HANDELN - FREIWILLIGENARBEIT ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE HONDURAS

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HANDELN - FREIWILLIGENARBEIT ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE HONDURAS
MAI 2019

HANDELN
DAS MAGAZIN DES HILFSWERKS DER EVANGELISCHEN KIRCHEN SCHWEIZ

FREIWILLIGENARBEIT                            HONDURAS
                                              Ausverkauf eines Landes
ENGAGIERT FÜR
                                              «HEKS-VISITE»
GEFLÜCHTETE                                   Im Einsatz für Langzeitarbeitslose
HANDELN - FREIWILLIGENARBEIT ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE HONDURAS
INHALT

                                                                                            IMPRESSUM
                                                                                            NR. 344 / MAI 2019
                                                                                            HANDELN
                                                                                            Das Magazin des Hilfswerks
                                                                                            der Evangelischen Kirchen
                                                                                            Schweiz
                                                                                            Erscheint 4­mal jährlich

                                                                                            AUFLAGE
                                                                                            49 000

                                                                                            REDAKTIONSLEITUNG
                                                                                            Dieter Wüthrich (dw)

                                                                                            REDAKTION
                                                                                            Bettina Filacanavo (fb)

                                                                                            BILDREDAKTION
                                                                                            Toni Bernet

                                                                                            TITELBILD
HEKS unterstützt im Süden von Honduras Projekte zur Entwicklung ländlicher Gemeinschaften   Corina Flühmann
und zum Schutz und zur Verteidigung der Menschenrechte. Foto: Sabine Buri
                                                                                            KORREKTORAT
                                                                                            korr.ch

                                                                                            GESTALTUNG
                                                                                            Joseph Haas und
                       THEMA                                                                Corinne Kaufmann­Falk,
                                                                                            Zürich
                             Freiwilliges Engagement für Geflüchtete
                                                                                            DRUCK
                             Damit das freiwillige Engagement nicht an                      Druckerei Kyburz AG,
                             fehlenden Einsatzideen scheitert, hat HEKS die Plattform       Dielsdorf
                             www.engagiert.jetzt aufgebaut.
                                                                                            PAPIER
                                                                                            Refutura / Recycled / FSC
                        IN DIESER NUMMER
                                                                                            ABONNEMENT
                                                                                            CHF 10.– / Jahr
                        3    Editorial                                                      wird jährlich einmal von
                                                                                            Ihrer Spende abgezogen
                        4    Engagiert
                             Wo Freiwillige und Geflüchtete zusammenfinden                    ADRESSE
                                                                                            HEKS
                        9    Patenschaft                                                    Seminarstrasse 28
                             Sauberes Wasser für alle                                       Postfach
                                                                                            8042 Zürich
                       10    Honduras                                                       Telefon 044 360 88 00
                             Ausverkauf eines Landes                                        Fax 044 360 88 01
                                                                                            E­Mail info@heks.ch
                       16    Arbeitsintegration                                             www.heks.ch
                             20 Jahre «HEKS-Visite»                                         www.eper.ch

                       18    Jahresrückblick                                                HEKS-SPENDENKONTO:
                                                                                            Hilfswerk der Evangelischen
                        20 Anwaltschaft                                                     Kirchen Schweiz
                           HEKS erhält zwei Rechtsschutzmandate                             PC 80­1115­1

                        21 Persönlich
                           Tilla Jacomet im Gespräch

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HANDELN - FREIWILLIGENARBEIT ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE HONDURAS
EDITORIAL

             LIEBE LESERIN
             LIEBER LESER

«Es soll sich regen, schaffend handeln     2018 Aufwand und Ertrag in ein Un­
Erst sich gestalten, dann verwandeln       gleichgewicht, das mit einem Abbau von
Nur scheinbar stehts Momente still         angespartem Kapital aus unseren Fonds
Das Ewige regt sich fort in allen          kompensiert wurde. Um mittelfristig, das
Denn alles muss in Nichts zerfallen        heisst bis Ende 2020, einen weiteren
Wenn es im Sein beharren will»             Fondsabbau zu verhindern und damit
                                           eine Trendwende zu erreichen, haben
Geschrieben hat dieses Gedicht mit dem     Stiftungsrat und Geschäftsleitung eine
bezeichnenden Titel «Dauer im Wech­        Reihe von Massnahmen eingeleitet. Wel­
sel» einst Johann Wolfgang von Goethe.     che Auswirkungen diese auf unsere Pro­
Und vermutlich werden Sie sich nun fra­    jekte und Programme haben, erläutern
gen, was denn die Zeilen des berühmten     wir Ihnen auf Seite 22 dieser Ausgabe.
Dichterfürsten mit HEKS und unserer Ar     Allen erschwerten Bedingungen zum
beit zu tun haben. Nun, Goethes Wor­       Trotz werden wir aber unser wichtigs­
te beschrei­ben recht treffend eine der    tes Ziel und die uns von Ihnen gestellte
grossen Herausforderungen, denen sich      Aufgabe niemals aus den Augen verlie­
unser Hilfswerk immer                                         ren: HEKS wird sich
wieder von Neuem zu
stellen hat. Auch wir
                           «Wir müssen be­                    auch in Zukunft in
                                                              rund 300 Projekten in
müssen uns in unse­      reit sein, Vertrautes                28 Ländern weltweit
rer Arbeit im In- und                                         und in der Schweiz für
Ausland flexibel an        und Gewohntes                       eine gerechtere Welt,
sich teilweise rasant
ändernde Rahmenbe­
                           kritisch zu hinter­                für ein Leben in Wür­
                                                              de für benachteilig­
dingungen in einem       fragen, neue Wege                    te Menschen und für
hoch kompetitiven                                             den Schutz der Men­
Um­feld anpassen. Und      zu beschreiten.»                   schenrechte einsetzen.
wir müssen bereit sein,                                       So etwa im Rahmen
Vertrautes und Gewohntes kritisch zu       unseres Engagements für Kleinbauern
hinterfragen, neue Wege zu beschreiten,    und indigene Gemeinschaften in Hondu­
innovativ zu bleiben und sich bietende     ras (Seiten 10–13) oder auch mit unserer
Opportunitäten zu nutzen. Täten wir es     Vernetzungsplattform für Freiwilligenar­
nicht, könnten wir längerfristig auch im   beit mit geflüchteten Menschen hier in
Kleinen nichts Grosses mehr bewirken für   der Schweiz (Seiten 4/5).
über eine Million Menschen hier in der     Mehr denn je sind wir auf dem Weg zu
Schweiz und in 28 Ländern der Welt.        diesem Ziel auf Ihre wohlwollende Beglei­
HEKS sieht sich aktuell mit einer wirt­    tung und Ihre grosszügige Unterstützung
schaftlich anspruchsvollen Situation       angewiesen. Dafür, dass wir auch in Zu­
konfrontiert. Einerseits bedingt durch     kunft auf Sie zählen dürfen, danke ich
einen spürbaren Rückgang der Spen­         Ihnen von Herzen.
denerträge im Jahr 2018, andererseits
waren im Inland verschiedene unserer
Dienstleistungen im Rahmen kantonaler                            Peter Merz
Leistungsvereinbarungen nicht vollum­                            Direktor
fänglich kostendeckend. Und drittens
schliesslich wurden bei Ausschreibungen
um neue Mandate im In- und Ausland
das eine oder andere Mal nicht wir, son­
dern unsere Mitbewerber berücksichtigt.
Als Summe aller dieser Faktoren gerieten

                                                                                       3
HANDELN - FREIWILLIGENARBEIT ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE HONDURAS
ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE

            WO FREIWILLIGE UND
            GEFLÜCHTETE ZUSAMMEN-
            FINDEN
            Fast die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer engagieren sich ehrenamtlich
            in unserer Gesellschaft. Das tun sie nicht nur in Vereinen, Parteien oder in der Pfle-
            ge, sondern immer mehr auch für geflüchtete Menschen, wie eine Umfrage von
            HEKS zeigt.
            Text Andrea Oertli

In der Schweiz leisten 42,7 Prozent der über 15-jährigen Bevöl-
kerung Freiwilligenarbeit, sei es zum Beispiel in Sportvereinen,
Parteien und Kirchgemeinden, sei es bei der Pflege von Bekann-
ten oder Verwandten oder in der Nachbarschaftshilfe. Doch
unabhängig davon, wo sie stattfindet: Die Freiwilligenarbeit
leistet einen elementaren Beitrag zum sozialen Zusammenhalt
in der Schweiz.

Freiwillig für Geflüchtete
Und wie sieht das Freiwilligenengagement im Flüchtlingsbereich
aus? Um dies herauszufinden, hat das Meinungsforschungsun-
ternehmen «DemoSCOPE» im Auftrag von HEKS eine repräsen-
tative Umfrage durchgeführt. Diese zeigt: Zwei Drittel der
Schweizer Bevölkerung (64%) haben sporadisch oder regelmäs-
sig Kontakt zu Geflüchteten. Von diesen Personen haben sich
24 Prozent, also jede vierte Person, bereits einmal für Flüchtlinge
engagiert. Vier Prozent tun dies sogar regelmässig. Das Enga-
gement findet vor allem in Form von gemeinsamen sozialen
Aktivitäten (Kochen, Sport etc.), Freizeitangeboten für Kinder, re-
gelmässiger Alltagsbegleitung, Sprachförderung oder Unterstüt-
zung bei der Arbeitssuche statt. Von den Personen, die sich bis-
her noch nie für Flüchtlinge engagiert haben, würde dies über
ein Drittel (38%) gerne tun. Diese Personen hatten bisher keine
Zeit (24%), der Kontakt zu einer geflüchteten Person hatte sich
nicht ergeben (50%) oder es fehlte die Idee, wie oder wo sie sich
engagieren könnten (5%).

240 Freiwillige für HEKS
Auch HEKS arbeitet in verschiedenen Integrationsprojekten in
der Schweiz mit Freiwilligen: Freiwillige üben mit MigrantInnen
deutsche Konversation, gärtnern zusammen mit Flüchtlingsfrau-
en in den HEKS-Gartenprojekten oder unterstützen die Rechts-
beratungsstellen für Asylsuchende bei der Verteilung von Erstin-
formationen. Im Jahr 2018 haben sich 240 Freiwillige während
insgesamt 18 153 Stunden für HEKS engagiert. Sie ergänzen und         Freiwillige des Vereins «voCHabular» unterstützen mit ihrem Lehrmittel Flüchtlinge
bereichern die professionelle und bezahlte Arbeit.                    beim Hoch- und Schweizerdeutsch Lernen. Flüchtlinge und Einheimische erstellen
                                                                      das Lehrmittel gemeinsam. Foto: Corina Flühmann

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HANDELN - FREIWILLIGENARBEIT ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE HONDURAS
Gemeinsame Freizeitbeschäf­
                                                                                   tigung: Wenn im Winter die
                                                                                   HEKS-Gärten ruhen, treffen
                                                                                   sich Flüchtlinge und Freiwillige
                                                                                   in der Werkstatt. Gesprochen
                                                                                   wird wenn immer möglich
                                                                                   Deutsch. Foto: Cédric Steiger

                                                                                   Von A wie «Arbeitssuche» bis Z wie «Zopf»
                                                                                   Der Einsatz von Freiwilligen hingegen ist eine wichtige Ergän­
                                                                                   zung: Was steht genau in diesem Brief von der Gemeinde? Wel­
                                                                                   che Lehrberufe gibt es in der Schweiz? Und was ist eigentlich
                                                                                   ein Zopf? Freiwillige sind für geflüchtete Menschen wichtige
                                                                                   Ansprechpersonen für solche alltäglichen Fragen und Sorgen.
                                                                                   Zudem verfügen Freiwillige über persönliche Netzwerke, die sie
                                                                                   oft für MigrantInnen öffnen und so weitere wertvolle Kontakte
                                                                                   ermöglichen: Der Onkel hat vielleicht ein Velo abzugeben, in der
                                                                                   Bäckerei der Schwester kann eine Schnupperlehre absolviert
                                                                                   werden, und die Nachbarsfamilie hat noch eine funktionierende
                                                                                   Kinder-Skiausrüstung im Keller. Schliesslich findet Integration
                                                                                   auch bei gemeinsamen Aktivitäten statt: Zum gemeinsamen
                                                                                   Kochen, Wandern oder Fussballspielen gehört, dass miteinander
                                                                                   kommuniziert wird und die Regeln des Zusammenlebens ver­
                                                                                   handelt werden – und dies ganz nebenbei.

                                                                                   Eine Bereicherung für beide Seiten
                                                                                   Auch für die meisten Freiwilligen bedeutet ihr Engagement nicht
                                                                                   nur ein Geben. Die drei Doppelporträts auf den folgenden Sei­
                                                                                   ten erzählen, dass Freiwillige durch ihr Engagement auch viel
                                                                                   zurückbekommen: das Kennenlernen anderer Kulturen, eine
                                                                                   neue Perspektive auf die Schweiz und auf das Leben, eine sinn­
                                                                                   volle Aufgabe, bereichernde Begegnungen und nicht zuletzt
                                                                                   Freundschaften. Je nach Art des Einsatzes werden die Freiwilli­
                                                                                   gen zudem von gemeinnützigen Organisationen professionell
                                                                                   begleitet, geschult und von administrativem Aufwand entlastet.
Einmal in der Woche treffen sich in Russikon Einheimische und Zugezogene
                                                                                   Doch wie lässt sich ein passender Freiwilligeneinsatz für und mit
im «Café International» im Kirchgemeindehaus. Foto: Corina Flühmann
                                                                                   Geflüchteten finden?

                                                                                   Freiwillige und Geflüchtete zusammenbringen
                                                                                   Damit das persönliche Engagement nicht an fehlenden Einsatz­
            Der Staat bleibt in der Pflicht                                        ideen scheitert, hat HEKS die Plattform www.engagiert.jetzt
            Olivia Payo Moreno von der HEKS-Fachstelle Soziale Integration         aufgebaut. Dort finden interessierte Personen für sie passende
            betont, dass Freiwillige mit ihrem Engagement einen wertvollen         Einsatzmöglichkeiten, um Flüchtlinge im Schweizer Alltag zu
            gesellschaftlichen Beitrag leisten. Die Freiwilligenarbeit habe        unterstützen: Über 130 Organisationen und Vereine suchen auf
            aber auch Grenzen, insbesondere im Integrationsbereich, sagt           dieser Plattform ehrenamtliche Mitarbeitende für ihre Flücht­
            Payo Moreno: «Freiwilligenarbeit kann nicht den staatlichen Ver­       lingsprojekte in verschiedenen Regionen der Schweiz. Die Ein­
            sorgungsauftrag übernehmen.» Grundlegende Dienstleistungen             sätze finden wöchentlich oder monatlich, regelmässig oder ein­
            wie das interkulturelle Dolmetschen, die soziale Arbeit, die Pfle­     malig statt. Die Aktivitäten sind vielfältig, immer im Zentrum
            ge sowie Bildungs- und Sprachförderungsangebote seien Auf­             steht die Begegnung und die Freude am gegenseitigen Kennen­
            trag des Staates und müssten daher unbedingt professionell,            lernen. Bestimmt ist auch in Ihrer Region etwas für Sie dabei.
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                                                                                                                                                     5
HANDELN - FREIWILLIGENARBEIT ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE HONDURAS
ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE

                      GEMEINSAM ZU
                      EINER ERFOLGREICHEN
                      INTEGRATION
                      Wir haben Freiwillige und Geflüchtete getroffen, die sich jeweils in einem Projekt
                      kennengelernt haben und nun gemeinsam ein Stück des Integrationsweges ge­
                      hen, der für Menschen aus einer anderen Kultur und ohne Sprachkenntnisse
                      nicht immer einfach ist.
                       Text Nina Fink
                       Fotos Corina Flühmann und Cédric Steiger

AZIMA REZAI UND RUTH KELLER,
«HEKS NEUE GÄRTEN»

Azima Rezai und Ruth Keller lernten sich
beim HEKS-Projekt «Neue Gärten» in
Winterthur kennen. Um die Integration
von geflüchteten Frauen zu fördern, pach-­
tet HEKS an verschiedenen Standorten
Gartenparzellen und bewirtschaftet diese
zusammen mit den Migrantinnen. Dabei
stehen neben der Freude an der Garten­
arbeit auch der soziale Kontakt und der
Austausch auf Deutsch im Zentrum. Das
HEKS-Projekt gibt den geflüchteten Frau­
en und ihren Kindern Raum, um in der              Foto: Cédric Steiger
Schweiz Wurzeln zu schlagen. So auch
Azima Rezai, die mit ihrer Familie vor vier      Winterthur erfahren. Sie findet, dass es     Flüchtlinge engagiert.» Die beiden Frauen
Jahren aus Afghanistan in die Schweiz            für eine erfolgreiche Integration immer      trafen sich bald nicht mehr nur im Garten,
geflüchtet ist. Vor allem die fremde Spra­       zwei Seiten braucht. Diese Einstellung hat   sondern auch für Spaziergänge und Aus­
che hat ihr anfangs Mühe bereitet. Die           sie neben ihrer Leidenschaft für Garten­     flüge auf den lokalen Markt. Unterdessen
Treffen mit Ruth im Garten haben ihr ge­         arbeit zum Mitmachen motiviert. Zudem        hat sich für Azima ein kleiner Traum er­
holfen, ihr Deutsch zu üben und zu festi­        sei das Engagement unglaublich berei­        füllt, sie konnte mit ihrer Familie in eine
gen. Ruth Keller hat vom Projekt durch           chernd: «Es kommt so viel Dankbarkeit        eigene Wohnung umziehen – mitsamt
ein Inserat der evangelischen Kirche in          und Freude zurück, wenn man sich für         eigenem Garten.

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HANDELN - FREIWILLIGENARBEIT ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE HONDURAS
BODOUR KELSANI UND HILDEGARD
SCHMUTZ, «CAFÉ INTERNATIONAL»
RUSSIKON

Bodour Kelsani und ihr Mann Nour haben
Hildegard Schmutz im «Café Internatio­
nal» im Kirchgemeindehaus in Russikon
kennengelernt. Das Café wurde 2016 von
zwei Frauen ins Leben gerufen. Ein Be­
gegnungsort für neue und alteingeses­
sene RussikerInnen. Jeden Freitag treffen
sie sich zu Kaffee und Kuchen, für Spiel­
nachmittage oder für gemeinsame kuli­
narische Erlebnisse. Das Ankommen in
der Schweiz war für die syrische Fami­lie
nicht einfach. Vor allem die Sprache          Foto: Corina Flühmann
machte es schwierig, neue Kontakte zu
knüpfen. Da war das «Café International»      wir einen Brief nicht verstehen, können      Deutschlernen und lernt dabei selber im­
eine wichtige soziale Stütze. Bodour Kel­     wir ihn mitnehmen und Hildegard ver­         mer wieder Neues: «Die Schicksale der
sani kam im Frühling 2016 mit ihrem im        sucht, den Inhalt zu erklären. Auch die      Ge­flüchteten beschäftigen mich sehr.
Krieg schwer verletzten Mann und ihren        Kinder kommen sehr gerne hierher. Sie        Deshalb habe ich entschieden, mich beim
beiden Kindern in die Schweiz: «Im Café       fragen jeden Tag, ob wir heute ins ‹Café     ‹Café International› zu engagieren. Es ist
haben wir neue Leute vom Dorf kennen­         International› gehen». Hildegard Schmutz     wichtig, Geflüchtete zu unterstützen, da­
gelernt und sie helfen uns gerne. Wenn        unterstützt im Café Geflüchtete beim         mit Russikon auch bald ihr Zuhause wird.»

EDI DEMISSIE UND RHEA SCHILT-
KNECHT, VEREIN «VOCHABULAR»

Edi Demissie und Rhea Schiltknecht en­
gagieren sich beide beim Verein «voCHa-­
bular». Dieser erarbeitet kostenlose mul­
timediale Selbstlernmittel in Form von ge­
druckten Büchern und einer App, welche
sich insbesondere an geflüchtete Men­
schen richten. Im Gegensatz zu anderen
Lernmitteln fördert «voCHabular» neben
Hochdeutsch auch das passive Verständ­
nis des Schweizerdeutschen. Der Verein
will sich nicht nur für, sondern mit Ge­
flüchteten für eine interkulturelle Schweiz   Foto: Corina Flühmann
einsetzen. Rund die Hälfte der 72 Freiwil­
ligen, welche beim Projekt mitarbeiten,       Rhea Schiltknecht arbeiten aber nicht nur    geworden: «Ich war durch mein Privileg,
hat einen Fluchthintergrund. So auch Edi      freiwillig, um in dieser schwierigen Aus­    in der Schweiz geboren zu sein, geblen­
Demissie, der nach seiner Ankunft in der      gangslage eine Hilfestellung zu bieten.      det. Das Projekt setzt mir heute eine ‹Bril­
Schweiz vor sieben Jahren schnell fest­       Sie engagieren sich auch, weil das Projekt   le› auf, die es mir ermöglicht, andere Wel­
stellte, dass die Sprache eine grosse Hür­    tolle Begegnungen ermöglicht. Durch          ten zu erkennen», erzählt sie. «Dadurch
de ist: «Auch wenn man Hochdeutsch            diese Kontakte und die vielen Geschich­      habe ich angefangen, unser System als
gelernt hat, fühlt man sich isoliert, wenn    ten der Menschen mit Migrationshinter­       politische Bürgerin aktiver zu hinterfra­
die anderen Mundart reden.» Er und            grund ist Rhea Schiltknecht politischer      gen.»

                                                                                                                                     7
HANDELN - FREIWILLIGENARBEIT ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE HONDURAS
ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE

POLITISCH EINSTEHEN
FÜR GEFLÜCHTETE
Weltweit fliehen Menschen vor Gewalt und Verfolgung. Welche Ver­
antwortung bringt dies für uns in der Schweiz? Mit Kampagnen und
politischen Vorstössen trägt HEKS die Anliegen von Geflüchteten in
die Schweizer Politik und Gesellschaft – zuletzt mit einer Petition, mit
zwei parlamentarischen Motionen und mit einer Volksinitiative.
Text Andrea Oertli

HEKS setzt sich nicht nur in seiner Projektarbeit für geflüchtete   Parlamentarische Unterstützung von zwei National­
Menschen ein, sondern vertritt die Anliegen und Rechte von          rätinnen
Flüchtlingen auch in der Schweizer Öffentlichkeit und Politik. So   Um seine Forderungen zu verstärken, hat HEKS im Dezember
lautet der Auftrag an HEKS in seinem Stiftungsstatut. Im Früh­      2018 auch parlamentarische Unterstützung mobilisiert: Die bei­
ling 2018 hat HEKS deshalb gemeinsam mit der Schweizerischen        den Nationalrätinnen Lisa Mazzone (Grüne/GE) und Rosmarie
Flüchtlingshilfe (SFH) die Petition «Sichere und legale Fluchtwe­   Quadranti (BDP/ZH) reichten in der Wintersession 2018 parla­
ge in die Schweiz» gestartet.                                       mentarische Vorstösse für einen erleichterten Familiennachzug
                                                                    in die Schweiz bzw. für eine erleichterte Erteilung von humani­
Petition an den Bundesrat                                           tären Visa ein. Im Februar 2019 beantragte der Bundesrat die
Die Petition forderte, dass die Schweiz ihrer humanitären Ver­      Ablehnung beider Motionen, die Diskussion im Parlament steht
antwortung nachkommt und jährlich 10 000 geflüchtete Men­           allerdings noch aus.
schen aus den Flüchtlingslagern aufnimmt. Besonders schutz­
bedürftige Flüchtlinge, die vom UNO-Hochkommissariat für            Fluchtursachen bekämpfen – mit einer Volksinitiative
Flüchtlinge als solche anerkannt sind, sollen mit dem Flugzeug      Erfolgreich verläuft bisher die Korrektur-Initiative, die im Dezem­
direkt in die Schweiz einreisen können, ohne den lebensgefähr­      ber lanciert wurde und die HEKS als Mitglied der «Allianz gegen
lichen Fluchtweg auf sich nehmen zu müssen. Im Juni 2018 wur­       Waffenexporte in Bürgerkriegsländer» unterstützt. Die Initiative
de die Petition mit knapp 40 000 Unterschriften dem Bundesrat       verlangt, dass bei der Beurteilung von Kriegsmaterialexporten
überreicht.                                                         strengere Kontrollmechanismen greifen. Denn immer wieder
                                                                    kommt es vor, dass Schweizer Waffen in Bürgerkriegen zum
Der Bundesrat reagiert                                              Einsatz kommen und die Zivilbevölkerung treffen. Ganze Fami­
Ende November 2018 hat der Bundesrat nun vorgeschlagen,             lien werden dadurch zur Flucht aus ihrer Heimat gezwungen.
dass die Schweiz alle zwei Jahre eine fixe Anzahl von 1500 bis      HEKS ist dezidiert der Meinung, dass der Schutz der Zivilbevöl­
2000 schutzbedürftige Flüchtlinge aufnehmen soll. Der Vor­          kerung in Bürgerkriegsländern höher gewichtet werden muss
schlag wird in den aussenpolitischen Kommissionen beraten.          als wirtschaftliche Interessen und dass Waffenexporte in Bürger­
Geben diese grünes Licht, soll die Umsetzung ab 2020 starten.       kriegsländer daher verboten werden müssen.
HEKS-Direktor Peter Merz begrüsst zwar diesen Schritt in die
richtige Richtung, kritisiert jedoch, dass der Vorschlag des Bun­   Für die Korrektur-Initiative wurden bereits 100 000 Unterschrif­
desrates angesichts der anhaltenden, weltweiten Flüchtlingskri­     ten gesammelt, wenige tausend Unterschriften fehlen noch. Die
se zu wenig weit gehe. «Nebst einer Erhöhung des Aufnahme­          Sammelfrist endet am 11. Juni 2020.
kontingents braucht es weitere Erleichterungen für Flüchtlinge
und vorläufig aufgenommene Personen», so Merz.                      www.korrektur-initiative.ch

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HANDELN - FREIWILLIGENARBEIT ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE HONDURAS
PATENSCHAFT

   «JETZT GEHEN AUCH MEINE
   MÄDCHEN ZUR SCHULE»
    Die Bevölkerung Äthiopiens hat in den letzten Jahren den Klimawandel deutlich zu
    spüren bekommen. Die Trockenzeiten hielten länger an, und die Regenfälle waren
    heftiger. HEKS ermöglicht den Bewohnerinnen und Bewohnern von zehn Dörfern
    den Zugang zu sauberem Trinkwasser.
    Text Sara Baumann
    Foto HEKS

    Im äthiopischen Hochland leben die Men­           sie keine Zeit für die Schule.» Dabale hat   serkomitee gebildet, das für den rei­
    schen hauptsächlich von der Landwirt­             mitgeholfen, Rohrleitungen zu verlegen       bungslosen Betrieb und den Unterhalt
    schaft. Dank sauberem Wasser verbessert           und Zäune um die Wasserstellen zu bau­       der Wasseranlagen verantwortlich ist.
    sich ihre Gesundheit und ihre Lebensqua­          en. Sie hat an verschiedenen Schulungen      Ausgewählte Personen sind für den tech­
    lität. Vor allem die Frauen und Mädchen,          gelernt, einfache Reparaturen auszufüh­      nischen Unterhalt und die Reparaturen
    die für das Wasserholen zuständig sind,           ren und für den Unterhalt der Wasser­        von Pumpen und Solaranlagen verant­
    werden entlastet. Es sind insgesamt fast          hähne zu sorgen. Zudem hat sie vieles        wortlich. Schon bei der Planung wurde
    18 000 Menschen, die mit dem Projekt              über Hygienemassnahmen im Alltag er­         auf eine gute Koordination mit der staat­
    erreicht werden. Künftig soll hier kein           fahren. Heute können ihre Mädchen zur        lichen Wasserversorgung geachtet.
    Haushalt mehr über einen Kilometer oder           Schule.
    eine halbe Stunde zu Fuss von einer sau­                                                       HEKS hat auch vier Experten in den Be­
    beren Wasserstelle entfernt sein.                 Selbstverantwortung übernehmen               reichen Wasserversorgung, Elektrome­
                                                      HEKS arbeitet mit der lokalen Partner­       chanik und Spenglerei ausgebildet, die
    Schule statt Arbeit                               organisation «Gurmuu Development As­         auf Distriktebene agieren können. Für
    Auch für Dabale Belay und ihre drei Töch­         sociation» zusammen. Diese hat in der        das Wasser bezahlen die Familien einen
    ter war die Zeit vor dem Bau der Wasser­          Region zwei Wasserfassungen gebaut,          monatlichen Beitrag, der von den Wasser­
    versorgung in ihrem Dorf sehr anstren­            Wasserleitungen gelegt und Reservoirs        komitees verwaltet wird. Das Geld dient
    gend: «Wir mussten Wasser in schweren             mit solarbetriebenen Pumpen gebaut. In       als Reserve und wird dann gebraucht,
    Behältern von weit herholen. Unsere               den Dörfern sind Wasserstellen mit Was­      wenn etwas kaputtgeht. Wenn alles glatt
    Rücken zerbrachen fast dabei. Weil auch           serhähnen und Viehtränken eingerichtet       läuft, kann das Wassersystem auch wei­
    meine Mädchen helfen mussten, hatten              worden. In jedem Dorf hat sich ein Was­      ter ausgebaut werden.

                                                                                                      WERDEN SIE PATIN
                                                                                                      ODER PATE!

                                                                                                      Jährlich sterben rund 3,5 Millionen
                                                                                                       Menschen, weil sie kein sauberes
                                                                                                      ­Wasser zur Verfügung haben, obwohl
                                                                                                       der Zugang zu sauberem Wasser und
                                                                                                       sanitären Einrichtungen ein Menschen­
                                                                                                       recht ist. Mit der Patenschaft «Saube­
                                                                                                       res Trinkwasser» bauen Sie Brunnen,
                                                                                                      Zisternen, Wasserleitungen oder Latri­
                                                                                                       nen und schenken damit vielen Fami­
                                                                                                       lien ein wichtiges Stück Lebensqualität.
                                                                                                       Kontakt: Sara Baumann,
                                                                                                      Telelefon direkt 044 360 88 09,
                                                                                                       E-Mail patenschaften@heks.ch

Vor allem Frauen und Mädchen, die für das Wasserholen zuständig sind, profitieren von
den Brunnen im Dorf.
                                                                                                                                             9
HANDELN - FREIWILLIGENARBEIT ENGAGIERT FÜR GEFLÜCHTETE HONDURAS
Sie kämpfen für ihre
                                                                                                                    lebenswichtigen
                                                                                                               Ressourcen Land und
HONDURAS                                                                                                      Wasser: die Frauen von
                                                                                                                  Canton Suyapa im
                                                                                                               Süden von Honduras.

AUSVERKAUF EINES LANDES
Tausende von Kleinbauernfamilien im Süden Honduras’ kämpfen an unterschiedlichen
Fronten, um ihre Lebensgrundlage zu erhalten. Einerseits macht ihnen der Klimawan­
del zu schaffen, andererseits stehen sie einem grossflächigen Landraub gegenüber, den
die eigene Regierung vorantreibt.
Text Bettina Filacanavo
Fotos Sabine Buri

Juan Carlos Ordoñez und Henry Medardo        Das lassen wir nicht zu», so Juan Carlos       schen steht es schlecht. Der Staat fördert
Castillo Funéz stehen am Ufer des Flusses    Ordoñez. Vom Wasser des Rio Chiquito           Minen- und andere Grossprojekte inlän­
Rio Chiquito, einem Nebenarm des Flus­       leben rund 4000 Menschen. Das Berg­            discher und ausländischer Investoren stär­
ses Nacaome. Die beiden Landwirte aus        bauvorhaben in Canton Suyapa ist nur           ker denn je. Als Folge davon werden Bau­
der Siedlung Canton Suyapa, die zur Ge­      ein Beispiel für die Rücksichtslosigkeit der   ernfamilien von ihrem Land vertrieben,
meinde Pespire im Departement Cholu­         Mächtigen im Umgang mit der Landbe­            oder sie tragen die Folgen der Umweltbe­
teca gehört, zeigen die Stelle, wo die       völkerung im Süden von Honduras.               lastung und verlieren dadurch ihre exis­
schweren Maschinen eines Bergbauun­                                                         tenziell wichtigen Wasserquellen.
ternehmens schon mehrmals versucht           Der Kampf um natürliche Ressourcen
haben, ans Flussufer zu fahren. Aber die     Das Land, d.h. die Regierungsmacht, ist         Megaprojekte im Süden
BewohnerInnen haben sich ihnen mutig         in den Händen einer Elite, die über die         Im Süden von Honduras, wo HEKS mit
in den Weg gestellt.                         politische und wirtschaftliche Macht ver­      ­seinen Projekten tätig ist, herrscht ein
Bis jetzt wurde hier im Fluss noch kein      fügt und sich hemmungslos bereichert.           eigentlicher Ausverkauf des Landes. In
Material abgebaut. «Zuerst haben Inge­       Initiativen der Bevölkerung, grundlegen­        Namasigüe gibt es zum Beispiel sechs Ge­
nieure Proben aus dem Fluss genommen.        de Veränderungen wie Einhaltung der             meinden, die direkt vom gigantischen
Sie haben uns gesagt, hier solle lediglich   politischen und sozialen Menschenrechte        Solarprojekt «Los Prados» betroffen sind.
Baumaterial wie Sand und Gestein ausge­      zu erreichen, sind bisher immer wieder          Die lokalen BewohnerInnen hatten ein
hoben werden», sagt Juan Carlos Ordo-        gescheitert. Die Folge davon sind massive      friedliches Protestcamp gegen das Projekt
ñez. Doch die Dorfgemeinschaft schöpfte      Repressionen gegen Menschen, die sich           aufgebaut, welches jedoch von staatli­
Verdacht. Die Wahrheit ist, dass die Re­     für die nötigen Veränderungen einsetzen.        chen Sicherheitskräften gewaltsam auf­
gierung eine Abbaukonzession an ein aus-­    So wurde in den letzten Jahren unter            gelöst wurde. Als der Protest trotzdem
ländisches Bergbauunternehmen verge­         dem amtierenden Präsidenten eine Mili­          weiterging, wurden 24 BewohnerInnen
ben hat, weil es hier angeblich Gold gibt.   tärpolizei – der Garant für den Machter­        angeklagt.
«Wenn sie mit dem Abbau beginnen,            halt der Elite – aufgebaut und die demo­        Einschüchterung und Kriminalisierung
wird unser Wasser mit Chemikalien ver­       kratische Gewaltenteilung faktisch             friedlicher Proteste sind die bewährte
schmutzt und das Flussufer abgeholzt.        ausgehebelt. Um die Rechte der Men­            Taktik der Investoren, dies in Kooperation

10
Juan Carlos Ordoñez, Mit­arbeiter der HEKS-Partnerorganisation PRR,      Rubén Sebastian Romero Cadenas kämpft seit Jahren gegen
verteidigt mit seiner Familie und weiteren BewohnerInnen der Gemeinde    ein Bergbauprojekt in seiner Gemeinde El Triunfo. Er sammelt
Canton Suyapa das Wasser des Rio Chiquito gegen ein internationales      alle Artikel, die zum Thema in den Medien publiziert werden.
Bergbauunternehmen.

und unter dem Schutz der Regierung und          Monokulturen, die das CO2 -Problem des       reiche MenschenrechtsverteidigerInnen,
den Geldern der Investoren aus Nord­            Nordens lösen sollen und dabei die Le­       unter ihnen auch SprecherInnen von
amerika und Europa. In der Schweiz oder         bensgrundlagen der Kleinbauernfami­-         Kleinbauernorganisationen, werden im­
Europa geniesst die Solarenergie ein po­        lien und Indigenen zu zerstören drohen.      mer wieder Opfer von Gewalt.
sitives Image, bei solch grossen, landver­                                                   UN-Angaben zufolge weist Honduras
schleissenden Projekten wie in Honduras         Die Kleinbauernfamilien müssen ihre Le­      eine der weltweit höchsten Mordraten
kann sich ihre Nutzung für die betroffene       bensgrundlagen, das Land, den Wald,          auf. Einer, der täglich mit dieser Bedro­
Bevölkerung aber als katastrophal erwei­        das Wasser und die Küsten gegen Gross­       hung lebt, ist Edy Tábora von der HEKS-
sen. Neben den bisher bekannten Melo­           grundbesitzer und Grossunternehmen           Partnerorganisation «C-Libre», die sich in
nen-, Zuckerrohr- oder Palmölmonokul­           verteidigen. Die Wenigsten haben, ob­        Honduras für die Rechte der betroffenen
turen des Agrobusiness sind Solarparks          wohl sie schon seit vielen Generationen      Bevölkerung einsetzt. «Die Strategie des
gleichsam eine moderne Version von              das Land bebauen, eigene Landtitel. Zahl­    Staates, MenschenrechtsverteidigerInnen

                                                                                                                                        11
HONDURAS                                       der zu gewalttätigen Auseinandersetzun­
                                                      gen zwischen der lokalen Bevölkerung
                                                      einerseits und den bewaffneten Scher­
                                                      gen der Grossgrundbesitzer andererseits.

                                                       HEKS in Honduras
                                                       HEKS arbeitet bereits seit Jahren mit ver­
                                                       schiedenen Organisationen zusammen,
                                                       die sich für die Verteidigung der Men­
                                                       schenrechte, gegen willkürliche Enteig­                  HONDURAS
                                                       nungen, gegen Vertreibungen der loka­
                                                       len Bevölkerung – etwa bei Grossprojek-                      DER KAMPF UM
                                                      ­ten – oder gegen die Missachtung der                     NATÜRLICHE RESSOURCEN
                                                       Umweltgesetzgebung und der Menschen-
                                                       rechte einsetzen. Diese Zusammenarbeit
                                                       konnte in den letzten zwei Jahren weiter
                                                       ausgebaut und verstärkt werden. Zusam­
                                                       men mit seinen Partnerorganisationen
                                                       hat HEKS unter anderem einen wesentli­
                                                       chen Beitrag geleistet zum Aufbau und
Menschenrechtsverteidiger Edy Tábora von der HEKS-    zur Stärkung von Organisationen und
Partnerorganisation C-Libre.                           Netzwerken wie dem «Movimiento Am­
                                                       bientalista Social del Sur por la Vida»
                                                       (MASSVIDA), sowie zur Erarbeitung von
                                                      Schutz- und Selbstschutzmechanismen
      zu kriminalisieren, sie anzuzeigen, Straf­       für die betroffene Bevölkerung (auch in
      verfahren gegen sie einzuleiten und sie         Zusammenarbeit mit Peace Watch Swit­                   BELIZE              KARIBISCHES MEER

      so einzuschüchtern, breitet sich immer          zerland).
      mehr aus. Sie sind Übergriffen und Dro­          Die in der Vergangenheit von HEKS un­
      hungen ausgesetzt und sie werden als             terstützten Organisationen haben eine        GUATE-
                                                                                                                               HONDURAS
                                                                                                    MALA
      Verbrecher hingestellt», berichtet Edy Tá­       hohe Kompetenz in der Dokumentation
      bora. Der Staat versage darin, den Be­           von Rechtsverletzungen, in der Beratung
                                                                                                    EL SALVADOR
      drohten Schutz zu bieten und die Morde           und Begleitung von Fällen auf nationaler
      aufzuklären.                                     und internationaler Ebene, dem Aufbau                                          NICARAGUA

                                                       von Schutzmechanismen sowie der Ver­
      Gerade Kleinbauernfamilien und indige­           teidigung und des Schutzes der Men­
      ne Gemeinschaften verfügen häufig nicht          schenrechte. Diese Organisationen unter­
                                                                                                                       Bevölkerungszahl:
      über offiziell dokumentierte Landtitel.          stützen die Basisgruppierungen, mit
      Unsichere Eigentumsverhältnisse, Aushe­          denen HEKS im Süden des Landes zusam­                           9,5 Mio.
      belung der Rechte und demokratischen             menarbeitet. So leistet HEKS einen we­
      Strukturen zugunsten einer autokrati­            sentlichen Beitrag zur Stärkung einer ak­                  Davon leben in grosser Armut:
      schen Machtelite sowie Straflosigkeit für
      schwere Verbrechen führen immer wie­
                                                       tiven Zivilgesellschaft, die sich für die
                                                       Rechte der Landbevölkerung einsetzt.
                                                                                                                       6,0 Mio.
                                                                                                              HEKS konzentriert sein
                                                                                                          Engagement in Honduras auf
                                                                                                           ländliche Gemeinden in den
                                                                                                        Departementen Valle, Choluteca
            FLUCHT AUS DER ARMUT                                                                            und Francisco Morazán im
                                                                                                        Süden des Landes. Die Förderung
                                                                                                           ländlicher Gemeinschaften,
            Honduras ist eines der ärmsten Länder     Innen versuchen daher, dem Elend                   der Schutz und die Verteidigung
            Lateinamerikas. Rund zwei Drittel der     und der Perspektivlosigkeit zu entflie­               der Menschenrechte sowie
            Haushalte leben von einem Einkom­         hen, und riskieren Leib und Leben, um             die Katastrophenprävention und
            men unterhalb der nationalen Armuts­      über die Grenze in die USA zu gelan­                  die Soforthilfebereitschaft
            grenze und rund 40 Prozent gar in         gen. Wie dramatisch die Situation in              stehen im Zentrum der von HEKS
            extremer Armut. Die Einkommen sind        Hon­duras ist, zeigte die Karawane                    unterstützten Programme
            äusserst ungleich verteilt, das heisst,   Tau­sender Flüchtlinge im November                           und Projekte.
            es gibt wenige extrem Reiche und          2018, die via Mexiko zur Grenze der
            praktisch keine Mittelschicht. Das mit­   Vereinigten Staaten marschierte –
            telamerikanische Land verzeichnet         Männer, Frauen und Kinder. Diese Ka­
            ausserdem eine der weltweit höchsten      rawane ist Zeichen der Verzweiflung
            Mordraten. 98 Prozent der gewaltsa­       des honduranischen Volkes, das vor
            men Todesfälle werden zudem nicht         Armut und Gewalt fliehen muss.
            aufgeklärt. Zigtausende Honduraner­

       12
«WIR DÜRFEN NICHT
TRÄUMEN»
Nidia Gissela Castillo Funez ist Mitbegründerin der HEKS-Partnerorganisation
MASSVIDA in Honduras. MASSVIDA ist eine Basisorganisation im Süden von
Honduras, die die ländliche Bevölkerung aufklärt, informiert und juristisch
unterstützt. Mit der Menschenrechtsverteidigerin sprach Daniel Langmeier
vom Honduras Forum Schweiz*.
Interview Daniel Langmeier

                                              und machen regelmässig Öffentlichkeits­      Solarprojekt Prados I und II kämpfen.
                                              arbeit, wodurch wir mehr Menschen er­        Was ist dort der Stand?
                                              reichen und aufklären können.                In Namasigüe gibt es sechs Gemeinschaf­
                                                                                           ten, die direkt vom Mega-Solarprojekt
                                              Hat die Repression seit den Wahlen im        «Los Prados» betroffen sind. Die lokalen
                                              November 2017 zugenommen?                    BewohnerInnen hatten anfänglich ein
                                              Ja, die Situation ist alarmierend! Es war    fried­liches Protestcamp gegen das Projekt
                                              vor den Wahlen schon schwierig, sich zu      aufgebaut, welches jedoch von staatli­
                                              wehren. Aber im Süden von Honduras ist       chen Sicherheitskräften gewaltsam auf­
                                              die Situation heute noch viel schwieriger.   gelöst wurde. Gegen 24 BewohnerInnen
                                              Die Leute gingen hier zahlreich auf die      wurde Anklage erhoben wegen Nöti­
                                              Strasse und protestierten gegen die Präsi­   gung gegenüber der Bauherrin. Es ist
                                              dentschaftswahl. In Choluteca gibt es im-    noch offen, ob es zu einem Gerichtsver­
                                              mer noch jeden Mittwoch und Samstag          fahren kommt oder nicht.
                                              Proteste gegen die Menschenrechtsver­
                                              letzungen der amtierenden Regierung          (Anmerkung Redaktion) In diesem Mo­
                                              sowie die ständig steigenden Energie-,       ment wird das Interview durch einen Tele­
                                              Transport- und Lebensmittelkosten. Es        fonanruf unterbrochen und auf sehr tra­
                                              gibt noch immer Menschen, die geschla­       gische Weise wird die schlimme Situation
Nidia, wie kann MASSVIDA die Ge-              gen, verhaftet und kriminalisiert werden.    in Honduras unterstrichen: Ein Kollege
meinschaften im Süden von Honduras            Davon betroffen sind vor allem Menschen-     von Nidia aus Honduras berichtet, dass
unterstützen?                                 rechtverteidigerInnen (MRV), aber auch       der Menschenrechtsaktivist und lokale
Wir arbeiten mit nationalen Organisatio­      UmweltaktivistInnen. Sie alle gelten als     Widerstandsleader Reynaldo Reyes More­
nen wie «C-Libre» zusammen, die uns           Staatsfeinde und sind somit in den Augen     no, ermordet wurde. Reyes Moreno ge­
juristisch und journalistisch unterstützen.   des Regimes «Terroristen».                   hörte zur Gruppe von den 24 angeklag­
Weiter haben wir ein Netzwerk von An­                                                      ten lokalen BewohnerInnen, die gegen
wältInnen gegründet, das «Red de Aboga-       Können die Menschen ihr Land noch            das Solarprojekt «Los Prados» demonst­
das y Abogados Defensores de Derecho          verteidigen oder ist es zu gefährlich?       rierten.
Humanos», welchem ich als Direktorin          Wir MRV machen diese Arbeit aus Über­
vorstehe.                                     zeugung, wir fühlen eine Art Verpflich­
Wir verstehen uns als eine soziale Bewe­      tung. Aber die Sicherheit ist das grosse     *Daniel Langmeier, der dieses Interview führte,
gung. Wir nehmen am Leben der Ge­             Thema, welches uns am meisten Sorgen           koordiniert das Honduras Forum Schweiz und
meinschaften teil, erfahren von ihren Pro­    bereitet. Die meisten Menschen in Hon­         arbeited dadurch immer wieder mit HEKS zu­
blemen, zeigen Handlungsmöglich­keiten        duras, nicht nur MRV, fühlen sich unsi­        sammen. Er publiziert täglich einen Newsletter
                                                                                            zur Lage in Honduras und einen monatlichen
auf und begleiten sie langfristig. Um die     cher.
                                                                                             Bericht zur dortigen Menschenrechtssituation.
Menschen besser informieren zu können,                                                      Zurzeit beobachtet und dokumentiert er für
haben wir unsere Kommunikation verbes­        MASSVIDA begleitet auch die Bewoh-             HEKS die Vorfälle im Süden Honduras’ bezüg­
sert. Wir haben eine eigene Internetsite      nerInnen, die gegen das norwegische            lich der grossen Solarprojekte.

                                                                                                                                       13
Demokratische Republik Kongo: Masika Sibiholya
ist 71 Jahre alt. Sie lebt in der Provinz Nord-Kivu,
hat fünf Kinder und arbeitet viel auf dem Feld.
Dank dem HEKS-Projekt konnte sie sich der
Genossenschaft COOPROVEPA (Genossenschaft
der Produzenten und Verkäufer von Agrarpro-
dukten – von Kiwanja) anschliessen und wurde
wie die anderen Genossenschaftsmit­glieder in
der Saatgutaufbereitung, der Nach­erntetechnik
und der Landwirtschaft geschult.
SOZIALE INTEGRATION

                  HALT UND STRUKTUR
                  FÜR EIN AUS DEN FUGEN
                  GERATENES LEBEN
                  Was als Einmannbetrieb unter dem Namen «time-on» und mit einem kleinen Büro auf
                  dem verwaisten Areal der Maschinenfabrik Sulzer in Winterthur bescheiden begann,
                  hat sich im Laufe der Jahre zum grössten Einzelprojekt von HEKS im Inland entwickelt.
                  Ende 2018 konnte das Programm «HEKS-Visite» sein 20-jähriges Bestehen feiern.
                  Text Dieter Wüthrich
                  Fotos Sabine Buri

Gemäss dem Sozialbericht waren im Jahr 2017 im Kanton Zürich
48 893 Personen von Sozialhilfe abhängig – das entspricht einem
Anteil an der Gesamtbevölkerung des Kantons von 3,3 Prozent.
Gesamtschweizerisch waren es annährend 300 000 Personen.
Wahrlich kein Ruhmesblatt für das reichste Land der Welt. Die
meisten Menschen geraten unverschuldet in die Spirale von Er­
werbslosigkeit, Armut und Perspektivenlosigkeit. Und immer
mehr von ihnen finden aus unterschiedlichen Gründen nicht
mehr in die Spur eines – wie wir es gerne nennen – geregelten
Lebens mit einer festen Tagesstruktur und einem mit eigener
                                                                  Peter Schuetzelhofer hat dank seinem Einsatz auf dem «Quartierhof Wynegg»
Arbeit erwirtschafteten, existenzsichernden Einkommen.            wieder Anschluss an das gesellschaftliche Leben gefunden.

Für derzeit rund 600 Menschen im Kanton Zürich ist das Pro­
gramm «HEKS-Visite» deshalb oftmals so etwas wie ein Rettungs­
anker in ihrem aus den Fugen geratenen Leben. «HEKS-Visite»       Dies sei umso erfreulicher, als dass ja bei allen Teilnehmenden
ermöglicht ihnen einen auf ihre Bedürfnisse, Fähigkeiten und      die Prämisse gelte, dass ihre Reintegration in den Arbeitsprozess
Kompetenzen bestmöglich zugeschnittenen unentgeltlichen           nicht mehr möglich sei, betont Roland Bänziger nicht ohne Stolz.
Teilzeitarbeitseinsatz in einer gemeinnützigen Institution – im
Durchschnitt sieben Stunden pro Woche. «Es geht nicht darum,      Eine dieser Teilnehmenden bei «HEKS-Visite» ist Tigisti Tesfay.
die Leute über den Umweg solcher gemeinnütziger Einsätze          Sie engagiert sich als freiwillige Helferin in der Kinderbetreuung
wieder im ersten Arbeitsmarkt zu integrieren», betont Roland      des Vereins «Stägetritt» in Winterthur und in der Tagesbetreu­
Bänziger, der «HEKS-Visite» vor nunmehr 20 Jahren im Rahmen       ung der Schule «Rychenberg». «Ich liebe Kinder und möchte
seiner Ausbildung zum Sozialarbeiter «erfunden» und damit         mich zudem so gut wie möglich in der Schweiz integrieren und
anstelle des eigentlich vorgesehenen Zweitpraktikums in einer     mit Leuten in Kontakt sein», begründet die Mutter von drei eige­
bestehenden Institution gleich ein damals komplett neuartiges     nen Kindern ihr Engagement. Auch Peter Schuetzelhofer hat
Projekt lanciert hat. Das Ziel des «HEKS-Visite»-Programms sei    dank «HEKS-Visite» wieder Anschluss an das gesellschaftliche
vielmehr, den Teilnehmenden mit einem sinnstiftenden Arbeits­     Leben gefunden und sich durch seine Mitarbeit auf dem Quar­
einsatz wieder ein Stück ihres verloren gegangenen Selbstwert­    tierhof Wynegg, dem letzten Bauernhof im Kreis 8, eine neue
gefühls zurückzugeben, ihnen Kontakte zu anderen Menschen         Lebensperspektive geschaffen. «Die Arbeit hier gefällt mir sehr
und damit die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermög­     gut und ich möchte sie noch lange machen können», sagt er.
lichen, erklärt Roland Bänziger weiter.
                                                                  «Eine Win-win-Situation»
Gleichwohl sei es in den 20 Jahren seit der Lancierung des Pro­   Doch nicht nur er profitiert von seinem Freiwilligeneinsatz. Hans­
jektes gelungen, rund 10 Prozent aller Teilnehmenden in den       peter Landert, Leiter des Hofbetriebs Wynegg, spricht von einer
ersten Arbeitsmarkt zurückzubegleiten. Weitere 20 Prozent hät­    Win-win-Situation: «Dank Leuten wie Peter Schuetzelhofer kön­
ten in ein betreutes Arbeitsprogramm vermittelt werden können.    nen wir manche Aufträge annehmen, die wir allein mit unseren

16
im Kanton Zürich weisen dem Programm mittlerweile Sozial­
                                                                                            hilfebezügerInnen zu. «Dabei war es am Anfang schwierig, die
                                                                                            Notwendigkeit von ‹HEKS-Visite› zu begründen. Arbeit zu ver­
                                                                                            mitteln, ohne das Ziel zu verfolgen, damit eine Integration im
                                                                                            ersten Arbeitsmarkt zu erreichen – das wurde damals noch nir­
                                                                                            gends sonst praktiziert», erinnert sich Roland Bänziger. Mit den
                                                                                            Neuerungen in der Sozialhilfe im Jahre 2005 sei es dann aber
                                                                                            plötzlich für die Gemeinden Pflicht geworden, solche Angebote
                                                                                            zu vermitteln.

                                                                                             Politisch unbestritten
                                                                                            «Heute ist ‹HEKS-Visite› auch politisch unbestritten», glaubt
                                                                                            ­Roland Bänziger. Diese Einschätzung wird sowohl von Raphael
                                                                                            Golta, Stadtrat und Vorsteher des stadtzürcherischen Sozial­
                                                                                             departements, wie auch von seinem Winterthurer Amtskollegen
                                                                                             Nicolas Galladé geteilt: «Ohne ‹HEKS-Visite› würde der Stadt
                                                                                            Zürich ein wichtiges soziales Angebot fehlen. Denn es ermög­
                                                                                             licht Menschen, die kaum mehr eine Chance auf dem Arbeits­
                                                                                             markt haben, eine sinnvolle Arbeit auszuüben und damit Teil

«Ich liebe Kinder.» Tigisti Tesfay engagiert sich als freiwillige Helferin in der Kinder­   Fanny Veliz Aguilar leistet einen Einsatz in der öffentlichen Bibliothek
betreuung des Vereins «Stägetritt» in Winterthur und in der Tagesbetreuung                  Winterthur.
der Schule «Rychenberg».

             eigenen Ressourcen sonst nicht bewältigen könnten.» Und Bar­                   unsere Gesellschaft zu bleiben», stellt Raphael Golta fest. Und
             bara von Fellenberg, Sozialarbeiterin in Winterthur, ist froh,                 Nicolas Galladé ergänzt: «Das Angebot von ‹HEKS-Visite› er­
             «dass dank der grossen Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten fast alle              möglicht Menschen ohne reale Perspektive, wieder im Arbeits­
             InteressentInnen eine passende Tätigkeit finden».                              markt Fuss fassen zu können, eine sinnstiftende Tätigkeit und
                                                                                            damit ihre soziale Integration.»
             Insgesamt sind es rund 350 gemeinnützige Einrichtungen, die
             im Kanton Zürich solche Freiwilligeneinsätze für «HEKS-Visite»-                «Angebote wie ‹HEKS-Visite› wird es immer brauchen»
             Teilnehmende anbieten. Die Palette des Angebots reicht da­bei                   Obwohl das Grundkonzept von «HEKS-Visite» seit seinen An­
             vom Kinderhort über den Bauernbetrieb und Alters- und Pflege­                   fängen im Wesentlichen unverändert geblieben ist, hat das
             heime bis hin zur öffentlichen Bibliothek in Winterthur. Deren                 ­Angebot über die Jahre eine stete Professionalisierung erfahren.
             Leiter Hermann Romer erkennt nicht nur in der Arbeitsleistung                   So können die mittlerweile 14 Mitarbeitenden von «HEKS-Visite»
             der «HEKS-Visite»-Teilnehmerin Fanny Veliz Aguilar einen gros­                  auch auf eine eigene Datenbank zurückgreifen. Mit Blick auf
             sen Nutzen für seine Institution, er erlebt seine freiwillige Helfe­            die wirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Entwicklung ist
             rin auch als grosse zwischenmenschliche und kulturelle Berei­                   Roland B­ änziger zudem überzeugt, dass der Bedarf für Angebo­
             cherung, «die uns sehr guttut». Fanny Veliz Aguilar gibt dieses                 te wie «HEKS-Visite» in den kommenden Jahren noch zuneh­
             Kompliment gerne zurück und meint: «In den neun Stunden, die                    men wird: «Vor allem Arbeit für beruflich wenig qualifizierte
             ich pro Woche arbeiten kann, lerne ich so viele interessante                    Menschen wird in Zukunft noch knapper werden. Nicht mehr
             Menschen kennen. Und meine Kolleginnen in der Stadtbiblio­                      alle Menschen werden in Zukunft einer existenzsichernden Tä­
             thek sind sehr sympathisch.»                                                    tigkeit nachgehen können. Es wird immer Programme wie
             In den nunmehr 20 Jahren seines Bestehens hat sich «HEKS-                      ‹HEKS-Visite› brauchen, die zumindest eine Partizipation an der
             Visite» zu einem unverzichtbaren Angebot im Rahmen der kan­                     Arbeit ermöglichen und die für die Gesellschaft finanzierbar
             tonalen Sozialhilfe entwickelt. Rund 50 Städte und Gemeinden                    sind.»

                                                                                                                                                                       17
RÜCKBLICK 2018

           FÜR ÜBER EINE MILLION
           MENSCHEN IM KLEINEN
           GROSSES BEWIRKT
           Wirkung und Transparenz sind für HEKS keine Schlagworte. HEKS überprüft die
           Fortschritte seiner Projektarbeit systematisch und weist die Ergebnisse in seinem
           Online-Jahresbericht aus: mit Zahlen und Fakten, mit persönlichen Jahresrückblicken
           von Mitarbeitenden und Begünstigten sowie mit Videos über ausgewählte Projekte.
           2018 verbesserte HEKS das Leben von über einer Million Menschen – in der Schweiz
           und in 32 Ländern weltweit.
           Text Olivier Schmid

In Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa setzte HEKS 228 Pro­       Menschen sind seit 2018 dank verbesserten Vorsorgemassnah­
jekte in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Humani­            men künftig besser für Katastrophen gewappnet.
täre Hilfe und Kirchliche Zusammenarbeit um. In der Schweiz
förderte HEKS mit 61 Programmen die Integration von sozial            Kirchliche Zusammenarbeit
benachteiligten Menschen und stand im Rahmen seines anwalt­           Im Rahmen der Kirchlichen Zusammenarbeit verbesserte HEKS
schaftlichen Engagements Asylsuchenden, anerkannten Flücht­           die Lebenssituation von 32 000 Menschen in 9 Ländern. HEKS
lingen und weiteren Zielgruppen mit Rechtsberatung zur Seite.         unterstützte seine kirchlichen Partner in Osteuropa und in
                                                                      ­Italien sowie im Libanon und in Syrien bei ihrer diakonischen
Entwicklungszusammenarbeit                                            Arbeit zur Integration von Minderheiten, etwa im Rahmen von
In der Auslandarbeit setzte HEKS knapp 20 Millionen Franken           Spitex-­Diens­ten, Frauenhäusern oder mit Jugendarbeit, sowie
für die Entwicklungszusammenarbeit ein. Damit unterstützte            mit ­finanziellen Beiträgen zur Förderung des kirchlichen Ge­
HEKS gemeinsam mit seinen lokalen Partnerorganisationen rund          meindelebens. Zudem förderte HEKS den Austausch zwischen
885 000 Menschen in 23 Ländern: 61 000 KleinbäuerInnen ver­           den reformierten Kirchgemeinden in der Schweiz und den Part­
besserten ihren Zugang zu Land, 70 000 Menschen ihren Zu­             nerkirchen in Osteuropa und begleitete 30 Gemeindepartner­
gang zu Wasser; 500 000 Kleinproduzenten wurden beim Auf­             schaften.
bau einer nachhaltigen Landwirtschaft und entsprechender
Absatzmärkte unterstützt; und 48 000 Angehörige von margi­
nalisierten Minderheiten erhielten Zugang zu Bildung und Ge­
sundheitsversorgung. HEKS leistete zudem in 11 Ländern einen             DER JAHRESBERICHT
Beitrag dazu, die Situation von rund 500 000 Menschen zu sta­
bilisieren, die in einem von Konflikten geprägten Umfeld leben.          2018 IST JETZT ONLINE
  Humanitäre Hilfe                                                       Im Jahresbericht 2018 zeigen Begünstigte und Mitarbei­
  Nach Naturkatastrophen sowie in Konfliktgebieten leistete HEKS         tende auf, was Ihre Spende bewirkt – mit zahlreichen
  humanitäre Hilfe für rund 229 000 Menschen in 13 Ländern:              persönlichen Berichten, Videos über ausgewählte Projek­
205 000 Menschen wurden mit Lebensmitteln, Trinkwasser,                  te im In- und Ausland sowie mit vielen weiteren Zahlen
­Gütern des alltäglichen Bedarfs, finanzieller Hilfe oder «Cash for      und Fakten. Erfahren Sie mehr über die Erfolge und He­
  work» unterstützt; 43 000 Menschen erhielten Saatgut und               rausforderungen von HEKS und stellen Sie in der Rubrik
  landwirtschaftliches Werkzeug oder Unterstützung beim Auf­             «Mein Bericht» Ihren eigenen Jahresbericht zusammen.
  bau eines Kleingewerbes; 81 000 Menschen wurden beim
 ­Wiederaufbau der öffentlichen Infrastruktur wie Strassen und           www.v.ch
Schulen oder der Wasserversorgung unterstützt; und 32 000

18
2018                             61 000
 IN ZAHLEN                        KLEINBÄUERINNEN UND
                                  KLEINBAUERN
                                  erhielten Zugang zu Land.

                                                                    229 000
                                                                    OPFER
                                                                     von Naturkatastrophen
                                                                     oder Kriegen erhielten
1,19 MIO.                         64,3 MIO.                          humanitäre Hilfe.

MENSCHEN                          FR ANKEN                                                            17 070
                                                                                                      BER ATUNGEN
 haben 2018 dank HEKS             wurden für Projekte im
 ihre Lebensbedingungen           In- und Ausland eingesetzt                                           führte HEKS für Asyl­
 verbessert.                      (inkl. Aufwand für                                                   suchende, MigrantInnen
                                  Information).                                                        und SchweizerInnen durch.

                                  31 870
                                  EINSATZSTUNDEN
                                  von interkulturellen Dolmetschenden und Vermittelnden
 49,7%                            ermöglichten die Verständigung zwischen den Behörden
                                  oder Institutionen und MigrantInnen.
 DER TEIL-
 NEHMENDEN
 von Integrationsprojekten                                        743
 gelang der Wiedereinstieg
 in den Arbeitsmarkt,                                             LANGZEITERWERBSLOSE
 13,2% fanden eine andere
                                                                  haben während über 244 000 Stunden Arbeitseinsätze
 Anschlusslösung.
                                                                  in gemeinnützigen Organisationen absolviert.

Integration                                                        Anwaltschaft
In der Schweiz förderte HEKS die Integration von sozial benach­    2018 führten die sieben HEKS-Rechtsberatungsstellen für Asyl­
teiligten Menschen in den Bereichen Arbeitsintegration, Alter      suchende 16 553 Beratungen durch. In ausgewählten Fällen
und Migration, Interkulturelles Dolmetschen und Vermitteln so­     übernahmen sie die rechtliche Vertretung; der Anteil der positi­
wie Tagesstruktur und Begegnung. Zur Förderung der Chancen­        ven Entscheide belief sich dabei auf 46,4 Prozent. Die «Koordi­
gleichheit von Jugendlichen, Stellensuchenden und MigrantIn­       nationsstelle Hilfswerkvertretung» begleitete derweil Asyl­
nen auf dem Arbeitsmarkt unterstützten die fünf Regionalstellen    suchende zu 4719 Anhörungen durch die Behörden; und die
und die Geschäftsstelle in Lausanne beispielsweise mit 14 Pro­     «Kontaktstelle für Zwangsmassnahmenbetroffene» stand Sans­
jekten 1779 Menschen bei ihrer beruflichen Integration: Die        Papiers und abgewiesenen Asylsuchenden in Ausschaffungshaft
Projektteilnehmenden entwickelten neue Perspektiven und in­        in 215 Gesprächen mit Rechtsberatung zur Seite. Darüber hinaus
dividuelle Bewerbungsstrategien, wurden bei der Diplomaner­        unterstützte HEKS weitere sozial benachteiligte Menschen, die
kennung oder einer Nachholbildung unterstützt, sammelten in        ihre Rechte nicht selbst einfordern können, mit kostenloser juris­
Arbeitseinsätzen praktische Erfahrungen und verbesserten ihre      tischer Beratung – sei es bei der Wohnungssuche, am Arbeits­
persönlichen und fachlichen Kompetenzen. 2018 waren 511 Teil­      platz oder im Kontakt mit den Behörden. So haben beispielswei­
nehmende in einem Arbeitseinsatz tätig, 378 haben diesen ab­       se dank «Chèques-emploi» 5020 Haushaltsangestellte eine
geschlossen: 62,9 Prozent haben entweder den Einstieg in den       Sozialversicherung abgeschlossen.
Arbeitsmarkt geschafft (49,7 Prozent) oder eine andere An­
schlusslösung gefunden (13,2 Prozent).

                                                                                                                                  19
ASYLVERFAHREN

HEKS FÜHRT RECHTS-
BERATUNG IN BUNDESASYL-
ZENTREN DURCH
Seit März 2019 ist das revidierte Asylgesetz in Kraft. Die Verfahren sollen deutlich schneller, aber
weiterhin rechtsstaatlich korrekt durchgeführt werden. HEKS hat vom Bund die Rechtsschutz­
mandate für die Bundesasylzentren in der Ostschweiz und in der Nordwestschweiz erhalten.
Text Olivia Payo Moreno

Für die Umsetzung des neuen Gesetzes                                     HEKS und Rechtsschutz                                 Beratungs- und Informationsgespräche
wurden in der Schweiz sechs Asylregio­                                   Im Hinblick auf die Umsetzung der Asyl­                im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbe­
nen gebildet, in denen künftig die Mehr­                                 gesetz-Revision hat das Staatssekretariat              reich zur Verfügung. Zudem bietet HEKS
heit der Asylverfahren in Bundesasyl­                                    für Migration (SEM) die Mandate zur Be­                eine Ausbildung für interkulturelle Dol­
zentren (BAZ) innerhalb von maximal 140                                  ratung und Rechtsvertretung von Asylsu­                metscherInnen an. HEKS hat für die Be­
Tagen durchgeführt und abgeschlossen                                     chenden öffentlich ausgeschrieben. HEKS                ratung und Rechtsvertretung in den Ver­
wird. Personen, deren Asylgesuch weite­                                  hat sich entschieden, seine langjährige               fahrensregionen Ostschweiz und Nord-
re Abklärungen benötigt, werden wie bis                                  Erfahrung und sein Wissen zugunsten ei­               ­westschweiz einen örtlich unabhängigen
anhin auf die Kantone verteilt (sogenann­                                ner qualitativ hochwertigen Beratung                  Dolmetschdienst eingerichtet. Dieser ver­
te erweiterte Verfahren). Diese Verfahren                                und Rechtsvertretung der Asylsuchenden                 mittelt bei Bedarf DolmetscherInnen für
sollen innerhalb eines Jahres abgeschlos­                                in den neuen Asylverfahren einzubringen.               die Beratungsgespräche. Die Dolmetsche­
sen werden. Mit Einführung der neuen                                     Im Oktober 2018 wurde HEKS vom SEM                     rInnen nehmen entweder persönlich vor
Asylverfahren wird den Asylsuchenden                                     damit beauftragt, ab 1. März 2019 die                 Ort oder per Telefon an den Gesprächen
ein Anspruch auf Rechtsschutz einge­                                     Beratung und Rechtsvertretung sowie die               teil.
räumt. Dieser garantiert insbesondere                                    Dolmetschdienste in den Verfahrensregi­
eine unabhängige Beratung über die                                       onen Ostschweiz und Nordwestschweiz                   Rechtsberatung auf kantonaler
Rechte und Pflichten im Asylverfahren                                    zu gewährleisten.                                     Ebene
und eine Rechtsvertretung ab Beginn der                                                                                        Kann das Verfahren nicht in einem BAZ
Vorbereitungsphase sowie für das weite­                               Dolmetscherdienst                                        abgeschlossen werden, findet eine Zu­
re Asylverfahren. Damit die Gespräche                                 HEKS bietet in den Regionen Aargau/So­                   weisung an den zuständigen Kanton zur
mit den Asylsuchenden ohne sprachliche                                lothurn und Basel die Dolmetschdienste                   Durchführung des erweiterten Verfahrens
Verständigungsprobleme geführt werden                                 «HEKS Linguadukt» an. Bei «Linguadukt»                   statt. In diesem Fall kann sich die asyl­
können, werden DolmetscherInnen ein­                                  stehen interkulturelle DolmetscherInnen                  suchende Person für die Beratung und
gesetzt.                                                              in über 50 Sprachen für anspruchsvolle                   Rechtsvertretung an die im Kanton zuge­
                                                                                                                               lassene Rechtsberatungsstelle wenden.
     Bundesasylzentrum mit                           Flughafen Zürich                                                          Ein erweitertes Verfahren soll innerhalb
                                                                                                     Kreuzlingen
     Verfahrensfunktion                    Basel
                                                     Muttenz    Zürich
                                                                              SH
                                                                                                                               eines Jahres abgeschlossen werden. Auch
      Bundesasylzentrum ohne
      Verfahrensfunktion       Allschwil                                                      TG                               die Akkreditierung der kantonalen Rechts­
                                               BS
                                                      BL
                                                                AG
                                                                                    ZH                                         beratungsstellen wurde vom Staatssekre­
                                                                                                                  Altstätten
                                    JU
                                                    NORDWESTSCHWEIZ
                                                                                              SG
                                                                                                   AR
                                                                                                        AI
                                                                                                                               tariat für Migration (SEM) öffentlich aus­
                                            SO                                                OSTSCHWEIZ
                                                                                                                               geschrieben. Anfang 2019 hat HEKS vom
                                                               LU
                                                                              ZG
                                                                                                                               SEM den Auftrag erhalten, die Beratung
                   Bern
                      NE
                                                                                    SZ
                                                                                              GL                               und Rechtsvertretung im erweiterten Ver­
          Boudry                                                         NW                                                    fahren in folgenden Kantonen zu gewähr­
                                               BE                   OW
                                                                                   UR
                                                                                                                               leisten: Aargau, Basel-Stadt, So­lothurn,
                               FR
                                                                                                             GR                St. Gallen, Thurgau, Appenzell Innerrho­
              VD                                                                                                               den, Appenzell Ausserrhoden, Zürich und
                                                                                                                               Glarus.
                                                                                         TI
                                                                                                                               www.heks.ch/rechtsschutz
     GE                                       VS
          Flughafen Genf

                                                                                                   Chiasso

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