60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008

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60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008
Sonderausgabe April 2008

                       Die Mitarbeiterzeitung
                       Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf

   60 Jahre Diakonieschwestern am
Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf
60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008
Sonderausgabe April 2008

    diagnose
                                                                                         Aquarium des Löbbecke-Museums im
                                                                                         Hochbunker an der Weseler Straße
                                                                                         eröffnet wurde, die Stadtverwaltung
                                                                                         und die Handelskammer sich für Düs-
                                                                                         seldorf als Filmmetropole starkmach-
                                                                                         ten und am 11. September 1948 die
                                                                                         SPD in Düsseldorf ihren Parteitag
                                                                                         abhielt, auf dem Kurt Schumacher am
                                                                                         15. September zum Vorsitzenden
                                                                                         gewählt wurde, fanden weltweit wei-
                                                                                         tere historische Augenblicke statt:

                                                                                         • Am 30. Januar 1948 wurde
                                                                                           Mahatma Gandhi ermordet.

                                                                                         • Am 3. April 1948 wurde der
                                                                                           Marshallplan unterzeichnet.

                                                                                         • Am 7. April 1948 wurde die Weltge-
                                                                                           sundheitsorganisation (WHO)
    Zerstörte Straßenzüge in der Düsseldorfer Innenstadt                                   gegründet.

                                                                                         • Am 14. Mai 1948 wurde der Staat
    Ein Blick zurück ins Jahr 1948                                                         Israel gegründet.

    Bis zum Kriegsende 1945 wurde in          am 20. Juni 1948 vertiefte sie sich ein-   • Ab 24. Juni 1948 begann (bis 1949)
    Düsseldorf etwa die Hälfte der Gebäu-     mal mehr. Mit der Einführung der DM          die Blockade Berlins: Berlin wurde
    de zerstört, rund 90 Prozent wurden       erhielt auch jeder in Düsseldorf 40 DM       ausschließlich über eine Luftbrü-
    beschädigt. Rund um das EVK am            als Startguthaben; der Schwarzmarkt          cke versorgt.
    Fürstenwall standen zerbombte Häu-        war offiziell geschlossen und die
    ser; viele von ihnen waren in den         Hamsterfahrten mehr oder weniger           • Am 1. September 1948 wurde der
    unteren Etagen „bewohnbar“, es fehl-      beendet. Und endlich gab es wieder           Parlamentarische Rat unter der
    ten obere Stockwerke oder Dächer.         etwas in den Geschäften zu kaufen.           Präsidentschaft von Dr. Konrad
    Auch das EVK selbst musste beträcht-      Apropos Geschäfte: 1948 eröffneten           Adenauer gebildet.
    liche Beschädigungen, insbesondere        in Essen die Brüder Albrecht ihren
    am dritten Stockwerk, hinnehmen.          ersten Lebensmittelladen.                  • Der Chemiker Paul Hermann Müller
                                                                                           erhielt als erster Nichtmediziner
    1948 sahen die Straßenzüge und die        Zurück nach Düsseldorf: Die Rhein-           mit seiner „Entdeckung der star-
    Häuser schon aufgeräumter aus, aber       metropole war seit 1946 Landes-              ken Wirkung von DDT (schwer-
    der Wiederaufbau der Stadt ging nur       hauptstadt des neu gegründeten               flüchtigem chloriertem Kohlenwas-
    langsam voran. Die Schwestern, die        Nordrhein-Westfalen, Oberbürger-             serstoff) als Kontaktgift gegen
    nach Düsseldorf reisten, um im EVK        meister war Joseph Gockeln, der am           mehrere Arthropoden (Gliederfüß-
    ihren Dienst zu beginnen, reisten         8. November 1948 erneut zum Ober-            ler)“ den Nobelpreis für Medizin.
    demnach in eine zerstörte Stadt der       haupt der Stadt gewählt wurde. Im
    amerikanisch besetzten Zone, in der       Juli 1948 erschienen erstmals wieder       • Die Max-Planck-Gesellschaft wurde
    es an allen Ecken und Enden fehlte.       die „Düsseldorfer Nachrichten“, die          gegründet.
    Am 1. April blühte der Schwarzmarkt       wenig später mit der „Westdeutschen
    in allen vier besetzten Zonen Deutsch-    Zeitung“ fusionierten. Die erste Aus-      • 1948 fanden in St. Moritz die Olym-
    lands; auch die Düsseldorfer waren        gabe der heute größten Düsseldorfer          pischen Winterspiele und in Lon-
    auf „Hamsterfahrten“ unterwegs, um        Zeitung, der „Rheinischen Post“,             don die Olympischen Sommerspie-
    sich die notwendigsten Dinge des täg-     erschien übrigens erstmals am 2.             le statt.
    lichen Lebens zu besorgen.                März 1946.
                                                                                         • Last, but not least:
    Eine erste Teilung Deutschlands in die    Während am 7. Februar 1948 die               Am 8. August 1948 fand die erste
    sowjetisch besetzte Zone und die sog.     behelfsmäßig hergerichtete Ober-             deutsche Fußballmeisterschaft
    „westliche Trizone” war 1948 bereits      kassler Brücke für den Verkehr freige-       statt. In Köln schlug Nürnberg Kai-
    vollzogen, mit der Währungsreform         geben wurde, am 28. März 1948 das            serslautern mit 2 : 1.

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60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008
Sonderausgabe April 2008

                                                                                           diagnose

Liebe Leserinnen und liebe Leser,
seit 60 Jahren arbeiten Diakonie-        Arbeits- und Lebensjahre von Schwes-       tet sich aus nach dem christlichen
schwestern des Evangelischen Diako-      tern und Mitarbeitenden in allen           Menschenbild: „Dem Bedürftigen die-
nievereins Berlin-Zehlendorf im Evan-    Bereichen, die sich in diesem Haus         nen“ und „Im Mittelpunkt der
gelischen Krankenhaus Düsseldorf –       eingebracht und engagiert haben. Alle      Mensch“.
eine Zeit, die sehr viel Entwicklung     diese Menschen haben mit den Dia-
und immerwährende Veränderung            konieschwestern in einer Arbeits- und      Wenn wir diese 60 Jahre der Zusam-
umfasst: die Nachkriegszeit mit          Dienstgemeinschaft gelebt; sie haben       menarbeit im EVK in einem Gottes-
Wiederaufbau, die Weiterentwicklung      die Arbeit und die Atmosphäre im           dienst gemeinsam feiern, wollen wir
im medizinischen Bereich, die Erwei-     Haus und die Außenwirkung des EVK          damit unserer Dankbarkeit Ausdruck
terung der Arbeit im Krankenhaus mit     in ihrer Zeit und auf ihre jeweilige Art   verleihen für eine Zusammenarbeit,
neuen Fachabteilungen und Funk-          geprägt.                                   die von grundsätzlicher und gegensei-
tionsbereichen, der Neubau des Kran-                                                tiger Wertschätzung geprägt ist und
kenhausgebäudes Ende der 60er-/          Einiges aus diesen Jahren wollen wir       die den Patientinnen und Patienten
Anfang der 70er-Jahre, der Aufbau        in der vorliegenden Sonderausgabe          dieses Hauses zugute kommt.
neuer Arbeitsfelder wie der Altenpfle-   der diagnose ein wenig nachzeichnen:
geheime und des Hospizes – um nur        in Gesprächen mit Zeitzeugen aus den
zwei von vielen zu nennen – der zeit-    Anfangsjahren und mit heute verant-
weilige Mangel an Pflegenden, die        wortlichen Menschen, in Bildern, die
Gründung der Evangelischen Kranken-      die Arbeit vergangener und jetziger
haus-Hilfe mit ihren Grünen Damen,       Zeit dokumentieren, in Erinnerungen        Ihre Ulrike Brandhorst
die mehrfachen Veränderungen in der      Einzelner und in Aussagen von Diako-       Oberin
Krankenhausfinanzierung und unend-       nieschwestern, die heute im EVK
lich vieles mehr.                        arbeiten.

60 Jahre bewegte Zeitgeschichte –        Die Grundlage des Tätigwerdens bei-
und kumuliert unendlich viele gelebte    der Partner in dieser Kooperation rich-

                                                                                                                            3
60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008
Sonderausgabe April 2008

    diagnose
    Das EVK gratuliert herzlich zum Jubiläum
                                              am 1. April 1948 ihre Arbeit in unserem   Das Jubiläum bietet Gelegenheit, allen
                                              Hause aufgenommen hat. In ihrem           zu danken, die sich in dieser Zeit für
                                              Dienst folgte sie den Kaiserswerther      das Wohlergehen und die Versorgung
                                              Diakonissen, die fast 100 Jahre die       der Patientinnen und Patienten sowie
                                              pflegerische Krankenversorgung in         für den Ausbau unseres Hauses einge-
                                              unserem Hause verantwortet hatten.        bracht haben. Ihr Engagement ist für
                                                                                        uns Verpflichtung, in Gegenwart und
                                              Heute blicken wir dankbar auf 60 Jahre    Zukunft in diesem Sinne weiter
                                              gemeinsame Arbeit und Verbunden-          zusammenzuarbeiten. Lassen Sie uns
                                              heit zwischen dem Evangelischen Dia-      die Feierlichkeiten zum Anlass neh-
                                              konieverein Berlin-Zehlendorf e. V. und   men, uns über Vergangenes und
                                              dem EVK zurück. 60 Jahre, in denen        Zukünftiges auszutauschen, denn was
                                              unser Haus in medizinischer, pflegeri-    seit 60 Jahren gilt, ist heute aktueller
                                              scher und gesellschaftlicher Hinsicht     denn je:
                                              einem beachtlichen Wandel unterlag.
    Dr. Wolfgang Holz,                        Der gemeinsame Weg begann in den          Das EVK braucht die Evangelische
    Verwaltungsdirektor                       Nachkriegsjahren mit dem Wiederauf-       Schwesternschaft des Diakoniever-
                                              bau unseres Hauses; es erfolgten der      eins.
    60 Jahre ist es nun her, seit die         Neubau und der Ausbau der Stiftung
    Schwesternschaft des Evangelischen        zu einem modernen Gesundheitszent-        Die Evangelische Schwesternschaft
    Diakonievereins Berlin-Zehlendorf e. V.   rum im Herzen von Düsseldorf.             braucht das EVK.

                                              Arbeitsweisen haben in dieser langen      nen und Mitarbeitern unser Kranken-
                                              Zeit einen enormen Wandel erfahren.       haus weiterentwickelt und zu dem
                                                                                        gemacht, was es heute ist: eines der
                                              Der Diakonieverein Berlin-Zehlendorf      größten und bedeutendsten Kranken-
                                              hat diesen Wandel erfolgreich gestal-     häuser der Landeshauptstadt, das
                                              tet, ohne Aufgabe von Selbstver-          stets bemüht ist, den Menschen in
                                              ständnis und Identität. Selbstver-        den Mittelpunkt zu stellen.
                                              ständnis und Identität auch jungen
                                              Menschen verständlich zu vermitteln       Gerne nehme ich dieses Grußwort
                                              und den Bedürfnissen der Zeit anzu-       zum Anlass, um an die Oberinnen des
                                              passen, macht einen ständigen Pro-        Diakonievereins Berlin-Zehlendorf,
                                              zess zur Aufgabe und verlangt Bereit-     die ihren Dienst in unserem Haus
                                              schaft zur Veränderung. Bis heute         geleistet haben, in Dankbarkeit zu
                                              orientiert sich die Schwesternschaft      erinnern:
    Dr. Ulrich Zaune,                         des Diakonievereins mit ihren Kon-
    Ärztlicher Direktor                       zepten für die Aus-, Fort- und Weiter-    Hanna von Hanffstengel
                                              bildung, für ihre Arbeit an den Kran-     1948-1962
    Seit sechs Jahrzehnten leisten die        ken und Hilfsbedürftigen und für die
    Schwestern des Evangelischen Diako-       schwesternschaftliche Gemeinschaft        Maria Ursula Gräfin Vitzthum
    nievereins mit vielen anderen Mitar-      an diesem Leitsatz.                       von Eckstädt
    beiterinnen und Mitarbeitern ihren                                                  1962-1979
    Dienst hier in unserem EVK. Im Laufe      Am 60. Jahrestag der Übernahme des
    der Jahrzehnte sind neue Generatio-       Pflegedienstes dankt die Ärzteschaft      Christel Liedtke
    nen von Schwestern und Pflegern           des EVK der Schwesternschaft des          1979-1987
    herangewachsen. Vieles hat sich im        Diakonievereins für ihre jahrzehnte-
    Krankenhaus und auch in der               lange hervorragende Arbeit zum Woh-       Elke Mohrenstecher
    Schwesternschaft des Diakoniever-         le unserer Patienten besonders herz-      1987-2005
    eins verändert. Die Formen der            lich. In den vergangenen sechs Jahr-
    Schwesternschaft, die Strukturen im       zehnten hat die Schwesternschaft          Ulrike Brandhorst
    Krankenhaus, die Lebens- und              gemeinsam mit allen Mitarbeiterin-        seit 1. Januar 2006

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60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008
Sonderausgabe April 2008

                                                                                                diagnose
Gesellschaftliche Anerkennung für Frauen
Zur Gründungsgeschichte des Evangelischen Diakonievereins

Es war ein gesellschaftspolitisch revo-                                               haus” errichtet (Neubau 1928), das in
lutionärer Anspruch, der zur Gründung                                                 der über hundertjährigen Geschichte
des Evangelischen Diakonievereins                                                     von Diakonieverein und Schwestern-
Berlin-Zehlendorf e. V. führte. Im aus-                                               schaft immer ein Mittelpunkt für alle
klingenden 19. Jahrhundert forderten                                                  Schwestern war und ist.
immer mehr, zumeist unverheiratete
bürgerliche Frauen, gesellschaftliche                                                 Heute gehören der Schwesternschaft,
Anerkennung, die sich in einer                                                        die von der Vorstandsoberin Ellen
anspruchsvollen beruflichen Tätigkeit                                                 Muxfeldt in Berlin geleitet wird, insge-
ausdrücken sollte. Zugleich führte der                                                samt 1.779 Diakonieschwestern an.
medizinische Fortschritt zu einem                                                     Die Mehrzahl der Schwestern übt
rasant wachsenden Bedarf an qualifi-                                                  einen pflegerischen Beruf als Kranken-
ziertem Pflegepersonal.                     Vorstandsoberin Ellen Muxfeldt            schwester, Kinderkrankenschwester,
                                                                                      Hebamme, Altenpflegerin oder Kran-
Diese Zeichen der Zeit erkannte der         licher Anerkennung verhelfen. Die Frau    kenpflegehelferin aus. Ein besonderes
Herborner Theologieprofessor Fried-         sollte ausdrücklich auch Verantwor-       Merkmal der Schwesternschaft in der
rich Zimmer (1855–1919) und gründete        tung übernehmen: als Frau und Mutter      jüngeren Zeit ist, dass jede Diakonie-
gemeinsam mit Vertreterinnen der            in der Familie, als Kirchenmitglied und   schwester einen individuellen Frei-
Frauenbewegung am 11. April 1894 den        als Bürgerin im Staat.                    raum für ihre persönliche Lebensge-
Evangelischen Diakonieverein. Dabei                                                   staltung besitzt. So gibt es unter ihnen
antwortete er auf vier „Bedürfnisse“,       Der Evangelische Diakonieverein stand     ledige und verheiratete Frauen mit
die er wie folgt formulierte:*              jungen Frauen offen, die einen diako-     Familien und Kindern oder auch
„Vier starke Bedürfnisse sind es, die in    nischen Beruf erlernen wollten. Das       Schwestern, die alleine leben oder in
dem Verein wie Fäden zu einer Schnur        Wort „Diakonie“ stammt aus dem            einer Gemeinschaft.
zusammengedreht sind:                       Griechischen und bedeutet „Dienst“.
                                            Gemeint ist damit die liebevolle          Weitere Informationen gibt es unter
1. Das Bedürfnis der unverheirateten        Zuwendung zu Menschen, die Hilfe          www.ev-diakonieverein.de
   Frau, durch Beruf und Erwerb sitt-       brauchen. Schon im Juli 1894 wurde        * Aus: Friedrich Zimmer, „Frauennot und Frauen-
   lich und wirtschaftlich selbstständig    die erste Krankenpflegeschule in Wup-     dienst. Der Ev. Diakonieverein und seine Zweigan-
   zu sein.                                 pertal-Elberfeld gegründet.               stalten“, 6. Auflage, Berlin-Zehlendorf, 1901.
2. Das Bedürfnis selbstständiger Natu-
   ren unter den diakonisch tätigen         Die Oberin dieses Hauses, Anna Mar-
   Frauen, einer Gemeinschaft anzuge-       garete van Delden (1858–1939), über-
   hören, die sie trägt und sichert, ohne   zeugte Friedrich Zimmer schon bald
   dass sie auf ihre Selbstständigkeit      davon, dass der Verein eine Schwes-
   Verzicht leisten müssen.                 ternschaft benötige. Denn wer anderen
3. Das Bedürfnis der verschiedenen          helfen wolle, so ihre Argumentation,
   Anstalten der Wohlfahrtspflege,          müsse auch selber Hilfe annehmen
   tüchtig geschulte Frauen von guter       können. Der pflegerische Beruf war
   Ausbildung zu haben, die durch           ihrer Meinung nach einer der Berufe,
   genossenschaftlichen Zusammen-           in denen die Ermutigung, der Rat und
   schluss ideellen und materiellen         die Unterstützung anderer von großer
   Halt besitzen.                           Bedeutung seien. Die Diakonieschwes-
4. Das Bedürfnis der Kirchengemein-         ter sollte durch die Gemeinschaft der
   den, Frauen zur Ausübung der             Schwesternschaft Halt und Kraft erfah-
   kirchlichen Gemeindepflege ausge-        ren, ohne dabei aber in ihrer persön-
   rüstet zu erhalten.“                     lichen Freiheit eingeschränkt zu wer-
                                            den. So entstand die Schwesternschaft
Im Mittelpunkt dieser Gedanken Fried-       des Ev. Diakonievereins Berlin-Zehlen-
rich Zimmers stand die Frau, die dem-       dorf e. V.
nach die Möglichkeit erhielt, einen
qualifizierten Beruf zu erlernen. Ein       Diakonieseminare wurden überall im
eigenes Einkommen sollte ihr dabei          Deutschen Reich gegründet. Als Zent-
zur Eigenständigkeit und gesellschaft-      rale wurde 1899 in Berlin das „Heimat-    Das Heimathaus in Berlin-Zehlendorf

                                                                                                                                          5
60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008
Sonderausgabe April 2008

    diagnose
    „Wer sein Leben verliert um meinetwillen,
    der wird es erhalten.“
    Über das Selbstverständnis der Schwesternschaft

    „Die Schwesternschaft des Evangeli-       Dienstverständnis“. Sie bilden die       ge und Ziel für unser Leben und damit
    schen Diakonievereins Berlin-Zehlen-      schriftlichen Grundlagen der Schwes-     auch für unser Selbstverständnis als
    dorf e. V. ist eine evangelische          ternschaft, die regelmäßig diskutiert    Diakonieschwestern. Wer durch Jesus
    Gemeinschaft von Frauen, die Leben        und nach den Bedürfnissen der Zeit       Christus sein Leben bestimmen lässt,
    und Beruf als Diakonie im Auftrag         ausgerichtet werden. Das Selbstver-      wird seine Kraft erfahren. Jesus Chris-
    Jesu Christi versteht. Das vollzieht      ständnis ist als innerer Wegweiser der   tus trägt uns als Einzelne und als
    sich in der Arbeit und Zuwendung an       Schwesternschaft zu verstehen und        Gemeinschaft in den unterschied-
    Kranken und Hilfsbedürftigen, in der      soll die Grundlage für das Miteinan-     lichen Lebens- und Berufssituationen.
    Dienst- und Lebensgemeinschaft und        der der Diakonieschwestern in ihrer      Er ermutigt uns zu einer unverwech-
    in der Anleitung junger Menschen“,        Gemeinschaft sein. Seit Gründung         selbaren christlichen Grundhaltung,
    so heißt es in der Präambel der Ord-      des Evangelischen Diakonievereins        die ihren Ausdruck findet in der
    nung der Schwesternschaft des Evan-       und seiner Schwesternschaft 1894/95      Orientierung an Gottes Wort, im
    gelischen Diakonievereins Berlin-Zeh-     begleitet sie das Wort Jesu: „Wer sein   Geben und Nehmen, in Freiheit und
    lendorf e. V., § 1.1. Jede Schwester      Leben verliert um meinetwillen, der      Bindung, im Bewahren von Werten
    erhält zu Beginn ihrer Ausbildung ein     wird es erhalten.“ (Lukas 9,24).         und im Bereitsein zur Veränderung.
    kleines Booklet, das drei Schriften       Und weiter lautet es in „Das Selbst-     Dieser Auftrag prägt das Miteinander
    beinhaltet: „Die Ordnung“, „Das           verständnis der Diakonieschwester“:      im Glauben, unser schwesterliches
    Selbstverständnis der Diakonie-           „Diese Verheißung befähigt uns zum       und das schwesternschaftliche Mit-
    schwester“ und „Das Pflege- und           diakonischen Auftrag. Sie ist Grundla-   einander.“

    Symbol der Gemeinschaft
    Die Brosche der Diakonieschwestern

    Die Brosche mit der Diakonierose                                                   dienstes feierlich verliehen. Die
    steht für das, was die einzelnen                                                   Schwestern tragen sie mit großem
    Schwestern untereinander verbindet:                                                Stolz, denn die Bedeutung der Bro-
    Nach innen ist sie das Zeichen der                                                 sche als Symbol für ihre Gemein-
    Gemeinschaft und nach außen das Zei-                                               schaft ist umso größer geworden,
    chen ihres Dienstes.                                                               seitdem das Tragen der Tracht in den
    Die Diakonierose zeigt das Kreuz Jesu                                              Hintergrund getreten ist. Es gibt die
    Christi inmitten der Weltkugel. Um die-                                            Brosche in vier unterschiedlichen
    se herum befinden sich ein Penta-         der Schwesternschaft: „Nach dem Vor-     Ausführungen, die den jeweiligen
    gramm und die stilisierten Blätter        bild Jesu Christi wollen wir dem Leben   Status der Schwester zum Ausdruck
    einer Rose. Sie bedeuten Leben und        in dieser Welt dienen.“ Die Brosche      bringen. So ist z. B. die Brosche der
    Verschwiegenheit. Die Brosche mit der     wird der Diakonieschwester nach der      Stammschwestern aus Porzellan
    Diakonierose symbolisiert den Auftrag     Probezeit im Rahmen eines Gottes-        gefertigt.

                                                                                       Dies sind die jüngsten Broschenträge-
                                                                                       rinnen der Schwesternschaft am EVK:
                                                                                       Svea Laß, Christiane Bellin, Nelly Frie-
                                                                                       densburg, Elena Rose und Lina Heye
                                                                                       (v. l. n. r.). Die Diakonieschwestern-
                                                                                       schülerinnen haben Ende März ihre
                                                                                       Probezeit erfolgreich bestanden und
                                                                                       erhielten ihre erste Brosche, die sie
                                                                                       von nun an tragen dürfen.
                                                                                       Oberin Brandhorst (li.) und Schwester
                                                                                       Dorothee (2. v. r.) überreichten den
                                                                                       Schwestern Glückwünsche und Rosen.

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60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008
Sonderausgabe April 2008

                                                                                       diagnose
Ich bin Diakonieschwester, weil …
diagnose wollte von den Diakonie -      Schwester Monika Timm                   Schwester Anja Böttcher
schwestern wissen, warum sie sich
für die Schwesternschaft entschieden
haben. Dies sind ihre Antworten.

Schwester Kristin Hamann

                                        … ich Menschlichkeit und Nächsten-      … mir die Arbeit Sinn und die Gemein-
                                        liebe in einer professionellen Pflege   schaft Halt gibt.
                                        am kranken Menschen für notwendig
                                        halte.
… mir wichtig ist, dass der Mensch im                                           Schwester Sigrid Roeder
Mittelpunkt unseres Denkens und
Handelns steht. Dies finde ich in der   Schwester Christine Rosemann            … ich in meinem Beruf gemerkt habe,
Schwesternschaft.                                                               dass er ohne Rückhalt nicht geht.
                                        … es mir Spaß macht, in einer großen
                                        Gemeinschaft mit anderen Frauen zu
Schwester Sarah Müller                  arbeiten und sich dabei ganz indivi-    Schwester Heidi Spilles
                                        duell weiterzuentwickeln.
… mir der Austausch mit anderen Dia-                                            … ich die Gemeinschaft liebe.
konieschwestern gefällt und ich die
Weiterbildungsmöglichkeiten, die die    Schwester Edeltraud Döbler
Schwesternschaft mir bieten kann,                                               Schwester Kristin Pfanne
gerne nutzen möchte.

Schwester Dorothee Queckbörner

                                        … ich gerne Mitglied einer starken
                                        Gemeinschaft bin.

… sich so für mich in guter Weise                                               … ich von den christlichen Wertvor-
Beruf und Christsein in einer Gemein-                                           stellungen besonders in diesem Beruf
schaft verbindet.                                                               überzeugt bin.

                                                                                                                        7
60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008
Sonderausgabe April 2008

    diagnose
    „Das erhebende Bewusstsein, in einem der besten
    evangelischen Krankenhäuser zu arbeiten.“
    Der Beginn der Schwesternschaft am EVK (1948–1962)

    Die Schwesternschaft des Diakonie-               Kurz vor Weihnachten 1947 telegra-
    vereins Berlin-Zehlendorf hatte kein             fierte der Kaiserswerther Direktor
    leichtes Erbe in Düsseldorf anzutre-             Pfarrer Graf von Lüttichau an Direktor
    ten, denn die Krankenpflege am Evan-             Pfarrer Mieth in Berlin-Zehlendorf:
    gelischen Krankenhaus wurde fast                 „Kaiserswerth bietet endgültig Evan-
    100 Jahre lang von den Kaiserswerther            gelisches Krankenhaus Düsseldorf
    Diakonissen ausgeübt. Bereits 1940               an.“ Damit war der Wechsel auf den
    gab es erste Überlegungen der Kai-               Weg gebracht. Nach der offiziellen
    serswerther, die Betreuung des EVK               Anfrage des EVK per Telegramm am
    aus Schwesternmangel abzugeben.                  20. Dezember 1947 an den Diakonie-
    Der Ev. Diakonieverein war grundsätz-            verein zur Übernahme des Dienstes
    lich nicht abgeneigt, den Dienst zu              wurden bereits Anfang Januar die Ver-
    übernehmen. Er sah sich aber auf-                träge zwischen dem Evangelischen
    grund der Kriegssituation und der                Krankenhaus und dem Evangelischen                     Oberin Hanna von Hanffstengel (re.)
    daraus resultierenden Arbeitsbelas-              Diakonieverein abgeschlossen. Vom                     mit ihrer Nachfolgerin Sr. Maria Ursula
    tung nicht in der Lage, das große                1. April 1948 an lag die Verantwortung                Gräfin Vitzthum von Eckstädt
    Haus mit 450 Betten zu übernehmen.               bei den Diakonieschwestern.
                                                                                                           hatten. Die offizielle Feier hierzu fand
    Nach dem Krieg musste das Diakonis-              Die feierliche Einführung für die neue                am 9. Oktober 1949 statt, zu der Obe-
    senhaus nun endgültig die Trennung               Oberin Hanna von Hanffstengel, 51                     rin Sprenger und Pastor Mieth gela-
    vom EVK vollziehen, trotz der ein-               meist sehr erfahrene Schwestern und                   den waren. „Das hundertjährige Jubi-
    schneidenden Bedeutung, ein evan-                35 Schülerinnen fand am 15. April 1948                läum eines Werkes zu feiern, an dem
    gelisches Krankenhaus vor den Toren              statt. Pastor Mieth hielt die Eröff-                  99 Jahre andere Menschen gearbeitet
    Kaiserswerths aufzugeben. Im August              nungsrede: „Sie übernehmen die Pfle-                  haben, wurde uns schwer im Gedan-
    1947 wurde der Wechsel angebahnt.                ge in einem fast hundertjährigen                      ken an die Kaiserswerther Diakonis-
    Das Diakonissenhaus wandte sich an               Haus. Seine Entstehung ist der gläu-                  sen“, notierte Schwester Irmgard
    die Zweigstelle in Göttingen. Die dor-           bigen Initiative christlicher Nächsten-               Thorade am 14. Dezember 1949 über
    tige Oberin Emy Sprenger war nicht               liebe und sein Wachstum dem taten-                    die Stimmung in der Schwestern-
                                                     frohen Opfersinn der evangelischen                    schaft zur Jubiläumsfeier.
                                                     Gemeinden dieser Stadt zu verdan-
                                                     ken. (…) Sie dürfen das erhebende                     Die Ausbesserungen der Kriegsschä-
                                                     Bewusstsein haben, in einem der                       den, Umbauten, Renovierungen und
                                                     besten evangelischen Krankenhäuser                    Modernisierungen beeinflussten die
                                                     zu arbeiten. (…) Das andere Erbe, das                 Arbeit der nächsten Jahre. Das erste
                                                     Sie antreten, ergibt sich aus der fast                neue Schwesternwohnhaus wurde
                                                     hundertjährigen Verbindung dieses                     1955 bezugsfertig, und die Schwes-
                                                     Hauses mit den Schwestern der Kai-                    tern fühlten sich sehr wohl darin.
                                                     serswerther Diakonissenanstalt. (…)                   1959 kamen ein Schülerinnenhaus
                                                     Es gilt, das Erbe einer hundertjähri-                 und ein zweites Schwesternhaus
                                                     gen treuen Diakonissenarbeit im Gei-                  dazu.
                                                     ste Friedrich Zimmers zu pflegen und
                                                     es in die neue Form der Zehlendorfer                  Die Vorarbeiten zu den wichtigsten
    Eingangsportal des EVK                           Diakonie zu wandeln. Möge der Geist                   Veränderungen – die Einrichtung einer
                                                     echter Diakonie, wie er dieses Haus                   Säuglingspflegeschule, der Neubau
    abgeneigt, die Nachfolge der Diako-              geprägt hat, weiter in ihm leben …“                   des Krankenhauses auf dem Gelände
    nissen anzutreten und besichtigte am                                                                   Fürstenwall – hatte Oberin von Hanff-
    3. Oktober 1947 das Evangelische                 Die Diakonieschwestern waren gera-                    stengel noch mitbestimmt, bevor sie
    Krankenhaus. Darüber berichtete sie:             de eineinhalb Jahre in dem neuen                      65-jährig in den Ruhestand trat. Mit
    „Der Gesamteindruck dieses Hauses                Arbeitsfeld tätig, als sie die Festfeier              der Abschiedsfeier am 20. Oktober
    ist außerordentlich gut, dazu kommt,             anlässlich des 100-jährigen Bestehens                 1962 endete die Amtszeit der ersten
    dass Düsseldorf Regierungssitz ist.“             des Krankenhauses vorzubereiten                       Diakonie-Oberin am EVK.

               Impressum diagnose. Die EVK-Düsseldorf-Mitarbeiterzeitung
               V. i. S. d. P.: Dr. Wolfgang Holz, Verwaltungsdirektor EVK
               Redaktion und Projektleitung: Mareike Dietzfelbinger
               Redaktionsteam: Oberin Ulrike Brandhorst, Mareike Dietzfelbinger, Schwester Dorothee Queckbörner,
               Dagmar Rosenstein, Oguzhan Yoldas
               Grafik und Realisation: PAULYDESIGN, Wuppertal
               Lektorat: co-correct, Köln
8              Kontakt: Öffentlichkeitsarbeit EVK • Telefon 0211/919-2161 • Fax 0211/919-3956
60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008
Sonderausgabe April 2008

                                                                                          diagnose
Daten und Ereignisse im Überblick
Schwesternschaft am EVK (1962–2008)

Schwester Maria Ursula Gräfin
Vitzthum von Eckstädt tritt Ende
Oktober 1962 die Nachfolge von Obe-
rin von Hanffstengel an, die ihren
Ruhestand mit ihren leiblichen
Schwestern in Göttingen verbringt und
immer mal wieder zur Aushilfe in ver-
schiedenen Arbeitsfeldern einspringt.

Am 1. April 1963 wird eine Kinder-
krankenpflegeschule zusätzlich zur
bereits seit 1911 bestehenden Kran-
kenpflegeschule mit sechs Schüle-       Einweihung des ersten Bauabschnitts des Neubaus
rinnen eröffnet. Sie ist staatlich
anerkannt und bietet 30 Ausbil-         Am 27. Januar 1972 hat das Schwes-     und insbesondere für die Kinder-
dungsplätze.                            ternwohnheim in der Kirchfeldstr. 68   krankenpflege allgemein sprunghaft
                                        Richtfest.                             zu. Die Stationen sind sehr häufig
Inzwischen gehen auch die Planun-                                              überbelegt.
gen für den Neubau des Kranken-
hauses weiter.                                                                 Im November 1975 wird das Richtfest
                                                                               für das Schwesternwohnheim am
Im April 1964 wird eine Krankenpfle-                                           Fürstenwall 93 gefeiert.
gehilfeschule am EVK eröffnet.
                                                                               1976 wird die Frage diskutiert, ob
Bis 1965 wird am EVK neben den                                                 das EVK „Lehrkrankenhaus“ werden
Pflegeausbildungen auch die zwei-                                              sollte.
jährige Ausbildung „Wirtschafts-
schwester“ durchgeführt.                                                       Anfang 1977 erkrankt Oberin Vitz-
                                                                               thum von Eckstädt schwer.
Am 7. April 1965 wird das Schwes-
ternwohnheim in der Kirchfeldstr. 15                                           Im Sommer 1977 wird das Wohnheim
für 33 Schwestern eingeweiht. Die-                                             Fürstenwall bezogen; der daran
ses verfügt sogar über eine Sauna.      Oberin Christel Liedtke                anschließende Bauabschnitt des

Am 11. Oktober 1966 wird Verwal-        Am 1. Juli 1972 wird der Erweite-
tungsdirektor Paul Schmidt verab-       rungsbau des Krankenhauses in
schiedet. Sein Nachfolger ist Sieg-     Betrieb genommen. Jetzt hat das EVK
mar Döring.                             538 Betten.

1967 gibt es Überlegungen zur Ein-      Im April 1973 feiern die Diakonie-
richtung einer Vorschule, um            schwestern im EVK ihr 25-jähriges
dadurch Schülerinnen zu gewinnen,       Arbeitsfeld-Jubiläum.                   Oberin Maria Ursula Gräfin Vitzthum
da insgesamt in den 60er- und auch                                              von Eckstädt (li.) mit einer Schwester
noch Anfang der 70er-Jahren generell    Am 01. Oktober 1974 besteht das
Schwesternmangel herrscht.              EVK 125 Jahre. Der runde Geburtstag    Altenheims Fürstenwall wird
                                        wird am Erntedanktag mit einem         beschlossen.
Der Neubau wächst inzwischen; am        Festgottesdienst in der Friedenskir-
14. September 1967 wird Richtfest       che und anschließendem Podiums-        Anfang 1978 kehrt Oberin Vitzthum
für den ersten Bauabschnitt gefeiert.   gespräch gefeiert.                     von Eckstädt zur Arbeit zurück.

Am 18. Juni 1969 findet die Einwei-     Ab Mitte der 70er-Jahre nehmen die     Das Altenheim Fürstenwall befin-
hung des Neubaus statt.                 Bewerbungen für die Krankenpflege      det sich inzwischen im Bau.               

                                                                                                                             9
60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008
Sonderausgabe April 2008

     diagnose
     Zum 1. Oktober 1978 erfolgt die          beheimateten schlafen bei ihren           Arbeitskleidung für die Diakonie-
     Anerkennung der Weiterbildungs-          Eltern, sodass 60 Kirchentagsgäste        schwestern eingeführt. Er setzt sich
     stätte für Intensivpflege, zunächst      im Wohnheim Platz finden.                 sehr schnell flächendeckend durch.
     für den Schwerpunkt „Anästhesie                                                    Damit verschwindet die Schwestern-
     und Intensivmedizin“.                                                              haube auch aus dem EVK fast voll-
                                                                                        ständig.
     Zum 1. Oktober 1980 wird die
     Weiterbildungsstätte für den Opera-                                                Im Oktober 2004 schließt sich das EVK
     tionsdienst anerkannt. Die Anerken-                                                mit seiner Kranken- und Kinderkran-
     nung für den Schwerpunkt „Innere                                                   kenpflegeschule der ökumenischen
     Medizin und Intensivmedizin“ erfolgt                                               Schulkooperation einiger anderer
     zum 1. Oktober 1981.                                                               Krankenhäuser an. Der jüngste Ausbil-
                                                                                        dungskurs ist der erste, der die theo-
     Am 27. März 1979 ist die Einwei-                                                   retische Ausbildung am Standort Kai-
     hungsfeier von Altenheim und Wohn-                                                 serswerth erfährt.
     heim am Fürstenwall.
                                                                                        Im Januar 2006 übernimmt Oberin
     Am 22. August 1979 verstirbt Oberin      Am 16. Januar 1987 übernimmt Obe-         Ulrike Brandhorst das Amt der
     Vitzthum von Eckstädt im Alter von       rin Elke Mohrenstecher (Foto oben)        Bezirksoberin von Oberin Mohren-
     56 Jahren.                               das Amt der Bezirksoberin von Oberin      stecher, die in den Ruhestand geht.
                                              Liedtke, die in den Ruhestand geht.
     Am 14. Oktober 1979 tritt Oberin                                                   Im September 2006 findet das letzte
     Christel Liedtke das Amt der Bezirks-    Am 26. April 1988 findet ein „Diako-      theoretische Examen in der Kranken-
     oberin an.                               nietag“ in Düsseldorf statt.              und Kinderkrankenpflegeschule am
                                                                                        Standort des EVK statt. Damit ist der
     Anfang der 80er-Jahre gibt es viele      Im Januar/Februar 1989 bitten die         Umzug des theoretischen Lernortes
     Diskussionen zum Thema „freie Sta-       Düsseldorfer Schülerinnen mit             in der Kranken- und Kinderkranken-
     tion“. Die Diakonieschwestern wol-       Unterschriftslisten um Änderung der       pflege an den Standort der Schul-
     len nicht mehr im Schwesternhaus         Trachtvorschrift dahingehend, dass        kooperation nach Kaiserswerth voll-
     wohnen, sondern sich außerhalb           das Tragen der Tracht nicht mehr im       zogen.
     Wohnmöglichkeiten suchen. Dazu           Unterricht vorgeschrieben ist. Zuvor
     fordern sie, den sogenannten „Sach-      war dies bereits von Kölner Schüle-       2008 umfasst die Schwesternschaft
     bezug” ausbezahlt zu bekommen.           rinnen formuliert worden. Mit Blick       am EVK 81 aktive Schwestern und
                                              auf die grundsätzlichen Struktur-         Schülerinnen. Davon befinden sich
     Am 28. Januar 1983 wird Dr. Adolf        überlegungen vertagt Berlin die Ent-      11 in der Elternzeit, 16 Schwestern
     Freiherr von Haaren, der seit 1972       scheidung darüber zunächst.               gehören zum Kreis der pensionierten
     als Verwaltungsdirektor im Amt ist,      Es wird noch bis 1992 dauern, bis es      Schwestern.
     verabschiedet und Dr. Wolfgang Holz      den Schülerinnen erlaubt wird, an
     als sein Nachfolger eingeführt.          den Schultagen in ziviler Kleidung        Das EVK ist heute mit über 1.500
                                              am Unterricht teilzunehmen.               Mitarbeitern und 576 Betten in zehn
     1985 findet der Kirchentag in Düssel-                                              Fachabteilungen eines der größten
     dorf statt. Die Schwestern rücken        Im Januar 1995 wird der Hosenanzug        und bedeutendsten Krankenhäu-
     zusammen bzw. die in Düsseldorf          als Alternative zum Trachtkleid als       ser der Landeshauptstadt.         

     Allen Grund zur Freude hatten diese 30 jungen Menschen: Sie feierten am 28. März 2008 ihr erfolgreiches Probezeit-Ende und
     werden nun ihre insgesamt dreijährige Ausbildung zum/zur Gesundheits- und Krankenpfleger/-in oder zum/zur Gesundheits-
     und Kinderkrankenpfleger/-in im EVK fortsetzen. Als Ausdruck der besonderen Anerkennung ihrer Leistungen überreichte Obe-
     rin Ulrike Brandhorst jedem eine Rose.

10
Sonderausgabe April 2008

                                                                                          diagnose
Zeitzeugin Schwester Johanna Häfner

Ein intensives Leben für und in der Gemeinschaft
Sie gehörte zu den ersten Diakonie-
schwestern, die ihren Dienst am
1. April 1948 im Evangelischen Kran-
kenhaus antraten: Johanna Häfner.
Sie war gerade 23 Jahre jung und
sollte die nächsten 37 Jahre im EVK
arbeiten und leben. Deshalb waren
wir sehr erfreut, dass Schwester
Johanna uns als Zeitzeugin Auskunft
über ihre Erinnerungen ans EVK
geben wollte. Am Tag unseres
Gespräches treffen wir auf eine
freundliche, höfliche und aufge-
schlossene Persönlichkeit.

Am 1. April also kam Schwester
Johanna mit dem Zug und einem Kof-
fer in Düsseldorf an. Ihr erster Tag
am EVK war sehr unspektakulär,
aber dennoch hat sie ihn noch gut in
Erinnerung: „Ich kam aus Elberfeld,
wo auch meine Familie wohnte. Man
zeigte mir mein Zimmer und danach
wurde ich direkt auf die Station
gebracht, um sofort meinen Dienst
zu beginnen“, erzählt Sr. Johanna.
Auch der gesamte Wechsel von den
Kaiserswerther Diakonissen zu den          Die junge Schwester Johanna (re.) damals …
Diakonieschwestern vollzog sich in
ihren Augen unauffällig und ruhig.         Immerhin hatten die Diakonissen         viele andere Dinge und Aufgaben
„Es gab keine Unruhe oder Aufge-           das EVK fast 100 Jahre lang beglei-     gegeben, die es im Krankenhausall-
regtheiten bei diesem Wechsel, wie         tet.“ Es scheint, als habe es zu die-   tag zu bewältigen gab. Die Diakonie-
man es vielleicht vermuten würde.          ser Zeit, drei Jahre nach Kriegsende,   schwestern waren fortan da und
                                                                                   erledigten pflichtbewusst und aufop-
                                                                                   fernd ihre Arbeit, und das war die
                                                                                   Hauptsache.

                                                                                   Der Arbeitsalltag im Krankenhaus
                                                                                   war nicht einfach: Die Spuren und
                                                                                   Auswirkungen des Krieges waren
                                                                                   immer noch deutlich spürbar und
                                                                                   sichtbar. Es herrschte Lebensmittel-
                                                                                   mangel, die Versorgung mit Arznei-
                                                                                   und Pflegemitteln war lange nicht
                                                                                   ausreichend gewährleistet. „Auf den
                                                                                   Stationen war alles abgezählt. Wir
                                                                                   mussten gut haushalten und wirt-
                                                                                   schaften. Wenn wir mit den Windeln
                                                                                   oder den Mullbinden nicht auska-
                                                                                   men, so haben wir diese einfach mit
                                                                                   der Hand gewaschen und dann
… und heute. Freudig erzählt sie über ihre Erinnerungen.                           wiederverwendet.“                   

                                                                                                                           11
Sonderausgabe April 2008

     diagnose
                                                                                       Hanffstengel hatte eine ganz beson-
                                                                                       dere Art dies zu tun, indem sie auch
                                                                                       gerne einmal die eine oder andere
                                                                                       persönliche Zeile las. Ich habe da-
                                                                                       raufhin meiner Mutter wohlweislich
                                                                                       mitgeteilt, sie möge mir doch bitte
                                                                                       keine Postkarten ins Krankenhaus
                                                                                       schicken“, erzählt uns Sr. Johanna
                                                                                       schmunzelnd.

                                                                                       Und auf unsere Frage, was Schwes-
                                                                                       ternschaft für sie ausmacht, was das
                                                                                       Besondere daran ist, antwortet Sr.
                                                                                       Johanna ganz klar: „Es ist die
                                                                                       Gemeinschaft, die wir im Dienst und
                                                                                       auch in unserer Freizeit intensiv
                                                                                       gelebt haben. Die Schwesternschaft
     Schwester Johanna mit zwei kleinen Patienten                                      war meine Familie. Die gemeinsamen
                                                                                       Mahlzeiten, die Andacht und auch
     Die Kinderstation war mit fünfzig        der Schwestern die Morgenandacht.        unsere gemeinsame Abend- und Frei-
     Betten ausgestattet. Das waren           In der Mittagszeit kamen die             zeitgestaltung haben mich immer
     Holzbetten, die man in der Höhe          Schwestern zu einem gemeinsamen          sehr erfüllt. Das Schwesternwohn-
     nicht verstellen konnte. So mussten      Mittagstisch zusammen und nach           zimmer diente als Treffpunkt für
     die Schwestern die Kinder mit großer     einigen Freistunden war sie wieder       fröhliche und gemütliche Stations-
     Kraftanstrengung aus und in die Bet-     von 16 Uhr bis 20 Uhr auf der Station    abende. Wir haben zusammen
     ten hineinheben. Die kleinen Patien-     tätig. Auch jeder zweite Sonntag-        gehandarbeitet, Theater gespielt,
     ten, die häufig wegen akuter Blind-      nachmittag war für Schwester Johan-      uns gegenseitig vorgelesen oder
     darmreizung oder Leistenbrüchen          na ein Arbeitstag. In der Regel hatte    auch musiziert. Jeden Samstagabend
     eingeliefert wurden, mussten in der      sie vier Wochen Urlaub im Jahr.          ist ein Chor von Diakonieschwestern
     Regel acht bis zehn Tage in der                                                   im Haus unterwegs gewesen und hat
     Obhut des EVK bleiben. Zur guten         An eine Besonderheit der Mittagszeit     für jede Station ein Abendlied
     Pflege gehörte es auch, mit ihnen zu     kann sich Schwester Johanna noch         gesungen. Am Heiligen Abend wurde
     basteln oder zu singen, wie z. B. zu     sehr gut erinnern: Das war die Zeit,     dafür sogar eigens das Klavier, das
     St. Martin, als die Schwestern mit       zu der Frau Oberin von Hanffstengel,     von der damals sehr jungen Kantorin
     den Kindern und ihren Laternen sin-      die im Prinzip für alles zuständig       gespielt wurde, per Aufzug auf jede
     gend durch das Haus zogen.               war, auch die persönliche Post an        Station mittransportiert. Und
                                              die Schwestern verteilte. „Oberin        manchmal, in der Weihnachtszeit, 
     Untergebracht war Schwester Johan-
     na im Krankenhaus. Schwestern-
     wohnheime gab es zu dieser Zeit
     noch nicht. „Wir teilten uns zu fünft
     ein Vierbettzimmer. Und weil wir ja
     alle zu unterschiedlichen Zeiten
     gearbeitet haben, war immer ein
     Bett zum Schlafen frei.“ Erst sehr
     viel später, im April 1965, als das
     erste Schwesternwohnheim in der
     Kirchfeldstraße gebaut wurde,
     bekam Sr. Johanna ihr erstes eigenes
     Zimmerchen: „Es war zwar sehr
     klein, aber ich wohnte hier alleine
     und hatte einen wunderschönen
     Blick in den Garten hinaus.“

     Ihr Dienst begann montags bis sams-
     tags in der Früh um sechs Uhr. Um
     sieben Uhr besuchte sie mit vielen       Damit die Kinder St. Martin nicht verpassen: Laternenzug durch das EVK.

12
Sonderausgabe April 2008

                                                                                           diagnose
war unser Zimmer vom Duft einer
Bowle erfüllt“, erinnert sich Sr.
Johanna.

Besonders begeistert erzählt sie
auch von den vielen Schwesternfahr-
ten, Veranstaltungen und Fortbildun-
gen, an denen sie teilhaben durfte:
„Gemeinsam sind wir in die Eifel,
nach Berlin oder Holland gefahren.
Wir haben uns nicht nur fachlich
weitergebildet, sondern auch im
Bereich Kunstgeschichte, Theater
und Musik.“ Sehr wichtig war ihr
dabei stets das Tragen der Tracht:
„Sie war der Ausdruck unserer
Gemeinschaft. Kurz nach dem Krieg
war sie darüber hinaus sehr nützlich
und praktisch, weil wir immer etwas
zum Anziehen hatten. Natürlich
haben wir sie auch in unserer Frei-
zeit getragen. Ich trug sie sogar,
wenn ich Konzerte in der Oper              Gemeinsam und gemütlich: Weihnachten auf der Kinderstation.
besuchte. Dadurch war das Bild der
Schwestern in der Öffentlichkeit sehr      Gemeinschaft gelebt, die heute noch     relang habe ich Kinder und Jugendli-
viel präsenter, als es heute der Fall      für mich da ist. Wir pensionierten      che versorgt und gepflegt, sie gehör-
ist. Ich habe die Tracht tatsächlich nur   Diakonieschwestern pflegen den          ten zu meinem Leben. Wie schön,
abgelegt, wenn ich Urlaub gemacht          Kontakt untereinander, wir telefonie-   dass es heute möglich ist, Diakonie-
habe“, beschreibt Sr. Johanna die          ren regelmäßig, treffen uns einmal      schwester zu sein und eine Familie
Bedeutung der Schwesterntracht.            im Monat und sind auch in alle Akti-    haben zu können“, sagt Sr. Johanna
                                           vitäten und Planungen des Schwes-       ein wenig nachdenklich.
Und würde sie sich wieder entschei-        ternverbandes eingebunden. Aber
den, Diakonieschwester zu werden?          manchmal denke ich, wie es wäre,        Heute schaut die pensionierte
„Ich habe in einer wunderbaren             eigene Kinder gehabt zu haben. Jah-     Schwester auf ein erfülltes und
                                                                                   arbeitsames Leben zurück. Bis zum
                                                                                   1. August 1985 arbeitete und lebte
                                                                                   sie im EVK. Allein 21 Jahre betreute
                                                                                   und pflegte sie die Kinder der Schul-
                                                                                   kinderstation, die letzten acht Jahre
                                                                                   hatte sie die Leitung der chirurgi-
                                                                                   schen Privatstation inne. Heute lebt
                                                                                   sie allein in Lörrick, wo sie lange Jah-
                                                                                   re mit ihrer Schwester zusammenge-
                                                                                   wohnt hatte. Aber vielleicht schließt
                                                                                   sich bald wieder der Kreis und ihr
                                                                                   Weg führt sie zurück ins EVK: Sie hat
                                                                                   sich bereits für einen Platz im Haus
                                                                                   Fürstenwall angemeldet.

                                                                                   Liebe Schwester Johanna, wir danken
                                                                                   Ihnen herzlich für die kleine Zeitreise,
                                                                                   auf die Sie uns mitgenommen haben!

                                                                                   Mit Schwester Johanna sprachen
                                                                                   Anfang März 2008 Oberin Ulrike
                                                                                   Brandhorst, Mareike Dietzfelbinger
                                                                                   und Dagmar Rosenstein.             

                                                                                                                              13
Sonderausgabe April 2008

     diagnose
     Zeitzeugin Schwester Else Lieber

     Vom großen Glücksgefühl neuer Schuhe
     Schwester Else Lieber ist die zweite      zog, vermutlich 1949 oder 1950, dien-   Frau Oberin Sprenger, die schon im
     Zeitzeugin, die uns Einblicke in die      ten diese Fensterhöhlen bzw. Fenster-   Haus war, organisierte alles bestens.
     Zeit nach 1948 gewährt. Sie kam am        bänke den auf den Zug wartenden         Die Gießener Gruppe war eine gute
     23. März 1948 ans EVK und arbeitete       Fastnachtsjecken als Tanzflächen. (…)   geschlossene Einheit und hat m. E.
     bis zu ihrer Pensionierung am                                                     viel beigetragen zum schnellen
     1. Oktober 1972 auf der Station F III,    Schuttberge vor den Seitenflügeln       Zusammenwachsen des Kreises. (…)
     der dermatologischen Frauen- und          des EVK am Fürstenwall verschwan-
     Kinderstation „als kleine Schwester“,     den nach einigen Wochen dank der        Frau Oberin kam am 22. März ins EVK.
     wie sie sich selber bezeichnete. Sie      Mithilfe von Fürsorgezöglingen des      Frau Oberin wurde damals nur
                                                                                       schlicht mit Sr. Hanna angeredet. Der
                                                                                       Oberinnentitel wurde ihr erst einige
                                                                                       Wochen später wieder zuteil mit der
                                                                                       Übertragung eines Seminarbezirkes.
                                                                                       Die fünf/sechs Schwestern, die im
                                                                                       März kamen, aßen Mittag und Abend-
                                                                                       brot mit Frau Oberin im Schwestern-
                                                                                       wohnzimmer in der Ecke rechts neben
                                                                                       der Tür und dabei wurden die neuen
                                                                                       Erlebnisse besprochen. Es war eine
                                                                                       kleine, gemütliche Runde. (…)

                                                                                       Am 15. April waren die Verabschie-
                                                                                       dung der Kaiserswerther Diakonissen
                                                                                       und die Einführung der Diakonie-
                                                                                       schwestern. Zu diesem Festakt
                                                                                       erschienen Pastor Mieth und befreun-
                                                                                       dete und benachbarte Oberinnen:
                                                                                       Oberin Sander aus Wuppertal, Oberin
                                                                                       Kreuzberger aus Bielefeld, Oberin
                                                                                       Kabis aus Osnabrück. Die humorvoll-
                                                                                       ste Ansprache hielt der damalige
     verstarb im Januar 1998. Schwester        Dorotheenheims. Das dritte Stock-       Superintendent. (…)
     Else verfasste eine zehnseitige Schrift   werk des Krankenhauses erinnerte
     über ihre Erinnerungen an die Zeit        am meisten an die Kriegsbeschädi-       Ich gehörte bald einem kleinen Kreis
     von 1948 bis ca. 1970. Daraus möch-       gungen: unverputzte, rohe Ziegelwän-    an, der sich meist alle zwei Wochen
     ten wir einige Passagen zitieren:*        de des langen Korridors, kein Fußbo-
                                               denbelag. (…)
     „(…) Wie sah es rund ums EVK und im
     EVK selber aus? Schaute man vom           (…) In der letzten Märzwoche reisten
     Flachdach des Hauses in die Runde,        schon einige Schwestern von ver-
     war kaum ein heiles Haus zu sehen,        schiedenen Arbeitsfeldern an, zum
     meist zahlreiche Häuserruinen und         Teil aus der sowjetisch besetzten
     Trümmergrundstücke, auf denen herr-       Zone – schwarz über die Grenze –
     lich gelb der Huflattich blühte. Wir      auch Frau Oberin von Hanffstengel,
     gaben ihm den neuen Namen „Trüm-          die von der Kirchlichen Hochschule
     merblümchen”. Die gegenüberliegen-        Berlin kam, musste die Mühsal eines
     de Kunsthandwerkerschule rief klassi-     solchen Grenzüberganges auf sich
     sche Verse in Erinnerung: „In den         nehmen. Am 23. März fuhr ein großer
     öden Fensterhöhlen wohnt das Grau-        Möbelwagen mit Möbeln und Koffern
     en und des Himmels Wolken schauen         der Schwestern der Gießener Chirur-
     hoch hinein.“ Bei einem Rosenmon-         gischen Universitätsklinik vor; die     Schwester Else Lieber: ihr Bewerbungs-
     tagszug, der den Fürstenwall entlang-     Schwestern selbst kamen am 1. April.    foto

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Sonderausgabe April 2008

                                                                                          diagnose
abends traf zu einer Lesestunde; eine
Schwester las vor, die anderen stopf-
ten Strümpfe oder Wäsche.
Für Frau Oberin war der Anfang ver-
mutlich schwerer als für uns Stations-
schwestern. Die Hausschwester
Schwester Rotraud Friedrichs und
Küchenschwester Elisabeth Abt
kamen erst einige Tage später. Da
aber Frau Oberins Grundsatz hieß
„Nichts ist tragisch”, trug sie es mit
Fassung. Jeden Abend zur gleichen
Uhrzeit eilte Frau Oberin mit Schlüs-
selkörbchen in der Hand durchs
Haus, um abzuschließen und nach
dem Rechten zu sehen und hier und
dort noch bei Schwestern hineinzu-       Kaffeerunde im Schwesternwohnzimmer
schauen.
                                         sinen, Zitronen, Bananen, Schokolade      und an Geld war auch öfters Mangel
Öfters vormittags machte sie mit Ver-    jeder Art, Perlonstrümpfe gab es          im Haus. (…) Eines habe ich damals
waltungsdirektor Schmidt eine Runde      nicht, Pfeffer war eine große Rarität.    begriffen: immer wieder Bitten vortra-
durchs Haus. Der Aufzug wurde dabei      Textilien und Schuhe waren große          gen und warten lernen. Meine Station
nie benutzt. Solche Besuche auf Sta-     Mangelware. Einer unserer Schülerin-      F III, dermatologische Frauen- und
tion konnten manchmal von großem         nenkurse hieß „Nachthemdenge-             Kinderstation, war wirklich ein Auf-
Nutzen für die Station sein, da man      schwader“. Die Schülerinnenkleider        baugebiet: kein Fußbodenbelag, nur
seine Wünsche und evtl. Einspruch        waren aus blau-weißem, breit              Zementfußboden mit Rissen und
gleich an der richtigen Adresse          gestreiftem Stoff gefertigt, wie er für   Löchern. 1954 erhielt das damalige
anbringen konnte.                        Schlafanzüge bevorzugt wird.              Dienstzimmer als letztes Zimmer der
                                                                                   Station einen Fußbodenbelag; keine
Eine wesentliche Mitarbeit der           Im Sommer konnten Schwester Bär-          Vorhänge, nur Scheibengardinen;
Schwestern am Aufbau im Kranken-         bel Hennecke und ich nur noch             kein Blutdruckapparat, den habe ich
haus sind m. E. die jede zweite          mühevoll ohne Strümpfe in schlech-        für einige Monate noch auf der Sta-
Woche samstags zwischen 15.00 und        ten Schuhen auf dem schlechten, ris-      tion M IIa ausleihen müssen. Aller-
16.30 Uhr stattfindenden „Mütterbe-      sigen Stationsfußboden gehen und          dings war er damals nicht so drin-
ratungen“ im Schwesternwohnzim-          baten, im Dienst barfuß gehen zu dür-     gend wichtig. Die Patienten waren
mer gewesen; ein Kaffeestündchen         fen. Eine Bitte, die selbstverständli-    nicht so kreislauflabil wie heute. (…)
der Frau Oberin mit ihren Stations-      cherweise abgelehnt wurde. Aber
schwestern, bei dem alle wichtigen       Frau Oberin organisierte daraufhin        Es ist erstaunlich, dass trotz mancher
Stationsfragen und evtl. Neuanschaf-     Schuhe: eine Firma aus Lippstadt          notstandsbedingter Mängel alles glatt
fungen besprochen wurden. Eine           kam mit einer Auswahl schwarzer           verlief. Ich möchte sagen, dreierlei
verpasste Mütterberatung war oft         Schuhe verschiedener Größen. Kann         trug dazu bei: das Wissen um das
gleichbedeutend mit einer verpassten     heute noch jemand das Glücksgefühl        Beschütztwerden durch Gott, die gute
Gelegenheit für die Station. Die         nachempfinden, das der Besitz der         Zusammenarbeit im Haus, ein erhöh-
Bezeichnung „Mütterberatung“ erfan-      neuen Schuhe mir bescherte? (…)           tes Fingerspitzengefühl und Einfüh-
den unsere Schülerinnen; lustige Ver-                                              lungsvermögen, das technische Rück-
wechselungen sind damit verbunden.       Es war eine Zeit, in der man sich         stände ausgleichen musste.
                                         dankbar über jede Neuerwerbung            Wie oft hat uns die Oberin gesagt:
Vieles, was heute selbstverständlich     freute und das Empfinden hatte, am        „Was uns an technischen Hilfsmitteln
ist, war damals nicht vorhanden oder     Aufbau des Hauses mitzuarbeiten.          noch fehlt im Vergleich mit anderen
nur sehr schwer zu beschaffen. Apfel-    Wir waren damals sehr bescheiden          Düsseldorfer Krankenhäusern, müs-
                                                                                   sen Sie bitte durch besonders gute
                                                                                   Pflege aufholen und damit den Ruf
                                                                                   des Hauses mehren.“
                                                                                   Ein großes Problem war die Bettwä-
                                                                                   sche. Wir wussten oft nicht, womit ein
                                                                                   frei gewordenes Bett bezogen wer-
                                                                                   den konnte. Ich habe mehrmals zu 

                                                                                                                            15
Sonderausgabe April 2008

     diagnose
     Patienten, die um Aufnahme baten,        EVK, orientierte sich über Arbeits-      staltung der Weihnachtsfeiern halfen
     gesagt: „Ein Bett ist für Sie da, aber   weise und Gesinnung der neuen            sie mit durch Lieder und Spiel. (…)
     keine Bettwäsche. Sind Sie bereit, mit   Schwestern anlässlich seines Besu-       Die Jahre im EVK sind mir eine liebe
     eigener Bettwäsche zu kommen, darf       ches bei einigen im EVK liegenden        Erinnerung an die Schwesternzeit, in
     ich Ihnen das zumuten?“ (…)              erkrankten Gemeindemitgliedern. Er       der ich am stärksten als guter Haus-
                                              erhielt von den Patienten nur ein Lob-   halter gefordert wurde.
     Ich musste mich zunächst daran           lied auf die Neuen.
     gewöhnen, dass mein Chefarzt außer                                                Rückblickend bin ich dankbar, dass
     seinen Visiten zu den verschiedens-      1948 hatte das EVK – so sehe ich das     Diakonieschwestern am Aufbau des
     ten Tageszeiten die Schwesternarbeit     persönlich – noch einen gut über-        EVK mithelfen konnten, und wünsche
     auf Station kontrollierte und ich mich   schaubaren Rahmen für diejenigen,        den hier Arbeitenden für kommende
     zu jedem freien Nachmittag bei ihm       die darin arbeiteten, so beinahe:        Jahre mit ihren neuen Ansprüchen:
     abmelden musste. Als wir sein Ver-       Jeder kannte jeden, das verband und      Fühlen Sie sich gefordert für des Hau-
     trauen gewonnen hatten, entfielen        spornte an. Die Hausangestellten         ses Wohl, denn nur wer gefordert
     diese Einschränkungen. Ein evangeli-     beteiligten sich am Adventssingen.       wird, vermag zu fördern.“           
     scher Pfarrer, der natürlich Interesse   Am 2. Advent frühmorgens sangen sie
     hatte an dem Schwesternwechsel im        auf allen Stationen. Bei der Ausge-      * Angepasst an die aktuelle Rechtschreibung.

     Nicole Achazi ist seit 20 Jahren Diakonieschwester

     „Ja, ich kann noch Hauben falten“                                                                          von Nicole Achazi

                                              sowie für die Sonntagstracht. Dazu       te Gesprächspartner da war. An den
                                              bekamen wir natürlich die Schülerin-     meisten Zimmertüren hingen Notizta-
                                              nenhauben. Ich wurde neulich von         feln, auf denen man eine Nachricht
                                              jemandem gefragt, ob ich noch Hau-       hinterlassen konnte – sehr praktisch!
                                              ben falten kann. Das hat mich daran      Selber telefonieren konnte man im
                                              erinnert, dass Frau Oberin Mohren-       Treppenhaus. Dort waren in den
                                              stecher extra zu uns in den Unterricht   Zwischenetagen Münzfernsprecher
                                              kam, um mit uns das Haubenfalten         angebracht. Hier bildeten sich
                                              zu üben, als wir Ende des zweiten        abends Warteschlangen. Man musste
                                              Jahres unsere „normalen“ Hauben          den anderen auch nicht erzählen,
                                              bekamen. Übrigens, ja ich kann es        über was man gesprochen hat, denn
                                              immer noch.                              die Stimmen hallten im ganzen Trep-
     20 von 60. Was sich anhört wie das                                                penhaus wider. Leise sprechen wurde
     Ergebnis einer Lotterie, steht für die   Gerade im Bereich der Schülerinnen       zur Disziplin. Als später die Möglich-
     Anzahl der Jahre, in denen ich den       hat sich vieles verändert. Man muss      keit bestand, einen Telefonanschluss
     Diakonieverein im EVK miterlebt          nicht mehr im Wohnheim wohnen            auf dem Zimmer zu haben, ging diese
     habe. In dieser Zeit hat sich einiges    und das Trachttragen im Unterricht       Zeit auch zu Ende. Vieles ist jedoch
     verändert. Ohne Veränderung und          wurde schon ein Jahr nach meiner         geblieben. Vor allem viele ältere
     Wandel geht es heute auch gar nicht      Ausbildung abgeschafft. Zu Beginn        Patienten, freuen sich immer wieder,
     mehr. Und deshalb ist es wichtig,        der Ausbildung bekamen jeweils zwei      wenn sie eine Diakonieschwester
     glaube ich, auch Dinge zu haben, die     Schülerinnen ein gemeinsames             sehen. Einige verbinden damit sogar
     beständig sind.                          Wohnheimzimmer. Da man sich vor-         einen besonderen Vertrauensbonus.
                                              her nicht kannte, war die Harmonie       Manchmal lässt sich über die beiläu-
     In unserem Kurs 1987 waren fast nur      unterschiedlich ausgeprägt. Nach ca.     fige Erkundigung nach der Bedeu-
     Diakonieschülerinnen. Vier Pfleger zu    sechs bis acht Monaten wurden wir        tung der Brosche auch ein guter
     Beginn, später noch drei, bildeten die   dann auf Einzelzimmer verteilt.          Gesprächseinstieg finden.
     Ausnahme. Eine damals sogenannte         Damals konnte man auch nicht sein
     „freie Schülerin“ hat nach der Probe-    eigenes Telefon auf dem Zimmer           Abschließend möchte ich unsere Dia-
     zeit aufgehört. Ich sehe mich noch       haben. Es war ja auch noch die Vor-      konieweihnachtsfeier erwähnen. Die-
     aufgeregt inmitten meiner Mitschüle-     Handy-Zeit. Erreichbar war man über      se hat eine sehr lange Tradition und
     rinnen in der Kleiderkammer stehen,      einen Anschluss auf dem Flur. Dieje-     durch gute Ideen und neue Impulse
     in der Maß genommen wurde für die        nige, die das Klingeln hörte, ging       hat sie sich zu einem wahren Höhe-
     Arbeitstracht mit Schürze und Bluse      dran und schaute, ob der gewünsch-       punkt eines jeden Jahres entwickelt.

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Sonderausgabe April 2008

                                                                                         diagnose
Das christliche Menschenbild als Basis und Leitbild
Seit sechs Jahrzehnten arbeiten die Schwestern des Diakonievereins Berlin-Zehlendorf am Evangelischen Krankenhaus
Düsseldorf. diagnose sprach mit Oberin Ulrike Brandhorst und Verwaltungschef Dr. Wolfgang Holz über die Bedeutung der
Partnerschaft, wie sich diese gestaltet und über die Modernität der Schwesternschaft.

diagnose: Frau Oberin Brandhorst,        und Seminarangebot für die Schwes-      den Zehlendorfer Schwestern bringt
welche Bedeutung hat die nunmehr         tern im Heimathaus in Berlin.           zum Ausdruck, wie wichtig dem
60-jährige Partnerschaft zwischen                                                Evangelischen Krankenhaus Düssel-
dem Evangelischen Diakonieverein         diagnose: Herr Dr. Holz, welche         dorf dieses Anliegen war. Allerdings –
Berlin-Zehlendorf e. V. und dem          Bedeutung hat die Partnerschaft aus     und das wissen Sie alle – geht die
EVK?                                     Ihrer Sicht?                            Anzahl unserer Pfleger und Schwes-
                                                                                 tern, Schülerinnen und Schüler weit
Oberin Ulrike Brandhorst: Das EVK        Dr. Wolfgang Holz: Die Frage enthält    über die Zahl der Schwestern des
ist ohne eine evangelische Schwes-       das Wort „Partnerschaft”, ein           Diakonievereins hinaus.
ternschaft fast nicht vorstellbar. So    Begriff, der für unsere Zusammenar-
lange es das Krankenhaus gibt,           beit maßgeschneidert ist. In unseren    Schwesternschaften haben außer-
haben evangelische Schwestern hier       Akten liegt ein mittlerweile arg ver-   dem wichtige Impulse gesetzt für die
gearbeitet. Von der Gründung an          gilbter Vertrag aus dem Jahre 1948,     Entwicklung der Pflegeberufe, für die
waren das für fast 100 Jahre die Dia-    der zwar in dem einen oder anderen      Ausgestaltung der beruflichen Quali-
konissen aus Kaiserswerth. Als diese                                             fizierung und die Weiterbildung von
die Arbeit abgeben mussten, weil sie                                             Schwestern und Pflegern. Insofern
nicht mehr genügend Schwestern                                                   deckten sich die Zielsetzungen des
hier einsetzen konnten, war es den                                               Diakonievereins mit denen des Evan-
damaligen Verantwortlichen im Kura-                                              gelischen Krankenhauses in folgen-
torium des EVK wichtig, wieder eine                                              den Schwerpunkten:
evangelische Schwesternschaft für
die Übernahme des Pflegedienstes                                                 • Qualifizierte Krankenpflege auf
zu gewinnen. Damit sollte der evan-                                                hohem Ausbildungsniveau
gelisch-christliche Charakter des EVK
gewahrt bleiben. Dass diese                                                      • Förderung der Aus- und Weiterbil-
Zusammenarbeit jetzt 60 Jahre            Punkt ergänzt werden musste, aber         dung von Schwestern und Pfle-
Bestand hat, ist ein Zeichen dafür,      stets noch die Grundlage bildet für       gern, unter anderem durch Vorhal-
dass dieses Anliegen grundsätzlich       die Gestellung der evangelischen          tung einer eigenen Krankenpfle-
auch heute noch gilt.                    Schwestern in unserem Hause. Er           geschule
                                         regelt unter anderem:
Für die Schwesternschaft ist das EVK                                             • Arbeitsbedingungen in einem
ein Arbeitsfeld, in dem Diakonie-        • die Gestellung der Oberin (Pflege-      Haus, die es der Schwestern-
schwestern gemeinsam arbeiten              dienstleitung),                         schaft ermöglichen, im Rahmen
können und in dem Diakonieschüle-                                                  einer Lebens- und Arbeitsgemein-
rinnen in den Schulen ihre Ausbil-       • die Gestellung von Schwestern           schaft ihren Dienst auszuüben
dung erhalten. Dieser Weg über die         und Schülerinnen,
Ausbildung ist traditionell der Weg in                                           diagnose: Herr Dr. Holz, wie gestal-
die Schwesternschaft hinein.             • den Betrieb (gemeinsame Verant-       tet sich diese Partnerschaft?
                                           wortung) der Krankenpflege- und
Das EVK hat mit dem Diakonieverein         Kinderkrankenpflegeschulen.           Dr. Wolfgang Holz: Die Partnerschaft
und seiner Schwesternschaft einen                                                verbindet uns in Aus- und Fortbil-
Partner, der neben der fachlichen        Die Pflege hat für ein Krankenhaus      dung. Konzeptionelle Impulse für die
Aus- und Weiterbildung Wert legt auf     eine zentrale Bedeutung. Insofern       Aus- und Weiterbildung erreichen
die diakonische Bildung und Beglei-      war es für das EVK Wunsch und Not-      uns über die Schwesternschaft.
tung seiner Schwestern, um sie in        wendigkeit, diese qualifiziert abzu-    Umgekehrt werden Konzepte des
ihrem sehr fordernden Beruf in der       decken. Die langjährige Zusammen-       Evangelischen Krankenhauses Düs-
Pflege zu unterstützen und zu stär-      arbeit mit den Kaiserswerther Diako-    seldorf zurückgespiegelt an den Dia-
ken. Dazu gibt es ein kontinuierli-      nissen und die nunmehr bereits 60       konieverein, um diese Anregung in
ches, fachlich-diakonisches Kurs-        Jahre bestehende Verbindung mit         den übrigen Arbeitsfeldern des Ver-

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