Hebammen im Spiegel des Leistungserbringungsrechts

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22.10.2014 WzS_2014 / Neusatz

  Luthe, Hebammen im Spiegel des Leistungserbringsrechts                                                                            WzS •.14              1

                            Hebammen im Spiegel des
                            ­Leistungserbringungsrechts
                            Prof. Dr. Ernst-Wilhelm Luthe, Institut für angewandte Rechts- und Sozialforschung (IRS)

                            Nachdem das System der Versorgung mit Hebammenleistungen angesichts steigender Beiträge für
                            die Berufshaftpflichtversicherung zu kollabieren drohte, hat der Gesetzgeber reagiert und die Finan-
                            zierung im SGB V mit Wirkung ab Juni 2014 (vgl. Gesetz v. 21. 7. 2014, BGBl. I S. 1133) auf neue
                            Grundlagen gestellt, die in diesem Beitrag näher beleuchtet werden. Zudem werden normübergrei-
                            fende Strukturen des Kollektivvertragsrechts behandelt, insbesondere zum zugrunde liegenden Ver-
                            trags- und Partnermodell, zu Fragen des Rechtsschutzes im Zusammenhang mit Schiedsstellenent-
                            scheidungen und zum Recht externer Leistungserbringer auf Vertragsbeitritt.

  I. Bezug zum Anspruch der Versicherten
  Der Leistungsanspruch im Bereich der Hebammenhilfe ist in Ablö-               geregelte Vergütung und die im Rahmen des Naturalleistungs-
  sung von der RVO in § 24f SGB V geregelt worden: Die Versicherte              prinzips bestehende Pflicht der Krankenkasse zur Zahlung der
  hat Anspruch auf ambulante oder stationäre Entbindung. Sie kann               Vergütung an den Leistungserbringer ist diesem Dienstvertrag in
  ambulant in einem Krankenhaus, in einer von einer Hebamme                     der Regel nicht die Pflicht der Versicherten zur Zahlung der Ver-
  oder einem Entbindungspfleger geleiteten Einrichtung, in einer                gütung zu entnehmen, sondern nur die Pflicht des Leistungser-
  ärztlich geleiteten Einrichtung, in einer Hebammenpraxis oder im              bringers zur Leistung. Eine Pflicht zur Zahlung der Vergütung
  Rahmen einer Hausgeburt entbinden. Der Anspruch wurde über-                   wird sich für den Leistungsempfänger nur in dem Ausnahmefall
  dies auf Neugeborene erweitert. Diese haben einen eigenen An-                 ergeben, in dem wider Erwarten keine Leistungsverpflichtung der
  spruch auf Hebammenhilfe, wenn sie nach der Entbindung nicht                  Krankenkasse besteht. Aus dem Dienstvertrag ergeben sich insbe-
  von der Mutter versorgt werden können. Zudem ist den Kranken-                 sondere Sorgfaltspflichten des Leistungserbringers, deren Verlet-
  kassen im Rahmen der Satzungsmehrleistungen nach § 11 Abs. 6                  zung zu einem Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertrags-
  SGB V die Möglichkeit eingeräumt worden, zusätzliche Hebam-                   verletzung führen kann.
  menleistungen anzubieten.                                                               Zwischen der Krankenkasse und dem Leistungserbrin-
                                                                                ger besteht im Wesentlichen nur ein Abrechnungsverhältnis, das
                                                                                seine Rechtsgrundlage in der Leistungsverpflichtung der Kranken-
  II. Rechtsbeziehungen der Leistungserbringer                                  kassen gegenüber der Versicherten, in dem Vertrag der Versicher-
                                                                                ten mit dem Leistungserbringer und in dem Vertrag nach Abs. 1
  Wie die anderen Leistungserbringer stehen auch die freiberuflich              hat.
  tätigen Hebammen und Entbindungshelfer in Rechtsbeziehungen
  zu den Versicherten und ihren Krankenkassen. Diese Rechtsbezie-
  hungen sind wie folgt einzuordnen: Zwischen der Hebamme bzw.                  III. Der Kollektivvertrag des § 134a Abs. 1 SGB V
  dem Entbindungshelfer einerseits und der Versicherten ande-
  rerseits kommt ein Dienstvertrag über die Leistungserbringung                 1. Einheitlich geltender Kollektivvertrag des Öffentlichen Rechts
  zustande, der dem Privatrecht zuzuordnen ist. Voraussetzung                   Grundsätzlich handelt es sich bei den Verträgen des § 134a SGB V
  eines rechtswirksamen Dienstvertrages ist generell der Abschluss              um solche des öffentlichen Rechts2 (anstatt vieler BSG v.
  eines Versorgungsvertrages nach § 134a Abs. 1 SGB V.1 Im Hin-                 24. 1. 2008 – B 3 KR 2/07; LSG NRW v. 12. 3. 2009 – L 16 KR
  blick auf die abschließend im Vertrag nach § 134a Abs. 1 SGB V                64/08). Das BGB gilt jedoch entsprechend, soweit es mit den Vor-

   1 Allgemein BSG v. 24. 1. 2008 – B 3 KR 2/07; BSG v. 15. 11. 2007 – B 3 KR   2 Anstatt vieler BSG v. 24. 1. 2008 – B 3 KR 2/07; LSG NRW v. 12. 3. 2009 –
     4/07 R.                                                                      L 16 KR 64/08.
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    gaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten                                Diese Grunddifferenzierungen innerhalb des Partnermo-
    der Leistungserbringer vereinbar ist (§ 69 Abs. 1 S. 3 SGB V).3                  dells geben weiteren Fragestellungen die Richtung. Maßgeblich
              Grundlage der Erbringung von Leistungen der Hebam-                     sind zudem der Zweck und systematische Zusammenhang auch
    menhilfe zulasten der GKV sind die Verträge nach Abs. 1. Sie gel-                der einzelnen Regelung, die das Verhältnis Krankenkasse/Leis-
    ten bundeseinheitlich für alle Krankenkassenarten (Abs. 1 S. 1)                  tungserbringer steuert. Das Partnerschaftsmodell und seine Deri-
    und alle gegenüber der GKV abrechnungsbefugten freiberuflich                     vate kommen insofern mal mehr, mal weniger zum Tragen. Deut-
    tätigen Hebammen, Entbindungshelfer und von diesen geleiteten                    lich wird dies etwa bei der Frage der Verwaltungsaktqualität der
    Einrichtungen (§ 134a Abs. 2). Der Gesetzgeber wollte nur einen                  Schiedsentscheidung. Als Verwaltungsakte anzusehen sind aus-
    einzigen Kollektivvertrag über die Versorgung mit Hebammen-                      schließlich Entscheidungen der Schiedsstelle, nicht diejenigen der
    hilfe ermöglichen.4 Dies ergibt sich zum einen aus der früheren                  Schiedsperson, die lediglich den Charakter einer vertraglichen
    Fassung des Gesetzes, nach dem die Spitzenverbände der Kran-                     Vereinbarung haben.6 Es wäre mit dem Wesen einer Schiedsper-
    kenkasse „gemeinsam und einheitlich“ Verträge schließen sollten,                 son, die regelmäßig von den Vertragsparteien bestimmt wird, in-
    andererseits aus der Schiedsstellenregelung in Absatz 4. Anders                  sofern kaum zu vereinbaren, diese als „Behörde“ anzusehen, die
    als bei Verträgen z. B. mit Krankentransportunternehmen sieht                    im Überordnungsverhältnis zu den Vertragsparteien diesen dann
    § 134a keine unterschiedlichen Verträge mit unterschiedlichen                    verbindliche Anordnungen auferlegen könnte, welche wiederum
    Leistungserbringern oder deren Verbänden vor. Die Möglichkeit                    vor dem Sozialgericht angreifbar wären. Das Verfahren und seine
    des Vertragsbeitritts nach § 134a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der einzelnen,             Bewertungsschemata sind daher der im Zivilrecht üblichen
    nicht verbandsgebundenen Hebammen spricht ebenfalls dafür,                       Schlichtung nach § 317 BGB nachgebildet. Die Prüfungsbefugnis
    dass unterschiedliche Verträge mit vergleichbarem Regelungsin-                   der Sozialgerichte beschränkt sich hier auf die Überprüfung offen-
    halt nicht vom Gesetzgeber gewollt sind.                                         sichtlicher Unbilligkeit gemäß § 319 BGB.7
                                                                                               Aus dem Partnerschafts- bzw. Vertragsmodell können
    2. Partnerschaftlichkeit als Orientierungsrahmen                                 für sich genommen bestimmte Ordnungsgesichtspunkte abgelei-
    Die Regelungen des Leistungserbringungsrechts insbesondere im                    tet werden, wobei es, wie gesagt, letztlich der jeweiligen gesetz­
    hier einschlägigen 5. bis 8. Abschnitt sind in übergreifende Struk-              lichen Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Staat und
    turen eingebettet. So beruhen speziell die leistungserbringungs-                 Anbieter überlassen bleiben muss, ob und in welchem Ausmaß
    rechtlichen Regelungen, denen der Gesetzgeber ein Schiedsver-                    diese zur Anwendung gebracht werden können:
    fahren zugeordnet hat, wesensmäßig auf dem Gedanken partner-                     –– Die Bedingungen der Betätigung der Leistungserbringer sind
    schaftlichen Verhaltens zwischen Staat und Anbieter.5 Dieses                        grundsätzlich frei auszuhandeln.8 Es ist deshalb – von verfas-
    Partnerschafts- bzw. Vertragsmodell wird im SGB V (und ebenso                       sungsrechtlichen Sonderfällen abgesehen – grundsätzlich nicht
    in der sozialen Pflegeversicherung) jedoch in unterschiedlicher In-                 Aufgabe der Gerichte, nach Art von Schiedsstellen vertrag­
    tensität zur Geltung gebracht. Einen Hinweis auf diesbezügliche                     liche Details zu regeln und insbesondere die Vergütung festzu-
    Abstufungen bietet die Art, wie der Gesetzgeber das Schiedsver-                     setzen.9 Dies entspricht auch der Systematik des öffentlich-
    fahren ausgestaltet hat:                                                            rechtlichen Vertrages: Insofern ist der nach § 134a SGB V aus-
    –– Hat er ein Schiedsamt vorgesehen, so zeigt er hiermit, dass er                   zuhandelnde Vertrag nach § 58 SGB X nur bei Bestehen etwai-
       der Vertragsgestaltungsmacht der beteiligten Vertragsparteien                    ger Nichtigkeitsgründe, also bei qualifizierter Rechtswidrigkeit,
       nur wenig Raum geben will und der Gedanke staatlicher Über-                      aufzuheben.
       ordnung gegenüber dem Gedanken vertraglicher Gleichord-                       –– Die Gerichte haben sich grundsätzlich immer dann zurückzu-
       nung dominiert (vgl. etwa § 89 SGB V). Deshalb haben die Ge-                     halten, wenn ihr Entscheidungsverhalten direkt oder indirekt
       richte etwaige Schiedsentscheidungen hier auch mehr als sonst                    auf die Schaffung neuer Vertragsinhalte hinauslaufen würde.
       am Maßstab effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) zu                      Deshalb kann auch eine Nachwirkung ausgelaufener Verträge
       messen und ihre Kontrollbefugnisse sind gegenüber den un-                        nicht durch richterliche Entscheidung anerkannt werden, es sei
       strittig als Verwaltungsakte ergehenden Entscheidungen des                       denn, dies wäre ausdrücklich zwischen den Vertragsparteien
       Schiedsamts vergleichsweise stark ausgeprägt.                                    vereinbart worden.10
    –– Gibt es eine Schiedsstelle, so bewegt man sich gleichsam in ei-               –– Die Kompetenz der Vertragsparteien zum Vertragsabschluss be-
       ner Mittellage und die Vertragsgestaltungsmacht der beteilig-                    inhaltet im Übrigen auch die Annexkompetenz, zu verhindern,
       ten Parteien kommt bei abnehmender gerichtlicher Kontroll-                       dass der wesentliche Vertragsinhalt durch ein nachträgliches
       dichte im Vergleich zum Schiedsamt stärker zur Geltung.                          Verhalten eines Vertragspartners umgestaltet wird, etwa
    –– Am größten ist die Bedeutung des Partnermodells dagegen,                         durch eigenmächtigen Erlass von Richtlinien oder durch sons-
       wenn das Gesetz eine weitgehend im Bestimmungsrecht der                          tiges Verhalten insbesondere des staatlichen Vertragspartners.11
       Vertragsparteien liegende Schiedsperson vorsieht. Hier sind                   –– Eine Aushöhlung des Partnerschaftsgedankens durch überzo-
       dann im Regelfall auch die gerichtlichen Kontrollbefugnisse                      gene Forderungen oder unredliches Verhalten der einen oder
       vergleichsweise schwach ausgeprägt.                                              anderen Vertragsseite widerspricht dem gesetzlichen System

     3 Zur Anwendbarkeit des BGB vor allem BSG v. 24. 1. 2008 – B 3 KR 2/07;          6 BSG v. 25. 11. 2010 – B 3 KR 1/10 R sowie Luthe, in Hauck/Noftz, SGB V, K
       näher zu den anwendbaren Regelungen des Zivilrechts wie dem Vertrag               § 125 Rn. 29–33.
       zugunsten Dritter, culpa in contrahendo, Mitverschulden, Bereicherungs-        7 LSG Berlin-Brandenburg v. 26. 7. 2007 – L 24 KR 408/07 ER.
       recht vgl. im Übrigen Luthe, in Hauck/Noftz, SGB V, K § 132a Rn. 31 ff. und    8 In diesem Sinne: LSG NRW v. 12. 3. 2009 – L 16 KR 64/08.
       § 132 Rn. 13 ff.                                                               9 LSG NRW v. 12. 3. 2009 – L 16 KR 64/08 unter Bezug auf BSG SozR
     4 SG Berlin v. 11. 9. 2013 – S 81 KR 1172/13.                                       4-2500 § 132a Nr. 4 und BSG SozR 3-2200 § 376d Nr. 1.
     5 Vgl. grundsätzlich zum Gedanken: BSG v. 5. 8. 1999 – B 3 KR 12/98 R;          10		BSG v. 25. 9. 2001 – B 3 KR 12/98 R; BSG v. 13. 5. 2004 – B 3 KR 2/03 R.
       BSG SozR 3-2200 § 376d Nr. 1; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr. 4; BSG v.            11		BSG v. 27. 10. 2009 – B 1 KR 4/09 R; a. A. LSG Bad. -Württ. v. 9. 12. 2008
       25. 9. 2001 – B 3 KR 3/01.                                                        – L 11 KR 776/07.
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  Luthe, Hebammen im Spiegel des Leistungserbringsrechts                                                                           WzS •.14            3

     einer auf der Ebene der Gleichordnung der Vertragsparteien                    –– Abrechnungsfähige Leistungen; einzubeziehen hierbei ist
     angesiedelten Vertragsbeziehung.12                                               auch eine Betriebskostenpauschale, falls in von Hebammen ge-
             Dies alles zeigt: Indem die privaten Leistungserbringer                  leiteten Einrichtungen ambulante Entbindungen erfolgen, und
  auf gesetzlicher Grundlage nicht als Teil der mittelbaren Staats-                   die Anforderungen an die Qualitätssicherung in diesen Ein-
  verwaltung, sondern als Interessenvertretung ihrer Mitglieder                       richtungen zu sichern.
  tätig werden, wird hiermit auch eine rechtsnormativ wirkende
  ­                                                                                –– Höhe der Vergütungen für die Leistungen der Hebammenhilfe
  Ordnungsfunktion innerhalb der Krankenversicherung geschaf-                         und die Abrechnungsmodalitäten
  fen, der Art. 9 Abs. 3 GG sowie die im Berufsfreiheitsrecht liegende             –– Einzelheiten der Vergütungsabrechnung (Datenübermittlun-
  Garantie der Vertragsfreiheit im Übrigen zusätzliches Gewicht ver-                  gen in diesem Zusammenhang sind Gegenstand des § 301a
  leiht. Die Forderung nach einer verstärkten gerichtlichen Inhalts-                  SGB V)
  kontrolle solcher Leistungserbringungsverträge, insbesondere was                 –– Anforderungen an die Qualität der Hebammenhilfe, ein-
  die Vergütungshöhe und weitere Begründungs- und Ermittlungs-                        schließlich der Verpflichtung zur Teilnahme an Qualitätssiche-
  pflichten der Krankenkasse anbetrifft, ist daher zurückzuweisen.13                  rungsmaßnahmen
  Sie ist weder verfassungsrechtlich geboten14 noch – mit Rücksicht                Dass die Anforderungen an die Qualitätssicherung in den von
  auf die erforderliche Flexibilität zur Sicherstellung der Versorgung             Hebammen geleiteten Einrichtungen zu vereinbaren sind, ver-
  – praktisch sinnvoll.                                                            dankt sich dem Umstand, dass dies aufgrund der mit dem Pflege-
                                                                                   Neuausrichtungs-Gesetz vorgenommenen Erweiterung der Ver-
  3. Vertragspartner                                                               pflichtung zur Vereinbarung von Anforderungen an die Qualität
  Auf Seiten der GKV sind Vertragspartner die Spitzenverbände der                  der Leistungen und der Leistungserbringung auf die gesamte Heb-
  Krankenkassen (§ 213 SGB V), nicht, wie sonst bei gemeinsam                      ammenhilfe zum Teil in Frage gestellt wurde.16
  und einheitlich für die gesamte GKV zutreffenden Entscheidun-                              Die spezifischen Maßnahmen zur Qualitätssicherung
  gen, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Sie haben die                    von Leistungen der Hebammenhilfe und der Geburtshilfe sind
  Verträge gemeinsam und einheitlich für die gesamte GKV zu                        nach den gesetzlichen Regelungen durch Vereinbarungen des
  schließen, müssen sich also auf eine gemeinsame Linie einigen.                   GKV-Spitzenverbands mit den Berufsverbänden der Hebammen
  Wettbewerbselemente sind also, anders als bei Verträgen mit an-                  sowie den Verbänden der von Hebammen geleiteten Einrichtun-
  deren Leistungserbringern, ausgeschlossen. Auf Leistungserbrin-                  gen bzw., soweit es um die vertragsärztliche oder stationäre Ge-
  gerseite sind Vertragspartner die auf Bundesebene gebildeten                     burtshilfe geht, durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesaus-
  maßgeblichen Verbände. Dies sind der Bund Deutscher Hebam-                       schusses (§ 137 Abs. 1 i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nummer 13 SGB V)
  men e. V. (BDH) und der Bund freiberuflicher Hebammen Deutsch-                   zu regeln. Hochwertige evidenzbasierte Leitlinien etwa der Be-
  lands e. V. (BfHD).                                                              rufsverbände sind – abgesehen von vorliegenden „S 1-Handlungs-
             Schwierig ist die Bestimmung der Grenze, ab der eine                  empfehlungen“ – nicht verfügbar. Im Rahmen der Qualitätssiche-
  Beteiligung an den Vertragsverhandlungen wegen einer zu gerin-                   rung müsste vor allem der in Deutschland verbreitete Hang zur
  gen Mitgliederzahl des Verbandes nicht mehr möglich ist. Die                     Durchführung von Kaiserschnitten einer kritischen Auseinander-
  Maßgeblichkeit eines Verbandes scheitert nicht bereits daran, so                 setzung zugeführt werden.
  das SG Berlin, dass er nicht die Interessen der vollständigen Be-
  rufsgruppen (hier aller Hebammen) vertritt. Maßgeblich kann er                   5. Vertragszwecke
  vielmehr auch dann sein, wenn er die Interessen einer einzelnen                  In Abs. 1 S. 2 und 3 sind die Vertragszwecke genannt, die die Ver-
  (spezialisierten) Berufsgruppe wahrnimmt (spezielles Mitgliederk-                tragspartner zu berücksichtigen haben. „Berücksichtigen“ meint,
  lientel). Die Maßgeblichkeit setzt dann aber voraus, dass der Ver-               dass es sich bei den genannten Kriterien nicht um verbindlich auf-
  band ein Mindestmaß (hier 5 %) an Mitgliedern der spezialisierten                zunehmende Vertragsregelungen handelt, sondern um abwä-
  Berufsgruppe aufweisen kann.15                                                   gungsfähige „Belange“, die in der Abwägung mit anderen gesetz-
                                                                                   lichen Belangen auch zurückgestellt bzw. relativiert werden kön-
  4. Vertragsgegenstand                                                            nen. Folgende Belange sollen berücksichtigt werden:
  Die Verträge nach Abs. 1 haben Regelungen zu folgenden Gegen-                    –– der Bedarf der Versicherten an Hebammenhilfe – unter Einbe-
  ständen zu beinhalten:                                                              ziehung der Wahlfreiheit der Versicherten nach § 24f SGB V,
  –– Versorgung mit Hebammenhilfe; damit sind die grundlegen-                      –– die Qualität der Hebammenhilfe,
      den Regelungen darüber gemeint, wie die GKV mithilfe der                     –– der Grundsatz der Beitragsstabilität in der GKV (hierauf ist
      Leistungserbringer dieses Bereichs dem Versorgungsauftrag                       insbesondere bei Anpassung der Vergütungen zu achten) und
     ­gegenüber den Versicherten gerecht wird.                                     –– die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich
                                                                                      tätigen Hebammen (zu beachten sind zudem berufsbedingte
                                                                                      Kostensteigerungen, § 134a Abs. 1 S. 3 SGB V).
                                                                                             Mit dem vorgenannten Bedarfskriterium verbindet sich
  12 Grundsätzlich LSG NRW v. 12. 3. 2009 – L 16 KR 64/08.                         keine Bedarfsprüfung bei der Zulassung von Hebammen, denn
  13 Rixen, SozSich 2014, 77, 79 f.
                                                                                   nach Abs. 2 sind alle (nach dem HebG beruflich qualifizierten)
  14 Die von Rixen (SozSich 2014, 79) insofern ins Feld geführten Entschei-
     dungen des Bundesverfassungsgerichts betreffen zum einen den Widerruf         Leistungserbringer zugelassen, die einem vertragschließenden
     einer Anwaltszulassung (BVerfG v. 23. 8. 2005 – 1 BvR 46/05) und zum an-      Verband angehören oder dem Vertrag beitreten.
     deren die Gebührenordnung für Zahnärzte (BVerfG v. 25. 10. 2004 – 1 BvR                 Die gesetzliche Aufnahme der Wahlfreiheit der Versi-
     1437/02), mithin allein staatliches Eingriffshandeln und damit das genaue
     Gegenteil dessen, was bei freier vertraglicher Vereinbarung zwischen Kran-
                                                                                   cherten in Absatz 1 ist nicht sofort einsichtig, da sie in § 24f SGB V
     kenkasse und Berufsverbänden passiert. Wenn dort unangemessen niedrige        bereits enthalten ist. Es dürfte sich nur um eine Klarstellung durch
     Einkünfte von Zahnärzten auch mit dem Berufsfreiheitsrecht kollidieren
     können, so ist dies bei Kollektivverträgen mit Rücksicht auf die berufs-
     grundrechtlich geschützte Vertragsfreiheit gerade nicht der Fall: vgl. etwa
     BVerfGE 88, 145, 159 sowie BVerfGE 101, 331, 347.
  15 SG Berlin v. 11. 9. 2013 – S 81 KR 1172/13.                                   16 BT-Drs. 18/1657, S. 69.
22.10.2014 WzS_2014 / Neusatz

    4          WzS •.14                                                                     Luthe, Hebammen im Spiegel des Leistungserbringsrechts

     den Gesetzgeber handeln, dass die Vertragspartner bei der für die             tätsstandards. Dies sind allgemeingültige und akzeptierte Normen
     Vergütungsverhandlungen notwendigen Ermittlung des Bedarfs                    zur Festlegung eines bestimmten Qualitätsniveaus in der Versor-
     der Versicherten an Hebammenhilfe grundsätzlich alle in § 24f                 gung von Müttern und Säuglingen einschließlich der hierfür be-
     Satz 2 SGB V genannten Geburtsorte berücksichtigen müssen.                    nötigten Leistungen; sie beinhalten die Methoden und Techniken
                Der Qualitätsaspekt betrifft in erster Linie die Versor-           zur Entwicklung und zum Nachweis solcher Standards sowie die
     gungsqualität, nicht die Qualität der einzelnen Hebammenleis-                 Beschreibung des Rahmens, der im Sinne eines umfassenden Qua-
     tung. Diese ist bereits bei den verbindlich aufzunehmenden Ver-               litätssicherungssystems Grundlage für die Entwicklung von Stan-
     tragsgegenständen in Satz 1 aufgeführt (siehe unter II. 4.). Hin-             dards ist.18 Der Gesetzgeber verlangt „geeignete verwaltungsun-
     sichtlich der Versorgungsinfrastruktur und ihrer Qualität ist das             aufwendige Verfahren“ insbesondere auch zum Nachweis der
     wesentliche Problem die Diskrepanz zwischen rechtlichem An-                   Qualität. Als Beispiele könnten in entsprechender Abwandlung die
     spruch und vorfindlicher Versorgungswirklichkeit. So bedarf der               Prüfsteine des Europäischen Praxisassessments dienen (EPA). Dies
     Anspruch in § 24f SGB V auf Auswahl der Versorgungsart drin-                  ist ein System zum Qualitätsmanagement, das die Bertelsmann
     gend näherer Abstimmung mit den verfügbaren und wirtschaft-                   Stiftung im Jahr 2004 mit Experten aus Wissenschaft und Praxis
     lich möglichen Angeboten vor Ort. Dies gilt zuvorderst für Not-               für Arztpraxen erarbeitet hat. Zudem gibt es mittlerweile ein Qua-
     fälle, wenn die gewünschte Versorgung nicht greift bzw. das                   litätssicherungshandbuch des DHV.
     nächste Krankenhaus zu weit entfernt ist. Der nach § 24f SGB V                           Allerdings besteht bei der Definition solcher Mindest-
    bestehende Anspruch auf ambulante oder stationäre Entbindung                   standards stets die Gefahr, das Minimum fälschlicherweise als
     reibt sich hierbei vor allem mit dem Phänomen stagnierender oder              Regelfall-Standard zu verstehen. Dies aber widerstrebt den gesetz-
     auch rückläufiger Geburtenzahlen. Ein „Rundumangebot“ vor                     lichen Anforderungen, da § 70 SGB V als Leistungsniveau eine
    ­allem in strukturschwachen Regionen stößt vor diesem Hinter-                  über Mindeststandards hinausreichende bedarfsgerechte Versor-
     grund auf wirtschaftliche Grenzen. Im Übrigen stellt sich die Frage           gung auf der Basis der herrschenden medizinischen Erkenntnisse
     stärkerer Vernetzung der Hebammenarbeit mit den Angeboten an-                 vorgibt.
     derer Gesundheitsdienstleister, wie dies heute u. a. unter dem Leit-                     Leider hat der Gesetzgeber es versäumt, die Qualitäts­
    begriff der „Kommunalen Gesundheitslandschaften“ diskutiert                    anforderungen mit einer Dynamisierungsklausel zu verbinden
     wird.17 Hierbei wäre vor allem auszuloten, inwieweit bereits ein­             (etwa unter Öffnung für neue Technologien, für neue Outcome-
     fache vertragliche Vereinbarungen dem Ziel der Netzwerkbildung                Maße und für neue Anforderungen, die durch externe infrastruk-
     gerecht werden und wo darüber hinaus gesetzliche Reformen,                    turelle Entwicklungen gesetzt werden, nicht zuletzt für Abwei-
     etwa im Bereich ärztlicher Delegationskonzepte, ferner bei der Be-            chungen im individuellen Fall). Im jetzigen Regelungszustand be-
     teiligung der Kommunen an der Versorgungsplanung und hier vor                 steht die Gefahr, dass die gesetzten Standards schnell überholt
     allem bei der Einplanung von die Hebammenhilfe ergänzenden                    sind. Insofern wären auf der Ebene der vertraglichen Vereinbarun-
     oder teilweise ersetzenden „Gemeindeschwestern“, notwendig                    gen Vorgaben zur kontinuierlichen Überprüfung und Nachbesse-
     sind.                                                                         rung vorzusehen.
                Wir vorstehend bereits ausgeführt (s. o.), handelt es sich                    Meistens wird die Qualität über einen nutzwerttheoreti-
     bei den beiden Kriterien der Beitragssatzstabilität und der wirt-             schen Ansatz gemessen. Dies läuft letztlich darauf hinaus, die er-
     schaftlichen Interessen der Hebammen um abwägungsfähige Be-                   mittelten individuellen Bedürfnisse, deren Ermittlung bereits für
     lange, die grundsätzlich auf gleicher Geltungsebene angesiedelt               sich genommen methodisch angreifbar ist, zu einem Gesamtnut-
     sind und keineswegs, wie sonst häufiger der Fall, einen abstrakten            zen zu aggregieren, womit den individuellen Bedürfnissen auch
     Vorrang des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität implizieren. Im            und gerade aus objektiver medizinischer Sicht häufig genug nicht
     Kontext der wirtschaftlichen Interessen der Hebammen sind nach                gedient ist. Der nutzwerttheoretische Ansatz ist gleichwohl kon-
     Abs. 1 Satz 3 berufsbedingte Kostensteigerungen zu berücksich-                kurrenzlos, weil andere Formen der Nutzwertbestimmung mit ver-
     tigen. Gemeint sind vor allem Kostensteigerungen als Folge ge-                gleichbarer Validität und Objektivität nicht zur Verfügung stehen.
     stiegener Beiträge für die Berufshaftpflichtversicherung, ein Prob-           Allerdings kann der auch rechtsnormativ gebotene Vereinheit­
     lem, das in den „technischen“ Details allerdings im neu geschaffe-            lichungseffekt in seinen Dysfunktionen durch den Einbau vorge-
     nen Absatz 1b und Absatz 1c behandelt wird. Im Ergebnis bedeu-                nannter Dynamisierungsklauseln abgemildert werden.
     tet dies, dass starke Kostensteigerungen auch dann zu erhöhten                           Offen ist, in welchem Gewichtungsverhältnis die drei
     Vergütungen führen können, wenn dies der Grundsatz der Bei-                   genannten Qualitätsbereiche zueinander stehen. Da erfahrungs-
     tragssatzstabilität für sich genommen an sich nicht zulässt. Umge-            gemäß die Ergebniskriterien schwerer zu messen und mangels be-
     kehrt ist denkbar, dass Vergütungen stagnieren, wenn dies nach                lastbarer Daten nur selten wirklich aussagekräftig sind (weil sie
     dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität unabweisbar ist.                     nur statistische, aber keine kausalen Zusammenhänge aufzeigen,
                                                                                   und dies zumeist bei beschränktem Datenumfang)19, wird man in
                                                                                   den Vereinbarungen nach Absatz 1 vermutlich die Struktur- und
    IV. Anforderungen an die Qualitätsvereinbarungen                               vor allem die Prozessqualität in den Vordergrund rücken bzw., in-
                                                                                   sofern dies nicht geschieht, wird die implementierende Praxis hie-
    Im neuen § 134a Abs. 1a wurde für die ausstehende Vereinbarung                 rauf ihren Schwerpunkt legen. Dies hat Gesetzgeber, der ersicht-
    von Qualitätsanforderungen eine Frist für die Umsetzung bis zum                lich von einer Gleichrangigkeit der Kriterien ausgeht, aber nicht
    31. 12. 2014 vorgegeben. Allgemein wird die Festlegung von Min-                gewollt.
    destanforderungen an die gebotene Struktur-, Ergebnis- und                                Damit eine Vereinbarung zu Leistungsbeschreibung und
    Prozessqualität gefordert. Wie in anderen Bereichen des Gesund-                Qualitätssicherung für außerklinische Geburten bis Ende 2014 ge-
    heitssektors auch, geht es hierbei um die Entwicklung von Quali-

                                                                                   18 Grundlegend hierzu Donabedian, Criteria and Standards for quality assess-
                                                                                      ment and monitoring, QRB, 12:3, 1986, S. 99–108.
    17 Luthe (Hg.), Kommunale Gesundheitslandschaften, 2013, insb. S. 16 f., 20.   19 Görres, Qualitätssicherung in Pflege und Medizin, 1999, S. 238 f.
22.10.2014 WzS_2014 / Neusatz

  Luthe, Hebammen im Spiegel des Leistungserbringsrechts                                                                    WzS •.14          5

  schlossen werden kann, sind zunächst die wichtigsten Quali-                 vermeiden. Mit der Verpflichtung zum Wechsel der Versicherungs-
  tätsanforderungen in den gesetzlichen Regelungen festzulegen:               form sollen gleichzeitig falsche Anreize, nur Geburten in geringer
  –– Hierzu gehören vor allem die Festlegung der Mindestanzahl pro            Anzahl zu betreuen, verhindert werden (§ 134a Abs. 1b S. 5).22
     Geburten je freiberuflich tätiger Hebamme p. a. und die Begren-                     Weitere Voraussetzung ist, dass Hebammen die Erfül-
     zung der Zeiten zur Erreichbarkeit von Kliniken bei der Notfall-         lung der in § 134a Abs. 1a SGB V aufgeführten Qualitätsanforde-
     verlegung unter der Geburt (Verlegungsquote liegt insgesamt              rungen nachgewiesen haben (§ 134a Abs. 1b S. 1). Wie der Nach-
     bei 20 %). Eine Regelung von einer Mindestanzahl von Gebur-              weis geführt werden kann, soll nach Absatz 1 a in den Vereinba-
     ten p. a. durch freiberuflich tätige Hebammen in den Vereinba-           rungen nach Absatz 1 geregelt werden.
     rungen ist notwendig, damit nicht immer mehr Hebammen im-                           Die Auszahlung erfolgt auf Antrag der Hebamme
     mer weniger Geburten durchführen und damit die Qualität der              (§ 134a Abs. 1b S. 2) durch den Spitzenverband Bund der Kranken-
     Versorgung sinkt.                                                        kassen jeweils nach Ende eines Abrechungszeitraums (z. B. das
  –– In Bezug auf mütterliche oder kindliche Notlagen könnten die             Ende eines Versicherungsjahres). Auch Abschlagszahlungen sind
     von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie formulierten              möglich.23
     Voraussetzungen zum Führen einer ge-burtshilflichen Abtei-                          Die Hebamme hat die für die Erfüllung der Anspruchs-
     lung zugrunde gelegt werden: Demnach darf die Entschluss-                voraussetzungen notwendigen Daten dem Spitzenverband Bund
     Entwicklungszeit, also die Zeitspanne vom Entschluss zum                 der Krankenkassen zu übermitteln (§ 134a Abs. 1b S. 6). Die Mittel
     Notfallkaiserschnitt bis zur Geburt des Kindes, 20 Minuten               für die Auszahlung des Sicherstellungszuschlags werden vom
     nicht überschreiten.20                                                   Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach Maßgabe der in
  –– Ferner sind strukturelle und prozessuale Vorkehrungen für Ge-            seiner Satzung für die Mittelaufbringung enthaltenen Bestimmun-
     burtshäuser zu treffen wie etwa für den Liegendtransport beim            gen bei den Krankenkassen erhoben.
     Notfall, für Hygieneanforderungen, Bereitschaftsdienstpläne                         Die näheren Einzelheiten der Anspruchsvoraussetzun-
     sowie für Qualitätsmanagementhandbücher.21                               gen und des Verfahrens einschließlich der Höhe des Sicherstel-
                                                                              lungszuschlags in Abhängigkeit der Anzahl der betreuten Gebur-
                                                                              ten, der Anzahl der haftpflichtversicherten Monate für Hebammen
  V. Sicherstellungszuschlag                                                  mit Geburtshilfe ohne Vorschäden sowie der Höhe der zu entrich-
                                                                              tenden Haftpflichtprämie, die Anforderungen an die von der Heb-
  Der Sicherstellungszuschlag im neuen Absatz 1b des § 134a SGB V             amme zu erbringenden Nachweise sowie die Auszahlungsmodali-
  wurde eingeführt, um Hebammen im Hinblick auf steigende Prä-                täten werden bis zum 1. Juli 2015 vertraglich vereinbart (§ 134a
  mien zur Berufshaftpflichtversicherung zugunsten einer flä-                 Abs. 1b S. 3). Für den Nachweis der Einhaltung der Qualitätsanfor-
  chendeckenden Versorgung zu entlasten. Hintergrund ist, dass in             derungen ist bei der Begleitung klinischer Geburten durch Beleg-
  einem Haftungsfall die Sozialversicherungsträger, insbesondere              hebammen der Nachweis der Einhaltung der Qualitätsanforderun-
  die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, in der Regel zu-              gen des Krankenhauses als ausreichend anzusehen.24 Kommt eine
  nächst für die Kosten des Geschädigten aufkommen. Nach Fest-                Vereinbarung nicht rechtzeitig zustande, wird der Vertragsinhalt
  stellung der Haftung z. B. einer Hebamme nehmen die Sozialver­              durch die Schiedsstelle nach Absatz 4 festgesetzt (vgl. § 134a
  sicherungsträger jedoch Regress beim Haftpflichtversicherer der             Abs. 3 SGB V).
  Hebammen bzw. bei der Hebamme selbst. Ein solcher Sicherstel-                          Der Sicherstellungszuschlag löst für Geburten ab
  lungszuschlag erscheint sinnvoll, wenn eine Hebamme aufgrund                1. Juli 2015 die in dem neuen Absatz 1c für einen Übergangszeit-
  regionaler Strukturen zwar nur wenige Geburten begleiten kann,              raum geregelten Zuschläge auf bestimmte Abrechnungspositio-
  ihr Einsatz zur Sicherstellung der Versorgung aber erforderlich ist.        nen ab (s. u.). Die Erfüllung dieser Aufgabe erfordert beim Spit-
  Hierbei ist aber zu bedenken, dass die notwendigen geburtshilfli-           zenverband Bund der Krankenkassen die Verfügbarkeit der für die
  chen Kapazitäten in Deutschland über die Krankenhauspläne der               Prüfung, Berechnung und Auszahlung des Sicherstellungszu-
  Länder sichergestellt werden und gerade in Ballungsgebieten                 schlages erforderlichen krankenkassenübergreifenden Abrech-
  schnell eine Überversorgungssituation entstehen kann.                       nungsdaten (§ 134a Abs. 1b S. 7). Durch die leistungserbringer-
            Hebammen erhalten nach § 134a Abs. 1b SGB V einen                 und nicht versichertenbezogene Zusammenführung der Daten
  einklagbaren Anspruch auf einen Sicherstellungszuschlag, wenn               beim Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird gewährleistet,
  die nach § 134a Abs. 1 SGB V vereinbarte Vergütung für Leistun-             dass die Anspruchsberechtigung überprüft werden und eine ziel-
  gen der Geburtshilfe in Relation zu der von den Hebammen im                 gerichtete Auszahlung des Sicherstellungszuschlags erfolgen
  Einzelfall zu zahlenden Prämien für ihre notwendige Berufshaft-             kann.
  pflichtversicherung wegen einer zu geringen Anzahl an betreuten
  Geburten nicht ausreichend ist und sie die Qualitätsanforderungen
  nach Absatz 1a erfüllen (Abs. 1b S. 1).                                     VI. Vorabzuschlag
            Die Hebamme hat dabei zu gewährleisten, dass sie ihrer-
  seits von den Möglichkeiten zur Reduzierung der Haftpflichtprä-             Durch einen neuen Abs. 1c soll ein Vorabzuschlag auf die Sicher-
  mie durch unterjährigen Wechsel der Versicherungsform Ge-                   stellungszuschläge eingeführt werden, der für Geburten vom
  brauch macht, um unnötige Kosten für die Solidargemeinschaft zu             1.7.14 bis 30.6.15 zu zahlen ist: Um Hebammen, die nur eine ge-
                                                                              ringe Anzahl an Geburten begleiten, im Hinblick auf die zum
                                                                              1. Juli 2014 steigenden Haftpflichtversicherungsprämien kurzfris-
                                                                              tig zu entlasten, wird den Vertragspartnern mit dem neuen § 134a
  20 DGGG 1992, DGGG 1995.
  21		Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes vom 19. 05. 2014 zu den Ände-
      rungsanträgen 2, 3 und 5 der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom
      14. 5. 2014 [Drucksachen 18/140030(2), (3) und (5)] zum Entwurf eines   22 BT-Drs. 18/1657, S. 69 f.
      GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetzes – GKV-     23 BT-Drs. 18/1657, S. 69 f.
      FQWG – BT-Drs. 18/1307.                                                 24 BT-Drs. 18/1657, S. 69 f.
22.10.2014 WzS_2014 / Neusatz

    6          WzS •.14                                                                 Luthe, Hebammen im Spiegel des Leistungserbringsrechts

    Abs. 1c SGB V aufgegeben, bis zum 30. September 2014 zusätzlich            tere sozialrechtliche Zulassung mit weiteren Qualitätskriterien zu
    zu den nach Absatz 1 Satz 3 vorzunehmenden Vergütungsanpas-                statuieren. Dies ergibt sich im Umkehrschluss auch aus § 134a
    sungen einen Zuschlag auf die Abrechnungspositionen für Ge-                Abs. 2 S. 2 SGB V. Danach hängt die Zulassung als Leistungser-
    burtshilfeleistungen bei Hausgeburten, außerklinischen Gebur-              bringer davon ab, ob die Verträge nach Abs. 1 für die Hebamme
    ten in von Hebammen geleiteten Einrichtungen sowie Geburten                (usw.) rechtswirksam sind.
    durch Beleghebammen in einer 1:1-Betreuung ohne Schicht-                              Nach § 134a Abs. 2 S. 3 SGB V regeln die Spitzenver-
    dienst vertraglich zu vereinbaren.                                         bände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich Form und
                Die Regelung gilt auch für die entsprechenden Abrech-          Verfahren der für die Zulassung maßgeblichen nachzuweisenden
    nungspositionen für Geburtshilfeleistungen bei einer nicht voll-           Tatsachen: der Mitgliedschaft in einem Berufsverband (§ 134a
    endeten Geburt. Der Zuschlag ist von den Krankenkassen für                 Abs. 2 S. 1 Nr. 1) sowie des Beitritts zu den Verträgen (§ 134a Abs. 2
    ­Geburten ab dem 1. Juli 2014 für einen Übergangszeitraum bis zur          S. 1 Nr. 2). Auffällig hierzu ist, dass es insofern keiner Vereinba-
     Vereinbarung des Sicherstellungszuschlags nach § 134a Abs. 1b             rung mit den Berufsverbänden der Leistungserbringer bedarf, ob-
    zum 1. Juli 2015 zu zahlen. Die Höhe des Zuschlags ist so festzule-        wohl es auch insofern um die Belange der Leistungserbringer geht.
     gen, dass eine flächendeckende Versorgung mit Geburtshilfe
     ­sichergestellt und die Wahlmöglichkeiten der Versicherten bezüg-
      lich der vom Gesetzgeber vorgesehenen Geburtsorte gewährleistet          VIII. Schiedsstellenverfahren bei Nichteinigung
      sind. Kommt die Vereinbarung nicht rechtzeitig zustande, wird der
      Vertragsinhalt durch die Schiedsstelle festgesetzt.                      Damit Fristen für das Zustandekommen der Verträge nach § 134a
                Kritisiert wurde hingegen die Regelung, wonach der Zu-         Abs. 1, Abs. 1 a S. 1, Abs. 1b S. 3 und Abs. 1c SGB V eingehalten
    schlag auch für Geburten durch „Beleghebammen in einer                     werden, sieht § 134a Abs. 3 SGB V für den Fall des Nichtzustande-
    1:1-Betreuung ohne Schichtdienst“ gelten soll.25 Hierbei handelt           kommens, des nicht rechtzeitigen oder des nicht vollständigen Zu-
      es sich um die ambulant von der Versicherten hinzugezogene               standekommens die Festsetzung der Inhalte durch die Schieds-
      Hebamme im Rahmen einer Klinikgeburt. Da die qualitätssichern-           stelle nach Abs. 4 vor. Da die Verträge für die Versorgung mit Heb-
      den Maßnahmen für diese Geburten über das QM der Klinik fest-            ammenhilfe unabdingbar erforderlich sind, hat der Gesetzgeber
      gelegt sind, obliege die Zulassung der 1:1-Beleggeburten, so die         dieses Schiedsstellenverfahren zwingend vorgesehen.
      Kritik, ausschließlich den Krankenhäusern. Die Beleghebamme sei                    In § 134a Abs. 3 S. 2 wird zudem klargestellt, dass der
      immer abhängig von der Entscheidung der Klinik, ob diese dort            bisherige Vertrag bis zur Entscheidung durch die Schiedsstelle nur
      diese Arten der Geburten durchführen kann. Zudem nutzten die             vorläufig weiter gilt. Die Schiedsstelle hat damit die Möglichkeit,
      Krankenhäuser die 1:1-Beleghebammen als Marketingmaßnahme.               den neuen Vertragsinhalt ab dem Zeitpunkt des Ablaufes der
      Die 1:1-Beleghebamme reduziere nicht die personelle Ausstattung          Laufzeit des bisherigen Vertrages festzusetzen.26
      im Krankenhaus. Vielmehr habe die angestellte Hebamme dann
      nichts zu tun oder sei zusätzlich verfügbar.
                                                                               IX. Rechtsschutzfragen
    VII. Zulassung durch Geltung des Vertrags
                                                                               1. Rechtsschutz gegen die Schiedsentscheidung zwischen Unter-
    Nach § 134a Abs. 2 S. 1 SGB V gelten die Verträge nach Abs. 1 für          und Gleichordnung
    Leistungserbringer                                                         Bei der Frage des Rechtsschutzes ist entscheidend, ob die Schieds-
    –– bei Zugehörigkeit zu einem Berufsverband gem. Abs. 2 S. 1               entscheidung nach Abs. 4 als Verwaltungsakt im Status staatlicher
        Nr. 1                                                                  Überordnung oder als Vereinbarung im Status der Gleichordnung
    –– oder durch Beitritt zu den Verträgen gem. Abs. 2 S. 1 Nr. 2 (vgl.       der Vertragsparteien anzusehen ist.
        hierzu § 4 Abs. 4 des Vertrages über die Versorgung mit Heb-                      Obwohl der Schiedsspruch an die Stelle eines Vertrags
        ammenhilfe).                                                           tritt, geht die überwiegende Meinung im krankenversicherungs-
               Hebammen, bei denen die vorgenannten Voraussetzun-              rechtlichen Schrifttum dahin, dass der Schiedsspruch ein Verwal-
    gen nicht erfüllt sind, sind nicht als Leistungserbringer zugelas-         tungsakt ist.27 Diese Meinung bezieht sich zumeist auf eine Ent-
    sen (§ 134a Abs. 2 S. 2). Somit haben es die Leistungserbringer            scheidung des BSG aus dem Jahre 1963, wo relativ unkritisch und
    selbst in der Hand, die Wirksamkeit der Verträge für ihre Tätigkeit        ohne Prüfung der einzelnen Tatbestandselemente eines VAs, die
    – und damit die Abrechenbarkeit ihrer Leistungen zulasten der              VA-Eigenschaft des Schiedsspruchs behauptet wird.28 In jüngster
    GKV – herbeizuführen. Denn weder ist die Mitgliedschaft im Be-             Zeit hat das BSG diese Ansicht bekräftigt und dabei vornehmlich
    rufsverband durch die GKV steuerbar noch kann die GKV den Bei-             darauf abgestellt, dass die Schiedsstelle nach Funktion, Aufgabe
    tritt zu den Verträgen ablehnen. Leistungserbringer, die die berufs-       und Zusammensetzung derjenigen nach § 114 SGB V gleicht, die
    rechtlichen Voraussetzungen erfüllen und die Geltung der Ver-              wiederum dem Schiedsamt nach § 89 SGB V nachgebildet ist.29
    träge nach Abs. 1 herbeiführen, sind somit – ohne weitere Eig-             Für Letzteres besteht jedenfalls eine gefestigte Rechtsprechung zur
    nungs- oder Bedarfsprüfung seitens der GKV – befugt, Leistungen            VA-Qualität eines Schiedsspruchs.30 Die insofern zulässige Klage-
    der Hebammenhilfe zulasten der GKV zu erbringen. Die Kranken-
    kasse ist auch nicht befugt, ergänzend zur beruflichen, eine wei-
                                                                               26 BT-Drs. 18/1657, S. 70.
                                                                               27 So BSG v. 17. 12. 2009 – B 3 P 3/08 R; wohl auch BSG v. 13. 11. 2012 –
                                                                                  B 1 KR 27/11 R.
    25 Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes vom 19. 5. 2014 zu den Ände-     28 BSGE 20, S. 73, 75.
       rungsanträgen 2, 3 und 5 der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom         29 BSG v. 17. 12. 2009 – B 3 P 3/08 R; BSG v. 25. 11. 2010 – B 3 KR 1/10 R;
       14. 5. 2014 [Drucksachen 18/140030(2), (3) und (5)] zum Entwurf eines      LSG Darmstadt v. 25. 2. 2011 – L 7 SO 237/10 KL; wohl auch BSG v.
       GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetzes – GKV-        13. 11. 2012 – B 1 KR 27/11 R.
       FQWG – BT-Drs. 18/1307.                                                 30 BSGE 20, 73, 75.
22.10.2014 WzS_2014 / Neusatz

  Luthe, Hebammen im Spiegel des Leistungserbringsrechts                                                                               WzS •.14              7

  art ist die Anfechtungsklage.31 Eine Leistungsklage nach § 54                   oder anderen Vertragsseite41 wäre als zulässige Klageart damit im
  Abs. 5 SGG in Form eines vorbeugenden Unterlassungsantrages                     Ergebnis die allgemeine Leistungsklage statthaft, in Ausnahme-
  kommt ausnahmsweise aber dann in Betracht, wenn es der                          fällen, wo die Leistungsklage im Hinblick auf den Streitgegen-
  Schiedsstelle untersagt werden soll, eine Entscheidung als                      stand nicht die nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen Ergebnisse
  Schiedsspruch festzusetzen.32                                                   ­garantieren kann, aber auch die Feststellungsklage. Zweifelsohne
            Für die Einstufung der Entscheidung der Schiedsstelle                  handelt es sich bei dieser Variante zumindest in den Fällen einer
  als VA spricht auch der Vergleich mit dem Leistungserbringungs-                  Schiedsstelle aber um eine Mindermeinung. Größere Bedeutung
  recht im SGB XII: Die nach Aufbau, Kompetenz und Funktion                        kommt diesem Modell in von Schiedspersonen entschiedenen Ver-
  ähnliche Schiedsstelle etwa des § 80 SGB XII handelt nach herr-                  fahren zu (siehe unter III. 2.).
  schender Rechtsprechung ebenfalls durch vertragsgestaltenden
  Verwaltungsakt.33 Die hierfür erforderliche Einstufung der                      2. Verwaltungsverfahren
  Schiedsstelle als Behörde mag als problematisch empfunden wer-                  Wenn die Schiedsentscheidung als Verwaltungsakt anzusehen ist,
  den.34 Gleichwohl wird man davon auszugehen haben, dass es                      gelten im Ergebnis auch die Regelungen des SGB X zum Verwal-
  auch bei der Schiedsstelle nach Absatz 4 um eine Stelle geht, die               tungsverfahren im Sinne des § 8 SGB X und damit die Vorschrif-
  Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 2                      ten über die Rücknahme nach § 45 SGB X. Die Schiedsstelle arbei-
  SGB X) und die angesichts ihrer Weisungsungebundenheit und                      tet entsprechend § 20 SGB X unter der Geltung des Untersu-
  Entscheidungsmacht zudem über die erforderliche organisatori-                   chungsgrundsatzes. Im Schiedsstellenverfahren gilt überdies der
  sche Selbstständigkeit einer „Stelle“ verfügt. Im Übrigen bestehen              Grundsatz des rechtlichen Gehörs.42 Diese Grundsätze sind ver-
  zur Zusammensetzung, zu den Kompetenzen und zur Kontrolle                       letzt, wenn die Schiedsstelle bei ihrer Entscheidung vorliegende
  der Stelle relativ (anders etwa § 125 SGB V) differenzierte gesetz­             Kalkulationsgrundlagen ohne nähere Nachfragen und Ermittlun-
  liche Regelungen, die in ihrer Gesamtheit zeigen, dass die Stelle               gen zur Frage, ob die geforderte Vergütung den Grundsätzen der
  hoheitlich handeln soll und nicht nur wie ein privater Schlichter               Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entspricht,
  tätig wird.35 Dafür, dass die Schiedsstelle ausnahmsweise nur als               unberücksichtigt lässt.43 Gegenüber dem SGB X ist die Schieds-
  Vertragshelfer analog § 317 BGB tätig werden soll gibt das Gesetz               stellenverordnung aber grundsätzlich vorrangig anzuwenden
  jedoch nichts her.36                                                            (§ 37 SGB I).
            Ein anderer Lösungsweg aber muss beschritten werden,
  wenn man das Partnerschaftsmodell des SGB V (siehe unter III. 2.)               3. Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Krankenkasse
  in den Vordergrund rückt: Grundsätzlich kann es hiernach nicht                  Richtige Klageart für die Durchsetzung der Honoraransprüche der
  Aufgabe der Gerichte sein, nach Art einer Schiedsstelle und an                  Hebamme oder des Entbindungspflegers gegen die Kranken-
  deren Stelle die Vergütung festzusetzen37 oder strittige Vertragsin-            kasse vor dem Sozialgericht ist die allgemeine Leistungsklage
  halte auszulegen.38 Ein vor den Sozialgerichten einklagbarer An-                nach § 54 Abs. 5 SGG.44 Absatz 1 statuiert ein Vertragsmodell,
  spruch auf Vertragsschluss besteht jedenfalls nicht – übrigens                  kein Verhältnis der Über- und Unterordnung. Deshalb dürfen die
  auch dann nicht, wenn man die Schiedsentscheidung als Verwal-                   Krankenkassen auch nicht mit Verwaltungsakt entscheiden.45
  tungsakt behandelt. Dies wäre – insofern stützt diese Rechtsfolge                         Nach früherer Rechtsprechung konnten Zinsansprüche
  die Einstufung der Schiedsentscheidung als Entscheidung sui ge-                 wegen der Honorarforderung nicht entstehen: es handele sich um
  neris – ganz klar ein systemwidriger Eingriff in das gesetzlich ge-             einen sozialrechtlichen Anspruch, dessen Verzinsung abschlie-
  wollte und insgesamt marktförmig strukturierte Partnermodell.                   ßend in den § 44 SGB I, § 27 SGB IV geregelt sei.46 In einer neueren
  Auch das Vergaberecht gilt wegen § 69 Abs. 2 S. 2 nicht, weil der               Entscheidung aus dem Jahre 2006 hat das BSG aber nunmehr zu-
  verpflichtend vorgegebene vertragliche Regelungsmechanismus                     mindest einen Anspruch auf Prozesszinsen entsprechend § 291
  bereits wettbewerblich ausgerichtet ist und insofern Vorrang hat.               BGB zugesprochen, weil sich das sozialgerichtliche Kostenrecht
  Art. 9 Abs. 3 GG verleiht dem Partnerschaftsgedanken hierbei zu-                mittlerweile dem der VwGO angenähert habe.47 Das SG Darmstadt
  sätzliches Gewicht. Kollektivverträgen kommt insofern sowohl                    hatte einen Zinsanspruch sogar in entsprechender Anwendung
  eine Schutzfunktion zugunsten der einzelnen Leistungserbringer39                auf § 288 BGB gestützt.48
  als auch eine Ordnungsfunktion40 für das System der Krankenver-
  sicherung zu.                                                                   4. Berechtigung zur Teilnahme an den Verhandlungen
            Gegen eine Aushöhlung des vertraglichen Partner-                      Im Übrigen gilt zum Rechtschutz von Konkurrenten hinsichtlich
  schaftsverhältnisses durch überzogene Forderungen oder unred-                   ihrer Berechtigung zur Teilnahme an den in Abs. 1 geregelten Ver-
  liches sowie einseitig reglementierendes Verhalten der einen                    tragsverhandlungen:
                                                                                            § 134a sichert mit der Beschränkung auf die maßgeb­
                                                                                  lichen Berufsverbände der Hebammen auch die Ökonomie der
                                                                                  Verhandlungsführung. Daraus folgt für das SG Berlin ein Ab-
  31		BSG v. 30. 10. 1963 – 6 RKa 4/62, BSGE 20, 73.
  32 In diesem Sinn: LSG Berlin-Brandenburg v. 22. 5. 2014 – L 1 KR 108/14 KL
      ER.
  33 BSG v. 25. 11. 2010 – B 3 KR 1/10 R; LSG Darmstadt v. 25. 2. 2011 – L 7 SO
      237/10 KL; BVerwG v. 28. 2. 2002 – 5 C 25/01, BVerwGE 116, 78, 81;          41		Grundsätzlich LSG NRW v. 12. 3. 2009 – L 16 KR 64/08.
      BVerwG v. 1. 12. 1998 – 5 C 29/97; VGH München v. 6. 4. 2001 – 12 B 00      42 LSG NRW v. 29. 9. 2008 – L 20 SO 92/06.
      2019.                                                                       43 Zum SGB XII vgl. LSG Darmstadt v. 25. 2. 2011 – L 7 SO 237/10 KL.
  34 Boetticher/Tammen, RsDE 2003, 28, 30 f.                                      44 LSG Niedersachsen v. 12. 7. 2000 – L 4 KR 15/99 – E-LSG KR-186.
  35 So auch BSG v. 25. 11. 2010 – B 3 KR 1/10 R.                                 45 So zutr. Schneider, in jurisPK-SGB V, § 134a Rn. 17 ff. unter Bezugnahme
  36 Zu dieser Möglichkeit vgl. BSG v. 25. 11. 2010 – B 3 KR 1/10 R.                  auf LSG Nds. v. 12. 7. 2000 – L 4 KR 15/99 und BSG v. 21. 8. 1996 – 3 RK
  37 BSG v. 5. 8. 1999 – B 3 KR 12/98 R; BSG SozR 3-2200 § 376d Nr. 1; BSG            22/95, SozR 3-5595 § 2 Nr. 1.
      SozR 4-2500 § 132a Nr. 4.                                                   46 BSG v. 21. 8. 1996 – 3 RK 22/95; näher dazu Schneider, in jurisPK-SGB V,
  38 BSG v. 25. 9. 2001 – B 3 KR 3/01.                                                § 134a Rn. 17 ff.
  39 Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 66 ff.                47 BSG v. 29. 3. 2006 – B 3 KR 6/05 R.
  40 Bieback, NZS 1997, 393, 397 ff.                                              48 SG Darmstadt v. 3. 12. 2009 – S 18 KR 42/09.
22.10.2014 WzS_2014 / Neusatz

    8          WzS •.14                                                                   Luthe, Hebammen im Spiegel des Leistungserbringsrechts

     wehrrecht der Vertragsbeteiligten, die Beteiligung fachfremder               X. Schluss
     Dritter oder nicht maßgeblicher Berufsverbände abzuwehren.49
                                                                                  Die neuen Regelungen zur Finanzierung von Hebammenleistun-
     Über die Berechtigung zur Teilnahme an den Verhandlungen zu
                                                                                  gen erscheinen insgesamt sachgerecht. Weiterer Diskussionsbe-
     den Verträgen nach Abs. 1 kann eine Schiedsstelle nach Abs. 4
                                                                                  darf besteht jedoch im Hinblick auf die Entwicklung normüber-
    ­allerdings nicht entscheiden. Sie ist lediglich für den Fall eines
                                                                                  greifender Strukturen des Leistungserbringungsrechts nach Maß-
     vertragslosen Zustandes zur Entscheidung befugt. Die Frage, ob
                                                                                  gabe des Partnerschaftsmodells.
    ein Verband maßgeblich ist, obliegt im Übrigen allein der Sozial-
    gerichtsbarkeit.
               Aus dem an sich allein objektivrechtlich gelagerten
    Grundsatz der Verfahrensökonomie entsprechende subjektive
    Rechte abzuleiten, ist aber zumindest ungewöhnlich. Wenn über-
    haupt hier vom Bestehen entsprechender Abwehrrechte ausgegan-
    gen werden kann, so wären diese wohl eher im Bereich der wirt-
    schaftlichen Freiheitsrechte zu suchen; dem kann hier allerdings
    nicht näher nachgegangen werden.

    5. Prüfungsumfang des Gerichts bei Schiedsstellenentschei-
    dungen
    Die Schiedsstelle hat bei ihrer Entscheidung sowohl die Vorgaben
    des § 134a als auch die Inhalte des Kollektivvertrages umzusetzen:
    Denn das Vertragsmodell verlässt den gesetzlichen Rahmen nicht,
    nur weil eine Schiedsstelle tätig wird.
               Die gerichtliche Kontrolle bei Klagen gegen die Ent-
    scheidungen der Schiedsstelle nach Abs. 4 ist mit Rücksicht auf
    die auf besonderer Sachkunde beruhende, zudem paritätisch zu-
    stande gekommene Entscheidung der Schiedsstelle eingeschränkt
    (zur Besetzung der Stelle vgl. § 134a Abs. 4 SGB V). Auch gebietet
    das Leistungserbringungsrecht, insofern es ein Schiedsverfahren
    aufweist, mit Rücksicht auf das hierdurch zum Ausdruck kom-
    mende „Partnermodell“ ein gewisses Maß an gerichtlicher Zu-
    rückhaltung. Mit der Einrichtung einer Schiedsstelle setzt der Ge-
    setzgeber ersichtlich auf das Konsensprinzip und erst zweitrangig
    auf das Prinzip gerichtlicher Streitentscheidung. Unter Achtung
    der den Vertragsparteien durch Gesetz eingeräumten Gestaltungs-
    macht, die sich mit der Schiedsentscheidung unter anderen Vor-
    zeichen nur ein weiteres Mal Geltung verschafft, hat sich die ge-
    richtliche Prüfung grundsätzlich auf grobe Fehler zu beschränken.
    Dies entspricht einer allgemeinen Tendenz im Leistungserbrin-
    gungsrecht des SGB V.50 Teilweise wird dem in der auf das Part-
     nermodell eingestimmten Rechtsprechung durch die Annahme
     eines (nur) überprüfungsfähigen „Kernbereichs“ des Vertrages
     Ausdruck verliehen, was bedeutet, dass einzelne Vertragsinhalte
     von einer detaillierten Prüfung ausgenommen sind.51
               Man wird deshalb im Einklang mit der herrschenden
    Rechtsprechung zu Schiedsentscheidungen auch bei § 134a SGB V
    von einer gerichtlich zu respektierenden Einschätzungspräroga-
    tive der Schiedsstelle auszugehen haben. Die gerichtliche
    ­Kontrolle ist daher darauf reduziert, ob die Schiedsstelle die wi-
     derstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt und alle
     für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse ge-
     wonnen hat, ferner ob ihre Abwägung frei von Einseitigkeiten, in
     einem fairen und willkürfreien Verfahren sowie orientiert an den
     materiellen Vorgaben des Leistungserbringungsrechts des SGB V
    und insbesondere den Grundaussagen des § 134a vorgenommen
     wurde.52

    49 SG Berlin v. 11. 9. 2013 – S 81 KR 1172/13.
    50 Vgl. etwa Luthe, in Hauck/Noftz, SGB V, K § 125 Rn. 17 sowie K § 130b
        Rn. 71.
    51		Vgl. insofern zur Schiedsperson: BSG v. 27. 10. 2009 – B 1 KR 4/09 R.
    52 Vgl. insofern zum SGB XII: LSG Darmstadt v. 25. 2. 2011 – L 7 SO 237/10
        KL; LSG NRW v. 29. 9. 2008 – L 20 SO 92/06; BVerwG v. 28. 2. 2002 – 5 C
        25/01; BVerwG v. 1. 12. 1998 – 5 C 29/97.
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