zweiten Schritt werden die sprachlicher CD demjenigen in Laut- Konzeption eine Kritik an ‚der‘ Laut- DGS-Bedeutungserklärungen mit sprachen gleichkommt. Sogar termino- sprachlinguistik verbinden dahinge- deutschen Bedeutungserklärungen logisch rührt die Bezeichnung, wie sie hend, dass diese ihren Gegenstand zweierlei Typs kontrastiert: mit lexi- nunmehr in gebärdensprachlicher For- unrechtmäßig beschneide, indem sie kografischen und spontanen münd- schung verbreitet ist, ursprünglich aus Gradienz und Ikonizität ausklamme- lichen, welche nach derselben Me- der lautsprachbezogenen Soziolingu- re. Umso mehr die detaillierte Ausei- thode elizitiert wurden wie die DGS- istik. Denn Metzger übertrug 1995 ex- nandersetzung mit CA fortschreitet, Daten und in denen sich Enactment3 plizit Tannens (1989) Kategorien und um so unverzichtbarer erscheint sie finden lässt. So kommt eine sozio- Terminologie auf American Sign Lan- für den gebärdensprachlichen Dis- linguistische Dimension in die Be- guage (ASL), erweiterte den Fokus von kurs, zumindest in Narrationen5, und trachtung hinein, mit deren Hil- fe die Bedeutungserklärungen in 1 Dieser Beitrag ist die ausführlichere Fassung unseres Vortrags, gehalten auf der 4th Con- DGS und in geschriebenem sowie ference of the International Society for Gesture Studies in Frankfurt/Oder, Juli 2010. 2 gesprochenem Deutsch charakte- Miteinander zu einem neuen Mental Space ‚verschmolzene‘ Input-Spaces mit verschie- risiert werden. Vor diesem Hinter- denen Referenzentitäten. 3 grund wird die Frage erörtert, ob es Lautsprachersetzende oder -begleitende Gesten, die Handlungen und Zustände körper- lich maßstabentsprechend zeigen. sich bei CA in DGS und Enactment in 4 Ohne explizit auf CA einzugehen, geben Meir et al. (2007) zum Thema „body as subject“ gesprochenem Deutsch um ‚dassel- Einblicke in lexikalisierte gebärdensprachliche Strukturen, die in Körpergesten oder CA ih- be‘ Phänomen handelt bzw. welche ren strukturellen Ursprung haben. Merkmale geeignet erscheinen, um 5 Quinto-Pozos (2007; Titel) stellt z. B. die Frage „Can constructed action be considered ob- eine Unterscheidung vorzunehmen. ligatory?“. Beitrag aus: DAS ZEICHEN 86/2010 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)
L inguistik umso komplexer und durch systema- Obwohl Bedeutungserklärungen de für die Dauer der Erhebung kein tische Beschränkungen charakteri- auch im Alltagsdiskurs ihren Ort ha- weitergehendes Gespräch anstrebe; siert stellt sie sich dar. Dudis (2004) ben (z. B. im Mutter-Kind-Dialog), die Standardfrage pro Item lautete: spricht in diesem Zusammenhang sind sie für Hörende in Deutschland „Was ist/bedeutet ...?“ resp. in DGS: regelrecht von „partitionable zones“ darüber hinaus fester Bestandteil „... WAS BEDEUTET“. Dargeboten wur- am Körper der gebärdenden Person, spezifischer Sprachverwendungen – den Frage und Item in gesprochenem mit denen in komplexen Konstruk- zum einen im schulischen Fremd- Deutsch bzw. in DGS begleitet durch tionen mehrere Entitäten gleichzei- sprachenunterricht, zum anderen bei beschriftete Karteikarten mit dem tig sichtbar gemacht werden. der Wörterbuchkonsultation. Bedeu- jeweiligen Item. An einem Beispiel Vor diesem Hintergrund er- tungserklärungen bieten damit die („Frieden“) wurde der Ablauf einmal hebt sich in neuer Form die Fra- Möglichkeit, soziolinguistische Varia- zur Probe durchgeführt. ge, ob gebärdensprachliche CA dem tion zu beobachten. Aus dem Gesamtkorpus berück- Enactment Hörender vergleichbar sei. Wir elizitierten gebärdete und ge- sichtigen wir hier vor allem ausge- Im vorliegenden Beitrag charakteri- sprochene Bedeutungserklärungen wählte Beispiele, an denen wir gut sieren wir das Vorkommen von CA in zu 24 Stimuli. Die InformantInnen zeigen können, was die Charakte- nicht-narrativen DGS-Texten und ge- waren ristika von CA in DGS sind und wie DZ 86 10 503 hen dann der Frage nach, wie CA kon- l 12 hörende Studierende zumeist demgegenüber die Produktionen in trastiv zu vergleichbaren lautsprach- (aber nicht ausschließlich) unserer Deutsch zu sehen sind. Da wir CA und lichen Produktionen Hörender gese- Studiengänge, befragt durch hö- Enactment einander gegenüberstel- hen werden kann. rende Kommilitoninnen, len, beziehen wir Teiläußerungen mit l 9 gehörlose MitarbeiterInnen des CD in die vorliegende Untersuchung Material IDGS, gehörlose Studierende unse- nicht mit ein. res Magisterstudiengangs sowie Als nicht-narrative Textsorte haben gehörlose TeilnehmerInnen einer Ergebnisse (DGS) wir Bedeutungserklärungen ausge- Berufsausbildung, befragt durch wählt (vgl. dazu Fischer 2003). Bedeu- den gehörlosen Co-Verfasser die- Vorkommenshäufigkeit von CA tungserklärungen haben mit narrati- ses Beitrags.6 ven Texten gemein, dass sie die Mög- In unserem Korpus mit Bedeutungs- lichkeit zu ausgedehnter Textproduk- Die Darbietung der Stimuli variier- erklärungen fand sich lediglich eine tion bieten, bspw. im Unterschied zum te in der Reihenfolge, um einem Ef- einzige Produktion zum Item „Mikro- raschen Gesprächsrollenwechsel in ei- fekt auf die Produktion entgegenzu- welle“, in der keinerlei CA verwendet nem Small Talk. Ein solcher vergleichs- wirken. wurde. Der Gebärdende beschränkte weise langer ‚monologischer‘ Turn ist Die Stimuli waren Bezeichnun- sich voll auf die Angaben zu Form und fast schon ein Garant für das Vorkom- gen für Konkretes („Mikrowelle“) und Funktionieren des Gerätes selbst. In je- men von CA. Anders als in Narratio- Abstraktes („Zeit“), für direkt Vorzeig- der (!) Bedeutungserklärung kommt nen geht es bei Bedeutungserklärun- bares („Uhr“) oder erst sprachlich zu also CA vor, sofern die/der Gebärden- gen jedoch nicht um die Herstellung Erschaffendes („Verbraucherzentra- de eine belebte Entität einbezieht oder von Spannung oder emotionaler Ein- le“), es gab darin metaphorische und ein unbelebtes Objekt ‚personifiziert‘. bindung; hier überwiegt neben der idiomatische Ausdrücke („Sünden- Um einen Eindruck von der durch- Orientierung auf die RezipientInnen bock“, AHNUNGSLOS). schnittlichen Häufigkeit von CA in eine sachlich-informative Redehal- Zu Setting und Aufgabenstellung verschiedenen Textsorten (DGS) zu tung und in der Erhebungssituation wurde den InformantInnen mitge- erhalten, wurden in einer von uns zusätzlich die Motivation, eine gute teilt, dass es sich um eine Befragung betreuten Abschlussarbeit Prozent- Erläuterungsleistung zu liefern. handle und der/die Fragenstellen- zahlen ermittelt (vom Hofe 2010). Es handelt sich um DGS-Produktionen, 6 Allen unseren InformantInnen danken wir dafür, dass sie sich bereitwillig für die Befra- die wir in unseren verschiedenen Pro- gung zur Verfügung gestellt haben. jekten erhoben haben: Beitrag aus: DAS ZEICHEN 86/2010 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)
l i ngu i s t i k l eine selbst erlebte Geschichte („Straferfahrung“, einsehbar un- ter http://www.sign-lang.uni- hamburg.de/daziel/filme/film_5/ film_5.htm (26. 10. 2010)), l die Nacherzählung eines Anima- tionsfilms („Balance“) und l zwei Bedeutungserklärungen. Berechnet wurden die Prozente nach der Anzahl der Frames, auf denen in Abb. 1: „MIKROWELLE“ (pantom.) Abb. 2: „MIKROWELLE“ (reine CA) den jeweiligen Filmen CA zu sehen ist. Danach entfallen auf CA in diesen ausgewählten Beispielen (vgl. vom re Entitäten in einer (parallelisier- von Aktivität (vgl. auch der alte Ter- Hofe 2010, 22): ten) simultanen Konstruktion durch minus „Aktionssprache“). 504 DZ 86 10 l selbst erlebte Geschichte: 40,9 %; „body partitioning“ zusammenkom- Beispiel 1 (Item „ANFÄNGER“): l Filmnacherzählung: 22,2 %; men. Bei keinem dieser Vorkommen Dieses Beispiel (vgl. Abb. 3) zeigt eine l Bedeutungserklärung MEISTER: handelt es sich um freie Pantomime. reine CA, die allein eine vollständi- 31,6% und MIKROWELLE: 21,1 %. Der Subtyp der reinen CA kann der ge Bedeutungserklärung darstellen Pantomime noch am nächsten kom- könnte (die Gebärdende setzt ihre Be- Es darf also festgehalten werden, men (vgl. Abb. 1 und 2), auch hier je- deutungserklärung dann durch wei- dass die CA-Anteile einen ganz er- doch bestehen mindestens zwei Un- tere Ausführungen fort). Es gibt in heblichen Umfang in DGS-Texten ha- terschiede: CA ist im Allgemeinen dieser initialen (Teil-)Äußerung mit- ben, auch in nicht-narrativen Texten (blitzlichtartig) kurz und wird nicht hin keine Referentenbezeichnung (er- wie diesen Bedeutungserklärungen. ‚ausgespielt‘; und die Mundaktivität wartbar wäre z. B.: PERSON), mit der ist auch bei scheinbar pantomimi- CA liegt somit eine direkte Prädika- Typen von CA scher CA im Allgemeinen konventio- tion vor (inkl. der Referentenspur im nell typisierend. Diese synchronische Körper/Surrogat der Gebärdenden). Die nachfolgende Beschreibung der Nähe von (reiner) CA zur Pantomime Die Informantin zeigt gewisserma- CA in den elizitierten Bedeutungser- oder ausdrucksstarken Körper-/Ak- ßen ein abstraktes Anfängerverhal- klärungs-Texten nehmen wir auf der tionsgeste verweist auf den vermu- ten, erst in den nachfolgenden Bedeu- Grundlage unserer bisherigen Dar- teten diachronischen/evolutionären tungserklärungs-Teilen wird sie spezi- stellungen zu CA vor (vgl. Fischer & Ursprung von Gebärdensprachen in fischer („Anfänger in puncto X sein“). Kollien 2006a und b; 2009) und er- der kommunikativen Nachahmung Obwohl es so wirkt, zeigt die initiale weitern diese ggf. durch neue Beob- Bedeutungserklärung doch noch kein achtungen. Ziel dieser Ausführun- konkretes Verhalten, und die Mund- gen ist es, die Charakteristik von CA aktivität ist ein konventionalisierter zu vergegenwärtigen, um auf dieser Indikator dafür, dass die gesamte Ges- Basis die Gegenüberstellung mit Ges- te einen Anfängertypus zeigt, kein ten im gesprochenen Diskurs vorzu- spezifisches Exemplar.7 nehmen. Die im Bedeutungserklärungs- 7 Dies ist nur ein Fall möglicher Typisierung; Korpus verwendeten CA-Typen rei- bei einer Bedeutungserklärung zum Item chen von reiner CA, in der der Körper „MEISTER” liegt in einem CD eine soziale +metaphorische Typisierung vor, indem die des/der Gebärdenden eine alleinige verkörperte Referenzentität, der sozial ‚nie- Entität in Aktion zeigt, bis zu kom- dergestellte‘ Lehrling, zum ‚höhergestellten‘ plexen CA-Typen, in denen mehre- Abb. 3: „ANFÄNGER“ (reine CA) Meister eine Frage nach ‚oben‘ richtet. Beitrag aus: DAS ZEICHEN 86/2010 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)
L inguistik für dasselbe Item „Mikrowelle“ vor durch einen anderen Informanten (vgl. Abb. 2). Dieser Gebärdende greift nicht auf eine Beschreibung des Ge- genstands zurück, sondern demonst- riert dessen Gebrauch durch eine nicht näher bezeichnete belebte Referenzen- tität, die das Essen aus der Mikrowelle nimmt, was mit einer CA gezeigt wird. Dies sind Belege für die bekannte Abb. 4: „ELEKTROSMOG“ Abb. 5: „MIKROWELLE“ (parallelisierte CA) (Klassifikatorkonstruktion) Unterscheidung, dass CA zum Einsatz kommt ‚für‘ das Verhalten belebter Entitäten. Das heißt: Ob in einer Be- Beispiel 2 (Item „ELEKTROSMOG“): als systematische „partitionable zo- deutungserklärung eine CA verwen- Dieses Beispiel zeigt eine paralleli- nes“ am Körper des/der Gebärden- det wird oder nicht, hängt nicht vom sierte CA. Um „Elektrosmog“ zu er- den identifiziert hat: Hände (beide!), Stimulus ab, sondern rührt daher, DZ 86 10 505 klären, gebärdet der Informant zuerst Körper und Mundgestik versprach- dass die Informanten unterschiedli- HANDY, aus diesem Lexem wird in lichen unterschiedliche Bestandtei- che Erklärungskonzepte haben – der fließendem Übergang ohne Abbruch le der Gesamtaussage. Es liegt im ge- eine beschreibt das Gerät, der andere eine CA inkl. Manipulator (Person zeigten Beispiel also „body partitio- seine Bedienung durch eine belebte hält sich Handy ans Ohr, vgl. Abb. 4). ning“ in sehr komplexer Form vor, da Entität, und nur Letzteres kann über 8 Damit ändert sich auch die Bedeu- alle „partitionable zones“ für andere CA versprachlicht werden. tung gegenüber dem zuvor gebärde- Referenten bzw. andere Ereignisan- Beispiel 3 (Item „ELEKTROSMOG“): ten Lexem. Zu der CA gehört auch die teile eingesetzt werden. Eine Informantin erklärt „(Elektro-) Kopfhaltung, die zeigt, dass die Per- Smog“ und zeigt das Aufsteigen ei- son Opfer eines Angriffs oder von Un- Funktionen von CA ner Abgaswolke (vgl. Abb. 6). Damit angenehmem ist. Parallel dazu pro- liegt ebenfalls ein unbelebter Refe- duziert der Informant mit einer un- Beispiel 1 (Item „MIKROWELLE“): Es rent vor, es ist also eine Klassifika- gewohnt aktiven nicht-dominanten kommen Bedeutungserklärungen (als torkonstruktion und folglich keine Hand eine Klassifikatorkonstruktion, Ganzes oder abschnittweise) ohne CA für diesen Referenten zu erwar- die lokalisiert ist an der Manipula- CA vor. Der Gebärdende im Beispiel ten. Die Informantin produziert je- torhand und für ein Strahlengewim- erklärt „Mikrowelle“ mithilfe von doch eine parallelisierte CA, in der mel steht (metaphorisch). Als weite- Klassifikatorkonstruktionen für sich ren Bestandteil gibt es eine Mundak- bewegende Wellen (vgl. Abb. 5). Die tivität, die etwas schwer zu deuten verwendete Mundgestik markiert die- ist: Ist sie eine CA-Mimik für das Op- sen Vorgang als „normal“. Dieses Bei- fer oder eine Mundgestik für die ‚an- spiel ist typisch dafür, wie ein nicht- greifenden‘ Strahlen der Klassifika- belebter (und nicht-personifizierter) torkonstruktion? Auf jeden Fall wird Referent über die Hände artikuliert die Bedeutung „unangenehm durch wird, auch wenn die Bewegungen des Aggressivität“ vermittelt. Referenten außergewöhnlich sind. Diese komplexe parallelisierte CA Beispiel 2 (Item „MIKROWELLE“): verdeutlicht das, was Dudis (2004) Hier liegt eine Bedeutungserklärung 8 Die Möglichkeit, dass eine unbelebte Entität ‚personifiziert‘ wird und ihre Aktionen da- mit CA-tauglich werden, wurde oben bereits erwähnt; vgl. das Wassertropfen-Beispiel in Abb. 6: „(ELEKTRO-)SMOG“ Fischer & Kollien 2006b, 452. (parallelisierte CA) Beitrag aus: DAS ZEICHEN 86/2010 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)
l i ngu i s t i k eine belebte Entität der Wolke nach- Ergebnisse (Deutsch)9 Eine Informantin produzierte zum schaut. Diese Entität ist nicht einge- Beispiel nur bei „Elektrosmog“ und führt und nicht bezeichnet, sie spielt Welche Gesten wurden berücksich- bei „Uhr“ je 1 Geste, sonst keine. Kei- in der Erklärung als solche keine Rol- tigt? ne der InformantInnen stattete mehr le. Jedoch ist sie als Hintergrund prä- als 50 % der eigenen Bedeutungser- sent und wichtig: Es ist die beleb- Für unseren Vergleich mit gebärden- klärungen mit Zeige- und repräsen- te Entität, für die der Smog schäd- sprachlicher CA haben wir nicht alle tierenden Gesten aus. lich ist – die Schädlichkeit ist ja ein Gesten berücksichtigt, die die hören- Von den Stimuli sind 4 mit Be- zentraler Punkt bei Smog. Die Infor- den InformantInnen in ihren Bedeu- deutungserklärungen beantwortet mantin hätte das Lexem GEFÄHR- tungserklärungen produziert haben, worden, in denen keine einzige die- LICH gebärden können, unterlässt sondern diejenigen, die in einem se- ser Gesten produziert wurde („Anfän- das jedoch. Stattdessen inszeniert mantischen Verhältnis zur Aussa- ger“, „arbeitslos“, „Steuererklärung“, sie die Gefährlichkeit der Abgaswol- ge stehen. Unberücksichtigt blieben „Verbraucherzentrale“). Besonders ke für Lebewesen. Die produzierte CA also Taktstockgesten („beats“); einbe- häufig mit Gesten beantwortet wur- ist schwach ausgeprägt, sie würde zogen wurden Zeigegesten und ver- den demgegenüber die beiden Stimu- 506 DZ 86 10 von einigen ForscherInnen womög- schiedene Arten repräsentierender li „Mikrowelle“ und „Uhr“ (je 11 Ges- lich gar nicht als solche kategorisiert Gesten (Geste für Form+Größe, ma- ten). Insgesamt sind die folgenden werden (s. aber schon Metzger 1995). nueller Substitutor, manuelle oder Stimuli die interindividuellen Ges- Doch kommt in der vorliegenden Be- körperliche Aktion/Enactment). ten-Spitzenreiter: deutungserklärung das unbezeich- l „Elektrosmog“ wurde durch 8 von nete Lebewesen in einer Reihe von Vorkommenshäufigkeit von Zeige 12 InformantInnen mit jeweils 1 schwachen CA vor, die es als Opfer gesten und repräsentierenden Geste bestückt (insgesamt 8 To- zeigen, was eine kohärenz- und ko- Gesten kens); häsionsstiftende Wirkung für den l „Uhr“ wurde durch ebenfalls 8 von gebärdeten Text hat. Auf 3:29:50 (3,5 Std.) gefilmte Bedeu- 12 InformantInnen mit 1–2 Gesten Typisch für gebärdensprach- tungserklärungen entfielen 87 gesti- bestückt (insgesamt 11 Tokens); lichen Diskurs ist die (mehrfache) sche Produktionen. Das ist grob ge- l „Mikrowelle“ wurde durch 6 von Wiederholung von Prädikat(steil)en. sagt 1 gestisches Vorkommen alle 12 InformantInnen mit 1–3 Gesten Die soeben besprochene CA ist Teil 2 Min., also insgesamt eher wenig. bestückt (insgesamt 11 Tokens); einer solchen Sequenz, in der die Dieses quantitative Ergebnis zeigt be- l „Besteck“ wurde durch 7 von 12 Gebärdende mehrfach das Smog- reits einen Unterschied zum CA-Vor- InformantInnen mit 1–2 Gesten wolkenverhalten thematisiert. Es kommen in DGS. bestückt (insgesamt 8 Tokens). handelt sich nicht um redundan- Diese gestischen Produktionen te Wiederholung, vielmehr wer- sind auffallend ungleich auf die ver- Vorkommenshäufigkeit der Ges- den aus verschiedenen Perspekti- schiedenen InformantInnen und auf tentypen bei diesen 4 Stimuli ven und mit verschiedenen gebär- die Stimuli verteilt. Dieses Ergebnis densprachlichen Mitteln je andere ist keine direkte Folge davon, ob die l Der Stimulus „Uhr“ elizitierte 10 Teilaspekte des Geschehens verba- InformantInnen Gebärdensprach- Zeigegesten und 2 Enactments, um lisiert. In dieser Sequenz überneh- kompetenz haben oder nicht. eine Person zu zeigen, die auf ihre men die parallelisierten CA ‚arbeits- Die InformantInnen benutzten Uhr schaut (vgl. Abb. 7). teilig‘ bestimmte Teilaufgaben, die interindividuell und über alle Sti- l Der Stimulus „Mikrowelle“ elizi- Klassifikatorkonstruktionen ande- muli insgesamt eine stark variieren- tierte 10 manuelle Gesten der Sub- re. Während die Referenten über Le- de Anzahl Gesten, von mindestens typen „manuelle Substitution“ und xeme eingeführt, also bezeichnet 2 bis maximal 12 Gesten insgesamt. „Geste für Form+Größe“ (vgl. Abb. 8) werden, prädizieren die CA und die Klassifikatorkonstruktionen spezifi- 9 Wir danken Melanie Rossow und Caren Dietrich für die vorbereitende Sichtung des Ma- sche Anteile des Gesamtereignisses. terials. Beitrag aus: DAS ZEICHEN 86/2010 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)
L inguistik Abb. 7: „Uhr“ Abb. 8: „Mikrowelle“ Abb. 9: „Besteck“ DZ 86 10 507 (Enactment) (repräsentierende Geste: Form+Größe) (Enactment) sowie 1 (vermutliches) Enactment, eine manuelle Tätigkeit implizierte, ge anzustellen“. Ein Informant gab mit dem der Körper ein „Molekül in wie: Besteck halten, geben und neh- folgende gesprochene Bedeutungser- Bewegung“ zu zeigen scheint. men, wegwerfen. klärung zu diesem Stimulus: „Meister l Der Stimulus „Elektrosmog“ elizi- Ausgeprägte Rollenübernahme im Handwerk heißt jemand, der eine tierte 7 manuelle Gesten der Sub- mit expressiver Mimik oder Körper- bestimmte Ausbildung durchlaufen typen „manuelle Substitution“ und bewegung fehlte fast durchgehend, hat, dann entsprechende Prüfungen „Geste für Form+Größe“ sowie 1 der Stimulus „Feind“ z. B. provozierte abgelegt hat und dann nach den gel- Enactment, das eine Entität zeigt, keine entsprechende Mimik. In den tenden Bestimmungen sich als Meis- die ein Gerät ausschaltet. von uns beobachteten Zeige- und re- ter mit seinem Gewerbe, also mit sei- l Und schließlich elizitierte der Stimu- präsentierenden Gesten spielte somit nem Handwerk selbstständig ma- lus „Besteck“ 7 Enactments, die zei- durchweg die Hand die Hauptrolle; chen kann und berechtigt ist, auch gen, wie jemand Besteck hält (vgl. vorherrschend waren Gesten der ma- Lehrlinge auszubilden.“ Er produzier- Abb. 9), und 1 manuelle Substitution nuellen Substitution und Form+Größe te dabei keine einzige Zeige- oder re- für ein schneidendes Messer. oder ein Enactment, bei dem die Rol- präsentierende Geste. lenübernahme minimal blieb. Die gesprochenen Bedeutungs- Interessanterweise wurde Enactment, erklärungen unseres Korpus ähneln als manuelles oder körperliches Zei- Soziolinguistische Variation den geschriebenen aus Wörterbü- gen einer Aktion, nur selten einge- chern sehr stark in folgenden Hin- setzt. Es kam nur bei 11 von 24 Stimu- In einem zweiten Schritt verglichen sichten: li, also nicht einmal bei der Hälfte, wir die gesprochenen Bedeutungs- l Sie bestehen bevorzugt aus verba- vor. Die meisten Tokens wurden mit erklärungen mit geschriebenen, wie ler Semantisierung; dem Stimulus „Besteck“ produziert, sie ein Wörterbuch oder Lexikon l sie beinhalten formelhafte Antei- gefolgt von „(ein-)kaufen“, für das die aufweist. Hier ein Beispiel zum Ver- le, wie sie den lexikografischen Be- InformantInnen eine kurze Hand- gleich: deutungserklärungen („Definitio- lung des Gebens und Nehmens vor- In Wahrig – Deutsches Wörter- nen“) zugrunde liegen; dazu gehö- führten. buch (1997) wird „Meister“ definiert ren vor allem: Allgemein gesagt, wurde Enact als „Handwerker, der nach der Gesel- – Kategorisierungen vornehmen ment dann benutzt, wenn die frag- lenzeit eine (staatl.) Prüfung abgelegt (Ober- und Unterbegriff/Spezifi- liche Aktion als Hauptkomponente hat und damit berechtigt ist, Lehrlin- zierung etc.); Beitrag aus: DAS ZEICHEN 86/2010 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)
l i ngu i s t i k – auf die Mitteilung persönlicher von „body as subject“, d. h. von der tionaler Einbindung. Sie als eine der Erfahrung verzichten, möglichst Verkörperung von Konzepten (vgl. „involvement strategies“ zu begrei- kein Bezug auf das zeitliche, sach- Meir et al. 2007), wie sie in Gebär- fen mit der Begründung, sie bringe lich-räumliche oder personale densprachen in entwickelter Form „details and visual imagery to inte- Hier und Jetzt der gemeinsamen vorzufinden sind. rest the watcher in the signer’s mes- Präsenz; Wir fanden umfangreichen Ge- sage“ ein (Winston 1992, 98), greift – Ausdrucksweise weitgehend brauch von CA in den Bedeutungs- zu kurz. CA hat direkten Anteil an der neutral halten, sachorientierte erklärungen in DGS. Damit ist belegt, durch die Äußerung vermittelten In- Formulierung, lexikalische Dich- dass CA kein Spezifikum von narra- formation und muss als „necessary“ te und „vollständige Sätze“ an- tiven Texten ist. Ob man daraus auf (Quinto-Pozos 2007) eingestuft wer- streben, Deiktika und die direk- eine starke gestische Semantisie- den, auch wenn Umfang und Detail- te Anrede der Interviewerin ver- rung der gebärdeten Bedeutungser- liertheit des CA-Gebrauchs variieren. meiden. klärungen schließen will, hängt von Quinto-Pozos und Mehta (2010) zu- dem Stellenwert ab, den man gebär- folge kann der Gebrauch von CA in Zur Planung derartiger Äußerungen densprachlicher CA zuweist (ist sie mehreren Hinsichten durch Anpas- 508 DZ 86 10 wurde eine deutlich erkennbare Be- sprachlich oder gestisch?). Auf je- sung an die Kommunikationspartner denkzeit in Anspruch genommen, die den Fall ist zu berücksichtigen, dass (formellere vs. informellere Kommu- Spontaneität der Reaktion reduziert. die meisten CA als parallelisierte CA nikatonssituation) variieren, aber auf Diese Merkmale verdeutlichen, auftreten, d. h. als komplexe Kons- jeden Fall werde sie verwendet. dass die hörenden InformantInnen truktionen, in denen die „partitio- CA kommt in gebärdetem Dis- eine soziolinguistische Variante nable zones“ des Körpers simultane kurs in verschiedenen Formen/Ty- des Deutschen wählten, die typisch Anteile einer Gesamtäußerung rea- pen vor, von denen einige die kom- für sozial und räumlich distanzier- lisieren, sodass diese parallelisier- plexesten simultanen Konstruktio- te Kommunikation ist. Offensicht- ten CA wenig Ähnlichkeit mit Pan- nen darstellen, die in Gebärdenspra- lich interpretierten sie die Situation tomime haben. Das resultiert vor al- chen bekannt sind. als eine Interviewaufgabe, in der sie lem daraus, dass hier die Struktur nicht zu einer sozial nahen Kommu- „body as subject“ (s. o.) nicht mehr Diskussion nikation eingeladen waren. Folglich die alleinige ist, sondern durch die benutzten sie das sprachliche Regis- Klassifikatorkonstruktionen andere Wir möchten die Frage zur Diskus- ter, das für formelle Bedeutungser- Szenen sozusagen dazugestellt wer- sion stellen, ob gebärdensprachliche klärungen angemessen ist. den – anders gesagt: dass die men- CA und Enactment aus lautsprachli- talen Räume „surrogate space“ (mit- chen Äußerungen gleichgesetzt wer- Zusammenfassung tels CA) und „depicting space“ (mit- den können. Im frühen 19. Jahrhun- tels Klassifikatorkonstruktion(en)) dert hatte der berühmte Gebärden- Wir fanden auffallend wenig gesti- gebärdensprachlich simultan reali- sprachforscher Auguste Bébian die sche Semantisierung in den Bedeu- siert werden (vgl. Liddell 2003). Auffassung vertreten, dass die Ges- tungserklärungen unserer hören- Ob CA verwendet wird, hängt ten hörender Menschen die gleiche den InformantInnen und insbeson- nicht von der Textsorte ab, sondern Quelle hätten wie die Gebärdenspra- dere wenig und kaum ausgespieltes von der Äußerungsstrategie in dem chen gehörloser Menschen und dass Enactment. Wir interpretieren die- Sinne, ob der/die Gebärdende eine das Trennende nur im Perfektions- ses Ergebnis als eine Folge der Wahl belebte oder eine unbelebte (und grad liege, der bei den Gebärdenspra- der InformantInnen für ein formel- nicht-personifizierte) Referenzen- chen aus dem täglichen umfassen- les Register des Erklärens von Bedeu- tität in den Fokus stellt.10 CA ist so- den Gebrauch resultiere (vgl. Fischer tungen. mit mehr als nur eine Strategie emo- 1993, 444 f.). Alle repräsentierenden Gesten in- terpretieren wir als eine rudimentäre 10 Zur Belebtheit von Referenzentitäten in CA und ihrer Auswirkung auf bestimmte gebär- (oder auch originäre) gestische Form densprachliche Lexeme vgl. Meir et al. 2007, 547 ff. Beitrag aus: DAS ZEICHEN 86/2010 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)
L inguistik Dieser Linie folgend, könnte man in DGS verwenden würde, um eine Campbell (Hg.): Gesture, speech, der Meinung sein, dass CA ‚nur‘ die Handlung zu verneinen, die durch and sign. New York, 133–159. perfektionierte Form von Enactment eine CA ausgedrückt wird. Fischer, Renate (1993): „Language of darstelle, CA und Enactment daher So scheint es vor allem um die Action“. In: Renate Fischer & Har- terminologisch nicht unterschieden Frage zu gehen, welches Ziel mit ei- lan Lane (Hg.): Looking Back. Ham- werden sollten. nem Vergleich beider Sprachen ver- burg, 429–455. Dennoch scheint es angeraten, folgt wird. Fischer, Renate (2003): „Eine Rose ist beide gestische Produktionen ge- Wenn es um die kontrasti- eine Rose ist eine Rose ... Was sagen trennt zu halten und mit unterschied- ve Analyse zweier Einzelsprachen mir Bedeutungserklärungen?“. In: licher Terminologie zu belegen. Den geht, so wird man durch die Charak- Das Zeichen 65, 396–420. Grund dafür sehen wir in der Komple- terisierung von CA in DGS und von Fis cher, Ren at e & Simon Koll ien xität und dem Grad, mit dem die gesti- Enactment in gesprochenem Deutsch (2006a): „Constructed action in sche und die sprachliche Komponente die didaktisch wichtigen Unterschie- DGS: Roses Aktions=Fragmente innerhalb einer gebärdensprachlichen de deutlich machen. Diese rühren da- (Teil I)“. In: Das Zeichen 72, 96–106. Äußerung integriert sind. her, dass nur eine der beiden Spra- Fis cher, Ren at e & Simon Koll ien So mag der Typ reiner CA einem chen, die DGS, eine integrierte visuo- (2006b): „Constructed action in DZ 86 10 509 Enactment, das mit gesprochenem gestische Komponente derselben Mo- DGS: Roses Aktions=Fragmente Deutsch verbunden ist, stark ähneln dalität hat. (Teil II)“. In: Das Zeichen 74, 448– – z. B., wie man etwas aus der Mikro- Wenn das Ziel aber darin besteht, 463. welle nimmt. Doch sogar hier ist die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, Fis cher, Ren at e & Simon Koll ien Mundaktivität in DGS eine typisieren- so ist ein abstrakteres Tertium Com- (2009): „Constructed Action und de und konventionelle, die der Ges- parationis vonnöten. Es könnte ge- Mundgestik in DGS: Lautmalerei te jedoch nicht. Des Weiteren sind funden werden in dem Beitrag, den und synästhetische Symbolisie in unserem Korpus die repräsentie- alle Gesten zur Bedeutungskonstitu- rungsverfahren“. In: Das Zeichen renden Gesten, die mit gesproche- tion leisten (vgl. Liddell 2003), oder 83, 464–478. nem Deutsch verbunden sind, ten- allgemeiner gesagt in der Komple- Liddell, Scott K. (2003): Grammar, ge- denziell Sequenzen aus Gesten für mentarität von gestischen und ver- sture and meaning in American Form+Größe und Enactment, wohin- balen Komponenten jedes Diskurses Sign Language. Cambridge u. a. gegen eine komplexe parallelisierte CA (vgl. Sandler 2003). Meir, Irit; Carol Padden; Mark Aronoff in DGS Form+Größe, Aktion und Wei- & Wendy Sandler (2007): „Body as teres miteinander simultan und syste- Literatur subject“. In: Journal of Linguistics matisch verbindet und spezielle Blen- 43, 531–563. ding-Effekte entstehen lässt. Denn nur Cuxac, Christian & Marie-Anne Sal- Metzger, Melanie (1995): „Construc- in den gebärdeten, nicht den gesten- landre (2007): „Iconicity and arbi- ted dialogue and constructed ac- begleiteten gesprochenen Äußerun- trariness in French Sign Language: tion in American Sign Language“. gen unseres Korpus wird der/die Pro- Highly iconic structures, degene- In: Ceil Lucas (Hg.): Sociolinguistics duzierende zum Surrogat der Referenz- rated iconicity and diagrammatic in Deaf Communities. Washington, entität, und repräsentieren die „parti- iconicity“. In: Elena Pizzuto; Pao- DC, 255–271. tionable zones“ gleichzeitig Entitäten la Pietrandrea & Raffaele Simone Pyers, Jennie & Ann Senghas (2007): aus anderen „mental spaces“. (Hg.): Verbal and signed languages: „Reported action in Nicaraguan and Doch lassen sich Gemeinsamkei- comparing structures, constructs American Sign Languages: Emer- ten von Enactment und CA nicht leug- and methodologies. Berlin, 13–33. ging versus established systems“. nen. Zum Beispiel begleitete eine hö- Dudis, Paul (2004): „Body partitioning In: Pamela Perniss; Roland Pfau rende Informantin ihre Bedeutungs- and real-space blends“. In: Cogniti- & Markus Steinbach (Hg.): Visible erklärung mit einem Enactment, das ve Linguistics 15/2, 223–238. variation. Comparative studies on sie direkt im Anschluss verneinte. Emmorey, Karen (1999): „Do signers sign language structure. Berlin & Dies zeigt dieselbe Struktur, die man gesture?“. In: Lynn Messing & Ruth New York, 279–302. Beitrag aus: DAS ZEICHEN 86/2010 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)
l i ngu i s t i k i Quinto-Pozos, David (2007): „Can con- Tannen, Deborah (1989): Talking structed action be considered obli- voices: Repetition, dialogue, and gatory?“. In: Lingua 117/7, 1285– imagery in conversational dis- 1314. course. Cambridge Quinto-Pozos, David & Sarika Mehta vom Hofe, Friederike (2010): Prof. Dr. Renate Fischer (2010): „Register variation in mi- Constructed Action und die & Simon Kollien, metic gestural complements to si- Versprachlichung des Verhaltens Institut für Deutsche Gebär- gned language“. In: Journal of Prag- der Referenzentitäten. Universi- densprache, Universität Ham- matics 42, 557–584. tät Hamburg [Wissenschaftliche burg Sandler, Wendy (2003): „On the com- Hausarbeit (B. A.), unveröff.]. plementarity of signed and spo- Wahrig – Deutsches Wörterbuch E-Mail: Renate.Fischer@sign- ken languages“. In: Yonata Levy & (1997). Gütersloh. lang.uni-hamburg.de; Jeannette Schaeffer (Hg.): Langua- Winston, Elizabeth (1992): „Space Simon.Kollien@sign-lang.uni- ge competence across populations: and involvement in an Ameri- hamburg.de towards a definiton of SLI. Mahwah, can Sign Language lecture“. In: Ex- 510 DZ 86 10 NJ, 383–409. panding Horizons: Proceedings of the Twelfth National Convention of the Registry of Interpreters for the Deaf. Silver Spring, MD, 93–105. Beitrag aus: DAS ZEICHEN 86/2010 • Zeitschrift für Sprache und Kultur Gehörloser (www.sign-lang.uni-hamburg.de/signum/zeichen/)
Sie können auch lesen