Gesund und nachhaltig mit System - Eine Hungersnot droht MADAGASK AR: Welthungerhilfe
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Ausgabe 3 | 2021 PERU: Gesund und nachhaltig mit System MADAG ASK AR: Eine Hungersnot droht WELTHUNGERHILFE INNOVATIV: Mangelernährung per App erkennen
Wasser ist ein Menschenrecht Das sagt Lilly Babra Awas, Expertin für WASH (Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung) im Team der Welthungerhilfe in Uganda. Damit steht sie für die gleichnamige Kampagne der Organisation Viva con Agua, langjähriger Partner der Welthungerhilfe. Lesen Sie mehr zu „WATER IS A HUMAN RIGHT“ auf Seite 22. magazin 3 | 2021
EDITO RIA L | INH A LT Liebe Freund*innen der Welthungerhilfe, so oft haben Sie an dieser Stelle über Menschen gelesen, denen eine Flut alles nahm, die buchstäblich nur noch das besaßen, was sie am Leib trugen. Jetzt sehen wir ge- nau diese Bilder in Deutschland. Das Ausmaß der Kata- strophe ist furchtbar, vielleicht sind auch Sie betroffen, wie auch einige unserer Kolleg*innen. Unser tiefes Mit- gefühl gilt allen Menschen, die Angehörige verloren haben und deren Hab und Gut weggespült wurde. Nun wird diskutiert, wie Warnsysteme zukünftig besser auf Wetterextreme wie den Starkregen im Juli vorberei- ten können. Auch für die Welthungerhilfe ist das ein zentrales Thema. Wir nutzen Frühwarnsysteme und Ri- sikoanalysen, um humanitäre Hilfe zu leisten, schon bevor eine Katastrophe eintritt. Dazu finanzieren wir vorsorgende Maßnahmen, die spätere Schäden verhin- dern oder minimieren. Wie aktuell im Norden Madagas- kars. Dort unterstützt unser Team Familien dabei, früh- 10 zeitig Nahrungsmittel zu beschaffen und Vorräte anzu- legen, damit die verheerende Dürre und drohende Ern- teausfälle nicht zu einer Hungersnot wie im Süden des Landes führen (S. 6). TITELTHEMA: PERU Unsere Titelgeschichte macht am Beispiel von Peru deut- lich, wie komplex die Ursachen für Hunger sind. Seit Gesund und nachhaltig mit System dort natürliche Wasserressourcen für den landwirtschaft- Ein Projekt der Welthungerhilfe in Peru unterstützt Familien lichen Anbau durch Großkonzerne umgeleitet werden, beim Umstellen ihrer Landwirtschaft auf organischen Anbau. sinkt der Grundwasserspiegel, Böden versalzen und Kleinbauernfamilien verarmen. Lange Transportwege für den Konsum von Obst und Gemüse aus Peru tragen zum Klimawandel und damit zu Wetterextremen bei, die Hun- AKTUELL ger verstärken. 4 Perspektiven maßgeschneidert Die Welthungerhilfe tritt für Veränderungen der welt- 6 Madagaskar: Eine Hungersnot droht weiten Ernährungssysteme ein. Denn alle Menschen h aben FÖRDERPARTNER*INNEN das Recht, sich angemessen und gesund zu ernähren. 8 In der Heimat neu beginnen Weltweit und jederzeit! Nur, wenn der Weg der Lebens- mittel vom Acker bis zum Teller gerecht und nachhaltig HINTERGRUND ist, kann Hungerbekämpfung langfristig erfolgreich sein. 16 Die Welthungerhilfe als Verein Herzlichst, Ihr WELTHUNGERHILFE INNOVATIV 17 Mangelernährung per App erkennen 18 Ein Mittel gegen das „Hexenkraut“ STIFTUNG WELTHUNGERHILFE 20 Interview mit Nicola Quarz AKTIONEN & KOOPERATIONEN 22 „Wasser ist ein Menschenrecht“ 24 ZeroHungerRun: Läuft! 25 Post aus der Demokratischen Republik Kongo PANORAMA 26 Kompass 2021 I Unermüdlich kreativ I Gegen Stigma und Tabus 27 Restdevisen in Spenden wandeln I Mathias Mogge, Generalsekretär Sie haben Fragen? I Impressum 3 magazin 3 | 2021
A K T UEL L : BURUNDI RUBRIK-T HEM A Perspektiven maßgeschneidert Von Amédée Nkurunziza Jahrtausendelang lebten die Batwa als Jäger*innen und Sammler*innen im Einklang mit der Natur. Mit dem fortschreiten- den Abholzen der Wälder verlor die älteste Volksgruppe Burundis jedoch immer weiter ihren traditionellen Lebensraum. Heute stehen die Batwa – sie stellen rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung – am Rande der Gesellschaft, werden als minderwertig diskriminiert und sozial ausgegrenzt. Die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen oder Landwirtschaft zu betreiben, ist ihnen häufig verwehrt, da sie keinen Zugang zu Land haben. Gefördert vom Auswärtigen Amt und in Kooperation mit der Fondacion Stamm gibt die Welthun- gerhilfe deshalb in der Provinz Ngozi jungen Batwa mit einer Aus- bildung in der Schneiderei eine Perspektive. Das Ausbildungszentrum vermittelt den jungen Frauen und Männern alles Wissenswerte rund um das Maßnehmen, Zuschnei- den und Nähen. Bunte Blusen, Röcke und Hosen dekorativ an den Wänden aufgereiht zeugen von ihrem Können. Am Ende der Schu- lung erhalten die Teilnehmenden eine Nähmaschine und Zubehör, um sich eine eigene kleine Nähwerkstatt einrichten zu können. Trainer Alfred Niyongabo (im Foto) gibt ihnen mit auf den Weg: „Diese Arbeit ist für euch das Sprungbrett, um der Armut zu ent- kommen. Lasst euch nicht von den schlechten Erfahrungen der Ausgrenzung leiten, haltet zusammen, denn Einigkeit ist Stärke!“ In diesem Sinne werden die jungen Menschen auch nach dem Trai- ning noch ein Stück ihres Weges dabei begleitet, eine Kooperative und dörfliche Kreditspargruppen zu gründen. Amédée Nkurunziza arbeitet im Team der Welthungerhilfe in Burundi. Mehr über unsere Arbeit in Burundi finden Sie unter: welthungerhilfe.de/informieren/laender/burundi magazin 3 | 2021 4 4 magazin 3 | 2021
Im Gesundheitszentrum von Eine Hungersnot droht Andranobory werden unter- und mangelernährte Kinder untersucht und behandelt. Im Süden Madagaskars warten die Menschen das milien zu kaufen. Durch die Corona-Pandemie verschlimmert dritte Jahr in Folge vergeblich auf Regen. Ihre sich die Lage noch, denn unterbrochene Lieferketten und Trans- portwege treiben die Nahrungsmittelpreise in die Höhe. Ich er- Ernten vertrocknen auf den Feldern, bereits jetzt lebe Menschen, die sich nur noch von Blättern, Beeren und Heu- sind 70.000 Kinder akut unterernährt. Welthunger- schrecken ernähren können. Kürzlich erzählte mir eine Frau hilfe-Projektleiter Julio Rainimananjanahary berichtet verzweifelt, dass sie Beeren für ihre Kinder mit Sand mischt, nur über die Verzweiflung der Familien, und wie sein um deren Mägen zu füllen. Das ist ein entsetzliches und trauriges Team akute Not lindert. Bild, aber es ist kein Einzelfall. Die Not wird immer größer. Unser Welthungerhilfe-Team versorgt die Menschen mit Von Julio Rainimananjanahary dem Nötigsten. In der Region um Fort Dauphin verteilen wir Lebensmittel an mehr als 1.000 Haushalte. Doch auch andere In meiner Heimat ereignet sich eine unfassbare Katastrophe. Distrikte sind dringend auf Hilfe angewiesen. In Abstimmung Das Land leidet unter der schwersten Dürre seit 40 Jahren und mit den Vereinten Nationen und der madagassischen Katastro- schon heute haben rund eine Million Menschen nicht genügend phenbehörde arbeiten wir hochkonzentriert daran, unsere Maß- zu essen. Besonders schlimm ist die Lage im Süden, wo schon nahmen auf die betroffenen Gebiete auszuweiten. Zudem sanie- im dritten Jahr die Niederschläge ausbleiben. Viele Felder haben ren wir Versorgungssysteme und errichten neue Wasserausgabe sich in Staub verwandelt, dabei wäre jetzt eigentlich Erntezeit. stellen, um den Menschen Zugang zu ausreichend sauberem Stattdessen hungern die Menschen. Laut Prognosen werden Fa- Trinkwasser zu ermöglichen. Wir verteilen Sets mit Seife und milien in den nächsten Monaten mehr als die Hälfte ihrer Ern- anderen wichtigen Hygieneartikeln, um Krankheiten zu verhin- te verlieren. Schon jetzt sind alle Reserven aufgebraucht, die dern, für die die geschwächten Menschen noch anfälliger sind. Speicher sind leer. Während wir im Süden alles daransetzen, überlebens- Viele Menschen haben auch keine Einkommensmöglich- wichtige Hilfe zu leisten, droht auch im Norden eine Hungersnot. keiten mehr. Normalerweise verdienen sie ihr Geld in kleinbäu- Nun hat unser Frühwarnsystem angeschlagen und wir werden erlicher Landwirtschaft oder als Tagelöhner*innen auf den Feldern aktiv (siehe Kasten). Den Menschen im Süden werden wir wei- anderer. Jetzt haben sie kein Geld, um Lebensmittel für ihre Fa- terhin zur Seite stehen. Es geht um das Leben Vieler. magazin 3 | 2021 6
AKTUELL: MADAGASKAR Frühzeitig helfen, chen großer Katastrophen können schwere Schäden abgemildert werden. bevor es zu spät ist Haben Sie ein Beispiel aus der Praxis? Beispielsweise erhalten Immer mehr Extremwetterereignisse wie Menschen durch Bargeldzahlungen die Möglichkeit, frühzeitig Dürren oder Überschwemmungen machen Nahrungsmittel zu beschaffen oder ihren Viehbestand aufzusto- neue Konzepte in der humanitären Hilfe cken und sich so nach ihren Bedürfnissen gegen eine drohende notwendig. Frühzeitige, schnelle und effiziente Lösungen sind Krise zu wappnen. gesucht. Die Welthungerhilfe ist eine der wenigen Organisatio- Und ist dieses Frühwarnsystem auch kosteneffizient? Studien nen, die sich auf vorhersagebasierte humanitäre Hilfe fokussiert. haben gezeigt, dass mit jedem präventiv investierten Euro vier Bärbel Mosebach, Leiterin der humanitären Hilfe bei der Welt- bis sieben Euro für Nothilfe und Wiederaufbau eingespart wer- hungerhilfe, beantwortet dazu die wichtigsten Fragen. den. So können wir nicht nur Leben retten, sondern auch unsere verfügbaren Geldmittel effizienter einsetzen. Was genau bedeutet vorhersagebasiertes Handeln? Jedes Jahr sind rund 230 Millionen Menschen von Katastrophen betroffen. In Madagaskar wird das System noch nicht angewendet? In Hilfsgelder fließen in der Regel jedoch erst dann, wenn viele Zusammenarbeit mit der lokalen Katastrophenschutzbehörde, Menschen bereits alles verloren haben. Bei der auf Vorhersagen dem meteorologischen Dienst sowie mit Unterstützung weiterer basierenden Katastrophenhilfe nutzen wir Frühwarnsysteme, Partner wurde ein Pilotprojekt in Zentral-Madagaskar auf den um humanitäre Hilfe zu leisten, bevor verheerende Zustände Weg gebracht. Für sechs Regionen des Landes haben wir bereits eintreten, die zu Hunger oder gar Toten führen. ein Vorhersagemodell entwickelt. Der Süden gehörte bisher nicht dazu. Dass sich die Situation dort so schnell so verheerend ent- Und wie funktioniert das konkret? Durch Gefahren- und Ri- wickelte, lag unter anderem an den unvorhersehbaren Folgen sikoanalysen können wir Extremwetterereignisse sehr genau der Corona-Pandemie. Aber wir werden unsere Protokolle weiter vorhersagen und damit frühzeitig Menschen unterstützen, die ausbauen, um zukünftig noch mehr Auslöser zu erfassen und von diesen Wetterereignissen betroffen sein werden. Bei Anzei- Krisen zu verhindern. Dringend benötigtes Wasser liefert dieser Junge von einer Verteilungsstelle in die Dörfer. Madagaskar Die Wirtschaft des Inselstaates stützt sich vor allem auf den Anbau von Kaffee, Vanille, Nelken und Reis. Trotz TANSANIA seines Reichtums an natürlichen Ressourcen und einer erfolgrei- chen Tourismusbranche leben mehr als Dreiviertel der Menschen in SAMBIA extremer Armut. Die schweren Folgen des Klimawandels, politische MOSAMBIK Instabilität und fehlende Infrastruktur zählen zu den Gründen. SIMBABWE Antananarivo Julio Rainimananjanahary ist Projektleiter in Madagaskar. Mehr über unsere Arbeit in Madagaskar finden Sie unter: welthungerhilfe.de/informieren/laender/madagaskar 7 magazin 3 | 2021
FÖ RD ERPA RT NER*INNEN In der Heimat neu beginnen Nach und nach kehren die Menschen in die Stadt Sinjar im Norden Iraks zurück. Als der sogenannte Islamische Staat 2014 einmar- schierte, waren Tausende vor der Gewalt geflohen. Viele der Zurück- gekehrten stehen nun vor dem Nichts, noch immer liegen Gebäude in Schutt und Asche, bezahlte Arbeit ist kaum zu finden und es gibt nicht ausreichend Zugang zu sauberem Trinkwasser. Ein Projekt der Welthungerhilfe arbeitet gemeinsam mit den Menschen daran, das Leben in ihrer zerstörten Heimat wieder möglich zu machen. Auch berufliche Chancen wie die Bienenzucht gehören dazu. Von Jessica Kühnle Dalal Hassan kann die dunklen Zeiten nicht vergessen, seine inneren Wunden sind tief und werden noch lange brauchen, um zu verheilen. Bis Ende 2017 kontrollierte der sogenannte Islami- sche Staat weite Teile des Iraks und wurde von der irakischen Armee und Verbündeten bekämpft. Auch nach dem offiziellen Ende der Kämpfe leidet die Zivilbevölkerung unter den Folgen. „Der Krieg hat Gewalt und Zerstörung mit sich gebracht. Unsere Häuser wurden geplündert, unsere religiösen Stätten geschändet. Wer nicht rechtzeitig floh, musste Schreckliches erleben“, erzählt der 65-Jährige, während seine Augen über die steinigen Hügel des Sinjargebirges schweifen. Dalal Hassan und seine Familie konnten entkommen. Mit anderen versteckten sie sich über Monate in den naheliegenden Sinjar Bergen in Höhlen, lebten von den wenigen Tieren, die ihnen geblieben waren, und von ihren Bienenkolonien. Dann begannen sie, auf den kargen Flächen im Schutz der Berge ihr Leben neu aufzubauen. „Wir stammen aus verschiedenen Orten, die meisten sind Jesiden, aber auch Schiiten haben hier Schutz gefunden, wir übten unterschiedliche Berufe aus, doch wir wur- den zu Brüdern und Schwerstern“, erinnert sich Dalal Hassan. Alles in der alten Heimat verloren zu haben und bei Null in der neuen Heimat beginnen zu müssen, schweißt sie zusammen. Da es während des Krieges keine Arbeit gab, halfen ihnen die Bienen, irgendwie über die Runden zu kommen. „Mit dem Honig, den wir in der Umgebung verkauften, verdienten wir et- was Geld, Stein für Stein haben wir davon unsere Häuser errich- tet. Das ging nur sehr langsam voran, denn der Ertrag war zu- nächst sehr gering“, erzählt Dalal Hassan. Es fehlten moderne Geräte und notwendige Materialien wie Bienenzucker oder Bie- nenkästen. Zudem gab es keine Möglichkeit, den frischen Honig zu lagern, teils fehlte es an Expertise und Wissen. Im Norden des Iraks arbeitet die Welthungerhilfe gemein- sam mit Binnenflüchtlingen, Rückkehrer*innen sowie Mitglie- dern der aufnehmenden Gemeinschaften an Ausbildungs- und Verdienstmöglichkeiten. Sanitäranlagen in Schulen werden instand gesetzt, ebenso Wasserleitungen, Pumpen und Abwas- sersysteme. Gefördert von Bundesministerium für wirtschaftli- che Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt sie nun auch magazin 3 | 2021 8
FÖ RD ERPA RT NER*INNEN FÖRDERPARTNE R * I N N E N Gemeinsam Hassan und weitere Imker in den umliegenden verändern wir die Welt Dörfern im Sinjargebirge dabei, ihre Bienenzucht profitabler zu machen. Die Bienenzucht ist nur ein Beispiel dafür, So hörte der 47-jährige Familienvater was die Welthungerhilfe im Norden des Iraks Shamo von Freunden, dass die Welthungerhilfe gemeinsam mit Menschen leistet, Schulungen anbot, um Einkommensmöglichkei- die schwer unter den Folgen des Krieges ten in dem von Krieg zerrütteten Gebiet zu er- gelitten haben. Dank Ihrer Unterstützung öffnen und die Lebensgrundlagen der heimkeh- als Förderpartner*in sehen renden Bevölkerung zu verbessern. Er entschied Familien wieder hoffnungsvoller sich, an einem Training zur Bienenzucht teilzuneh- in die Zukunft. men, und hoffte, seine Arbeit in diesem Beruf wieder aufnehmen zu können. Shamo besaß schon viel Praxis als Imker, formell hatte er aber nie etwas über die Bienen- zucht gelernt. „Es war eine gute Erfahrung für mich. Ich lernte neue Methoden kennen, wie wichtig die Fütterung in der Neben- saison ist, und wie man Bienenwachs herstellt und verarbeitet“, erläutert er. Vom Projekt, gefördert von der Europäischen Union, erhielt Shamo einen kleinen Kredit. Davon kaufte er sich eine Ausrüstung, um die Bienenzucht wieder in Gang zu bringen. Nun hofft er auf gute Einnahmen. Auch Dalal Hassan berichtet von Fortschritten: „Wir haben In Trainings gewin- nen auch Imker, die ein neues Lagerhaus gebaut, das die umliegenden Dörfer mit nut- schon Praxis haben, zen können. Vorher hatten wir keine Möglichkeit, unsere Ausrüs- neues und hilfreiches tung und den frischen Honig sicher aufzubewahren. Außerdem Wissen. haben wir eine Schulung erhalten, in der wir beispielsweise lern- ten, wie wir unsere Bienenkolonien pflegen sollten, um Krank- Imker Shamo zeigt heiten vorzubeugen. Wir sind abhängig von den Bienen, deshalb Welthungerhilfe- Mitarbeiter Sherzad ist es umso wichtiger, dass sie gesund sind. Wenn die Bienen Ravo, was er von sterben, stirbt unsere Lebensgrundlage“, sagt Dalal Hassan. s einem Kredit erwor- ben hat. Der Kampf ums Überleben vereint die Dorfbewohner*innen im Sinjargebirge. Sie waren Fremde in der Not und wuchsen zu einer Gemeinschaft zusammen, die füreinander sorgt, un- geachtet der Herkunft, Religion oder Stellung in der Gesell- schaft. Die Bienen geben ihnen eine Perspektive und Mut für den Neuanfang. Jessica Kühnle ist Welthungerhilfe-Mitarbeiterin und berichtet aus der Türkei nahe der syrischen Grenze über die Projekte in dieser Region und im Irak. Mehr über unsere Arbeit im Irak finden Sie unter: welthungerhilfe.de/informieren/laender/irak Sie möchten mehr über Förderpartnerschaften erfahren: Pia Vadera Förderpartner*innenbetreuung Tel. 0228 2288-278 foerderpartner@welthungerhilfe.de 9 magazin 3 | 2021
TITELTHEMA: PERU Gesund und nachhaltig mit System Seit Familien ihre Ware auf regionalen Bauernmärkten statt an Zwischenhändler verkaufen, ist ihr Verdienst deutlich höher. Mehr als ein Dutzend Kartoffel sorten gedeihen in den Anden – diese Vielfalt gilt es zu bewahren. Über 800 Millionen Menschen hungern in einer Welt des Überflusses. Das dürfen wir nicht hinnehmen, denn es gibt genug Nahrungsmittel für alle. Der UN-Gipfel zu Ernährungssystemen im September 2021 nimmt die Ursachen und Zusammenhänge für Hunger in den Blick und sucht nach Lösungen, ihn dauerhaft zu überwinden. Die Welthungerhilfe ist dabei. Sie treibt den Wandel für das Menschenrecht auf Nahrung schon lange voran – unter anderem in Peru. Von Susanna Daag 11 magazin 3 | 2021
TI TELTHEM A: PERU Lucia Inga Tapia Prall und rund liegen die Avocados in der Verkaufskiste von und ihre Mutter Lucia Inga Tapia. Die grünen Steinfrüchte der peruanischen Idelberta setzen auf Kleinbäuerin wiegen fast das Dreifache der Exportware, die sich ökologische Landwirt- in den Regalen deutscher Supermärkte findet. Kein Wunder: Lu- schaft – und überzeu- cia Tapias Heimatdorf Pacapuchuro bietet an den Osthängen der gen andere davon. Andenregion Huánuco ideale Bedingungen für das Heranreifen tropischer Früchte. Auf rund 1.800 Metern Höhe gedeihen Avo- Hunger und Man- gelernährung nehmen cado-, Mango- und Guavenbäume, dazu Bananen, Kaffee, Mais, in Peru zu. Effektive Bohnen und natürlich mehr als ein Dutzend Kartoffelsorten, das und artenreiche Land- „Gold der Anden“, alles für den lokalen Verbrauch. wirtschaft wird daher Das Haus von Lucia Inga und ihrer Familie ist aus Lehm umso wichtiger. errichtet, darauf weht die peruanische Flagge. Ihre kleine Farm haben sie mit harter Arbeit aufgebaut. Dass einmal verschiede- ne Sorten Obst, Gemüse, Getreide und Hül- senfrüchte darauf wachsen würden, war für sie vor Jahren noch undenkbar. Die Zeit der Entbehrungen beruhte vor allem darauf, dass Lucia Inga Tapia und ihre Mutter Idelberta wie die meisten Familien in der Region nur wenig Wir bauen ohne chemischen Dünger für sich selbst anbauten, dafür aber vor allem weiße Kartoffeln, die sie an Zwischenhändler oder Pflanzenschutzmittel an. verkauften. Der Gewinn war mager und reich- Das Projekt hat uns dabei unterstützt, te kaum zum Überleben. Das änderte sich, als die beiden Frauen an Schulungen der Welt- unsere Produkte zertifizieren zu lassen hungerhilfe und ihrer Partnerorganisation IDMA (Instituto de Desarrollo y Medio Ambi- und sie zu guten Preisen direkt an ente) teilnahmen. Sie lernten, auf ökologische die Kunden zu verkaufen. Landwirtschaft umzustellen, mehr Sorten an- zubauen und anders zu wirtschaften. „Wir bauen ohne chemischen Dünger oder Pflan- zenschutzmittel an. Das Projekt hat uns dabei magazin 3 | 2021 12
TITELTHEMA: PERU unterstützt, unsere Produkte zertifizieren zu lassen und sie zu lenhydraten sind. In Peru ist ein großer Teil der Bevölkerung guten Preisen direkt an die Kunden zu verkaufen“, sagt Lucia übergewichtig. Ein weltweiter Trend setzt sich auch hier durch. Inga Tapia. Inzwischen berät die tatkräftige 30-Jährige selbst Die Menschen ernähren sich nicht mehr von den vielfältigen, benachbarte Kleinbäuerinnen in ökologischer Landwirtschaft, saisonalen Produkten, die vor Ort produziert werden, sondern denn die Veränderungen ziehen weitere Kreise. greifen auf günstige und bereits verarbeitete Importware zu- Die Organisation IDMA, übersetzt Institut für Entwicklung rück. Statt schrumpeliger, aber nahrhafter Andenkartoffeln und Umwelt, führt in der Andenregion ein breit angelegtes Pro- essen immer mehr Peruaner*innen industriell gefertigte Pom- jekt zu Ernährungssicherheit, dem Menschenrecht auf Nahrung mes frites, die zudem häufig aus wohlhabenden Ländern wie und nachhaltigen Ernährungssystemen durch, denn ausgerech- Belgien stammen. Statt Maisgebäck verzehren sie Weißbrot net in der Heimat der Kartoffel, Avocado und vieler anderer und Pizza, statt frischem Wasser und Säften trinken sie zu- nährstoffreicher Nahrungsmittel, verschlechtert sich die Ernäh- ckerhaltige Limonaden. rungssituation dramatisch. Und während an der Küste große Agrarkonzerne die so- genannten Superfoods wie Avocados, grünen Spargel und Wein- trauben für den Export nach Deutschland, China oder in die USA produzieren, können sich gleichzeitig immer weniger pe- ruanische Familien ausreichend und gesund ernähren. Da die peruanische Pazifikküste eigentlich viel zu trocken für den An- bau der Exportgüter ist, also sich bei weitem nicht so gut eignet wie die Farm der Familie Tapia, werden natürliche Wasserres- sourcen aus den Anden über Stauseen und Kanäle an die Küste geleitet. Auch Flüsse und Grundwasser werden für die Bewäs- serung der riesigen Monokulturlandschaften abgeschöpft. In- folgedessen sinkt der Grundwasserspiegel, die Böden versalzen, die Andenregion vertrocknet und die kleinbäuerlichen Familien verarmen noch mehr. Mehrfach musste der Wassernotstand aus- gerufen werden. Hinzu kommt der schädliche Einsatz großer Mengen von Agrarchemie. Komplexe Probleme, die vom Gemü- seanbau an der spanischen Mittelmeerküste, den Erdbeerplan- tagen in Kalifornien oder der Massentierhaltung in Deutschland bestens bekannt sind. Um diesem Ungleichgewicht im weltweiten Ernährungs- system entgegenzuwirken, setzt sich die Welthungerhilfe auf vielfache Weise ein: In Projekten wie in Peru stärken wir ge- meinsam mit unseren Partnern die kleinbäuerliche, ökologische Landwirtschaft, legen die Basis für ein verändertes Zusammen- wirken von Produktions- und Verbraucherseite und für neue Im Jahr 2019 waren in ganz Lateinamerika fast 48 Mil- Wege des lokalen Vertriebs. Wir fördern zivilgesellschaftliche lionen Menschen von Hunger betroffen. Bis 2030 werden es Organisationen und deren Vernetzung, damit sie ihr Menschen- laut Prognosen fast 67 Millionen sein – dabei sind die verhee- recht auf Nahrung einfordern können. Die regionalen und na- renden Auswirkungen von COVID-19 noch nicht berücksichtigt. tionalen Regierungen nehmen wir in die Pflicht, diese Rechte Ernährungsunsicherheit steigt weltweit in Lateinamerika und tatsächlich umzusetzen. Und wir erzielen damit erste Erfolge: der Karibik am schnellsten. Die Verfügbarkeit von Nahrung und In Peru gelten inzwischen rechtliche Rahmenbedingungen, die der Zugang zu Lebensmitteln sinken also sogar noch schneller die nachhaltige Produktion gesunder Lebensmittel fördern. Dazu als in Afrika. Der Welthungerindex zeigt, wie ernst die Lage ist, gehören seit neuestem Zertifizierungsverfahren für offizielle denn hier liegt Lateinamerika auf einer Höhe mit Myanmar oder Biolabel. Malawi. Das gilt auch für die landwirtschaftlich geprägte Re- Auch im peruanischen Huánuco hat der Wandel bereits gion Huánuco: Trotz fruchtbarer Böden und enormer Arten- begonnen. Lucia Inga Tapia ist in ihrem Dorf Pacapuchuro eine vielfalt lebt hier jeder dritte Mensch in Armut. Jedes vierte Kind von sechs organisierten Biobäuerinnen, und in der Region Huá- unter fünf Jahren leidet an chronischer Mangelernährung, fast nuco beteiligen sich bereits 520 Familien. „Auf unserer Farm 13 Prozent aller Kleinkinder leiden an Anämie. haben wir alles, was wir zum Leben brauchen“, sagt die junge Das Paradoxe dabei ist: In Peru und ganz Lateinameri- Frau. Normalerweise vertreibt sie ihre gesunde Ware ka nehmen Fettleibigkeit und damit verbundene Krankheiten auf dem Markt der Stadt Huánuco. Die Menschen wis- wie Diabetes enorm zu. Schuld daran sind vor allem billig sen die Qualität ihrer Produkte inzwischen zu schätzen verarbeitete Lebensmittel, die reich an Fetten, Zucker und Koh- und zahlen gerne etwas mehr. Durch COVID-19 fiel 13 magazin 3 | 2021
TIT ELT HEM A : PERU Gesundes Essen ist ein Menschenrecht In Deutschland und Europa tritt die Welthungerhilfe mit ihrer Politikarbeit für nachhaltige Ernährungssysteme sowie bewussten, nachhaltigen Konsum ein. Beim diesjährigen UN „Food Systems Summit“ im September 2021 engagiert sie sich für eine gerechte Welt ohne Hunger. Folgende politische Weichenstellungen muss der Gipfel aus Sicht der Welthungerhilfe stellen: Hungerbekämpfung in den Mittelpunkt der Ernährungssysteme stellen Politische Maßnahmen und öffentliche Investitionen sollten gezielt ländliche Räume und (klein-)bäuerliche dieser Vertriebskanal weg, doch die umtriebigen Geschäfts- Betriebe im globalen Süden stärken. Dadurch werden frauen um Lucia Inga Tapia und das Team von IDMA entwi- lokale und regionale Ernährungssysteme gestärkt, die ckelten schnell kreative Lösungen: Über mobile Märkte und besonders vom Klimawandel und der Corona-Pande- Whatsapp-Dienste belieferten sie die Kundschaft in der Stadt mie betroffen sind. Auf internationaler Ebene muss direkt von Tür zu Tür. dafür Sorge getragen werden, dass Ernährungspoliti- ken nicht durch Entscheidungen in anderen Ressorts Ein nächstes Ziel sind Lieferverträge für die regionalen wie Handel oder Energie konterkariert werden. Es sollte Schulmahlzeiten. Das staatliche Programm nutzt zwar den sichergestellt sein, dass der Anbau von Exportproduk- blumigen Quechua-Namen „Quali Warma“ („gesundes Kind“), ten nicht zu Landrechtsverletzungen oder zu teureren aber die nährstoffarmen Mittagessen reichen bei weitem nicht Lebensmitteln in Hungerregionen führt. aus, um die schweren Mangelerscheinungen der Schüler*innen in Huánuco auszugleichen. In beharrlichen Verhandlungen Gleichstellung der Geschlechter ist es den Öko-Produzentinnen und IDMA gelungen, die lo- herbeiführen: kalen Vertreter*innen der Gesundheits- und Bildungsminis- terien dazu zu bewegen, sich zu nachhaltiger Ernährung zu Wenn Frauen und Mädchen auf dem Land benachtei- verpflichten. Dazu gehören die Eröffnung von Kiosken mit ligt sind, hat dies auch Auswirkungen auf die Ernäh- Obst, Gemüse und Milchprodukten in Schulen sowie das Ein- rungssituation. Hätten Frauen den gleichen Zugang führen lokaler, gesunder und nachhaltiger Produkte für zu Produktionsmitteln wie Männer, würde das die Schulmahlzeiten. Bis der dreijährige Sohn von Lucia Inga Nahrungsmittelproduktion um 30 Prozent steigern Tapia in die Schule kommt, wird das Programm mit Sicher- (FAO 2020). Weltweit müssen deshalb Regierungen die heit funktionieren. Beteiligung von Frauen an Entscheidungsprozessen garantieren und dafür sorgen, dass deren Landrechte wie auch ihr Zugang zu Wissen, Betriebsmitteln, Fi- nanzierung, würdiger Arbeit, natürlichen Ressourcen und Märkten gesichert und geschützt werden. Während des Lock- downs starteten die Bauernfamilien einen Menschenrechte einhalten und Lieferdienst von Tür Umwelt schützen zu Tür. Soziale und ökologische Kosten des Produktions- und Schon bald soll es Konsumverhaltens müssen sich in den Lebensmittel- gesunde Schulmahl- preisen widerspiegeln. Zudem sollte Deutschland sich zeiten geben – aus für ein ambitioniertes europäisches Lieferkettengesetz Produkten kleinbäuer- einsetzen, das auch das Recht auf Nahrung einschließt. licher Betriebe. Landwirtschaftliche Produkte aus ernährungsunsi- cheren Regionen sollten den Anforderungen des von der Welthungerhilfe mitentwickelten Food Security Susanna Daag leitet das Büro der Welthungerhilfe in Peru. Standard entsprechen. Mehr über unsere Arbeit in Peru finden Sie unter: welthungerhilfe.de/hunger/ernaehrungssysteme/ magazin 3 | 2021 14
TIT ELT HEM A : PERU KOLUMBIEN BRASILIEN BOLIVIEN Lima Peru Ein erheblicher Teil der Bevölkerung Perus lebt unterhalb oder am Rande der Armutsgrenze. Vor allem indigene Gemeinschaften und arme Familien auf dem Land leiden an Unterernährung, haben keinen sicheren Zugang zu Wasser, Strom oder sanitärer Grundversorgung. Die Projekte der Welthunger hilfe und ihrer Partner unterstützen diese Menschen dabei, ihre Landrechte einzufordern, verbessern ihre Lebensbedingungen und schützen zugleich die Umwelt. 15 magazin 3 | 2021
HIN T ERG RUND Die Welthungerhilfe als Verein Bei unserer Leser*innenbefragung im letzten Jahr wünschten viele von Ihnen mehr Informationen über unsere Organisation. Diese Idee nehmen wir gerne weiter auf. Unser Thema diesmal: Die Welthungerhilfe Entnehmen Sie unserem diesjähri- ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein. Zu den gen Jahresbericht, wo und wie wir die Mitgliedern aus allen Teilen der Gesellschaft zählen uns anvertrauten Mittel im Jahr 2020 eingesetzt haben. Dort finden Sie auch unter anderem der P räsident des Deutschen Bundes- Informationen über die Struktur der tags, die V orsitzenden der Bundestagsfraktionen sowie Welthungerhilfe und ihre Mitglieder. Kirchen, Verbände und V ereinigungen. Diese senden Den Bericht gibt es unter welthunger- hilfe.de/ueber-uns/transparenz-qualitaet Bevollmächtigte in die einmal jährlich einberufene Mitgliederversammlung, die wiederum die Richtlinien für die Tätigkeit unserer Organisation bestimmt, das Präsidium wählt und den Wirtschaftsplan beschließt. Immer wieder erreicht uns der Wunsch, die Welthungerhilfe tiven aus den Bereichen Politik, Kirche, Medien, Handwerk und über eine Spende hinaus auch durch eine Mitgliedschaft zu un- Wirtschaft. terstützen und sich aktiv an unserer Arbeit zu beteiligen. Wir So ist es leider nicht möglich, als Privatperson Mitglied freuen uns natürlich über jedes Beitrittsangebot, aber wir kön- der Welthungerhilfe zu werden. Dennoch können Sie den Ver- nen es leider nicht annehmen. Denn die Welthungerhilfe ist zwar einszweck natürlich auch privat unterstützen. Sei es durch Be- ein eingetragener Verein, doch so spezifisch ihr Vereinszweck nefizaktionen oder durch Spenden, die direkt in Projekte in ist, so besonders sind auch ihr Aufbau und ihre Arbeitsweise. aller Welt fließen, aber auch, indem Sie im eigenen Umfeld oder Schauen wir dazu auf die Entstehungsgeschichte der innerhalb der Mitgliedsorganisationen „über die Ursachen des „Deutschen Welthungerhilfe“. 1962 wurde sie unter dem Dach Hungers in der Welt aufklären und die Hilfsbereitschaft fördern“, der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) wie es in unserer Satzung heißt. Gemeinsam mit Ihnen möchten gegründet. Damals war sie die deutsche Sektion der „Freedom wir dazu beitragen, dass tatsächlich das ganze Land gegen den from Hunger Campaign“, eine der ersten weltweiten Initiativen Hunger in der Welt aktiv wird. Und dabei ist wirklich jeder Bei- zur Hungerbekämpfung. Und weil sie eben der Beitrag des ge- trag wertvoll und willkommen. samten Landes und nicht einzelner, engagierter Menschen sein sollte, wurde sie entsprechend aufgebaut. Die Zahl der Mitglie- Mehr Informationen über die Organisationsform der der Welthungerhilfe ist mit 28 relativ klein, doch sie reprä- der Welthungerhilfe gibt es auf: sentiert deutschlandweit große, relevante Gruppen und Initia- www.welthungerhilfe.de/ueber-uns/organisation/ magazin 3 | 2021 16
W ELT HUN GERHIL F E INN OVATIV Berührungsfrei e rkennt die App „Child Growth Mo- nitor“ Größe und Gewicht eines Kindes. Das lässt auf den Ernährungszustand schließen. Mangelernährung per App erkennen Hunger und Mangelernährung gehören zu den Die berührungslose Scan-Funktion der App ist eine ein- größten Herausforderungen der Menschheit. Dazu fache und sichere Methode. Bisher werden Kinder manuell ver- messen und gewogen. Je nach Region fehlen dazu jedoch oft verschärfen die Auswirkungen der Corona-Pande- ausgebildete Fachkräfte, geeichte Waagen oder Maßbänder und mie die ohnehin angespannte Ernährungssituation die Ergebnisse sind ungenau. Die App Child Growth Monitor gerade in armen Ländern. Allein 30 Millionen Kin- wird seit 2018 in Projektdörfern in Indien entwickelt und als der weltweit könnten in den kommenden Jahren Testversion genutzt. Damit die App höchsten Qualitätsansprü- zusätzlich unter akutem Hunger leiden. Wir wirken chen genügt, entwickeln wir sie gemeinsam mit starken Partnern dem entgegen – neben unserer regulären Arbeit aus der Entwicklungszusammenarbeit, der Privatwirtschaft und mit vielen innovativen Ansätzen. der Wissenschaft. So bündeln wir Expertenwissen unterschied- licher Branchen und legen eine Basis dafür, weltweit Messungen durchzuführen, die verbunden mit entsprechenden Hilfsmaß- nahmen Millionen Kinderleben retten können. Ein Instrument ist beispielsweise die App „Child Growth onitor“, die die Welthungerhilfe entwickelt. Aus Bilddaten, die M via Smartphone gesammelt werden, und künstlicher Intelligenz, errechnet die App Größe und Gewicht eines Kindes, berechnet Sie möchten mehr über dieses unverzüglich dessen Ernährungszustand und erfasst eine mög- Thema erfahren: liche Mangelernährung. Dies ist deshalb so wichtig, da akute Markus Pohl Mangelernährung die Gefahr von schwerwiegenden, teils nicht Projektleiter Child Growth Monitor mehr aufholbaren Entwicklungsstörungen birgt. Im Ernstfall Tel. 030 288-749 28 folgen für das Kind weitere Untersuchungen, und es kann ent- markus.pohl@welthungerhilfe.de sprechend behandelt werden. Begleitend helfen Ernährungsbe- ratungen und Unterstützung beim Anlegen von Gemüsegärten den Eltern dabei, ihre Kinder künftig gesünder zu ernähren. 17 magazin 3 | 2021
W ELT HUN GERHIL F E INN OVATIV Ein Mittel gegen das „Hexenkraut“ Die Gefahr ist lila und sieht völlig harmlos aus. Doch die S triga-Pflanze – auch als „Hexenkraut“ bekannt – gefährdet die E rnährungssicherheit von rund 300 Millionen Menschen in Subsahara-Afrika. Jetzt geht die Welthungerhilfe mit „Zahnstochern“ gegen den Schädling vor. Der innovative Ansatz soll dafür sorgen, dass Millionen bäuerlicher Betriebe ihre Ernten steigern und so einen wichtigen Beitrag gegen Hunger und Mangelernährung leisten können. Wenn Gaudencia Teiye auf ihrem Maisfeld im Westen Ke- nianischen Forschungsorganisation KALRO fand David Sands nias die erste Striga-Pflanze erblickt, weiß die Kleinbäuerin so- ein wirksames Mittel gegen das „Hexenkraut“: einen Pilz. fort, dass schon bald das Essen für sie und ihre Kinder knapp Sands war es gelungen, den Pilzstamm FOXY T14 zu werden wird. Denn das parasitäre Unkraut greift die Wurzeln isolieren und im Labor daraus einen besonders potenten und von Mais, Hirse, Sorghum, Kuhbohne und Hochlandreis an. Kurz spezifisch wirkenden Erreger zu züchten. Die Dauersporen des darauf gehen die Pflanzen ein oder bringen nur kümmerliche Pilzes kultivierte er zunächst in Zahnstochern – heute werden Ernten hervor. Schätzungen zufolge entstehen so jedes Jahr Holzstäbchen genutzt. Diese werden an eigens ausgebildete Schäden in Höhe von 7,5 Milliarden Euro. Chemische Pflanzen- Farmer*innen geliefert, die die Stäbchen zusammen mit gekoch- schutzmittel und Jäten helfen Kleinbäuerinnen wie Gaudencia tem Reis in einem mehrtägigen Verfahren zu einem biologischen, Teiye nicht, da der Schaden eintritt, bevor Striga den hochwirksamen Pflanzenschutzmittel verwandeln. Nur über der Erde sichtbaren Pflanzenteil bildet – ein halber Teelöffel davon muss jedem Maiskorn die aggressive Pflanze vernichtet immer bei der Aussaat hinzugefügt werden, um es wieder ganze Ernten. zuverlässig vor einer Schädigung durch Die Suche nach einem Mittel die Striga-Pflanze zu schützen. gegen den violetten Schädling be- Mittlerweile wird das Bio- schäftigte auch den amerikanischen Pflanzenschutzmittel unter dem Arzt John Sands, der 2007 in einem griffigen Markennamen „Kichawi Krankenhaus in Westkenia arbei- Kill“ (Suaheli für „Magisches Tö- tete. Immer wieder musste er ten“) hergestellt und vertrieben. schwer unterernährte Kinder, Und zwar von der Toothpick (Eng- Frauen und Männer behandeln. lisch für Zahnstocher) Company, Sands wollte wissen, warum die die vor drei Jahren unter Beteili- Menschen in der fruchtbaren Ge- gung der Welthungerhilfe gegrün- gend oft zu wenig zu essen hatten. det wurde, um die technische Lösung Ein Bauer führte ihn auf sein von der für eine Verbesserung der Ernäh- Striga-Pflanze bedecktes Maisfeld und rungssicherheit vom Labor auf das Feld erklärte, das „Hexenkraut“ sei schuld da- zu bringen. Das soziale Unternehmen mit ran, dass seine Kinder oft hungrig ins Bett Sitz im westkenianischen Kakamega sorgt gehen müssten. Bis zu 500.000 Samen kann die dafür, dass „Kichawi Kill“ zu erschwinglichen Prei- invasive Pflanze pro Saison hervorbringen. In Afrika sind sen für kleinbäuerliche Familien zur Verfügung steht. Als bereits rund 50 Millionen Hektar Ackerland betroffen. GmbH finanziert sich das Unternehmen zunächst über die Ein- John Sands erkannte, dass das Problem der Mangeler- lagen der Gesellschafter, später wird es sich durch die Ver- nährung nicht im Krankenhaus, sondern auf dem Feld gelöst kaufseinnahmen tragen. Ein Projekt der Welthungerhilfe bildet werden musste. Er berichtete seinem Bruder David davon, der in über 40 kenianischen Dörfern Frauen und Männer aus, die als Biologe in der Pflanzenschutzforschung an der Montana aus dem Pilz und Reis das natürliche Pflanzenschutzmittel State University arbeitet. Dieser begann zu untersuchen, wie herstellen, das bereits auf mehr als 1.000 Feldern eingesetzt man die Striga-Plage mit einfachen, ökologisch verträglichen wurde. Unterdessen arbeitet David Sands mit einem interna- und günstigen Mitteln in den Griff bekommen könnte. Ein Jahr tionalen Netzwerk daran, das kenianische Modell auch in wei- später gelang der Durchbruch. In Zusammenarbeit mit der ke- teren afrikanischen Ländern einzuführen. magazin 3 | 2021 18
W ELT HUN GERHIL F E INN OVATIV FOXY T14 wird in Holzstückchen gezüchtet, steril verpackt und an die lokalen Produzent*innen geliefert. Diese kochen Reis, füllen ihn zusammen mit dem pilzhaltigen Holz in einen Kunststoffbehälter und schütteln Im Labor isolieren und kultivieren zweimal täglich. Wissenschaftler*innen den Pilzstamm FOXY T14. Befall mit Striga in Afrika: Schwer Moderat Versuche zeigen, dass vor Leicht Striga geschützte Felder rund 50 Prozent mehr Ernte erbringen können. Nach drei Tagen hat sich FOXY T14 auf dem gesamten Reis ausgebreitet, in jedes Saatloch wird eine kleine Portion davon gegeben. „Der Erfolg zeichnet Kichawi Kill als hoch- wirksames biologisches Pflanzenschutzmittel aus. Das preiswerte Mittel ist für Menschen gesundheitlich völlig unbe- Sie möchten mehr über dieses denklich und hat keine negativen Auswirkungen auf die Um- Thema erfahren? welt, es kann das Leben von vielen Millionen Kleinbäuerinnen Heinz Peters und Kleinbauern nachhaltig verbessern“, sagt Heinz Peters, Team Strategie, Wissen und Lernen Landwirtschaftsexperte der Welthungerhilfe. Gaudencia Teiye Tel. 0228 2288-146 wird bald eine dieser Kleinbäuerinnen sein. Schon bei der nächs- heinz.peters@welthungerhilfe.de ten Aussaat will sie ihre Maispflanzen mit dem Bioherbizid aus dem Holzstäbchen schützen – in der Hoffnung auf eine gute und gesunde Ernte. 19 magazin 3 | 2021
STIF T UN G W ELT HUN GERHIL F E Dem letzten Willen begegnen wir mit großem Nicola Quarz ist Referentin für Nachlassverwaltung bei der Welthungerhilfe. Die 42-jährige Juristin Respekt wird aktiv, wenn Menschen ihr Erbe für Projekte der Organisation zur Verfügung stellen. Im Interview spricht sie darüber, wie man über das eigene Leben hinaus helfen kann, und über die V erantwortung, die sie bei ihrer Aufgabe spürt. „Referentin für Nachlassverwaltung“ – werden kann. Wenn es Angehörige oder Miterb*innen gibt, zum das klingt ein bisschen sperrig. Was versteckt Beispiel andere gemeinnützige Organisationen, nehme ich Kon- sich hinter diesem Titel? takt auf, um alles weitere abzustimmen. Viele Menschen setzen sich mit der Welthungerhilfe dafür ein, den Hunger in der Welt zu beenden. Manche möchten das auch Wie wird das Erbe praktisch umgesetzt? über ihr Leben hinaus und bedenken uns deshalb in ihrem Tes- Bedenkt uns jemand mit einer Geldsumme, kontaktiere ich die tament. Dafür, dass ihr Nachlass in die Projekte fließen kann, jeweilige Bank und sorge dafür, dass uns der Betrag zufließt. sorge ich gemeinsam mit meinen Kolleg*innen. Bei komplexeren Erbschaften läuft es anders: Sind wir Allein- erbe, erhalten wir schlicht gesagt alles, müssen uns aber auch Wie machen Sie das konkret? um alles kümmern. Ich fahre dann an den jeweiligen Ort und Ich bin die erste Anlaufstation, wenn die Welthungerhilfe in schaue, was zu erledigen ist. Oft finde ich Verträge, die zu kün- einem Testament bedacht worden ist. Als erstes kläre ich, wor- digen sind, oder Bankunterlagen. Und ich begutachte die Dinge, um es geht – eine Erbschaft oder ein Vermächtnis. Dann prüfe die uns vererbt wurden, zum Beispiel ein Haus oder eine Woh- ich, was an Vermögenswerten vorhanden ist oder was veräußert nung. Von Kunst über Oldtimer bis zur Puppensammlung ist magazin 3 | 2021 20
STIF T UN G W ELT HUN GERHIL F E alles dabei. Dann bemühen wir uns darum, die Auflösung des Projekten, zu sehen, dass das Geld in guten Händen ist und da Haushaltes zu übernehmen und alles möglichst gewinnbringend ankommt, wo es benötigt wird, ist ganz, ganz wichtig für mich. zu veräußern, damit es im Sinne der Erblasser*innen verwendet werden kann. Nun haben Sie jeden Tag nicht nur mit Hilfe und Leben zu tun, sondern auch mit dem Tod. Und was passiert mit den persönlichen Ist das ein Spagat für Sie? Gegenständen der Verstorbenen? Da habe ich keine Berührungsängste, schließlich gehört der Tod Oft steht im Testament: „Meine Tagebücher sollen an diese zum Leben. Der Mensch, der uns bedacht hat, lebt in den Pro- Freundin oder meine Briefmarkensammlung an jenen Freund jekten auch ein Stück weiter. Und es ist immer wieder beeindru- gehen.“ Dafür sorgen wir selbstverständlich. Wenn dort nur ckend und berührend zu erleben, wie Menschen über ihr ganzes steht, dass alles in Projekte fließen soll, handeln wir entspre- Leben etwas angespart haben und das dann einsetzen, um an- chend. Aber natürlich gibt es in jedem Haushalt Dinge, die man deren ein Leben ohne Hunger und Not zu ermöglichen. Meine nicht verkaufen kann, zum Beispiel Fotoalben. Da fragen wir Kolleg*innen und ich sehen uns deshalb eher als eine Art Brücke die Angehörigen, ob sie Interesse daran haben, damit gehen wir zwischen dem Leben, das zu Ende gegangen ist, und den Leben, sehr sensibel um. die nun bereichert werden. Sicher bedenken nicht nur Hausbesitzer*innen Das Interview führte Florian Kaiser, freier Journalist in Hamburg. die Welthungerhilfe im Testament … Nein, natürlich nicht. Es sind auch viele „kleinere“ Erbschaften oder Vermächtnisse dabei. Und das ist uns wichtig zu vermit- teln: Auch mit einem relativ kleinen Betrag kann man so viel erreichen! Wenn viele Menschen uns einen kleinen Betrag hin- Wird die Welthungerhilfe im Testament als Erbin terlassen, dann erreichen wir umso mehr. Hier ist jeder Euro bestimmt, bekommt sie (allein oder zusammen mit wertvoll. anderen) den gesamten Nachlass und alle damit verbundenen Rechte und Pflichten. Oft entscheiden Wie gehen Sie damit um, wenn jemand sich Menschen, die keine nahen Verwandten haben, Auflagen oder besondere Wünsche mit seinem ihr Vermögen testamentarisch dafür einzusetzen, die Erbe verbindet? Lebensumstände von Menschen in Armut und Not Wir gehen grundsätzlich auf alles ein, was testamentarisch fest- zu verbessern. Wird die Welthungerhilfe mit einem gelegt ist, zahlen beispielsweise Vermächtnisse an Angehörige Vermächtnis bedacht, hat sie gegenüber dem oder aus oder kümmern uns um die Grabpflege. Wir spüren dabei den Erben einen Rechtsanspruch auf die darin konkret immer das Vertrauen, das uns entgegengebracht wird, die Ver- benannten Gegenstände oder Werte, aber nicht die antwortung gegenüber dem letzten Willen der Erblasserin be- Rechte und Pflichten, die sich aus dem Gesamterbe ziehungsweise des Erblassers. Dem begegnen wir mit ganz viel ergeben. Wer Kindern oder Enkel*innen den Großteil Respekt. des Vermögens vererben möchte, kann mit einem Vermächtnis gleichzeitig dafür sorgen, dass es künftig Da haben Sie eine verantwortungsvolle weltweit weniger Hunger gibt. Aufgabe. Wie sind Sie dazu gekommen? Ich bin Juristin und habe auch eine Zusatzausbildung als Tes- tamentsvollstreckerin. Im Laufe der Jahre habe ich, wenn ich Unser kostenloser Testamentsratgeber Nachrichten über die Krisengebiete dieser Welt gesehen habe, informiert Sie über all- gemerkt, dass es mir ein Bedürfnis ist, Menschen in Not zu hel- gemeine Regelungen fen. Deshalb habe ich mich schon länger für die Welthunger- rund ums Erbrecht hilfe interessiert. Eines Tages wurde die Stelle für Nachlassver- und über die Möglich- waltung ausgeschrieben, ich habe mich beworben und bin jetzt keit des gemeinnützi- gen Vererbens. Unver- seit September letzten Jahres dabei. bindlich bestellen kön- nen Sie ihn per E-Mail Jetzt nach einem Jahr – ist es das, was Sie oder telefonisch unter sich vorgestellt haben? vererben@welthunger Ja, es macht sehr viel Spaß. Ganz am Anfang habe ich ein gro- hilfe.de bzw. 0228 ßes Foto über meinem Schreibtisch aufgehängt von Schulkin- 2288-602 oder -268. dern in einem Projekt in Afrika. Das erinnert mich immer dar- an, worum es bei meiner Arbeit geht. Die Verbindung zu den 21 magazin 3 | 2021
A K TIO NEN & KO O PER ATIO NEN Wasser ist ein Menschenrecht Über zwei Milliarden Menschen weltweit leben noch immer ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das darf nicht sein, sagt die Organisation Viva con Agua, die seit Jahren mit der Welthungerhilfe zusammenarbeitet. Für ihre Kampagne „WATER IS A HUMAN RIGHT“ gibt sie diesem Anliegen starke Gesichter. An zahlreichen Orten der Welt müssen Menschen täglich viel Zeit darauf verwenden, die Familie mit Wasser zu versorgen. Oft haben dabei genutzte Wasserstellen nicht einmal sichere Trinkwasserqualität. 2010 wurde das Menschenrecht auf sauberes Wasser und sanitäre Anlagen durch die Vereinten Nationen anerkannt. Doch umgesetzt ist das Recht noch lange nicht – ein Grund für Viva con Agua, sich noch stärker und lau- ter dafür einzusetzen. Unter anderem mit der Kampagne „WATER IS A HUMAN RIGHT“, die zusammen mit Fotograf Marco Fischer entstand. Er fotografiert Prominente und Menschen des öffentli- chen Lebens mit einem handgemalten Papp- schild, das nun schon Kult ist. Seine Motive sind schwarzweiß, damit das Augenmerk nicht auf der Person, sondern auf der Botschaft liegt. „Wir wollen, dass die Leute von der Message und von Viva con Agua begeistert sind“, sagt Marco Fischer. Ziel der Kampagne ist es, Menschen für das Thema Wasser, den Umgang und die Nöte damit, zu sensibilisieren. Und Unterstützung dafür zu finden, weltweit möglichst vielen Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen. Mittlerweile findet die Kampagne so großen Anklang, dass auch weitere Fotograf*innen das Projekt unterstützen. Über Social-Media-Kanäle verbreitet sich das Anliegen von Viva con Agua erfolgreich weltweit. Benjamin Adrion, Gründer der Hamburger Organisation, freut das sehr: „Wasser ist Leben, es bedeutet eine Grundlage für Bildung, Einkommen und Gesundheit. Darum unterstützen wir Wasserprojekte weltweit und haben schon viel erreicht.“
A K TIO NEN & KO O PER ATIO NEN Allein mit der Welthungerhilfe und ihren lokalen Partnern konn- ten in 15 Jahren über 40 Projekte im Bereich Wasser, Sanitär und Hygiene umgesetzt und damit rund drei Millionen Menschen erreicht werden. Benjamin Adrion: „Es gibt kein Schema F, das in allen Ländern auf dieselbe Weise durchgezogen werden kann. Das schätze ich so an der Welthungerhilfe. Sie nutzt angepass- te Technologien und bezieht am Projekt beteiligte Menschen von Anfang an ein, von der Planung über die Umsetzung bis hin zur nachhaltigen Pflege zum Beispiel von Brunnen oder Toilettenanlagen.“ Dass sich wie ein Schneeballeffekt immer mehr Akti vist*innen, Prominente und Partner der Viva-Kampagne an- schließen, trifft die Grundüberzeugung der Organisation: „Ge- meinsam sind wir besser aufgestellt als allein. In einem Netzwerk kann man einfach mehr bewegen“, bringt es Benjamin Adrion auf den Punkt. Auch die Welthungerhilfe ist dabei. So entstan- den unter anderem Fotos des Uganda-Teams nach dem berühm- ten Vorbild (s. S. 2). Und für alle diejenigen, die mitmachen möchten, bietet sich bei Snapchat die Möglichkeit, das „Original“- Schild einzubauen und dann mit anderen zu teilen. Mehr Informationen zur Kampagne gibt es unter: waterisahumanright.de, mehr zu den vielfältigen Aktivitäten von Viva con Agua unter vivaconagua.org Stars wie Sting, Barbara S chöneberger, Joy Denalane und Bela B (Die Ärzte) stehen für das Anliegen der Kampagne. Wasser hat Einfluss auf ... Zeit: Laut UNICEF Gesundheit: Jährlich kostet es Frauen und Mädchen sterben mehr Menschen an in Afrika jährlich 40 Milliarden Krankheiten, die durch verschmutz- Stunden, Wasser zu beschaffen. tes Wasser ausgelöst werden, Jede dieser Stunden raubt als an Krieg und Gewalt. 43 Prozent wertvolle Zeit für eine der Betroffenen einer schlechten wirksame Entwicklung. Wasserversorgung sind Kinder unter fünf Jahren. Bildung: Sauberes Wasser ermöglicht Kindern und vor allem Mädchen Sie möchten mehr über die eine bessere Bildung! In Schulen mit guter Kampagne und unsere Kooperation mit Viva con Agua erfahren? Wasserversorgung ist die Gesundheit besser, Stefan Isbrecht die Fehlzeit geringer, die Konzentration Team Engagement besser, der Lernerfolg größer. Tel. 0228 2288-773 stefan.isbrecht@welthungerhilfe.de 23 magazin 3 | 2021
A K TIO NEN & KO O PER ATIO NEN Sie waren in Köln dabei: Welthungerhilfe-Vorstand Susanne Fotiadis und Mathias Mogge mit prominenten Botschafter*innen Jeanette Koziol, Jens Käbbe, Susanna Ohlen, Florian Ambrosius, Hans Jürgen „Knacki“ Deuser, Basti Campmann und Nils Plum (v.l.n.r.). Läuft! Ob die virtuelle Lauf-Challenge oder der seit langem wieder „echte“ ZeroHungerRun in Köln: Tausende Menschen schnürten in den vergan genen Monaten die Schuhe und setzten ein Zeichen gegen Hunger und Armut. Wir sagen Danke an alle, die dabei waren! Was für ein toller Erfolg: Beim diesjährigen virtuellen Spen- In 46 Ländern denlauf gingen im Mai weltweit 6.445 Läufer*innen an den Start. starteten diesmal Begeisterte gegen den Mit Teams aus 46 Ländern, unter anderem aus Bangladesch, Hunger. Mit dabei na- Malawi, Syrien, Uganda, Simbabwe und den Vereinigten Staaten türlich auch die Teams erreichte die ZeroHungerRun-Challenge ein großartiges Ergebnis. der Welthungerhilfe. Denn durch die Startspenden der Teilnehmenden und das Enga- gement der Sponsoren kam eine Summe von über 124.000 Euro für die Projektarbeit der Welthungerhilfe zusammen. Viele prominente Botschafter*innen wie Eckart von Hirschhausen, Ann-Kathrin Kramer, Simon Böer, Gesine Cuk- rowski, Jan Sosniok, Liz Baffoe sowie Sportler*innen wie Haile Gebrselassie, Sabrina Mockenhaupt-Gregor oder Uta Pippig Strecke von 5.580 Kilometern zurück. Das entspricht fast genau setzten sich ebenfalls in Bewegung und riefen zu Solidarität mit der Entfernung von Köln nach Addis Abeba. Unter dem solidari- Menschen in Not auf. schen Motto „Zesamme stonn – Zesamme laufe“ wurden knapp Im Juli konnte dann in Köln auch endlich wieder ein rea- 25.000 Euro gespendet. Mit diesem Ergebnis steht fest: Alle ler Lauf stattfinden – natürlich in kleinerer „Coronaversion“. Ins- Teilnehmer*innen haben Großartiges geleistet und sind ein Ge- gesamt legten die rund 1.000 Teilnehmenden die unglaubliche winn für den Kampf gegen Hunger und Armut! magazin 3 | 2021 24
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