Guide 2016 für Vermögensverwalter - REGULIERUNG STRATEGIE NACHHALTIGE FINANZEN - Voxia Communication
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... and climbing. Ein Global Player in Asset Servicing... Offerieren von führenden Investor Service Dienstleistungen erfordert eine ständige Weiterentwicklung. CACEIS Strategie des nachhaltigen Wachstums ist Kunden zu helfen, ihre Herausforderungen im Wettbewerb auf globaler Ebene zu erfüllen. Finden Sie heraus wie Sie mit unseren kundenorientierten Dienstleistungen einen Sprung voraus bleiben. CACEIS, Ihr Partner für die Fondsverwaltung und Depotbank in www.munier-bbn.com der Schweiz. Unsere Büros in der Schweiz: CACEIS in Switzerland Nyon +41 58 261 9400 Zürich +41 58 261 9471 www.caceis.com
EDITO Die Kraft der inneren Werte VÉRONIQUE BÜHLMANN D er Aphorismus des Mathematikers, Physikers und Philosoph Blaise Pascal (1623-1662) könnte die Finanzmarktsituation rund um die UVV nicht besser beschreiben: „Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt.“ Freiheitsliebe? Leidenschaft? Beharrlichkeit? Egal welche irrati- onalen Emotionen es sind, es müssen innere Werte sein, die das paradoxe Überleben von 3 000 UVV in der Schweiz sichern. Die schleichende Regulierung, der Druck seitens der Partner und steigende Kosten schweben wie Damoklesschwerter über den Köpfen der UVV. Trotzdem arbeiten sie unverändert in wirtschaftlich suboptimalen Strukturen und negieren den Zwang, den die Theoretiker seit rund 20 Jahren zu kennen glauben, indem sie behaupten, das Heil der UVV liege in der Konsolidierung. Einige Referenten, die wir im Rahmen dieser Ausgabe für unser Dossier „Fach- sparte“ befragt haben, postulieren Ansätze, die man mit dem Begriff „Catch“ auf den Punkt bringen kann. Unter diesem Namen firmiert ein Programm, das die UVV zur wirtschaftlichen Raison bringen soll, indem sie sich mit Kollegen zusam- mentun. Der Initiator des Programms, Ray Soudah, proklamiert die Notwendigkeit eines Mentalitätswandels. Ihm zufolge sei es notwendig, von einem Paradigma der Akquisition auf eine neue Realität überzugehen, nämlich zu strategischen Partner- schaften und Zusammenarbeit. Der Verstand des UVV wird Soudah beipflichten. Aber wohl kaum sein Herz. Neben diesen strukturellen Überlegungen stellen sich Fragen zum Kerngeschäft der UVV: das Asset Management. Dekorrelierende Anlagen sind wahre Raritäten, das niedrige Zinsumfeld bleibt in Stein gemeisselt. Lassen sich überhaupt noch performende Portfolios aufbauen? Ist die Zeit gekommen, den Portfolioaufbau fundamental zu überdenken? Experten für Assetallokation, Rohstoffe, Crowd- funding von Immobilien, nachhaltige Investments oder alternative Investments in Sachwerte wie Wein und Wald zeigen neue Wege auf. Es gilt dem Referenten beizupflichten, der uns mit den Worten begrüsst: „Will- kommen im Wandel“. Dem Auf- und Umbruch des Wandels im Finanzmanage- ment und seiner schwindelerregenden Hektik zum Trotz: Einiges bleibt konstant. Die Hartnäckigkeit, die Kreativität und die Liebe zum Detail derjenigen, die an der Redaktion dieser Ausgabe gearbeitet haben, zeigen deutlich: Es sind die inneren Werte, die einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringen. Chefredaktorin: Véronique Bühlmann Editor: Rohan Sant Assistenz Editor: Alvina Olivier Redaktionsausschuss: Alexandre Bonnard, Laurent Ashenden Gestaltung: Alvaro Bueno Mitwirkende dieser Ausgabe: Christian Balmat, André Barahona, Paolo Bernasconi, Sylvain Berthelet, Alessandro Bizzozero, Jean-Luc Bochatay, Isabelle Cabie, Damien Conus, Max Cotting, Alexis Delmege, Franz de Planta, Philippe Desurmont, Angela de Wolff, Patrick Dorner, Pierre-Noël Formigé, Jean-Luc Epars, Jean Michel Genin, Jocelyn Girard, Dominique Goy, German Grunauer, Pranay Gupta, Stephanie Hodara El Bez, Reto Hossli, Jean Christophe Hugon, Alexandre Jeanblanc, Maria Kaneva-Jacobs, Philippe Kenel, Cédric Kohler, Ann-Mirjam Levy Duvernay, Philippe Masset, Pierre Maudet, Yvan Mermod, Marcel Meyer, Hugues Mottard, Elie Nada, Jean-Guillaume Péladan, David Plana, Julien Pfyffer, Nathalie Praz, Daniel Salama, Ilario Scasascia, Fabio Sofia, Edith Southammakosane, Simona Terranova, Salvatore Tosiani, Anne-Sophie Tourrette, Jean-Marc Vallet, Nicolas Walther, Jean-Philippe Weisskopf, Daniel Wild. Übersetzung: www.fastnet-translation.com Überarbeitung und Lektorat: Rolf Ziebold Kaufmännische Leitung: Elodie Reimann Druck und Herstellung: Stämpfli SA, Berne Herausgeber: Voxia communication SA, rue de Contamines 18, 1206 Genève - +41 22 591 22 66 investnews@voxia.ch Investnews, mai 2016
I N H A LT VERMÖGENSVERWALTUNG: VERMÖGENSVERWALTUNG: DIE RAHMENBEDINGUNGEN DAS HANDWERK 8 30 VERMÖGENSVERWALTER: DER UNABHÄNGIGE ZWISCHEN HAMMER UND AMBOSS VERMÖGENSVERWALTER: Prof. Paolo Bernasconi, Dr. h.c. EIN BERUF IM RÜCKWÄRTSGANG? Patrick Dorner, Verband Schweizerischer Vermögensverwalter, VSV 11 FOLGEN UND HERAUSFORDERUNGEN DES AUTOMATISCHEN 32 INFORMATIONSAUSTAUSCHS SIND WIR ALLE DAMOKLES? Jean-Luc Epars, KPMG Patrick Dorner, Verband Schweizerischer Vermögensverwalter, VSV 14 34 WICHTIGE TERMINE FÜR UNABHÄNGIGE VERMÖGENSVERWALTER UVV AUF HISTORISCHEM Jean-Luc Epars, KPMG WEG IN DIE ZUKUNFT Jean-Marc Vallet, Banque SYZ 16 35 FINANZDIENSTLEISTUNGSGESETZ: MIT WELCHEN NEUERUNGEN DER WEG ZUR UNABHÄNGIGE VERMÖGENSVERWALTER IDEALEN PLATTFORM Aquila, Mantor, Assetbox RECHNEN MÜSSEN Ann Mirjam Lévy Duvernay und Yvan Mermod, KPMG 41 18 DIE DIGITALE BANK – HERAUSFORDERUNG UND UNABHÄNGIGE VERMÖGENSVERWALTER: GRENZÜBERSCHREITENDE TÄTIGKEITEN VOR ALLEM CHANCE FÜR UVV Jean-Marc Vallet, Banque SYZ Dr. Alessandro Bizzozero, BRP Bizzozero & Partners SA 21 DARF EINE BANK BARABHEBUNGEN DIENSTLEISTUNGEN ODER ÜBERWEISUNGEN UNVERSTEUERTER GUTHABEN ABLEHNEN? Stéphanie Hodara El Bez, Altenburger 44 CIC 24 DIE NEUEN REGELN ZUR BESTEUERUNG 46 NACH DEM AUFWAND CREDIT SUISSE Philippe Kenel, Python & Peter 26 UNTERNEHMENSSTEUERREFORM: EINE WIRKLICH GUTE NACHRICHT! Jean-Luc Bochatay, FBT Avocats SA 28 FRANKREICH-SCHWEIZ: WIRD IM PRIVATE BANKING DASSELBE GEBOTEN? Nicolas Walther, Auris Gestion Privée 4
V E R M Ö G E N S V E R W A LT U N G : D I E R A H M E N B E D I N G U N G E N W I R V E R W A LT E N I H R V E R M ÖGEN, DAMIT SIE ZEIT HABEN, DIESES ZU GENIESSEN D I E E X P E R T E N V O N S O C I E T E G E N E R A L E P R I VAT E B A N K I N G S T E H E N F Ü R I H R E P R O J E K T E Z U R VERFÜGUNG UND BIETEN IHNEN DIE BESTEN VERMÖGENS- UND ANLAGELÖSUNGEN. SO KÖNNEN SIE IN ALLER GELASSENHEIT DIE SCHÖNEN MOMENTE DES LEBENS GENIESSEN. privatebanking.societegenerale.ch Societe Generale Private Banking ist der Handelsname für die Private-Banking-Einheiten von Societe Generale und ihren Tochtergesellschaften im Ausland. Societe Generale wird von der Autorité Française de Contrôle Prudentiel und der Autorité des Marchés Financiers als den zuständigen französischen Aufsichtsbehörden reguliert und ist von diesen zugelassen und ist von der Europäischen Zentralbank (EZB) überwacht. Nicht alle von Societe Generale angebotenen Produkte und Leistungen sind in allen Ländern verfügbar. Nähere Informationen hierzu erhalten Sie bei Ihrer örtlichen Niederlassung. 2016 Societe Generale Gruppe und ihre Tochtergesellschaften. © Hugo Stenson. FF GROUP 5
I N H A LT PARABANKEN NACHHALTIGE UND REALE VERMÖGENSWERTE FINANZEN 48 71 BANKEN GEGEN FINTECH: „DER NACHHALTIGE NICHTS WIRD SEIN WIE FRÜHER FINANZSEKTOR MUSS INNOVATIVE Elie Nada, Conseil Elie Nada & Cie INSTRUMENTE FINDEN“ Pierre Maudet, Regierungsrat des Kantons Genf 51 ROHSTOFFE – 74 EIN ERSTKLASSIGES INVESTMENT VOM „NICE-TO-HAVE“ FÜR PORTFOLIOS? ZUM ABSOLUTEN „MUST“ Philippe Desurmont et Sylvain Berthelet, SMA Gestion Angela De Wolff, Conser Invest 54 76 SPANIEN: ABENTEUER UMWELTAUSWIRKUNGEN ODER VERNÜNFTIGE DES PORTFOLIOS OPTIMIEREN IMMOBILIENANLAGE? Daniel Wild, RobecoSAM David Plana, PGA Catalunya Resort 78 56 NEUES ESG-RATING: HOCHWERTIGE WEINE EIN ERSTER SCHRITT ODER LEIDENSCHAFT Isabelle Cabie, Candriam ALS ANLAGE Dr. Philippe Masset und Dr. Jean-Philippe Weisskopf, École hôtelière de Lausanne 80 IMPACT BONDS – ZUKUNFTSFÄHIGE 59 ANLAGELÖSUNGEN WEIN: Fabio Sofia und Maria Kaneva-Jacobs, HERKUNFT IST TRUMPF Symbiotics Jocelyn Girard, GLC Capital SA 82 SYCOMORE ALTERNATIVE STRATEGIEN 84 BNP 60 KEINE FLOCKEN IM WINTER: SOLLTEN WIR DIE HEDGEFONDS FALLEN LASSEN? 86 Cédric Kohler, Fundana OCTOPUS 62 88 FUNDS OF HEDGE FUNDS: DIE MACHT DEN FOREST FINANCE INVESTOREN Ilario Scasascia, Vontobel Asset Management 64 89 ASSETALLOKATION: EINE ALTERNATIVE ZUM DIRECTORY 2016 YALE-MODELL Edith Southammakosane, ETF Securities 66 ASSETALLOKATION: DIE METAMORPHOSE Pranay Gupta, Fullerton 6
V E R M Ö G E N S V E R W A LT U N G : D I E R A H M E N B E D I N G U N G E N W I R V E R W A LT E N I H R V E R M ÖGEN, DAMIT SIE ZEIT HABEN, DIESES ZU GENIESSEN D I E E X P E R T E N V O N S O C I E T E G E N E R A L E P R I VAT E B A N K I N G S T E H E N F Ü R I H R E P R O J E K T E Z U R VERFÜGUNG UND BIETEN IHNEN DIE BESTEN VERMÖGENS- UND ANLAGELÖSUNGEN. SO KÖNNEN SIE IN ALLER GELASSENHEIT DIE SCHÖNEN MOMENTE DES LEBENS GENIESSEN. privatebanking.societegenerale.ch Societe Generale Private Banking ist der Handelsname für die Private-Banking-Einheiten von Societe Generale und ihren Tochtergesellschaften im Ausland. Societe Generale wird von der Autorité Française de Contrôle Prudentiel und der Autorité des Marchés Financiers als den zuständigen französischen Aufsichtsbehörden reguliert und ist von diesen zugelassen und ist von der Europäischen Zentralbank (EZB) überwacht. Nicht alle von Societe Generale angebotenen Produkte und Leistungen sind in allen Ländern verfügbar. Nähere Informationen hierzu erhalten Sie bei Ihrer örtlichen Niederlassung. 2016 Societe Generale Gruppe und ihre Tochtergesellschaften. © Aurélien Chauvaud. FF GROUP 7
Vermögensverwalter: zwischen Hammer und Amboss PROF. PAOLO BERNASCONI, DR. H.C. „In der Schweiz tätige Finanzintermediäre sind nicht für die rechtliche und steuerliche Konformität ihrer Kundendepots verantwortlich.“ Diese berufliche D Verhaltensregel, die jahrzehntelang Tausenden Finanzintermediären in der er erste Hammerschlag erfolgte am 1. August Schweiz fette Gewinne einbrachte, ist 1990, als Geldwäscherei von Erträgen aus krimi- inzwischen veraltet. In der heutigen Zeit nellen Handlungen strafbar wurde, selbst dann, wenn sie auf ausländischem Staatsgebiet erfolgte. Darüber hinaus arbeiten die Finanzintermediäre zwischen erhielt Artikel 305bis des Schweizerischen Strafgesetzbuchs, dem Hammer ausländischer Straf- und der einen historischen Wendepunkt darstellte, einen „kleinen Steuerbehörden einerseits und dem Amboss Bruder“: die Strafbarkeit mangelnder Sorgfalt bei der Iden- der Schweizer Aufsichts-, Straf- und tifizierung des wirtschaftlich Berechtigten, auch wenn sich dieser hinter den Tausenden von Off-Shore-Gesellschaften Steuerbehörden andererseits. versteckte, die jahrzehntelang als Inhaber Schweizer Bank- konten genutzt wurden. Der zweite Hammerschlag war das Inkrafttreten der Straf- barkeit der Geldwäscherei von Erträgen aus schweren Steu- erdelikten am 1. Januar 2016, und zwar nicht nur, wenn diese zu Lasten des Schweizer Fiskus, sondern auch zum Nachteil des Fiskus jedes beliebigen Landes erfolgte. Wie konnte diese Bresche geschlagen werden? 8
V E R M Ö G E N S V E R W A LT U N G : D I E R A H M E N B E D I N G U N G E N EIN 40 JAHRE LANGER WEG Am Anfang stand Artikel 8 (heute Artikel 53) der Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken (VSB), die von der Schwei- zerischen Bankiervereinigung erarbeitet wurde. Dieser Artikel sah bereits Folgendes vor: „Die Banken leisten Täuschungs- manövern ihrer Vertragspartner gegenüber Behörden des In- und Auslandes, insbesondere gegenüber Steuerbe- hörden, weder durch unvollständige noch auf andere Weise irreführende Bescheinigungen Vorschub“. Eine Verpflich- tung, die ausländischen Behörden und „insbesondere […] (die) Steuerbehörden“ zu respektieren, wurde also bereits vor 40 Jahren geschaffen. Der Weg war also sehr lang, zwischen dem 1. Juli 1977, als die VSB in Kraft trat, und dem 1. Januar 2016, dem Inkrafttreten der neuen „fiska- lischen“ Version von Artikel 305bis des Strafgesetzbu- ches. Hunderttausende Steuerzahler in der Schweiz und im Ausland profitierten in grossem Umfang von dieser langwie- rigen Entwicklung. Für die Umsetzung von FATCA in den USA gilt dasselbe. Dabei entwickelten nur wenige Hundert professionelle DATENÜBERMITTLUNG MIT GEFÄHRLICHEN FOLGEN Finanzintermediäre genug Energie, um den Banken durch Heute jedoch verfügen die Steuerbehörden vieler Länder Schweizer Zivilgerichte zu verbieten, den ausländischen über eine immense Fülle an Informationen. Nicht nur über Behörden ihre Namen preiszugeben. Sie beriefen sich ihre Steuerzahler, sondern auch über die Finanzintermediäre, dabei auf den zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutz sowie die diesen jahrzehntelang zur Seite standen. Zehntausende das Bundesgesetz über den Datenschutz. In der Zwischen- von Berichten, die bei den ausländischen Steuerbehörden zeit wurden aber den Steuerbehörden der USA und anderer durch reuige Steuerzahler im Rahmen der „freiwilligen Offen- Länder bereits Zehntausende Namen mitgeteilt. Oft sogar legung“ eingereicht wurden, beschreiben ebenfalls minutiös ohne die betroffenen Berufsleute, deren Namen offengelegt die professionellen Leistungen, von denen sie profitierten, wurden, darüber zu informieren. einschliesslich jener von in der Schweiz tätigen Finanzinter- Diese Datenübermittlung durch die Banken wurde selbst mediären (den Steuerbehörden in Italien wurden beispiels- vom Bundesrat genehmigt, und dies weil er als zustän- weise mehr als 130 000 Berichte vorgelegt, von denen sich dige Behörde ein Strafverfahren in der Schweiz nach Artikel ca. 70 % auf Depots und andere Vermögenswerte in der 271 des Strafgesetzbuches, der verbotene Handlungen Schweiz bezogen). zugunsten eines fremden Staates bestraft, verhindern kann. Das Schweizer Gesetz erlaubt es jedoch nicht einmal dem Bundesrat, eine direkte Datenübermittlung zu bewilligen, [ Das Schweizer Gesetz erlaubt es allerdings wenn damit Artikel 273 des Strafgesetzbuches verletzt wird, der die Übermittlung von Auskünften wirtschaftlicher Natur nicht einmal dem Bundesrat, eine direkte Datenübermittlung zu autorisieren, wenn an ausländische Behörden verbietet. damit Artikel 273 des Strafgesetzbuches EINE JAGD IN ALLE RICHTUNGEN Trotz dieser Regel verletzt wird, der die Übermittlung wurden bei der Jagd der ausländischen Steuerbehörden wirtschaftlicher Auskünfte an ausländische auf „Leaver“, d. h. flüchtige Steuersünder, weiterhin auch Behörden verbietet ] die Namen der „Easier“, d. h. der Finanzintermediäre preis- gegeben, die ihnen bei der Steuerflucht behilflich waren. Das wird sich auch künftig nicht ändern. Der automatische 9
NACH WIE VOR VÖLLIGE RECHTSUNSICHERHEIT Die FINMA und vor ihr die Eidgenössische Bankenkommission wiederholten ihre Warnungen unablässig. Ein im Mai 2014 veröffentlichter Bericht 1 besagt: „Die FINMA ging in den letzten Jahren im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit intensiv der Frage nach, wie die Schweizer Banken mit den Risiken der Beihilfe zu Steuerdelikten ausländischer Kunden umgehen. Sie führte in diesem Kontext neben dem Verfahren gegen Credit Suisse zahlreiche weitere Enforcementverfahren.“ Des Weiteren bereits zwei Jahre früher 2: „So ist es vor allem rele- vant, ob und wann ausländische Rechtsordnungen und die mit ihrer Durchsetzung betrauten Organe Handlungen oder Unterlassungen von Finanzinstituten als Beihilfe zu Steu- erdelikten betrachten. Dies ist selbst bei Tätigkeiten rele- vant, die ausschliesslich in der Schweiz erbracht werden.“ Es bleibt der schweizerischen Lehre nichts anderes übrig, als sich anzupassen, wie man es u. a. anlässlich der Schweizerischen Bankrechtstagung am Institut für Bank- recht in Bern im Jahr 2014 feststellen konnte. Die Unsicher- heit über den Umgang mit Rechts- und Reputationsrisiken bleibt bestehen. Das Parlament hat bereits angekündigt, dass die vom Bundesrat vorgesehene Vorschrift mit dem Ziel, mehr Klarheit zu schaffen, zweifellos zu Fall gebracht werden würde (es geht hier um Artikel 6a des schweizeri- schen Bundesgesetzes gegen Geldwäscherei, der den Titel „Prüfung der Steuerkonformität“ trug). Was den Umgang mit diesen Risiken betrifft, so gibt es also weder im Bundesgesetz gegen Geldwäscherei noch Austausch von Finanzinformationen, bei dem die Verfahrens- in der entsprechenden Verordnung der FINMA oder in der garantien zugunsten der Kunden auf ein derartiges Minimum Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht reduziert werden, das es manche sogar für verfassungs- der Banken eine Norm dazu. Daher werden ausländische widrig halten, wird den ausländischen Steuerbehörden eine Kunden sowie deren Berater und Vermögensverwalter Datenmenge zur Verfügung stellen, mit der sie Tausende weiterhin gezwungen sein, die Schweizer Zivilgerichte zu von Steuersündern identifizieren können. bemühen, um Konflikte zwischen dem Aufsichtsrecht einer- seits und dem Zivilrecht andererseits zu vermeiden. Bleibt [ Trotz dieser Regel wurden bei der Jagd der die Frage, ob es dem Fiskus gelingen wird, das Zitat von Blaise Pascal zu widerlegen: „Plaisante justice qu‘une ausländischen Steuerbehörden auf ‚Leaver‘, d. h. flüchtige Steuersünder, weiterhin auch rivière borne! Vérité au-deçà des Pyrénées, erreur au-delà“, wonach die Gültigkeit der Gesetze immer von Ort und Zeit die Namen der ‚Easier‘, d.h. der und der jeweiligen Situation abhängt. Finanzintermediäre preisgegeben, die ihnen bei der Steuerflucht behilflich waren ] 1 - Untersuchung der FINMA des Geschäfts der Credit Suisse mit US-Kunden. Kurzbericht. Basierend auf deren Erklärungen oder aufgrund von an die 2 - FINMA, Häufig gestellte Fragen (FAQ), Rechts- und Reputations- Eidgenössische Steuerverwaltung gerichteten Gruppen- risiken im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsgeschäft, 19. Juni 2012 anfragen, werden diese Daten auch Gehilfenhandlungen von Vermögensberatern und -verwaltern aufdecken, die PAOLO BERNASCONI von den ausländischen Straf- oder Steuerbehörden als Paolo Bernasconi ist Anwalt und Notar, Mitinhaber der strafbar eingestuft werden (was Gruppenanfragen betrifft, Anwaltskanzlei Bernasconi Martinelli Alippi & Partners in Lugano (Schweiz). Emeritierter Titularprofessor für internationales so wird das Bundesverwaltungsgerichts-Urteil vom 21. März Wirtschaftsstrafrecht an der Universität St. Gallen; seit 1990 2016, das die Gruppenanfrage der niederländischen Steu- Professor am Zentrum für Bankstudien in Lugano-Vezia. Im April erbehörde gegen niederländische UBS-Kunden ablehnte, 2013 verlieh ihm die Universität Zürich den Ehrendoktortitel für seinen wissenschaftlichen Beitrag zur Entwicklung des nicht zwingend einen Einfluss auf die Tragweite derjenigen Wirtschaftsstrafrechts. Doppelbesteuerungsabkommen haben, die zwischen der Ehemaliger Staatsanwalt in Lugano von 1969 bis 1985. Schweiz und anderen Ländern abgeschlossenen werden). 10
V E R M Ö G E N S V E R W A LT U N G : D I E R A H M E N B E D I N G U N G E N Folgen und Herausforderungen des automatischen Informationsaustauschs RA JEAN-LUC EPARS, KPMG Der automatische Informationsaustausch in Steuersachen (AIA) ist jetzt Realität! Das Bundesgesetz über den internationalen D ie Schweiz wird den AIA zum 1. Januar 2017 mit den Staaten einführen, die ein diesbezügli- ches Abkommen mit unserem Land unterzeichnet haben. Die Daten über Kunden, natürliche und juristische Personen automatischen Informationsaustausch mit Sitz in den Ländern, die ein entsprechendes Abkommen in Steuersachen (AIA-Gesetz) wurde unterzeichnet haben, werden im Jahr 2017 gesammelt und 2018 mit den besagten Ländern ausgetauscht. am 18. Dezember 2015 vom Parlament verabschiedet. Die Referendumsfrist lief UNTERZEICHNERSTAATEN Zahlreiche Länder haben sich am 9. April 2016 ab. Es wurde aber kein zur Umsetzung des AIA verpflichtet, manche sogar ab 2016 mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr Referendum gegen dieses Gesetz ergriffen. 2017. Andere Länder wie z. B. die Schweiz planen den ersten Datenaustausch für 2018.1 Es wurde bereits mehr- fach betont: Die USA werden sich nicht an diesem Prozess beteiligen. Sie werden die im FATCA vorgesehenen Regeln zum automatischen Informationsaustausch anwenden und während einer Übergangszeit von gewissen Ausnahmen profitieren können.2 11
Gemeinsame Abkommen zur Einführung des AIA hat die und bereits existierender Konten natürlicher und juristi- Schweiz bisher mit der Europäischen Union, Australien, den scher Personen) fest, mit denen die Anschrift des (Wohn-) der britischen Krone unterstellten Gebieten Jersey, Guernsey Sitzes der Kontoinhaber festgestellt und die meldepflich- und Isle of Man sowie mit Island, Norwegen, Japan, Kanada tigen Konten identifiziert werden können. Die Anschrift und Südkorea unterzeichnet. Weitere Länder werden zu des (Wohn-)Sitzes der Kontoinhaber (natürliche und juris- dieser Liste hinzukommen. Bei den von ihm geführten tische Personen) ist das grundlegende Element für den Verhandlungen, stellt der Bundesrat den Zugang zu den Austausch mit den Ländern, die mit der Schweiz ein Märkten der betreffenden Länder und die Möglichkeiten, Abkommen geschlossen haben. Es sei darauf hingewiesen, die diese Länder für die Regularisierung der Vergangenheit dass in Anwendung von Artikel 2 Absatz 2 AIA-Gesetz, der gewähren, in den Vordergrund.3 eine breitere Definition des Begriffs „teilnehmender Staat“ zulässt, der Bundesrat die Möglichkeit hat, die Anwendung ORGANISATION DER GESETZGEBUNG Aus gesetzge- des AIA auf Länder auszuweiten, die sich verpflichtet haben, berischer Sicht erforderte die Einführung des AIA in der den Prozess umzusetzen, aber noch kein Abkommen mit Schweiz die parlamentarische Genehmigung des Überein- der Schweiz unterzeichnet haben. kommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen von OECD und Europarat. Das gleiche gilt für die multila- DIE AUSWIRKUNGEN FÜR UNABHÄNGIGE VERMÖGENS- terale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den VERWALTER Natürlich stehen die Banken in diesem automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten Prozess an vorderster Front, besonders bei der Umsetzung (MCAA), die im Anhang den von der OECD erarbeiteten der angemessenen Verfahren zur sorgfältigen Prüfung. Sie gemeinsamen Meldestandard sind bereits jetzt mit sehr weitrei- enthält, ebenso wie jenen des AIA-Gesetzes. [ Der Bundesrat hat die chenden Organisations-, Kommu- nikations- und EDV-Problemen Möglichkeit, die Anwendung des Für die Einführung des AIA konfrontiert. zwischen der Schweiz und den AIA auf Länder auszuweiten, die Allerdings werden zweifellos Staaten, die ein Abkommen mit sich verpflichtet haben, diesen auch die unabhängigen Vermö- unserem Land unterzeichnen, Prozess umzusetzen, aber noch kein gensverwalter, die privilegierte kommen zwei verschiedene Abkommen mit der Schweiz Beziehungen zu ihren Kunden Modelle in Frage: (i) Abschluss eines internationalen Vertrags zur unterzeichnet haben ] unterhalten, von den Banken in die besagten Verfahren einbe- Einführung des AIA (Bsp.: das für die Europäische Union zogen werden (Fragen, Erklärungen, Unterlagen, besonders vorgeschlagene Modell) oder (ii) Anwendung des Überein- um die Selbstauskunft bestimmter Kunden zu erhalten). Auf kommens, des MCAA und bilaterale Aktivierung des AIA jeden Fall werden sie noch stärker einbezogen, wenn sie als durch Mitteilung an das OECD-Sekretariat. Die Verträge sogenanntes Investmentunternehmen tätig sind. oder Abkommen, die aus dem einen oder anderen Modell Der gemeinsame Meldestandard definiert den Begriff entstehen, müssen vom Parlament genehmigt werden. „Investmentunternehmen“ wie folgt 4: DIE PRINZIPIEN DES AIA Zu den Prinzipien des AIA gehört, • Jeder Rechtsträger, dessen Hauptaktivität die individu- dass die meldenden Schweizer Finanzinstitute bestimmte elle oder kollektive Vermögensverwaltung im Namen persönliche Daten (des Kontoinhabers) und Finanzdaten und auf Rechnung des Kunden ist oder sonstige Arten (des Kontos) über die zu deklarierenden Konten sammeln. der Anlage oder Verwaltung von Finanzvermögen oder Sie sammeln die erforderlichen Daten für jedes Land, das Kapital im Auftrag Dritter ausübt; oder mit der Schweiz ein Abkommen geschlossen hat und teilen diese Daten der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) • Jeder Rechtsträger, dessen Bruttoeinkünfte vorwie- mit, die sie an die zuständigen ausländischen Steuerbe- gend der Anlage oder Wiederanlage von Finanzver- hörden weiterleitet. mögen oder dem Handel damit zuzurechnen sind, wenn Die vorgenannten Begriffe werden im von der OECD erar- der Rechtsträger von einem anderen Rechtsträger beiteten, gemeinsamen Meldestandard (der durch das verwaltet wird, bei dem es sich um ein Einlageninstitut, AIA-Gesetz ergänzt wird) definiert. Dieser legt auch die ein Verwahrinstitut, eine spezifizierte Versicherungsgesell- angemessenen Verfahren zur sorgfältigen Prüfung (neuer schaft oder ein Investmentunternehmen handelt. 12
V E R M Ö G E N S V E R W A LT U N G : D I E R A H M E N B E D I N G U N G E N [ Ein unabhängiger Vermögensverwalter könnte als Investmentunternehmen betrachtet werden. Aus dieser Situation dürften sich allerdings nur sehr beschränkte Folgen ergeben ] Diese Definition könnte für unabhängige Vermögensver- Daher ist es wichtig, dass die unabhängigen Vermögens- walter folgende Konsequenzen haben: Zunächst könnte verwalter diese Fragen antizipieren und die Situationen der ein unabhängiger Vermögensverwalter selbst als Invest- entsprechenden Gesellschaften und Strukturen, für deren mentunternehmen betrachtet werden 5. Es ist jedoch allge- diskretionäre Verwaltung sie zuständig sind oder für die sie mein anerkannt, dass nur das Investmentunternehmen, andere Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, umgehend klar- das die betroffenen Finanzkonten führt, der Meldepflicht stellen können. nachkommen und angemessene Verfahren zur sorgfäl- tigen Prüfung anwenden muss, so dass sich hier nur sehr beschränkte Folgen ergeben dürften (die Situation sollte in den Richtlinien klargestellt werden, welche die ESTV derzeit Referenzen 1 - Zur Situation am 2. März 2016: siehe www.oecd.org/tax/trans- erarbeitet). parency/AEOI-commitments.pdf Die (indirekten) Auswirkungen, die sich aus dem zweiten Teil 2 - Ve r n e h m l a s s u n g e n d e s B u n d e s r a t e s z u m A I A v o m 1 4 . der oben stehenden Definition für die unabhängigen Vermö- Januar 2015 (https://www.news.admin.ch/message/index. html?lang=de&msg-id=55889) gensverwalter ergeben, könnten signifikanter sein. Eine 3 - Botschaft des Bundesrats zur Genehmigung der MCAA vom 5. Domizilgesellschaft, deren Aktivität sich auf das Verwalten Juni 2015, Abs. 1.1, S. 5 4 - Gemeinsamer Meldestandard, Abschnitt VIII, Unterabschnitt A., des Guthabens ihres bzw. ihrer wirtschaftlichen Berechtigten Nr. 6; Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard, Anhang beschränkt und die von einem unabhängigen Vermögens- Abschnitt VIII, Abs. 15 ff., S. 170 ff. verwalter im Rahmen eines diskretionären Verwaltungsman- 5 - Die Bedingung der individuellen Portfolioverwaltung im Rahmen eines diskretionären Mandats ist erfüllt. Es handelt sich um eine dats verwaltet wird 6, könnte als Investmentunternehmen Hauptaktivität, wenn die durch die Portfolioverwaltung gene- betrachtet werden. Das ist dann verpflichtet, die natürli- rierten Bruttoeinnahmen des Rechtsträgers während des kür- zesten der beiden folgenden Zeiträume mindestens 50 % seiner che(n) Person(en) zu melden, die Kontrollinhaber ist/sind Bruttoeinnahmen betragen: gesamte Zeit des Bestehens des (meldendes Finanzinstitut) 7. Andere Aktivitäten, die insbe- Rechtsträgers, wenn diese kürzer als drei Jahre ist, oder Zeit- sondere im Zusammenhang mit dem Verwalten derartiger raum von drei Jahren, der zum 31. Dezember des Jahres vor dem Jahr endet, in dem die Berechnung vorgenommen wird Strukturen (auch Stiftungen oder Trusts) als Hauptaktivitäten (siehe Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard, Anhang gelten, könnten vergleichbare Folgen haben. Abschnitt VIII, Abs. 17 und 18, S. 171) 6 - Ein Rechtsträger wird von einem anderen Rechtsträger „verwal- [ Unabhängige Vermögensverwalter sind tet“, wenn der verwaltende Rechtsträger entweder direkt oder über einen Dienstleister eine Verwaltungsaktivität für den ver- walteten Rechtsträger ausübt. Ein Rechtsträger verwaltet einen nicht meldepflichtig. Auf jeden Fall werden sie anderen Rechtsträger nicht, wenn er nicht über die diskretionäre aber die ersten Ansprechpartner sein, um die Befugnis zur Verwaltung von dessen gesamtem Vermögen oder Fragen ihrer Kunden zu beantworten ] eines Teils davon verfügt; siehe Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard, Anhang Abschnitt VIII, Abs. 17, S. 171) + Fuss- note 5 oben in Bezug auf die Hauptaktivität 7 - Siehe Gemeinsamer Meldestandard, Abschnitt VIII, Unter- Unabhängige Vermögensverwalter sind nicht meldepflichtig. abschnitt A Nr. 1, 3 und 6 + Unterabschnitt B (a contrario); Abschnitt VIII, Unterabschnitt C Nr. 1a; Implementation Hand- Dasselbe gilt für Banken, es sei denn, zwischen der Schweiz book, Abs. 214 und dem Land, in dem sich der Sitz des Investmentunter- 8 - Siehe Gemeinsamer Meldestandard, Abschnitte V, Unterab- nehmens befindet, wurde kein Abkommen geschlossen. schnitt D Nr. 2 und VI Unterabschnitt A Nr. 2; Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard, Anhang Abschnitte V Unterab- In diesem Fall ist die Bank verpflichtet, die Kontrollinhaber schnitt D Nr. 2, S. 145 ff. und VI Unterabschnitt A Nr. 2, S. 152 ff. selbst zu melden. Dies in Anwendung des Prozesses für passive Rechtsträger, die keine Finanzinstitute (NFE) 8 sind JEAN-LUC EPARS (vorausgesetzt, die genannten Personen sind in Ländern Jean-Luc Epars ist Schweizer Rechtsanwalt und Partner bei KPMG, ansässig, die mit der Schweiz ein AIA-Abkommen unter- Legal und Financial Services in Genf. Er ist ferner Chefjurist der zeichnet haben). Auf jeden Fall werden die unabhängigen Finanzdienste für die französische Schweiz. Bevor Jean-Luc Epars zu KPMG stiess, arbeitete er als juristischer Berater bei einer Bank Vermögensverwalter aber die ersten Ansprechpartner sein, in Genf sowie im Wirtschafts- und Sicherheitsdepartement der um Fragen der oben erwähnten Kunden (wirtschaftliche Stadt Genf. Berechtigte usw.) zu beantworten. 13
Wichtige Termine für unabhängige Vermögensverwalter RA JEAN-LUC EPARS, KPMG Ein Überblick für unabhängige Vermögensverwalter über die wichtigsten Herausforderungen im Regulierungsbereich im Jahr 2016 und darüber hinaus. D as Bundesgesetz zur Umsetzung der Empfeh- lungen der Groupe d’action financière (GAFI) ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten, insbesondere die Änderungen des Bundesgesetzes über die Bekämpfung Risiken basierte Vorgehensweise, Kriterien der Risiken usw.). Auf jeden Fall müssen die unabhängigen Vermögensver- walter ihre Richtlinien, Prozesse und Unterlagen anpassen, um diesen Neuerungen Rechnung zu tragen. der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (GwG) Der Umsetzungsprozess des Automatischen Informations- und von Artikel 305bis des Strafgesetzbuches (StGB). Die austauschs (AIA) ist in der Schweiz aus legislativer Sicht in wichtigsten Änderungen betreffen die Identifizierung des eine konkrete Phase eingetreten: Am 18. Dezember 2015 Kontrollinhabers von operativ tätigen juristischen Personen wurde das Bundesgesetz über den internationalen automa- sowie die Einführung des Begriffs des qualifizierten Steu- tischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Gesetz) erdelikts im Strafgesetzbuch. Diese Änderungen sind zum verabschiedet. Der AIA wird zum 1. Januar 2017 mit den 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Die Selbstregulierungsor- Ländern eingeführt, die auf diesem Gebiet ein Abkommen ganisationen haben ihre Vorschriften zur Bekämpfung der mit der Schweiz unterzeichnet haben (erster Austausch im Geldwäscherei entsprechend angepasst. September 2018 betreffend die Daten aus dem Jahr 2017). Des Weiteren ist am 1. Januar 2016 eine neue Fassung der Die Schweiz hat bisher gemeinsame Erklärungen zur Einfüh- Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der rung des AIA mit der Europäischen Union, Australien, den Banken (VSB) in Kraft getreten. Über die Vorgehensweise der britischen Krone unterstellten Gebieten Jersey, Guernsey im Zusammenhang mit qualifizierten Steuerdelikten, die bei und Isle of Man sowie mit Island, Norwegen, Japan, Kanada begründetem Verdacht eine Meldung im Sinne von Artikel und Südkorea unterzeichnet. 9 GwG erforderlich macht, wird noch diskutiert (auf den 2015 2016 4. 18. 25. 18. 1. 20. 29. NOVEMBER NOVEMBER NOVEMBER DEZEMBER JANUAR JANUAR JANUAR BR verabschiedet BR verabschiedet BR verabschiedet Genehmigung Inkrafttreten Eröffnung Eröffnung Botschaft zum Botschaft für Botschaft für AIA AIA Bundesgesetz Vernehmlassung über Vernehmlassung FIDLEG und FINIG AIA mit Australien Schweiz-EU GAFI AIA mit über AIA mit Japan Kronbesitzungen der Inkrafttreten britischen Krone FinfraG (Jersey, Guernsey und der Insel Man) sowie Island und Norwegen 14
V E R M Ö G E N S V E R W A LT U N G : D I E R A H M E N B E D I N G U N G E N Für das Sammeln der Daten und die Einführung angemes- sener Prüfungsverfahren zur sorgfältigen Identifizierung der meldepflichtigen Konten sind vor allem die Banken zuständig. Allerdings sind auch die unabhängigen Vermö- gensverwalter betroffen (Beantragung von Unterlagen, Erklärungen und Klarstellungen), aufgrund ihrer privile- gierten Beziehungen zu ihren Kunden und insbesondere aufgrund der von ihnen nach eigenem Ermessen verwal- teten Strukturen, die als Investmentunternehmen betrachtet Die Pflichten beim Derivatehandel dürften allerdings keine werden könnten. signifikanten Folgen für unabhängige Vermögensverwalter Der Bundesrat hat am 4. November 2015 die Botschaft haben, die nicht Gegenparteien sind bei Geschäften, die zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finan- sie im Namen und auf Rechnung ihrer Kunden tätigen. zinstitutsgesetz (FINIG) verabschiedet. Derzeit ist es noch In der EU wurde die Frist für die Übernahme von MiFID II schwer abzuschätzen, wann diese beiden Gesetze in Kraft in die nationale Gesetzgebung der Mitgliedstaaten treten werden: wahrscheinlich erst im Jahr 2018. um ein Jahr bis zum 3. Januar 2018 verlängert. Für die Beide Gesetze werden Folgen für unabhängige Vermögens- unabhängigen Vermögensverwalter sind besonders die verwalter haben: (i) Diese benötigen eine neue Zulassung Bestimmungen wichtig, welche die Staaten für grenzüber- einer Aufsichtsbehörde (deren Bedingungen, besonders schreitende (cross border) Dienstleistungen erlassen. Was hinsichtlich der Organisation, noch in der Ausführungsver- die AIFM-Richtlinie betrifft, so hat die Europäische Wert- ordnung präzisiert werden müssen) und (ii) es gelten neue papier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities Anforderungen („suitability“, „appropriateness“, erweiterte and Market Authority, ESMA) am 30. Juli 2015 eine an die Informations- und Rechnungslegungspflichten), welche Europäische Kommission gerichtete Empfehlung veröffent- eine Anpassung der Tätigkeiten als Vermögensverwalter licht. Diese bezieht sich auf die Anwendung des EU-Passes oder als Kundenberater erfordern werden. bei der Verwaltung und/oder beim Vertrieb von AIF-Fonds Das Bundesgesetz über die Finanzmark tinfrastruk- durch nicht in der EU ansässige Manager (Nicht-EU-AIFM) turen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivate- in den EU-Mitgliedstaaten. Die ESMA war der Meinung, handel (FinfraG) ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. dass einer derartigen Ausweitung des Passsystems auf die Dieses Gesetz regelt die Organisation und den Betrieb Schweiz nichts entgegen steht. Die endgültige Entschei- der Finanzmärkte und legt die Bedingungen für die Zulas- dung wurde aufgeschoben, um eine zusätzliche Untersu- sung der verschiedenen Teilnehmer (zentrale Gegenpartei, chung bestimmter Länder abzuwarten, welche die ESMA Zentralverwahrer usw.) sowie für das Marktverhalten bis zum 30. Juni 2016 vornehmen will. fest (z. B.: Insiderhandel und Marktmanipulation). Das FinfraG führt neue Pflichten für den Handel mit Derivaten ein, insbesondere die Pflicht zur Abrechnung über zent- rale Gegenparteien, die Meldung an Transaktionsregister, Risikominderungspflichten und Pflichten beim Handel über technische Plattformen. 2016 2017 2018 5. 19. 9. 1. 1. FEBRUAR FEBRUAR APRIL JANUAR SEPTEMBER JANUAR Eröffnung Eröffnung Ablauf Umsetzung AIA in der Erster AIA Inkrafttreten FIDLEG Vernehmlassung über Vernehmlassung über Referendumsfrist Schweiz und FINIG (?) AIA mit Kanada AIA mit Südkorea AIA-Gesetz 15
Finanzdienstleistungsgesetz: Mit welchen Neuerungen unabhängige Vermögensverwalter rechnen müssen ANN-MIRJAM LÉVY DUVERNAY UND YVAN MERMOD, KPMG Mit dem Ziel, den Anlegerschutz zu verbessern, sieht der Entwurf des Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) vor, die unabhängigen Vermögensverwalter zu mehr Transparenz und einer stärkeren Formalisierung zu verpflichten. D SEGMENTIERUNG, PRÜFUNG UND ANGEMESSEN- HEIT Das Transparenzprinzip ist der wichtigste Bestand- teil des Anlegerschutzes. Es umfasst die Pflicht, die Kunden er Bundesrat hat am 4. November 2015 die zu informieren, aber auch, sich über diese zu informieren, Botschaft zum Finanzdienstleistungsgesetz damit Anlageentscheide mit umfassender Sachkenntnis (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG) verab- getroffen werden können. Die Kunden müssen insbeson- schiedet. Diese Texte werden derzeit in den eidgenössi- dere über den Anbieter der Finanzdienstleistungen selbst, schen Räten diskutiert. Eines der Hauptziele des Entwurfs über die angebotenen Finanzdienstleistungen und die damit zum zukünftigen Finanzdienstleistungsgesetz besteht darin, verbundenen Risiken, die Produkte, die Kosten und die die wichtigsten Bestimmungen der MiFID-II-Richtlinie der wirtschaftlichen Beziehungen zu Dritten informiert werden. Europäischen Union umzusetzen. Mit dieser sollte die Situ- Zusätzlich zu diesen allgemeinen Transparenzanforderungen ation nach der Finanzkrise 2007/2008 grundlegend neu verpflichtet das FIDLEG die Vermögensverwalter, sich einer gestaltet werden, wobei die Aufsichtsbehörden klar das Ziel Ombudsstelle anzuschliessen. verfolgten, die Anleger besser zu schützen. Über die Notwendigkeit hinaus, auch in der Schweiz die Anleger besser zu schützen, stellt sich die grundlegende [ Die Kunden müssen über den Anbieter der Finanzdienstleistungen selbst, über Frage, ob die Schweiz von der Europäischen Union den die angebotenen Finanzdienstleistungen und Zugang zu den europäischen Märkten für grenzüberschrei- die damit verbundenen Risiken, die Produkte, tende Geschäfte erhält. Unser Land muss dabei nachweisen können, dass seine Vorschriften denen der EU gleichwertig die Kosten und die wirtschaftlichen sind. Beziehungen zu Dritten informiert werden ] 16
V E R M Ö G E N S V E R W A LT U N G : D I E R A H M E N B E D I N G U N G E N Die Pflicht, sich über die Kunden zu informieren, ermög- Bestehen von Retrozessionen verknüpft. Der Gesetzesent- licht die Umsetzung von drei wesentlichen Massnahmen im wurf sieht vor, dass die Finanzdienstleister nur dann Vergü- Zusammenhang mit diesem Gesetzesentwurf: die Kunden- tungen von Dritten annehmen dürfen, wenn sie die Kunden segmentierung (Privatkunden, institutionelle und professi- im Voraus ausdrücklich über diese Vergütung informiert onelle Kunden), die Überprüfung der Dienstleistung und haben oder wenn diese Vergütungen in voller Höhe an die Beratung auf ihre Angemessenheit („appropriateness“) und Kunden weitergegeben werden. auf ihre Eignung („suitability“). Im Gegensatz zum FIDLEG präzisiert die MiFID II den Begriff Der Begriff der Kundensegmentierung ist in der Schweiz des Mehrwerts dahingehend, dass es im Rahmen der nicht neu. Er wurde bereits 2007 im Bundesgesetz über die Finanzdienstleistungen möglich ist, erhaltene Retrozessionen kollektiven Kapitalanlagen eingeführt. Jetzt wurde der Begriff einzubehalten, wenn diese einen Mehrwert für die Anleger in einer allgemeineren Form in das Gesetz über die Finanz- generieren. Diese Prüfung muss insbesondere darstellen, in dienstleistungen aufgenommen, wobei die Definitionen welchem Umfang die Produkte durch den Vermögensver- mit jenen im geplanten europäischen Recht harmonisiert walter analysiert und welche Auswahlmethoden angewandt wurden. So können die unterschiedlichen Kundenkatego- wurden, um einen Entscheid für das höherwertige Produkt rien von verschiedenen Dienstleistungs- und Schutzange- zu fällen, und der gleichzeitig eine monetäre Vergütung recht- boten profitieren. fertigt, die einbehalten werden darf. [ Die unterschiedlichen Kundenkategorien ZUNEHMENDE RECHTFERTIGUNGSBÜROKRATIE Die Botschaft des Bundesrates erwähnt, dass die Kosten, können von verschiedenen Dienstleistungs- und Schutzangeboten profitieren ] die durch die im FIDLEG vorgesehenen Anpassungen bei Struktur und Dokumentation entstehen, nur „marginal“ sein dürften. Für unabhängige Vermögensverwalter kommen Die Zusammensetzung eines Dienstleistungsangebots wird diese zu den für die Zulassung anfallenden Aufwen- in Zukunft von einer Kombination aus Kundentyp (Privat- dungen hinzu. Die Richtlinien zur Umsetzung in der Praxis kunde, professioneller oder institutioneller Kunde) und der wurden bisher noch nicht veröffentlicht; dies wird erst im Art der Dienstleistung, (Einzelberatung, umfassende Bera- Rahmen der zukünftigen Finanzdienstleistungsverordnung tung oder Vermögensverwaltung) abhängen. Die Auswahl an geschehen. Die geplanten Massnahmen werden insge- verfügbaren Anlageprodukten wird sich insbesondere aus samt und unbestritten zu höheren Kosten und Administrati- dieser Kombination ergeben, aber auch aus der Einschät- onsaufwänden führen. Dies geht leider mit der allgemeinen zung des Dienstleisters hinsichtlich der Angemessenheit Tendenz der zunehmenden Rechtfertigungsbürokratie einher. oder der Eignung des Produktes. In diesem Zusammenhang Im Zusammenhang mit der grundlegenden, wiederholt fällt auf, dass in den Schweizer Gesetzesentwürfen – im gestellten Frage nach dem europäischen Marktzugang für Gegensatz zu den europäischen Vorschriften – die wichtige in der Schweiz niedergelassene Dienstleister kann man zu Unterscheidung zwischen komplexen und nicht komplexen Recht darüber nachdenken, wie nützlich und notwendig Produkten weggelassen wurde. Für die Produkteanbieter es ist, europäische Regeln systematisch in das Schweizer wird es daher eine grosse Herausforderung sein, sicherzu- Recht zu übernehmen. Andererseits muss bedacht werden, stellen, dass die Produkte korrekt identifizierten Anlegern dass es für einen Finanzplatz, der die Hauptrolle in der inter- angeboten werden können. nationalen Vermögensverwaltungsbranche spielen möchte, Im Zusammenhang mit dem Anlegerschutz und der Anwen- schwer zu begründen ist, weshalb auf starke oder den dung von Verhaltensregeln sieht der Gesetzesentwurf auch internationalen Normen entsprechende Anlegerschutzvor- eine Pflicht zur Aus- und Weiterbildung für Kundenberater schriften verzichtet wird. vor. Die Verantwortung dafür tragen die Dienstleistungsan- bieter, welche die Berater beschäftigen. Hinzu kommt eine YVAN MERMOD Registrierungspflicht, d. h. die Eintragung der Berater nicht Yvan Mermod ist in der Romandie für die Dienstleistungen im beaufsichtigter Finanzdienstleister in ein Register. Investment Management-Sektor von KPMG verantwortlich, für den er seit 1996 tätig ist. Er ist Mitglied der Expertengruppe RETROZESSIONEN UND MEHRWERT Unter den GIPS der SBVg und Mitglied des europäischen Leadership von KPMG Investment Management. Y. Mermod ist von der weiteren Neuerungen, die der Gesetzesentwurf vorsieht, FINMA zugelassener Prüfer für Vermögensverwalter kollektiver zählt das Konzept der Retrozessionen wahrscheinlich zu Kapitalanlagen, Fondsleitungen, Investmentfonds und Banken. den meistdiskutierten Themen im Zusammenhang mit der ANN-MIRJAM LÉVY DUVERNAY Regulierung der Finanzdienstleistungen. In bestimmten Ann-Mirjam Lévy Duvernay verfügt über mehr als zehn Jahre EU-Mitgliedstaaten wurde ein vollständiges Verbot der Erfahrung im Bank- und Finanzsektor bei KPMG. Sie ist für Retrozessionen beschlossen. Dies ist jedoch keine allge- Audit, Fondsleitungen, kollektive Kapitalanlagen und KAG- Vermögensverwalter zuständig. Darüber hinaus ist sie von der meine, zwingende Regel. Das FIDLEG übernimmt in diesem FINMA zugelassene Prüferin für Vermögensverwalter kollektiver Punkt den Wortlaut der MiFID II, indem es die Unabhän- Kapitalanlagen, Fondsleitungen, Investmentfonds und Banken. gigkeit eines Finanzdienstleistungsunternehmens mit dem 17
Unabhängige Vermögensverwalter: grenzüberschreitende Tätigkeiten RA DR. ALESSANDRO BIZZOZERO, BRP BIZZOZERO & PARTNERS SA Das Cross-Border-Risikomanagement wurde nach der Krise im Jahr 2008 zu einem aktuellen Thema 1 . Die grenzüberschreitenden Aktivitäten D ie Akquisition und Betreuung internationaler Kunden können für die Banken nicht nur mit aufsichtsrechtlichen Risiken, sondern auch mit straf- und zivilrechtlichen Risiken verbunden sein. Ein Verstoss gegen der Banken rückten in den Fokus der die Marktzugangsregeln kann Verträge nichtig werden lassen, was wiederum eine potenziell beträchtliche finanzi- Aufsichtsbehörden. Die Eidgenössische elle Haftung nach sich ziehen kann. Ein Privatkunde aus der Finanzmarktaufsicht (FINMA), gefolgt EU kann ferner einen Gerichtsstand in seinem Land geltend von anderen Aufsichtsbehörden, gelangte machen, wenn die Bank in diesem Land aktiv und in einem Unterzeichnerstaat des Lugano-Übereinkommens ansässig zu Recht zur Auffassung, dass das Cross- ist. Je nach Fall kann ein Kunde der Bank auch die Verlet- Border-Risiko für die Banken ein sehr ernst zung lokaler Regeln zum Anleger- und Verbraucherschutz zu nehmendes Risiko ist. entgegenhalten. Diese Risiken nehmen zu, wenn die Steu- erkonformität des Kunden gegeben ist, da ihn dann nichts daran hindert, die Behörden und Gerichte seines Landes einzuschalten. 18
V E R M Ö G E N S V E R W A LT U N G : D I E R A H M E N B E D I N G U N G E N Die Aufsichtsbehörden haben recht schnell verstanden, dass diese Risiken auch andere Finanzintermediäre und insbe- sondere die unabhängigen Vermögensverwalter betreffen, entweder beim Anbieten von selbst erbrachten Dienstleis- tungen oder als Anbieter der Dienstleistungen einer Depot- bank 2. Das Thema ist allerdings nach wie vor komplex, und wir stellen fest, dass im Ansatz eine gewisse Verwirrung herrscht. Dieser kurze Beitrag soll unabhängigen Vermö- gensverwaltern mehr Klarheit zu diesem Thema verschaffen. DIE BEDEUTUNG DER ART DES MANDATS Ein Vermö- muss. Diese Möglichkeiten zu nutzen, entspricht dem gensverwalter betreut seine Kunden vor allem auf der Basis aktuellen Trend, da diese Lizenzen eine Tätigkeit zu inte- von zwei Mandatsarten: Vermögensverwaltungsmandate ressanten Bedingungen mit geringeren Kosten sowie in und Anlageberatungsmandate. Aus aufsichtsrechtlicher völliger Rechtssicherheit ermöglichen. Allerdings wird diese Sicht ist das Angebot dieser Leistungen, oft im Gegen- Möglichkeit meistens nur den ausländischen Finanzinterme- satz zu Bankdienstleistungen, dem Angebot von Anlage- diären angeboten, die in ihrem eigenen Land bereits einer dienstleistungen gleichzusetzen. Für ein angemessenes Aufsicht unterstehen, was z. B. für die meisten Schweizer Cross-Border-Risikomanagement muss der Vermögensver- Vermögensverwalter noch nicht der Fall ist. walter zunächst verstehen, was er tun kann, ohne gegen die Der Vermögensverwalter muss ferner die Einschränkungen Marktzugangsregeln im Land des potenziellen Kunden zu kennen, welche die Ausübung seines Mandats betreffen verstossen. Dabei muss er vor allem klären, ob die beiden könnten. Dies gilt insbesondere für das Anlageberatungs- Dienstleistungen oder nur eine oder keine von beiden im mandat, dessen Ausübung eine Interaktion mit dem Kunden Drittland durch eine Monopolregulierung tangiert sind. voraussetzt, der sich dabei meistens in seinem Land befindet. Einige Länder sind der Ansicht, dass die Ausübung [ Für ein angemessenes Cross-Border- eines derartigen Mandats einer Dienstleistung entspricht, für die im besagten Staat eine Lizenz erforderlich ist. In diesem Risikomanagement muss der Vermögensverwalter zunächst verstehen, was Fall hat der Vermögensverwalter jegliches Interesse, anstelle eines Beratungsmandats ein diskretionäres Vermögensver- er tun kann, ohne gegen die waltungsmandat anzubieten. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht Marktzugangsregeln im Land des potenziellen erfolgt die Ausübung des Vermögensverwaltungsmandats Kunden zu verstossen ] im Land des Verwalters oder sogar in dem Land, in dem sich die verwalteten Konten befinden. Mit dem diskretio- Ist eine Dienstleistung nicht reguliert, gelten für den Marktzu- nären Vermögensverwaltungsmandat fällt für den Vermö- gang lediglich die üblichen Einschränkungen zur Ausübung gensverwalter das Risiko, die Gesetze über die Ausübung der Geschäftstätigkeit (faktische Zweigniederlassung und einer Finanzaktivität zu verletzen, geringer aus. Dabei sei steuerpflichtige Anwesenheit). Ist dagegen für die Tätig- aber auch erwähnt, dass einige Länder es ausländischen keit als Vermögensverwalter und/oder Finanzberater eine Vermögensverwaltern verbieten, Guthaben auf einem lokal Lizenz erforderlich, muss die Toleranzschwelle festgelegt eröffneten Konto zu verwalten, wenn der besagte Vermö- werden, ab der die Anwerbung von Kunden in diesem Land gensverwalter nicht über eine ordnungsgemäss genehmigte bzw. in Richtung dieses Landes eine behördliche Genehmi- Niederlassung vor Ort verfügt (z. B. Belgien). gung des betreffenden Landes erforderlich macht. Je nach Fall darf ein Vermögensverwalter seine Dienstleistungen DIE NUTZUNG VON FINANZPRODUKTEN Nicht zuletzt nur aus der Ferne oder nur gelegentlich vor Ort anbieten. muss sich der Vermögensverwalter im Klaren sein, ob das Einige Länder schreiben schon eine Lizenz vor, wenn der Angebot oder die Nutzung von Finanzprodukten (Invest potenzielle Kunde im entsprechenden Land wohnhaft ist. mentfonds, strukturierte Produkte usw.) im Rahmen des Dies auch dann, wenn die Initiative zur Kontaktaufnahme Beratungsmandats oder des diskretionären Verwaltungs- seitens des Kunden und nicht seitens des Vermögens- mandats durch die nationalen Vorschriften im Land seines verwalters erfolgte (z. B. Kanada). Es kann sein, dass die Kunden untersagt oder eingeschränkt werden. Die nationale lokalen Vorschriften Cross-Border-Lizenzen zulassen, d. h. Regulierung der Produkte wirkt zunehmend auch ausser- Bewilligungen, welche die Akquise im Land ermöglichen, halb des Staatsgebiets und tendiert dazu, alle im Land ohne dass eine lokale Niederlassung gegründet werden ansässigen Anleger zu schützen (z. B. AIFM-Richtlinie für 19
die EU). Dies auch dann, wenn die Beratungs- und Verwal- tungsverträge mit ausländischen Dienstleistern und in Über- einstimmung mit den Marktzugangsregeln geschlossen wurden. Auch hier scheint das Beratungsmandat proble- matischer zu sein als der diskretionäre Vermögensverwal- tungsvertrag. Es gibt tatsächlich auch Rechtsordnungen, im Land des Kunden ausgehandelt und unterzeichnet wird. die eine Registrierung des Produkts und/oder die Erstellung Im zweiten Fall könnte der Vermögensverwalter aufgrund eines Verkaufsprospekts für ein Angebot vorschreiben, das eines Kooperationsvertrages und für eine Vergütung als im Rahmen eines Beratungsmandats erfolgt, jedoch nicht, Beauftragter der Bank handeln. In diesem Fall würde die wenn das Produkt in Ausübung eines diskretionären Verwal- Tätigkeit des Vermögensverwalters als Vertriebsaktivität tungsmandats platziert wird. zugunsten der Bank erachtet und seine Handlungen können Die Tatsache, dass der Vermögensverwalter Retrozes- die Bank binden. Ein Vermögensverwalter, der die Dienst- sionen aus einem Anlagefonds erhält, den er im Port- leistungen der Depotbank anbietet und dabei gegen lokale folio verwaltet, oder dass er der Promoter des besagten Vorschriften verstösst, setzt die Bank den oben erwähnten Produkts ist, könnte die Aufsichtsbehörde dazu bewegen, Cross-Border-Risiken aus und kann persönlich als direkt für die Nutzung des Produkts in der diskretionären Verwaltung die Verletzung verantwortlicher Gehilfe zur Rechenschaft als Vertrieb eines nicht zugelassenen Produkts umzuqualifi- gezogen werden. zieren. Der Vermögensverwalter könnte aufgrund der natio- Häufig beinhalten Kooperationsvereinbarungen Klauseln, nalen Regelung dann nicht nur verpflichtet sein, das Produkt die den Vermögensverwalter verpflichten, die Normen im Land des Kunden zu registrieren bzw. einen entspre- der Länder einzuhalten, in denen die Akquisition erfolgt. chenden Verkaufsprospekt zu erstellen, sondern auch Diese Klauseln haben selbstverständlich Vertragscharakter, dazu, die lokalen Regeln zur Angemessenheit und Eignung können jedoch das aufsichtsrechtliche Risiko für die Bank des Produkts angesichts des Risikoprofils des Kunden zu nicht völlig aus der Welt schaffen. Die Frage, für wen der berücksichtigen. Dieses komplexe Thema beschäftigt die Vermögensverwalter handelt, stellt sich auch hinsichtlich Bankenwelt stark. der Handlungen, die im Nachgang zwischen der Bank und dem Kunden vorgenommen werden. Handelt der Vermö- DIE WAHL DER DEPOTBANK Der Vermögensverwalter gensverwalter als Vertreter der Bank (Unterzeichnung nach- kann auch an der Wahl der Depotbank beteiligt sein. In träglicher Erklärungen, Übermittlung von Informationen usw.) diesem Fall stellt sich die Frage, ob er auch die für das ist es in seinem eigenen Interesse, die zulässigen Grenzen Angebot von Bankdienstleistungen geltenden Cross-Bor- seiner Tätigkeit zu kennen. Schliesslich ist festzuhalten, der-Regeln berücksichtigen muss, die – nebenbei bemerkt dass eine Cross-Border-Lizenz des Vermögensverwalters – durchaus von den für Anlagedienstleistungen geltenden für den Vertrieb von Anlagedienstleistungen in der Regel den Normen abweichen können. Die Antwort hängt dabei jeweils Vertrieb von Bankdienstleistungen auf Rechnung der Bank von der Rolle ab, die der Vermögensverwalter bei diesen nicht abdeckt. Vorgängen übernimmt. Wie wir sehen können, sind grenzüberschreitende Tätig- keiten für einen Vermögensverwalter mit komplexen Fragen [ Die Frage, für wen der Vermögensverwalter verbunden. Dabei müsste der Vermögensverwalter ein hohes Interesse haben, diese Fragen professionell zu handelt, stellt sich auch hinsichtlich der Handlungen, die im Nachgang zwischen behandeln. Er riskiert sonst, seine Tätigkeit und seine Exis- tenz zu gefährden. Ein effizientes Cross-Border-Manage- der Bank und dem Kunden vorgenommen ] ment ermöglicht es ihm, für jedes einzelne Land spezifische werden Geschäftsmodelle einzuführen und geeignete Risikominde- rungsmassnahmen zu ergreifen. Unter diesen Massnahmen Dabei ist zwischen zwei Situationen zu unterscheiden: könnte sich eine Neudefinition der Beziehungen zur Depot- Erstens kann der Vermögensverwalter auf der Basis einer bank sich als nützlich erweisen. unabhängigen Suche, die er allein im Interesse des Kunden durchgeführt hat, eine Bank vorschlagen. In diesem Fall 1 - Zur Cross-Border-Frage siehe: A. Bizzozero/C. Robinson, Activités kann nicht von einem Vertrieb gesprochen werden. Das financières cross-border vers et depuis la Suisse, Fribourg 2010. Vorschlagen einer Bank an den Kunden dürfte das Bank- 2 - A. Bizzozero / S. Maillard, Gérants indépendants – Gestion des ris- gesetz des Landes des Kunden kaum verletzen. Der ques par la banque dépositaire, Fribourg 2014. Vermögensverwalter vertritt bei den für die Kontoeröffnung ALESSANDRO BIZZOZERO erforderlichen Kontakten mit der Bank den Kunden und Alessandro Bizzozero ist Doktor der Rechte, Rechtsanwalt tritt nicht als Vertreter der Bank gegenüber dem Kunden und Dozent an der Universität Genf. Er ist der Verfasser von auf. Es obliegt daher alleine der Bank, für die Einhaltung Nachschlagewerken auf den Gebieten der Vermögensverwaltung und grenzüberschreitender Finanzgeschäfte. Er leitet die der lokalen Regeln betreffend Marktzugang zu sorgen. In Gesellschaft BRP Bizzozero & Partners SA, Genf, die auf dem diesem Zusammenhang hat in einigen Ländern auch die Gebiet der Cross-Border-Risikoverwaltung führend ist. Bank dafür zu sorgen, dass der Vertrag bei ihr und nicht 20
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