HospizStern - Trostpunkt für Trauernde Gespräche auf dem Stadtfriedhof Was ist gutes Sterben? Wir haben nachgefragt - Hospiz an der Lutter
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20. Ausgabe | August 2021 HospizStern Menschen im Hospiz Trostpunkt für Trauernde Was ist gutes Sterben? Gespräche auf dem Stadtfriedhof Wir haben nachgefragt
Wer das Hospiz besucht, schaut zuerst auf ein Gänseblümchen. Riesengroß ist die Blüte und wunderschön. Die Nahaufnahme hat Thomas Reichardt gemacht. Seine Naturfotos hängen seit Kurzem dauerhaft im Hospiz an der Lutter ausgestellt. Inhaltsverzeichnis Spenden Kultur im Hospiz Seite 15 Vorwort der 20. Ausgabe Seite 3 Die neue Stiftung Seite 16 Menschen im Hospiz Spenden – aber wie? Seite 17 Wir sind das Hospiz Seite 4 Themenjahr „Was ist gutes Sterben?“ Generationswechsel – Ein lebenswertes Leben bis zuletzt Seite 18 Der neue Vorstand Seite 7 Sterben in Zeiten von Corona Seite 20 Der Trostpunkt auf dem Stadtfriedhof Seite 8 Lesenswert Eine Tochter erzählt Seite 11 Der Büchertisch von Frau Schneider Seite 21 Jeder stirbt für sich allein Seite 12 Lesetipps Seite 22 Resilienz – Immunsystem der Seele Seite 14 Dank und Impressum Seite 23 2 HospizStern August 2021
„Menschen im Hospiz“… …lautet der Titel dieser Ausgabe des HospizSterns. Einige dieser Menschen kommen darin zu Wort. Ohne Menschen gibt es kein Hospiz – dann wären hier nur leere Räume. Ein Hospiz lebt von den Menschen, die sich darin enga- gieren – im Stationären und im Ambulanten Hospiz. Das Hospiz an der Lutter ist mehr als nur Räume am Krankenhaus Neu-Ma- ria-Hilf, es ist eine Bewegung, ein Engagement in der Mitte un- serer Gesellschaft. Hospiz, das sind Menschen, die begleiten, zu- hören, beraten, mitweinen, mitlachen, Menschen, die sich anvertrauen, die pflegen, klären, mitaushalten, mitdenken, beten und auch Menschen, die Zahlen im Blick haben, Rechnungen überweisen, die Zeit oder Geld spenden… Und so ist ein Hospiz immer in Bewegung, Menschen kommen dazu, andere gehen, die Räume werden an- ders gestaltet, neue Ideen werden geboren – wie in diesem Früh- jahr der Trostpunkt, als weitere Form der Trau- erbegleitung und die Errichtung einer Hos- pizstiftung, um eine weitere Möglichkeit der finanziellen Unterstützung anzubieten. Die Zusam- mensetzung des Vorstands hat sich erneut verändert. „Was ist gutes Sterben?“ – diese Frage haben die Hos- pizverbände in Niedersachsen in diesem Jahr in den Mittelpunkt gestellt. Sie gibt Anlass zu Gesprächen und Kontroversen. Menschen, die sich in der Hospizbewe- gung engagieren, beschäftigt diese Frage im Innersten, und eine einfache, für alle gültige Antwort darauf gibt es nicht. Aber es ist gut, sich darüber auszutauschen, andere Vorstellungen, andere Wünsche zu erfahren. Las- sen Sie uns in der zweiten Jahreshälfte dazu miteinander ins Gespräch kommen – beim gemeinsamen Essen mit Freunden, beim Familientreffen, am Stand in der Innen- stadt, beim Welthospiztag, am Krankenbett… Ihre Elke Reichardt, Vorsitzende des Hospiz an der Lutter HospizStern August 2021 3
Menschen im Hospiz Es gibt viele gute Gründe, sich für die Arbeit im Hospiz zu entscheiden An der Bettkante sitzen Nach Abschluss meiner Berufstätigkeit als Psychothera- peutin wollte ich diese berufliche Qualifikation auch in die ehrenamtliche Tätigkeit einbringen, für die ich mich seit inzwischen zehn Jahren engagiere: die Mitarbeit im Hos- piz. Es geht ums Zuhören und um einfühlsames Begleiten, „an der Bettkante sitzen“, wie es in einer Geschichte des Autors Peter Spangenberg heißt, ein Ohr haben für die Sorgen und Nöte der Hospizgäste, aber auch darum, die Freude über Erinnerungsfunde zu teilen und zu verstärken. Es geht ums Dasein für Spaziergänge im Hospizgarten, um Zeit haben zum Essen anreichen, für Gespräche mit Gästen und Zugehörigen, zum Singen und auch Beten und nicht zuletzt auch zum Austausch mit den Mitarbeitern des pro- fessionellen Teams. So ungewöhnlich es klingen mag: Die Begegnung und Aus- einandersetzung mit unheilbarer, schwerer Krankheit und Tod machen mein Leben reicher und lebendiger. Dafür bin ich dankbar. Gudrun Schiemann-Diepold, ehrenamtliche Mitarbeiterin Den Tod aus der Tabuzone holen Wenn ich erzähle, wo ich seit kurzem arbeite, sind die Reaktionen sehr unterschied- lich. „Eine wichtige Aufgabe“, höre ich manchmal. Sogar „Das würde ich auch gern machen“, hat jemand gesagt. Das ist allerdings die Ausnahme. Oft folgt erst einmal Schweigen. Häufig bleibt es auch dabei. Keine Nachfrage – Themenwechsel. Das zeigt, wie wichtig es ist, über unsere Arbeit zu reden, das Schweigen zu brechen, zu kommunizieren, was diese Arbeit wichtig, wertvoll und gut macht. Ich arbeite gern im Hospiz, weil ich den Menschen, für die das Hospiz da ist, Gehör schenken und ihnen ein Sprachrohr sein kann. Die Hospizbewegung überzeugt mich, und ich möchte mich für diese Haltung einsetzen. Dabei ist mir wichtig, das Thema „Tod“ aus der Tabuzone zu holen. Ich habe nie verstanden, warum halb Deutschland am Abend Krimis mit zig Toten anschaut, sich am Tag bei dem Thema aber lieber wegduckt. Eida Koheil, Öffentlichkeitsarbeit 4 HospizStern August 2021
Gut 30 hauptamtliche und mehr als 100 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören zum Team. Was sind die Beweggründe, an diesem Ort zu arbeiten? Und warum arbeiten die Menschen gern hier? Einige Antworten lesen Sie hier. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen Als ich im Sommer 1998 mein Prakti- kum im damals noch jungen Stationä- ren Hospiz an der Lutter während mei- ner Krankenpflegeausbildung absolv- ierte, bekam ich einen Eindruck dieser wichtigen und gleichwohl spannenden Arbeit. Das was die Arbeit so spannend Die letzte Zeit so schön macht ist, dass jeder Tag in der Zusam- wie möglich gestalten menarbeit mit Gästen und Angehöri- gen neue Herausforderungen bringt. Ich bin Alina Scharberth, 25 Jahre alt und Es gibt keine feste Tagesstruktur, außer nun seit fast drei Jahren in der Hospizar- der, die die Gäste mit ihren Bedürfnis- beit tätig – seit dem 1. April 2021 im Hospiz sen vorgeben. an der Lutter hier in Göttingen. Warum arbeite ich so gern im Hospiz – vor allem Im Nachhinein beschreiben wir diese im Hospiz an der Lutter? Es sind die Men- Zeit als Pionierzeit der in Deutschland schen, mein Team, die Warmherzigkeit noch jungen Hospizarbeit. Denn viele und das Füreinanderdasein. Es sind gleich- organisatorischen Dinge, die heute zeitig auch unsere Gäste, die mich häufig ausgereifter sind, waren damals noch beeindrucken und durch ihre Lebensge- nicht so geregelt. Auch die Gesetzge- schichte inspirieren. Die Pflege, die Ge- bung hat viele finanzielle Dinge für spräche oder einfach die Begegnungen Gäste und Angehörige erleichtert. mit Menschen, die am Ende ihres Lebens Die Zeiten ändern sich, doch eins ist stehen, sind ganz besonders. Ihnen ihre geblieben: der intensive und würde- letzte Zeit, die noch bleibt, so schön wie volle Umgang mit Gästen und deren möglich zu gestalten, das ist es, was ich An- und Zugehörigen. Und auch der gern mache und was mir sehr viel zurück- Umgang der Mitarbeitenden im Hos- gibt. piz, sowohl der Ehrenamtlichen als auch der Hauptamtlichen, ist traditio- nell authentisch und fürsorglich. So er- Alina Scharberth, Pflegerin lebe ich es. Und dass es so ist, gibt mir immer wie- der Kraft für die Arbeit – auch und ge- rade, wenn es mal schwierige Pflege- situationen gibt. Jens Eikemeier, Pfleger HospizStern August 2021 5
Die familiäre Atmosphäre hier genieße ich sehr Ich habe mich 2002 im Hospiz beworben, weil ich den Hospizauftrag enorm wichtig finde. Und das nicht nur aus Sicht der Gäste und ihrer Angehörigen, sondern auch gesellschaftspolitisch. Bereits nach kurzer Zeit habe ich mich von einem tollen empathischen Team sehr gut aufgenommen gefühlt. Die familiäre Atmosphäre hier genieße ich sehr und weiß die Rahmenbedingungen dieser Arbeit sehr zu schätzen. Jeder im Hospiz ist bemüht, zum Erhalt dieser so wichtigen Einrichtung in seinem Bereich das Beste zu geben. Die Entscheidung, hier zu arbeiten, war auf jeden Fall die richtige. Ich bin sehr gern ein Teil dieser Aufgabe. Simone Rinke, Finanzverwaltung „Ich arbeite gerne im Hospiz, weil…?“ Das ist eine Frage, auf die es meiner Meinung nach viele Antworten geben kann, auch wenn sie auf den ersten Blick schwer zu fassen sind. Von Menschen von außen wird das Hospiz oft als ein Ort des Sterbens gesehen. Große fragende Augen begegnen mir mit traurigem Blick, wenn ich Menschen von außen erzähle, dass ich im Hospiz arbeite. Ich bekomme Rückmeldung wie „Oh, das muss schwer sein“ oder „Das könnte ich nicht“. Für mich jedoch ist es auch ein Ort voller Freude, Wertschätzung, Würde und Fürsorge. Ein bunter Ort voller Menschen, Musik, Lachen und ge- meinsam verbrachter Zeit. Die Bedürfnisse unserer Gäste und zu Be- gleitenden stehen an erster Stelle, und alle können ein offenes Ohr für jegliche Belange finden. Die Zeit, die wir als Mitarbeiter mitbringen, und die Sicherheit, die wir geben können, sind dabei wichtige Aspekte. Sicherheit auf einem Weg voller Unsicherheiten, voller Sorgen und Ängste. Auch wenn wir uns innerhalb unseres Lebens seltener mit seiner End- lichkeit beschäftigen, ist es umso wichtiger, in diesem Prozess, der uns alle irgendwann betreffen wird, Ansprechpartner zu haben und einen Ort, auf den wir zurückgreifen können. Wir sind in diesem letzten Lebensabschnitt an der Seite der Menschen und ihren Zugehörigen, begleiten und unterstützen sie. Sowohl im Sta- tionären Hospiz als auch im Ambulanten Hospiz, zu Hause, im Pflege- heim oder im Krankenhaus. Um dies leisten zu können, sind wir auf die Hilfe unserer großartigen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen. Insgesamt sind wir ein Team unterschied- lichster Menschen, die die Arbeit im Hospiz umso mehr bereichern. Viele wunderbare Gründe, warum ich gerne im Hospiz arbeite und un- glaublich dankbar dafür bin. Katja Unland, Leiterin des Ambulanten Hospiz an der Lutter 6 HospizStern August 2021
Auch bei Jüngeren für Akzeptanz werben Generationswechsel im Vereinsvorstand In den Vereinsvorstand des Hospiz an richtung des Hospizes immer im Blick nommen und sich im Bereich der Öf- der Lutter sind Kim Ockershausen und zu haben. fentlichkeitsarbeit engagiert. „Im Vor- Tatjana Wieland als neue Mitglieder stand möchte ich meine Fähigkeiten gewählt worden. Dies war nötig ge- Christine Petersen war dem Hospiz einsetzen für den Erhalt und die Erwei- worden, weil die Vorstandsmitglieder über mehr als 25 Jahre verbunden. Im terung der Akzeptanz und Wahrneh- Christine Petersen und Prof. Dr. Peter Vorstand war sie Ansprechpartnerin mung des Hospizes in der Göttinger Diepold ihre Ämter nach jahrelanger für das Ambulante Hospiz. Öffentlichkeit, sowie die Förderung verantwortungsvoller Tätigkeit nieder- Mit den Nachfolgerinnen sind zwei und Verbreitung des Hospizgedankens gelegt hatten. Frauen in den Vorstand gewählt wor- auch bei jüngeren Menschen“, sagt sie. Prof. Peter Diepold hat sich enorm für den, die sich seit langem für das Hospiz Tatjana Wieland, ist dem Hospiz an der das Hospiz an der Lutter engagiert. Un- an der Lutter einsetzen. Kim Ockers- Lutter seit dem Jahr 2018 als ehren- ter anderem hat er die Homepage hausen ist Lehrerin am Göttinger Max- amtliche Mitarbeiterin eng verbunden. www.hospiz-goettingen.de mit einem Planck-Gymnasium. Sie ist dem Hospiz Durch ihre eigenen Erfahrungen mit umfangreichen Archiv zur Vereinsge- durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit seit Sterbenden und ihre christliche Über- schichte aufgebaut und gepflegt. sechs Jahren verbunden. Unter ande- zeugung ist es Tatjana Wieland ein Wichtig war ihm als Theologe beson- rem hat sie Menschen im Stationären persönliches Anliegen, den Hospizge- ders, die geistliche und spirituelle Aus- Hospiz begleitet, Abenddienste über- danken weiter in die Gesellschaft zu tragen. Die 52-Jährige arbeitet bei der Sparkasse Göttingen. „Meine Fähigkei- ten, Erfahrungen und mein Netzwerk möchte ich dabei insbesondere dazu einsetzen, dass sich das Hospiz weiter etabliert und über die nötigen finan- ziellen Grundlagen verfügt, um die Ar- beit aktiv und innovativ zu gestalten“, sagt sie. Eida Koheil Der neue Vorstand (v.l.): Elke Reichardt, Christian Müller, Kim Ockershausen, Uwe Roselieb, Susanne Fischer, Tatjana Wieland und Marc Störmer. HospizStern August 2021 7
In der Trauer gemeinsam gehen Auf dem Göttinger Stadtfriedhof bietet das Hospiz am „Bogen der Erinnerung“ Gespräche für Trauernde an Wo finde ich Trost in Zeiten der Kon- barin, die einem freundlich zulächelt, Stille unterbrechen. Entweder sitzt taktbeschränkungen? In der Corona- aber das ist nicht dasselbe, wie der man zu zweit auf einer Bank oder geht Pandemie ist es schwierig geworden, Austausch mit Menschen, die selbst gemeinsam in kleinen Runden über Menschen in ihrer Trauer zu begleiten. den Verlust eines nahestehenden Men- den Friedhof. So kann es vorkommen, Trauergruppen und Trauercafés sind schen erlebt haben. dass die Bank leer ist, aber spätestens geschlossen – aber die Sorgen sind zur halben oder vollen Stunde treffen Um den Austausch – mitunter auch noch da. Um Trauernde nicht allein zu die Spaziergänger wieder ein. über ganz praktische Dinge, die gere- lassen, ist auf dem Göttinger Stadt- gelt werden müssen – zu ermöglichen Der Trauer Zeit geben friedhof am „Bogen der Erinnerung“ wurde der Trostpunkt ins Leben geru- ein Trostpunkt entstanden. Ehrenamt- Diese begleiteten Spaziergänge sind fen. An einer Bank am „Bogen der Er- liche Trauerbegleiterinnen des Hospiz nicht als therapeutische Angebote zu innerung“ erwarten zwei ehrenamtli- an der Lutter sind dort für trauernde verstehen. Allenfalls stellen diese Be- che Mitarbeiterinnen des Hospizes, die Menschen da. Draußen mit dem nöti- gegnung und dieser Ort eine Kontakt- zum Trostpunkt kommenden Men- gen Abstand, aber nah an den Sorgen. möglichkeit dar, der Trauer Raum und schen. Deutlich erkennbar sind sie durch die orangefarbenen Regen- Zeit zu geben und sie aussprechen zu Orangefarbene Regenschirme schirme. können. Zurzeit haben trauernde Menschen Den Mitarbeiterinnen geht es in den wenige Möglichkeiten, ihren Schmerz Der Ort ähnelt eher einem verwun- Gesprächen um ein achtsames Zuhö- mit anderen Trauernden zu teilen. Zwar schenen Park als einem Friedhof. Ein ren, dem Erspüren, was für den jewei- gibt es Freunde oder die nette Nach- Ort der Ruhe; es sind die Vögel, die die ligen Menschen gerade jetzt so schwer, ist sowie den Überlegungen, was ihm guttun würde. Und ob es hilfreich sein könnte, weitere Anlaufstellen zu ver- mitteln, falls die Trauer zu belastend ist. Oft geschieht es auch, dass es nicht die Hospiz-Mitarbeiterinnen sind, die Zuspruch geben, sondern es sind die Trauernden selbst, die sich zuhören und auch von eigenen, für andere hilf- reiche Erfahrungen berichten. Die Spaziergänge finden wöchentlich statt, mal vormittags, mal nachmittags. Die Termine werden auf der Homepage www.hospiz-goettingen.de und in der lokalen Presse veröffentlicht. Auf Pla- katen an den Eingängen des Friedhofs finden sich weitere Hinweise. Dort gibt es auch einen Plan mit dem Weg zum Christine Sichtmann, Barbara Ahlrichs und Heide Reinshagen (v. l.) stehen Trostpunk. Die Stadt Göttingen unter- für Trauergespräche auf dem Göttinger Stadtfriedhof zur Verfügung. stützt das Projekt und hat dafür einen 8 HospizStern August 2021
Zeichnung: Stadt Göttingen Standort „Trostpunkt“ Schaukasten am „Bogen der Erinne- rung“ aufgestellt. „Das stärkt und gibt Trost zugleich“ Offenes Angebot Ulrike Albrecht ist schon mehrmals chen konnte, mit welchen Schwierig- „Das Hospiz an der Lutter möchte mit zum Trostpunkt gekommen, obwohl keiten ich am Anfang, und nicht nur dem Trostpunkt ein verbindliches und der Tod ihres Angehörigen schon fast am Anfang, zu kämpfen hatte. Selbst offenes Angebot schaffen, ohne die drei Jahre zurückliegt. Die ehrenamtli- nach nahezu drei Jahren treten offene Hürden einer schriftlichen oder telefo- che Trauerbegleiterin Jutta Stubbe hat Fragen auf, die mich berühren und nischen Anmeldung“, sagt Manja sie nach ihren Erfahrungen gefragt. nicht loslassen. Vergeblich suche ich Schondorf-Denecke, Koordinatorin der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Hospiz: Frau Albrecht, warum kom- nach Antworten. Im Trauercafé traf ich Ambulanten Hospizes. men Sie zum Trostpunkt? auf Menschen, die ebenso fragend und Ulrike Albrecht: Schon häufiger war ich suchend sind. Ich spürte: Ich bin nicht Trauerarbeit wird für Hospize leider allein. Hier kann ich weinen. Denn trotz nicht finanziert, der Trostpunkt ist ein beim Trauercafé vom Hospiz und habe dort sehr angenehme Erfahrungen ge- vieler Schicksalsschläge bin ich noch zusätzliches Angebot. „Wir sind froh, macht. Ich fühlte mich geborgen und nie so tief in eine Trauer gefallen wie dass unsere Ehrenamtlichen sich dieser verstanden, wenn ich von meiner Ein- nach dem Tod meines Ehemannes. wichtigen Aufgabe annehmen.“ samkeit, meinem Schmerz und dem Durch die Pandemie fielen die Treffen Jutta Stubbe | Eida Koheil Verlust erzählte. Dass ich dort ausspre- im Trauercafé schon seit langem völlig HospizStern August 2021 9
Trauergespräche Das Hospiz an der Lutter bietet trauernden Menschen auch ein kostenfreies Angebot für Einzelgespräche an, unabhängig da- von, ob der Verlust schon länger zurückliegt und ob eine Ver- abschiedung möglich war oder nicht. Weitere Informationen und Terminabsprache unter Telefon 0551 / 50343821. Ulrike Albrecht und Teils erleichtert, teils mitfühlend, mit- Jutta Stubbe haben unter aber auch aufgewühlt. Erleich- sich auf dem Göttinger tert, weil ich wieder spüre, ich bin nicht Stadtfriedhof zum allein. Hier treffen Menschen aufeinan- Gespräch getroffen. der, die gleiches empfinden und trotz- dem auf sehr unterschiedliche Weise ihre Trauer verarbeiten. Und alles an Gefühlen und Formen der Trauer darf sein, es gibt kein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘. Keiner sagt, diese oder jene Art der Trauer sei unmöglich, oder zu lang, oder belächelt die Gefühle des anderen. Auch die Wut, häufig ein stiller Beglei- ter der Trauer, darf ausgesprochen wer- den. Mitfühlend, weil ich erlebe, dass die Trauer in jedem Leben eines Menschen etwas Einzigartiges ist. Sie reißt den aus. Und das Zusammensein in der bekam dort Mitgefühl und den Mut, Boden unter den Füßen weg. Nichts ist Gruppe, in dem liebevoll gestalteten immer ein Stück nach vorn zu blicken. mehr so, wie es einmal war, und es und geschützten Rahmen, die Nähe zu kann auch niemals mehr wieder so Freilich sind die Spaziergänge etwas den anderen Trauernden, hat mir schon werden, wie es einmal war. Das muss anders als das Trauercafé, und sie sind sehr gefehlt. Dann hörte ich von den jeder Trauernde und jede Trauernde für letztlich auch kein Ersatz für jenes. Spaziergängen auf dem Friedhof und sich annehmen und damit zu leben ler- Aber ich traf auch hier auf Menschen, freute mich, dass das Hospiz nach nen – ein langer Weg. mit denen ich über die gleichen Fragen neuen Möglichkeiten des Zusammen- Aufgewühlt, weil ich so viele unter- sprechen konnte, über die man weder seins gesucht hat und diese nun auch schiedliche und zum Teil sehr erschüt- mit den eigenen Kindern, den Ange- anbietet. Und so kam ich zum Trost- ternde und unfassbare Schicksale zu hörigen noch mit Freunden reden punkt. hören bekomme. Ich sehe dann, was möchte, weil man sie in die eigene Was hatten Sie erwartet? Trauer nicht mit hineinziehen möchte, manchen Menschen zu tragen aufge- Was haben Sie erlebt? vielmehr will man sie ja schonen. Die bürdet worden ist und frage mich, wie Rundgänge sind insofern etwas ande- kann das ein Mensch nur verkraften. Etwas skeptisch war ich schon, dass die res als sie eine gewisse Lockerheit zu- Aber hilfreich bei all dem Schweren, Spaziergänge ein Ersatz für das Trau- lassen und es bei einem Treffen ver- das zur Sprache kommt, ist die behut- ercafé sein könnten. Ebenso skeptisch mehrt zu Einzelgesprächen mit same Begleitung durch die ehrenamt- war ich zunächst allerdings auch ge- unterschiedlichen Menschen kommt. lichen Mitarbeiterinnen. Das stärkt genüber einem Trauercafé: Kaffeetrin- Vielleicht könnte man in Zukunft bei- und gibt Trost zugleich. Und so gehe ken mit traurigen Menschen, denen des anbieten. ich mit der Vielfalt der Eindrücke dann das Hospiz Abwechslung vom Trauer- doch ganz erfüllt und ruhig wieder alltag schenken möchte – ist das etwas Mit welchen Gefühlen und Eindrücken nach Hause. für mich? Aber so war es ja nicht. Ich sind Sie wieder nach Hause gegangen? Jutta Stubbe 10 HospizStern August 2021
Die Hände sind wieder frei ... Kathrin Vogel hat ihre Mutter im Hospiz begleitet Wenn sich die Tür zum Hospiz öffnet, verständlich mit Kaffee und Kuchen Ein Geschenk, das meiner Mutter am bleibt das Lächeln der Pflegenden bei versorgen, Türen öffnen, wenn Nähe Ende wertvoller war als der heißge- der Begrüßung hinter der Maske ver- wichtig ist und geschlossene Türen res- liebte gute Kaffee. borgen, doch es ist spürbar in Worten pektieren. Zugewandte Hände testen und im Augenkontakt. Anstelle eines mich klaglos jeden dritten Tag auf Co- Es liegt auf der Hand Handreichens haben die Hände Kon- vid-19 und haben dabei meist Zeit für Die Hände in den Schoß legen, um zu- takt mit Desinfektionsmittel. Trotzdem ein Gespräch. hören zu können, sich Zeit nehmen, ob- sind Hände mein Sinnbild für die Zeit Zu einem Ritual voller Nähe und wort- wohl gerade viel zu tun ist, das habe im Hospiz als nächste Angehörige. loser Zuwendung hat sich die tägliche ich als sehr kostbar und hilfreich erlebt Helfende Hände nehmen mir die Last Fußmassage entwickelt, Streichelein- in einer auch privat so kontaktarmen der unmittelbaren Pflege und Versor- heiten begleitet vom duftenden Ros- Corona-Zeit. Diese Menschen, egal mit gung meiner Mutter ab, die zuvor ich marinöl. Die Idee und die erste Mas- welcher pflegerischen, leitenden, me- getragen habe. Auf einmal sind die ei- sage verdanken wir auch den dizinischen, sozialarbeiterischen oder genen Hände wieder frei, haben Zeit, pflegenden Händen einer Schwester. geistlichen Aufgabe sie betraut sind, um Hand zu halten mit diesem gelieb- haben sich eingelassen auf mich, konn- ten Menschen. ten abwarten und sorgsam wählen, Es sind professionelle Hände, denen ich mit welchen Worten sie mir die Hand meine Mutter anvertrauen kann, zu de- reichen – und auch ein Taschentuch, nen sie gut Vertrauen aufbauen kann. wenn nötig. Besonders im Abschied- Menschen, die uns Zeit lassen anzu- nehmen fühlte ich mich nicht allein- kommen, helfen, pflegen und respekt- gelassen. Hände zünden eine Kerze an voll zurückhaltend selbstbestimmtes und spenden Zuwendung und Licht, Handeln ermöglichen, auch wenn das wenn das Leben zu Ende gegangen ist zeitaufwändig ist. und doch für die Angehörigen weiter geht. Zugewandte Hände Es liegt auf der Hand, ich blicke dank- Es sind Hände, die heißgeliebte bar auf die Zeit im Hospiz zurück, an Spiegeleier braten, die Gitarre die mich das Licht auf dem Schreib- spielend Erinnerungen wecken, über tisch und die von meiner Mutter ge- die wir ins Erzählen kommen. Hände, liebten Hände aus Ton erinnern. die auch mich unerwartet wie selbst- Kathrin Vogel HospizStern August 2021 11
Ein letzter Weg Eine Hospizbegleiterin erzählt über ihre Beweggründe Jeder stirbt für sich allein. Dessen war mer war; meine Schwester tat ihren fernt von uns. Sie ging ganz einfach ich mir sicher, denn so hatte ich es in letzten Atemzug, und mein Schwager fort. Noch 30 Jahre nach ihrem Tod er- meiner Familie erlebt. Mein Vater starb, und ich saßen an ihrem Bett. Sie war fasst mich plötzlich große Trauer, ver- als niemand von uns in seinem Zim- räumlich nah, aber seit Tagen weit ent- mischt mit Zorn. Warum musste sie so früh sterben? Ich hätte sie gern in mei- nem Leben behalten. Ausbildung nach dem Celler Modell Im zweiten Weltkrieg verlor meine Fa- milie viele Angehörige. In meinem ge- samten Leben war der Tod immer ein Thema, in Erzählungen meiner Mutter beschrieben. 2001 war meine Her- kunftsfamilie tot, aber ich am Leben. Es dauerte noch einige Jahre, bis ich mit meiner Hospizausbildung begann, denn ich wollte nach meiner Pensio- nierung nicht fremdbestimmt leben, sondern frei selbst agieren. 2014 be- gann meine Ausbildung nach dem Cel- ler Modell, 2015 besuchte ich die erste Sterbende im Pflegeheim. Ich habe sie ein Vierteljahr begleitet, und ich erin- Anne Schmidt-Dahrendorf: Mit den Handpuppen habe ich sie zum Lachen gebracht. Darüber habe ich mich gefreut. 12 HospizStern August 2021
Am Ende wissen, wie es geht: Der Letzte Hilfe Kurs Das Lebensende und das Sterben machen uns als Mitmenschen oft hilflos. Obwohl die meisten Menschen sich wünschen zu Hause zu sterben, stirbt der größte Teil der Bevölkerung in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Das Hospiz an der Lutter bietet einen Basis-Kurs zur Letzten Hilfe an, in dem Bürgerinnen und Bürger lernen, was sie für ihre Mitmenschen am Ende des Lebens tun können. Wissen um Letzte Hilfe und Umsorgung von schwerkran- ken und sterbenden Menschen muss (wieder) zum Allgemeinwissen werden. nere mich sehr genau an sie. Sie war Mitte 70, sehr gepflegt, nach Schlag- Der Kurs besteht aus vier Unterrichtseinheiten zu jeweils 45 Minuten: anfällen halbseitig gelähmt. Sie konnte 1. Sterben als ein Teil des Lebens die rechte Seite nur eingeschränkt be- 2. Vorsorgen und entscheiden wegen, die rechte Hand konnte meine 3. Leiden lindern Hand wegschieben, wenn sie meine 4. Abschied nehmen Berührung nicht mehr wollte. Ich fragte sie immer zuerst, ob ich sie be- Anmeldung sind möglich unter rühren dürfe, sie antwortete mit ihren ambulantes-hospiz@hospiz-goettingen.de oder 0551 / 50343821. klaren Augen, wenn sie nicht schlief. Weitere Informationen: www.letztehilfe.info. Wenn sie schlief, berührte ich behut- sam ihre Stirn, auch ihren Kopf oder ihre Schultern und achtete auf ihre und sie war schön. Als ich von ihrem Ich wünsche mir am Ende Atemzüge. Tod erfuhr, war ich dankbar, dass ich meiner Zeit sie begleiten durfte. Dankbar bin ich Mitgefühl und Barmherzigkeit Ein Stinktier und ein Fuchs auch, dass ich durch die Hospizarbeit etwas geben kann, was gebraucht und jemanden, der zu mir hält, Ihr Zimmer war ansprechend einge- wird: Zeit, menschliche Wärme, Dasein. wenn mein Leben von mir fällt. richtet, überall hingen Tierbilder. Sie sei Und wenn meine Zeit, mein letzter so gern in Hagenbecks Tierpark gewe- Vielleicht stirbt doch nicht jeder für Weg gekommen ist, wünsche ich eine sen, erzählten die Angehörigen. Das sich allein. Hospizbegleitung, wenn es möglich ist. brachte mich auf die Idee, ihr etwas 2015 schrieb ich: Anne Schmidt-Dahrendorf mit Tierhandpuppen vorzuspielen. In meinem Berufsleben hatte ich im Eng- lischunterricht Handpuppen benutzt: Ausbildung für Hospizbegleiter: Grund- und Aufbaukurs für Ehrenamtliche einen Bären, einen Löwen, ein Stinktier, einen Fuchs. Mit diesen Tieren habe ich Regelmäßig bietet das Ambulante Hospiz Kurse für Ehrenamtliche an, um sie sie zweimal zum Lachen gebracht, tief auf diese besondere Aufgabe vorzubereiten. Eine Hospizbegleitung kann ganz aus dem Inneren kam es kurz, und in unterschiedlich sein. Die Ehrenamtlichen begleiten die Gäste durch Gespräche, ihren Augen konnte ich es auch sehen. Vorlesen, Spazierengehen oder einfach „Dasein“. Ein anderes Mal entlasten Darüber habe ich mich gefreut. sie die Angehörigen und übernehmen Betreuungszeiten, bieten die Möglich- keit an, über alles zu reden, oder sie unterstützen bei der Regelung von wich- Ich beschrieb die Jahreszeit, es war tigen Dingen. Frühling, brachte Magnolien-, Kirsch- blüten und Tulpen aus meinem Garten Die Hospizhelfer begleiten Menschen im häuslichen Umfeld der Erkrankten, mit und legte sie auf ihre Bettdecke. in Alten- und Pflegeeinrichtungen im Krankenhaus und im Stationären Hospiz. Sie schaute in die Blüten. Wenn sie die Der Kurs umfasst 100 Stunden und wird in der Regel von September bis März Augen schloss, verabschiedete ich mich durchgeführt. mit einem stillen Vaterunser. Im wei- Für weitere Informationen und zur Vereinbarung eines persönlichen Vorge- teren Verlauf des Vierteljahrs wurde spräches wenden Sie sich an das Ambulante Hospiz, Telefon 0551 / 50343821, sie immer schwächer. Die Konturen ih- E-Mail: ambulantes-hospiz@hospiz-goettingen.de. res Gesichts waren wie gemeißelt – HospizStern August 2021 13
Ich sage „Nein“, wenn ich „Nein“ meine Resilienz – eine Fortbildung für die Mitarbeitenden im Hospiz Wenn man Menschen in Extremsitua- nur um ihnen noch mehr aufzubür- tionen beistehen möchte, sollte man den? Und wäre der Patient mit einer in sich ruhen und mit sich im Einklang Stresserkrankung dann selbst schuld, sein. Nur so kann man Kraft speichern weil er seine Resilienz nicht trainiert und abgeben. Menschen im Ambulan- hat? Kalisch kommt dem Ergebnis, dass ten wie Stationären Hospiz, Betreu- die Chancen der Resilienzforschung die ende wie Betreute, sind mit Lebenskri- Risiken übersteigen. sen konfrontiert. Die Hospiz-Gäste Resilienz ist ein langfristiger Prozess, müssen Krankheit und nahenden Tod den man wollen muss. Resilient ist, so akzeptieren, Betreuende müssen die eine Definition, wer sich durch Krisen Krisen der Sterbenskranken mittragen nicht „brechen“ lässt, sondern aus je- können. Leicht kann man dabei an die dem Unglück lernt und gerade aus der eigenen Grenzen kommen, manchmal Leiderfahrung über sich hinauswächst auch darüber hinausgehen. und noch widerstandsfähiger wird. Man sollte Prioritäten setzen, Hilfe an- Immunsystem der Seele nehmen können und seine Kompeten- Resilienz als eine Art Immunsystem der zen kennen. Dazu gehört, sich von dem Seele kann hier hilfreich sein, das in- Anspruch zu verabschieden, es immer nere Gleichgewicht wiederzuerlangen allen recht zu machen, immer stark oder beizubehalten. Sebastian Mauritz sein zu müssen, immer perfekt sein zu setzt sich schon lange mit dem Thema wollen. Yvonne Bangert, Resilienz auseinander. Was lag also nä- her, als ihn für einen Hospiz-Seminar- Was läuft gerade gut? ehrenamtliche Mitarbeiterin. tag als Dozent zu gewinnen. Was also hilft Resilienz aufzubauen? Es gibt viele Definitionen für Resilienz. Auf sich selbst vertrauen gehört dazu. Allen gemeinsam ist die Vorstellung, Täglich soll man sich laut Mauritz die die eigenen Kraftquellen zu entdecken Fragen beantworten: Was läuft gerade und zu nutzen, die eigene Mitte zu fin- gut? Wofür bin ich dankbar? Weitere den und beides sich selbst und ande- Merksätze gibt er uns: Ich liebe und ak- ren zunutze zu machen. zeptiere mich, egal ob ich stark bin oder nicht. Und: Ich sage „Nein“, wenn Chancen übersteigen die Risiken ich „Nein“ meine und nicht „Ja, aber“. Neurowissenschaftler Raffael Kalisch Wir erhalten Motivkarten mit Lehrsät- gibt in der Fachzeitschrift „Psychologie zen des Seminartags. Eine zeigt eine Heute“ zu bedenken: Sollte man nicht Feder und ein einziges Wort: atme. Für besser den Stress reduzieren, als die mich heißt das, ich atme tief ein und Menschen stressresistenter zu ma- nehme Kraft und Energie auf, ich atme chen? Könnte die Forschung zur Resi- lange aus und gebe Negatives ab. Die- lienz dazu führen, dass Chefs ihre Mit- ses Mantra werde ich beibehalten. arbeiter in Resilienzseminare schicken, Yvonne Bangert 14 HospizStern August 2021
Laufen, singen, Karten spielen Die Unterstützung für das Hospiz an der Lutter ist vielfältig Round Table unterstützt Christiane Eiben, Gregor Jess (rechts) Brockenchallenge spendet 6000 Euro mit Gastroquartett und Christoph Busse spielen Die Brocken Challenge 2021 (BC) ist in jazzigen Balladen im Hospizgarten. Der Round Table 89 Göttingen verkauft diesem Jahr Corona-bedingt virtuell sein Gastronomiequartett in diesem abgelaufen. Trotzdem sind bei dem Jahr zugunsten des Hospiz an der Lut- Kulturveranstaltungen hat der Rotary Wohltätigkeitslauf 14 000 Euro an ter. Das Göttinger Gastroquartett Club Sternwarte das Hospiz an der Lut- Spenden zusammengekommen. 6000 ist ein Kartenspiel mit 32 Motiven von ter unterstützt. Den Auftakt machten Euro hat das Hospiz an der Lutter be- Göttinger Restaurants, Bistros, Cafés, Anfang Juni Christiane Eiben, Gregor kommen. Danke dafür! Bars und Kneipen. Jede Karte enthält Jess und Christoph Busse im Hospiz- einen Coupon, der beim Besuch des je- garten mit jazzigen Balladen. Zur Tanz- Lions Club Hainberg spendet weiligen Lokals eingelöst werden kann. performance sind sechs Tänzerinnen aus Adventskalenderaktion 5000 Euro hat das Hospiz Anfang Mai der Göttinger Ballettschule „art la Der Lions Club Göttingen Hainberg hat bereits bekommen. Und der Verkauf danse“, ihre Choreografin Judith Kara 1500 Euro an das Hospiz an der Lutter geht weiter. Quartettspiele sind zu ei- und der Violinist und Leiter des Göt- gespendet. Das Geld stammt aus der nem Preis von sieben Euro bei in der tinger Barock Orchesters Henning Va- jährlichen Adventskalenderaktion der Buchhandlung Thalia in der Weender ter zu Gast im Garten gewesen (Foto drei Göttinger Lions Clubs. Zur Spen- Straße, der Tourist-Information Göttin- links unten). Und schließlich gab An- denübergabe sind Lions Club-Präsiden- gen am Markt und bei trink!ich, Rote dreas Düker (Foto unten) Ende Juni ein tin Nicole Salditt und Martin Lange ins Straße 10, erhältlich. Konzert mit spanischer Gitarrenmusik Hospiz gekommen. aus dem 19. Jahrhundert. Eida Koheil Rotary Club Sternwarte spendet Kultur Und endlich wieder Musik: Mit der Or- ganisation und Finanzierung einiger Scheckübergabe im Hospizgarten (v.l.): Nicole Salditt, Martin Lange vom Lions Club Göttingen Hainberg und Elke Reichardt. HospizStern August 2021 15
Hospiz an der Lutter errichtet Stiftung „Wichtiger Finanzierungsbaustein, um Hospizarbeit in Göttingen zu sichern“ Leben in Würde bis zuletzt: Das ist der Grundgedanke der Hospizarbeit. Für diese Aufgabe brauchen wir Hilfe. Der Verein Hospiz an der Lutter hat deshalb die gemeinnützige Stiftung Hospiz an der Lutter errichtet, deren vorrangiger Zweck die Unterstützung des Hospizes an der Lutter sowie der Hospizarbeit in Göttingen ist. Mitte Juni haben der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Göttingen, Rainer Hald, Thomas Häntzsch von der Sparkasse Göttingen und Tina Schirmer von der Stiftungs- partner GmbH das Hospiz besucht, und die Stiftungsurkunde im Hospiz- garten übergeben. Übergabe der Stiftungsurkunde im Hospizgarten (v.l.): Thomas Häntzsch (Sparkasse Göttingen), Rainer Hald (Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Göttingen), Olaf „Die Stiftung ist ein wichtiger Finanzie- Hußmann (Geschäftsführer des Hospiz an der Lutter und Beirat Hospiz an der rungsbaustein, um Zuwendungen Lutter Stiftung), Tina Schirmer (Die Stiftungspartner GmbH), Uwe Roselieb und nachhaltig anzulegen und die Hospiz- Dr. Dagmar Schlapeit-Beck (beide Mitglied im Beirat der Hospiz an der Lutter arbeit in Göttingen zu sichern“, sagt Stiftung), Elke Reichardt (Vorsitzende des Hospiz an der Lutter). Olaf Hußmann, Geschäftsführer im Hospiz an der Lutter und Mitglied des Stiftungsbeirats. Die Stiftung solle Die Stiftung eröffnet die Möglichkeit satzpunkt, dem Stifter zu folgen und dazu beitragen, den Hospizgedanken von Zustiftungen zur Erhöhung des entweder zu Lebzeiten oder in Form in die Öffentlichkeit zu tragen, denn Grundstockvermögens sowie von von testamentarischen Verfügungen Hospizarbeit sei auf bürgerschaftliches Spenden, die zur Erfüllung der sat- dieses Thema zu unterstützen“, betont Engagement angewiesen. Ohne Spen- zungsgemäßen Zwecke eingesetzt Tina Schirmer von der Stiftungspartner den aus der Bevölkerung könne es in werden. „So bietet sie all denen, die GmbH, die die Stiftung Hospiz an der Göttingen keine qualitativ hochwer- sich mit dem Hospizgedanken verbun- Lutter verwaltet. tige hospizliche Versorgung geben. den fühlen, einen hervorragenden An- Eida Koheil Weitere Informationen: Stiftung Hospiz an der Lutter (stiftungsportal-suedniedersachsen.de) oder www.hospiz-goettingen.de Spenden für die Zweckverwirklichung u Verwendungszweck: Spende oder Zustiftungen zur Erhöhung des Stiftungskapitals u Verwendungszweck: Zustiftung können Sie gern auf unser Stiftungskonto überweisen: Stiftung Hospiz an der Lutter | Sparkasse Göttingen | IBAN: DE43 2605 0001 0056 0881 98 | BIC: NOLADE21GOEBU 16 HospizStern August 2021
Ohne Ihre Hilfe geht es nicht Wie Sie das Hospiz unterstützen können Spenden von 300 000 Euro braucht Geste und häufig auch im Sinne des gieren wollen und Ihnen am Herzen das Hospiz an der Lutter pro Jahr, um Verstorbenen. liegt, dass es in Göttingen und der Re- alle Wünsche und Ansprüche an eine Und über Spenden, die bei Benefizak- gion eine hochwertige hospizliche Ver- qualitativ hochwertige hospizliche Be- tionen, Firmenjubiläen, Betriebsfeiern sorgung gibt, können Sie unserem För- treuung in Göttingen zu erfüllen. An- und privaten Geburtstagen gesammelt derkreis beitreten. Über neue Mit- gebote wie Musiktherapie für die werden, sind wir dankbar. glieder freuen wir uns sehr. Hospizgäste, die Gartenpflege, die Hospizliche Versorgung sichern Danke für Ihre vielfältige Unterstüt- Anschaffung neuer Möbel aber auch zung! Supervision für die Mitarbeiter und Hin und wieder wird das Hospiz in Erb- Fortbildungen muss das Hospiz selbst schaften und Vermächtnissen bedacht. Spendenkonto: finanzieren. Der Gesetzgeber über- Solche gelegentlichen Vermächtnisse Sparkasse Göttingen nimmt lediglich 95 Prozent der Kosten sichern das Hospiz finanziell. Nach wie IBAN: DE10 2605 0001 0044 3007 70 für die Grundversorgung. vor sind wir auf solche Spenden ange- BIC: NOLADE21GOE Für die Patienten sind alle Leistungen wiesen. www.hospiz-goettingen.de des Hospizes kostenlos. Die Finanzie- Und schließlich ist der Förderkreis eine rung des Aufenthalts geschieht durch besondere Stütze. Wenn Sie sich enga- Eida Koheil eine Mischfinanzierung aus Kranken- kasse und Pflegeversicherung. So wird der Aufenthalt der Gäste zum Teil von den gesetzlichen Versicherungen über- nommen. Ein Eigenanteil der berech- neten Tagessätze muss jedoch vom Hospiz selbst erbracht werden. Das sieht der Gesetzgeber so vor. Spenden aus der Bevölkerung Um das zu ermöglichen, braucht das Hospiz Spenden aus der Bevölkerung. Die können ganz unterschiedlich aus- fallen. Zeit ist ein wesentlicher Faktor. Ohne die mehr als 100 ehrenamtlichen Mit- arbeiter, die dem Hospiz mit ihrer Zeit eine wertvolle Ressource kostenlos zur Verfügung stellen, würde die hospizli- che Arbeit gar nicht funktionieren. Eine weitere wesentliche Säule bilden die Sach- und Geldspenden. Gedenk- spenden anstelle von Kränzen und Blumen im Trauerfall sind eine schöne Auch der Hospizgarten wird zum Großteil über Spenden finanziert. HospizStern August 2021 17
Was ist gutes Sterben? Ein lebenswertes Leben bis zuletzt Die Diskussion geht weiter: Das Bundes- Im Ambulanten und Stationären „Hos- Auch der Wunsch nach einem schnel- verfassungsgericht hat im Februar 2020 piz an der Lutter“ ist die Frage nach len Ende durch ein Medikament darf entschieden, dass jeder Mensch ein dem assistierten Suizid ein Thema, das ausgesprochen werden. Für manche ist Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben uns bewegt. Wir sind dabei, dazu eine dieser Gedanke der Rettungsanker, der hat. Das umfasst auch die Freiheit, für Haltung zu entwickeln, die alle mittra- sie beruhigt und weiterleben lässt. Da- den sogenannten assistierten Suizid bei gen können. Der Wunsch, seinem Le- rüber muss gesprochen werden. Dabei Dritten Hilfe zu suchen. Bisher hat der ben ein Ende zu setzen, ist nicht neu. stehen wir zur Seite. In der hospizli- Bundestag zu diesem Urteil noch kein Stets waren Menschen, die sich in der chen Begleitung bestimmt der Mensch, Gesetz verabschiedet. Die Hospizmitar- Hospizbewegung engagieren, mit dem der begleitet wird, was für ihn richtig beiter versuchen trotzdem, sich vorzu- Wunsch konfrontiert, dass Menschen ist. Wir hören zu, klären auf, begleiten, bereiten und Antworten auf viele offene ihrem Leid ein Ende bereiten wollen, versorgen und lindern. Fragen zu finden. weil das Leben für sie unerträglich ge- worden ist oder weil sie niemandem Unsere Koordinatorinnen im Ambulan- zur Last fallen wollen. Wir sind dafür ten Hospiz beraten Schwerkranke und da, dass so bedrängte Menschen aus- deren Angehörige, über Möglichkeiten sprechen dürfen, was sie belastet. der palliativen (lindernden) Versorgung. Es wäre wünsc henswert, viel en schwerstkr ein Sterben in anken Mensche Würde zu erm n öglichen. Ich würde mir wünschen, den die an zum To Menschen, Erkrankungen de führenden leiden, die Angs t vor dem Ster nehmen zu kö ben nnen. „Gutes Sterben“ bedeutet auch von Wünschen : das Wahrneh und Ängsten de men r Sterbenden so der respektvol wie le Umgang mit dem Sterbe nden und sein en Elke Reichardt, Zugehörigen. Vorsitzende des Hospiz an der Lutter. Für mich bede utet gutes Ster Wochen oder Ta ben, die letzte ge in familiärer n und Geborgenh Atmosphäre eit erleben zu dürfen. Christel Frank Kontakt und Beratung: Hospiz an der Lutter, Humboldtallee 10, 37073 Göttingen, Telefon 0551 / 5034-3821, E-Mail: ambulantes-hospiz@hospiz-goettingen.de 18 HospizStern August 2021
Ein gutes Sterbe n soll keine Angst und So rgen haben, soll schmerzfre i sein und in kompetenter H ilfestellung begleitet sein, soll in allem aufgehoben un d behütet sein in Liebe und Ve rständnis. Gisela Heidem ann Sie vermitteln Ehrenamtliche, die zur zugesprochen hat, seinem Leben ein Seite stehen, weisen auf die Möglich- Ende setzten zu dürfen und dabei Hilfe keit hin, von einem ambulanten Pallia- von anderen zu erhalten. Wir müssen tivteam versorgt zu werden oder stel- terinnen? Was gibt es vor diesem letz- miteinander sprechen, was das für un- len den Kontakt zum Stationären ten Schritt zu tun, zu erleben, zu regeln, sere Gesellschaft bedeutet. Ein Gesetz Hospiz her. was das Leben erträglich oder sogar le- dazu und die Regelungen zur Umset- benswert bleiben lässt? Unser Herz zung müssen wir abwarten. Sie klären darüber auf, welche Rechte schlägt dafür, einem schwerkranken Schwer zu ertragen ist, wenn der es gibt, eine Behandlung zu verweigern. oder sterbenden Menschen die letzte Wunsch nach einem assistierten Suizid Niemand ist gezwungen, gegen seinen Phase seines Lebens erträglich zu ge- entsteht, weil ein Mensch nicht die Un- Willen beatmet oder ernährt zu wer- stalten. terstützung erhält, die er benötigt, um den. Wir helfen beim Abwägen aller Den Wunsch verzweifelter Menschen ein lebenswertes Leben bis zuletzt zu Konsequenzen, auch bei der Frage nach nach einem Ende von Schmerzen, Lei- leben. Auch hier wird die Hospizbewe- einem Suizid. Wer ist noch davon be- den oder Einsamkeit gab es schon im- gung immer wieder den Finger in die troffen? Was bedeutet es für Zugehö- mer. Neu ist, dass unser höchstes Ge- Wunde legen. rige, Pflegende, ehrenamtliche Beglei- richt dem Menschen ein Recht darauf Elke Reichardt Es ist a ll e s g e le b t . nstein, Heinrich Laue . Sommer 2020 Hospiz-Gast im Der Landesstützpunkt Hospizar- beit und Palliativversorgung Nie- dersachsen (LSHPN), der Hospiz- Ich bin jetzt 89 Jahre alt und Palliativverband Niedersach- und hatte ein gutes Leben. sen (HPVN) sowie die Hospiz Stif- Wenn man alle in wäre, tung Niedersachsen (HSN) veran- müsste man An gst haben, stalten 2021 ein Themenjahr zur aber ich bin ja nicht allein. Frage „Was ist gutes Sterben?“ Ulrich Reichard Auch der Hospizstern beschäftigt t, zwei Monate vor seinem To sich in seiner Sommerausgabe d. mit dieser Frage. HospizStern August 2021 19
Sterben in Zeiten von Corona Ich hätte mir eine gütige und behutsame Begleitung gewünscht Mit Trauer und Zorn habe ich das Ster- Tod am 20. März konnten meine Toch- Sieben Wochen konnte ich ihn nicht ben meines Mannes erlebt. Fast sech- ter und ich ihn nur zweimal kurz be- besuchen und betreuen. Seit Anfang zig Jahre haben wir gemeinsam ver- suchen. Einmal einen Tag nach seinem März kam dreimal der Anruf, er habe bracht, nur sein langsames Sterben Geburtstag, am 13. März, waren wir ja eine Patientenverfügung, solle diese nicht. Nun ist der Zorn vergangen, die kurz bei ihm im Krankenhaus. Er war angewendet werden; wiederholt der Trauer ist geblieben. sehr abgemagert, aber er freute sich Schock, jetzt müsse ich über Leben und uns zu sehen, und aß und trank etwas. Tod bestimmen. Und ich konnte ihn Mein Mann starb am 20. März 2021. Im Und dann kam am 19. März der Anruf, nicht begleiten. Aber das strikte Verbot Januar beobachtete ich, dass sich sein er liege im Sterben. Wir fuhren sofort bis fast zuletzt erfüllt mich mit Unver- Zustand verschlechterte – er hatte seit zu ihm. Er war schon weit fort, aber ständnis. Ich muss mich damit abfin- neunzehn Jahren Parkinson. Er konnte warm, seine Hand umfasste meine wie den. Diese Erfahrung tut weh. Andere schlecht schlucken, ihm schmeckte in guten Zeiten. Er wandte seinen Kopf werden Ähnliches erlebt haben. Und nichts, er trank zu wenig, trotz Spezi- in die Richtung der Tochter, als sie zu dennoch: Ich hätte mir eine gütige und alnahrung nahm er ständig ab. Ich ihm sprach. Wir konnten uns verab- behutsame Begleitung für meinem konnte ihn aber mit Testung und Mann gewünscht. Maske zweimal die Woche für eine schieden und ihm alles sagen, was wir halbe Stunde besuchen und ihm etwas ihm noch zu sagen hatten. Am nächs- Anne Schmidt-Dahrendorf, Nahrung reichen. Und dann ging ten Morgen kam der Anruf, er sei in der ehrenamtliche Mitarbeiterin nichts mehr. Von Februar bis zu seinem Nacht gestorben. im Hospiz seit sieben Jahren Nun ist der Zorn vergangen, die Trauer geblieben. 20 HospizStern August 2021
Der Büchertisch war eine Institution 20 Jahre lang gingen die Erlöse ans Hospiz – Danke! Bücher spielen in Elfrieda Schneiders mäßig bei Elfrieda Schneider einge- fuhren oft kilometerweit. Bücher ein- Leben eine wichtige Rolle. „Ich war kauft. Manche spendeten auch einfach packen, auspacken, ins Krankenhaus schon immer die Lesetante“, sagt sie so Geld für das Hospiz. Bücherspenden transportieren, das alles war auch eine augenzwinkernd. Auch verkauft hat sie gab es reichlich: zum Beispiel über El- richtige Plackerei – die ihr vor allem Bücher jahrzehntelang – immer für so- frieda Schneiders Bridge-Runde. Freude bereitet hat. „Ich träume heute ziale Zwecke und mehr als 20 Jahre für „Meine Mitspielerinnen haben tolle, noch von meinem Büchertisch“, sagt das Hospiz an der Lutter. Ihr Bücher- hochwertige und oftmals auch aktu- Elfrieda Schneider rückblickend. tisch im Foyer des Weender Kranken- elle Bücher gespendet“, sagt sie. Zu- Im Januar 2020 fand der Büchertisch hauses war eine Institution. dem habe die wöchentliche Ankündi- aufgrund der Pandemie ein jähes Ende. gung des Buchverkaufs auf der Aber auch wenn die Lage es wieder er- Bücherspenden gab es reichlich Terminseite des Göttinger Tageblatts laubt, wird es für Elfrieda Schneider An jedem Dienstagvormittag stand die viele Bücher gebracht keinen Neustart geben. „Ich mache das heute 88-Jährige mit ihrem reichen nicht mehr, ich bin jetzt alt“, sagt sie. Aufwendige Logistik Lektürefundus dort, und zeitweise übernahm ihr Ehemann Ralf sogar eine Doch es brauchte zunächst eine auf- Hospiz in enormem zweite Schicht am Donnerstag. Kund- wendige Logistik, um die Lektüre zum Maße unterstützt schaft gab es genügend. Besucher, Leser zu bringen. Die Bücher mussten Mit ihrer unermüdlichen Arbeit und Ärzte und Pflegepersonal haben regel- abgeholt werden, sie und ihr Mann den Erlösen ihres Büchertischs hat El- frieda Schneider das Hospiz an der Lut- ter in den vergangenen zwei Jahrzehn- ten in enormem Maße unterstützt. „So ein Engagement ist ein großes Ge- schenk, tausendmal Danke dafür“, sagt Elke Reichardt, Vorsitzende im Hospiz an der Lutter. Eida Koheil Elfrieda Schneider an ihrem Büchertisch im Evangelischen Krankenhaus. HospizStern August 2021 21
„Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs ausladenden Ästen. Sollten wir und das Pferd“ von Charlie Mackesy vielleicht auch hin und wieder unsere festen Standpunkte Lange ist mir kein Buch mehr begegnet, verlassen? Ute Caspers das mich so intensiv angesprochen hat. Es geht um einen Jungen, der sich mit ISBN: 9783471360217 seinen vierbeinigen Freunden über das Ullstein 2020 Leben austauscht: „Was willst du wer- den, wann du groß bist? − „Freund- lich“, sagte der Junge. Das Buch von „Die letzten Dinge“ Charlie Mackesy sieht erst einmal von Iris Radisch aus wie jedes andere mitteldicke Zeit-Feuilleton-Chefin Iris Radisch Buch fürs Regal. Dennoch ist alles führte 18 „Lebensendgespräche“ mit anders. „Der Junge, der Maulwurf, Schriftstellerinnen, Schriftstellern der Fuchs und das Pferd“ ist ei- und Intellektuellen, darunter Günther gentlich ein Bilderbuch, handge- Grass, Martin Walser, Marcel Reich-Ra- schrieben, ohne Seitenzahlen, ohne nicki, Ilse Aichinger, Ruth Klüger, Frie- durchgehende Geschichte. Vorange- stellt ist ein Brief des Künstler-Autors „Die Brücke hinter den Sternen“ an die Leser „ob ihr nun acht oder acht- von Cornelia Funke zig seid“, in dem er die Tiere vorstellt, Cornelia Funke hat mit „Die Brü- cke hinter den Sternen“ ein Buch über den Tod, Verlust und Trauer geschrieben, das sich an Kinder und ihre Familien richtet. Der kleine Engel Barnabel, dem stän- dig von allen gesagt wird, er sei noch viel zu jung und unwissend, bleibt bei seinem Plan hartnäckig und macht sich auf eine Reise, um auch das schwerste Menschen- herz über die Brücke ins Licht zu führen. Wichtig sei es, über den Tod zu reden, sagt Funke, „sonst ist es das Monster im Schrank, das klopft“. Funke wollte, dass das Buch glaubhaft ist. Das ist ihr ge- derike Mairöcker. Jedes Gespräch hat lungen. Genau wie die Illustratio- ein Motto, zum Beispiel Aichinger: „Er- nen, die sie selbst gemalt hat. füllte Wünsche sind ein Unglück“, Klü- Eida Koheil ger: „Der Sinn des Lebens ist das Leben“, ISBN: 978-3-7513-0003-2 Reich-Ranicki: „Ich bin nicht glücklich. Dressler-Verlag 2021 Ich war es nie in meinem Leben.“ die der Junge nach und nach trifft. Der Es wird Bilanz gezogen auf sehr per- Maulwurf, der so gern Kuchen isst, der sönliche und offene Weise. Manchmal Fuchs, der scheu ist, „weil ihm das Le- gen bekommen. Bei den vorwiegend überwiegt Wehmut, auch Bitterkeit, ben weh getan hat“ und das Pferd, schwarz gezeichneten Illustrationen manchmal heitere Gelassenheit. Ein groß und sanft. fällt auf, dass die Figuren oft von hinten besinnliches Buch. Tatsächlich bin ich mir selbst in diesem gezeichnet sind. Damit laden sie dazu Anne Schmidt-Dahrendorf Buch immer wieder begegnet. Ich habe ein, ihren Blickwinkel einzunehmen. ISBN: 3499631113 mich bestätigt gefühlt und Anregun- Oft sitzen Junge und Maulwurf auf Rowohlt 2015 22 HospizStern August 2021
Herzlichen Dank! Wir möchten für jede Art der Unterstützung, Hilfe und Verbundenheit danken. Unser Dank gilt allen Dauer- und Ein- zugleich. Sie ermöglichen damit, dass für das Pflegepersonal konnte erreicht zelspendern, allen Benefizveranstal- wir auch weiterhin unsere Patienten werden. Diese positive Entwicklung ist tern, Firmen, Referenten und Personen, mit ausreichend Pflegefachkräften be- aber immer noch nicht kostendeckend. die ihre Kompetenz und Arbeit zur Ver- gleiten, pflegen und unterstützen kön- Hospizarbeit braucht ein großes bür- fügung stellen. nen. gerschaftliches Engagement. Bitte hel- Ebenso danken wir allen mitbeteiligten Des Weiteren ermöglichen Sie damit fen auch Sie uns weiterhin mit Ihrer Berufsgruppen, die verlässlich und en- die Schulung und Fortbildung der eh- Spende. gagiert mithelfen und uns unterstüt- renamtlichen Begleiter im Ambulan- zen. Danke auch allen weiteren Men- ten Hospiz, sodass auch weiterhin schen, die mit Sachspenden unseren Schwerkranke zu Hause, im Pflegeheim Patienten und dem Hospiz an der Lut- und im Krankenhaus begleitet werden Spendenkonto ter eine Freude bereiten. können. Sparkasse Göttingen Ihre finanzielle, materielle und gedank- In der Politik bekommt die Hospizar- DE 10 2605 0001 0044 3007 70 liche Zuwendung und Unterstützung beit seit einiger Zeit viel Aufmerksam- NOLADE21GOE tut unserer Einrichtung gut und hilft keit, und auch eine bessere Vergütung Impressum Impressum Herausgeberin und Versand: Bildnachweis: Elke Reichardt | Vorsitzende 1 Hospiz intern und privat Humboldtallee 10 | 37073 Göttingen 1 Johanna Jepsen (Titelbild Telefon 0551 / 5034 3831 | www.hospiz-goettingen.de und Menschen im Hospiz) 1 Thomas Reichardt Redaktion: 1 Eida Koheil | Öffentlichkeitsarbeit Unsere ehrenamtliche 1 Elke Reichardt | Vorstand Mitarbeiterin Johanna Jepsen 1 Olaf Hußmann | Geschäftsführer hat die Menschen im Hospiz 1 Katja Unland | Ambulantes Hospiz für das Titelthema fotografiert. 1 Manuela Brandt-Durlach | Stationäres Hospiz 1 Sarah Wieborg | Sozialarbeiterin im Hospiz 1 Yvonne Bangert | Ehrenamt 1 Anne Schmidt-Dahrendorf | Ehrenamt Wir freuen uns Gestaltung: Blueprint Werbeagentur | www.blueprint-online.de auf Ihre Rückmeldung! Druck: Klartext | www.kopie.de Sie haben Fragen, Anmerkungen oder Anregungen? Auflage: Dann schreiben Sie uns eine Nachricht an 2000 Stück e.koheil@hospiz-goettingen.de. HospizStern August 2021 23
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