Herausforderung klimaneutrale Mietwohngebäude

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Herausforderung klimaneutrale Mietwohngebäude
DEKARBONISIERUNG – GEBÄUDESEKTOR

Herausforderung klimaneutrale Mietwohngebäude
Steven März, Stefan Thomas, Ines Stelk und Franziska Stelzer

Die Dekarbonisierung der Mietwohnungsbestände ist zwingende Voraussetzung für die Einhaltung deutscher Klimaschutz-
ziele. Hierzu ist eine schnelle und deutliche Verbesserung der Energieeffizienz unabdinglich. Aber: funktioniert der Markt für
Energieeffizienz bei Mietwohnungen? Eine empirische Untersuchung auf dem Wuppertaler Mietwohnungsmarkt gibt Antworten
darauf. Um die Sanierungsrate signifikant zu steigern, etwa durch eine höhere Zahlungsbereitschaft für Energieeffizienz,
braucht es sowohl für Vermieter als auch für Mieter verbesserte Rahmenbedingungen.

Der deutsche Wohngebäudebestand soll bis         indem er die Zahlungsbereitschaft auf dem            am teuersten, gefolgt von Frankfurt am Main
2045 klimaneutral werden. Soweit das politi-     Wuppertaler Mietwohnungsmarkt empirisch              (15,75 €/m2) und Stuttgart (14,74 €/m2). In
sche Ziel, das die Ampel-Regierung in ihrem      untersucht. Aufbauend auf den Analysen               Wuppertal wird Wohnraum im Mittel für
Koalitionsvertrag nochmals bekräftigte. Hier-    werden zudem Empfehlungen für die Ausge-             6,05 €/m2 (Mittelwert) angeboten (vgl. Abb. 1).
zu soll die energetische Sanierungsrate deut-    staltung des existierenden politischen Rah-          Ähnlich verhält es sich bei der Mietpreisent-
lich gesteigert werden und die Beheizung         mens gegeben.                                        wicklung. Die Zeit hat empirica-Daten ausge-
durch erneuerbare Energien bzw. Strom aus                                                             wertet und weist einen Preisanstieg von über
erneuerbaren Energien erfolgen. In der Praxis    Der Wuppertaler Wohnungs-                            20 % für München (23,5 %), Stuttgart (22,5 %)
sanken zwar die Emissionen (t CO2äq) des         markt – Was Mieter wirklich                          bzw. Berlin (25,1 %) zwischen 2014-19 aus. In
Gebäudebestandes zwischen 1990 und 2020          zu wollen scheinen                                   Wuppertal betrug der Anstieg im gleichen
um beachtliche 43 %, doch gerade in den                                                               Zeitraum 13,1 % [7].
letzten Jahren vergrößerte sich die Lücke        Die Mieten in deutschen Städten sind in den
zwischen dem Ambitionsziel und der tat-          letzten Jahren durchweg angestiegen. Es gibt         Während also in Städten wie Berlin oder
sächlichen Entwicklung kontinuierlich. Witte-    jedoch erhebliche Unterschiede, sowohl zwi-          München z.T. heftige Debatten zum Thema
rungsbereinigt reduzierten sich die Emissio-     schen Städten als auch auf Quartiersebene            Gentrifizierung entstanden sind und Ener-
nen in den letzten zehn Jahren gerade einmal     innerhalb einer Stadt. Das Handelsblatt hat          gieeffizienz als ein Treiber dafür gesehen
um 3 % [1, S. 40], sodass der Gebäudebestand     für 2021 die Neuvermietungspreise verglichen         wird, herrscht in Wuppertal (noch) eine an-
sowohl 2020 als auch 2021 seine Klimaziele       [6]. Mit 18,30 €/m2 ist Wohnraum in München          dere Situation. Das Preisniveau sowie der
verfehlte [2, S. 27].

Umso größer sind die Erwartungen an die
aktuelle Ampel-Koalition. Obwohl sich so-
wohl im Koalitionsvertrag als auch in der
Eröffnungsbilanz Klimaschutz viele richti-
ge Schritte zur Dekarbonisierung abzeich-
nen, wird jedoch die Rolle der Mietmärkte
kaum explizit adressiert. Gerade hier wird
häufig das sog. Mieter-Vermieter-Dilemma
als zentrale Ursache für den Sanierungs-
stau benannt [3-5]. Im Kern besagt es, dass
Vermieter Investitionen in Energieeffizienz
aufgrund einer Kosten-Nutzen-Asymmetrie
scheuen. Während also die Kosten bei den
Vermietern liegen, profitieren vor allem
Mieter von dem Nutzen in Form von sinken-
den Heizkosten, einem höheren Wohnkom-
fort etc.

Dieses Dilemma impliziert zwei zentrale Fra-
gen aus Vermietersicht. Erstens, gelingt eine
Refinanzierung der Investitionskosten über
den Markt, d.h. über steigende Mieten? Zwei-
tens, sind die Investitionen richtig angelegt?   Abb. 1 Mietpreisentwicklung 2012 bis 2019 in räumlicher Verteilung im Stadtgefüge
                                                                                                     Quelle: eigene Darstellung und Berechnung, Datengrundlage: IS 24
Diesen beiden Fragen widmet sich der Artikel,

   46                                                                                        ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 72. Jg. 2022 Heft 5
Herausforderung klimaneutrale Mietwohngebäude
DEKARBONISIERUNG – GEBÄUDESEKTOR

                                                                                                                   verbessert (vgl. Tab.). Dies bedeutet, dass
                                                                                                                   Mietwohnungen der Energieeffizienzklasse
                                                                                                                   A oder B einen Preisaufschlag von 3,15 bzw.
                                                                                                                   2,76 % gegenüber solchen der Energieeffi-
                                                                                                                   zienzklasse G am Markt erzielen können,
                                                                                                                   wenn die Rohdaten um andere Merkmale
                                                                                                                   der Wohnung oder des Wohnumfelds berei-
                                                                                                                   nigt werden (vgl. Kasten zu Daten und
                                                                                                                   Methodik).

                                                                                                                   Zahlungsbereitschaft für andere
                                                                                                                   Wohnungsmerkmale zum Teil
                                                                                                                   höher, aber irrational
                                                                                                                   Das Modell zeigt zudem, dass die Zahlungs-
                                                                                                                   bereitschaft für andere Wohnungsmerk-
                                                                                                                   male höher ist. Einbauküchen, Balkone,
                                                                                                                   Gäste-WC oder insgesamt ein hochwertiger
                                                                                                                   Innenausbau, werden von Mietern aktuell
                                                                                                                   deutlich stärker wertgeschätzt. Wer als
                                                                                                                   Vermieter eine Einbauküche anbieten
                                                                                                                   kann, erhält in Wuppertal einen Preisauf-
                                                                                                                   schlag von 3,8 % (vgl. Abb. 2). Für densel-
                                                                                                                   ben Preisaufschlag müsste sich der energe-
                                                                                                                   tische Zustand rechnerisch um 224 kWh/m2
                                                                                                                   pro Jahr verbessern [22]. Bei heute ca. 7 Cent
                                                                                                                   pro kWh entspricht das ca. 1,30 €/m2 monat-
                                                                                                                   lich. Das sind rund 20 % der durchschnitt-
                                                                                                                   lichen Kaltmiete im Untersuchungszeit-
Preisanstieg sind moderat. Vermieter können         Daten legen geringe Zahlungsbereit-                            raum – also sechs- bis siebenmal mehr als
hier also nicht per se davon ausgehen, dass         schaft für Energieeffizienz nahe                               der Aufschlag, um den nach der Analyse
man die Investitionskosten über den Markt           Insgesamt bestätigen die Ergebnisse andere                     die Kaltmiete der energieeffizienten Woh-
refinanzieren kann. Anhand eines hedoni-            nationale wie internationale Studien [9-12].                   nungen höher liegt. Selbst wenn damals
schen Regressionsmodells wurde daher die            Es existiert eine Zahlungsbereitschaft für                     die Preise von Gas und Fernwärme etwas
Zahlungsbereitschaft für Energieeffizienz           Energieeffizienz. Im Regressionsmodell                         niedriger lagen: Das Beispiel verdeutlicht,
sowie andere Wohnungsmerkmale ermittelt             steigt die Zahlungsbereitschaft um 0,017 %                     dass
(vgl. Kasten) [8].                                  je kWh/m2, um die sich die Energieeffizienz
                                                                                                                   ■   die Heizkosten und deren Einsparungen
                                                                                                                       für Mieter offenkundig zu wenig trans-
                    Gesamtstadt                                 Wohnlage
                                                                                                                       parent sind und daher ihre empirisch
                                        Einfach        Mittel                Gut                Exklusiv               gefundene Zahlungsbereitschaft viel ge-
                                                                                                                       ringer ist, als es aus ihrer Sicht sinnvoll
 Energy              -0,00017***        0,00014 *   -0,00019 ***       -0,00029***              -0,00026               wäre, und dass es daher
 Performance
                                                                                                                   ■   Opportunitätskosten für Vermieter gibt
                      (0,000023)        (0,00006)    (0,00003)           (0,00008)              (0,00023)
                                                                                                                       und rein betriebswirtschaftlich andere
 Wohnungs-                                                                                                             Investitionen als in Energieeffizienz
                           3               3             3                    3                      3
 merkmale
                                                                                                                       renditeträchtiger erscheinen.
 Quartier-
                           3               3             3                    3                      3
 merkmale
                                                                                                                   Zahlungsbereitschaft für umwelt-
 Zeit/Jahre                3               3             3                    3                      3             freundlichere Heizungssysteme
                                                                                                                   höher als für Energieeffizienz
 n                      12.232            1.545         9.260               1.260                   155
                                                                                                                   Aus den Daten kann jedoch nicht geschlossen
 Korr. R2              0,611268          0,61411      0,57407             0,68705                0,67343           werden, dass Klimaschutz für die Wupper-
                                                                                                                   taler Mieter kein relevantes Mietkriterium
 *p < 0,05; **p < 0,01; ***p < 0,001;
                                                                                                                   ist. So zeigt sich eine signifikante Zahlungs-
Tab.    Hedonisches Regressionsmodell für die Gesamtstadt und nach Wohnlagen                                       bereitschaft für umweltfreundlichere Hei-
                                                                Quelle: eigene Berechnung, Datengrundlage: IS24
                                                                                                                   zungssysteme. Dort wo die Beheizung durch

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Herausforderung klimaneutrale Mietwohngebäude
DEKARBONISIERUNG – GEBÄUDESEKTOR

                                                                                                                   nicht am Markt durch eine entsprechend
                                                                                                                   höhere Kaltmiete oder eine einfachere Neu-
                                                                                                                   vermietung refinanzieren zu können, scheint
                                                                                                                   hoch. Mit der Modernisierungsumlage (§ 559
                                                                                                                   BGB) existiert ein Instrument, nach dem 8 %
                                                                                                                   der energiebedingten Mehrkosten von Inves-
                                                                                                                   titionen auf die Jahreskaltmiete umgelegt
                                                                                                                   werden können und damit die Refinanzie-
                                                                                                                   rung sicherstellen soll. Studien zeigen je-
                                                                                                                   doch, dass viele Vermieter meist nur bei Neu-
                                                                                                                   vermietungen Mieten anpassen bzw. diesen
                                                                                                                   Spielraum nicht oder nur teilweise nutzen
                                                                                                                   [13-15].

                                                                                                                   Zumindest in Wuppertal deutet vieles darauf
                                                                                                                   hin, dass Vermieter diesen Spielraum nicht
                                                                                                                   nutzen bzw. dass Mieter entsprechende
                                                                                                                   Preisaufschläge nicht akzeptieren würden.
                                                                                                                   Es braucht daher andere Refinanzierungs-
                                                                                                                   modelle. Ein Beispiel hierfür ist das soge-
                                                                                                                   nannte „Drittelmodell“, bei dem die Sanie-
                                                                                                                   rungskosten zwischen dem Staat, den
Abb. 2 Zahlungsbereitschaft für unterschiedliche Wohnungsmerkmale in Relation zur Energieeffizienzsteige-          Vermietendenen und den Mietendenen auf-
       rung                                                    Quelle: eigene Berechnung, Datengrundlage: IS24
                                                                                                                   geteilt werden [16]. Vor dem Hintergrund der
                                                                                                                   gebotenen raschen Dekarbonisierung des
Wärmepumpen, solarthermische Anlagen,                     gen, besonders stark vor allem im Bereich                Gebäudebestandes erscheint zudem eine
Holzpellets-/-hackschnitzelanlagen oder auch              der einfachen Wohnlagen, wo der Mietpreis                Debatte über eine anlassbezogene Sanie-
Fernwärme/Nahwärme erfolgt, wird dies                     um 17 Prozent (gesamtstädtisch: 12 %) anstieg.           rungsverpflichtung (z.B. Eigentümerwech-
auch am Mietmarkt entsprechend honoriert.                 Trotz des Preisanstiegs zeigen die Modell-               sel) oder eine Kopplung der Vermietung an
                                                          daten auch, dass sich preisgünstige Woh-                 den energetischen Zustand des Mietobjekts
Zahlungsbereitschaft variiert                             nungen hauptsächlich in einfachen Wohn-                  notwendig [17, 18]. Die Förderung nach dem
zwischen den unterschiedlichen                            lagen befinden (z. B. in Gegenden mit hohem              Drittelmodell würde diese Pflichten für alle
Wohnlagen                                                 Verkehrsaufkommen) und dass Haushalte                    Beteiligten ohne Härten tragbar machen.
Während für die Gesamtstadt eine Zahlungs-                mit niedrigem Einkommen in diesen Gegen-
bereitschaft für Energieeffizienz nachgewie-              den überrepräsentiert sind. Dies deutet auf              Energieeffizienz durch CO2-Beprei-
sen werden konnte, ermöglicht der Blick auf               Segregationstendenzen in der Stadtentwick-               sung attraktiver machen und als
die Wohnlagen ein differenzierteres Bild.                 lungspolitik hin.                                        Mietkriterium stärken
Denn: bei einfachen Wohnlagen kehrt sich                                                                           Zweitens braucht es stärkere Anreize für
dieser Effekt um. Hier wird nach den vorlie-              Was heißt das für die Gebäude-                           Mieter, damit Energieeffizienz als relevan-
genden Daten die Energieeffizienz vom Markt               energieeffizienz?                                        tes Mietkriterium wahrgenommen und am
in Form von Mietminderungen sogar bestraft                                                                         Markt eingefordert wird. Einen solchen An-
(vgl. Tab.). Die Investitionsbedingungen für              Statistische Modelle sind immer eine Verein-             reiz liefert die zum 01.01.2021 eingeführte
Vermieter scheinen damit besonders dort                   fachung realer Prozesse und Entscheidun-                 CO2-Steuer [19]. Ein CO2-Preis von aktuell
ungünstig, wo Energieeffizienz das größte                 gen. Das Bestimmtheitsmaß (korr. R2) aller               (2022) 30 €/t CO2 dürfte jedoch kaum zu
Potenzial für Zusatznutzen hat (z. B. Ver-                dargestellten Modelle (vgl. Tab.) deutet dar-            nennenswerten Verschiebungen der Zah-
meidung von Energiearmut, Gesundheitsver-                 auf hin, dass es weitere Einflussfaktoren                lungsbereitschaft führen. Bezogen auf Erd-
besserung durch Vermeidung von Schimmel-                  gibt, die nicht abgebildet sind (z.B. Marktun-           gas erhöht sich der Endkundenpreis um
pilzbefall, Verringerung des Steueraufwands               vollkommenheiten). Dennoch lassen sich aus               0,55 Cent pro kWh (netto), d.h. um ca. 10 %
für Sozialhilfeempfänger usw.).                           den Daten einige Erkenntnisse ableiten.                  [23]. Unterstellt man einen Jahresverbrauch
                                                                                                                   von 10.000 kWh, würde die Mehrbelastung
Steigende Mietpreise erhöhen                              Das Anreiz- um ein anreizbezogenes                       des Haushalts knapp 55 € (netto) betragen,
Segregationstendenzen innerhalb                           Verpflichtungssystem ergänzen                            ein Wert, der sich vermutlich auch durch
der Stadt                                                 Betriebswirtschaftlich scheinen Investitio-              Tarifwechsel einsparen ließe. Es braucht
Die Mietpreise sind zwischen 2012 und 2019                nen in Energieeffizienz in einem Markt wie               folglich einen höheren Einstiegspreis bzw.
auch in einem eher nachfrageschwächeren                   Wuppertal kein attraktives Investment dar-               einen raschen Anstieg des CO2-Preises, um
Markt wie Wuppertal kontinuierlich gestie-                zustellen. Das Risiko, die Investitionskosten            signifikante Preissignale zu setzen. Bei

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DEKARBONISIERUNG – GEBÄUDESEKTOR

dem vom UBA [20, S. 9] oder von Fridays for      Energieeffizienz als Teil einer                    rung besteht darin, die notwendige ökologi-
Future [24] geforderten CO2-Preis von 180 €/t    zukunftsfähigen Stadtentwicklungs-                 schen Transformation mit sozialen und stadt-
CO2 würden die CO2-Kosten in dem Beispiel        politik verstehen                                  politischen Zielen in Einklang zu bringen,
328 € betragen und die Gesamtheizkosten um       Gebäudeenergieeffizienz ist mehr als ein           da nur so die notwendige Akzeptanz für ent-
46 % steigen.                                    technischer Optimierungsvorgang, sondern           sprechende Investitionen geschaffen werden
                                                 besitzt auch sozial- und stadtentwicklungs-        kann.
Es ist zudem zu begrüßen, dass die Bundesre-     politische Ziele. Sie bietet direkte Co-Bene-
gierung eine Aufteilung der Kosten zwischen      fits für die Bewohner (Heizkostenersparnis,        Literatur
Vermietern und Mietern plant. Dabei sollen in    Wohnkomfort etc.). Die bauphysikalischen
einem Stufenmodell die jeweils zu zahlenden      Eigenschaften prägen genauso das Stadtbild         [1] BMU, „Klimaschutz in Zahlen. Fakten, Trends und
Anteile vom energetischem Zustand des            wie die in den Gebäuden lebenden Menschen.              Impulse deutscher Klimapolitik.“, Berlin, 2021.
Gebäudes abhängen. Bei einem nennens-            Schließlich interagieren Gebäude mit den ent-      [2] BMWK, „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“,
werten CO2-Preis entsteht so für beide Seiten    sprechenden Versorgungsinfrastrukturen.                 Bundesministerium für Wirtschaft und
ein Preissignal [21]. Wichtig, vor allem für     Entsprechend sollten kommunale Wärmepla-                Klimaschutz, 2022. [Online]. Verfügbar unter:
die einkommensärmeren Haushalte, ist dann        nungen ein ganzheitliches Bild für die Dekar-           https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/
die Rückerstattung des größeren Teils der        bonisierung des Gebäudebestandes aufzeigen.             Energie/220111_eroeffnungsbilanz_klimaschutz.
Einnahmen über eine Klimaprämie oder ein                                                                 pdf?__blob=publicationFile&v=14
Klimageld, das an Jede und Jeden in gleicher     Es wurde zudem deutlich, dass die Sanie-           [3] B. Ástmarsson, P. A. Jensen, und E. Maslesa,
Höhe ausgezahlt wird.                            rungsherausforderungen sich innerhalb einer             „Sustainable renovation of residential buildings
                                                 Stadt unterscheiden. Hier gilt es, den Förder-          and the landlord/tenant dilemma“, Energy Policy,
Zusätzlich zum Preissignal muss auch die         rahmen entsprechend anzupassen, um ähn-                 Bd. 63, S. 355–362, Dez. 2013, doi: 10.1016/j.
Transparenz der Energiekosten gestärkt wer-      lich wie in der Städtebauförderung benachtei-           enpol.2013.08.046.
den. Die Pflicht, in Immobilienanzeigen die      ligte Quartiere besonders zu fördern. Hierbei      [4] B. Kossmann, G. Wangenheim, und B. Gill, „Wege
Energieeffizienzklasse und den Energiever-       sollten die Städte Fördermittel räumlich len-           aus dem Vermieter-Mieter-Dilemma bei der
brauchsindikator anzugeben, müsste konse-        ken können, da private Investitionen immer              energetischen Modernisierung: Einsparabhängige
quenter durchgesetzt werden, und es müsste       auch stadtentwicklungspolitische Implikati-             statt kostenabhängige Refinanzierung“, 2016.
einfach zugängliche Information zu resultie-     onen haben. Schließlich geht es auch darum,             Zugegriffen: 23. September 2018. [Online].
renden Energiekosten und Warmmieten in           die privaten Investoren, vielfach private Klein-        Verfügbar unter: https://www.uni-kassel.de/fb07/
vielen Sprachen bereitgestellt werden.           vermieter, zu aktivieren. Individuelle Sanie-           fileadmin/datas/fb07/5-Institute/IWR/Deckert/
                                                 rungsfahrpläne sind hier ebenso ein Ansatz              EnWorks_Dateien/Einsparabhaengiger-Mietauf-
Energieeffizienz ist unerlässlich,               wie sogenannte One-Stop-Shops (OSS), wie sie            schlag-Langfassung.pdf
aber verstärkter Fokus auf                       etwa wie im Projekt ProRetro (proretro.eu)         [5] M. Neitzel, „Wege aus dem Vermieter-Mieter-Dilemma.
erneuerbare Energien geboten                     entwickelt werden. Sie bieten eine ganzheit-            Konzeptstudie“, InWIS Forschung & Beratung GmbH,
Der dritte Aspekt bezieht sich auf eine Ver-     liche Sanierungsbegleitung, was nicht nur               Bochum, 2011. Zugegriffen: 14. Oktober 2015.
schiebung der Bedeutung von Energieeffizi-       Aufwand sondern auch Kosten für die Ver-                [Online]. Verfügbar unter: http://web.gdw.de/
enz und erneuerbaren Energien in Hinblick        mietenden reduziert.                                    uploads/pdf/InWIS-Vermieter-Mieter-Dilemma.pdf
auf einen klimaneutralen Gebäudebestand.                                                            [6] Handelsblatt Online, „Mietpreise in Deutschland: In
Beide Strategien sind für die Dekarbonisie-      Fazit                                                   diesen Städten sind die Mieten pro Quadratmeter am
rung des Gebäudebestandes unerlässlich.                                                                  höchsten“, 2021. Zugegriffen: 18. Januar 2022.
Sie sind komplementär, das Ambitionsni-          Die Dekarbonisierung des Wohngebäudebe-                 [Online]. Verfügbar unter: https://www.
veau kann sich jedoch unterscheiden.             standes ist ein essenzieller Schritt zur Ein-           handelsblatt.com/finanzen/immobilien/
                                                 haltung der deutschen Klimaschutzziele. Vor             mietpreise-in-deutschland-in-diesen-staedten-
Die Modelldaten legen nahe, dass auf Miet-       allem bei Mietwohnungsbeständen bleiben                 sind-die-mieten-pro-quadratmeter-am-hoechs-
märkten ein stärkerer Fokus auf den Aus-         jedoch Energieeffizienzpotenziale häufig un-            ten/25430390.html
bau erneuerbarer Energien der einfachere         erschlossen. Die Analyse bestätigt andere          [7] J. Tröger, „Mietpreise: Teurer geht immer“, Die Zeit,
Weg hin zu einem klimaneutralen Gebäu-           Studien. Mieter sind bereit, einen Preisauf-            Hamburg, 30. Januar 2019. Zugegriffen: 9. August
debestand ist. Mieter besitzen demnach           schlag für Energieeffizienz zu zahlen. Dieser           2020. [Online]. Verfügbar unter: https://www.zeit.
eine höhere Zahlungsbereitschaft für er-         scheint in Märkten mit einem Überangebot                de/wirtschaft/2019-01/mietpreise-immobilien-
neuerbare Heizungstechnologien. Die In-          an Wohnungen jedoch zu gering, als dass                 markt-staedte-deutschlandkarte
vestitionen können folglich einfacher über       entsprechende Investitionen für Vermieter          [8] S. März, I. Stelk, und F. Stelzer, „Are tenants
den Markt refinanziert werden. Daher soll-       attraktiv sind.                                         willing to pay for energy efficiency? Evidence
te über ein zeitnahes Einbauverbot fossiler                                                              from a small-scale spatial analysis in Germany“,
Heizungssysteme nachgedacht werden. In-          Es braucht also sowohl für Vermieter als auch           Energy Policy, Bd. 161, S. 112753, Feb. 2022, doi:
vestitionen in neue Heizungsanlagen soll-        für Mieter veränderte Rahmenbedingungen,                10.1016/j.enpol.2021.112753.
ten jedoch stets mit Energieeffizienzinvesti-    damit Energieeffizienz ein relevantes Miet-/       [9] M. Cajias, F. Fuerst, und S. Bienert, „Tearing down
tionen ganzheitlich betrachtet werden.           Vermietungskriterium wird. Die Herausforde-             the information barrier: the price impacts of energy

ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 72. Jg. 2022 Heft 5                                                                                                49
DEKARBONISIERUNG – GEBÄUDESEKTOR

    efficiency ratings for buildings in the German           Germany“, Sustainability, Bd. 12, Nr. 5, S. 1702,          Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.
    rental market“, Energy Research & Social Science,        Jan. 2020, doi: 10.3390/su12051702.                        de/sites/default/files/medien/1410/publikatio-
    Bd. 47, S. 177–191, Jan. 2019, doi: 10.1016/j.       [16] H. Gaßner, L. Viezens, und A. Bechstedt, „Faire           nen/2019-02-11_methodenkonvention-3-0_kos-
    erss.2018.08.014.                                        Kostenverteilung bei energetischer Modernisie-             tensaetze_korr.pdf
[10] F. Fuerst, P. McAllister, A. Nanda, und P. Wyatt,       rung – rechtliche Rahmenbedingungen einer              [21] C. Herz, „Immobilien: Neuer Heizkosten-Auf-
    „Energy performance ratings and house prices in          Umwandlung der Modernisierungsumlage gemäß                 schlag: Diese Kosten kommen auf Mieter und
    Wales: An empirical study“, Energy Policy, Bd. 92,       § 559 BGB in ein sozial gerechtes und ökologi-             Vermieter zu“, Handelsblatt, 18. Februar 2022.
    S. 20–33, Mai 2016, doi: 10.1016/j.en-                   sches Instrument“, 2019.                                   Zugegriffen: 23. Februar 2022. [Online].
    pol.2016.01.024.                                     [17] H. Gaßner und P. Neusüß, „Sanierungsvorgaben              Verfügbar unter: https://www.handelsblatt.com/
[11] K. A. Kholodilin, A. Mense, und C. Michelsen,           für bestehende Gebäude. Vereinbarkeit mit                  finanzen/immobilien/immobilien-neuer-heizkos-
    „Marktwert der Energieeffizienz : deutliche              Eigentumsschutz und anderen Grundrechten“,                 ten-aufschlag-diese-kosten-kommen-auf-mieter-
    Unterschiede zwischen Miet- und Eigentums-               NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.,                   und-vermieter-zu/28069446.html
    wohnungen“, DIW-Wochenbericht : Wirtschaft,              Berlin, 2011. Zugegriffen: 18. September 2018.
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    2016.                                                    imperia/md/content/nabude/energie/ggsc_rechts-
[12] L. Taruttis und C. Weber, „Estimating the impact        gutachten_sanierungsvorgaben_final_110913.pdf          [22] Der Mietpreis steigt pro jährlich eingesparter
    of energy efficiency on housing prices in            [18] M. Pehnt u. a., „Weiterentwicklung des                    kWh/m2 um 0,017 %. Dividiert man 3,8 % durch
    Germany: Does regional disparity matter?“,               bestehenden Instrumentariums für den                       0,017 % ergibt sich rechnerisch eine Verbesserung
    Energy Economics, Bd. 105, S. 105750, Jan. 2022,         Klimaschutz im Gebäudebereich.“ ifeu, IWU,                 der Energieeffizienz um 224 kWh/m2 pro Jahr
    doi: 10.1016/j.eneco.2021.105750.                        Ecofys, Universität Bielefeld, Heidelberg,             [23] Der Verbraucherpreis für Erdgas betrug im 1. Halb-
[13] R. M. Henger und M. Voigtländer, „Einfluss-             Darmstadt, Köln, Bielefeld, 2015. Zugegriffen:             jahr 2021 durchschnittlich 5,39 Cent/kWh (netto).
    faktoren auf die Rentabilität energetischer              11. August 2018. [Online]. Verfügbar unter: https://   [24] https://fridaysforfuture.de/forderungen/
    Sanierungen bei Mietobjekten“, Institut der              www.iwu.de/fileadmin/user_upload/dateien/
    Deutschen Wirtschaft Köln: IW-Trends − Viertel-          energie/Sanierungsfahrplan_AP_3_final.pdf              Dr. S. März, Wissenschaftlicher Mitarbeiter,
    jahresschrift zur empirischen Wirtschaftsfor-        [19] B. für W. und BMWi und BMUB, „Bundeskabinett          Dr. S. Thomas, Abteilungsleiter, Dr. F. Stelzer,
    schung aus dem Institut der Deutschen                    beschließt höheren CO2-Preis, Entlastungen bei         Senior Researcher, Wuppertal Institut für
    Wirtschaft Köln, Bd. 38, Nr. 1, S. 49–66, 2011.          Strompreisen und für Pendler. Pressemitteilung         Klima, Umwelt, Energie gGmbH, Wuppertal;
[14] S. März, „Beyond economics – understanding the          vom 20.05.2020“. 2020. Zugegriffen: 9. August          I. Stelk, Referentin, Bergische Universität
    decision-making of German small private                  2020. [Online]. Verfügbar unter: https://www.          Wuppertal
    landlords in terms of energy efficiency                  bmwi.de/Redaktion/DE/                                  steven.maerz@wupperinst.org
    investment“, Energy Efficiency, Bd. 11, Nr. 7, S.        Pressemitteilungen/2020/20200520-bundes-
    1721–1743, Okt. 2018, doi: 10.1007/s12053-017-           kabinett-beschliesst-hoeheren-co2-preis.html
    9567-7.                                              [20] A. Matthey und B. Bünger, „Methodenkonvention         Im gesamten Artikel wird aus Lesbarkeitsgrün-
[15] S. März, A. Bierwirth, und R. Schüle, „Mixed-           3.0 zur Ermittlung von Umweltkosten.                   den das grammatikalische Maskulin verwendet
    Method Research to Foster Energy Efficiency              Kostensätze“, Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau,          und soll alle Geschlechter ansprechen.
    Investments by Small Private Landlords in                2019. Zugegriffen: 21. Juli 2020. [Online].

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