HAMBURGER BÜRGER:INNEN-BETEILIGUNGSBERICHT 2020 - Hamburg.de
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2 Inhaltsverzeichnis Vorwort4 1 Einleitung 5 2 Begriffsdefinitionen 6 3 Ist-Analyse der Instrumente für Bürger:innenbeteiligung in Hamburg 8 3.1 Formelle Bürger:innenbeteiligung 9 3.1.1 Seniorenmitwirkung 9 3.1.2 Öffentlichkeitsbeteiligung im Bauplanungsrecht, § 3 Baugesetzbuch (BauGB) 10 3.1.3 Landesebene 10 3.1.3.1 Art. 6 Hamburgische Verfassung (HV) – Wahl der Bürgerschaft 10 3.1.3.2 Art. 28 HV – Eingaben 11 3.1.3.3 Art. 29 HV – Volkspetition 11 3.1.3.4 Art. 50 HV – Direkte Demokratie 11 3.1.4 Bezirksebene 13 3.1.4.1 § 4 Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) – Wahl der Bezirksversammlung13 3.1.4.2 § 14 BezVG – Fragen an Bezirksversammlungen und Ausschüsse 13 3.1.4.3 § 20 BezVG – Eingaben 13 3.1.4.4 § 32 BezVG – Bürgerbegehren, Bürgerentscheid und „Bürgerverträge“ 14 3.1.4.5 § 33 BezVG – Kinder- und Jugendbeteiligung 15 3.2 Informelle Bürger:innenbeteiligung, § 10 Hamburgisches Verwaltungsverfahrensgesetz (HmbVwVfG)15 3.2.1 Senatskanzlei/Amt für IT und Digitalisierung (ITD) 16 3.2.2 Fachbehörden 16 3.2.2.1 Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) 17 3.2.2.2 Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) 20 3.2.2.3 Finanzbehörde (FB) 21 3.2.2.4 Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) 21 3.2.2.5 Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde/BAGSFI)21 3.2.2.6 Behörde für Kultur und Medien (BKM) 22 3.2.3 Unternehmen der Stadt 22 3.2.3.1 Landesbetrieb für Geoinformation und Vermessung (LGV) + Urban Data Platform 23 3.2.3.2 Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) 23 3.2.3.3 Hamburger Hochbahn AG (HHA) 23 HAMBURGER BÜRGER:INNENBETEILIGUNGSBERICHT 2020
3 3.2.4 Bezirksämter 23 3.2.4.1 Hamburg-Mitte 23 3.2.4.2 Altona 24 3.2.4.3 Eimsbüttel 24 3.2.4.4 Hamburg-Nord 25 3.2.4.5 Wandsbek 26 3.2.4.6 Bergedorf 26 3.2.4.7 Harburg 26 3.2.5 Bezirksversammlungen 27 3.2.5.1 Übersicht 27 3.2.5.2 Grundhaltung 29 3.2.5.3 Neue Beteiligungsinstrumente 29 3.2.5.4 Digitale Beteiligung 29 3.2.5.5 Kinder- und Jugendbeteiligung § 33 BezVG 30 3.2.5.6 Beiräte (Quartier, Stadtteil, Jugend, Senioren, Inklusion) 31 3.2.5.7 Regionalbeauftragte 31 4 Analyse der Stärken und Schwächen 32 4.1 Stärken 32 4.2 Schwächen 33 5 Abschluss 34 Impressum35
4 Vorwort Liebe Bürgerinnen und Bürger, Demokratie wird erst mit Leben gefüllt, wenn die Bürger:innen ihre Rechte auf gesellschaftli- che Teilhabe nutzen. Hierfür steht zum einen die direkte Demokratie in Form von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid auf Landes- ebene zur Verfügung. Zum anderen sind gerade die Bezirkspolitik und die Entscheidungen in unseren sieben Bezirken mit 104 Stadtteilen häufig der erste Kontakt mit Der Hamburger Senat hat nun erstmals die Grund- politischen Prozessen, aber auch mit den Bezir- lagen für eine Übersicht über alle Verfahren der ken. Bereits seit 1998 gibt es die Möglichkeit in Bürger:innenbeteiligung geschaffen. Auf dieser Hamburg, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide Grundlage wollen wir den Hamburger:innen durch durchzuführen. Ursprung der Neuregelung war transparenteren Zugang die Beteiligung verein damals der erste erfolgreiche Volksentscheid im fachen. Der hier vorgelegte Bericht dient nun dazu, selben Jahr, der sich für die Einführung direkter eine Basis für die Konzeption und Ausgestaltung Demokratie in Bezirken eingesetzt hatte. der Ansprechstelle für Bürger:innenbeteiligung für die kommenden Jahre zu erstellen und dabei Seitdem ermöglicht dieses Instrument den auch die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung Bürger:innen auch Initiativen zu gründen, um sich zu berücksichtigen. Der Bericht zeigt zudem die für ihre bezirklichen Anliegen einzusetzen. Dieser aktuell in Hamburg existierenden Möglichkeiten für Entschluss war damit eine wichtige Ergänzung, die Bürger:innen auf, sich in Politik und Verwaltung seitdem regelmäßig in allen Bezirken von Hamburgs einzubringen. Bürger:innen wahrgenommen wird. Diese Übersicht soll nicht zuletzt dazu motivieren, Damit haben sich die Möglichkeiten der Mitwirkung sich mit eigenen Ideen einzubringen und von seinen auf vielfältige Weise in den letzten beiden Jahrzehn- demokratischen Rechten umfassend Gebrauch ten unserer bezirklichen Bürger:innenbeteiligung zu machen. entwickelt und nicht nur ein hohes Maß an Parti- zipation, sondern auch an Identifikation mit dem Nutzen Sie die Chancen der Bürger:innenbeteiligung eigenen direkten Umfeld ermöglicht. Über diese und gestalten sie Hamburg ganz entscheidend mit. Formen der direkten Demokratie hinaus, gibt es jedoch ein weites Spektrum an Beteiligungsmög- Herzliche Grüße, lichkeiten für Hamburger:innen. Katharina Fegebank HAMBURGER BÜRGER:INNENBETEILIGUNGSBERICHT 2020
5 1 Einleitung Der Ausbau der Bürger:innenbeteiligung in Ham- Dieser Bericht dient dazu, eine Grundlage für die burg nahm Ende der 1990er Jahre seinen Anfang. Konzeption und Ausgestaltung der Ansprechstelle So wurde 1996 die Volksgesetzgebung in der für Bürger:innenbeteiligung für die nächsten Jahre Hamburgischen Verfassung verankert und zwei zu erstellen. Dafür wird zunächst ein Überblick Jahre später mit dem ersten Volksentscheid die über den Status Quo der Bürger:innenbeteiligung direkte Demokratie auf Bezirksebene eingeführt. in Hamburg und über die bereits existierenden Im Laufe der folgenden Jahre wurden alle Formen Bürger:innenbeteiligungsinstrumente in der Stadt von Volksentscheiden für Bürgerschaft und Se- gegeben. Anhand dessen kann eine Analyse der nat bindend, es kamen das fakultative und das Stärken und Schwächen dieses Feldes vorgenom- Bürgerschaftsreferendum hinzu und auch das men werden, die sodann die Grundlage bietet für Wahlrecht wurde grundlegend reformiert und die Fortentwicklung von beteiligungsrelevanter 1 modernisiert. Die aktuellste Entwicklung in die- Infrastruktur und Instrumenten im kommenden sem Zusammenhang ist die neue Ansprechstelle Jahrzehnt. Mit diesem Ansatz ergänzt der vorlie- für Bürger:innenbeteiligung und Bürgerhäuser gende Bericht die Broschüre „Hamburg gemeinsam 3 im zuständigen Amt Bezirksverwaltung durch gestalten“, die 2013 von der damaligen Behörde die Bürgerschaftsdrucksache 21/15373 vom für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) herausge- 2 30. November 2018 , das seit Beginn der 22. geben wurde, und den Schwerpunkt auf die Metho- Legislaturperiode der Behörde für Wissenschaft, dik erfolgreicher Beteiligung legt. Perspektivisch Forschung, Gleichstellung und Bezirke (BWFGB) soll die neue Ansprechstelle dazu beitragen, die angehört. Der Schwerpunkt der Tätigkeit dieser Beteiligungskultur im Sinne des Zusammenwir- Stelle liegt in der Koordination, Vernetzung und kens von Bürger:innen und Repräsentant:innen Qualitätsentwicklung von Bürger:innenbeteiligung im Sinne einer modernen Demokratie in Hamburg in Hamburg. fortzuentwickeln. 1 Andreas von Arnauld, in: Dressel/Fuchs/Warmke, Direkte Demokratie in Hamburg, 2014, S. 14 (17 ff.); Andreas Dressel, in: : Dressel/Fuchs/Warmke, Direkte Demokratie in Hamburg, 2014, S. 70 (70 ff.). 2 Bü-Drs. 21/15373 v. 30.11.2018, S. 2 f. 3 Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Hamburg gemeinsam gestalten, 2013 (abrufbar unter: https://www.hamburg. de/contentblob/4126596/bf525e93e4ff197547a5fd2962934777/data/broschuere-buergerbeteiligung.pdf).
6 2 Begriffsdefinitionen Zunächst werden die wichtigsten Begriffe definiert, dem Sinne, dass Bürger:innen Meinungen und um Klarheit über die in diesem Bericht verwendeten Empfehlungen abgeben können. Bei der kooperati- Termini zu schaffen. ven Beteiligung können Bürger:innen zum Teil bzgl. 4 Sachentscheidungen mitbestimmen, vgl. auch Abb. Bürger:innenbeteiligung: 1, Spalte 3 (Mitwirkung) und 4 (Mitbestimmung): Der Begriff der Bürger:innenbeteiligung meint vorliegend die Interaktion von Repräsentant:innen Der Schwerpunkt dieses Berichts liegt auf anlass- und Repräsentierten. bezogener inhaltlicher Einflussnahme der Öffent- lichkeit in Form von Bürger:innen auf hoheitliche Repräsentative „Beteiligung“: Entscheidungen. Es werden auch der Öffentlichkeit Wahlen sind das traditionelle „Beteiligungsformat“ zugängliche Beteiligungsgremien hierunter sub- der repräsentativen Demokratie. Hier wählt das summiert. Verfasste Kammern werden aufgrund Volk seine Vertreter:innen, die sodann Sachent- des nicht für alle Bürger:innen gleichermaßen ge- scheidungen treffen. Wahlen werden vorliegend gebenen Zugangs nicht betrachtet. der Vollständigkeit halber erwähnt. Keine Bürger:innenbeteiligung: Direktdemokratische „Beteiligung“: Nicht unter den hier angewandten Begriff der Direkte Demokratie meint direkte Sachentschei- Bürger:innenbeteiligung fallen die reine Infor- dung und somit Selbstbestimmung durch das mation von Bürger:innen und Anhörungen in Volk in Form von Volks- und Bürgerentschei- Verwaltungsverfahren. In der bisweilen unklaren den. Auch dieser Bereich wird nur der Voll- Kommunikation der Abgrenzung zwischen Beteili- ständigkeit halber erwähnt, da hier das Volk gung und Information liegt eine der Ursachen für eine Sachentscheidung ohne Beteiligung der mangelndes Vertrauen in Beteiligungsprozesse. Repräsentant:innen fällt. Ebenso ist eine klare Abgrenzung zum auf Dauer angelegten, ehrenamtlichen Engagement vorzu- Beteiligung i.S.v. Konsultation und Kooperation: nehmen, beispielsweise zu den ehrenamtlichen Konsultative Beteiligung meint Zusammenwirkung Richter:innen, Schöff:innen und den Mitgliedern von Repräsentant:innen und Repräsentierten in der Bezirksversammlungen. 4 Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Hamburg gemeinsam gestalten, 2013, S. 6 (abrufbar unter: https://www. hamburg.de/contentblob/4126596/bf525e93e4ff197547a5fd2962934777/data/broschuere-buergerbeteiligung.pdf). HAMBURGER BÜRGER:INNENBETEILIGUNGSBERICHT 2020
7 Formelle Beteiligung: Informelle Beteiligung: Formelle Beteiligung findet aufgrund gesetzlicher Informelle Beteiligung findet im Rahmen des Ver- Vorgaben statt, die diese verpflichtend vorschrei- fahrensermessens der jeweiligen Verwaltungsein- ben. heit statt und ist somit freiwillig. Stufen der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Entscheidungen in Politik und Verwaltung f en g1 stu Freitag 2006, in Anlehnung an Schröder 1995 un g gs mm un un it mm nz he sti g un are lig en tbe sti irk sp t ei s tbe lbs we tw n Be Tra An Se Mi Mi Kennzeichen der Beteiligungsstufen körperlich anwesend sein x x x x sich äußern können, ohne gefragt zu werden x x x x über den Gegenstand hinreichend informiert werden x x x um die eigene Meinung gebeten werden x x a-SCHWARZ Entscheidungen durch Stimmrecht beeinflussen können x Verantwortung für Entscheidungen übertragen bekommen x 1 Selbstbestimmung unter Rahmenbedingungen, die von den Machtabgebenden festgelegt werden. www.hamburg.de/lernen-vor-or t Behörde für Schule und Berufsbildung Abbildung 1: Stufen der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Entscheidungen in Politik und 5 Verwaltung 5 Quelle: https://www.hamburg.de/contentblob/3953058/f97c0b96843df984fc75c0a12197db19/data/stufen-der-buer- gerbeteiligung-eimsbuettel.pdf.
8 3 Ist-Analyse der Instrumente für Bürger:innenbeteiligung in Hamburg Um einen Überblick über den Status Quo for- Adressat:innen der Umfrage waren die Senats- meller und informeller Bürger:innenbeteiligung in kanzlei, alle Fachbehörden, Bezirksämter und Be- Hamburg zu erlangen, hat die Behörde für Wis- zirksversammlungen. Rückmeldungen kamen aus senschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke insgesamt 64 Abteilungen, bzw. von 189 Personen. (BWFGB) im Sommer 2020 eine verwaltungsinterne Davon kamen: Umfrage durchgeführt. Gefragt wurde: 55 Personen aus Fachbehörden 1. Wo findet formelle Bürger:innenbeteiligung in 130 Personen aus Bezirken Ihrer Behörde statt? 4 Personen aus Landesbetrieben. 2. Darauf bezogen: Zusammenarbeit mit anderen Die Ergebnisse der Umfrage sind in die Erstellung für Bürger:innenbeteiligung relevanten Stellen dieses Berichts eingeflossen. Die Rückmeldungen innerhalb der Verwaltung? ergaben am Maßstab der eingangs erläuterten Begriffsdefinitionen, dass in vier Fachbehörden 3. Wo findet informelle Bürger:innenbeteiligung in formelle und in sechs Fachbehörden informelle Ihrer Behörde statt? (i.R.d. Verfahrensermessens Beteiligung stattfindet. Die Behörde für Inneres oder geförderter Projekte) und Sport (BIS) meldete als einzige Fachbehörde, dass sie keinerlei Beteiligung durchführt. In der 4. Darauf bezogen: Zusammenarbeit mit anderen Behörde für Justiz und Verbraucherschutz (BJV) für Bürger:innenbeteiligung relevanten Stellen und der Behörde für Schule und Berufsbildung innerhalb der Verwaltung? (BSB) werden vornehmlich (Anwalts-, Notar- bzw. Schüler-, Eltern-, Lehrer-) Kammern beteiligt. HAMBURGER BÜRGER:INNENBETEILIGUNGSBERICHT 2020
9 Einen Überblick gibt folgende Tabelle 1: gibt folgende Tabelle 3: Fach Keine Formelle Informelle Beteiligungsform Landesebene Bezirksebene behörden BüBe BüBe BüBe Wahlen Art. 6 HV § 4 BezVG (BVs) BIS X (Bürgerschaft) BJV X Eingaben Art. 28 HV § 20 BezVG BSB X Volkspetition Art. 29 HV – BWI X Direkte Demokratie Art. 50 HV § 32 BezVG BWFGB X Kinder- und – § 33 BezVG BSW X X Jugendbeteiligung BUKEA X X Seniorenmitwirkung §§ 9-12 Hmb- §§ 4-8 Hmb BVM X SenMitwG SenMitwG BAGSFI X Beteiligung im Planungs- § 3 BauGB, § 2 ff. LWaldG, §§ 5, 21 BKM X recht ff. HmbBNatSchAG, § 10 HmbBo- dSchG, §§ 12 ff. BBodSchG, § 63 FB X BNatSchG Tabelle 1: Überblick Bürger:innenbeteiligung in Tabelle 3: Überblick formelle Bürger:innenbeteiligung den Fachbehörden in Hamburg Auf Bezirksebene findet dagegen in allen Bezirks- Die in der Tabelle dargestellten Instrumente wer- ämtern formelle als auch informelle Beteiligung den im Folgenden genauer dargestellt. Da die statt, siehe Tabelle 2: Beteiligung bei der Seniorenmitwirkung und im Bezirk Formelle Informelle Planungsrecht sowohl auf Landes- als auch auf BüBe BüBe Bezirksebene stattfindet, wird sie vor die Klam- HH-Mitte X X mer gezogen und für beide Ebenen gemeinsam Altona X X dargestellt. Eimsbüttel X X 3.1.1 Seniorenmitwirkung HH-Nord X X Nachdem in den Jahren 2006 Berlin und 2010 Wandsbek X X Mecklenburg-Vorpommern die ersten Senioren- Bergedorf X X mitwirkungsgesetze für ihre Bundesländer er- Harburg X X ließen, verabschiedete Hamburg im Wunsch, zu den Vorreitern der politischen Partizipation äl- Tabelle 2: Überblick Bürger:innenbeteiligung in terer Menschen zu gehören, im Jahr 2012 das den Bezirksämtern Hamburgische Seniorenmitwirkungsgesetz. Der ausschlaggebende Impuls hierfür kam von den 6 Die Bezirksversammlungen regen gegenüber den DGB-Senioren der Stadt. Ziel des Hamburger Bezirksämtern Beteiligungsverfahren an und un- Seniorenmitwirkungsgesetzes ist die einheitli- terstützen diese bei der Durchführung. che Regelung dieser Rechte sowie ein aktivie- render Impuls. Es sollen sich mehr Senior:innen 3.1 Formelle Bürger:innenbeteiligung (= alle Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet Innerhalb der formellen Bürger:innenbeteiligung ist und ihren Hauptwohnsitz in Hamburg haben, § 2 es der Übersichtlichkeit halber angezeigt, zwischen HmbSenMitwG) ermutigt fühlen, sich nach § 4 Landes- und Bezirksebene zu unterscheiden. Einen HmbSenMitwG in der Seniorendelegiertenver- Überblick über die wichtigsten formellen Verfahren sammlung ihres Bezirks zu engagieren und nach 6 Nexus, Hamburger Seniorenmitwirkungsgesetz, Evaluationsbericht, 2017, S. 10 (abrufbar unter: https://www.hamburg.de/ contentblob/9608106/826932ce914f5e50ef866307991970f5/data/2017-09-28-bgv-seniorenmitwirkung-evaluation- download.pdf).
10 § 5 HmbSenMitwG für den Bezirks- oder nach § 9 und Stellungnahmen dazu abgeben. Die Ergeb- HmbSenMitwG für den Landes-Seniorenbeirat zu nisse beider Beteiligungsschritte werden in den kandidieren. Wichtig ist dabei das in § 7 und § 11 jeweils zuständigen Gremien beraten und in die 10 HmbSenMitwG normierte Recht auf Anhörung und Abwägungen einbezogen. Rede, das zeigt, dass diese Form der Mitwirkung gewünscht, ausdrücklich vorgesehen ist und auch Bauleitpläne werden in Hamburg nach § 3 Bauleit- 7 von der Verwaltung beachtet wird. planfeststellungsG grundsätzlich vom Senat durch Rechtsverordnung beschlossen, wobei diese Kom- 3.1.2 Öffentlichkeitsbeteiligung im petenz nach § 6 Abs. 1 BauleitplanfeststellungsG Bauplanungsrecht, auf die Bezirksämter (D4 – Fachamt Stadt- und § 3 Baugesetzbuch (BauGB) Landschaftsplanung) übertragen werden kann, Wie Tabelle 3 zeigt, ist Öffentlichkeitsbeteiligung wovon in den meisten Fällen Gebrauch gemacht im gesamten Planungsrecht ein wichtiger Faktor. wurde. Ist das Bezirksamt zur Feststellung der Die Öffentlichkeitsbeteiligung im Bauplanungsrecht Bebauungspläne befugt, führt es gemäß § 1 Abs. wird nachfolgend als exemplarisches Beispiel her- 2 BauleitplanfeststellungsG die frühzeitige Betei- angezogen: Der Begriff der „Bürgerbeteiligung“ im ligung der Öffentlichkeit durch seine Bezirksver- Baugesetzbuch wurde 2004 aufgrund der europa- sammlung (Stadtentwicklungsausschuss) durch. rechtlichen Vorgaben für die Umweltprüfung zur Das Bezirksamt kann dabei einen Bebauungsplan „Öffentlichkeitsbeteiligung“ umgewandelt. Nach nur rechtskräftig feststellen, wenn es nach § 6 Art. 2 Buchstabe d) der Plan-UP-Richtlinie ist Abs. 2 BauleitplanfeststellungsG die Zustimmung Öffentlichkeit definiert als „eine oder mehrere der Bezirksversammlung erhält. natürliche oder juristische Personen und, in Über- einstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvor- Führt der Senat das Planverfahren durch, findet schriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 und 8 Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen“. 2 BauGB, § 11 Abs. 1 und 2 Bauleitplanfeststel- lungsG durch die Behörde für Stadtentwicklung Den Mindeststandard der Öffentlichkeitsbeteili- und Wohnen (Amt für Landesplanung und Stadt- gung im Bauplanungsrecht gibt § 3 BauGB vor. entwicklung) mit Abstimmung der Kommission für Dessen Absatz 1 bestimmt, dass die Öffentlich- Stadtentwicklung statt. keit möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung zu unterrichten 3.1.3 Landesebene und ihr Gelegenheit zur Äußerung und Erörte- Auf der Landesebene sind in Hamburg insbeson- rung zu geben ist. Dies findet in Hamburg in der dere die Beteiligungsformen der repräsentativen Regel in Form einer öffentlichen Plandiskussion und der direkten Demokratie formell geregelt. statt, wo Bürger:innen sich in Veranstaltungen vor Ort informieren und Anregungen wie Kritik 3.1.3.1 Art. 6 Hamburgische Verfassung 9 vorbringen können. § 3 Abs. 2 BauGB sieht die (HV) – Wahl der Bürgerschaft öffentliche Auslegung vor, wo der von Verwaltung Das Landesparlament, in Hamburg nach Art. 6 und Politik abgestimmte Planentwurf für einen Abs. 1 HV die Bürgerschaft, wird nach Art. 10 Monat in den zuständigen Behörden auszulegen Abs. 1 Satz 1 HV alle fünf Jahre gewählt. Der ist. Die Bürger:innen können den Plan einsehen Wahlakt stellt dabei nach Art. 20 Abs. 2 Grund- 7 Nexus, Hamburger Seniorenmitwirkungsgesetz, Evaluationsbericht (Fn. 6), S. 11. 8 Krautzberger, in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger (Hrsg.), Baugesetzbuch Kommentar, Bd. 1, 135. EL September 2019, § 3 Rn. 12. 9 Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Hamburg gemeinsam gestalten, 2013, S. 8 (abrufbar unter: https://www. hamburg.de/contentblob/4126596/bf525e93e4ff197547a5fd2962934777/data/broschuere-buergerbeteiligung.pdf). 10 Zu den Details: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Hamburg macht Pläne, 2008, S. 7, 9 (abrufbar unter: https:// www.hamburg.de/contentblob/3303978/030047224f3a23bc906270601d72d39f/data/broschuere-hamburg-macht- plaene.pdf). HAMBURGER BÜRGER:INNENBETEILIGUNGSBERICHT 2020
11 gesetz (GG) das traditionelle Beteiligungsmittel 3.1.3.3 Art. 29 HV – Volkspetition der repräsentativen Demokratie dar, wonach das Neben der Möglichkeit, Eingaben an die Bürger- Volk als Souverän seine Vertreter:innen personell schaft zu richten, gibt es auch die Option der 11 legitimiert. Wahlberechtigt sind nach § 6 BüWG Volkspetition nach Art. 29 HV. Danach befasst alle Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, die sich die Bürgerschaft mit einem Anliegen, wenn an am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet haben, sie gerichtete Bitten und Beschwerden durch die seit mindestens drei Monaten in Hamburg eine Unterschrift von 10.000 Einwohnern unterstützt Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich werden. Die Petenten haben dabei keinen Anspruch aufhalten und nicht vom Wahlrecht ausgeschlos- auf Entscheidung oder Abhilfe in der Sache. Die sen sind. Petition muss aber entgegengenommen, sachlich geprüft und derart beantwortet werden, dass sich Die Wahlbeteiligung bei den Wahlen zur Hambur- daraus die Kenntnisnahme der Petition und die Art 15 gischen Bürgerschaft am 23. Februar 2020 betrug ihrer Erledigung ergibt. Dieses Instrument der 63,0 %, was einen leichten Anstieg im Vergleich Mitwirkung hat Auswirkung auf die Staatswillens- zur Wahlbeteiligung von 2015 darstellt, wo sie bildung, indem es die staatliche Befassung mit dem beim (seit 1957) historisch niedrigsten Ergebnis jeweiligen Gegenstand intensiviert sowie Verfah- 12 von 56,5 % lag. rensabläufe und Entscheidungen in Bürgerschaft 16 und Ausschüssen auslöst. Die Bürgerschaft hat 3.1.3.2 Art. 28 HV – Eingaben 2019 beschlossen, die Möglichkeit der digitalen 17 Art. 28 HV regelt die sogenannten Eingaben. Da- Unterstützung von Volkspetitionen zu überprüfen. nach können Bürger:innen Bitten und Beschwerden Im Jahr 2020 soll die Bürgerschaftskanzlei in Zu- an die Bürgerschaft richten, wofür diese einen sammenarbeit mit dem Senat hierzu ein Vorprojekt 18 Eingabenausschuss zur Behandlung einrichtet. Das durchführen. Recht, sich mit Eingaben an die Bürgerschaft zu wenden, ergibt sich aus Art. 17 GG, der von § 1 Seit ihrer Einführung im Jahr 1996 bis 2019 wurden Abs. 1 des Gesetzes über den Eingabenausschuss insgesamt zehn, davon neun erfolgreiche Volkspe- 19 wiederholt wird. Danach steht das Eingaberecht titionen in Hamburg durchgeführt. jeder Person einzeln oder in Gemeinschaft mit an- deren zu und ist nicht an die Nationalität oder den 3.1.3.4 Art. 50 HV – Direkte Demokratie Wohnort gebunden. Eingaben können schriftlich Auf hamburgischer Landesebene gibt es mehrere 13 oder auch als Online-Eingabe erfolgen. Formen der direkten Demokratie, die alle in Art. 50 der Hamburgischen Verfassung (HV) geregelt Im Jahr 2019 wurden 1526 Eingaben, im Jahr 2020 sind. Zu nennen sind die Volksgesetzgebung, das 14 insgesamt 1021 Eingaben eingereicht. fakultative und das Bürgerschaftsreferendum. 11 Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg), GG Kommentar, 16. Aufl. 2020, Art. 20 Rn. 5. 12 Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, Analyse der Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020 in Hamburg, Endgültige Ergebnisse, S. 4, 7 (abrufbar unter: https://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Wahlen/Hamburg/ B%C3%BCrgerschaftswahlen/2020/Analyse/Wahlanalyse_B%C3%BCWaHH2020_endg%C3%BCltig_korrektur.pdf). 13 Hamburgische Bürgerschaft, Online-Eingaben unter: https://www.hamburgische-buergerschaft.de/online-eingabe/4408746/ online-eingabe/. 14 Hamburgische Bürgerschaft, Statistik über Eingaben für das Jahr 2020 (abrufbar unter: https://www.hamburgische- buergerschaft.de/contentblob/14947738/f4ee9aa113b7bbe523a02b581f3a7068/data/statistik-2020.pdf). 15 BVerfGE 2, 225 (230); Bauer, Partizipation durch Petition – Zu Renaissance und Aufstieg des Petitionsrechts in Deutschland und Europa, DÖV 2014, S. 453 (456). 16 David, Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, Kommentar, 2. Aufl. 2004, Art. 29, Rn. 6. 17 Bü-Drs. 21/16981 v. 24.04.19, S. 2 18 Bü-Drs. 21/19977 v. 07.02.20, S. 2 19 Bü-Drs. 21/16981 v. 24.04.19, S. 1.
12 (1) Volksinitiative, Volksbegehren, Volksent- scheid und „Bürgerverträge“ Mit der Volksgesetzgebung kann gemäß Art. 50 Abs. 1 Satz 1 HV das Volk ein bestimmtes Gesetz erlassen, verändern, aufheben oder die Befassung mit einem bestimmten Gegenstand politischer Willensbildung (sogenannte andere Vorlage) be- antragen. Dabei sind nur solche Gegenstände initiativfähig, die zur Gesetzgebungskompetenz 20 der Bürgerschaft gehören. Explizit ausgenommen davon sind Bundesratsinitiativen, Haushaltspläne, Abgaben, Tarife der öffentlichen Unternehmen ses ein durch Volksentscheid beschlossenes Gesetz sowie Dienst- und Versorgungsbezüge. Die Volks- auszufertigen und im Hamburgischen Gesetz- und initiative kommt nach Art. 50 Abs. 1 Satz 3 HV Verordnungsblatt zu verkünden. Die andere Vorla- zustande, wenn sie von mindestens 10.000 Wahl- ge bindet nach Art. 50 Abs. 4a) HV im Falle eines berechtigten unterstützt wird. Für die Sammlung erfolgreichen Volksentscheids Bürgerschaft und der Unterschriften haben die Initiatoren nach Ein- Senat, wobei die Bürgerschaft die Bindungswirkung gang der Anzeige beim Senat sechs Monate Zeit, durch Beschluss beseitigen kann. § 5 Abs. 1 Volksabstimmungsgesetz (VAbstG). In Hamburg fanden zwischen 1997 und 2020 Mit dem Volksbegehren hat das Landesvolk in insgesamt 57 Volksinitiativen, 16 Volksbegehren 21 Hamburg ein Gesetzesinitiativrecht, also eine echte und 7 Volksentscheide statt. Mitwirkungsmöglichkeit an der Staatstätigkeit. Die Initiatoren haben nach Art. 50 Abs. 2 und Eine Besonderheit sind die zwischen Volksinitia- Abs. 3 HV, §§ 6 ff. VAbstG drei Wochen Zeit, um tiven und Bürgerschaftsabgeordneten getroffe- Unterschriften von mindestens einem Zwanzigstel nen Einigungen, aus denen auch die sogenannten der Wahlberechtigten zu sammeln. „Bürgerverträge“ entstanden. Dieser Begriff wurde im Zuge der Einigung um die Unterbringung von Im Anschluss kann nach Art. 50 Abs. 3 Satz 3 Geflüchteten im Jahr 2015 entwickelt. Hierbei wird HV die Durchführung eines Volksentscheids beim ein informeller Konsens gefunden, der anschlie- Senat beantragt werden. Er ist nach Art. 50 Abs. 3 ßend von der Bürgerschaft beschlossen und von Satz 10 HV erfolgreich, wenn zwei Voraussetzun- der Exekutive umgesetzt wird. Ein Volksentscheid gen kumulativ erfüllt werden. Der Gesetzentwurf ist danach nicht mehr erforderlich. Seit 2013 ist oder die andere Vorlage muss die Mehrheit der dies ein gängiges Verfahren, um den Interessen 22 abgegebenen gültigen Stimmen erhalten haben von Volksinitiativen Rechnung zu tragen. und gleichzeitig die Zahl von Stimmen auf sich vereinigen, die der Mehrheit der im gleichzeitig (2) Fakultatives Referendum gewählten Parlament repräsentierten Stimmen der Seit dem Jahr 2008 gibt es die Möglichkeit der Hamburger:innen entspricht. Bei Verfassungsän- Durchführung eines fakultativen Referendums, 23 derungen bedarf es zwei Drittel der abgegebenen das in Art. 50 Abs. 4 HV geregelt ist. Wenn die Stimmen, vgl. Art. 50 Abs. 3 Satz 11 HV. Nach Bürgerschaft ein Volksgesetz oder einen Volks- § 23a VAbstG hat der Senat innerhalb eines Mo- entscheid über eine andere Vorlage ändern will, nats nach Feststellung des Abstimmungsergebnis- kann innerhalb von drei Monaten nach der Ver- 20 Thieme, Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, Kommentar, 1. Aufl. 1998, Art. 50, S. 151. 21 BIS/Landeswahlamt, Übersicht der Volksabstimmungen in Hamburg seit 1997, Stand: 07.12.2020 (abrufbar unter: https:// www.hamburg.de/contentblob/104078/1b66594f50b2f398acaeb7bb0cd9b469/data/volksabstimmungen-uebersicht.pdf). 22 Mehr Demokratie Hamburg, Bisherige Volksinitiativen, 2018, Lfd. Nr. 33, 35, 39, 40, 43, 45, 46, 48, 49 (abrufbar unter: https://hh.mehr-demokratie.de/themen/direkte-demokratie/volksinitiativen/bisherige-volksinitiativen/). 23 Elftes Gesetz zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg v. 16.12.2008 (HmbGVBl. 431). HAMBURGER BÜRGER:INNENBETEILIGUNGSBERICHT 2020
13 kündung des Änderungsgesetzes von 2,5 % der die in Hamburg als eine Art gewählter Verwal- 27 Wahlberechtigten diesbezüglich per Unterschrift tungsausschüsse fungieren, gemeinsam mit dem ein Volksentscheid verlangt werden. Das Volk kann Europäischen Parlament gewählt. Wahlberechtigt also gegen ein Parlamentsgesetz vorgehen, das sind nach § 6 BezVWG alle EU-Bürger:innen des einen Volksentscheid ändern will. Hiermit gewährt Bezirks, die am Wahltag 16 Jahre alt sind, seit die Hamburgische Verfassung einem Volksent- mindestens drei Monaten eine Wohnung oder ihren 24 scheid einen hohen Bestandsschutz. gewöhnlichen Aufenthaltsort in Hamburg haben und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Bisher kam dieses Instrument noch nicht zum Einsatz. Die Wahlbeteiligung bei den Wahlen zu den Be- zirksversammlungen im Jahr 2019 betrug 58,0 %, (3) Bürgerschaftsreferendum was einen erheblichen Anstieg im Vergleich zur Im Jahr 2015 wurde zudem Art. 50 Abs. 4b) HV in Wahlbeteiligung von 2014 darstellt, wo sie bei 25 28 die Hamburgische Verfassung eingefügt. Hiermit 40,9 % lag. wurde ein neues Instrument direkter Demokratie geschaffen: die Möglichkeit eines Parlaments- bzw. 3.1.4.2 § 14 BezVG – Fragen an Bezirks- Regierungsreferendums. Senat und Bürgerschaft versammlungen und Ausschüsse wurde damit ermöglicht, ein Bürgerschaftsreferen- Eine Möglichkeit für Bürger:innen, mit der Be- dum und somit einen Volksentscheid „von oben“ zirkspolitik in Kontakt zu treten besteht darin, in einzuleiten. öffentlichen Sitzungen der Bezirksversammlungen und ihrer Ausschüsse Fragen an die Mitglieder zu Dieses Instrument wurde bisher erst einmal be- stellen. Diese Möglichkeit kann Einwohner:innen züglich der Frage genutzt, ob Hamburg sich für die nach § 14 Abs. 3 BezVG von der jeweiligen Be- Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 bewer- zirksversammlung bzw. den Ausschüssen gegeben ben sollte. Dies wurde von den Hamburger:innen werden. Aus der Geschäftsordnung der jeweiligen 26 im Ergebnis verneint. Bezirksversammlung können sich hierzu noch de- tailliertere Regelungen ergeben. 3.1.4 Bezirksebene Die formellen Instrumente auf Bezirksebene ori- 3.1.4.3 § 20 BezVG – Eingaben entieren sich an denen der Landesebene. Eingaben werden gemäß § 20 BezVG durch die Geschäftsordnung (GO) der Bezirksversammlungen 3.1.4.1 § 4 Bezirksverwaltungsgesetz geregelt. So sieht beispielsweise § 16 der GO der (BezVG) – Wahl der Bezirksver- Bezirksversammlung Hamburg-Mitte vor, dass sich sammlung jede Bürgerin und jeder Bürger mit Eingaben und Das Wahlrecht für die Bezirksversammlungen Beschwerden an die Bezirksversammlung wenden 29 bestimmt sich nach § 4 BezVG durch das Be- kann. Dies hat auf Ebene des Bezirks Hamburgs- zirksversammlungswahlgesetz (BezVWG). Nach Mitte grundsätzlich schriftlich zu erfolgen. Das § 1 BezVWG werden die Bezirksversammlungen, Verfahren in den Fachausschüssen der Bezirksver- 24 Steinberg, Die Repräsentation des Volkes. Menschenbild und demokratisches Regierungssystem, 1. Aufl. 2013, S. 258. 25 Sechzehntes Gesetz zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg v. 01.06.2015 (HmbGVBl. Nr. 20 vom 02.06.2015, 102). 26 Bü-Drucks. 21/10504 v. 27.09.2017, S. 1; Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein Olympia-Referendum am 29. November 2015 in Hamburg (abrufbar unter: https://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Wahlen/Hamburg/ Volksentscheide/2015/endgültig/Olympia-Referendum_am_29.November_2015_in%20_Hamburg_(Landesergebnis).pdf). 27 David, in: David/Stüber (Hrsg.), Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, Kommentar, 1. Aufl. 2020, Art. 4 Rn. 23. 28 Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, Analyse der Wahlen zu den Bezirksversammlungen in Hamburg am 26. Mai 2019, Endgültige Ergebnisse, S. 20 (abrufbar unter: https://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/ Wahlen/Hamburg/Bezirksversammlungswahlen/2019/Analyse/Wahlanalyse_2019_Teil_1_ENDG%C3%9CLTIG.pdf). 29 Geschäftsordnung für die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte und ihrer Ausschüsse v. 24.10.2019 (abrufbar unter: https:// www.hamburg.de/contentblob/1852094/d4339b247088558aaeb359006f5d84cc/data/geschaeftsordnung-bv.pdf).
14 sammlung orientiert sich dabei nach § 16 Abs. 3 hängt von der jeweiligen Einwohnerzahl ab – das der GO der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Begehren unterstützt haben. Das Bezirksamt stellt am Gesetz über den Eingabenausschuss der Ham- nach § 32 Abs. 4 BezVG das Zustandekommen burgischen Bürgerschaft. des Begehrens fest. Besonders zu erwähnen ist die Sperrwirkung des § 32 Abs. 5 BezVG, die Im Jahr 2018 wurden im Bezirk Hamburg-Mitte bei einem zulässigen Begehren eintritt, wenn ein 30 zwei, im Jahr 2019 drei Eingaben eingereicht. Drittel der erforderlichen Unterschriften beim Be- zirksamt eingereicht wird. Bis zur Feststellung des 3.1.4.4 § 32 BezVG – Bürgerbegehren, Zustandekommens des Bürgerbegehrens, also bis Bürgerentscheid und „Bürger- zur Einreichung der erforderlichen Unterschriften, verträge“ dürfen die Bezirksorgane dann keine dem Begeh- Die direkte Demokratie auf Bezirksebene wurde im ren entgegenstehenden Entscheidungen treffen Jahr 1998 auf Initiative des Trägerkreises „Mehr oder vollziehen. Demokratie in Hamburg“ mit dem ersten erfolgrei- 31 chen Volksentscheid eingeführt. Die Hamburger Spätestens vier Monate nach Zustandekommen gaben sich mit dem „Gesetz zur Einführung von des Bürgerbegehrens wird nach § 32 Abs. 7 BezVG Bürgerbegehren und Bürgerentscheid“ somit selbst über den fraglichen Gegenstand ein Bürgerent- das Recht, Bürgerbegehren und -entscheide in den scheid durchgeführt, wenn nicht die Bezirksver- 32 Bezirken herbeizuführen. Dieses Gesetz wurde im sammlung innerhalb von zwei Monaten dem An- Jahr 2006 vom neuen Bezirksverwaltungsgesetz liegen zugestimmt hat. Ob der Bürgerentscheid abgelöst, das Bürgerbegehren und -entscheide erfolgreich ist, entscheidet nach § 32 Abs. 9 BezVG seitdem in § 32 BezVG regelt. die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen – es gibt also kein Quorum. Bürgerbegehren und -entscheid stellen Instrumente der direkten Demokratie dar, die zu verbindlichen Der Bürgerentscheid hat nach § 32 Abs. 11 BezVG 33 Sachentscheidungen im Einzelfall führen. Nach die Wirkung eines Beschlusses der Bezirksver- § 32 Abs. 1 BezVG können alle Wahlberechtigten sammlung und darf innerhalb von zwei Jahren eines der sieben Hamburger Bezirke in allen Ange- nach Beschluss nicht durch einen anderen Bür- legenheiten, die in die Zuständigkeit der Bezirks- gerentscheid geändert werden. Ein erfolgreicher versammlung fallen, ein Bürgerbegehren initiieren. Bürgerentscheid hat wie ein Beschluss der Be- Ausgenommen davon sind Personalentscheidungen zirksversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BezVG und Haushaltsbeschlüsse. Das Bürgerbegehren für das jeweilige Bezirksamt bindende Wirkung. ist nach § 32 Abs. 2 BezVG schriftlich beim Be- zirksamt anzuzeigen und muss eine Fragestellung Auf Bezirksebene wurden in Hamburg seit ihrer enthalten, die lediglich mit „Ja“ oder „Nein“ zu Einführung im Jahr 1997 bis 2020 insgesamt 151 beantworten ist. Das Bezirksamt entscheidet über Bürgerbegehren initiiert, wobei es in 29 Fällen zu 34 die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens, § 32 Abs. einem Bürgerentscheid kam. 4 BezVG. Es kommt gemäß § 32 Abs. 3 BezVG zustande, wenn innerhalb von sechs Monaten seit Zudem ist auch hier, wie bei der direkten Demo- der Anzeige mindestens zwei oder drei Prozent kratie auf Landesebene, das Verfahren bekannt, der wahlberechtigten Einwohner im Bezirk – dies dass (Bezirks-)Politik mit Bürgerinitiativen Verein- 30 Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Drs. 21-5097 v. 21.03.2019, Anlage; Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Drs. 22- 0812 v. 20.02.2020, Anlage. 31 BIS/Landeswahlamt, Übersicht der Volksabstimmungen in Hamburg seit 1997, Stand: 07.12.2020 (abrufbar unter: https:// www.hamburg.de/contentblob/104078/1b66594f50b2f398acaeb7bb0cd9b469/data/volksabstimmungen-uebersicht.pdf). 32 David, HV Kommentar (Fn. 16), Art. 50, Rn. 7. 33 David, HV Kommentar (Fn. 16), Art. 50, Rn. 9. 34 Mehr Demokratie Hamburg, Bürgerbegehren in Hamburg (abrufbar unter: https://hh.mehr-demokratie.de/nc/themen/ direkte-demokratie/buergerbegehren/bisherige-buergerbegehren/). HAMBURGER BÜRGER:INNENBETEILIGUNGSBERICHT 2020
15 barungen trifft. Werden diese Einigungen von der in den Bezirken Altona, Eimsbüttel und Harburg. Bezirksversammlung als Beschluss angenommen, So gab es in den Jahren 2014/2015 in Altona müssen sie vom Bezirksamt umgesetzt werden. 42 Beteiligungsprojekte, in Eimsbüttel 58 und in 40 Diese „Bürgerverträge“ haben lediglich eine poli- Harburg vier. tische Bindungswirkung, geben den Vertrauens- leuten der Bürgerinitiative jedoch ein hohes Maß 3.2 Informelle Bürger:innen- an inhaltlicher Gestaltungswirkung. beteiligung, § 10 Hamburgisches Verwaltungsverfahrensgesetz Zwischen 1998 und 2018 wurde von 144 Bürger- (HmbVwVfG) begehrensverfahren 22 durch solche Kompromisse § 10 HmbVwVfG sieht die Nichtförmlichkeit 35 beendet. Insoweit ist auf die Balance zwischen des Verwaltungsverfahrens vor, wonach es ein- dem Einbringen von Partikularinteressen und der fach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist. Allgemeinwohlorientierung des Verwaltungshan- Der Verwaltung wird hiermit ein hohes Maß an delns zu achten. Verfahrensermessen verliehen, innerhalb des- sen sie verschiedenste Formen der informellen 3.1.4.5 § 33 BezVG – Kinder- und Jugend Bürger:innenbeteiligung nutzen kann. 41 beteiligung Seit dem Jahr 2006 sieht § 33 BezVG vor, dass Im Zeitraum zwischen 2012 und 2016 fanden in das Bezirksamt bei Planungen und Vorhaben, die Hamburg beispielsweise insgesamt 98 informelle 42 die Interessen von Kindern und Jugendlichen be- Beteiligungsverfahren statt. Wegen der Vielgestal- rühren, diese in angemessener Weise zu beteiligen tigkeit der Beteiligungsformate kann hier nur ein hat, wozu die Bezirksämter geeignete Verfahren beispielhafter Überblick über verschiedene projekt- 36 entwickeln sollen. bezogene Beteiligungsverfahren sowie eine Reihe längerfristiger Formate der Bürger:innenbeteiligung In diesem Bereich ging der Bezirk Eimsbüttel vo- gegeben werden. Einen Überblick über die the- ran, indem das Bezirksamt gemeinsam mit der matischen Schwerpunkte sowie die bevorzugten Bezirksversammlung im Jahr 2011 eine Ausfüh- Beteiligungsmethoden gibt folgende Tabelle 4, rungsvereinbarung zur Anwendung des § 33 BezVG die aus der im Jahr 2020 durchgeführte Umfrage 37 entwickelte und abschloss. Die Bezirke Bergedorf, entstandenen ist. Die eingeklammerten Zahlen Hamburg-Mitte und Altona zogen nach und ent- bilden die gemeldete Häufigkeit der Verfahren wickelten ebenfalls Ausführungsvereinbarungen. pro Jahr ab. In Hamburg-Nord, Wandsbek und Harburg wird § 33 BezVG dagegen nur durch Einzelmaßnah- 38 men umgesetzt. Regelhaft werden Kinder und Jugendliche in allen Bezirken nach den Vorgaben des § 8 Abs. 1 SGB VIII und bei Planungsprozessen 39 zu Spiel- und Sportanlagen beteiligt. Statistisch erfasst werden die Beteiligungsvorgänge lediglich 35 Übersicht zu Bürgerbegehren in: Mehr Demokratie Hamburg, Noch viel Luft nach oben, Anhang 2, S. 55 ff., Lfd. Nr. 2, 19, 22, 29, 39, 43, 59, 60, 67, 73, 86, 98, 121, 123-129, 133, 140 (abrufbar unter: https://hh.mehr-demokratie.de/fileadmin/ pdf/MD_HH/2018_09_10_BB_Hamburg_20Jahre_Broschu__re_web.pdf). 36 Bü-Drs. 21/3011 v. 02.02.2016, S. 1 37 Vereinbarung zwischen dem Bezirksamt und der Bezirksversammlung Eimsbüttel zur Anwendung des § 33 BezVG v. 13.07.2011 (abrufbar unter: https://www.hamburg.de/contentblob/3953082/c8bdeda90b429ade3017f3c5b291b049/ data/vereinbarung-zu-§33-bezvg.pdf). 38 Bü-Drs. 21/3011 v. 02.02.2016, S. 1 f. 39 Bü-Drs. 21/3011 v. 02.02.2016, S. 3. 40 Bü-Drs. 21/3011 v. 02.02.2016, S. 4 f. 41 Arndt, Die Bürgerbeteiligung im Allgemeinen Verwaltungsrecht, DVBl 1, 2015, 6 (6). 42 Bü-Drs. 21/7722 v. 24.02.2017, S. 2.
16 Fachbehörden Bezirksämter die Bürger:innenbeteiligung besonders relevanten Thematische Ressortspezifisch (Stadt-)Planung (im Projekte im Rahmen der Digitalstrategie namens Schwerpunkte Vorfeld zu §3 BauGB), „DIPAS“ und „3D-Stadtmodell“ werden vom LGV Quartiersentwicklung, 44 und der BSW bearbeitet. RISE Formate/ Großveranstaltungen – Methodik (7) Eine der künftigen Aufgaben wird es in diesem (pro Jahr) Zusammenhang sein, die Planungs- und Beteili- Workshops (13) Workshops (92) gungskultur in Hamburg weiter auszubauen und Werkstattgespräche Werkstätten (18)/ (19) Runde Tische (7) neue Beteiligungsoptionen für die Bürger:innen zu erschließen. Hierfür sollen unter Berücksichtigung Online-Konsulationen/ Online-Konsulationen/ Befragungen (8) Befragungen/DIPAS bestehender Formate wie DIPAS neue Informa- (16) tions- und Partizipationsverfahren entwickelt und Foren (8) Foren (3) erprobt werden, unter Einbindung der Fachbehör- Kundenzentren Instagram-Abfrage/ den, der Bezirksverwaltung und des Amts für IT 45 Umfrage (laufend) Online-Abstimmung (3) und Digitalisierung. Beiräte (grds. 12 pro Beiräte (ca. 3–7 Beiräte Beirat) pro Bezirk mit 6–12 3.2.2 Fachbehörden Sitzungen pro Jahr) Die Umfrage zu Bürger:innenbeteiligung in der Tabelle 4: Überblick thematische Schwerpunkte und hamburgischen Verwaltung im Jahr 2020 ergab, Methoden der Bürger:innenbeteiligung in Hamburg dass informelle Bürger:innenbeteiligung in der BSW, BUKEA, FB, BVM, BAGSFI, und BKM statt- Aus der Tabelle ergibt sich, dass insbesondere findet, vgl. Tabelle 5. Workshops und Werkstattgespräche beliebte Be- teiligungsformate sind. Digitale Beteiligung wird Fach Keine Formelle Informelle häufig zur Begleitung von Verfahren genutzt, stellt behörden BüBe BüBe BüBe bisher aber keinen Schwerpunkt in der Methodik BIS X dar. BJV X BSB X Im Folgenden werden für die Beteiligung relevante BWI X Verwaltungseinheiten mit beispielhaften Projekten BWFGB X dargestellt. BSW X X BUKEA X X 3.2.1 Senatskanzlei/Amt für IT und Digitalisierung (ITD) BVM X Der Hamburgische Senat führt selbst keine Be- BAGSFI X teiligungsverfahren durch. Er unterstützt jedoch BKM X die Verwaltung organisatorisch in diesem Bereich FB X und hat anschließend an die „Strategie Digitale Stadt“ von 2015 im Januar 2020 die „Digital- Tabelle 5: Überblick informelle Bürger:innen 43 strategie für Hamburg“ beschlossen, mit der beteiligung in den Fachbehörden in allen Lebensbereichen des Gemeinwesens die Digitalisierung in der Stadt vorangebracht wer- Im Folgenden werden die Fachbehörden mit ein- den soll. Die für die Stadtplanung und damit für zelnen, herausragenden Projekten dargestellt, um 43 Senatskanzlei, Digitalstrategie für Hamburg, 2020 (abrufbar unter: https://static.hamburg.de/fhh/epaper/digitalstrate- gie/#0). 44 Senatskanzlei, Pressearchiv, Senat beschließt Digitalstrategie für Hamburg, 2020 (abrufbar unter: https://www.hamburg. de/pressearchiv-fhh/13512468/digitalstrategie-fuer-hamburg/). 45 Senatskanzlei, Digitalstrategie für Hamburg, 2020, S. 42 (abrufbar unter: https://static.hamburg.de/fhh/epaper/digital- strategie/#0). HAMBURGER BÜRGER:INNENBETEILIGUNGSBERICHT 2020
17 einen Überblick über Hintergründe und Art der Ver- (2) Stadtwerkstatt fahren zu geben. Die thematischen Schwerpunkte Im Jahr 2012 hat der Hamburger Senat auf Ersu- der Projekte sind stets spezifisch am Ressort der chen der Bürgerschaft beschlossen, eine „Ham- jeweiligen Fachbehörde ausgerichtet. burger Stadtwerkstatt“ einzurichten, mit der „eine neue Planungskultur in Hamburg“ gefördert werden 3.2.2.1 Behörde für Stadtentwicklung sollte. Hierzu sollten zusätzlich zu der im BauGB und Wohnen (BSW) formell vorgesehenen Bürger:innenbeteiligung ver- Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen stärkt informelle Beteiligungsverfahren in sehr weist aufgrund ihres stadtplanerischen Themen- frühen Planungsphasen entwickelt und durchge- 51 schwerpunktes besonders viele verschiedene An- führt werden. sätze im Bereich der Bürger:innenbeteiligung auf. Die Stadtwerkstatt operiert auf drei Ebenen. Sie (1) Projekte fungiert als Dach für Diskussionsveranstaltungen Es gibt vier Entwicklungsprojekte im Amt für Lan- zu Themen vom gesamtstädtischem Interesse, 46 desplanung und Stadtentwicklung der BSW, die für Informations- und Partizipationsverfahren im aufgrund ihrer übergeordneten Bedeutung für die Verantwortungsbereich der Bezirke sowie Infor- Entwicklung Stadt auf dieser ministeriellen Ebene mations- und Partizipationsverfahren im Verant- angesiedelt sind. wortungsbereich des Senates. (Anm.: Verfasser: 52 gemeint sind die Bezirksämter) Projektgruppe HafenCity 47 Projektgruppe Planung Mitte Altona 48 Als Stabsstelle berät und unterstützt die Stadt- Projektgruppe Deckel A7 49 werkstatt bei Bedarf alle planungsverantwortlichen Projektgruppe Sprung über die Elbe 50 Stellen in der Hamburger Verwaltung sowie die städtischen Projekentwicklungsgesellschaften oder Die Projekte verfügen über eigene Homepages, städtischen Unternehmen. Auch das Label „Stadt- Newsletter und Projektzeitungen, über die die werkstatt“ kann für einzelne Beteiligungsverfah- Öffentlichkeit sich informieren kann. Zudem wer- ren genutzt werden, z. B. für die „Stadtwerkstatt den nach Bedarf Informationsveranstaltungen Moorfleet“ (2019). Unabhängig von konkreten angeboten und jeweils ergänzend zum formellen Planungsvorhaben entwickelt die Stadtwerkstatt Beteiligungsverfahren mit externen Dienstleistern für die Hamburger Verwaltung Methoden und In- wie der steg (Stadterneuerungs- und Stadtentwick- strumente zur Bürgerbeteiligung, wie z. B. DIPAS lungsgesellschaft Hamburg mbH) und Urbanista (s.u.). Für die Bezirksämter stellt die Stadtwerk- Beteiligungsformate entwickelt und angeboten. statt ein Angebot dar, das individuell in Anspruch genommen werden kann. 46 Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Amt für Landesplanung und Stadtentwicklung, Organigramm, 2020 (abrufbar unter: https://fhhportal.ondataport.de/websites/0044/Organisation/OrganigrammeBSW/Amt-f%C3%BCr-Landesplanung- und-Stadtentwicklung.pdf). 47 Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Projekte, HafenCity (abrufbar unter: https://www.hamburg.de/stadtplanung/ projekte/hafencity/) 48 Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Entwicklungen rund um den Diebsteich und in Mitte Altona (abrufbar unter: https://www.hamburg.de/diebsteich-mittealtona/10955308/einfuehrung-diebsteich-mitte-altona/). 49 Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Freiraum und Ruhe, neue Grünflächen auf der A 7, 2020 (abrufbar unter: https:// www.hamburg.de/contentblob/13964576/fe1280184bdc11188afaa9cd636de66c/data/d-broschuere-%E2%80%9Efreiraum- und-ruhe-%E2%80%93-neue-gruenflaeche-auf-der-a-7%E2%80%9C-mai-2020.pdf). 50 Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Projekte, Sprung über die Elbe (abrufbar unter: https://www.hamburg.de/ sprung-ueber-die-elbe/) 51 Bü-Drs. 20/3939 v. 24.04.2012, S. 1 f.; Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Was ist die Stadtwerkstatt? (abrufbar unter: https://www.hamburg.de/aufgabe/3364678/was-ist-stadtwerkstatt/). 52 Bü-Drs. 20/3939 v. 24.04.2012, S. 4 f. (Anm.: Mit „Bezirke“ gemeint sind die Bezirksämter. Die umgangssprachliche Bezeich- nung dieser Ämter als „Bezirke“ ist weit verbreitet, aber oft irreführend, da „Bezirke“ im Hamburgischen Verfassungsrecht eine ausschließlich räumliche Bedeutung haben.)
18 Abbildung 2: Überblick Handlungsfelder der Stadtwerkstatt Aktuelle Beispiele für Planungsprojekte mit ge- gen digitale Karten, Luftbilder, Pläne, 3D-Modelle samtstädtischer Bedeutung sind die Projekte und Geodaten abrufen und konkretes Feedback zu 53 54 Oberbillwerder und Grasbrook , bei welchen Planungsvorhaben geben. Nachdem DIPAS bereits neue Stadtteile für Hamburg entstehen sollen. während der Entwicklung beispielweise bei den Grasbrook-Werkstätten erprobt wurde, steht es (a) Projekt Digitale Partizipation (DIPAS) seit Anfang 2021 allen Hamburger Behörden sowie den städtischen Gesellschaften und Unternehmen Das Projekt Digitales Partizipationssystem (DIPAS) zur Verfügung. Die open-source-Software wurde wurde im Nachgang des Projektes „Finding Places“ außerdem unter http://www.dipas.org/ auch für im September 2017 gestartet. Es verbindet das die Nachnutzung durch andere Kommunen oder seit 2016 in Hamburg eingesetzte Online-Beteili- wissenschaftliche Einrichtungen bereitgestellt. gungstool, das von der Stadtwerkstatt zusammen Nach dem Abschluss des ursprünglichen For- mit dem des Landesbetrieb für Geoinformation schungs- und Entwicklungsprojektes Ende 2020 und Vermessung (LGV) entwickelt wurde, mit dem wird DIPAS durch die Stadtwerkstatt und den LGV Konzept der vom CityScienceLab der HCU im kontinuierlich weiterentwickelt. Rahmen von „Finding Places“ verwendeten di- gitalen Stadtmodelle. Die Online-Komponente (b) Civitas Digitalis zusammen mit der Vor-Ort-Komponente, die auf mobilen, digitalen Datentischen läuft, bilden so Das Projekt Civitas Digitalis steht im Zusammen- ein medienbruchfreies System für die informelle hang mit der Entwicklung einer Smart City. Neben Bürger:innenbeteiligung. Die Bürger:innen können anderen Projektpartnern aus Kassel und München damit von zu Hause aus, mobil oder in Veranstaltun- waren in Hamburg die Universität Hamburg, die 53 Website Oberbillwerder (abrufbar unter: https://www.oberbillwerder-hamburg.de/). 54 Website Grasbrook (abrufbar unter: https://www.grasbrook.de/projekt-ueberblick/). HAMBURGER BÜRGER:INNENBETEILIGUNGSBERICHT 2020
19 58 Stadtwerkstatt und der LGV beteiligt. Es startete festgelegt sind. Zur Konkretisierung dienen als eigenständiger Chat- oder Eingabebot und die Globalrichtlinie RISE, die Förderrichtlinien hat zum Ziel, die Entwicklung neuer Angebote RISE sowie Leitfäden für die Praxis. für die Smart Service Stadt der Zukunft zu för- dern. Durch die Mitwirkung der Bürger:innen an Die Stärkung der Mitwirkungsmöglichkeiten und der Stadtentwicklung soll deren Lebensqualität der Eigenaktivität der Bewohner:innen gehört 55 gesteigert werden. Der Fokus des Projekts lag zu den gesamtstädtischen Leitzielen von RISE. auf der Frage, wie man Beiträge von Bürgern, die Zentrales Anliegen ist es, klassisch auf Papierzettel geschrieben werden, digital übersetzen kann. Der „Facilibot“ ermög- Bewohnerinnen und Bewohner sowie sonstige licht nun die Eingabe von Beiträgen, während Akteurinnen und Akteure zu motivieren, an der das „Faciliboard“ als Dashboard die Analyse und Entwicklung des Quartiers, einzelner Projekte 56 Evaluation der Beiträge unterstützt. So können oder Aktivitäten mitzuwirken, die Bürger:innen bei Präsenzveranstaltungen bei- den sozialen Zusammenhalt im Gebiet zu stär- spielweise einen QR-Code scannen und direkt ken, ihre Beiträge über den Facilibot abgeben. Der an vorhandene örtliche Potenziale anzuknüpfen, protoypische Chatbot kam erstmals im Rahmen Netzwerke zu stärken und weiter auszubauen des Beteiligungsverfahrens im November 2018 sowie um die Planungen zum Grasbrook zum Einsatz. 57 dauerhaft tragfähige Strukturen für die Zeit nach der Förderung zu etablieren, so dass eine 59 Komponenten von Civitas Digitalis wurden mitt- Verstetigung der Beteiligung erzielt wird. lerweile in DIPAS integriert. In den RISE-Fördergebieten werden die (3) Quartiers- und Stadtteilentwicklung Bewohner:innen und Akteur:innen des Quar- (a) Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilent- tiers umfassend an der Gebietsentwicklung wicklung (RISE) beteiligt. Regelhaft wird ein/e externe/r Gebietsentwickler:in eingesetzt, der/die Das Rahmenprogramm Integrierte Stadtteil- im Quartier ein Stadtteilbüro betreibt, das entwicklung (RISE) fasst die Programmseg- Bewohner:innen als Informations- und An- mente der Bund-Länder-Städtebauförderung laufstelle dient und es wird ein Stadtteil- bzw. unter einem Dach zusammen. Quartiere mit Quartiersbeirat gebildet. besonderem Entwicklungsbedarf sollen städ- tebaulich aufgewertet und sozial stabilisiert Nach Möglichkeit werden alle im Gebiet lebenden werden. Aktuell werden in Hamburg 27 RISE- Bevölkerungs- und Sozialgruppen, insbesondere Quartiere unterstützt, die in den verschiedenen auch Menschen mit Migrationshintergrund, in Programmen der Bund-Länder-Städtebauför- den Gebietsentwicklungsprozess einbezogen. derung festgelegt sind. Insgesamt werden 33 Darüber hinaus sollen die Akteur:innen vor Ort Fördergebiete gezählt, da einige Quartiere in wie z.B. Initiativen, Vereine, Institutionen und mehreren Programmen der Städtebauförderung Träger sowie Gewerbetreibende und Unter- 55 Website Civitas Digitalis (abrufbar unter: https://civitas-digitalis.informatik.uni-hamburg.de/); Website Civitas Digitalis, Projektpartner (abrufbar unter: https://civitas-digitalis.informatik.uni-hamburg.de/ueber-uns/projektpartner/). 56 Website Civitas Digitalis, Bürgerbeteiligung und Künstliche Intelligenz (abrufbar unter: https://civitasdigitalis.fortiss.org/#/). 57 Handlungsbroschüre zum Verbundforschungsprojekt Civitas Digitalis, 2020, S. 81 (abrufbar unter: https://civitas-digitalis. informatik.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/2019/11/Handlungsbrosch%C3%BCre-zum-Verbundforschungsprojekt- Civitas-Digitalis.pdf). 58 Stand: Oktober 2021. Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Karte und Liste der Fördergebiete (abrufbar unter: https://www.hamburg.de/karte-und-liste-der-foerdergebiete/). 59 Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Leitfaden zur Beteiligung in der Integrierten Stadtteilentwicklung, S. 8 (abrufbar unter: https://www.hamburg.de/contentblob/4327560/db33e793ce8d6819912874a52336986d/data/leitfaden-rise- beteiligung-pdf-download.pdf).
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