Gottesdienst am 2.Sonntag nach Trinitatis, 13.Juni 2021 Pfarrerin Renate Wehner An der Orgel: Stefanie Hollinger
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Gottesdienst am 2.Sonntag nach Trinitatis, 13.Juni 2021 Pfarrerin Renate Wehner An der Orgel: Stefanie Hollinger Musik zum Eingang Georg Andreas Sorge (1703-1778): Sonata II, 1. Satz Herzlich willkommen am heutigen 2. Sonntag nach Trinitatis. Wir sind miteinander verbunden- als Lesende oder Hörende- im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.. Heute geht es um das Verstehen, besonders um das Verstehen von dem, was wir in einem Gottesdienst erleben. Das Verstehen stärkt die Gemeinschaft. Nicht-Verstehen trennt und schließt andere aus. Diese Erfahrung, die schon der Apostel Paulus in der korinthischen Gemeinde Mitte des ersten Jahrhunderts machte, soll heute im Mittelpunkt stehen. So bitten wir Gott um seinen guten Geist, der uns verstehen lässt, der uns tröstet und Mut macht für das, was kommt. Gebet Gott, der du uns Vater und Mutter sein willst, bei dir dürfen wir ein Zuhause finden. Du hast uns eingeladen, zu dir zu kommen, wie auch immer wir sind, fröhlich oder traurig. Dein Evangelium ist für uns da als gutes Wort, das tröstet und unser Leben erhellt. Öffne in uns Türen, dass wir dein Wort hineinlassen und es in uns wohnen kann. Hilf uns, zu verstehen, dass du es gut mit uns meinst.
Öffne unsere Augen und Ohren und unseren Mund, dich zu loben und zu preisen. Amen. Lied EG 440, 1-4 All Morgen ist ganz frisch und neu Vorspiel: Helmut Duffe (1948-2016) Text: Johannes Zwick (um 1541) 1545 Melodie: Johann Walter 1541 1. All Morgen ist ganz frisch und neu des Herren Gnad und große Treu; sie hat kein End den langen Tag, drauf jeder sich verlassen mag. 2. O Gott, du schöner Morgenstern, gib uns, was wir von dir begehrn: Zünd deine Lichter in uns an, lass uns an Gnad kein Mangel han. 3. Treib aus, o Licht, all Finsternis, behüt uns, Herr, vor Ärgernis, vor Blindheit und vor aller Schand und reich uns Tag und Nacht dein Hand, 4. zu wandeln als am lichten Tag, damit, was immer sich zutrag, wir stehn im Glauben bis ans End und bleiben von dir ungetrennt. Liebe Gemeinde, der heutige Predigttext führt uns (wie schon zwei Wochen zuvor am Pfingstmontag) in die antike multikulturelle Hafenstadt Korinth, in die christliche Gemeinde dort vor Ort, in den Gottesdienst, der deutlich anders war als die Gottesdienste, die wir feiern. In diesen Gottesdiensten gab es das Phänomen der sogenannten Zungenrede, das in den Worten, die wir gleich hören werden, eine zentrale Rolle spielt. Mitten im Gottesdienst sprangen Menschen auf und fingen an, unverständlich zu reden,
in einer Sprache, die keiner verstand, noch nicht einmal sie selbst. Hören wir, was Paulus dazu der Gemeinde in Korinth schreibt: Lesung 1.Kor.14,1-12 Strebt nach der Liebe! Bemüht euch um die Gaben des Geistes, am meisten aber darum, dass ihr prophetisch redet! Denn wer in Zungen redet, der redet nicht zu Menschen, sondern zu Gott; denn niemand versteht ihn: im Geist redet er Geheimnisse. Wer aber prophetisch redet, der redet zu Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und zur Tröstung. Wer in Zungen redet, der erbaut sich selbst; wer aber prophetisch redet, der erbaut die Gemeinde. Ich möchte, dass ihr alle in Zungen reden könnt; aber noch viel mehr, dass ihr prophetisch redet. Denn wer prophetisch redet, ist größer als der, der in Zungen redet; es sei denn, er legt es auch aus, auf dass die Gemeinde erbaut werde. Nun aber, Brüder und Schwestern, wenn ich zu euch käme und redete in Zungen, was würde ich euch nützen, wenn ich nicht mit euch redete in Worten der Offenbarung oder der Erkenntnis oder der Prophetie oder der Lehre? So verhält es sich auch mit leblosen Instrumenten, es sei eine Flöte oder eine Harfe: Wenn sie nicht unterschiedliche Töne von sich geben, wie kann man erkennen, was auf der Flöte oder auf der Harfe gespielt wird? Und wenn die Posaune einen undeutlichen Ton gibt, wer wird sich zur Schlacht rüsten? So auch ihr: Wenn ihr in Zungen redet und nicht mit deutlichen Worten, wie kann man wissen, was gemeint ist? Ihr werdet in den Wind reden. Es gibt vielerlei Sprachen in der Welt, und nichts ist ohne Sprache. Wenn ich nun die Bedeutung der Sprache nicht kenne, werde ich ein Fremder sein für den, der redet, und der redet, wird für mich ein Fremder sein.
So auch ihr: Da ihr euch bemüht um die Gaben des Geistes, so trachtet danach, dass ihr sie im Überfluss habt und so die Gemeinde erbaut. Amen. Liebe Gemeinde, Hier geht es um das Verstehen. Ganz konkret um das Verstehen im Gottesdienst, damals in Korinth. Wie können wir uns die Gottesdienste damals, die Paulus da im Blick hat, vorstellen? Vielleicht so: Wir treten ein in ein großes Haus mit einem kühlen Innenhof, viele Menschen sind versammelt, sie sitzen oder stehen. Wir spüren sofort: hier geschieht Außergewöhnliches. In einer Ecke steht ein Mann, der eigenartig singt. Sein Oberkörper macht dazu rhythmische Bewegungen, seine Hände sind erhoben. Seine Augen sind geschlossen, er macht einen ganz versunkenen Eindruck. Die daneben sitzen oder stehen, summen mit, manche schreien, manchmal gleichzeitig, manchmal nacheinander. Wir verstehen nichts. Alle scheinen in einer großen Wolke von Glücksgefühlen zu schweben. – Aber wir als Gäste stehen außen vor. Wir können staunen, uns wundern, mehr nicht. In -Zungen –Reden: ein Beispiel für tiefstes Ergriffen-Sein von Gott, etwas höchst Religiöses, auch wenn den meisten von uns das in dieser Form sehr fern ist. Zungen- Reden ist aber auch ein Beispiel dafür, wie das ist, wenn sich den anderen um mich herum nichts erschließt. Wenn die anderen nichts verstehen, fremd danebenstehen und fremd bleiben. Kein schönes Gefühl, außen vor zu sein. Mitten drin und in keinster Weise beteiligt. Für die Feier der Gottesdienste wünscht Paulus sich etwas anderes. Und deshalb stellt er der Zungenrede hier in diesen Worten das prophetische Reden gegenüber. Und so fern für uns beides ist,- vielleicht können wir doch davon etwas auch auf unsere Gottesdienste und unser Miteinander übertragen.
Prophetisches Reden – so Paulus hier- das sind Worte, die aufbauen, ermahnen, trösten. Prophetische Rede- das sind Gottesworte, die in eine bestimmte Situation hineinsprechen, Worte, die mich treffen, berühren, die mit meinem Leben zu tun haben. Worte, über die ich mich mit anderen austauschen kann. Jede Predigt ist in diesem Sinn prophetische Rede. Jeder Gottesdienst, in dem ich solche Worte höre – in der Schriftlesung, dem Psalmgebet, anderen biblischen Texten. Jedes Gespräch über die Bibel, den Glauben hat in diesem Sinn mit „prophetischer Rede“ zu tun. Eine hohe Wertschätzung des Wortes, der Verständlichkeit dessen, was wir hören und sagen, ist hier herauszuhören. Eine hohe Meinung davon, was Gottes Wort bewirken kann. Es kann aufrütteln, mahnen, trösten, einen selbst und die anderen aufbauen. Es steht nicht für sich. Es ist nur da im Zusammenhang mit den anderen. Es braucht den „Resonanzraum“ der anderen. Alle Rede, jedes Wort, das wir sprechen, ist eng mit dem Gegenüber verbunden, und so soll es auch sein. Andernfalls würden wir eben nur „in den Wind reden“, wie Paulus es hier ausdrückt, kein erstrebenswerter Zustand. Dass Worte Gehör finden, auf fruchtbaren Boden treffen, erwidert werden: das gehört zur Lebendigkeit dazu, zu einem guten Miteinander. Jeder, der die Erfahrung mit Pubertierenden macht oder hinter sich hat, weiß, was „in den Wind reden“ bedeutet, wieviel Kraft und Energie das kostet, wie Beziehungen dadurch leiden und gestört sind. Paulus ermutigt die Gemeinde in Korinth, nicht in den Wind zu reden und bei allem Reden auf Verständlichkeit zu achten, weil nur das, was ich verstehe, auch richtig bei mir ankommen kann. Das hat bis heute nicht an Aktualität verloren. Glaube und Verstehen gehören zusammen. Und doch leuchtet in den Worten des Paulus auch noch die andere, über alle Vernunft hinausgehende Dimension auf, die sich im „Zungenreden“ zeigt, auch wenn er innerhalb des Gottesdienstes der anderen verständlichen Rede den Vorrang gibt. Aber: das andere, das Ergriffen-Sein von der Gegenwart
Gottes, das, was unseren Glauben auch ausmacht, was wir eben nicht erklären können und was ganz speziell nur mit uns zu tun hat: das gibt es eben auch. Das kann so stark sein, dass man das anderen eben nicht verständlich mitteilen, vielleicht nur andeuten kann. Die Geburt eines Kindes ist bei vielen ein solcher Moment, das kann ich gut nachvollziehen. Ergriffenheit kann da sein beim Beten und Meditieren in der Stille, in geistlichen Übungszeiten… Musik kann ergreifen, das erleben viele von uns ja auch; es kann Momente in der Natur geben, in denen einem so etwas widerfährt. All das gehört im weitesten Sinn zum Geheimnis der Gotteserfahrungen, die sehr persönlich und sehr individuell sind. Für das gottesdienstliche Miteinander ist Paulus vor allem die Verbindung untereinander wichtig. Das Teilen der Erfahrungen mit Worten der Bibel mit anderen. Erfahrungen, die über das Individuelle hinausgehen, die mitten ins Leben sprechen, in das eigene, in das der anderen, in das Leben der Welt. In einer Sprache, die alle verstehen, die da sind unabhängig von der Bildung, vom Alter, vom Geschlecht. Das ist heute genauso aktuell wie damals in Korinth. Amen. Lied:EG 265, 1-3 Nun singe Lob du Christenheit Vorspiel: Michael Grill (*1955) Text: Georg Thurmair (1964) 1967 Melodie: Johann Crüger 1653 nach Pierre Davantès 1562 1. Nun singe Lob, du Christenheit,dem Vater, Sohn und Geist, der allerorts und allezeit sich gütig uns erweist, 2. der Frieden uns und Freude gibt, den Geist der Heiligkeit, der uns als seine Kirche liebt, ihr Einigkeit verleiht. 3. Er lasse uns Geschwister sein, der Eintracht uns erfreun, als seiner Liebe Widerschein die Christenheit erneun.
Fürbitten Gott, hab Dank für alles Gute, das uns auch in der Kirche, in der Gemeinde widerfahren ist: Danke für Stille und Gemeinschaft, für klare Worte und Orientierung, für Ermutigung und Vergebung. Wecke immer wieder neue Erwartungen in uns, dass wir uns einlassen auf Dein Wort, auf die Gemeinschaft, auf Schritte zueinander, auch auf das manchmal mühsame Miteinander. Gott, hab Dank für alles Gute, das uns zum Leben gegeben ist: Danke für diesen Tag der Ruhe und Besinnung, für Arbeit und Wohnung, für Zeiten des Alleinseins und Zeiten der Gemeinschaft. Dir bringen wir auch unsere Sorge um gesunde Lebensbedingungen, um die Zukunft unserer Kinder, um den Frieden der Erde, um gerechte Lebenschancen für alle Menschen. Wecke Phantasie und Verantwortungsbewusstsein unter uns, dass wir zu leben lernen als die Deinen und im Nehmen und Geben einander verbunden bleiben. Gott, hab Dank für alles, was uns gut tut: das Lächeln eines andern, ein gutes Wort, Zeichen der Freundschaft und Liebe. Dir bringen wir auch die Angst der Überforderten, die Tränen der Enttäuschten, die Schmerzen der Kranken, das Stöhnen der Unterdrückten, den Hunger der Armen, das Schweigen der Verzweifelten. Gott erbarme dich. Vaterunser Musik zum Ausgang: Georg Andreas Sorge: Sonata II Fuga
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