DÄNEMARK LÄNDERINFORMATION - DIJUF

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DÄNEMARK LÄNDERINFORMATION - DIJUF
LÄNDERINFORMATION

DÄNEMARK
                                                                                        F ORUM   FÜR   F ACHFRAGEN

Im geeinten Europa ist die Unterhaltsrealisierung durch die Bestim-
mungen der seit 18.06.2011 anwendbaren europäischen Unterhalts-
verordnung1 (EuUnthVO) geprägt. Dänemark hat jedoch innerhalb
der europäischen Union einen Sonderstatus. Insbesondere sind euro-
päische Verordnungen wie die EuUnthVO in Dänemark nicht auto-
matisch geltendes Recht, sondern müssen ausdrücklich von Däne-
mark für anwendbar erklärt werden. Im Hinblick auf die EuUnthVO
hat Dänemark erklärt, nur Teile dieser Verordnung anwenden zu wol-
len2. Nicht anwendbar sind aufgrund dessen die Regelungen zum
anwendbaren Recht (Kapitel III) und zur Zusammenarbeit der zentra-
len Behörden (Kapitel VII).

Nachfolgend soll ein Überblick über die Voraussetzungen der Titel-
schaffung und der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen sowie
der Aufenthaltsermittlung und der Ermittlung der wirtschaftlichen
Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils bei Sachverhalten mit
Bezug zu Dänemark gegeben werden.

1
    VERORDNUNG (EG) Nr. 4/2009 DES RATES vom 18.12.008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die An-
    erkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen.
2
    Erklärung Dänemarks zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark
    über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Han-
    delssachen (ABl. L 149 vom 12.6.2009, S. 80)
                                                        1
I.      Titulierung des Unterhalts

1.      Außergerichtliche Titulierung

Besteht Einigkeit über Grund und Höhe der Unterhaltspflicht, kann der Unterhaltsanspruch
durch ein deutsches Jugendamt, eine deutsche Auslandsvertretung mit Beurkundungsbe-
fugnis3 oder einem/einer NotarIn in Form einer vollstreckbaren Urkunde tituliert werden. Hat
der/die Unterhaltspflichtige keine hinreichenden deutschen Sprachkenntnisse, ist im Hin-
blick auf die spätere Durchsetzbarkeit der Verpflichtungsurkunde auf die Einhaltung der
Übersetzungsvorschriften zu achten (§ 16 BeurkG) und entsprechende Feststellungen in
der Urkunde vorzunehmen.

2. Gerichtliche Festsetzung des Unterhalts

Das Unterhaltsverfahren kann der/die Unterhaltsberechtigte wahlweise in Dänemark oder
in Deutschland einleiten. Aus seiner/ihrer Sicht wird die Führung des Verfahrens vor dem
zuständigen deutschen Gericht aus praktischen Gründen idR einfacher (zB keine Sprach-
barrieren, Wegfall des Reiseaufwands im Fall der Anordnung eines persönlichen Erschei-
nens, keine Unwegsamkeiten eines ausländischen Verfahrens).

a)      Durchführung des Unterhaltsverfahrens in Dänemark

Zur Festsetzung des Unterhalts kann seit 2019 die Familienrechtsagentur (Familienretshuset)
angerufen werden4

Da Dänemark nicht an das Haager Unterhaltsprotokoll5 (HUP) gebunden ist, kommt däni-
sches Internationales Privatrecht (IPR) zur Anwendung. Materiell-rechtlich bestimmt sich
der Unterhaltsanspruch danach nach dänischem Recht.

Der Unterhaltsbetrag bemisst sich in Dänemark mit Rücksicht auf das Wohl des Kindes und
nach den wirtschaftlichen Verhältnissen seiner Eltern6. Als Mindestunterhalt ist der soge-
nannte allgemeine Unterhaltsbeitrag geschuldet. Die Höhe richtet sich nach § 14 des Ge-
setzes über eine Kinderbeihilfe und die vorschussweise Zahlung von Kindesunterhalt (Kin-
derBeihG) und wird jedes Jahr neu festgesetzt. Für das Jahr 2020 beträgt der allgemeine

3
    Gem. § 10 Nr. 5 KonsG können vollstreckbare Ausfertigungen von Konsularurkunden nur vom AG Berlin Schöne-
    berg erteilt werden.
4
 . https://familieretshuset.dk/en/your-life-situation/your-life-situation/child-support (Abruf vom 16.08.2020)
5
    Haager Unterhaltsprotokoll vom 23.11.2007
6
  . § 14 Gesetz über die Versorgung der Kinder v. 18.05.1960 idF der BEK v 29.10.2009
                                                      2
Unterhaltsbeitrag monatlich 1.253,00 kr (entspricht ca.195,00 EUR)7. Je nach Jahresein-
kommen der Eltern kommen pauschale Zulagen iHv 20, 50, 100, 200 oder 300 % hinzu.

b)      Durchführung des Unterhaltsverfahrens in Deutschland

Verfahrensrechtlich gelten für einen zulässigen Antrag auf Unterhaltsfestsetzung zunächst
besondere Zuständigkeitsvorschriften: Werden Status- und Unterhaltsverfahren zusammen8
eingeleitet, ist das Familiengericht des gewöhnlichen Aufenthalts (gA) des Kindes für die
Entscheidung zuständig.9 Werden beide Verfahren getrennt voneinander eingeleitet, ist
das Statusverfahren beim Familiengericht des gA des Kindes einzuleiten.10 Das isolierte Un-
terhaltsverfahren ist beim Familiengericht am Sitz des für den gA des Kindes zuständigen
OLG anhängig zu machen.11

        Hinweis für die UV-Stellen:

        Rechtlich streitig war bis September 2020, ob Unterhaltsvorschusskassen sich auf den privile-
        gierten Gerichtstand des Art. 3b EuUnthVO stützen können, um Unterhaltsfestsetzungsanträ-
        ge in Deutschland anhängig zu machen. Der Europäische Gerichtshof hat diese Frage in
        seiner Entscheidung vom 17.09.2020 (Rechtssache C 540/19) bejaht.
        Dies bedeutet, dass öffentliche Träger die Festsetzung von Unterhalt am Wohnsitz der unter-
        haltsberechtigten Person beantragen können. Im Falle des Umzuges des unterhaltsberech-
        tigten Kindes in einen anderen deutschen Amtsgerichtsbezirk ist das für diesen Bezirk zustän-
        dige zentrale Amtsgericht gem. § 28 AUG für die Unterhaltsfestsetzung zuständig und nicht
        etwa das Amtsgericht am Sitz des öffentlichen Trägers.

         Zieht das unterhaltsberechtigte Kind ins Ausland, entfällt der inländische Gerichtstand. Das
        Titulierungsverfahren sollte dann in Dänemark durchgeführt werden. Für dieses Verfahren
        können öffentliche Träger keine behördliche Verfahrenshilfe nach Kap. VII EuUnthVO (s.u.) in
        Anspruch nehmen. Es muss eine anwaltliche Rechtsvertretung in Dänemark beauftragt wer-
        den, da für diese Verfahren Anwaltszwang besteht. Dies ist mit nicht unerheblichen Kosten
        verbunden, so dass vorab eine Kosten-Nutzen Abwägung vorgenommen werden sollte.
        Liegt bereits ein Unterhaltstitel zugunsten des Unterhaltsberechtigten vor, kann eine voll-
        streckbare Teilausfertigung dieses Titels beantragt werden und die Vollstreckung daraus
        betrieben werden.

7
 . https://www.legaldesk.dk/artikler/boernebidrag (Abruf vom 14.06.2020)
8
   § 237 Abs. 2 FamFG.
9
   §§ 100, 170 Abs. 1 FamFG iVm Art. 3c) EuUnthVO.
10
   §§ 100, 170 Abs. 1 FamFG.
11
   Art. 3b EuUnthVO, § 28 Abs. 1 AUG.
                                                      3
Im Hinblick auf die spätere Durchsetzbarkeit der Unterhaltsentscheidung ist des Weiteren
auf eine rechtzeitige und ordnungsgemäße, dh persönliche Zustellung des verfahrensein-
leitenden Schriftstücks sowie der Unterhaltsentscheidung zu achten.12 Eine (nach deut-
schem Recht zulässige) öffentliche Zustellung erfüllt idR diese Anforderungen nicht. Die
Unterhaltsentscheidung kann im Fall eines Antrags des unterhaltsverpflichteten Elternteils
auf Nachprüfung für nichtig erklärt werden.13 Das Unterhaltsverfahren wäre dann zu wie-
derholen. Verfahrensrechtlich gelangen im Übrigen die Bestimmungen des FamFG und
der ZPO zur Anwendung.

Materiell-rechtlich beurteilt sich der Unterhaltsanspruch nach deutschem Unterhaltsrecht,
soweit der Kindesunterhalt im Inland tituliert wird und das unterhaltsberechtigte Kind hier
auch seinen gA hat14. Die Bestimmungen des BGB entscheiden über das Bestehen des
Unterhaltsanspruchs, die Einreden wie Verjährung und Verwirkung und regeln ferner das
Ausmaß des Unterhalts sowie die Höhe der Unterhaltsleistungen.15 Für die Beurteilung des
Bedarfs des Kindes können daher die Düsseldorfer Tabelle samt jeweils anwendbaren Leit-
linien berücksichtigt werden.

Bei der Bemessung des Unterhaltsbetrags sind die Bedürfnisse des/der Berechtigten und
die wirtschaftlichen Verhältnisse des/der Verpflichteten zu berücksichtigen.16 Dabei erfüllt
die deutsche Unterhaltspraxis diese Norm, indem sie bei Kaufkraftunterschieden im Auf-
enthaltsstaat des Kindes bzw des unterhaltspflichtigen Elternteils die Unterhaltsbemessung
korrigiert. Für Deutschland im Verhältnis zu Dänemark sind die Unterschiede im Lebens-
standard erheblich. Der Preisniveauindex hat im Jahr 2018 für Dänemark nach Eurostat
141,6 % betragen17, für Deutschland 106,8 %.

Das deutsche Unterhaltsrecht bestimmt auch über den Auskunftsanspruch, der sich indes-
sen ohne Kooperation des unterhaltspflichtigen Elternteils mit Aufenthalt in Dänemark
zwangsweise kaum durchsetzen lässt (s. zu den weiteren Möglichkeiten unter Ziff. VI). Las-
sen sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils
nicht ermitteln, wird das unterhaltsberechtigte Kind ohne Kosten- und Verfahrensrisiko nur
den Mindestunterhalt nach § 1612a BGB geltend machen können.

12
    Regelungen für die Auslandszustellung sind normiert in §§ 183 ZPO ff, § 1069 ZPO sowie der EuZVO.
13
    Art. 19 EuUnthVO.
14
    Art. 1, 3 HUP.
15
    Vgl den nicht abschließenden Katalog des Art. 11 HUP 2007.
16
    Art. 14 HUP, siehe dazu auch DIJUF/Boehm Themengutachten, Stand: 12/2015, TG-1186
17
   Eurostat Pressemitteilung vom 21. Juni 2013 zum Verbraucherpreisniveau
                                                        4
II.     Anerkennung und Vollstreckbarkeit

Der Sonderstatus Dänemarks im Bereich der Anwendbarkeit Europäischer Verordnungen
hat erhebliche Folgen für die Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung von
ausländischen Unterhaltstiteln. Es ist zwischen Titeln zu unterscheiden, die vor dem
01.07.2007 und nicht in den zeitlichen Anwendungsbereich der EuUnthVO fallen und Titeln,
die ab dem 01.07.2007 entstanden sind und Kapitel IV EuUnthVO unterliegen zu unter-
scheiden. Unter letzteren werden wiederum Titel die vor dem 18.06.2011 entstanden sind
anders behandelt als Titel, die ab diesem Datum erlassen wurden.

1.    Vollstreckbarerklärung von Titeln die vor dem 01.07.2007 ergangen sind

Für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Titeln, die vor dem 01.07.2007 er-
gangen sind, ist nach wie vor das Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-und Handelssachen vom
27. September 1968 (EuGVÜ) maßgeblich. Die EuUnthVO ist auf diese Titel zeitlich nicht
anwendbar. Dänemark hat mit der europäischen Union erst durch Abkommen vom 19.
Oktober 2005 vereinbart, dass die EuGVO18 auch für und im Verhältnis zu Dänemark An-
wendung findet. Dieses Abkommen ist am 01.07.2007 in Kraft getreten. Gemäß Art. 75
Abs.2 a) ist die EuUnthVO nur für Entscheidungen anwendbar, die vor dem 18.06.2011
ergangen sind, soweit diese Entscheidungen für die Zwecke der Anerkennung und Voll-
streckung in den Anwendungsbereich der EuGVO fallen. In Bezug auf Dänermark ist diese
Voraussetzung erst ab dem 01.07.2007 erfüllt.

2.    Vollstreckbarerklärung von Titeln, die unter die EuUnthVO fallen

Auf Titel, die nach dem 01.07.2007 ergangen sind, ist die EuUnthVO zeitlich anwendbar19.
Innerhalb der EuUnthVO ist noch einmal zwischen Titeln zu unterscheiden, die vor dem
18.06.2011 entstanden sind (Alttitel), und Titeln, welche ab dem 18.06.2011 beurkundet
oder in gerichtlichen Verfahren geschaffen wurden (Neutitel).

18
  . VERORDNUNG (EG) Nr. 44/2001 DES RATES vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
19
  . Art. 75 Abs. 2 EuUnthVO
                                                      5
a.) Alttitel

Alttitel müssen weiterhin förmlich anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden, wobei
das Verfahren durch die EuUnthVO vereinfacht wurde. Zuständig für das Vollstreckbarer-
klärungsverfahren ist die Staatsverwaltung Süddänemark (Statsforvaltningen Syddan-
mark)20. Für das behördliche Vollstreckbarerklärungsverfahren besteht kein Anwaltszwang.
Anträge auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung können also von dem/der Berech-
tigten gestellt werden, ohne dass es der Beiordnung eines Rechtsanwalts/ einer Rechts-
anwältin bedarf.

Liegen alle notwendigen Dokumente vor,21 erklärt die Staatsverwaltung Süddänemark
den Unterhaltstitel für vollstreckbar. Legt der unterhaltspflichtige Elternteil gegen die Voll-
streckbarerklärungsentscheidung innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung keinen Rechts-
behelf ein, wird der Antrag ohne weiteres Zutun an die Beitreibungsbehörde Gaelsdstyrel-
sen in Tønder22 weitergeleitet23.

Die Vollstreckbarerklärung (Exequatur) des deutschen Titels kann nur aus bestimmten
Gründen auf Beschwerde der Antragsgegnerseite hin versagt werden.24 Häufige Versa-
gungsgründe sind der Verstoß der Entscheidung gegen den „ordre public“ des Vollstre-
ckungsstaats oder die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dies ist zB regelmäßig bei der
öffentlichen Zustellung des Titels25 oder bei fehlerhafter Zustellung der Fall.

b.) Vollstreckbarkeit von Neutiteln

Für Neutitel wurde das Verfahren der Vollstreckbarerklärung abgeschafft (Art 17 EuUntVO).
Ein Neutitel, der in Deutschland vollstreckbar ist, ist auch in Dänemark unmittelbar voll-
streckbar. Die Anerkennung als einzige Voraussetzung der Vollstreckbarkeit erfolgt auto-
matisch, ohne formelles Zwischenverfahren. In Dänemark stehen dem/der Unterhaltspflich-
tigen die nationalen, vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Darüber hin-
aus kann er/sie die Aussetzung oder Verweigerung der Zwangsvollstreckung beantragen,

20
    Dies ergibt sich aus Art. 27 in Verbindung mit Art. 71 a EuUnthVO in Verbindung mit § 4 Abs. 1 der dänischen Aus-
führungsbestimmung zur Verordnung (EG) 4/2009 (BEK nr 649 af 15/06/2011 Gældende)
21
  . Art. 28 EuUnthVO
22
  . https://www.gaeldst.dk/deutsch/ (Abruf vom 14.06.2020)
23
  . Vgl § 4 Abs.2 der dänischen Ausführungsbestimmung zur Verordnung (EG) 4/2009 (BEK nr 649 af 15/06/2011
Gældende
24
  . Vgl die abschließend aufgezählten Anerkennungshindernisse des Art. 24 EuUnthVO.
25.
    Nach §§ 203 ff ZPO.
                                                          6
wenn in Deutschland über den streitgegenständlichen Unterhaltstitel ein Nachprüfungs-
verfahren läuft, bei Verjährung oder entgegenstehender Entscheidung26.

III. Zwangsvollstreckung

Aus dem für vollstreckbar erklärten Unterhaltstitel oder einem Neutitel kann die Vollstre-
ckung erfolgen. Es ist unerheblich, ob es sich hierbei um ein Urteil, einen Unterhaltsfestset-
zungsbeschluss, einen Vergleich oder eine öffentliche Urkunde handelt. Irrelevant ist auch,
ob es sich um einen Festbetragstitel oder einen dynamischen Unterhaltstitel handelt.

Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach autonomem dänischem Zivilprozessrecht27. Interna-
tionale oder europäische Rechtsgrundlagen mit einer harmonisierten Regelung des Voll-
streckungsrechts existieren nicht. Zuständig ist die Betreibungsbehörde Gaelsdstyrelsen in
Tønder. Diese fordert die unterhaltspflichtige Person zur Zahlung auf und ermittelt von
Amtswegen, ob pfändbares Vermögen bzw Einkommen vorhanden ist. Ist dies der Fall,
leitet sie ebenfalls von Amts wegen die erforderlichen Vollstreckungsmaßnahmen ein.

Der Kindesunterhalt kann zwangsweise durch Forderungs-, bei Kenntnis der Arbeitsstelle
durch Lohnpfändung durchgesetzt werden.

Achtung: aktueller Hinweis!

Bei Lohnpfändungen kommt es in Dänemark zu erheblichen Verzögerungen, nachdem
das elektronische Beitreibungssystem für rechtswidrig erklärt wurde. Es ist nicht absehbar,
wann mit einer Aufhebung des Problems gerechnet werden kann.

Schuldnerschutzregelungen, wie zB Pfändungsfreigrenzen, können auch im dänischen
Vollstreckungsverfahren die Umsetzung des titulierten Unterhalts einschränken oder diese
ausschließen.

IV.     Inanspruchnahme von behördlicher Verfahrenshilfe
Behördliche Verfahrenshilfe kann in Dänemark auf Grundlage des New-Yorker UN-
Übereinkommens über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom
20. Juni 1956 (UN-Übereinkommen) gewährt werden.

26.
    Art. 19, 21 EuUnthVO.
27
  . Grundlage ist das Gesetz über die Betreibung von Schulden gegenüber der öffentlichen Hand
                                                        7
Dies bedeutet, dass die Zentrale Empfangsbehörde im Ausland (Familieretshuset28) dem
unterhaltsberechtigten Kind bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen behilflich ist.
Die ausländische Behörde unternimmt im Rahmen dessen „alle angemessenen Maßnah-
men“, um die Leistung von Unterhalt herbeizuführen. Hierzu gehört ua die Herbeiführung
einer einvernehmlichen Regelung, die Gewährung von Prozesskostenhilfe, die Erhebung
und Verfolgung einer Unterhaltsklage sowie die Vollstreckung aus einem vorhandenen
Titel.

Hierfür ist zunächst ein Gesuch in Deutschland beim Amtsgericht am Sitz des für den ge-
wöhnlichen Aufenthaltsort der antragstellenden Person zuständigen Oberlandesgerichts
zu stellen.

Das Amtsgericht nimmt zunächst eine Vorprüfung des Antrags vor und leitet ihn samt An-
lagen an die deutsche Übermittlungsbehörde weiter, die ihn wiederum einer Prüfung un-
terzieht und schließlich an die dänische Empfangsbehörde übersendet.

           Hinweis für die UV-Stellen:
           Die Inanspruchnahme von behördlicher Verfahrenshilfe durch öffentliche Träger ist nach dem UN -
           Übereinkommen nicht möglich, da dieses nur auf natürliche Personen Anwendung findet.

V.       Verfahrenskosten

Das Vollstreckbarerklärungs- und Vollstreckungsverfahren sind in Dänemark kostenlos.

Soweit Gerichtsverfahren geführt werden müssen (zB im Fall einer Beschwerde des unter-
haltspflichtigen Elternteils) kann Prozesskostenhilfe beantragt werden. Zuständig für die
Gewährung von Prozesskostenhilfe ist in Dänemark das Civilstyrelsen. Das Civilstyrelsen ist
ein Teil des dänischen Justizministeriums.

Geht es um die Vollstreckbarerklärung und/oder Vollstreckung eines deutschen Unterhalts-
titels, ist von der zuständigen dänischen Stelle ohne Bedürftigkeitsprüfung Prozesskostenhil-
fe zu gewähren, sofern im deutschen Verfahren VKH bewilligt wurde.29 Wird der/die Unter-
haltsberechtigte erst nach Beendigung des Titulierungsverfahrens bedürftig, besteht eben-
falls bei Vorliegen der Voraussetzungen der Bewilligung von VKH nach dänischem Recht

28
 . https://familieretshuset.dk/de (Abruf vom 14.06.2020)
29
 . Art. 47 Abs. 2 EuUnthVO.
                                                        8
ein Anspruch auf Kostenbefreiung im Vollstreckbarerklärungs- und Vollstreckungsverfah-
ren.

VI.    Ermittlung des Aufenthalts und der wirtschaftlichen Verhältnisse
       des Unterhaltspflichtigen

Ist der Aufenthalt des unterhaltspflichtigen Elternteils nicht bekannt, können zur Aufent-
haltsermittlung von Personen die Dienste dänischer Detekteien in Anspruch genommen
werden. Adressen finden sich im dänischen Telefonbuch „De Gule Sider“ unter dem
Stichwort „detektiven“ oder im Internet unter www.degulesider.dk unter demselben
Stichwort.

Es kann auch eine Anfrage in deutscher Sprache an das Dänische Zentrale Personenre-
gister gestellt werden.

Eine Ermittlung des Aufenthalts im Rahmen der behördlichen Verfahrenshilfe nach Kapitel
VII EuUnthVO kommt mangels Anwendbarkeit nicht in Betracht (s.o.).

Nach Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens nimmt die Vollstreckungsbehörde Ga-
elsdstyrelsen die Ermittlung einer neuen Adresse und/oder der wirtschaftlichen Verhältnisse
des unterhaltsverpflichteten Elternteils vor. Insbesondere ist diese befugt, auf Datenbanken
zuzugreifen, die dem/der Unterhaltsberechtigten nicht zugänglich sind.

VII.   Materialien

Der vollständige Text der EuUnthVO und des deutschen Ausführungsgesetzes (Auslandun-
terhaltsgesetz) sind auf der Homepage des DIJuF unter www.dijuf.de  Unterhaltsrealisie-
rung  Rechtsgrundlagen für die Unterhaltsrealisierung im Ausland eingestellt.

Informationen zu dänischem Recht finden sich auf der Homepage von Familieretshuset
(https://familieretshuset.dk/de)

Weitere Hinweise sind auf der Internetseite des weltweiten Netzwerkes Child Support
Worldwide (http://www.childsupport-worldwide.org/aktuelles.html) zu finden.

                                                                          Stand: Oktober 2020

                                             9
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