Gute Pflege Generationen - Wenn Geschichten weitergehen - Evangelische Heimstiftung
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Gute Pflege 1 | 2020 Das Magazin der Evangelischen Heimstiftung Generationen. – Wenn Geschichten weitergehen
04 12 14 Wir als Arbeitgeber – Generationen 4|D ie Krokers. Drei Generationen EHS 8 | Gefragt. Prokurist Ralf Oldendorf 10 |Ankommen und durchstarten. Das Traineeprogramm der EHS 12 |Aufgenommen. Azubis on air Die Krokers. 14 | Grüne Pflege – Drei Generationen EHS Klimaschonende Mobilität Pflege im Fokus 16 | Pflegepraxis: Konzept Alltagsbegleitung 22 | Pflegepraxis: HDG – Die Küchenprofis 24 | Seelenpflege: Zusammen sein 29 | Bauen Impressum S. 24, 28, Adobe Stock, 30 | Standorte und Einrichtungen pressmaster Verantwortlich: S. 31 Adobe Stock, Africa Bernhard Schneider Studio 31 | Das sind wir Redaktion: Ann-Christin Kulick S. 35 Lutz Härer Telefon 0711 63676-125 Produktion und Druck: Unsere Mobilen Dienste redaktion@ev-heimstiftung.de Henkel GmbH Druckerei, Nicht gekennzeichnete Artikel Stuttgart sind von der Redaktion Nachdruck und elektronische 32 | In eigener Sache verfasst Verwendung nur mit schrift- Gute Pflege. Das Magazin der Anschrift Redaktion licher Genehmigung. Gute Pflege. Hackstraße 12, „Gute Pflege. Das Magazin der Evangelischen Heimstiftung 70190 Stuttgart Evangelischen Heimstiftung“ Gestaltung: erscheint dreimal jährlich. Auflage: 23.500 AmedickSommer GmbH, 33 | Personalien Stuttgart Herausgeber: Fotos: Evangelische Heimstiftung alle Fotos Evangelische Heim- GmbH stiftung mit Ausnahme von: www.ev-heimstiftung.de 34 | K ommentar – (E)InSicht Der Bezugspreis ist durch den Titel: Adobe Stock, Pixel-Shot Beitrag abgegolten. Über Geld spricht man nicht? S. 2 (o.r.), 15 Adobe Stock, rvlsoft Im Magazin werden, soweit S. 7, Adobe Stock, vendakr möglich, neutrale, alle S. 7, Adobe Stock, anatolir Geschlechter einschließende, S. 10, 11 Adobe Stock, anna Begriffe verwendet – oberstes S. 13 Adobe Stock, Oleksandr Gebot bleibt jedoch die Delyk Verständlichkeit der Sprache. 2 | Gute Pflege | 1_2020 |
16 Gute Pflege. Das Magazin der Evangelischen Heimstiftung. Liebe Leserinnen, liebe Leser, wenn Sie das lesen, halten Sie die erste Ausgabe unseres Gute Pflege 1 | 2020 Das Magazin der Evangelischen Heimstiftung Magazins „Gute Pflege“ in Händen. Hier ist drin, was draufsteht. Gute Pflege – im Alltag, der Politik, für die Seele Generationen. und die Umwelt. Denn für all das steht die Evangelische – Wenn Geschichten Heimstiftung. Die Bandbreite wird bereits in dieser ersten weitergehen Ausgabe deutlich. Unser Schwerpunkt unter dem Titel „Generationen – Wenn Geschichten weitergehen“ beschäf- tigt sich mit der Bedeutung des Arbeitgebers für gute Pflege. Wir stellen Ihnen die Krokers vor, die bereits in dritter Generation bei der EHS arbeiten. Außerdem sprechen wir mit unserem Prokuristen Ralf Oldendorf über 36 Jahre bei der EHS – und all die Entwicklungen, die er in dieser Zeit begleitet und mitgestaltet hat. Im Schwerpunkt Pflegealltag erklären wir unser Konzept der Alltagsbegleitung – im besonderen Fokus hierbei auch die hauswirtschaftlichen Dienstleistungen unserer Tochtergesellschaft HDG. Wie die Gemeinschaft in Pflegeeinrichtungen sein kann und ob sie ein Weg aus der Einsamkeit im Alter ist, darüber erfahren Sie mehr ab S. 24. Weitere Themen sind das poli- tische Engagement für die Reform der Pflegeversicherung, aber auch die Aktivitäten zur Umweltpflege – auf dem Weg zur klimaschonenden Mobilität. Viel Freude beim Entdecken unseres neuen Magazins. Viel Spaß mit der ersten Ausgabe Gute Pflege. Ihre Gute-Pflege-Redaktion | Gute Pflege | 1_2020 | 3
Wir als Arbeitgeber – Generationen Die Krokers. – Drei Generationen EHS Nathalie Kroker, Ina Kroker, Leitung Alltagsbegleitung Pflegefachkraft Mobile Dienste 4 | Gute Pflege | 1_2020 |
38 Jahre – so lange arbeiten Elsbeth Lohrmann, Ina Kroker und Nathalie Kroker zusammen gerechnet in der Evangelischen Heimstiftung. Über drei Genera tionen. Denn sie sind Mutter, Tochter und Enkelin. Elsbeth Lohmann, ehemalige Verwaltungsmitarbeiterin Ihre Familiengeschichte mit der EHS beginnt individuellem Bedarf“, sagt Ina Kroker. Auch 1977 im Haus im Schelmenholz in Winnenden. die Quartiersarbeit wurde schon damals gelebt. Elsbeth Lohrmann bewirbt sich als hauswirt- Chorleiterin war die Frau des ortsansässigen schaftliche Mitarbeiterin – und erhält eine Pfarrers, ein Großteil der Bewohner hatte bereits Absage. Überqualifiziert lautet der Grund. Vier sein Leben im Schelmenholz, einem Ortsteil von Wochen später klingelt das Telefon, so erzählt Winnenden, verbracht. Regelmäßig kam man sie noch heute: „Wenn Sie möchten, können Sie immernoch mit Menschen aus dem Ort zusam- direkt bei uns anfangen, wir suchen eine Mitar- men, verbrachte gemeinsame Zeit – auch mit den beiterin in der Verwaltung.“ Heimleitern. „Die ganze Familie Oldendorf saß da gemeinsam beim Essen im „Schelmi“, dem Eine klare Sache für die gelernte Kontoristin Restaurant der Einrichtung“, erinnert sich Nat- und der Beginn einer langen Geschichte. 13 Jahre halie Kroker, die auch als kleines Kind schon ist sie geblieben. Zunächst leitete das damalige das Haus im Schelmenholz kannte. Altenheim noch Schwester Marta, in späteren Jahren der heutige Prokurist der EHS Ralf Auch wenn sie zunächst einen ganz anderen Oldendorf. „Pflege war damals gar nicht das Weg eingeschlagen hat – die EHS und besonders große Thema. Die Bewohner waren noch sehr das Haus im Schelmenholz begleiten und prägen fit, haben dort gelebt, gemeinsam im Garten Nathalie Kroker schon ihr Leben lang. Erst als gearbeitet und im Chor gesungen – meine Mut- Arbeitsort der Oma, dann der Mutter und ter als Mitarbeiterin mit ihnen“, erzählt Ina schließlich jetzt für sie selbst. „Ich habe zunächst Kroker. „Eigentlich spannend was sich in dieser im Außendienst für eine Versicherung gearbeitet, doch recht kurzen Zeitspanne verändert hat, mich dann aber für einen Branchenwechsel oder?“, findet Nathalie Kroker. Oder vielleicht entschieden.“ Mit einem guten Gewissen jeden gar nicht? Abend ins Bett gehen und hinter dem stehen, was sie tut. Dieser Wunsch führte zum Wechsel, „Heute nennen wir das WohnenPLUS, zunächst in die Gesundheits- und Medizinbran- gemeinschaftliches Wohnen, Pflegeangebot nach che und später in die Pflege. Nach ihrem Einstieg >>> | Gute Pflege | 1_2020 | 5
Wir als Arbeitgeber – Generationen Nathalie Kroker im Gespräch mit einem Angehörigen > > > als Assistenz der Geschäftsführung eines freien schön ist die Kooperation mit dem Waldkinder- Pflegedienstes wechselte sie Ende 2017 zu den garten. Gerade zu Weihnachten haben wir Mobilen Diensten Winnenden, nach einem Jahr gemeinsam Plätzchen gebacken. Ein Bild wie in der Leistungsabrechnung in der Zentrale und zwischen Großeltern und Enkelkindern und ein dem Einstieg in das Traineeprogramm ist sie nun Gewinn für alle – die Bewohner sehen ihre Fami- seit April 2019 Leiterin der Alltagsbegleitung lien manchmal selten und auch die Kinder können und Sozialbetreuung im Haus im Schelmenholz. aufgrund von Entfernungen ihre Großeltern nicht „So konnte ich die EHS nochmals von einer ganz häufig treffen.“ Die Kombination von Alt und Jung ist eine sehr gute. Eine große Bereicherung. Wie auch die Zusammenarbeit in der Familie. Gemeinsam arbeiteten Nathalie Kroker und ihre „Die EHS und besonders das Mutter bei den Mobilen Diensten. „Wir haben uns da schnell eingependelt und super zusammen- Haus im Schelmenholz gearbeitet – das war wirklich eine gute Zeit.“ Ina begleiten und prägen mich Kroker ist bis heute bei den Mobilen Diensten. Als gelernte Krankenschwester stieg sie 2002 nach schon mein ganzes Leben.“ mehreren Jahren zu Haus mit Tochter Nathalie als Pflegefachkraft im Haus im Schelmenholz ein und wechselte 2014 zu den Mobilen Diensten. anderen Seite kennenlernen“, erzählt Nathalie Kroker. Heute schätzt sie die enge Arbeit mit den Bewohnern. „Die älteren Menschen haben so viele starke Werte, die gerade heute guttun und mir immer wieder einen neuen Blickwinkel auf die Dinge geben – das ist mir wichtig“, erklärt sie. „Heute geht alles schneller als früher, man hat sich damals über das Stück Fleisch am Sonntag gefreut, die gemeinsame Zeit mit der Familie geschätzt.“ Die älteren Menschen haben mit vie- lem Recht, bemerkt Nathalie Kroker immer wieder. Diese Dinge tun auch heute gut. Pause machen von der Hektik des Alltags und den Moment genießen. Generationen treffen im Haus im Schelmenholz aufeinander, um füreinander da Ina Kroker bei der Arbeit zu sein und voneinander zu lernen. „Besonders 6 | Gute Pflege | 1_2020 |
Durchschnittliche Betriebszugehörigkeit as sie in diesem Beruf W der aktuellen Mitarbeitenden hält, lässt sich für 9 Jahre Ina Kroker in einem Durchschnittliches Alter Wort umschreiben: 44 Jahre „Dankbarkeit.“ Gesamt: 9.200 Mitarbeitende „In welchem anderen Beruf erhält man so viel Dankbarkeit, Wertschätzung und unmittelbare Rückmeldung? Ich finde das großartig“, erzählt davon: Ina Kroker. Ganz individuell auf die Bedürfnisse ihrer Kunden einzugehen, das ist für sie Ansporn 3.870 und Herausforderung zugleich. Gerade auch bei in der Pflege der Pflege zu Hause in so einem privaten Bereich zu agieren – das macht es aus. Ja, auch stressig kann es werden, wenn zum Beispiel ein spontaner Einsatz dazwischenkommt, aber prinzipiell gilt davon: die Devise: so lange es dauert, dauert es. Es bleibt Zeit für das persönliche Gespräch, denn das ist 2.294 Ina Kroker wichtig, es geht immer um den Men- Pflegefachkräfte schen – egal, ob bei Bewohnern, Kunden oder Kollegen. Deshalb setzt sie sich auch für die 1.576 Belange der Mitarbeitenden ein. Pflegehilfskräfte Seit 2015 ist sie Vorsitzende der Mitarbeiter- vertretung für das Gebiet Mitte der Mobilen Dienste. Um die Menschen geht es; dieses Motto trägt auch Tochter Nathalie weiter: Über die Zeit, die man miteinander verbringt und Geschichten, die man teilt, entstehen enge Bindungen – eine persönliche Beziehung– „umso mehr natürlich, 1.130 wenn man als alte Schelmenhölzerin viele schon Mitarbeitende in der von klein auf kennt“, ergänzt sie. So geht es auch Alltagsbegleitung Oma Elsbeth Lohrmann. Regelmäßig ist sie zu Besuch, um alte Bekannte zu besuchen oder die Feste des Hauses mitzufeiern. Über 40 Jahre später laufen nun alle Fäden wieder zusammen 145 Einrichtungen – im Haus im Schelmenholz: Nach einem Kran- kenhausaufenthalt wird Elsbeth Lohrmann zur Kurzzeitpflege einziehen. Es ist auch ein Stück nach Hause kommen, denn ganz weg ist sie nie 13.500 Kunden gewesen; Tochter und Enkelin sind schon da. | Gute Pflege | 1_2020 | 7
Wir als Arbeitgeber – Generationen Ralf Oldendorf. – Gefragt Nach 36 Jahren in der EHS, davon 17 als Prokurist, gehen Sie in diesem Jahr in den Ruhestand. Wie hat eigentlich alles begonnen? Begonnen hat meine Geschichte mit der Evange- lischen Heimstiftung im September 1984. Damals begann ich als Heimleiterassistent bei Heinz Jüngert im Haus auf dem Wimberg in Calw. Was heute das Traineeprogramm ist, war damals die Arbeit bei Heinz Jüngert. Ralf Oldendorf 2004 „Aktiv steuern und und Aufsichtsrat ist es uns in den letzten 17 Jahren gelungen, die EHS von damals 38 auf – Wachstum begleiten – heute 86 Pflegeheime und über 9.200 Mitarbei- tende zu erweitern. über 36 Jahre.“ Nochmal zurück auf Anfang. Mit 27 Am 1. April 1985 wurde ich dann von unse- wurden Sie der Leiter einer Einrichtung mit rer Unternehmensgründerin Dr. Antonie Kraut 120 Bewohnern und 70 Mitarbeitenden – in das Amt des Heimleiters im Haus im Schel- eine große Verantwortung… menholz in Winnenden eingeführt. 1998 wurde ich der erste Regionaldirektor und weitere fünf Meine Frau Ingrid und ich wurden damals quasi Jahre später zum Bereichsdirektor für Bau und zu den „Hauseltern“. Eine seltsame Sache, denn Marketing. Mit Umwandlung der EHS zur nahezu jeder Mitarbeitende war älter als wir. Es GmbH habe ich außerdem die Prokura erhalten war außerdem üblich, auch im Haus zu wohnen – und seitdem bin ich als Prokurist für Regionen und selbstverständlich am Wochenende ansprech- und Markt tätig. bar zu sein. Wollten wir frei haben, mussten wir tatsächlich in Urlaub fahren. Für unsere vier Kinder war es eine tolle Zeit. Sie hatten 120 Omas und Opas, wurden im Andachtsraum Prokurist für Regionen und Markt – getauft und haben gemeinsam mit uns und den was umfasst diese Aufgabe? Bewohnern im Speisesaal gegessen. Natürlich hat sie das auch geprägt: meine Tochter studierte – Als Bereichsleiter und auch später als Prokurist Sozialarbeit und Religionspädagogik und wurde war und ist es meine Aufgabe, aktiv steuernd das auch Pädagogin. Wachstum der EHS zu begleiten. Gemeinsam mit großartigen Mitarbeitenden, Geschäftsführung 8 | Gute Pflege | 1_2020 |
Wie war das damals bei Ihnen? Wie sind Pflegefachkraft und deren Tochter Nathalie kenne Sie zu dem Beruf gekommen? ich schon als Baby – ich denke, die EHS hat ihnen wie mir Chancen und Möglichkeiten gegeben. Ich war sehr aktiv in der evangelischen Jugend- Natürlich hatte ich auch andere Angebote aus der arbeit und wollte gerne Diakon werden – um für Szene. Aber nie war ein Unternehmen interessan- die Ausbildung angenommen zu werden, war es ter für mich als die EHS. Ich konnte mich im hilfreich zunächst eine Berufsausbildung zu haben eigenen Unternehmen stets weiterentwickeln, ohne und so begann ich meine Erstausbildung zum den Arbeitgeber zu wechseln und natürlich ent- examinierten Krankenpfleger im Krankenhaus steht über die Jahre auch eine große Verbundenheit Ludwigsburg und machte im Anschluss mein mit Unternehmen und Kollegen. Examen als Jugend- und Heimerzieher. Nach dem anschließenden Diakoniestudium auf der Karls- Außerdem hatten wir in der EHS das Glück höhe Ludwigsburg – heute Evangelische Hoch- beziehungsweise den Segen zur jeweiligen Zeit schule – wurde ich ab 1981 Gemeindediakon der immer die richtigen Geschäftsführer und Vor- Stadtkirchengemeinde in Bietigheim. Im Rahmen stände zu haben. Die Namen der Herren Teich- meines dortigen Dienstauftrages war ich ab 1982 mann/vom Endt stehen in meiner EHS-Zeit für für die Seelsorge und die Andachten im damals die Entwicklung der Großpflegeheime, die neueröffneten „Haus an der Metter“ und MS- Namen Wanning, vom Endt und Kirchhof für Heim „Haus am Lindenhain“ in Bietigheim die Entwicklung der dutzenden Kleinpflegeheime – zuständig und lernte dadurch die EHS erstmals im ganzen Land und die Namen Schneider und kennen – und bin geblieben. Kirchhof für die Entwicklung der modernen Versorgungsformen wie WohnenPLUS-Residen- zen, die stetige Innovation und den Ausbau der Tagespflegen sowie der Mobilen Dienste und Sie kennen die Familie Kroker, die bereits die umfassende Sanierung und Modernisierung in dritter Generation in der EHS arbeitet. vieler Bestandhäuser. Es war mir (und ich glaube Was macht dieses Unternehmen so beson- allen in der EHS) also nie langweilig in den letz- ders, dass Familie Kroker aber auch Sie bis ten dreieinhalb Jahrzehnten. Die Heimstiftung heute geblieben sind? stand und steht für moderne Entwicklung der Pflege- und Betreuungsangebote. Bei solch einem Frau Kroker Senior, sie heißt eigentlich Lohrmann, großartigen Unternehmen möchte man doch war damals Verwaltungsmitarbeiterin in Winnen- gerne arbeiten. den, ihre Tochter Ina Kroker arbeitete später als Ralf Oldendorf 1984 Heimleiterassistent, Haus auf dem Wimberg, Calw 1985 Heimleiter, Haus im Schelmenholz, Winnenden 1998 erster Regionaldirektor der EHS 2003 Bereichsdirektor für Bau und Marketing 2007 Prokurist Regionen & Markt | Gute Pflege | 1_2020 | 9
Wir als Arbeitgeber – Generationen Ankommen und durchstarten. – Unser Traineeprogramm Heute schon an morgen denken, und voraus- Pflegequalität und gute Führung sicher. Im Mit- schauend zukünftige Einrichtungsleitungen telpunkt des Programms steht zum einen die ausbilden, das ist das Ziel des Traineepro- theoretische Ausbildung, aber auch besonders gramms. Denn eine Pflegeeinrichtung zu leiten die Anwendung in der Praxis. Im Oktober 2020 ist eine große fachliche und persönliche Heraus- startet das Traineeprogramm in einer Neuauf- forderung und eine echte Berufung. Dafür neh- lage. Zweimal jährlich können dann interne und men wir vielversprechende Talente in unser externe Bewerber in der EHS ankommen und Traineeprogramm auf und stellen damit beste durchstarten. MODUL ZIEL Aus 4 Modulen setzt sich das Traineeprogramm zusammen, in denen die Teilnehmenden alle relevanten Arbeitsbereiche der EHS kennenlernen, dabei werden sie START MODUL ZIEL stets von erfahrenen Führungskräften und Fachexperten begleitet. MODUL In12 Monaten erlernen die Trainees praktische sowie strategische Kompetenzen, die für die Führungsaufgaben einer Hausdirektion notwendig sind. In den letzten 16 Jahren haben bereits über 170 Führungskräfte das Traineeprogramm erfolgreich durchlaufen. 15 Trainees sind aktuell EHS-weit im Einsatz. 10 | Gute Pflege | 1_2020 |
Modul 1 Basismodul in der Zentrale Die Trainees lernen die zentralisierten Prozesse und Strukturen kennen und tauchen in die EHS-Familie ein. Format: Führungstraining, Workshops, Hospitationen in relevanten Referaten und Stabsstellen der Zentrale. Modul 2 und 3 Assistenz der Hausdirektion Erfahrene Hausdirektionen arbeiten die Trainees vor Ort, in einer großen (Modul 2) und einer kleinen (Modul 3) Einrichtung, in die typischen Handlungsfelder ein. Format: Praxiseinsätze und Schulungen. Modul 4 Assistenz der Regionaldirektion Für den strategischen Weitblick begleiten die Trainees ihre zukünftigen Vorgesetzten, die Regionaldirektion. Format: Projektaufgaben und Abschlusskolloquium. 140 Führungskräfte gibt es aktuell, die zuvor unser Traineeprogramm Voraussetzungen für eine Bewerbung und eine absolviert haben und nun als Regionaldirektion, Übersicht der offenen Stellen finden Sie unter: Hausdirektion, Pflegedienstleitung oder Referats- www.ev-heimstiftung.de/karriere/traineeprogramm leitung in der EHS tätig sind. | Gute Pflege | 1_2020 | 11
Wir als Arbeitgeber – Generationen Aufgenommen. – Azubis on air Ronja Kämmerer und Sarah Belhimeur im Tonstudio Ein unscheinbares Mehrfamilienhaus, mitten im die Ausbildung bei der EHS. „Wir lassen unsere Wohngebiet und zwei Türen weiter: Wände Mitarbeitenden sprechen – sie wissen am besten, geschmückt mit CDs, Musikinstrumente in jeder warum sie gerne bei der EHS arbeiten und kön- Ecke – den Gang entlang, dann der Blick auf das nen das damit auch sehr authentisch und aus der große Mischpult, mehrere Monitore, die Glas- Praxis anderen vermitteln“, erklärt Dr. Alexan- scheibe. Dahinter zwei Mikrofone. Mittendrin dra Heizereder, Pressesprecherin und Leiterin zwei Mitarbeiterinnen der EHS. Sarah Belhimeur der Unternehmenskommunikation bei der EHS. aus dem Württembergischen Lutherstift in „Ich gehe echt gern zur Arbeit, weil sie wirklich Stuttgart – Pflegehelferin und nun auf dem Weg einen Sinn hat“, spricht Ronja in das Mikrofon zur Pflegefachkraft – und Ronja Kämmerer, – und meint das auch so. Schon ihre Oma arbei- Pflegefachkraft im Haus auf dem Wimberg in tete als Krankenschwester, nun hat die 20-Jäh- Calw. Ihr Arbeitsalltag eigentlich: in der Alten- rige gerade selbst ihre Ausbildung zur Pflege- pflege; heute: Produktion eines Werbespots für fachkraft abgeschlossen. „In der Kampagne ‚Ein Arbeitgeber nach deinen Vorstellungen‘ wollen wir besonders deutlich machen, welche Quali- täten die EHS ihren Mitarbeitenden und Auszu- „Wir lassen unsere bildenden bietet – unter anderem bald zu hören in unserem Spot auf Spotify“, berichtet Heize- Mitarbeitenden reder weiter. „Ich habe bisher als Pflegehelferin gearbeitet, möchte jetzt aber noch meine Aus- sprechen – sie wissen bildung zur Pflegefachkraft fortsetzen. Ich arbeite gerne hier und habe die Möglichkeit mich am besten, warum weiterzuentwickeln. Es hat viel Spaß gemacht im Tonstudio darüber zu sprechen“, verabschie- sie gerne bei der EHS det sich Sarah Belhimeur. arbeiten.“ >>> V ideo zum Making-of im Tonstudio unter www.ev-heimstiftung.de/youtube 12 | Gute Pflege | 1_2020 |
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Grüne Pflege Grüne Pflege. – Auf dem Weg zur klimaschonenden Mobilität Seit einigen Jahren stehen „grüne“ Fragestellun- individuell nach den Gegebenheiten vor Ort ihren gen besonders weit oben auf der Agenda von ökologischen Fußabdruck verbessern. Bereits neun Gesellschaft und Unternehmen. Die öffentliche Einrichtungen haben das Zertifikat erhalten, wei- Wahrnehmung der Zukunftsthemen aus dem tere 17 sind aktuell im Prozess der Qualifizierung. Bereich Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit fin- den nicht zuletzt wegen der zahlreichen Aktivi- Klimafaktor Fuhrpark täten der Fridays for Future-Bewegung und vielen weiteren Gesellschaftsakteuren wachsende „Für uns ist es eine diakonische Selbstverständ- Zustimmung. lichkeit, die gesellschaftlichen Bemühungen um eine Begrenzung der globalen Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu unterstützen“, kom- mentiert Hauptgeschäftsführer Bernhard Schnei- „Mit dem Grünen Segel der. Die EHS orientiert sich dabei an den Zielen des Pariser Abkommens zum Klimaschutz. Sie leisten wir unseren setzt daher zunehmend auf das Zukunftsthema „Grüne Mobilität“. Zielsetzung ist es, den Beitrag zur Bewahrung betrieblichen Verkehrssektor energieeffizienter, klimaschonender und nachhaltiger zu gestalten. der Schöpfung.“ „Wir möchten dabei eine Vorbildfunktion beim eigenen Fuhrpark übernehmen sowie unsere Mitarbeitenden für den Klimaschutz sensibili- sieren“, fasst Suchaneck zusammen. „Als verantwortungsvolles und nachhaltiges Unternehmen hat die EHS die „grünen“ Zeichen Stärkere Fokussierung auf Hybrid- der Zeit erkannt und frühzeitig darauf reagiert“, und Elektromobilität erklärt Martin Suchaneck, Referent Umwelt. Bereits im Jahr 2012 hat die EHS das eigene EHS-weite Gespräche haben gezeigt, dass auch Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagementsystem die Mitarbeitenden von ihrem Arbeitgeber vor- „das Grüne Segel“ entwickelt. „Mit dem Grünen bildliches Verhalten, engagiertes Vorneweggehen Segel leisten wir unseren Beitrag zur Bewahrung und wegweisende Veränderungen bei der betrieb- der Schöpfung, um damit den nachfolgenden lichen Mobilität erwarten. Gesellschaftliche Generationen ein intaktes soziales, ökologisches Entwicklungen rund um den globalen Klimawan- und wirtschaftliches Gefüge zu hinterlassen“, sagt del sowie durch anwachsende Umweltbelastungen Suchaneck weiter. Entsprechend der EHS-Strategie in den Städten und Gemeinden befördern dies. 2025 soll das Grüne Segel in allen Einrichtungen Alternative Antriebe wie beispielsweise Hybrid und Diensten unternehmensweit eingeführt und und Elektro sind hierbei für viele der bevorzugte umgesetzt werden, um den betrieblichen Klima- Lösungsansatz. „Denn Hybrid- und Elektrofahr- schutz schrittweise zu verbessern. In unterschied- zeuge erfüllen trotz etlicher Bedenken zurzeit am lichen Kategorien können die Einrichtungen so besten die ökologischen und gesellschaftlichen 14 | Gute Pflege | 1_2020 |
Anforderungen an die „Grüne Mobilität“. Dabei zuverlässige Mobilität mit weniger CO2-Emissio- darf die Wirtschaftlichkeit natürlich nicht außer nen. Auch die Geschäftsführung setzt mit ihren Acht gelassen werden“, sagt Suchaneck. Fahrzeugen ein Zeichen in Richtung Zukunft und unterstützt aktiv die „Grüne Mobilität“ in der EHS. Erste Schritte zur Hybrid- und Elektromobilität im Fuhrpark In der Zentrale besteht zudem die Möglichkeit, Im Rahmen des Grünen Segels wurden bereits ein privaten Elektro- und Plug-In-Hybridfahrzeuge emissionsfreies 100-Prozent-Elektrofahrzeug und an den EHS-eigenen Ladestationen in der Tiefga- vier verbrauchsreduzierte Hybridfahrzeuge für den rage kostenlos und unbürokratisch aufzuladen. häufig genutzten Fuhrpark der Zentrale der Evan- gelischen Heimstiftung (ZHS) angeschafft. Damit Stark im Bündnis für Luftreinhaltung verfügen fast alle Dienstfahrzeuge der ZHS schon in Stuttgart heute über eine klimaschonende und leise Antriebstechnologie. Dabei dient das Elektrofahr- Auch über das eigene Unternehmen hinaus enga- zeug vor allem für Botengänge und Einkaufs- giert sich die EHS auf Einladung der Landes fahrten sowie Fahrdienste im Stadtgebiet und den regierung von Baden-Württemberg seit dem Jahr angrenzenden Regionen. Gerade auf Kurz- und 2019 im Bündnis für Luftreinhaltung in Stutt- Mittelstreckenfahrten liegt die besondere Stärke gart. In einem umfassenden und verbindlichen und Vorteile des Elektrofahrzeugs. Die Hybrid- Maßnahmenkatalog hat sie sich verpflichtet, für fahrzeuge sind im Gegensatz dazu in ganz Baden- eine bessere Luftqualität zu sorgen und an einem Württemberg unterwegs und sorgen für eine guten Klima für alle Menschen mitzuarbeiten. „Auch die Geschäftsführung fährt auf Fahrzeuge mit Elektro- und Hybridtech- nologie ab.“ | Gute Pflege | 1_2020 | 15
Pflege im Fokus Alltag gestalten. – Mit Konzept 16 | Gute Pflege | 1_2020 |
Seit Frühjahr 2016 wird das Wohn gruppenkonzept in der EHS umgesetzt. Ein wesentlicher Bestandteil ist ein verän- dertes Verständnis von Betreuung in der stationären Pflege. Marlis Dahme, Refe- ratsleitung Hauswirtschaft und Küche und Steffen Till, Referatsleiter Pflege, sprechen über die Rolle der Alltagsbegleitung. Das Konzept Alltagsbegleitung – wie kam kaum miteinander kommuniziert haben: Pflege, es dazu? Hauswirtschaft, zusätzliche Betreuung und gegebenenfalls noch ein Team aus der Beschäf- Till: Unsere Idee war es, aus der Strategie der tigungstherapie. EHS heraus, ein Konzept zu entwickeln, das die Lebensqualität im Alter verbessern sollte – durch Wie gestaltet sich die Finanzierung der Teilhabe und Selbstbestimmung. Daraus entstand einzelnen Berufsgruppen? Kann verhan- unser Wohngruppenkonzept. Das Pflegestär- deltes Personal für die Pflege oder Betreu- kungsgesetz von 2015 hat uns dann optimal in ung gleichermaßen eingesetzt werden? die Hände gespielt. Darin wurde der Personal- schlüssel für die so genannte „zusätzliche Betreu- Till: Wir hatten im Prinzip zwei Bausteine zur ung“ von 1:24 auf 1:20 erhöht. Vorher durfte also Finanzierung: Pflege/Betreuung und Hauswirt- eine Person eingestellt werden und war von der schaft. Das Budget Pflege/Betreuung wurde im Finanzierung für 24 Bewohner zuständig und Laufe der Jahre von der reinen Pflege sehr stark nach der Veränderung nur noch für 20 – wir in Anspruch genommen. Für reine Betreuung haben also einige Stellen pro Einrichtung dazu- stand immer weniger Zeit zur Verfügung. Eine bekommen. Zusätzlich sah die Landesheimbau- klare Vorgabe zur Verteilung der Anteile Pflege verordnung, kleine Wohngruppen mit 15 Bewoh- und Betreuung gibt es nicht. Daher kam auch nern vor – auch das passte genau zu unserer Idee. der Wunsch des Gesetzgebers nach einem Budget Ab Frühjahr 2016 sind wir nach und nach für zusätzliche Betreuung, die dies wieder auf- heimstiftungsweit in die Umsetzung gegangen. fängt. Diese wird seit Einführung von den 2017 wurden im Rahmenvertrag zudem die Per- Krankenkassen finanziert. Dies ist ein weiterer sonalschlüssel nochmals erhöht – wir konnten Finanzierungsbaustein. Wie genau diese zusätz- also mehr Personal verhandeln, das auch zum Teil liche Betreuung ausgestaltet und organisiert in die Alltagsbegleitung geflossen ist. wird, da haben wir durchaus einen Spielraum zur Integration in der Einrichtung. Unserer Dahme: Langenau war die erste Einrichtung, Meinung nach sollte es daher für die Betreuung in der Hauswirtschaft und Betreuung schon ein Gesamtkonzept geben. Hand in Hand gingen. In den meisten Einrich- tungen gab es bis dahin eine konsequente Tren- nung. Mitarbeitende für die Hauswirtschaft und andere Mitarbeitende für die Betreuung. Somit gab es hier und da bis zu vier Berufsgruppen, die >>> | Gute Pflege | 1_2020 | 17
Pflege im Fokus bot. Betreuung ist nach diesem Konzept aber „Zwölf Stunden am Tag sind die immer dann gegeben, wenn einfach jemand da ist, wenn die Bewohner nicht alleine sein müssen, Alltagsbegleitungen Dank egal, ob das bei der Gestaltung und Begleitung Schichtsystem präsent – und für der Mahlzeiten, oder einfach eine der Alltags- begleitungen im Wohn-/Essbereich anwesend ist. die Bewohner ansprechbar. Einsamkeit, allein sein ist ja ein großes Da ist immer etwas los, auch Thema im Alter – auch im Pflegeheim. wenn es nur das Klappern des Inwieweit steht das in Zusammenhang mit dem Konzept Alltagsbegleitung? Geschirrs ist.“ Till: Das ist unter anderem genau die Zielset- zung: Die Alltagsbegleitung steht den Tag über Stefanie Vollmer, Hausdirektorin, mit den Bewohnern in Beziehung und gibt Sicher- Seniorenzentrum Torgasse, Calw heit, Halt und Orientierung. Für mich ist nach wie vor eine der wichtigsten Zielsetzungen: Wir wollen sinnstiftende Tätigkeiten des Alltags biografieorientiert anbieten und damit den Tages- ablauf gestalten. Das wird unmittelbar erlebbar: Tischdecken oder Kuchenbacken kann zum Beispiel sowohl mit den Bewohnern gemeinsam, als auch nur im Beisein der Bewohner stattfinden. Diese Tätigkeiten des Alltags sind unumgänglich, wenn wir eine biografieorientierte Betreuung anstreben. > > > Dieses Konzept vermittelt ein verändertes Dahme: Als weiteren wichtigen Bestandteil im Verständnis von Betreuung (im Pflege- Konzept sehe ich das teilhabende Miterleben – heim). Wie war es früher, was wollen wir ein genialer Begriff für einfach „nur“ dabei sein. heute? Es lässt den Bewohnern die Freiheit zu entschei- den, aktiv mitzumachen oder eben nur dabei zu Till: Vor dem Konzept war die zusätzliche sein. Die Idee ist, die Tätigkeiten über einen Betreuung ganz klar getrennt von der Pflege und längeren Zeitraum direkt bei den Bewohnern Hauswirtschaft. Man könnte vereinfacht sagen: auszuüben. Man nimmt sich explizit viel Zeit für die reine Unterhaltung zuständig. Diese für (gemeinsame) Essensvorbereitung und macht Abgrenzung ist natürlich schwierig. Denn auch das zu einem Teil der Betreuung. Was Bewohner Tätigkeiten aus Hauswirtschaft und Pflege sind noch selbst können und wollen, machen sie auch ja Betreuung, nämlich immer wenn der persön- selbst. liche Kontakt zum Bewohner entsteht. Die Idee des Gesetzgebers hinter der klaren Trennung ist, Till: Einige Prozesse müssen sich da verändern, wer für Betreuung eingestellt wird, soll auch da sie nun anders erbracht werden. Durch die ausschließlich Betreuung leisten. bewohnernahe Umsetzung entstehen natürlich längere Betreuungszeiten mit sinnstiftenden Dahme: In der Praxis lässt sich das ganz schwer Tätigkeiten des Alltags in der Schicht. Dadurch trennen. Gemeinsames kochen und backen ist ja sind die Bewohner viel aktiver im Alltag einge- zum Beispiel ganz eindeutig auch Betreuung. Da bunden und die Aktivierungsangebote zwischen müssen aber zunächst alte Denkmuster aufge- den Mahlzeiten verkürzen sich. brochen werden. Unser Verständnis von Betreu- ung ist, dass diese am Morgen gegen sieben mit Dahme: Das funktioniert grundsätzlich gut. der Schicht der Alltagsbegleitung beginnt und Man muss diese Veränderung ein Stück weit endet, wenn sie wieder geht. Zeitung lesen, Bingo einfordern – und natürlich auch gegenüber spielen etc. ist weiterhin Bestandteil. Wir Bewohnern und Angehörigen kommunizieren. bezeichnen das zukünftig als Aktivierungsange- Dann wird es auch gut angenommen. Die Ange- 18 | Gute Pflege | 1_2020 |
Alltagsbegleitung im Johann-Benedikt-Bembé-Stift, Bad Mergentheim hörigen nehmen wahr, dass die Bewohner wieder deutlich aktiver werden. Aber natürlich müssen „Die Alltagsbegleitungen können auch die Mitarbeitenden die Zeit für diese Ver- änderung bekommen. Über Jahre hinweg haben individuell auf die Bedürfnisse wir eher kommuniziert, alles muss schnell und effizient funktionieren, jetzt muss ein Umdenken der ihnen anvertrauten Menschen stattfinden, sich am Bewohner zu orientieren und eingehen. Somit ist ein vertrautes die vorhandene Zeit dafür tatsächlich zu nutzen. Gesicht da und gibt Sicherheit.“ Das ist bestimmt auch ein großes Thema und ein hoher Anspruch für die Qualifi- Heike Stefke, Leitung Alltagsbegleitung, zierung… Haus am Staufenberg, Heilbronn Dahme: Ja, das ist definitiv eine hohe Kompe- tenz gefordert. Wir haben festgestellt, dass sich das über eine rein interne Qualifikation nicht abdecken lässt. Wir haben dann beschlossen, dass jede Alltagsbegleitung bei uns die Qualifi- kation der zusätzlichen Betreuung mit 160 Stunden absolvieren soll. Diese Qualifikation ist zwar wieder auf die reine Betreuung, ohne Ver- mischung mit Pflege oder Hauswirtschaft, aus- gelegt, aber wir vermitteln dann in einer zusätz- lichen internen Weiterbildung das EHS-spezifische Verständnis. Da gibt es verschiedenste Auffas- sungen. >>> | Gute Pflege | 1_2020 | 19
Pflege im Fokus Alltagsbegleitung im Michael-Hörauf-Stift, Bad Boll > > > Till: Andere Träger verstehen zum Beispiel Till: Der wichtigste Punkt, den wir auch immer Pflege und Betreuung als eine Einheit in Abgren- mitgeben ist, dass man im Gespräch bleiben zung zur Hauswirtschaft. Das wollten wir so muss. Die Kommunikation, die zwischen den nicht. Es ist klar im Konzept definiert, dass es Berufsgruppen stattfinden soll, muss man genau Verantwortlichkeiten für Pflege und Alltagsbe- festlegen und auch überprüfen, ob das umgesetzt gleitung gibt. Die Gesamtorganisation unter der wird. In der Gesamtverantwortung steht nach Pflege wurde nicht angestrebt, um unter ande- wie vor die Pflege, dennoch ist die Zusammen- rem zu verhindern, dass bei einem krankheits- arbeit fachlich und inhaltlich auf Augenhöhe zu bedingten Personalausfall in der Pflege ein organisieren. Mitarbeitender aus der Alltagsbegleitung ein- springt und diese Schicht dann wiederum ent- Dahme: Ich denke, man muss das leben. In fällt. Neben der Pflegedienstleitung haben wir letzter Konsequenz können Regelungen da nur nach diesem Konzept jetzt auch eine Leitung bedingt weiterhelfen. Die Rahmenbedingungen Alltagsbegleitung zusätzlich installiert. kann man festlegen, ja – aber im Endeffekt ist es, wie das ganze Konzept, eine Haltungsfrage. Ein hohes Maß an Koordination ist Das große Gesamtkonzept dahinter ist der trotzdem gefragt. Wie funktioniert die Wunsch der Evangelischen Heimstiftung und Zusammenarbeit in der Praxis? auch der Anspruch, den Bewohnern Teilhabe und Selbstbestimmung zu ermöglichen. Dahme: Klar gibt es da Diskussionen und auch Uneinigkeit, aber ich denke, wenn man das Till: Diesen Weg schlägt das Wohngruppenkon- aushält, bringt das uns und die Kollegen vor zept ein. Das ist nicht mehr die Institution Pfle- Ort längerfristig sehr viel weiter. Es braucht geheim wie wir sie lange kannten. Wir gehen einfach seine Zeit, bis die neuen Strukturen sich hier neue Wege, die sich auch zukünftig weiter- finden. entwickeln werden. 20 | Gute Pflege | 1_2020 |
„Jede Woche mit dem Kioskwagen Spaß bringen und sehen wie die Bewohner gerne selbstständig einkaufen, das ist immer wieder ein tolles Gefühl.“ Ilona Riedemüller, Karl-Gerok-Stift, Vaihingen/Enz Ehrenamtlich engagiert. | Gute Pflege | 1_2020 | 21
Pflege im Fokus Die Küchenprofis. – Hauswirtschaftliche Dienstleistungsgesellschaft (HDG) Eine Folge des Wohngruppenkonzepts ist die Mit 850 Mitarbeitenden übernimmt die HDG Integration der Speisenzubereitung in die Wohn- die Aufgaben der Speisenversorgung und Reini- bereiche. Das hat Auswirkungen auf das Modell gung für die Einrichtungen der EHS, aber auch der Gemeinschaftsverpflegung – das Fachgebiet für externe Kunden. An 105 Standorten sind die einer der Tochterfirmen der EHS, der Hauswirt- Mitarbeitenden im Einsatz. Sie betreiben 17 schaftlichen Dienstleistungsgesellschaft (HDG). Küchen, die unter anderem auch Kindergärten, Schulen und Endverbraucher in Betreuten Woh- nungen beliefern. Der Schwerpunkt liegt jedoch „Aufgrund der Entkopplung auf der Gemeinschaftsverpflegung der einzelnen Pflegeeinrichtungen. Mit der Umstellung auf das von Zubereitung und Verzehr, Wohngruppenkonzept verändert sich nicht nur ist keine Wochenendarbeit die Betreuung – es hat auch Auswirkungen auf die Speisenvorbereitung, denn von einzelnen mehr notwendig und auch der Komponenten bis zu ganzen Mahlzeiten sollen nun bei und mit den Bewohnern zubereitet wer- zeitliche Druck in der Küche den. „Die klassische Großküche wird damit nicht nimmt ab.“ mehr in jeder Einrichtung benötigt, denn viele Aufgaben übernehmen ja die Alltagsbegleitungen Thomas Seyfferth, Leiter der Cook and Chill Küche in Heilbronn 22 | Gute Pflege | 1_2020 |
auf den Wohnbereichen: Frühstück und Abend- gemeinsam verantwortlich, dass das Essen essen werden hier zum Beispiel meist vollständig schmeckt“, erklärt Glasenapp. Um hier entspre- zubereitet“, erklärt Geschäftsführer Heiko Seitz. chend zu schulen, berät Trainerin Michaela Ein Grund für EHS und HDG über eine ganz Hensel, die zuvor selbst in der Alltagsbegleitung neue Küchenstrategie nachzudenken. „Mit Cook tätig war, vor Ort. Sie ist auch die Schnittstelle and Chill nutzen wir zukünftig ein weit verbrei- zur Küche und gibt Rückmeldung an die Küchen- tetes Verfahren in der Gemeinschaftsverpfle- leitung weiter. Die eigentliche Bestellung läuft gung.“ Die Grundidee ist es, die Zubereitung und jedoch digital: Über eine Software können alle den Verzehr der Speisen zeitlich zu entkoppeln. Einrichtungen und Wohnbereiche individuelle ihren Bedarf angeben. „Wird eine Komponente „In drei Großküchen werden die Mahlzeiten des Essens direkt vor Ort zubereitet, etwa ein zukünftig zu 70 Prozent vorgegart, dann auf drei Dessert, kann dieses ganz einfach abbestellt Grad heruntergekühlt und so 72 Stunden haltbar werden. Über das Bestellsystem reagieren wir gemacht. Vor Ort wird das Essen frisch fertig auch flexibel bei personellen Engpässen wenn zubereitet,“ beschreibt Andreas Glasenapp, vielleicht einmal Bewohner vor Ort sind, die sich Bereichsleiter Catering, den Vorgang. Gekocht in größerem Umfang an der Zubereitung der wird saisonal, der Speiseplan ist für jeweils sieben Speisen beteiligen möchten und können. Wochen festgelegt. In dieser Zeit gibt es keine Wiederholungen. „Bis auf die Linsen mit Spätzle, Bereits 41 Einrichtungen der EHS werden von die sind so beliebt, dass es sie in den sieben den bisher drei großen Cook and Chill Küchen Wochen zweimal gibt“, ergänzt Seitz. Die versorgt – seit März auch die Zentrale. Die Gerichte sind nach diesem Verfahren nicht nur Vision: „Unser Ziel der HDG ist natürlich, bis frischer und vitaminreicher, auch die Küchenmit- auf wenige Ausnahmen, diese Verpflegung aus- arbeitenden profitieren: „Aufgrund der Entkopp- zuweiten. „Bestimmt wird es nicht immer jedem lung von Zubereitung und Verzehr, ist keine schmecken, aber wir versuchen den allgemeinen Wochenendarbeit mehr notwendig und auch der Geschmack zu treffen – ich bin da sehr zuver- zeitliche Druck in der Küche nimmt ab.“ sichtlich“, ist sich Glasenapp sicher. Er hat an alles gedacht, denn auch für den Notfall ist Für die Mitarbeitenden in den Wohngruppen vorgesorgt: Sollte es aus irgendeinem Grund allerdings steigt die Verantwortung – denn das einmal nicht möglich sein, das Essen rechtzeitig richtige Fertiggaren der Speisen ist mindestens auszuliefern, verfügt jede Einrichtung über einen genauso wichtig wie das eigentliche Kochen – Notvorrat: ein Eintopf in Konserven, der für eine „Alltagsbegleitungen und Köche sind also Mahlzeit ausreichend ist. | Gute Pflege | 1_2020 | 23
Pflege im Fokus Zusammen sein. – Eine Reise von einsam nach gemeinsam 24 | Gute Pflege | 1_2020 |
Der Koffer steht leer in der Ecke, die Kleider hän- gen im Schrank, an der Tür ein Herz, auf dem „Dass sich jemand steht „Herzlich willkommen“ – alles ist vorberei- tet – die Herausforderung beginnt. Der Einzug in wirklich aufgeho- das Pflegeheim, in vielen Fällen der Auszug aus der Einsamkeit, aber auch ein Abschied. Von lieb ben und geborgen gewordener, oft über Jahrzehnte gewohnter Umge- bung, vom Blick in den eigenen Garten. fühlt, das braucht „Einsamkeit ist ein großes Wort. Ich fühle Zeit.“ mich auch manchmal einsam.“ „Das ist ein Verlust, mit dem man umgehen muss lassen. Leben im Augenblick. „Wenn in der – richtige Trauerarbeit, das erleben wir eigentlich Gruppe ein Lachen da ist, in dem Moment ist früher oder später bei jedem Bewohner, der neu alles gut. Kurze Zeit später kann das schon wie- einzieht“, erzählt Susanne Käfer. Sie ist Diakonin der anders sein: ‚Ich muss telefonieren, meine und arbeitet seit 13 Jahren in den Bereichen Kinder sollen mich abholen.‘ Aber auch das ist Trauer- und Alltagsbegleitung im Spittler-Stift in Ordnung. Das Motto meiner Arbeit ist: Jeder in Schorndorf. „Einsamkeit ist ein großes Wort. ist ok, wie er ist. Dass sich jemand wirklich auf- Ich fühle mich auch manchmal einsam. Man gehoben und geborgen fühlt, das braucht Zeit“, kann mitten unter Menschen sein und sich trotz- erzählt sie, „es ist schade, dass davon manchmal dem einsam fühlen. Gerade der Verlust der Sinne zu wenig bleibt.“ Eine, die wirklich angekommen spielt dabei im Alter eine besondere Rolle.“ Das ist, ist Gertrud Schiede, dieses Jahr wird sie 90. Hören und Sehen wird schwer. Das Schmecken Nach dem Tod ihres Mannes zog sie zunächst verändert sich, laufen wird zunehmend schwie- zurück aus Lübeck in den Süden Deutschlands, riger. Das löst Ängste aus – vor Veränderung und um wieder näher bei ihrer Schwester zu sein. ungewohnter Umgebung – und führt schnell in Nachdem auch sie und ihr Schwager verstarben die soziale Ausgrenzung. „Der Einzug in ein und die Nieren Probleme machten, zog Gertud Pflegeheim kann hier durchaus eine Lösung sein, Schiede 2011 in das Spittlerstift. Positive Energie aber am Anfang steht eine riesige Herausforde- ist ihr Motto: „Man muss immer nach vorne rung, die es für Bewohner, Angehörige und schauen, darf sich nicht hängenlassen, auch Pflege-, wie Betreuungskräfte zu meistern gilt.“ wenn es gelegentlich viel Kraft kostet.“ Gertrud Schiede ist viel unterwegs. Drei Mal in der Woche muss sie zur Dialyse, um fünf Uhr morgens steht „Das rührt seelisch erst einmal alles auf sie dazu auf. „Wenn ich von der Behandlung und bringt durcheinander.“ zurückkomme, mache ich noch einen kleinen Viele kommen gerne, sagen „Es ist gut so“. Sie Spaziergang im Garten – das muss sein.“ Am weinen trotzdem. Erzählen von ihrem großen Sonntag wird sie von Mitgliedern ihrer örtlichen Haus, dem Garten, den Möbeln. Jetzt hier ein Kirchengemeinde zum Gottesdienst abgeholt. Zimmer, viele unbekannte Gesichter, Namen, Montags geht sie in die „Schöne Stunde“ bei Abläufe. Selbst der Weg zum Essen und zurück Susanne Käfer, dafür werden andere Termine ins Zimmer ist fremd. Ein Neustart. „Das rührt schon einmal verschoben. Dort wird einmal in seelisch erst einmal alles auf und bringt durch- der Woche gemeinsam musiziert, erzählt und das einander. Wie kommt man weg von diesem Zusammensein gelebt. Außerdem ist sie seit Gefühl, ich bin ganz am Anfang und fühle mich Jahren im Heimbeirat aktiv. Gelegentlich schließt von aller Welt verlassen? Nicht nur die körperli- sie aber auch gerne die Tür ihres Zimmers. Ger- che Anwesenheit ist wichtig – auch die Seele muss trud Schiede kann gut allein sein. Die Rätselhefte hinterherkommen.“ Eine Willkommenskultur und Bücher stapeln sich auf ihrem Tisch „da ist schaffen, jedem einzelnen vermitteln, dass er oder noch viel zu tun“, sagt sie. „Traurig macht es sie gesehen wird. Das geschieht auf vielen Wegen. mich nur, zu sehen, wie andere sich langsam Doch der Schlüssel sind Freundlichkeit und auf- zurückziehen“ – auch aufgrund fortschreitender richtiges Interesse. Miteinander lachen, mitein- Demenz, nicht mehr aktiv am Leben teilnehmen ander weinen und eine Beziehung entstehen können. >>> | Gute Pflege | 1_2020 | 25
Pflege im Fokus >>> So geht es auch Elsbeth Schiek. Sie hat im „Meine Schwiegermutter lebte lange Jahre alleine Spitler-Stift eine alte Jugendfreundin wiederge- in einem großen Haus und hat sich dort sehr troffen, erkennen kann diese sie schon lange nicht zurückgezogen. Im Michael-Hörauf-Stift in Bad mehr. Sie besucht sie trotzdem regelmäßig und Boll war sie dann wieder unter Menschen, aber bringt ihr Zeitschriften mit, auch wenn das Lesendas Gefühl der Einsamkeit löst sich dadurch nicht ihr inzwischen unmöglich ist. „Man merkt trotz- automatisch auf“, erzählt Pfarrer Christoph dem, dass sie sich über den Besuch freut, sie Buchholz. „Ein älterer Herr, den ich regelmäßig lächelt dann“, erzählt Susanne Käfer. Elsbeth im Pflegeheim besuchte, sagte mir, er würde Schiek ist 81, vor drei Jahren zog sie im Spittler- immer allein sein. Auch die veränderte Wahr- Stift ein, kurze Zeit später auch ihr Mann. „Er nehmung kann da natürlich eine Rolle spielen. hat sich sehr schwer getan, konnte nicht so gut Dazu diese seelische Einsamkeit aufzubrechen, ankommen. An dem Tag als er starb habe ich in dienen auch immer wieder die Gottesdienste, die meinen Kalender geschrieben: ‚Ich bin sehr trau- wir in den Pflegeheimen halten“, berichtet Buch- rig und allein.‘ Aber heute bin ich froh und holz. Das gemeinsame Singen altbekannter Lie- dankbar hier zu sein. Hier ist daheim.“ Während der, auch nur das Sprechen des Vaterunsers, ein eines Krankenhausaufenthalts hatte sie regelrechtBlick, ein Händedruck – all das stärke das Gefühl Heimweh nach dem Spittler-Stift, erzählt sie. der Geborgenheit und Gemeinschaft. „Am Ende muss jeder einzelne Mensch natürlich auch ein Aber nicht immer gelingt es, dass das Pflege- Stück weit selbst offen dafür sein, aus seiner heim den Menschen so schnell Heimat wird. Einsamkeit herauszukommen.“ „Einsamkeit und Gemeinsamkeit gehen Hand in Hand – beides gehört zum Leben.“ Text: Dr. Thomas Mäule Es braucht beides im Leben: Einsamkeit und ein Ort voll von Verheißung. Sie ist zwar einer- Gemeinsamkeit. Beides erweist sich als wichtig: seits der Ort, wo Schlangen und Skorpione in sich gehen und aus sich herausgehen, für sich drohen. Andererseits hat Gott sich den Menschen allein sein und mit andern zusammen sein. Es gerade in der Einsamkeit der Wüste offenbart. braucht beides. Und wir müssen auch beides Die Wüste ist auch der Ort der Begegnung mit können: uns abschließen und uns öffnen. Gott. Er redet in der Wüste, er rettet in der Wüste, er führt die Menschen durch die Wüste Es ist interessant, wie in der Bibel das Wort und lässt Wasser fließen in der Trockenheit. Zwei für Einsamkeit und das Wort für Wüste sich sehr verschiedene Arten von Einsamkeit begeg- genau entsprechen. Die Einsamkeit, das ist eigent- nen uns in der Wüste: Auf der einen Seite die lich die Wüste. Das muss keine Sand- oder Stein- befreiende Einsamkeit. Diese schafft Sinn und wüste sein, es kann auch mitten in einem Zimmer Trost und verhilft zu neuer Kraft. Auf der ande- die Wüste herrschen. In einem Theaterstück von ren Seite gibt es die Einsamkeit, die wie ein enges Camus („Das Missverständnis“) kniet am Gefängnis die Menschen unterdrückt in der Schluss ein Mensch auf der Bühne: „Ich kann in Resignation. Von der ersten Art Einsamkeit gibt dieser Wüste nicht leben“. Wüste und Einsamkeit es zu wenig, von der zweiten Art Einsamkeit zu hängen also eng zusammen. Doch das ist nicht viel. Wie aber können wir etwas verändern: damit alles. Man merkt beim Lesen der Bibel, die Wüste es weniger quälende Einsamkeit gibt, und mehr ist nicht nur ein schrecklicher Ort, sondern auch Einsamkeit, die dem Leben dient? >>> 26 | Gute Pflege | 1_2020 |
„Ich schenke meine freie Zeit den Bewohnern. Jeden Donnerstag ist Singstunde. Das macht den Senioren und auch mir immer wieder sehr viel Freude.“ Roland Kuß, Seniorenstift auf den Wäldern, Fichtenau Ehrenamtlich engagiert. | Gute Pflege | 1_2020 | 27
Pflege im Fokus „Unser soziales terin, ihren persönlichen Minister gegen Ein- Leben braucht samkeit finden. Menschen werden krank, wenn sie sich nicht austauschen können. Wenn sie zwar eine Seele.“ versorgt, aber nicht mehr wichtig für andere sind. Unser soziales Leben braucht eine Seele. Im Grunde genommen läuft alles auf eins hinaus: die ganz einfache Begegnung von Mensch zu >>> In Großbritannien gibt es ein Ministerium Mensch. Jeder der rund 3.000 Ehrenamtlichen für Einsamkeit seit 2018, das sich ganz besonders in der Evangelischen Heimstiftung ist ein per- um Menschen in den Regionen kümmert, wo sönlicher Minister, eine Ministerin gegen die die Verkehrsmittel nicht fahren, wo die Kneipen Einsamkeit. Die jemandem helfen, aus dem geschlossen sind, wo Leute wirklich vereinzeln, Kokon der Einsamkeit herauszukommen. Die weil sie nämlich gar nicht rauskommen, um mit einen wachen Blick haben. Die aus der Zeitung anderen etwas zu machen. Nun lässt sich trefflich vorlesen, zum Spaziergang begleiten, Lieblings- streiten, ob der Staat der Richtige ist, um sich schokolade einkaufen, Behördengänge erledigen des Themas anzunehmen und der wachsenden und vor allem: zuhören, trösten, aufmuntern und Vereinsamung in der Bevölkerung entgegenzu- für einen kostbaren Augenblick das Leben mit- wirken. Unbestritten ist, dass Einsamkeit ein einander teilen. Problem in unserer Gesellschaft ist. Manfred Spitzer, der Ulmer Hirnforscher und Bestseller- Auch Gertrud Schiede bekommt regelmäßig autor, schlägt in seinem neuen Buch „Einsam- Besuch von einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin, keit. Die unerkannte Krankheit“ Alarm. Er die Zeit mit ihr verbringt. Genauso wie sie befürchtet, dass die reichen Industriegesellschaf- schätzt Pfarrer Christoph Buchholz diesen Ein- ten von einer Einsamkeitsepidemie großen Aus- satz sehr: „Die Ehrenamtlichen, die zum Beispiel maßes heimgesucht werden. Einsamkeit kann Bewohner in die Gottesdienste bringen, ganz krank machen und die Lebenserwartung verkür- praktisch Hand anlegen, dort wo sie gebraucht zen. Einsame sterben früher, Einsamkeit ist so werden, leisten großartige Arbeit.“ Denn Leben gesundheitsschädlich wie regelmäßiger Zigaret- ist immer Zusammenleben und die besonderen tenkonsum oder Fettleibigkeit. Wer wünschte Momente sind die, in denen genau diese Gemein- nicht Einsamen, dass sie ihre persönliche Minis- schaft spürbar wird. 28 | Gute Pflege | 1_2020 |
Bauen Wir bauen für Sie. Richtfest Residenz Nehren 30 Pflegewohnungen näres Pflegeheim für 40 Bewohner. Nun wird das Angebot für pflegebedürftige Menschen 15 Tagespflegeplätze um ein ambulantes Wohn- und Betreuungsan- 1 Quartiersraum gebot erweitert. Die Residenz Nehren wird nach dem WohnenPLUS-Konzept der EHS 8 Mio. Investition betrieben. „Es bedeutet, dass wir pflegebedürf- tigen Menschen eine hohe Versorgungssicher- heit, gesellschaftliche Teilhabe und damit In direkter Nachbarschaft zum Pflegewohn- Lebensqualität ermöglichen können – und zwar haus Nehren baut die Evangelische Heimstif- im ambulanten, und nicht im stationären Set- tung eine WohnenPLUS-Residenz als ambu- ting“, erklärt Hauptgeschäftsführer Bernhard lante Wohnform für Menschen mit Pflegebedarf. Schneider. Das gelingt, indem verschiedene Es entstehen 30 Pflegewohnungen, eine Tages- Wohn- und Betreuungsformen angeboten wer- pflege und Räumlichkeiten für die Mobilen den und die Kunden diese je nach individuellem Dienste. Bedarf miteinander kombinieren können. Seit 2011 betreibt die Evangelische Heim- Zur Residenz Nehren gehören 30 Pflege- stiftung das Pflegewohnhaus Nehren als statio- wohnungen und eine Tagespflege für 15 Gäste. Außerdem beziehen die Mobilen Dienste der EHS ein eigenes Büro in der Residenz. Kunden aller Wohnungen können Pflege- und Betreu- ungsangebote der EHS oder eines anderen ambulanten Dienstes beziehen. Ebenfalls zur Residenz gehören eine Physiotherapiepraxis und ein Quartiersraum im Erdgeschoss. Für das Gesamtprojekt investiert die Evangelische Heimstiftung rund acht Millionen Euro. Die Fertigstellung ist für Ende 2020 geplant +++ Bauprojekte 2020: Pflegewohnhaus Alte Feuerwache, Hambrücken – Amalien-Residenz, Hochdorf – Residenz Ingersheim – Karl-Wilhelm-Doll-Haus, Niefern-Öschelbronn – Herzog-Christoph-Residenz, Stuttgart – Königin-Olga-Residenz, Stuttgart – Residenz Weikersheim | Gute Pflege | 1_2020 | 29
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