Hartmut Schröter - Nachrichtenredakteur - Radio-Köpfe - der ADDX
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Radio-Köpfe richtenredaktion eingesetzt, die den Haupt- teil zusammenstellte. Danach wechselte er in die Kulturredaktion und berichtete z.B. von den Ruhrfestspielen in Recklinghausen, eines der ältesten Theaterfestivals Europas, von den Oberhausener Kurzfilmtagen wie von den Tagen für neue Kammermusik in Witten. Schröter blieb bis März 1974 bei der „Westfälischen Rundschau“, die inzwi- schen vom WAZ-Konzern aufgekauft wur- de. Eines Tages Anfang 1974 fragte der Chefreporter der „Westfälischen Rund- schau“ beim Pils in der Kneipe, ob Schröter denn nicht wechseln und Rundfunk machen wolle: „Radio Luxemburg sucht Nachrich- tenleute. Rufen Sie mal den Elstner an!“ Oft hatte man Schröter zuvor schon gesagt, dass er mit seiner Stimme eigentlich zum Rund- funk gehöre. Elstner forderte ihn auf sofort zu kommen, gleich am Sonntag. Schröter fuhr nach Luxemburg. Man legte ihm bei der Sprechprobe Nachrichten vor, die er vorlesen sollte. Offenbar gefiel es Pro- grammdirektor Frank Elstner und Chefspre- Hartmut Schröter – Nachrichtenredakteur cher Jochen Pützenbacher. Denn sie fragten Schröter nach dem Verlesen der Probe- (Radio Luxemburg /RTL Plus/Pro 7) Nachrichtenmeldungen unisono: „Wann können Sie anfangen?“. Der Chefredakteur Multimedial ist heute die journalistische Vom Print zum Radio der „Westfälischen Rundschau“ meinte Ausbildung vielfach ausgerichtet: Hartmut noch zu Schröter, dass ein junger Mensch Schröter (79) war gewissermaßen seiner Als Schröter die Wartezeit bei der Jour- sich so eine Chance im Leben nicht entge- Zeit voraus: Er war zuerst bei der Zeitung, nalistenschule München überbrücken woll- hen lassen dürfe und ließ ihn daher ohne dann beim Radio und schließlich beim te, an der er später Gastdozent sein sollte, er- Einhaltung von Kündigungsfristen gehen. Fernsehen. Seine Aufgabe war es dabei im- gab sich 1967 für ihn die Gelegenheit zu ei- Schröter fing gemeinsam mit Rainer Holbe mer, Neuigkeiten und Hintergründe an den nem zweijährigen Volontariat (Journalis- und Ludwig Hertel (alias Juppi Junek) am 1. Leser, den Hörer und den Fernsehzuschau- tenausbildung) bei der „Westfälischen April 1974 bei Radio Luxemburg an: „Wir er zu bringen. Sein politisches Interesse Rundschau“ (WR), Lokalredaktion Iserlohn waren die Aprilscherze von Radio Luxem- rührte daher, dass er gewissermaßen im (Schröter: „Gewissermaßen ein Heim- burg“, merkt Schröter mit einem Augen- Spannungsfeld von Ost und West aufwuchs: spiel!“). „Damals musste ich nahezu jeden zwinkern an. Er kam in die Nachrichtenre- In Schlesien geboren, danach einerseits Le- Tag arbeiten bis auf drei Wochen Urlaub im daktion zusammen mit Ludwig Hertel, der ben in der damaligen Ostzone, andererseits Jahr“, erinnert sich Schröter und fügt hinzu: für den Sport verantwortlich war, und er- nur eine knappe Viertelstunde Fahrt mit der „Es war eine verdammt gute Schule!“. Das weiterte die Mannschaft um Jürgen Over- S-Bahn bis zur ersten Station in Westberlin. Verbreitungsgebiet der „Westfälischen dieck und Olaf Steinbauer, die bereits 1972 In der Schule der Versuch, die Kinder im Rundschau“ mit Sitz in Dortmund ging vom von der „Abendzeitung“ (München) zu Ra- Sinne der SED zu erziehen, zu Hause eine Siegerland über das Sauerland, das östliche dio Luxemburg gewechselt waren und die total andere politische Erziehung, im Radio Ruhrgebiet bis hinein ins Münsterland. Die Nachrichtenredaktion aufbauten sowie wurde RIAS gehört. Und das Bewusstsein, damalige Auflage lag etwa bei 250.000 Hans Meiser. Damals hatte Radio Luxem- sich nie verplappern zu dürfen. Als Schröter Exemplaren. Die Zeitung, die sich als Ge- burg noch das Image vom eher unpoliti- elf Jahre alt war, floh seine Familie 1952 gengewicht zu den konservativen „Ruhr schen Unterhaltungsdampfer: „Als ich zu ins westfälische Sauerland. Er machte dort Nachrichten“ verstand, gehörte zur Konzen- Radio Luxemburg wechselte, fragten mich Abitur und studierte an dem Auslands- und tration GmbH, dem Pressekonzern der SPD. noch WR- Kollegen, ob die dort überhaupt Dolmetscherinstitut der Universität Mainz Schröter, der Journalisten mit Parteibuch Nachrichten machten“. – Nebenstelle Germersheim (Rheinland- kritisch sieht – vor allem, wenn sie über das Pfalz) – Angewandte Sprachwissenschaften Parteibuch Karriere machen wollen – stellt mit Geschichte und Volkswirtschaft in den Nachrichten-Innovationen erleichtert fest: „Man musste kein Partei- Sprachen Französisch und Italienisch. mitglied sein. Im Arbeitsvertrag stand ledig- bei Radio Luxemburg Schon während des Studiums war der Sog lich, dass man in seiner politischen Ausrich- zum Journalismus stärker, so dass er sein tung auf dem Boden des Godesberger Pro- Schröter kam just zu der Zeit nach Lu- Studium schließlich abbrach. Unser Mitar- gramms (Anm: Grundsatzprogramm der xemburg, als der größte kommerzielle Sen- beiter Hendrik Leuker durfte Hartmut SPD aus dem Jahr 1959) zu stehen habe.“ der Europas gerade eine Nachrichtenoffen- Schröter und seine Frau Marianne in seiner Auf den Inhalt der Zeitung nahm die Kon- sive startete. Aus dem Unterhaltungsdamp- Wohnung in Bamberg empfangen und bat zentration GmbH aber keinen unmittelbaren fer Radio Luxemburg sollte zusätzlich auch zum Gespräch. Einfluss. eine seriöse Informationsquelle werden. Programmdirektor Elstner läutete diesen Bild oben: Hartmut Schröter beim Inter- Schröters Volontariat wurde verkürzt. neuen Abschnitt in der Geschichte des Sen- view in Bamberg. Als Redakteur wurde er erst in der Nach- ders wie folgt ein: „Wir wollen mehr Infor- 22 Radio-Kurier – weltweit hören® 1/2021
Radio-Köpfe mation bringen. Wir wollen, dass die Leute, Nachrichtenmanuskripte wäh- die die Nachrichten erstellen, diese auch auf rend der Live-Sendung mit der Antenne vortragen!“ Es ging ihm um seinem Feuerzeug von unten Authentizität, Nachrichtenredakteur und an. Er wollte damit wohl die Nachrichtensprecher waren nun eine Per- Reaktionsfähigkeit des Nach- son, damals eine Innovation im deutsch- richtenredakteurs testen. Er sprachigem Radio. Agenturtexte sollten hat dann die Flamme wieder nicht wörtlich übernommen werden, son- ausgeblasen, so dass es nie- dern vom diensthabenden Nachrichtenre- mand sonst gemerkt hat. dakteur verständlich umgeschrieben wer- den. Die Texte der Deutschen Presse Agen- Am 13. Juli 1979 über- tur (dpa), die die Nachrichtenredaktion raschten Kollegen um Björn nutzte, klangen oft amtlich. „Wir haben die Hergen Schimpf und Hans berühmten 5 W (Wer, Wo, Was, Wieso, Meiser den nachrichtenlesen- Warum?) im Lead-Satz der Agenturmel- den Hartmut Schröter. Meiser dung (Anfang einer Nachricht, die die Kern- nahm ihm auf einmal die Ma- aussage knapp zusammenfasst) in einzelne nuskripte weg und las weiter. kürzere Sätze zerlegt, die Meldungen für Schröter schaute verdutzt auf den Hörer verständlich aufbereitet. Ein Le- und sah wie Björn ständig ei- ser kann immer nachlesen, wenn er auf den nen kugelrunden Bauch form- ersten Blick einen Text nicht verstanden te und dabei Bewegungen hat. Ein Hörer kann nicht zurückspulen. machte. Er begriff schnell, Versteht er nichts, ist er frustriert. Ist er frus- welch´ freudiges Ereignis ihm triert , schaltet er ab“, gibt Schröter zu be- da verkündet werden sollte: denken. Eine weitere Innovation und Ergän- Die Geburt seines ersten Kin- zung der stündlichen Nachrichten zur hal- des, seiner Tochter! Schröter ben Stunde Mitte der 1970er Jahre war der begab sich dann sofort Rich- „Flash“: Bei wichtigen Anlässen konnten tung Luxemburger Kranken- die Redakteure das laufende Programm je- haus. Programmdirektor Elst- derzeit unterbrechen, um eine kurze Eilmel- ner fand die Aktion nur be- Autogrammkarte von Hartmut Schröter, RTL (1986). dung von ein, zwei Sätzen zu senden. „Man dingt lustig: Was wäre gewe- sen, wenn Hartmut vor lauter Aufregung ge- einer von der „Firma“ ,der Stasi, sein. Fast wollte mehr Aktualität ins Programm brin- gen einen Baum gefahren wäre? Was er ungläubiges Staunen, als Schröter ihm seine gen. Aber: Es war eher gut gemeint als gut nicht wusste: Schröter hatte mit seiner Frau Visitenkarte überreicht. Ein anderes Mal, gemacht. Wir haben übertrieben. Manchmal ausgemacht, dass sie rechtzeitig vor der im Jahr 1980, reist Schröter mit seiner Frau wurde es echt albern, weil der Flash zu oft Entbindung anrufen sollte, so dass Schröter und der Tochter, die damals noch ein Baby eingesetzt wurde – und das in einem Unter- bei der Geburt seines ersten Kindes dabei war, in die DDR ein. In den Einreisepapie- haltungsprogramm. So macht man ein Sys- sein konnte. Schröter fährt sinnierend fort: ren steht klar und deutlich, wer sein Arbeit- tem kaputt!“, ist Schröters Fazit. „Es gab schon lustige Erlebnisse im Zusam- geber ist. Schröter erzählt mit Schmunzeln, menhang mit den Nachrichten, aber die Zu- wie sich mit der Dame der Grenzorgane, Radio-Erlebnisse hörer durften es vielfach nicht mitbekom- nach einem nur äußerst flüchtigen Blick in men. Radio Luxemburg war schließlich den Kofferraum und ins Handschuhfach ein Bisweilen erlebt man beim Radio heitere auch ein Lebensgefühl, ein sehr lebenswer- freundlicher Dialog entwickelte: ‘Was ma- wie sentimentale Episoden. Und das pas- tes.“ chen Sie denn bei Radio Luxemburg?’, frag- sierte Schröter gleich zu Beginn. Kaum war te sie. Ich antwortete: ‚Nachrichten’. Sie im er zum ersten Mal auf der Antenne gewesen, Radio Luxemburg war auch jenseits des weiteren Verlauf des lockeren Gesprächs: leuchtete die Lampe des Studio-Telefons Eisernen Vorhangs in der DDR äußerst be- ‚Wir sind ja keine Engel, wir wissen genau, auf. Reaktion vom Chef? Mitnichten. Eine liebt. Es gab viel Fan-Post, auch wenn was Radio Luxemburg ist. Aber eins sage weibliche Stimme hauchte: „Bist Du neu? DDR-Bürger, die an RTL schrieben, wegen ich Ihnen: Der Sozialismus siegt. Ich wün- Oh Mann, hast Du eine sexy Stimme...“ Ein verbotener Kontaktaufnahme belangt wer- sche Ihnen einen schönen Aufenthalt in der halbes Jahr später blieb er im Fahrstuhl ste- den konnten. Offiziell als kapitalistisch- Deutschen Demokratischen Republik’. Ich cken. Rainer Holbe im Studio 4 hatte sein subversives Programm verpönt, tat das der antwortete: Na dann, auf Wiederhören !" Erscheinen schon angekündigt und danach Beliebtheit keinen Abbruch. Schröter zählt die Hörer immer wieder vertröstet. Als drei Beispiele auf: Im Herbst 1978 schlen- Sentimentale Erlebnisse geschahen eher Schröter aus seiner misslichen Lage befreit dert er durch die Altstadt von Erfurt. An ei- außerhalb des Programms: „Eines Sommer- wurde, war es zu spät für die aktuellen ner Baustelle ertönt aus einem Kofferradio tages wollte Frank mit mir bei sich zuhause Nachrichten. Der Vorgang blieb der „Bild“- unüberhörbar Radio Luxemburg. Niemand etwas besprechen. Mein Auto war in der Zeitung nicht verborgen, die ein paar Tage stört sich dran. Ein paar Jahre später in ei- Werkstatt. Ich ging zu Fuß und kam ver- später meldete: „Nichts Neues von Hart- nem Dorf im Thüringer Wald: Ein Mann schwitzt an. Darauf Frank: Sie sind ja ganz mut“. In der Ratesendung „Blaue Stunde“ hackt Holz, hört dabei ganz laut Radio. verschwitzt! Schröter antwortete: Mein Wa- nahm das Rateteam im kleinen Nachrich- Schröter kommt vorbei, erkennt die Stim- gen ist in der Werkstatt! Darauf Elstner: tenstudio Platz. Die Nachrichten kamen men der Sprecher, wundert sich über den Mausi, haben wir nicht einen Wagen frei, deshalb aus dem großen Studio 4. Dort trieb klaren Empfang, tritt an den Gartenzaun den wir dem Hartmut geben können? Diese Moderator Rolf Röpke bisweilen seinen und fragt : „Langwelle oder Kurzwelle?“ spontane Reaktion zeigt, welches Lebens- Schabernack mit den diensthabenden Nach- Der Holzhacker druckst herum, der Fremde gefühl mit Radio Luxemburg verbunden richtenredakteuren. Er zündete dann die könnte ja ein linientreuer Genosse oder gar war“, merkt Schröter an. RTL war wie eine Radio-Kurier – weltweit hören® 1/2021 23
Radio-Köpfe zu einem Situationsbericht über den gen. Schröter war einer der Präsentatoren ersten Parteitag der kommunistischen der täglichen Nachrichtensendung „7 vor Partei Chinas (KPCh) nach Maos Tod, 7“, seit 1985 „7 vor 7-Die Bilder des Ta- zu dem er selbst aber nicht akkreditiert ges“. Schröter fiel letzterer Name der Nach- war. Er bat die Nachrichtenredaktion richtensendung ein: Er beschreibt nicht nur spontan darum, ein Band einzulegen, die krumme Anfangszeit der Nachrichten, und berichtete aus dem Stegreif über 18:53 Uhr, sondern spielt auch damit, dass ein Land im Umbruch. „So bekommt RTLplus terrestrisch auf Kanal 7 (Sender- man dann seinen Spitznamen als Fern- standort: Düdelingen/Dudelange) ausge- ost-Experte“, merkt Schröter schmun- strahlt wurde. Schröter hierzu: „Wir hatten zelnd an. die gleiche Regie wie die Franzosen und konnten die Nachrichten daher nicht früher Im November 1982 verließ Schröter als um 18:45 Uhr ausstrahlen. Da wir auf Radio Luxemburg („Ich merke mir das Kanal 7 sendeten, kamen wir dann eben auf immer mit Breschnews Tod, der in die- 7 vor 7. Das ZDF hat es dann so dargestellt, sem Monat eintrat.“). Bereits ab dem wie wir durch einen Besuch von Journalis- Jahr 1977 bestand bei Schröter ein ten erfahren haben, dass wir der ‘heute’- Draht zu den französischen RTL-Fern- Sendung Zuschauer abspenstig machen sehkollegen, da er seither ab der Ent- wollten, was nicht der eigentliche Grund führung und Ermordung des Arbeitge- war.“ Die Nachrichten kamen aus einer Fab- berpräsidenten Schleyer im sogenann- rikhalle in Bertrange (Bartringen). Zunächst ten Deutschen Herbst regelmäßig Stu- wurden die Videos mit den geschnittenen diogast und Kommentator zu Deutsch- Beiträgen noch in Luxemburg-Stadt produ- land-Themen gewesen war. Der desig- ziert und nach Bertrange gefahren: „Hätten Hartmut Schröter im Jahr 1974. nierte RTLplus-Programmleiter Tho- wir damals einen Unfall gehabt , hätten die Familie! Schröter führt als besonders ein- mas Wilsch regte an, dass Schröter als Nachrichten nicht stattgefunden“, merkt prägsames Beispiel an, dass ein Tontechni- Verbindungsmann zu dem bestehenden Schröter an. Für die Beiträge hatte RTLplus ker von RTL schwer nierenkrank gewesen französischsprachigen RTL-TV-Programm als einziger kommerzieller Sender – zum sei und ihn kein Geringerer als der CLT-Ge- (Anm: Für Lothringen und Belgien; heute: Beispiel im Gegensatz zu Sat1, das 1985 an neraldirektor Graas zu sich gerufen habe RTL 9) fungieren sollte, worin Schröter ein- den regulären Sendestart ging – Zugriff zum und ihm ein Flugticket in die Hand gedrückt willigte. „Wir sollten ursprünglich aus dem Bildmaterial der European Broadcasting habe mit den Worten: Morgen fliegen Sie gleichen Studio senden. Es kam nicht dazu. Union (EBU). Die Muttergesellschaft von nach London. Für die Operation in der Kli- Außerdem war ich in der Aufbauphase für RTL, die CLT, ist Gründungsmitglied der nik ist alles vorbereitet! Viel Glück! 2007 die Erkundung der Zuschauerpotentiale zu- EBU (gegründet 1950). traf Schröter bei den Feierlichkeiten zu „50 ständig, habe u.a. bei Einwohnermeldeäm- Jahre Radio Luxemburg“ den inzwischen tern angerufen. Wir wollten seinerzeit er- Neben der Präsentation der Abendnach- aus dem Berufsleben ausgeschiedenen fahren, wie viele Zuschauer wo vorhanden richten moderierte Hartmut Schröter bei Techniker wieder, der hervorhob, dass er waren. Wir waren dann erstaunt, dass wir RTLplus die Sendereihe „Blick in die Welt“, Graas sein Leben verdanke. Schröter fügt über mehr Zuschauer verfügten als wir er- eine Chronik von Wochenschauen vor 30 hinzu: „Es war auch die Menschlichkeit, die rechnet hatten. Zum Beispiel dachten wir Jahren. Außerdem gab es viele Sondersen- die CLT und Graas auszeichnete.“ nicht daran, dass wir in einigen Ecken im dungen, produziert und moderiert von Hart- äußersten Süden von Nordrhein-Westfalen mut Schröter, da gerade in der Anfangszeit per Hausantenne noch empfangen werden von RTLplus bedeutende Ereignisse sich Vom Radio zum Fernsehen konnten. Als ich später nach Bad Münster- rund oder halbrund jährten: „Ich habe z.B. eifel umzog, sagte mir mein Briefträger, Sondersendungen moderiert zu den Themen Schröter galt bei Radio Luxemburg als dass er RTLplus schon vom Programmstart 40 Jahre Kriegsende (1985) mit Nic Jakob, Außenpolitikexperte mit Spezialgebiet an sehen würde.“ Schröter fährt fort: „Zu- zum Satellitenstart (1985), 25 Jahre Mauer- Fernost. Im September 1976 starb der chi- sammen mit meinem RTL-Kollegen Mat- bau (1986) und 40 Jahre Israel (1988) mit nesische Diktator und Gründer der Volksre- thias Krings bin ich zwei Monate lang (Sep- Peter Scholl-Latour als Studiogast“, nennt publik China, Mao Zedong, im Alter von 82 tember-November 1983) im potenziellen Schröter eindrückliche Beispiele. Die Son- Jahren. Schröter hat gleich ein Gespräch an- Sendegebiet von RTLplus wie Trier, Witt- dersendung zu Israel im Jahr 1988 fand gro- gemeldet beim damaligen Deutschen Bot- lich, Bitburg und Saarbrücken in den Fuß- ßen Anklang: Es kamen darin der erste is- schafter in der Volksrepublik China, Erwin gängerzonen sowie auf dem Lande im Saar- Wickert, Vater des langjährigen „Tagesthe- land, Hunsrück und Eifel/Moseltal unter- men“-Moderators Ulrich Wickert, und die- wegs gewesen und habe das kommende ser rief nach vier Stunden zurück. Erwin deutschsprachige Fernsehprogramm aus Wickert war später auch Verfasser eines Luxemburg vorgestellt und für dieses Wer- Buches über China („China von innen gese- bung gemacht.“ Begleitet wurden sie dabei hen“) und vermerkte darin beeindruckt: von einem Fachmann der Firma FUBA, der „Radio Luxemburg war der erste Sender, die spezielle Hausantenne vorstellte, die der sich meldete.“ Im Jahr 1977 bereiste zum Empfang nötig gewesen war. Am 2. Ja- Schröter das verschlossene „Reich der Mit- nuar 1984 war es dann so weit: RTLplus te“. Zu dieser Zeit empfing die Volksrepub- ging auf Sendung und war anfangs nur im lik China jährlich gerade einmal 10.000 näheren Umkreis von Luxemburg (Lothrin- Ausländer. Schröter fuhr in einer privaten gen, Ostbelgien, Saarland, Hunsrück, Ei- Gruppe mit. Sein Reporterglück führte dann fel/Moseltal) per Hausantenne zu empfan- 24 Radio-Kurier – weltweit hören® 1/2021
Radio-Köpfe raelische Botschafter in der Bundesrepub- ableger N 24 (heute: lik, Asher Ben-Natan, und der palästinensi- Welt) in Berlin. „Ich ar- sche Diplomat und Politiker Abdallah Fran- beitete dort aber nicht gi zu Wort. „Das Echo zu dieser Sendung mehr vor der Kamera“, war groß und zumeist positiv. RTLplus hatte fügt Schröter hinzu. Be- und hat in Israel viele Fans. Das Presseecho sonders in Erinnerung war auch anerkennend: RTLplus macht ja ist ihm noch die Ab- richtig seriöse Geschichten, hieß es“, be- schiedsfeier von N 24 in richtet Schröter nicht ohne einen Anflug Berlin geblieben: „Da- von Stolz. RTLplus war schon zu Beginn mals sind wir mit einem mehr als ein Garagenfernsehen, wie es mit Original-Rosinenbom- Spitznamen seinerzeit oft bezeichnet wur- ber (Anm.: Flugzeug der de: „Unser Fernsehprogramm kam tatsäch- Alliierten zum Zeit- lich aus einer Produktionshalle mit Blech- punkt der Berliner Luft- dach. Diese stand in Bertrange und es war brücke 1948/49) vom alles in einem untergebracht. Das ganze Flughafen Tempelhof Programm, die Unterhaltung und in einer über Berlin geflogen Ecke die Nachrichten“, schaut Schröter zu- und haben die Aussicht rück. von oben genossen. Er- Aus der Anfangszeit, in der man viel im- innerungen aus meiner provisieren musste, stammt folgendes ein- Kindheit wurden bei mir prägsames Erlebnis: Am 21. März 1985, wieder wach“. Im Fern- dem 300. Geburtstag des barocken Kompo- sehen bekam Schröter Das Team von Radio Luxemburg (1975). nisten Johann Sebastian Bach, spielte den Spitznamen „The Schröter vor laufender Kamera in der Nach- Voice“ (Die Stimme) verpasst. Bei der N ßerdem ist er auch im Ruhestand immer richtensendung „7 vor 7 – Die Bilder des 24-Abschiedsfeier stellten Kollegen einen noch nachrichtenorientiert: „Ich bin immer Tages“ von RTLplus eine Flötensonate auf Film mit Ausschnitten aus dem RTLplus- noch ein Zeitungsmensch, lese täglich die der Querflöte. Diese war ein sogenannter Archiv zusammen. Es fügten sich State- ‘Süddeutsche Zeitung’ und verfolge den Abhänger am Schluss der Nachrichten. ments von Pro 7-Chef Kofler, RTL-Anchor- ‘Spiegel’ und die F.A.Z. online. Im Radio Mangels Bildern musste man viel mit Wor- man Peter Kloeppel und Ulrike von der höre ich als Klassikfan BR Klassik, ten und eben mal mit Flötentönen improvi- Groeben (aus dem RTL-Studio) ein. So wur- Deutschlandfunk Kultur und für Informa- sieren. Eine Szene, die bei RTL lange Zeit in de Schröter bei N 24 auf eine Art und Weise tionssendungen den Deutschlandfunk und keinem sendereigenen Rückblick fehlen verabschiedet, die ihn tief gerührt hat. Bayern2 Radio. Ich schaue relativ wenig durfte. Hartmut Schröter blieb RTLplus, das Fernsehen. Was Nachrichten angeht vor al- sich ab dem 31. Oktober 1992 RTL-Televisi- lem das “Heute Journal", besonders gern Hobbys und mit Christian Sievers. Die Leistungen bei on nannte, noch eine ganze Zeit lang treu. Von 1990 bis 1992 machte er einen Abste- Hörgewohnheiten ‘RTL Aktuell’ sind meines Erachtens eher cher zu RTL Tele West, dem Regionalpro- durchwachsen." Wäre Radio Luxemburg, gramm von RTLplus für NRW aus Essen. Schröter gilt als Sprachgenie. Neben das bei der Aufzählung der Sender naturge- RTL Tele West gehört der RTL Group, der Deutsch und Englisch, den heutigen" Must- mäß fehlte, zu retten gewesen? „Ich weiß es WAZ und der „Rheinischen Post“ (Düssel- haves", spricht er noch Französisch, Nieder- nicht. Ich habe die Entwicklung seit mei- dorf). Dort moderierte Schröter und machte ländisch und Italienisch. Schröter beschei- nem Ausscheiden im Herbst 1982 nicht wei- Reportagen. Außerdem moderierte er ein den: „Italienisch spreche ich nicht mehr so ter verfolgt, denn ich war bei RTLplus ein- Wochenendmagazin alle zwei Wochen im gut wir früher. Ich bin über 40 Jahre mit ei- gespannt. Zu meiner Anfangszeit in Unter- Wechsel mit Frauke Ludowig. Bis 1996 ner Niederländerin verheiratet, falle in den föhring bei Pro 7 Mitte der 1990er Jahre er- blieb er bei RTL Television. Niederlanden nicht so schnell als Deutscher innerte mich (der Privatsender) Antenne auf, kann aber witzigerweise Niederlän- Bayern sehr an Radio Luxemburg (Die RTL Den damaligen Pro 7-Chef Dr. Georg disch nicht schreiben.“ Seine Frau Marianne Group ist dort zu 16% beteiligt).“ Ist nach Kofler, der in den 1980er Jahren in Trier lernte er in seiner Zeit bei Radio Luxemburg einem langen Berufsleben eine Präferenz zu Kommunikationswissenschaften und Publi- kennen. Sie war Sekretärin bei Euratom, der Print, Radio und Fernsehen vorhanden? zistik studierte und in Luxemburg seine Dis- 1957 gegründeten Europäischen Atomener- „Ich formuliere es mal so, es hat mir alles sertation schrieb, kannte Schröter schon aus giebehörde der EU-Kommission. Sie heira- Spaß gemacht: Bei Radio Luxemburg war es der damaligen Zeit. Sie standen seither in teten 1978. „Meine Frau sagt immer, dass eine besonders lebenswerte und liebenswer- Kontakt. Kofler rief Schröter an und musste wir in Luxemburg beide radioaktiv waren“, te Zeit. Die Aufbaujahre von RTLplus wa- nicht mehr viel tun, um Schröter zu einem merkt Schröter schmunzelnd an. Das Paar, ren für mich die spannendste Zeit. Der kol- Engagement bei Pro 7 in Unterföhring und das heute im Großraum München wohnt, legiale Umgang dort miteinander, dass einer zu einem Umzug in den Münchner Raum zu hat zwei erwachsene Kinder mit niederlän- für den anderen da war, entschädigte auch bewegen. „Es gab dann von mir noch zum dischen Vornamen, Tochter Marijke und für lange Arbeitstage von manchmal bis zu Abschied in Köln bei RTL eine Feier. Die Sohn Jan Willem. Schröter ist zudem Groß- 12 oder 14 Stunden.“ ‘Bild’-Zeitung" (Kölner Ausgabe) schrieb: vater von zwei Enkelkindern (6 und 8 Jahre Hendrik Leuker ‘Ein Urgestein verlässt RTL’“, fügt Schrö- alt). Er ist begeisterter Hobbymusiker, spielt ter hinzu. Bis zu seinem Eintritt in den Ru- Querflöte und singt seit seiner Kindheit – hestand 2006 arbeitete Schröter als Chef mit Unterbrechung in seiner Luxemburger Kontakt vom Dienst und stellvertretender Nachrich- Zeit – im Chor Werke der Frührenaissance tenchef bei Pro 7 in Unterföhring bei Mün- bis hin zum 21. Jahrhundert. Früher war er ⇒ Hartmut Schröter, chen und fünf Jahre bei dessen Nachrichten- Vorsitzender eines gemischten Chores. Au- E-Mail: hartmutfk.schroeter@web.de Radio-Kurier – weltweit hören® 1/2021 25
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