Grundwasserschutzzonen - Schutzkonzepte und aktuelle Überprüfungen im Kt. TG Beat Rick Dr.sc.nat., Geologe - Kanton Thurgau
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Grundwasserschutzzonen Schutzkonzepte und aktuelle Überprüfungen im Kt. TG Beat Rick Dr.sc.nat., Geologe Dr. von Moos AG Beratende Geologen und Ingenieure 8037 Zürich
Bohrung B2/13 Juranagelfluh Inhalt Konzept der Grundwasserschutzzonen Schweizweite Situation der Umsetzung Konzept der aktuellen Überprüfungen im Kt. TG Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 2
Grundlagen (1) Koordinierte Trinkwasserversorgungsplanung von regionaler und über- regionaler Bedeutung im Kanton Thurgau, Zusammenfassung des Technischen Berichtes, März 2019 (2) Schutz der Grundwasserfassungen in der Schweiz - Stand des Vollzugs, BAFU November 2018 (3) Grundwasserschutzzonen bei Lockergesteinen, BAFU 2012 (4) Wegleitung Grundwasserschutz, BUWAL (heute BAFU), 2004 (5) Gewässerschutzverordnung (GSchV), SR 814.201, Stand 1. Januar 2021 (6) Gewässerschutzgesetz (GSchG), SR 814.20, Stand 1. Januar 2021 (7) Kantonale Richtlinien und Vorgaben zur Ausscheidung von Grundwasser- schutzzonen (8) Grundwasser-Schutzzonenkonflikte im Kanton Thurgau – Vorgehenskonzept; unpubl. Bericht Dr. von Moos AG, 2020 Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 3
Bohrung B2/13 Konzept der Juranagelfluh Grundwasserschutzzonen (1) Das Konzept der Grundwasserschutzzonen ist seit den 70-er Jahren bekannt und bewährt. Es ist eingebettet in einen flächendeckenden Grundwasserschutz (allg. Gewässerschutz- vorgaben) und einen nutzungsorientierten Grundwasserschutz (u.a. Ausscheidung GschB Au, Zu, Grundwasserschutzzonen S1/S2/S3) (2) Grundwasserschutzzonen sichern den qualitativen und quantitativen Schutz im Nahfeld einer Fassung. Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 4
Ziele der Grundwasserschutzzonen Das Trinkwasser der Schweiz stammt zum überwiegenden Teil aus Grundwasservorkommen. Um das genutzte sowie auch das zur zukünftigen Nutzung vorgesehene Grundwasser zu schützen, sieht die Gewässerschutzgesetzgebung ([3], [4], [5], [6]) den planerischen Schutz der Gewässer vor. Grundwasserschutzzonen sollen das Grundwasser vorsorg- lich vor Gefährdungen schützen (z.B. Veränderung der Fliess- wege im Untergrund, Betrieb von Bauten und Anlagen inkl. konkurrierender Grundwassernutzungen sowie Tätigkeiten in der Land- und Forstwirtschaft mit besonderer Gefährdung). Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 5
Grundwasserschutzzonen mit Mindestabmessung (Grundwasserfassung im Lockergestein) S1: min. 10 m ab Fassung verhindert, dass Verunreinigungen direkt in die Fassung gelangen. Fassungsanlage durch Eingriffe beschädigt wird. S2: Fliessdauer min. 10 Tage und Abstand min. 100 m verhindert, dass Keime/Viren sowie abbaubare Stoffe in die Fassung gelangen. das Grundwasser durch Grabungen etc. verunreinigt wird. der Grundwasserzufluss durch Figur aus BAFU, 2004 unterirdische Anlagen behindert wird. Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 6
Die Bedeutung der Geologie Natur ist sehr heterogen! Grundwasserzirkulation ist eine Funktion der Geologie Karstaquifer Numerische Modellierungen können hilfreich sein, die Resultate müssen aber mit lokalen Informationen aus Bohrungen / Markierversuchen / Laborresultaten Kluftaquifer etc. überprüft werden Für die Grundwassernutzung im Kt. TG besonders wichtig sind die eiszeitlichen Flussablagerungen, d.h. die Schottervorkommen in Lockergesteinsaquifer Tälern und auf Hochflächen Figuren aus BAFU, 2004 Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 7
Bohrung B2/13 Juranagelfluh CH-weite Situation der Umsetzung 2018 klärte das BAFU schweizweit die Situation der Schutzzonen-Ausscheidung und Konflikte Bis 2024 hat der KantonThurgau sicherzustellen, dass mindestens 90 % der Trinkwassermenge aus Quell- oder Grundwasserfassungen durch rechtskonforme Schutzzonen gesichert sind. (Richtlinien des Regierungsrates 2020–2024, RRL) Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 8
Stand der Schutzzonen-Ausscheidung (CH) Gemäss einer schweizweiten Umfrage ([2]) wurden 2018 "12% der Bevölkerung durch Trinkwasserfassungen versorgt, deren Schutzzonen unzulänglich sind. Etwa 7 % der Bevölkerung beziehen ihr Trinkwasser aus Fassungen mit nicht bundesrechts- konform dimensionierten Schutzzonen und 4% aus Fassungen mit lediglich provisorisch festgelegten Schutzzonen. Etwas mehr als 1% der Bevölkerung wird mit Trinkwasser aus Grundwasser- fassungen ohne Schutzzonen versorgt. Als Hauptgrund für die nicht korrekt ausgeschiedenen Schutz- zonen nennen die kantonalen Fachstellen Nutzungskonflikte mit Siedlungen/Verkehrswegen und landwirtschaftlicher Nutzung." Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 9
Gefährdung durch Nutzungskonflikte BAFU, 2018 Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 10
Situation im Kanton Thurgau Im Kt. TG wird das Trinkwasser zu rund 60 % aus Quell- oder Grund- wasserfassungen gewonnen. Als langfristige Strategie für den Bereich Wasserversorgung des Kantons Thurgau wurde in [1] definiert: "Die Trinkwasser-ressourcen werden in qualitativer und quantitativer Hinsicht vor schädlichen Einflüssen geschützt". Der vorsorgliche Schutz der Ressource Trinkwasser ist dringlich, denn es ist von einer Verknappung auszugehen (Stichwort: reduzierte Regeneration in Trockenzeiten). [1]: "Die Ausscheidung von Schutzzonen um Trinkwasser-fassungen ist konsequent umzusetzen und abzuschliessen. Um alle bestehenden Grund- und Quellwasserfassungen sind die gesetzlich vorgeschrie- benen Schutzzonen auszuscheiden. Die Schutzzonen sind aktuell zu halten und die Nutzungsbeschränkungen müssen konsequent durchgesetzt werden." Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 11
Bohrung B2/13 Konzept Kt. TG Juranagelfluh „Überprüfung Schutzzonen-Konflikte“ (1) 2020 wurde ein Vorgehenskonzept verabschiedet (2) Erste Resultate der GIS-basierten Überprüfung der Konflikte liegen vor, die Qualitätsdaten (Rohwasser) sind leider lückenhaft (3) Weitere Schritte: Vor-Ort-Überprüfung, Definition von Risiko- reduzierenden Massnahmen Ziel: - Planerischen Schutz für die Zukunft verbessern - Unterstützung der Verantwortlichen bei der QS Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 12
Risiko-basierte Konfliktanalyse Wichtigste Beurteilungskriterien zur Identifikation von Grund- wasser-Schutzzonendefiziten (Risiko-basierte Konfliktanalyse): Überprüfung der Vorgaben des BAFU / Kt. TG betreffend Mindestgrösse der Schutzzonen und Ausschlusskriterien Erstbewertung der Rohwasserqualität nach einem Ampel- system Priorisierung nach Bedeutung der Fassung (primärer Fokus auf grosse Versorgungsgruppen, sekundär auf Versorgungs- sicherheit kleiner Einheiten) Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 13
Schutzzonen-Konflikte Die Mindestgrösse von Grundwasserschutzzonen (gemäss [3], [4]) ist im Normalfall zu respektieren, bzw. Ausnahmen sind im Einzelfall zu begründen. Zu kleine Schutzzonen ohne Begründung werden als «Handlungsbedarf» hinsichtlich Schutzzonenrevision erfasst. Als erstrangige Konflikte eingestuft werden: Bauzonen, die sich mit Teilschutzzonen S1 oder S2 überlagern Bahnanlagen sowie National- und Kantonsstrassen durch S1 oder S2 Gewerbe- und Industriezonen im S1, S2 oder S3 Weitere Konflikte: Gewässer im S2, KbS-Standort etc. Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 14
Erste Resultate Für die rund 230 Fassungsanlagen im Kanton wurden die Grundwasserschutzzonen lediglich bei 53 % rechtsgültig ausgeschieden. Teilweise erfüllen die Schutzzonen die heutigen rechtlichen Anforderungen nicht mehr (15% sind älter als 20 Jahre). Bei mehr als 10% der Schutzzonen wurden erstrangige Konflikte gemäss Einstufung BAFU identifiziert. Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 15
Gefährdungen und Konflikte Zu jeder aktuellen Ausscheidung einer Grundwasserschutzzone gehört ein Gefahrenkataster, Konflikte mit dem gültigen Schutzzonenreglement sind innert eines zu definierenden Zeitfensters zu lösen Als erstrangige Konflikte wurden bisher identifiziert: 7% der Schutzzonen haben Konflikte mit Bauzonen in S1 / S2 10% der Schutzzonen haben Konflikte mit Bahnanlagen sowie National- und Kantonsstrassen durch S1 oder S2 Bei 10% der Schutzzonen verläuft ein Gewässer im S2 Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 16
Bohrung B2/13 Juranagelfluh Fazit: „Wir müssen unsere Handlungsweise laufend den neuen Erkenntnissen anpassen“ „Dichter und Philosophen aller Zeiten wussten sich des Rätsels vom Ursprung der Quellen zu bemächtigen; jeder grübelte, die Begabtesten lieferten Theorien, und immer zeigte ein späteres Jahrhundert, dass die Ansichten des Vorhergegangenen irrig gewesen.“ Arzt Alois F.P.Nowak, 1844 Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 17
Neue Herausforderungen Die hochwertige Sicherung der Trinkwasserversorgung bleibt für uns alle eine grosse Herausforderung. Wasserknappheit wird aufgrund saisonaler Trockenperioden infolge des Klimawandels vermehrt auftreten. Nicht zu unterschätzen sind aber auch Qualitätsaspekte: Grundwasserressourcen sind qualitativ geprägt von den Niederschlägen, den Versickerungen (z.B. aus den Infiltrationen aus Oberflächengewässern) Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 18
Gemeinsam zum Ziel: bis 2024 sind im Kt. TG mindestens 90 % der Trinkwassermenge aus Quell- oder Grundwasserfassungen durch rechtskonforme Schutzzonen gesichert Nutzungskonflikte frühzeitig anzugehen, zahlt sich langfristig aus. Damit soll auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Trinkwasserversorgung gestärkt werden. Ein erster wichtiger Schritt wurde mit der Bestandsaufnahme aller Fassungen und der Dokumentation aller Nutzungs- konflikte gemacht. In einem nächsten Schritt werden risiko- reduzierende Massnahmen definiert und die öffentliche Aus- scheidung der Schutzzonen vorangetrieben. Dabei steht der Kanton den Gemeinden und Fassungseigentümern zur Seite. Danke für die Aufmerksamkeit ! Dr. Beat Rick Wasserwerkleitertagung Kt. TG. 03. Juni 2021 19
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