60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf - Sonderausgabe April 2008
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Sonderausgabe April 2008 Die Mitarbeiterzeitung Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf 60 Jahre Diakonieschwestern am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf
Sonderausgabe April 2008 diagnose Aquarium des Löbbecke-Museums im Hochbunker an der Weseler Straße eröffnet wurde, die Stadtverwaltung und die Handelskammer sich für Düs- seldorf als Filmmetropole starkmach- ten und am 11. September 1948 die SPD in Düsseldorf ihren Parteitag abhielt, auf dem Kurt Schumacher am 15. September zum Vorsitzenden gewählt wurde, fanden weltweit wei- tere historische Augenblicke statt: • Am 30. Januar 1948 wurde Mahatma Gandhi ermordet. • Am 3. April 1948 wurde der Marshallplan unterzeichnet. • Am 7. April 1948 wurde die Weltge- sundheitsorganisation (WHO) Zerstörte Straßenzüge in der Düsseldorfer Innenstadt gegründet. • Am 14. Mai 1948 wurde der Staat Ein Blick zurück ins Jahr 1948 Israel gegründet. Bis zum Kriegsende 1945 wurde in am 20. Juni 1948 vertiefte sie sich ein- • Ab 24. Juni 1948 begann (bis 1949) Düsseldorf etwa die Hälfte der Gebäu- mal mehr. Mit der Einführung der DM die Blockade Berlins: Berlin wurde de zerstört, rund 90 Prozent wurden erhielt auch jeder in Düsseldorf 40 DM ausschließlich über eine Luftbrü- beschädigt. Rund um das EVK am als Startguthaben; der Schwarzmarkt cke versorgt. Fürstenwall standen zerbombte Häu- war offiziell geschlossen und die ser; viele von ihnen waren in den Hamsterfahrten mehr oder weniger • Am 1. September 1948 wurde der unteren Etagen „bewohnbar“, es fehl- beendet. Und endlich gab es wieder Parlamentarische Rat unter der ten obere Stockwerke oder Dächer. etwas in den Geschäften zu kaufen. Präsidentschaft von Dr. Konrad Auch das EVK selbst musste beträcht- Apropos Geschäfte: 1948 eröffneten Adenauer gebildet. liche Beschädigungen, insbesondere in Essen die Brüder Albrecht ihren am dritten Stockwerk, hinnehmen. ersten Lebensmittelladen. • Der Chemiker Paul Hermann Müller erhielt als erster Nichtmediziner 1948 sahen die Straßenzüge und die Zurück nach Düsseldorf: Die Rhein- mit seiner „Entdeckung der star- Häuser schon aufgeräumter aus, aber metropole war seit 1946 Landes- ken Wirkung von DDT (schwer- der Wiederaufbau der Stadt ging nur hauptstadt des neu gegründeten flüchtigem chloriertem Kohlenwas- langsam voran. Die Schwestern, die Nordrhein-Westfalen, Oberbürger- serstoff) als Kontaktgift gegen nach Düsseldorf reisten, um im EVK meister war Joseph Gockeln, der am mehrere Arthropoden (Gliederfüß- ihren Dienst zu beginnen, reisten 8. November 1948 erneut zum Ober- ler)“ den Nobelpreis für Medizin. demnach in eine zerstörte Stadt der haupt der Stadt gewählt wurde. Im amerikanisch besetzten Zone, in der Juli 1948 erschienen erstmals wieder • Die Max-Planck-Gesellschaft wurde es an allen Ecken und Enden fehlte. die „Düsseldorfer Nachrichten“, die gegründet. Am 1. April blühte der Schwarzmarkt wenig später mit der „Westdeutschen in allen vier besetzten Zonen Deutsch- Zeitung“ fusionierten. Die erste Aus- • 1948 fanden in St. Moritz die Olym- lands; auch die Düsseldorfer waren gabe der heute größten Düsseldorfer pischen Winterspiele und in Lon- auf „Hamsterfahrten“ unterwegs, um Zeitung, der „Rheinischen Post“, don die Olympischen Sommerspie- sich die notwendigsten Dinge des täg- erschien übrigens erstmals am 2. le statt. lichen Lebens zu besorgen. März 1946. • Last, but not least: Eine erste Teilung Deutschlands in die Während am 7. Februar 1948 die Am 8. August 1948 fand die erste sowjetisch besetzte Zone und die sog. behelfsmäßig hergerichtete Ober- deutsche Fußballmeisterschaft „westliche Trizone” war 1948 bereits kassler Brücke für den Verkehr freige- statt. In Köln schlug Nürnberg Kai- vollzogen, mit der Währungsreform geben wurde, am 28. März 1948 das serslautern mit 2 : 1. 2
Sonderausgabe April 2008 diagnose Liebe Leserinnen und liebe Leser, seit 60 Jahren arbeiten Diakonie- Arbeits- und Lebensjahre von Schwes- tet sich aus nach dem christlichen schwestern des Evangelischen Diako- tern und Mitarbeitenden in allen Menschenbild: „Dem Bedürftigen die- nievereins Berlin-Zehlendorf im Evan- Bereichen, die sich in diesem Haus nen“ und „Im Mittelpunkt der gelischen Krankenhaus Düsseldorf – eingebracht und engagiert haben. Alle Mensch“. eine Zeit, die sehr viel Entwicklung diese Menschen haben mit den Dia- und immerwährende Veränderung konieschwestern in einer Arbeits- und Wenn wir diese 60 Jahre der Zusam- umfasst: die Nachkriegszeit mit Dienstgemeinschaft gelebt; sie haben menarbeit im EVK in einem Gottes- Wiederaufbau, die Weiterentwicklung die Arbeit und die Atmosphäre im dienst gemeinsam feiern, wollen wir im medizinischen Bereich, die Erwei- Haus und die Außenwirkung des EVK damit unserer Dankbarkeit Ausdruck terung der Arbeit im Krankenhaus mit in ihrer Zeit und auf ihre jeweilige Art verleihen für eine Zusammenarbeit, neuen Fachabteilungen und Funk- geprägt. die von grundsätzlicher und gegensei- tionsbereichen, der Neubau des Kran- tiger Wertschätzung geprägt ist und kenhausgebäudes Ende der 60er-/ Einiges aus diesen Jahren wollen wir die den Patientinnen und Patienten Anfang der 70er-Jahre, der Aufbau in der vorliegenden Sonderausgabe dieses Hauses zugute kommt. neuer Arbeitsfelder wie der Altenpfle- der diagnose ein wenig nachzeichnen: geheime und des Hospizes – um nur in Gesprächen mit Zeitzeugen aus den zwei von vielen zu nennen – der zeit- Anfangsjahren und mit heute verant- weilige Mangel an Pflegenden, die wortlichen Menschen, in Bildern, die Gründung der Evangelischen Kranken- die Arbeit vergangener und jetziger haus-Hilfe mit ihren Grünen Damen, Zeit dokumentieren, in Erinnerungen Ihre Ulrike Brandhorst die mehrfachen Veränderungen in der Einzelner und in Aussagen von Diako- Oberin Krankenhausfinanzierung und unend- nieschwestern, die heute im EVK lich vieles mehr. arbeiten. 60 Jahre bewegte Zeitgeschichte – Die Grundlage des Tätigwerdens bei- und kumuliert unendlich viele gelebte der Partner in dieser Kooperation rich- 3
Sonderausgabe April 2008 diagnose Das EVK gratuliert herzlich zum Jubiläum am 1. April 1948 ihre Arbeit in unserem Das Jubiläum bietet Gelegenheit, allen Hause aufgenommen hat. In ihrem zu danken, die sich in dieser Zeit für Dienst folgte sie den Kaiserswerther das Wohlergehen und die Versorgung Diakonissen, die fast 100 Jahre die der Patientinnen und Patienten sowie pflegerische Krankenversorgung in für den Ausbau unseres Hauses einge- unserem Hause verantwortet hatten. bracht haben. Ihr Engagement ist für uns Verpflichtung, in Gegenwart und Heute blicken wir dankbar auf 60 Jahre Zukunft in diesem Sinne weiter gemeinsame Arbeit und Verbunden- zusammenzuarbeiten. Lassen Sie uns heit zwischen dem Evangelischen Dia- die Feierlichkeiten zum Anlass neh- konieverein Berlin-Zehlendorf e. V. und men, uns über Vergangenes und dem EVK zurück. 60 Jahre, in denen Zukünftiges auszutauschen, denn was unser Haus in medizinischer, pflegeri- seit 60 Jahren gilt, ist heute aktueller scher und gesellschaftlicher Hinsicht denn je: einem beachtlichen Wandel unterlag. Dr. Wolfgang Holz, Der gemeinsame Weg begann in den Das EVK braucht die Evangelische Verwaltungsdirektor Nachkriegsjahren mit dem Wiederauf- Schwesternschaft des Diakoniever- bau unseres Hauses; es erfolgten der eins. 60 Jahre ist es nun her, seit die Neubau und der Ausbau der Stiftung Schwesternschaft des Evangelischen zu einem modernen Gesundheitszent- Die Evangelische Schwesternschaft Diakonievereins Berlin-Zehlendorf e. V. rum im Herzen von Düsseldorf. braucht das EVK. Arbeitsweisen haben in dieser langen nen und Mitarbeitern unser Kranken- Zeit einen enormen Wandel erfahren. haus weiterentwickelt und zu dem gemacht, was es heute ist: eines der Der Diakonieverein Berlin-Zehlendorf größten und bedeutendsten Kranken- hat diesen Wandel erfolgreich gestal- häuser der Landeshauptstadt, das tet, ohne Aufgabe von Selbstver- stets bemüht ist, den Menschen in ständnis und Identität. Selbstver- den Mittelpunkt zu stellen. ständnis und Identität auch jungen Menschen verständlich zu vermitteln Gerne nehme ich dieses Grußwort und den Bedürfnissen der Zeit anzu- zum Anlass, um an die Oberinnen des passen, macht einen ständigen Pro- Diakonievereins Berlin-Zehlendorf, zess zur Aufgabe und verlangt Bereit- die ihren Dienst in unserem Haus schaft zur Veränderung. Bis heute geleistet haben, in Dankbarkeit zu orientiert sich die Schwesternschaft erinnern: Dr. Ulrich Zaune, des Diakonievereins mit ihren Kon- Ärztlicher Direktor zepten für die Aus-, Fort- und Weiter- Hanna von Hanffstengel bildung, für ihre Arbeit an den Kran- 1948-1962 Seit sechs Jahrzehnten leisten die ken und Hilfsbedürftigen und für die Schwestern des Evangelischen Diako- schwesternschaftliche Gemeinschaft Maria Ursula Gräfin Vitzthum nievereins mit vielen anderen Mitar- an diesem Leitsatz. von Eckstädt beiterinnen und Mitarbeitern ihren 1962-1979 Dienst hier in unserem EVK. Im Laufe Am 60. Jahrestag der Übernahme des der Jahrzehnte sind neue Generatio- Pflegedienstes dankt die Ärzteschaft Christel Liedtke nen von Schwestern und Pflegern des EVK der Schwesternschaft des 1979-1987 herangewachsen. Vieles hat sich im Diakonievereins für ihre jahrzehnte- Krankenhaus und auch in der lange hervorragende Arbeit zum Woh- Elke Mohrenstecher Schwesternschaft des Diakoniever- le unserer Patienten besonders herz- 1987-2005 eins verändert. Die Formen der lich. In den vergangenen sechs Jahr- Schwesternschaft, die Strukturen im zehnten hat die Schwesternschaft Ulrike Brandhorst Krankenhaus, die Lebens- und gemeinsam mit allen Mitarbeiterin- seit 1. Januar 2006 4
Sonderausgabe April 2008 diagnose Gesellschaftliche Anerkennung für Frauen Zur Gründungsgeschichte des Evangelischen Diakonievereins Es war ein gesellschaftspolitisch revo- haus” errichtet (Neubau 1928), das in lutionärer Anspruch, der zur Gründung der über hundertjährigen Geschichte des Evangelischen Diakonievereins von Diakonieverein und Schwestern- Berlin-Zehlendorf e. V. führte. Im aus- schaft immer ein Mittelpunkt für alle klingenden 19. Jahrhundert forderten Schwestern war und ist. immer mehr, zumeist unverheiratete bürgerliche Frauen, gesellschaftliche Heute gehören der Schwesternschaft, Anerkennung, die sich in einer die von der Vorstandsoberin Ellen anspruchsvollen beruflichen Tätigkeit Muxfeldt in Berlin geleitet wird, insge- ausdrücken sollte. Zugleich führte der samt 1.779 Diakonieschwestern an. medizinische Fortschritt zu einem Die Mehrzahl der Schwestern übt rasant wachsenden Bedarf an qualifi- einen pflegerischen Beruf als Kranken- ziertem Pflegepersonal. Vorstandsoberin Ellen Muxfeldt schwester, Kinderkrankenschwester, Hebamme, Altenpflegerin oder Kran- Diese Zeichen der Zeit erkannte der licher Anerkennung verhelfen. Die Frau kenpflegehelferin aus. Ein besonderes Herborner Theologieprofessor Fried- sollte ausdrücklich auch Verantwor- Merkmal der Schwesternschaft in der rich Zimmer (1855–1919) und gründete tung übernehmen: als Frau und Mutter jüngeren Zeit ist, dass jede Diakonie- gemeinsam mit Vertreterinnen der in der Familie, als Kirchenmitglied und schwester einen individuellen Frei- Frauenbewegung am 11. April 1894 den als Bürgerin im Staat. raum für ihre persönliche Lebensge- Evangelischen Diakonieverein. Dabei staltung besitzt. So gibt es unter ihnen antwortete er auf vier „Bedürfnisse“, Der Evangelische Diakonieverein stand ledige und verheiratete Frauen mit die er wie folgt formulierte:* jungen Frauen offen, die einen diako- Familien und Kindern oder auch „Vier starke Bedürfnisse sind es, die in nischen Beruf erlernen wollten. Das Schwestern, die alleine leben oder in dem Verein wie Fäden zu einer Schnur Wort „Diakonie“ stammt aus dem einer Gemeinschaft. zusammengedreht sind: Griechischen und bedeutet „Dienst“. Gemeint ist damit die liebevolle Weitere Informationen gibt es unter 1. Das Bedürfnis der unverheirateten Zuwendung zu Menschen, die Hilfe www.ev-diakonieverein.de Frau, durch Beruf und Erwerb sitt- brauchen. Schon im Juli 1894 wurde * Aus: Friedrich Zimmer, „Frauennot und Frauen- lich und wirtschaftlich selbstständig die erste Krankenpflegeschule in Wup- dienst. Der Ev. Diakonieverein und seine Zweigan- zu sein. pertal-Elberfeld gegründet. stalten“, 6. Auflage, Berlin-Zehlendorf, 1901. 2. Das Bedürfnis selbstständiger Natu- ren unter den diakonisch tätigen Die Oberin dieses Hauses, Anna Mar- Frauen, einer Gemeinschaft anzuge- garete van Delden (1858–1939), über- hören, die sie trägt und sichert, ohne zeugte Friedrich Zimmer schon bald dass sie auf ihre Selbstständigkeit davon, dass der Verein eine Schwes- Verzicht leisten müssen. ternschaft benötige. Denn wer anderen 3. Das Bedürfnis der verschiedenen helfen wolle, so ihre Argumentation, Anstalten der Wohlfahrtspflege, müsse auch selber Hilfe annehmen tüchtig geschulte Frauen von guter können. Der pflegerische Beruf war Ausbildung zu haben, die durch ihrer Meinung nach einer der Berufe, genossenschaftlichen Zusammen- in denen die Ermutigung, der Rat und schluss ideellen und materiellen die Unterstützung anderer von großer Halt besitzen. Bedeutung seien. Die Diakonieschwes- 4. Das Bedürfnis der Kirchengemein- ter sollte durch die Gemeinschaft der den, Frauen zur Ausübung der Schwesternschaft Halt und Kraft erfah- kirchlichen Gemeindepflege ausge- ren, ohne dabei aber in ihrer persön- rüstet zu erhalten.“ lichen Freiheit eingeschränkt zu wer- den. So entstand die Schwesternschaft Im Mittelpunkt dieser Gedanken Fried- des Ev. Diakonievereins Berlin-Zehlen- rich Zimmers stand die Frau, die dem- dorf e. V. nach die Möglichkeit erhielt, einen qualifizierten Beruf zu erlernen. Ein Diakonieseminare wurden überall im eigenes Einkommen sollte ihr dabei Deutschen Reich gegründet. Als Zent- zur Eigenständigkeit und gesellschaft- rale wurde 1899 in Berlin das „Heimat- Das Heimathaus in Berlin-Zehlendorf 5
Sonderausgabe April 2008 diagnose „Wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es erhalten.“ Über das Selbstverständnis der Schwesternschaft „Die Schwesternschaft des Evangeli- Dienstverständnis“. Sie bilden die ge und Ziel für unser Leben und damit schen Diakonievereins Berlin-Zehlen- schriftlichen Grundlagen der Schwes- auch für unser Selbstverständnis als dorf e. V. ist eine evangelische ternschaft, die regelmäßig diskutiert Diakonieschwestern. Wer durch Jesus Gemeinschaft von Frauen, die Leben und nach den Bedürfnissen der Zeit Christus sein Leben bestimmen lässt, und Beruf als Diakonie im Auftrag ausgerichtet werden. Das Selbstver- wird seine Kraft erfahren. Jesus Chris- Jesu Christi versteht. Das vollzieht ständnis ist als innerer Wegweiser der tus trägt uns als Einzelne und als sich in der Arbeit und Zuwendung an Schwesternschaft zu verstehen und Gemeinschaft in den unterschied- Kranken und Hilfsbedürftigen, in der soll die Grundlage für das Miteinan- lichen Lebens- und Berufssituationen. Dienst- und Lebensgemeinschaft und der der Diakonieschwestern in ihrer Er ermutigt uns zu einer unverwech- in der Anleitung junger Menschen“, Gemeinschaft sein. Seit Gründung selbaren christlichen Grundhaltung, so heißt es in der Präambel der Ord- des Evangelischen Diakonievereins die ihren Ausdruck findet in der nung der Schwesternschaft des Evan- und seiner Schwesternschaft 1894/95 Orientierung an Gottes Wort, im gelischen Diakonievereins Berlin-Zeh- begleitet sie das Wort Jesu: „Wer sein Geben und Nehmen, in Freiheit und lendorf e. V., § 1.1. Jede Schwester Leben verliert um meinetwillen, der Bindung, im Bewahren von Werten erhält zu Beginn ihrer Ausbildung ein wird es erhalten.“ (Lukas 9,24). und im Bereitsein zur Veränderung. kleines Booklet, das drei Schriften Und weiter lautet es in „Das Selbst- Dieser Auftrag prägt das Miteinander beinhaltet: „Die Ordnung“, „Das verständnis der Diakonieschwester“: im Glauben, unser schwesterliches Selbstverständnis der Diakonie- „Diese Verheißung befähigt uns zum und das schwesternschaftliche Mit- schwester“ und „Das Pflege- und diakonischen Auftrag. Sie ist Grundla- einander.“ Symbol der Gemeinschaft Die Brosche der Diakonieschwestern Die Brosche mit der Diakonierose dienstes feierlich verliehen. Die steht für das, was die einzelnen Schwestern tragen sie mit großem Schwestern untereinander verbindet: Stolz, denn die Bedeutung der Bro- Nach innen ist sie das Zeichen der sche als Symbol für ihre Gemein- Gemeinschaft und nach außen das Zei- schaft ist umso größer geworden, chen ihres Dienstes. seitdem das Tragen der Tracht in den Die Diakonierose zeigt das Kreuz Jesu Hintergrund getreten ist. Es gibt die Christi inmitten der Weltkugel. Um die- Brosche in vier unterschiedlichen se herum befinden sich ein Penta- der Schwesternschaft: „Nach dem Vor- Ausführungen, die den jeweiligen gramm und die stilisierten Blätter bild Jesu Christi wollen wir dem Leben Status der Schwester zum Ausdruck einer Rose. Sie bedeuten Leben und in dieser Welt dienen.“ Die Brosche bringen. So ist z. B. die Brosche der Verschwiegenheit. Die Brosche mit der wird der Diakonieschwester nach der Stammschwestern aus Porzellan Diakonierose symbolisiert den Auftrag Probezeit im Rahmen eines Gottes- gefertigt. Dies sind die jüngsten Broschenträge- rinnen der Schwesternschaft am EVK: Svea Laß, Christiane Bellin, Nelly Frie- densburg, Elena Rose und Lina Heye (v. l. n. r.). Die Diakonieschwestern- schülerinnen haben Ende März ihre Probezeit erfolgreich bestanden und erhielten ihre erste Brosche, die sie von nun an tragen dürfen. Oberin Brandhorst (li.) und Schwester Dorothee (2. v. r.) überreichten den Schwestern Glückwünsche und Rosen. 6
Sonderausgabe April 2008 diagnose Ich bin Diakonieschwester, weil … diagnose wollte von den Diakonie - Schwester Monika Timm Schwester Anja Böttcher schwestern wissen, warum sie sich für die Schwesternschaft entschieden haben. Dies sind ihre Antworten. Schwester Kristin Hamann … ich Menschlichkeit und Nächsten- … mir die Arbeit Sinn und die Gemein- liebe in einer professionellen Pflege schaft Halt gibt. am kranken Menschen für notwendig halte. … mir wichtig ist, dass der Mensch im Schwester Sigrid Roeder Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns steht. Dies finde ich in der Schwester Christine Rosemann … ich in meinem Beruf gemerkt habe, Schwesternschaft. dass er ohne Rückhalt nicht geht. … es mir Spaß macht, in einer großen Gemeinschaft mit anderen Frauen zu Schwester Sarah Müller arbeiten und sich dabei ganz indivi- Schwester Heidi Spilles duell weiterzuentwickeln. … mir der Austausch mit anderen Dia- … ich die Gemeinschaft liebe. konieschwestern gefällt und ich die Weiterbildungsmöglichkeiten, die die Schwester Edeltraud Döbler Schwesternschaft mir bieten kann, Schwester Kristin Pfanne gerne nutzen möchte. Schwester Dorothee Queckbörner … ich gerne Mitglied einer starken Gemeinschaft bin. … sich so für mich in guter Weise … ich von den christlichen Wertvor- Beruf und Christsein in einer Gemein- stellungen besonders in diesem Beruf schaft verbindet. überzeugt bin. 7
Sonderausgabe April 2008 diagnose „Das erhebende Bewusstsein, in einem der besten evangelischen Krankenhäuser zu arbeiten.“ Der Beginn der Schwesternschaft am EVK (1948–1962) Die Schwesternschaft des Diakonie- Kurz vor Weihnachten 1947 telegra- vereins Berlin-Zehlendorf hatte kein fierte der Kaiserswerther Direktor leichtes Erbe in Düsseldorf anzutre- Pfarrer Graf von Lüttichau an Direktor ten, denn die Krankenpflege am Evan- Pfarrer Mieth in Berlin-Zehlendorf: gelischen Krankenhaus wurde fast „Kaiserswerth bietet endgültig Evan- 100 Jahre lang von den Kaiserswerther gelisches Krankenhaus Düsseldorf Diakonissen ausgeübt. Bereits 1940 an.“ Damit war der Wechsel auf den gab es erste Überlegungen der Kai- Weg gebracht. Nach der offiziellen serswerther, die Betreuung des EVK Anfrage des EVK per Telegramm am aus Schwesternmangel abzugeben. 20. Dezember 1947 an den Diakonie- Der Ev. Diakonieverein war grundsätz- verein zur Übernahme des Dienstes lich nicht abgeneigt, den Dienst zu wurden bereits Anfang Januar die Ver- übernehmen. Er sah sich aber auf- träge zwischen dem Evangelischen grund der Kriegssituation und der Krankenhaus und dem Evangelischen Oberin Hanna von Hanffstengel (re.) daraus resultierenden Arbeitsbelas- Diakonieverein abgeschlossen. Vom mit ihrer Nachfolgerin Sr. Maria Ursula tung nicht in der Lage, das große 1. April 1948 an lag die Verantwortung Gräfin Vitzthum von Eckstädt Haus mit 450 Betten zu übernehmen. bei den Diakonieschwestern. hatten. Die offizielle Feier hierzu fand Nach dem Krieg musste das Diakonis- Die feierliche Einführung für die neue am 9. Oktober 1949 statt, zu der Obe- senhaus nun endgültig die Trennung Oberin Hanna von Hanffstengel, 51 rin Sprenger und Pastor Mieth gela- vom EVK vollziehen, trotz der ein- meist sehr erfahrene Schwestern und den waren. „Das hundertjährige Jubi- schneidenden Bedeutung, ein evan- 35 Schülerinnen fand am 15. April 1948 läum eines Werkes zu feiern, an dem gelisches Krankenhaus vor den Toren statt. Pastor Mieth hielt die Eröff- 99 Jahre andere Menschen gearbeitet Kaiserswerths aufzugeben. Im August nungsrede: „Sie übernehmen die Pfle- haben, wurde uns schwer im Gedan- 1947 wurde der Wechsel angebahnt. ge in einem fast hundertjährigen ken an die Kaiserswerther Diakonis- Das Diakonissenhaus wandte sich an Haus. Seine Entstehung ist der gläu- sen“, notierte Schwester Irmgard die Zweigstelle in Göttingen. Die dor- bigen Initiative christlicher Nächsten- Thorade am 14. Dezember 1949 über tige Oberin Emy Sprenger war nicht liebe und sein Wachstum dem taten- die Stimmung in der Schwestern- frohen Opfersinn der evangelischen schaft zur Jubiläumsfeier. Gemeinden dieser Stadt zu verdan- ken. (…) Sie dürfen das erhebende Die Ausbesserungen der Kriegsschä- Bewusstsein haben, in einem der den, Umbauten, Renovierungen und besten evangelischen Krankenhäuser Modernisierungen beeinflussten die zu arbeiten. (…) Das andere Erbe, das Arbeit der nächsten Jahre. Das erste Sie antreten, ergibt sich aus der fast neue Schwesternwohnhaus wurde hundertjährigen Verbindung dieses 1955 bezugsfertig, und die Schwes- Hauses mit den Schwestern der Kai- tern fühlten sich sehr wohl darin. serswerther Diakonissenanstalt. (…) 1959 kamen ein Schülerinnenhaus Es gilt, das Erbe einer hundertjähri- und ein zweites Schwesternhaus gen treuen Diakonissenarbeit im Gei- dazu. ste Friedrich Zimmers zu pflegen und es in die neue Form der Zehlendorfer Die Vorarbeiten zu den wichtigsten Eingangsportal des EVK Diakonie zu wandeln. Möge der Geist Veränderungen – die Einrichtung einer echter Diakonie, wie er dieses Haus Säuglingspflegeschule, der Neubau abgeneigt, die Nachfolge der Diako- geprägt hat, weiter in ihm leben …“ des Krankenhauses auf dem Gelände nissen anzutreten und besichtigte am Fürstenwall – hatte Oberin von Hanff- 3. Oktober 1947 das Evangelische Die Diakonieschwestern waren gera- stengel noch mitbestimmt, bevor sie Krankenhaus. Darüber berichtete sie: de eineinhalb Jahre in dem neuen 65-jährig in den Ruhestand trat. Mit „Der Gesamteindruck dieses Hauses Arbeitsfeld tätig, als sie die Festfeier der Abschiedsfeier am 20. Oktober ist außerordentlich gut, dazu kommt, anlässlich des 100-jährigen Bestehens 1962 endete die Amtszeit der ersten dass Düsseldorf Regierungssitz ist.“ des Krankenhauses vorzubereiten Diakonie-Oberin am EVK. Impressum diagnose. Die EVK-Düsseldorf-Mitarbeiterzeitung V. i. S. d. P.: Dr. Wolfgang Holz, Verwaltungsdirektor EVK Redaktion und Projektleitung: Mareike Dietzfelbinger Redaktionsteam: Oberin Ulrike Brandhorst, Mareike Dietzfelbinger, Schwester Dorothee Queckbörner, Dagmar Rosenstein, Oguzhan Yoldas Grafik und Realisation: PAULYDESIGN, Wuppertal Lektorat: co-correct, Köln 8 Kontakt: Öffentlichkeitsarbeit EVK • Telefon 0211/919-2161 • Fax 0211/919-3956
Sonderausgabe April 2008 diagnose Daten und Ereignisse im Überblick Schwesternschaft am EVK (1962–2008) Schwester Maria Ursula Gräfin Vitzthum von Eckstädt tritt Ende Oktober 1962 die Nachfolge von Obe- rin von Hanffstengel an, die ihren Ruhestand mit ihren leiblichen Schwestern in Göttingen verbringt und immer mal wieder zur Aushilfe in ver- schiedenen Arbeitsfeldern einspringt. Am 1. April 1963 wird eine Kinder- krankenpflegeschule zusätzlich zur bereits seit 1911 bestehenden Kran- kenpflegeschule mit sechs Schüle- Einweihung des ersten Bauabschnitts des Neubaus rinnen eröffnet. Sie ist staatlich anerkannt und bietet 30 Ausbil- Am 27. Januar 1972 hat das Schwes- und insbesondere für die Kinder- dungsplätze. ternwohnheim in der Kirchfeldstr. 68 krankenpflege allgemein sprunghaft Richtfest. zu. Die Stationen sind sehr häufig Inzwischen gehen auch die Planun- überbelegt. gen für den Neubau des Kranken- hauses weiter. Im November 1975 wird das Richtfest für das Schwesternwohnheim am Im April 1964 wird eine Krankenpfle- Fürstenwall 93 gefeiert. gehilfeschule am EVK eröffnet. 1976 wird die Frage diskutiert, ob Bis 1965 wird am EVK neben den das EVK „Lehrkrankenhaus“ werden Pflegeausbildungen auch die zwei- sollte. jährige Ausbildung „Wirtschafts- schwester“ durchgeführt. Anfang 1977 erkrankt Oberin Vitz- thum von Eckstädt schwer. Am 7. April 1965 wird das Schwes- ternwohnheim in der Kirchfeldstr. 15 Im Sommer 1977 wird das Wohnheim für 33 Schwestern eingeweiht. Die- Fürstenwall bezogen; der daran ses verfügt sogar über eine Sauna. Oberin Christel Liedtke anschließende Bauabschnitt des Am 11. Oktober 1966 wird Verwal- Am 1. Juli 1972 wird der Erweite- tungsdirektor Paul Schmidt verab- rungsbau des Krankenhauses in schiedet. Sein Nachfolger ist Sieg- Betrieb genommen. Jetzt hat das EVK mar Döring. 538 Betten. 1967 gibt es Überlegungen zur Ein- Im April 1973 feiern die Diakonie- richtung einer Vorschule, um schwestern im EVK ihr 25-jähriges dadurch Schülerinnen zu gewinnen, Arbeitsfeld-Jubiläum. Oberin Maria Ursula Gräfin Vitzthum da insgesamt in den 60er- und auch von Eckstädt (li.) mit einer Schwester noch Anfang der 70er-Jahren generell Am 01. Oktober 1974 besteht das Schwesternmangel herrscht. EVK 125 Jahre. Der runde Geburtstag Altenheims Fürstenwall wird wird am Erntedanktag mit einem beschlossen. Der Neubau wächst inzwischen; am Festgottesdienst in der Friedenskir- 14. September 1967 wird Richtfest che und anschließendem Podiums- Anfang 1978 kehrt Oberin Vitzthum für den ersten Bauabschnitt gefeiert. gespräch gefeiert. von Eckstädt zur Arbeit zurück. Am 18. Juni 1969 findet die Einwei- Ab Mitte der 70er-Jahre nehmen die Das Altenheim Fürstenwall befin- hung des Neubaus statt. Bewerbungen für die Krankenpflege det sich inzwischen im Bau. 9
Sonderausgabe April 2008 diagnose Zum 1. Oktober 1978 erfolgt die beheimateten schlafen bei ihren Arbeitskleidung für die Diakonie- Anerkennung der Weiterbildungs- Eltern, sodass 60 Kirchentagsgäste schwestern eingeführt. Er setzt sich stätte für Intensivpflege, zunächst im Wohnheim Platz finden. sehr schnell flächendeckend durch. für den Schwerpunkt „Anästhesie Damit verschwindet die Schwestern- und Intensivmedizin“. haube auch aus dem EVK fast voll- ständig. Zum 1. Oktober 1980 wird die Weiterbildungsstätte für den Opera- Im Oktober 2004 schließt sich das EVK tionsdienst anerkannt. Die Anerken- mit seiner Kranken- und Kinderkran- nung für den Schwerpunkt „Innere kenpflegeschule der ökumenischen Medizin und Intensivmedizin“ erfolgt Schulkooperation einiger anderer zum 1. Oktober 1981. Krankenhäuser an. Der jüngste Ausbil- dungskurs ist der erste, der die theo- Am 27. März 1979 ist die Einwei- retische Ausbildung am Standort Kai- hungsfeier von Altenheim und Wohn- serswerth erfährt. heim am Fürstenwall. Im Januar 2006 übernimmt Oberin Am 22. August 1979 verstirbt Oberin Am 16. Januar 1987 übernimmt Obe- Ulrike Brandhorst das Amt der Vitzthum von Eckstädt im Alter von rin Elke Mohrenstecher (Foto oben) Bezirksoberin von Oberin Mohren- 56 Jahren. das Amt der Bezirksoberin von Oberin stecher, die in den Ruhestand geht. Liedtke, die in den Ruhestand geht. Am 14. Oktober 1979 tritt Oberin Im September 2006 findet das letzte Christel Liedtke das Amt der Bezirks- Am 26. April 1988 findet ein „Diako- theoretische Examen in der Kranken- oberin an. nietag“ in Düsseldorf statt. und Kinderkrankenpflegeschule am Standort des EVK statt. Damit ist der Anfang der 80er-Jahre gibt es viele Im Januar/Februar 1989 bitten die Umzug des theoretischen Lernortes Diskussionen zum Thema „freie Sta- Düsseldorfer Schülerinnen mit in der Kranken- und Kinderkranken- tion“. Die Diakonieschwestern wol- Unterschriftslisten um Änderung der pflege an den Standort der Schul- len nicht mehr im Schwesternhaus Trachtvorschrift dahingehend, dass kooperation nach Kaiserswerth voll- wohnen, sondern sich außerhalb das Tragen der Tracht nicht mehr im zogen. Wohnmöglichkeiten suchen. Dazu Unterricht vorgeschrieben ist. Zuvor fordern sie, den sogenannten „Sach- war dies bereits von Kölner Schüle- 2008 umfasst die Schwesternschaft bezug” ausbezahlt zu bekommen. rinnen formuliert worden. Mit Blick am EVK 81 aktive Schwestern und auf die grundsätzlichen Struktur- Schülerinnen. Davon befinden sich Am 28. Januar 1983 wird Dr. Adolf überlegungen vertagt Berlin die Ent- 11 in der Elternzeit, 16 Schwestern Freiherr von Haaren, der seit 1972 scheidung darüber zunächst. gehören zum Kreis der pensionierten als Verwaltungsdirektor im Amt ist, Es wird noch bis 1992 dauern, bis es Schwestern. verabschiedet und Dr. Wolfgang Holz den Schülerinnen erlaubt wird, an als sein Nachfolger eingeführt. den Schultagen in ziviler Kleidung Das EVK ist heute mit über 1.500 am Unterricht teilzunehmen. Mitarbeitern und 576 Betten in zehn 1985 findet der Kirchentag in Düssel- Fachabteilungen eines der größten dorf statt. Die Schwestern rücken Im Januar 1995 wird der Hosenanzug und bedeutendsten Krankenhäu- zusammen bzw. die in Düsseldorf als Alternative zum Trachtkleid als ser der Landeshauptstadt. Allen Grund zur Freude hatten diese 30 jungen Menschen: Sie feierten am 28. März 2008 ihr erfolgreiches Probezeit-Ende und werden nun ihre insgesamt dreijährige Ausbildung zum/zur Gesundheits- und Krankenpfleger/-in oder zum/zur Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in im EVK fortsetzen. Als Ausdruck der besonderen Anerkennung ihrer Leistungen überreichte Obe- rin Ulrike Brandhorst jedem eine Rose. 10
Sonderausgabe April 2008 diagnose Zeitzeugin Schwester Johanna Häfner Ein intensives Leben für und in der Gemeinschaft Sie gehörte zu den ersten Diakonie- schwestern, die ihren Dienst am 1. April 1948 im Evangelischen Kran- kenhaus antraten: Johanna Häfner. Sie war gerade 23 Jahre jung und sollte die nächsten 37 Jahre im EVK arbeiten und leben. Deshalb waren wir sehr erfreut, dass Schwester Johanna uns als Zeitzeugin Auskunft über ihre Erinnerungen ans EVK geben wollte. Am Tag unseres Gespräches treffen wir auf eine freundliche, höfliche und aufge- schlossene Persönlichkeit. Am 1. April also kam Schwester Johanna mit dem Zug und einem Kof- fer in Düsseldorf an. Ihr erster Tag am EVK war sehr unspektakulär, aber dennoch hat sie ihn noch gut in Erinnerung: „Ich kam aus Elberfeld, wo auch meine Familie wohnte. Man zeigte mir mein Zimmer und danach wurde ich direkt auf die Station gebracht, um sofort meinen Dienst zu beginnen“, erzählt Sr. Johanna. Auch der gesamte Wechsel von den Kaiserswerther Diakonissen zu den Die junge Schwester Johanna (re.) damals … Diakonieschwestern vollzog sich in ihren Augen unauffällig und ruhig. Immerhin hatten die Diakonissen viele andere Dinge und Aufgaben „Es gab keine Unruhe oder Aufge- das EVK fast 100 Jahre lang beglei- gegeben, die es im Krankenhausall- regtheiten bei diesem Wechsel, wie tet.“ Es scheint, als habe es zu die- tag zu bewältigen gab. Die Diakonie- man es vielleicht vermuten würde. ser Zeit, drei Jahre nach Kriegsende, schwestern waren fortan da und erledigten pflichtbewusst und aufop- fernd ihre Arbeit, und das war die Hauptsache. Der Arbeitsalltag im Krankenhaus war nicht einfach: Die Spuren und Auswirkungen des Krieges waren immer noch deutlich spürbar und sichtbar. Es herrschte Lebensmittel- mangel, die Versorgung mit Arznei- und Pflegemitteln war lange nicht ausreichend gewährleistet. „Auf den Stationen war alles abgezählt. Wir mussten gut haushalten und wirt- schaften. Wenn wir mit den Windeln oder den Mullbinden nicht auska- men, so haben wir diese einfach mit der Hand gewaschen und dann … und heute. Freudig erzählt sie über ihre Erinnerungen. wiederverwendet.“ 11
Sonderausgabe April 2008 diagnose Hanffstengel hatte eine ganz beson- dere Art dies zu tun, indem sie auch gerne einmal die eine oder andere persönliche Zeile las. Ich habe da- raufhin meiner Mutter wohlweislich mitgeteilt, sie möge mir doch bitte keine Postkarten ins Krankenhaus schicken“, erzählt uns Sr. Johanna schmunzelnd. Und auf unsere Frage, was Schwes- ternschaft für sie ausmacht, was das Besondere daran ist, antwortet Sr. Johanna ganz klar: „Es ist die Gemeinschaft, die wir im Dienst und auch in unserer Freizeit intensiv gelebt haben. Die Schwesternschaft Schwester Johanna mit zwei kleinen Patienten war meine Familie. Die gemeinsamen Mahlzeiten, die Andacht und auch Die Kinderstation war mit fünfzig der Schwestern die Morgenandacht. unsere gemeinsame Abend- und Frei- Betten ausgestattet. Das waren In der Mittagszeit kamen die zeitgestaltung haben mich immer Holzbetten, die man in der Höhe Schwestern zu einem gemeinsamen sehr erfüllt. Das Schwesternwohn- nicht verstellen konnte. So mussten Mittagstisch zusammen und nach zimmer diente als Treffpunkt für die Schwestern die Kinder mit großer einigen Freistunden war sie wieder fröhliche und gemütliche Stations- Kraftanstrengung aus und in die Bet- von 16 Uhr bis 20 Uhr auf der Station abende. Wir haben zusammen ten hineinheben. Die kleinen Patien- tätig. Auch jeder zweite Sonntag- gehandarbeitet, Theater gespielt, ten, die häufig wegen akuter Blind- nachmittag war für Schwester Johan- uns gegenseitig vorgelesen oder darmreizung oder Leistenbrüchen na ein Arbeitstag. In der Regel hatte auch musiziert. Jeden Samstagabend eingeliefert wurden, mussten in der sie vier Wochen Urlaub im Jahr. ist ein Chor von Diakonieschwestern Regel acht bis zehn Tage in der im Haus unterwegs gewesen und hat Obhut des EVK bleiben. Zur guten An eine Besonderheit der Mittagszeit für jede Station ein Abendlied Pflege gehörte es auch, mit ihnen zu kann sich Schwester Johanna noch gesungen. Am Heiligen Abend wurde basteln oder zu singen, wie z. B. zu sehr gut erinnern: Das war die Zeit, dafür sogar eigens das Klavier, das St. Martin, als die Schwestern mit zu der Frau Oberin von Hanffstengel, von der damals sehr jungen Kantorin den Kindern und ihren Laternen sin- die im Prinzip für alles zuständig gespielt wurde, per Aufzug auf jede gend durch das Haus zogen. war, auch die persönliche Post an Station mittransportiert. Und die Schwestern verteilte. „Oberin manchmal, in der Weihnachtszeit, Untergebracht war Schwester Johan- na im Krankenhaus. Schwestern- wohnheime gab es zu dieser Zeit noch nicht. „Wir teilten uns zu fünft ein Vierbettzimmer. Und weil wir ja alle zu unterschiedlichen Zeiten gearbeitet haben, war immer ein Bett zum Schlafen frei.“ Erst sehr viel später, im April 1965, als das erste Schwesternwohnheim in der Kirchfeldstraße gebaut wurde, bekam Sr. Johanna ihr erstes eigenes Zimmerchen: „Es war zwar sehr klein, aber ich wohnte hier alleine und hatte einen wunderschönen Blick in den Garten hinaus.“ Ihr Dienst begann montags bis sams- tags in der Früh um sechs Uhr. Um sieben Uhr besuchte sie mit vielen Damit die Kinder St. Martin nicht verpassen: Laternenzug durch das EVK. 12
Sonderausgabe April 2008 diagnose war unser Zimmer vom Duft einer Bowle erfüllt“, erinnert sich Sr. Johanna. Besonders begeistert erzählt sie auch von den vielen Schwesternfahr- ten, Veranstaltungen und Fortbildun- gen, an denen sie teilhaben durfte: „Gemeinsam sind wir in die Eifel, nach Berlin oder Holland gefahren. Wir haben uns nicht nur fachlich weitergebildet, sondern auch im Bereich Kunstgeschichte, Theater und Musik.“ Sehr wichtig war ihr dabei stets das Tragen der Tracht: „Sie war der Ausdruck unserer Gemeinschaft. Kurz nach dem Krieg war sie darüber hinaus sehr nützlich und praktisch, weil wir immer etwas zum Anziehen hatten. Natürlich haben wir sie auch in unserer Frei- zeit getragen. Ich trug sie sogar, wenn ich Konzerte in der Oper Gemeinsam und gemütlich: Weihnachten auf der Kinderstation. besuchte. Dadurch war das Bild der Schwestern in der Öffentlichkeit sehr Gemeinschaft gelebt, die heute noch relang habe ich Kinder und Jugendli- viel präsenter, als es heute der Fall für mich da ist. Wir pensionierten che versorgt und gepflegt, sie gehör- ist. Ich habe die Tracht tatsächlich nur Diakonieschwestern pflegen den ten zu meinem Leben. Wie schön, abgelegt, wenn ich Urlaub gemacht Kontakt untereinander, wir telefonie- dass es heute möglich ist, Diakonie- habe“, beschreibt Sr. Johanna die ren regelmäßig, treffen uns einmal schwester zu sein und eine Familie Bedeutung der Schwesterntracht. im Monat und sind auch in alle Akti- haben zu können“, sagt Sr. Johanna vitäten und Planungen des Schwes- ein wenig nachdenklich. Und würde sie sich wieder entschei- ternverbandes eingebunden. Aber den, Diakonieschwester zu werden? manchmal denke ich, wie es wäre, Heute schaut die pensionierte „Ich habe in einer wunderbaren eigene Kinder gehabt zu haben. Jah- Schwester auf ein erfülltes und arbeitsames Leben zurück. Bis zum 1. August 1985 arbeitete und lebte sie im EVK. Allein 21 Jahre betreute und pflegte sie die Kinder der Schul- kinderstation, die letzten acht Jahre hatte sie die Leitung der chirurgi- schen Privatstation inne. Heute lebt sie allein in Lörrick, wo sie lange Jah- re mit ihrer Schwester zusammenge- wohnt hatte. Aber vielleicht schließt sich bald wieder der Kreis und ihr Weg führt sie zurück ins EVK: Sie hat sich bereits für einen Platz im Haus Fürstenwall angemeldet. Liebe Schwester Johanna, wir danken Ihnen herzlich für die kleine Zeitreise, auf die Sie uns mitgenommen haben! Mit Schwester Johanna sprachen Anfang März 2008 Oberin Ulrike Brandhorst, Mareike Dietzfelbinger und Dagmar Rosenstein. 13
Sonderausgabe April 2008 diagnose Zeitzeugin Schwester Else Lieber Vom großen Glücksgefühl neuer Schuhe Schwester Else Lieber ist die zweite zog, vermutlich 1949 oder 1950, dien- Frau Oberin Sprenger, die schon im Zeitzeugin, die uns Einblicke in die ten diese Fensterhöhlen bzw. Fenster- Haus war, organisierte alles bestens. Zeit nach 1948 gewährt. Sie kam am bänke den auf den Zug wartenden Die Gießener Gruppe war eine gute 23. März 1948 ans EVK und arbeitete Fastnachtsjecken als Tanzflächen. (…) geschlossene Einheit und hat m. E. bis zu ihrer Pensionierung am viel beigetragen zum schnellen 1. Oktober 1972 auf der Station F III, Schuttberge vor den Seitenflügeln Zusammenwachsen des Kreises. (…) der dermatologischen Frauen- und des EVK am Fürstenwall verschwan- Kinderstation „als kleine Schwester“, den nach einigen Wochen dank der Frau Oberin kam am 22. März ins EVK. wie sie sich selber bezeichnete. Sie Mithilfe von Fürsorgezöglingen des Frau Oberin wurde damals nur schlicht mit Sr. Hanna angeredet. Der Oberinnentitel wurde ihr erst einige Wochen später wieder zuteil mit der Übertragung eines Seminarbezirkes. Die fünf/sechs Schwestern, die im März kamen, aßen Mittag und Abend- brot mit Frau Oberin im Schwestern- wohnzimmer in der Ecke rechts neben der Tür und dabei wurden die neuen Erlebnisse besprochen. Es war eine kleine, gemütliche Runde. (…) Am 15. April waren die Verabschie- dung der Kaiserswerther Diakonissen und die Einführung der Diakonie- schwestern. Zu diesem Festakt erschienen Pastor Mieth und befreun- dete und benachbarte Oberinnen: Oberin Sander aus Wuppertal, Oberin Kreuzberger aus Bielefeld, Oberin Kabis aus Osnabrück. Die humorvoll- ste Ansprache hielt der damalige verstarb im Januar 1998. Schwester Dorotheenheims. Das dritte Stock- Superintendent. (…) Else verfasste eine zehnseitige Schrift werk des Krankenhauses erinnerte über ihre Erinnerungen an die Zeit am meisten an die Kriegsbeschädi- Ich gehörte bald einem kleinen Kreis von 1948 bis ca. 1970. Daraus möch- gungen: unverputzte, rohe Ziegelwän- an, der sich meist alle zwei Wochen ten wir einige Passagen zitieren:* de des langen Korridors, kein Fußbo- denbelag. (…) „(…) Wie sah es rund ums EVK und im EVK selber aus? Schaute man vom (…) In der letzten Märzwoche reisten Flachdach des Hauses in die Runde, schon einige Schwestern von ver- war kaum ein heiles Haus zu sehen, schiedenen Arbeitsfeldern an, zum meist zahlreiche Häuserruinen und Teil aus der sowjetisch besetzten Trümmergrundstücke, auf denen herr- Zone – schwarz über die Grenze – lich gelb der Huflattich blühte. Wir auch Frau Oberin von Hanffstengel, gaben ihm den neuen Namen „Trüm- die von der Kirchlichen Hochschule merblümchen”. Die gegenüberliegen- Berlin kam, musste die Mühsal eines de Kunsthandwerkerschule rief klassi- solchen Grenzüberganges auf sich sche Verse in Erinnerung: „In den nehmen. Am 23. März fuhr ein großer öden Fensterhöhlen wohnt das Grau- Möbelwagen mit Möbeln und Koffern en und des Himmels Wolken schauen der Schwestern der Gießener Chirur- hoch hinein.“ Bei einem Rosenmon- gischen Universitätsklinik vor; die Schwester Else Lieber: ihr Bewerbungs- tagszug, der den Fürstenwall entlang- Schwestern selbst kamen am 1. April. foto 14
Sonderausgabe April 2008 diagnose abends traf zu einer Lesestunde; eine Schwester las vor, die anderen stopf- ten Strümpfe oder Wäsche. Für Frau Oberin war der Anfang ver- mutlich schwerer als für uns Stations- schwestern. Die Hausschwester Schwester Rotraud Friedrichs und Küchenschwester Elisabeth Abt kamen erst einige Tage später. Da aber Frau Oberins Grundsatz hieß „Nichts ist tragisch”, trug sie es mit Fassung. Jeden Abend zur gleichen Uhrzeit eilte Frau Oberin mit Schlüs- selkörbchen in der Hand durchs Haus, um abzuschließen und nach dem Rechten zu sehen und hier und dort noch bei Schwestern hineinzu- Kaffeerunde im Schwesternwohnzimmer schauen. sinen, Zitronen, Bananen, Schokolade und an Geld war auch öfters Mangel Öfters vormittags machte sie mit Ver- jeder Art, Perlonstrümpfe gab es im Haus. (…) Eines habe ich damals waltungsdirektor Schmidt eine Runde nicht, Pfeffer war eine große Rarität. begriffen: immer wieder Bitten vortra- durchs Haus. Der Aufzug wurde dabei Textilien und Schuhe waren große gen und warten lernen. Meine Station nie benutzt. Solche Besuche auf Sta- Mangelware. Einer unserer Schülerin- F III, dermatologische Frauen- und tion konnten manchmal von großem nenkurse hieß „Nachthemdenge- Kinderstation, war wirklich ein Auf- Nutzen für die Station sein, da man schwader“. Die Schülerinnenkleider baugebiet: kein Fußbodenbelag, nur seine Wünsche und evtl. Einspruch waren aus blau-weißem, breit Zementfußboden mit Rissen und gleich an der richtigen Adresse gestreiftem Stoff gefertigt, wie er für Löchern. 1954 erhielt das damalige anbringen konnte. Schlafanzüge bevorzugt wird. Dienstzimmer als letztes Zimmer der Station einen Fußbodenbelag; keine Eine wesentliche Mitarbeit der Im Sommer konnten Schwester Bär- Vorhänge, nur Scheibengardinen; Schwestern am Aufbau im Kranken- bel Hennecke und ich nur noch kein Blutdruckapparat, den habe ich haus sind m. E. die jede zweite mühevoll ohne Strümpfe in schlech- für einige Monate noch auf der Sta- Woche samstags zwischen 15.00 und ten Schuhen auf dem schlechten, ris- tion M IIa ausleihen müssen. Aller- 16.30 Uhr stattfindenden „Mütterbe- sigen Stationsfußboden gehen und dings war er damals nicht so drin- ratungen“ im Schwesternwohnzim- baten, im Dienst barfuß gehen zu dür- gend wichtig. Die Patienten waren mer gewesen; ein Kaffeestündchen fen. Eine Bitte, die selbstverständli- nicht so kreislauflabil wie heute. (…) der Frau Oberin mit ihren Stations- cherweise abgelehnt wurde. Aber schwestern, bei dem alle wichtigen Frau Oberin organisierte daraufhin Es ist erstaunlich, dass trotz mancher Stationsfragen und evtl. Neuanschaf- Schuhe: eine Firma aus Lippstadt notstandsbedingter Mängel alles glatt fungen besprochen wurden. Eine kam mit einer Auswahl schwarzer verlief. Ich möchte sagen, dreierlei verpasste Mütterberatung war oft Schuhe verschiedener Größen. Kann trug dazu bei: das Wissen um das gleichbedeutend mit einer verpassten heute noch jemand das Glücksgefühl Beschütztwerden durch Gott, die gute Gelegenheit für die Station. Die nachempfinden, das der Besitz der Zusammenarbeit im Haus, ein erhöh- Bezeichnung „Mütterberatung“ erfan- neuen Schuhe mir bescherte? (…) tes Fingerspitzengefühl und Einfüh- den unsere Schülerinnen; lustige Ver- lungsvermögen, das technische Rück- wechselungen sind damit verbunden. Es war eine Zeit, in der man sich stände ausgleichen musste. dankbar über jede Neuerwerbung Wie oft hat uns die Oberin gesagt: Vieles, was heute selbstverständlich freute und das Empfinden hatte, am „Was uns an technischen Hilfsmitteln ist, war damals nicht vorhanden oder Aufbau des Hauses mitzuarbeiten. noch fehlt im Vergleich mit anderen nur sehr schwer zu beschaffen. Apfel- Wir waren damals sehr bescheiden Düsseldorfer Krankenhäusern, müs- sen Sie bitte durch besonders gute Pflege aufholen und damit den Ruf des Hauses mehren.“ Ein großes Problem war die Bettwä- sche. Wir wussten oft nicht, womit ein frei gewordenes Bett bezogen wer- den konnte. Ich habe mehrmals zu 15
Sonderausgabe April 2008 diagnose Patienten, die um Aufnahme baten, EVK, orientierte sich über Arbeits- staltung der Weihnachtsfeiern halfen gesagt: „Ein Bett ist für Sie da, aber weise und Gesinnung der neuen sie mit durch Lieder und Spiel. (…) keine Bettwäsche. Sind Sie bereit, mit Schwestern anlässlich seines Besu- Die Jahre im EVK sind mir eine liebe eigener Bettwäsche zu kommen, darf ches bei einigen im EVK liegenden Erinnerung an die Schwesternzeit, in ich Ihnen das zumuten?“ (…) erkrankten Gemeindemitgliedern. Er der ich am stärksten als guter Haus- erhielt von den Patienten nur ein Lob- halter gefordert wurde. Ich musste mich zunächst daran lied auf die Neuen. gewöhnen, dass mein Chefarzt außer Rückblickend bin ich dankbar, dass seinen Visiten zu den verschiedens- 1948 hatte das EVK – so sehe ich das Diakonieschwestern am Aufbau des ten Tageszeiten die Schwesternarbeit persönlich – noch einen gut über- EVK mithelfen konnten, und wünsche auf Station kontrollierte und ich mich schaubaren Rahmen für diejenigen, den hier Arbeitenden für kommende zu jedem freien Nachmittag bei ihm die darin arbeiteten, so beinahe: Jahre mit ihren neuen Ansprüchen: abmelden musste. Als wir sein Ver- Jeder kannte jeden, das verband und Fühlen Sie sich gefordert für des Hau- trauen gewonnen hatten, entfielen spornte an. Die Hausangestellten ses Wohl, denn nur wer gefordert diese Einschränkungen. Ein evangeli- beteiligten sich am Adventssingen. wird, vermag zu fördern.“ scher Pfarrer, der natürlich Interesse Am 2. Advent frühmorgens sangen sie hatte an dem Schwesternwechsel im auf allen Stationen. Bei der Ausge- * Angepasst an die aktuelle Rechtschreibung. Nicole Achazi ist seit 20 Jahren Diakonieschwester „Ja, ich kann noch Hauben falten“ von Nicole Achazi sowie für die Sonntagstracht. Dazu te Gesprächspartner da war. An den bekamen wir natürlich die Schülerin- meisten Zimmertüren hingen Notizta- nenhauben. Ich wurde neulich von feln, auf denen man eine Nachricht jemandem gefragt, ob ich noch Hau- hinterlassen konnte – sehr praktisch! ben falten kann. Das hat mich daran Selber telefonieren konnte man im erinnert, dass Frau Oberin Mohren- Treppenhaus. Dort waren in den stecher extra zu uns in den Unterricht Zwischenetagen Münzfernsprecher kam, um mit uns das Haubenfalten angebracht. Hier bildeten sich zu üben, als wir Ende des zweiten abends Warteschlangen. Man musste Jahres unsere „normalen“ Hauben den anderen auch nicht erzählen, bekamen. Übrigens, ja ich kann es über was man gesprochen hat, denn immer noch. die Stimmen hallten im ganzen Trep- 20 von 60. Was sich anhört wie das penhaus wider. Leise sprechen wurde Ergebnis einer Lotterie, steht für die Gerade im Bereich der Schülerinnen zur Disziplin. Als später die Möglich- Anzahl der Jahre, in denen ich den hat sich vieles verändert. Man muss keit bestand, einen Telefonanschluss Diakonieverein im EVK miterlebt nicht mehr im Wohnheim wohnen auf dem Zimmer zu haben, ging diese habe. In dieser Zeit hat sich einiges und das Trachttragen im Unterricht Zeit auch zu Ende. Vieles ist jedoch verändert. Ohne Veränderung und wurde schon ein Jahr nach meiner geblieben. Vor allem viele ältere Wandel geht es heute auch gar nicht Ausbildung abgeschafft. Zu Beginn Patienten, freuen sich immer wieder, mehr. Und deshalb ist es wichtig, der Ausbildung bekamen jeweils zwei wenn sie eine Diakonieschwester glaube ich, auch Dinge zu haben, die Schülerinnen ein gemeinsames sehen. Einige verbinden damit sogar beständig sind. Wohnheimzimmer. Da man sich vor- einen besonderen Vertrauensbonus. her nicht kannte, war die Harmonie Manchmal lässt sich über die beiläu- In unserem Kurs 1987 waren fast nur unterschiedlich ausgeprägt. Nach ca. fige Erkundigung nach der Bedeu- Diakonieschülerinnen. Vier Pfleger zu sechs bis acht Monaten wurden wir tung der Brosche auch ein guter Beginn, später noch drei, bildeten die dann auf Einzelzimmer verteilt. Gesprächseinstieg finden. Ausnahme. Eine damals sogenannte Damals konnte man auch nicht sein „freie Schülerin“ hat nach der Probe- eigenes Telefon auf dem Zimmer Abschließend möchte ich unsere Dia- zeit aufgehört. Ich sehe mich noch haben. Es war ja auch noch die Vor- konieweihnachtsfeier erwähnen. Die- aufgeregt inmitten meiner Mitschüle- Handy-Zeit. Erreichbar war man über se hat eine sehr lange Tradition und rinnen in der Kleiderkammer stehen, einen Anschluss auf dem Flur. Dieje- durch gute Ideen und neue Impulse in der Maß genommen wurde für die nige, die das Klingeln hörte, ging hat sie sich zu einem wahren Höhe- Arbeitstracht mit Schürze und Bluse dran und schaute, ob der gewünsch- punkt eines jeden Jahres entwickelt. 16
Sonderausgabe April 2008 diagnose Das christliche Menschenbild als Basis und Leitbild Seit sechs Jahrzehnten arbeiten die Schwestern des Diakonievereins Berlin-Zehlendorf am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf. diagnose sprach mit Oberin Ulrike Brandhorst und Verwaltungschef Dr. Wolfgang Holz über die Bedeutung der Partnerschaft, wie sich diese gestaltet und über die Modernität der Schwesternschaft. diagnose: Frau Oberin Brandhorst, und Seminarangebot für die Schwes- den Zehlendorfer Schwestern bringt welche Bedeutung hat die nunmehr tern im Heimathaus in Berlin. zum Ausdruck, wie wichtig dem 60-jährige Partnerschaft zwischen Evangelischen Krankenhaus Düssel- dem Evangelischen Diakonieverein diagnose: Herr Dr. Holz, welche dorf dieses Anliegen war. Allerdings – Berlin-Zehlendorf e. V. und dem Bedeutung hat die Partnerschaft aus und das wissen Sie alle – geht die EVK? Ihrer Sicht? Anzahl unserer Pfleger und Schwes- tern, Schülerinnen und Schüler weit Oberin Ulrike Brandhorst: Das EVK Dr. Wolfgang Holz: Die Frage enthält über die Zahl der Schwestern des ist ohne eine evangelische Schwes- das Wort „Partnerschaft”, ein Diakonievereins hinaus. ternschaft fast nicht vorstellbar. So Begriff, der für unsere Zusammenar- lange es das Krankenhaus gibt, beit maßgeschneidert ist. In unseren Schwesternschaften haben außer- haben evangelische Schwestern hier Akten liegt ein mittlerweile arg ver- dem wichtige Impulse gesetzt für die gearbeitet. Von der Gründung an gilbter Vertrag aus dem Jahre 1948, Entwicklung der Pflegeberufe, für die waren das für fast 100 Jahre die Dia- der zwar in dem einen oder anderen Ausgestaltung der beruflichen Quali- konissen aus Kaiserswerth. Als diese fizierung und die Weiterbildung von die Arbeit abgeben mussten, weil sie Schwestern und Pflegern. Insofern nicht mehr genügend Schwestern deckten sich die Zielsetzungen des hier einsetzen konnten, war es den Diakonievereins mit denen des Evan- damaligen Verantwortlichen im Kura- gelischen Krankenhauses in folgen- torium des EVK wichtig, wieder eine den Schwerpunkten: evangelische Schwesternschaft für die Übernahme des Pflegedienstes • Qualifizierte Krankenpflege auf zu gewinnen. Damit sollte der evan- hohem Ausbildungsniveau gelisch-christliche Charakter des EVK gewahrt bleiben. Dass diese • Förderung der Aus- und Weiterbil- Zusammenarbeit jetzt 60 Jahre Punkt ergänzt werden musste, aber dung von Schwestern und Pfle- Bestand hat, ist ein Zeichen dafür, stets noch die Grundlage bildet für gern, unter anderem durch Vorhal- dass dieses Anliegen grundsätzlich die Gestellung der evangelischen tung einer eigenen Krankenpfle- auch heute noch gilt. Schwestern in unserem Hause. Er geschule regelt unter anderem: Für die Schwesternschaft ist das EVK • Arbeitsbedingungen in einem ein Arbeitsfeld, in dem Diakonie- • die Gestellung der Oberin (Pflege- Haus, die es der Schwestern- schwestern gemeinsam arbeiten dienstleitung), schaft ermöglichen, im Rahmen können und in dem Diakonieschüle- einer Lebens- und Arbeitsgemein- rinnen in den Schulen ihre Ausbil- • die Gestellung von Schwestern schaft ihren Dienst auszuüben dung erhalten. Dieser Weg über die und Schülerinnen, Ausbildung ist traditionell der Weg in diagnose: Herr Dr. Holz, wie gestal- die Schwesternschaft hinein. • den Betrieb (gemeinsame Verant- tet sich diese Partnerschaft? wortung) der Krankenpflege- und Das EVK hat mit dem Diakonieverein Kinderkrankenpflegeschulen. Dr. Wolfgang Holz: Die Partnerschaft und seiner Schwesternschaft einen verbindet uns in Aus- und Fortbil- Partner, der neben der fachlichen Die Pflege hat für ein Krankenhaus dung. Konzeptionelle Impulse für die Aus- und Weiterbildung Wert legt auf eine zentrale Bedeutung. Insofern Aus- und Weiterbildung erreichen die diakonische Bildung und Beglei- war es für das EVK Wunsch und Not- uns über die Schwesternschaft. tung seiner Schwestern, um sie in wendigkeit, diese qualifiziert abzu- Umgekehrt werden Konzepte des ihrem sehr fordernden Beruf in der decken. Die langjährige Zusammen- Evangelischen Krankenhauses Düs- Pflege zu unterstützen und zu stär- arbeit mit den Kaiserswerther Diako- seldorf zurückgespiegelt an den Dia- ken. Dazu gibt es ein kontinuierli- nissen und die nunmehr bereits 60 konieverein, um diese Anregung in ches, fachlich-diakonisches Kurs- Jahre bestehende Verbindung mit den übrigen Arbeitsfeldern des Ver- 17
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