Herzinfarkt-Vorsorge: Ein EKG allein reicht nicht - Deutsche Herzstiftung

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Herzinfarkt-Vorsorge: Ein EKG allein reicht nicht - Deutsche Herzstiftung
Forschungsförderung der Deutschen Herzstiftung I

                    Herzinfarkt-Vorsorge:
                  Ein EKG allein reicht nicht
  Wie ein modernes Vorsorge-Screening              angesiedelte Vorhaben wird von den Ärztin-
  aussehen muss, erforscht ein Hamburger           nen Dr. Dora Csengeri und Professor Renate
  Wissenschaftlerteam. Gefördert wird das          Schnabel (UKE) durchgeführt. Geleitet wird
  Vorhaben von der „Wolfgang Seefried-             das Projekt von Professor Stefan Blankenberg,
  Projekt­förderung“.                              Direktor der Klinik und Poliklinik für Allgemei-
                                                   ne und Interventionelle Kardiologie am UHZ/
Alljährlich sterben in Deutschland rund 49 000     UKE.
Menschen an einem Herzinfarkt. Eine frühzeiti-
ge Vorsorgeuntersuchung, die gezielt auf Risi-         Bereits die Vorboten erkennen
kofaktoren eingeht, könnte viele dieser Sterbe-
fälle verhindern. Ebenso eine Früherkennung,       Bei ihren Vorsorgeuntersuchungen beurteilen
die in der Erwachsenenbevölkerung bereits in       Ärzte bislang klassische Risikofaktoren: Der
der beschwerdefreien Entstehungsphase einer        koronaren Herzkrankheit und dem Herzinfarkt
Herzgefäßerkrankung ansetzt. „Viele Herzin-        liegen meist Bluthochdruck, Fettstoffwechsel-
farkte kommen quasi aus heiterem Himmel“,          störungen (hohes Cholesterin), Zuckerkrank-
erklärt Professor Dietrich Andresen, Herzspe-      heit (Diabetes) und Übergewicht zugrunde,
zialist und Vorstandsvorsitzender der Deut-        hinzu kommen Faktoren wie erbliche Vorbe-
schen Herzstiftung. „Die Patienten waren           lastung, Rauchen und Bewegungsmangel. Sie
vorher beschwerdefrei oder hatten allenfalls       alle ergeben ein Risikoprofil – das aber nicht
wenige Tage zuvor untypische Symptome.“            bei jeder Person, die einen Herzinfarkt erleidet,
Solche Fälle lassen sich mit einer Vorsorgeun-     vorhanden sein muss. „Liegen diese Risikofak-
tersuchung, wie sie die Krankenkassen ihren        toren nicht vor, werden Hochrisikopatienten
Versicherten kostenfrei anbieten, nicht recht-     nicht sicher erkannt“, erläutert Dora Csengeri.
zeitig erkennen. „Um die Qualität der Vorsor-      Das gilt insbesondere für Patienten mit subkli-
geuntersuchung zu verbessern“, unterstreicht       nischen oder asymptomatischen Herzerkran-
Andresen, „benötigen wir Parameter mit grö-        kungen. Subklinisch bedeutet: Es ist noch nicht
ßerer Vorhersagegenauigkeit.“                      zum Herzinfarkt gekommen, und der Patient
                                                   zeigt auch noch keine Symptome einer Herz-
Dieses Ziel verfolgt ein Forschungsvorha-          erkrankung. Darüber hinaus gibt es „stumme“
ben im Universitären Herzzentrum Ham-              Herzinfarkte ohne jedes herzinfarkttypische
burg (UHZ), das von der zweckgebundenen            Anzeichen. Sie entstehen schleichend und
„Wolfgang Seefried-Projektförderung“ der           machen sich mit unspezifischen Symptomen
Deutschen Herzstiftung finanziert wird (siehe      wie Müdigkeit, Schwindel oder Leistungs-
Kasten). Aktuell gefördert wird das Projekt „Ein   schwäche bemerkbar.
EKG ist nicht genug: Intensiviertes EKG-Moni-
toring, Biomarker und Imaging zur verbesser-       „Mit den nichtinvasiven Methoden des heuti-
ten Risikoprädiktion des Herzinfarktes in der      gen Vorsorge-Screenings ist es nicht möglich,
Hamburg City Health Study“. Das am Univer-         bei asymptomatischen Patienten einen Herz-
sitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)             infarkt und plötzlichen Herztod sicher vorher­

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Herzinfarkt-Vorsorge: Ein EKG allein reicht nicht - Deutsche Herzstiftung
suchungsmethoden sind bestmöglich für
                                                                   ein Vorsorge-Screening geeignet? Auf
                                                                   diese Frage wollen Csengeri und Schna-
                                                                   bel eine Antwort finden. Neben einem
                                                                   intensivierten EKG-Monitoring (Langzeit-
                                                                   EKG mit mobilen Geräten), das Durch-
                                                                   blutungsstörungen und Herzrhythmus-
                                                                   störungen feststellen kann, erprobt das
                                                                   Hamburger Wissenschaftlerteam weitere
                                                                   nichtinvasive Verfahren wie die kardia-
                                                                   le Magnetresonanztomographie und die
                                                                   transthorakale Echokardiographie (zwei-
                                                                   und dreidimensional). Auch Biomarker
                                                                   werden untersucht, die im Blutserum
                                                                   krankhafte Veränderungen anzeigen, die
                                                                   sich etwa im Herzmuskelgewebe ereig-
                                                                   net haben. Langfristig wollen die Wissen­
                                                                   schaftlerinnen ein „individuelles Risiko-
                                                                   profil“ erstellen, das einschätzen lässt,
Zusätzlich zum EKG werden Methoden benötigt, um das
                                                                   welcher Patienten von welcher Unter­
Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder plötzlichen Herz-        suchung oder von welcher Kombination
tod besser zu erfassen.                                       am meisten profitiert. „Auf diese Weise hoffen
                                                              wir, frühzeitig eingreifen und Herzkrankhei-
zusagen“, bedauert Renate Schnabel. Auch                      ten verhindern zu können, die zu schweren
ein Belastungs-EKG oder eine Ultraschallun-                   Einschränkungen der Lebensqualität oder gar
tersuchung der Halsschlagader hat in solchen                  zum Tod führen“, betont Dora Csengeri.
Fällen eine nur begrenzte Aussagekraft. „Wir                                                 Michael Wichert
benötigen weitere Methoden, um das Risiko
für Herzinfarkt, Schlaganfall und plötzlichen
Herztod besser zu erfassen“, erklärt Schnabel.                 Wolfgang Seefried-Projektförderung
Die beiden Ärztinnen und ihr Team wollen
deshalb Risikofaktoren bestimmen, mit denen                    Dank der finanziellen Unterstützung von
auch subklinische Herz-Kreislauf-Erkrankun-                    Stiftern, Spendern und Erblassern kann die
gen gut vorhergesagt werden können. An ihrer                   Deutsche Herzstiftung e. V. Forschungspro-
Untersuchung im Rahmen der Hamburger                           jekte in einer Größenordnung finanzieren,
City Health-Studie (HCH) nehmen circa 45 000                   die die Herzstiftung und die von ihr im Jahr
Männer und Frauen aus dem Großraum Ham-                        1988 gegründete Deutsche Stiftung für Herz-
burg im Alter von 45 bis 74 Jahren teil. Leite-                forschung (www.dshf.de) in der Herz-Kreis-
rin der HCH-Studie ist Dr. Annika Jagodzinski                  lauf-Forschung unverzichtbar machen.
(UKE).                                                         Die „Wolfgang Seefried-Projektförderung“
                                                               geht auf einen Herznotfall zurück: Einen
      Modernes Vorsorge-Screening                              Monat nach einer EKG-Untersuchung, die
                                                               keinerlei Auffälligkeiten zeigte, erlitt der
Mit neuen Diagnoseverfahren lassen sich                        Mainzer Wolfgang Seefried einen Herz­
asymp­­tomatische Fälle bereits im Vorstadium                  infarkt. Daraufhin stellte er der Herzstiftung
einer akuten Erkrankung aufdecken und bei­                     eine Fördersumme von 210 000 Euro für Pro-
spielsweise Gefäßverkalkungen erkennen.                        jekte zur Verfügung, die zum Ziel haben,
Doch welche dieser nichtinvasiven Unter­                       Herz-Vorsorgeuntersuchungen zu verbessern.
                                                                                                        (red)

                                                                                      HERZ HEUTE 2/2019   35
Forschungsförderung der Deutschen Herzstiftung II

       Elektroautos sind keine Gefahr für
       Patienten mit Herzschrittmachern
                     Fehlfunktionen unwahrscheinlich

  Gehen von Elektroautos bedenkliche Stör­       erklärt Lennerz. „Mit unserer Untersuchung
  einflüsse für Träger von Herzschrittmachern    wollten wir Patienten und Ärzten eine verläss-
  oder Defibrillatoren aus? Eine von der Herz-   lichere Datengrundlage geben, um unnötige
  stiftung geförderte Studie gibt Entwarnung.    Einschränkungen bei der Nutzung von Elek-
                                                 troautos zu vermeiden.“ Carsten Lennerz und
Mehrere Millionen Menschen leiden in             seine Kollegen haben vier Modelle von Elek-
Deutsch­ land an Herzschwäche und Herz-          troautos bei 108 Patienten mit Herzschritt-
rhythmusstörungen. Viele der Betroffenen         macher beziehungsweise Defi getestet. Jeder
benötigen einen Herzschrittmacher oder ei-       Studienteilnehmer bekam eines der vier Elek-
nen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator   troautos zugeteilt, beschleunigte es auf einem
(kurz ICD oder Defi), um ihren Herzrhythmus      Rollprüfstand bis auf 120 Kilometer pro Stunde
zu normalisieren. Laut Deutschem Herzbe-         und lud es anschließend mit Strom auf. Gemes-
richt werden hierzulande jährlich rund 103 000   sen wurde das elektromagnetische Feld beim
Herzschrittmacher und Defis neu implantiert.     Fahren im Innern des Wagens und außerhalb
Beide Herzimplantate – fachsprachlich unter      beim Aufladen. Das Fahrzeuginnere ist sehr gut
dem Kürzel CIEDs (Cardiovascular Implanta-       gegen elektromagnetische Felder abgeschirmt.
ble Electronic Devices) zusammengefasst –        Das Aufladen mit Strom außerhalb des Wagens
können auf starke elektromagnetische Felder      ist die prinzipiell kritischere Situation, weil
reagieren und fälschlicherweise ein Aussetzen    hier­bei die stärksten elektromagnetischen Fel-
des Herzschlags beziehungsweise Schockab-        der auftreten.
gaben bewirken. Auch Elektroautos erzeugen
ein elektromagnetisches Feld. Gehen von die-
sen Fahrzeugen gefährliche Störeinflüsse auf
Herzschrittmacher und Defis aus? Bislang man-
                                                           Kostenfreier Ratgeber
gelte es an aussagekräftigen Studien zu dieser    Patienten mit Herzschrittmacher oder Defi
Frage.                                            bietet die Deutsche Herzstiftung den Rat-
                                                  geber „Häufig gestellte Fragen zu Störein-
                                                  flüssen auf Herzschrittmacher“ an. Verfas-
     Verlässlichere Datengrundlage                ser der 24-seitigen Broschüre sind Professor
Der Kardiologe Dr. Carsten Lennerz, Oberarzt      Bernd Nowak und Dr. Oliver Przibille vom
am Deutschen Herzzentrum München, hat un-         Cardioangiologischen Centrum Bethanien,
tersucht, ob Schrittmacher- und Defi-Patienten    Frankfurt am Main. Der Ratgeber kann von
bedenkliche Störeinflüsse beim Fahren oder        Mitgliedern der Herzstiftung kostenfrei unter
Aufladen eines Elektroautos befürchten müs-       der Telefonnummer 069 955128-400 oder
sen. „Viele Schrittmacher- und Defi-Träger        per E-Mail angefordert werden unter der
reagieren oft mit großer Verunsicherung auf       Adresse bestellung@herzstiftung.de.
elektrische Innovationen wie Elektroautos“,

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Beim Aufladen mit Strom treten die stärksten elektromagnetischen Felder auf.

           Keine bedenklichen                               August Wilhelm und Lieselotte
           Wechselwirkungen                                    Becht-Forschungspreis
Während der Fahrt auf dem Rollprüfstand und             Dank der finanziellen Unterstützung durch
während des Aufladens des Wagens haben die              Stifter, Spender und Erblasser kann die im
Ärzte bei den Versuchsteilnehmern ein Elektro-          Jahr 1988 von der Herzstiftung gegründe-
kardiogramm aufgezeichnet, um durch elektro-            te „Deutsche Stiftung für Herzforschung“
magnetische Felder ausgelöste Störungen des             (DSHF) Forschungsprojekte in einer Grö-
Schrittmachers oder Defis zu registrieren. „Un-         ßenordnung finanzieren, die die Deutsche
sere Untersuchungen ergaben keinen Hinweis              Herzstiftung und die DSHF in der Herz-
darauf, dass von den Elektroautos bedenkliche           Kreislauf-Forschung unverzichtbar machen.
elektromagnetische Interferenzen ausgehen,              Die Arbeit von Dr. Carsten Lennerz vom
die Herzimplantate in ihrer Funktion stören             Deutschen Herzzentrum München zu mög-
könnten“, fasst Lennerz das Ergebnis seiner             lichen Fehlfunktionen von Herzschrittma-
Untersuchung zusammen. Fehlfunktionen bei               chern und Defis wurde im Jahr 2018 mit dem
der Nutzung von Elektroautos seien somit un-            renommierten „August Wilhelm und Liese­
wahrscheinlich. Eine dauerhafte Entwarnung              lotte Becht-Forschungspreis“ der DSHF
aber können die Wissenschaftler nicht geben:            ausgezeichnet. Ein Video-Clip mit dem
„Elektroautos entwickeln sich in Bauweise und           Wissenschaftler und seinen Forschungser-
Ladetechnik rapide weiter“, begründet Len­              gebnissen ist abrufbar unter: www.youtube.
nerz. „Das wird zukünftig neue Untersuchun-             com/watch?v=_Hox6PT1zBU
gen erforderlich machen.“                                                                     (red)
                              Michael Wichert

                                                                                    HERZ HEUTE 2/2019       37
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