HOCHWASSERSCHUTZ IN RHEINLAND-PFALZ - HOCHWASSERRISIKOMANAGEMENT NACH WASSERHAUSHALTSGESETZ UND EUROPÄISCHEN VORGABEN - BESTANDSAUFNAHME 2014 UND ...

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MINISTERIUM FÜR
                                                      UMWELT, LANDWIRTSCHAFT,
                                                      ERNÄHRUNG, WEINBAU
                                                      UND FORSTEN

Hochwasserschutz
in Rheinland-Pfalz
Hochwasserrisikomanagement nach Wasserhaushaltsgesetz
und europäischen Vorgaben – Bestandsaufnahme 2014 und Ausblick

         Hochwassermeldedienst
         Rheinland-Pfalz
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Impressum

Herausgeber: Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft,
			Ernährung, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz
             Kaiser-Friedrich-Str. 1 • 55116 Mainz
			             www.mulewf.rlp.de
Bearbeitung und Herstellung:
		     	Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft
			           und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz
              Kaiser-Friedrich-Str. 7 • 55116 Mainz
			             www.luwg.rlp.de

Druck:
			             gedruckt auf RecySatin, Recycling-Mix

2. überarbeitete Auflage
© Juli 2014
Nachdruck und Wiedergabe nur mit Genehmigung des Herausgebers
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Vorwort

Unser Land ist von Flusslandschaften geprägt.      Nach dem katastrophalen Hochwasser im Juni
Der Schutz der dort lebenden Menschen vor          2013 an Elbe und Donau wurde ein „Nationales
Hochwasserschäden steht für uns an erster          Hochwasserschutzprogramm“ beschlossen. Die-
Stelle. Ein umfassendes Hochwasserrisikoma-        ses werden wir nutzen, damit unsere Maßnah-
nagement soll den heutigen und kommen-             men schneller finanziert und umgesetzt werden
den Generationen Perspektiven für ein Leben        können.
mit dem Hochwasser an Rhein, Mosel und al-
                                                   Hochwasserrisikomanagement ist eine Gemein-
len hochwasserrisikoreichen Gewässern eröff-
                                                   schaftsaufgabe. Nur durch die Zusammenarbeit
nen. Das Zusammenwirken von technischem
                                                   aller Verantwortlichen, der Bürgerinnen und
Hochwasserschutz, von natürlichem Hoch-
                                                   Bürger, der Verbände, der Landkreise, Städte und
wasserrückhalt in der Fläche und vor allem der
                                                   Gemeinden sowie der Landesbehörden lassen
Hochwasservorsorge sind die Säulen unseres
                                                   sich dauerhafte, wirksame Hochwasservorsorge-
Hochwasserrisikomanagements.
                                                   maßnahmen umsetzen.
Durch Umsetzung der europäischen Hochwas-
                                                   In Rheinland-Pfalz planen wir nicht über die
serrisikomanagement-Richtlinie wird dieser Weg
                                                   Köpfe der Menschen hinweg sondern setzen auf
konsequent fortgesetzt.
                                                   Information und Dialog. Als Land wissen wir uns
Vieles ist heute schon auf den Weg gebracht. Die   ganz besonders in die Pflicht genommen. Wir
Deichertüchtigung und der Polderbau am Ober-       unterstützen deshalb die Initiativen vor Ort, die
rhein sowie der örtliche Hochwasserschutz sind     Hochwasserpartnerschaften der Kommunen und
weit fortgeschritten. Bereits im ganzen Land er-   die Vorsorgemaßnahmen der Bürgerinnen und
lebbar ist die naturnahe Gestaltung der Fließge-   Bürger. Unser Ziel ist, dass wir Rheinland-Pfälzer
wässer im Rahmen der Aktion Blau Plus.             in Zukunft gut vorbereitet am und mit dem Was-
                                                   ser leben können.

                                                   Ulrike Höfken
                                                   Staatsministerin für Umwelt, Landwirtschaft,
                                                   Ernährung, Weinbau und Forsten

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                          3
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inhalt

Einführung                                                         7
Hochwasserrisikomanagement – Ziele und gesetzliche Vorgaben        9
Hochwasserschutz und Hochwasservorsorge – Bestandsaufnahme 2014   13
    Vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos                    13
    Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten                14
    Natürlicher Wasserrückhalt – Aktion Blau Plus                 16
    Hochwasserschutz am Oberrhein                                 19
    Örtlicher Hochwasserschutz                                    21
    Hochwasservorsorge                                            22
    Örtliche Hochwasserschutzkonzepte                             25

Hochwasser – Risikomanagementpläne                                27
    Zuständigkeiten und Handlungsbereiche                         27
    Vorgaben und Grundlagen                                       30
    Hochwasserpartnerschaften                                     30
    Aufstellung und Überprüfung                                   31
    Information der Öffentlichkeit                                31

Klima – Berücksichtigung des Klimawandels                         33
Zusammenfassung                                                   36
Anhang                                                            40

Bildnachweis                                                      57

Hochwasserrisikomanagement RLP                                         5
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6   Hochwasserrisikomanagement RLP
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Einführung

Hochwasserschutz und Hochwasservorsorge sind seit langem ein wesentlicher Bestandteil der Da-
seinsvorsorge des Landes Rheinland-Pfalz und wichtige Voraussetzung für die nachhaltige Entwick-
lung der rheinland-pfälzischen Flusstäler sowie ein bedeutsamer Standortfaktor für die Wirtschaft.
Dieses bewährte Hochwasserrisikomanagement ist auch europäisch geregelt. Mit der Veröffentli-
chung im Amtsblatt der Europäischen Union am 6. November 2007 ist die Richtlinie 2007/60/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Manage-
ment von Hochwasserrisiken (Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie – HWRM-RL) am 26. Novem-
ber 2007 in Kraft getreten (Anlage 1).
Mit der Richtlinie wird ein Rahmen für die Bewältigung von Hochwasserrisiken*, auch bei Extremer-
eignissen, in den EU-Mitgliedsstaaten geschaffen. Die entsprechend Artikel 17 der HWRM-RL erfor-
derliche Umsetzung in nationales Recht ist durch Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG)
erfolgt (Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.Juli 2009 und Novelle vom 21. Januar
2013). Die Vorgaben der Richtlinie wurden 1:1 in das WHG übernommen.
Das Hochwasserrisikomanagement in Rheinland-Pfalz kann auf das rheinland-pfälzische Hochwas-
serschutzkonzept aufbauen, das auch Grundlage für die internationalen Aktionspläne Hochwasser
für den Rhein der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) und der Internationalen
Kommissionen zum Schutze der Mosel und der Saar (IKSMS) war.
Das Hochwasserschutzkonzept des Landes und seine umgesetzten Maßnahmen erfüllen bereits viele
Anforderungen des jetzt auch in WHG und HWRM-RL vorgeschriebenen Hochwasserrisikomanage-
ments. Allerdings wurde das Hochwasserschutzkonzept erweitert und in das Hochwasserrisikoma-
nagement wurden die ebenfalls zuständigen weiteren Ressorts und Stellen, vor allem die kommuna-
len Gebietskörperschaften und der Katastrophenschutz, verstärkt einbezogen.
Die konsequente Weiterführung der Hochwasserschutzpolitik des Landes ist aufgrund von Richtlinie
und WHG nun auch eine gesetzliche Vorgabe. Die Umsetzung des rheinland-pfälzischen Hochwasser-
schutzkonzeptes und der vorhandenen Hochwasseraktionspläne im Rheingebiet läuft verstärkt und
unverzögert weiter.
-----------------
*Unter „Hochwasserrisiko“ ist dabei die „Kombination der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Hoch-
 wasserereignisses und der hochwasserbedingten potenziellen nachteiligen Folgen“ zu verstehen.

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                          7
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Hochwasserrisiko-
  management
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Ziele und gesetzliche Vorgaben
Hochwasser ist als Teil des natürlichen Was-       Ausgangspunkt ist die Analyse des Hochwas-
serkreislaufes ein Naturereignis, das nicht ver-   serrisikos in einem betroffenen Gebiet. Darauf
hindert werden kann. Die Natur kennt keine         aufbauend sind Maßnahmen in den einzelnen
Hochwasserschäden. Hochwasser führt erst           Handlungsbereichen (Abbildung 1) zu entwickeln
zu Schäden, wenn der Mensch betroffen ist. Je      und einzuleiten mit dem Ziel, die nachteiligen
intensiver die Nutzung im Überschwemmungs-         Auswirkungen von Hochwasser auf folgende
gebiet, desto größer können die Schäden sein.      Schutzgüter
Hochwasserrisikomanagement bedeutet, die
                                                   ■■ menschliche Gesundheit,
gesamte Spanne der Hochwasserbetroffenheit,
auch bei Extremereignissen, und das Spektrum       ■■ Umwelt,
möglicher Maßnahmen zu berücksichtigen, um
                                                   ■■ Kulturerbe sowie
Hochwasserschäden zukünftig möglichst weitge-
hend zu verhindern.                                ■■ wirtschaftlichen Tätigkeiten und die
                                                      Infrastrukturen
Für ein nachhaltiges Hochwasserrisikomanage-
ment müssen die in umseitiger Abbildung 1 dar-     zu vermindern. Dabei ist der Klimawandel zu
gestellten Handlungsbereiche berücksichtigt        berücksichtigen.
werden. Die Bestandsaufnahme zu Hochwas-
serschutz und Hochwasservorsorge in Rhein-
land-Pfalz ist daher bereits entsprechend dieser
Handlungsbereiche gegliedert.
Schwerpunkt des Hochwasserrisikomanage-
ments ist die Hochwasservorsorge. Hierzu ge-
hören zum großen Teil auch nicht-wasserwirt-
schaftliche Maßnahmen der Raumordnung, der
Bauleitplanung, der Gefahrenabwehr, des Katas-
trophenschutzes sowie der Eigenvorsorge.

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                      9
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Abbildung 1: Handlungsbereiche des Hochwasserrisikomanagements
      (in Anlehnung an die EU-Vorgaben; siehe auch Anlage 7)

     Wie bei der europäischen Wasserrahmenrichtli-      2. Die Erstellung von Hochwassergefahren- und
     nie wird gewässereinzugsgebietsweit und grenz-       -risikokarten erfolgt für die Gewässer, an denen
     übergreifend vorgegangen.                             nach der vorläufigen Bewertung ein potenziell
                                                           signifikantes Hochwasserrisiko besteht. Die-
     WHG bzw. HWRM-RL geben zur Erreichung ihrer
                                                           se Karten sind bis Ende 2013 zu erstellen (§ 74
     Zielsetzung folgende Arbeitsschritte mit zugehö-
                                                           WHG/Art. 6 HWRM-RL).
     rigen Durchführungsfristen vor:
                                                        3. Für die Gebiete bzw. Gewässer mit potenziell
     1. Mit der vorläufigen Bewertung des Hochwas-
                                                           signifikantem Hochwasserrisiko sind Hoch-
        serrisikos werden die Gebiete bzw. Gewässer
                                                           wasserrisikomanagement-Pläne (HWRM-
        bestimmt, an denen potenziell signifikan-
                                                           Pläne) zu erstellen. Diese Pläne sind über
        te Hochwasserrisiken bestehen. Diese Be-
                                                           Verwaltungs- und Staatsgrenzen hinweg ab-
        wertung ist erfolgt (§ 73 WHG/Art. 4/Art. 5
                                                           zustimmen und bis Ende 2015 zu erarbeiten
        HWRM-RL).
                                                           (§ 75 WHG/Art. 7 HWRM-RL).

10                                                      Hochwasserrisikomanagement RLP
Die Zielsetzung ist nicht kurzfristig, sondern nur   der Internationalen Kommission zum Schutz
in Schritten zu erreichen. Hochwasserrisikoma-       des Rheins (IKSR) und der Internationalen Kom-
nagement ist daher als ein kontinuierlicher, lang-   missionen zum Schutze der Mosel und der Saar
fristiger Prozess zu sehen, in dem es je nach dem    (IKSMS). Die vorhandenen Hochwasseraktions-
Stand der Kenntnisse und der Beteiligung der         pläne für Rhein, Mosel/Saar, Nahe und Sieg kor-
Betroffenen immer wieder Weiterentwicklungen         respondieren in ihren Zielen zwar mit den Anfor-
und Anpassungen geben wird. Deshalb sieht die        derungen von WHG und Richtlinie, müssen aber
Richtlinie eine Überprüfung der Hochwasserrisi-      inhaltlich vor allem im Hinblick auf eine umfas-
kobewertung (erstmals Ende 2018), der Karten         sende Berücksichtigung der Hochwasservorsor-
und HWRM-Pläne alle 6 Jahre vor.                     ge sowie die Vorhaltung und Vorbereitung der
                                                     Gefahrenabwehr und des Katastrophenschutzes
Nach § 73 WHG bzw. Artikel 3 der HWRM-RL
                                                     konkretisiert, überarbeitet und ergänzt werden.
sollen für das Hochwasserrisikomanagement
möglichst die für die europäische Wasserrah-         Nach der Übergangsregelung gemäß §§ 73 bis
menrichtlinie (EG-WRRL) getroffenen Festlegun-       74 WHG bzw. Artikel 13 der HWRM-RL können
gen über die Zuordnung von Einzugsgebieten zu        bereits bis zum 22. Dezember 2010 vorhande-
Flussgebietseinheiten und die zuständigen Be-        ne Unterlagen zur Erfüllung der Vorgaben der
hörden beibehalten werden. Abweichungen hier-        HWRM-RL genutzt werden. In Rheinland-Pfalz
von waren der EU-Kommission bis zum 26. Mai          wird die Übergangsregelung gemäß Artikel 13
2010 mitzuteilen. Für Rheinland-Pfalz wurden         der Richtlinie für die Bewertung des Hochwas-
die Benennungen der EG-WRRL übernommen               serrisikos sowie die Hochwassergefahren- und
(Anlage 2).                                          Hochwasserrisikokarten genutzt.
HWRM-RL und EG-WRRL werden entsprechend
§ 80 WHG bzw. Art. 9 der HWRM-RL besonders
im Hinblick auf die Verbesserung der Effizienz,
den Informationsaustausch und gemeinsame
Vorteile für die Erreichung der Umweltziele der
EG-WRRL (Art. 4) koordiniert. Weiterhin sollen
laut Anhang, Satz I.4 HWRM-RL die Maßnah-
men, die auf die Verwirklichung der Ziele des
Hochwasserrisikomanagements abzielen, auch
die UVP-Richtlinie (Umweltverträglichkeitsprü-
fung, 1985), die Seveso-II-Richtlinie (1996) und
die SUP-Richtlinie (Strategische Umweltprüfung,
2001) berücksichtigen.
An der Erstellung der Hochwasserrisikomanage-
ment-Pläne werden die zuständigen und inter-
essierten Stellen aktiv beteiligt. Der Öffentlich-
keit wird nach § 79 WHG bzw. Art. 10 Abs. 1
HWRM-RL der Zugang zur ersten Bewertung des
Hochwasserrisikos, zu den Hochwassergefah-
ren- und -risikokarten sowie den HWRM-Plänen
ermöglicht.
Der Informationsaustausch und die interna-
tionale Koordination bei der Umsetzung der
HWRM-RL im Rheingebiet erfolgen im Rahmen            Historische Hochwassermarke in Mainz

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                          11
Hochwasserschutz &
Hochwasservorsorge
Bestandsaufnahme 2014
Grundpfeiler von Hochwasserschutz und Hoch-          bzw. HWRM-RL vorgeschriebenen Hoch-
wasservorsorge in Rheinland-Pfalz ist das von al-    wasserrisikomanagements. Die nachfolgen-
len Parteien des Landtags seit 1995 unterstützte     de Bestandsaufnahme verdeutlicht dies und
landesweite Hochwasserschutzkonzept mit den          ist eine Grundlage für die Erarbeitung der
Programmpunkten:                                     Hochwasserrisikomanagement-Pläne.
■■ Förderung des natürlichen Wasserrückhaltes        In Ergänzung zu dem Hochwasserschutzkonzept
   auf der Fläche und in den Gewässerauen (Ak-       und bereits im Hinblick auf die Umsetzung von
   tion Blau Plus),                                  WHG bzw. HWRM-RL wurden eine vorläufige
                                                     Bewertung des Hochwasserrisikos durchgeführt
■■ Technischer Hochwasserschutz durch si-
                                                     und Hochwassergefahren- und Hochwasserrisi-
   chere Deiche, Rückhalteräume und örtliche
                                                     kokarten erstellt.
   Schutzmaßnahmen,
■■ Weitergehende Hochwasservorsorge zur
   Vermeidung von Schäden und Stärkung der           Vorläufige Bewertung des
   Eigenvorsorge.                                    Hochwasserrisikos

                                                     Nur für die Gewässer und Einzugsgebiete mit
Dieses Hochwasserschutzkonzept umfasst ein           potenziell signifikantem Hochwasserrisiko sind
heute schon realisiertes bzw. absehbares Inves-      nach den Vorgaben von WHG bzw. HWRM-RL
titionsvolumen von über 1,4 Milliarden Euro. Bis     Hochwassergefahren- und Hochwasserrisiko-
Ende 2013 sind rund 900 Millionen Euro inves-        karten sowie Hochwasserrisikomanagement-
tiert worden. Nach den heutigen Erkenntnissen        Pläne zu erstellen. Ausgangspunkt ist die vor-
sind es zukünftig weitere 500 Millionen Euro, d.h.   läufige Bewertung des Hochwasserrisikos auf
das Konzept wird auch weiterhin konsequent           der Grundlage verfügbarer Daten. Bekannte
umgesetzt.                                           Hochwasserereignisse und aufgetretene Schä-
                                                     den sind auszuwerten. Die Methodik zur Ermitt-
Die bereits umgesetzten bzw. geplanten
                                                     lung der Gebiete mit potenziell signifikantem
Maßnahmen sind Bestandteil des in WHG

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                        13
Hochwasserrisiko ist grundsätzlich in der Bund-     Diese werden bzw. sind an den Grenzen mit den
     Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA)            Nachbarstaaten und den benachbarten Bundes-
     bundesweit abgestimmt.                              ländern abgestimmt. Ergebnis ist, dass rd. 60
                                                         Gewässerabschnitte mit rd. 2000 Gewässerkilo-
     Ein potenziell signifikantes Hochwasserrisiko ist
                                                         metern ein potenziell signifikantes Hochwasser-
     z.B. vorhanden, wenn ein überwiegend öffent-
                                                         risiko aufweisen (siehe Anlagen 3 und 4).
     liches Interesse am Hochwasserschutz besteht
     und die potenziell Betroffenen im Rahmen ihrer      Die vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos
     Möglichkeiten nicht selbst Vorsorgemaßnah-          in Rheinland-Pfalz ist im Internet veröffentlicht
     men zum Schutz vor Hochwassergefahren tref-         (siehe www.hochwassermanagement.rlp.de).
     fen können. Öffentliches Interesse besteht dann,
     wenn „durch Überschwemmungen das Leben
     der Bevölkerung bedroht ist“ und „häufige Sach-     Hochwassergefahren- und
     schäden in außerordentlichem Maße bei einer         Hochwasserrisikokarten
     größeren Zahl von Betroffenen“ eintreten. Damit
     sind vornehmlich die Gewässer als signifikant       Hochwassergefahren- und Hochwasserrisiko-
     risikobehaftet einzustufen, bei denen infolge von   karten sind die wirksamste Informationsgrund-
     Überschwemmungen ein hohes Schadenspoten-           lage über die hochwassergefährdeten Flächen
     zial besteht. Dies ist insbesondere in Siedlungs-   und das Ausmaß der dort vorhandenen Risi-
     gebieten der Fall.                                  ken. Durch die Karten soll erreicht werden, dass
                                                         die kommunalen Gebietskörperschaften ihre
     Für Rheinland-Pfalz liegt die vorläufige Bewer-
                                                         Hochwasservorsorgemaßnahmen verbessern
     tung und Festlegung der Risikogewässer vor.

14                                                       Hochwasserrisikomanagement RLP
und dass die betroffene Bevölkerung eines              In den Hochwassergefahrenkarten sind für die
hochwassergefährdeten Gebietes von vornher-            drei Hochwasserszenarien
ein Schadenspotenzial reduziert oder Schäden
                                                       ■■ das Ausmaß der Überflutung (Fläche),
ausschließt.
                                                       ■■ die Wassertiefe bzw. gegebenenfalls der Was-
Hochwassergefahrenkarten
                                                          serstand in den Überflutungsgebieten sowie
Hochwassergefahrenkarten berücksichtigen
                                                       ■■ gegebenenfalls die Fließgeschwindigkeit oder
nach § 74 WHG drei Hochwasserszenarien:
                                                          der relevante Wasserabfluss
■■ Hochwasser mit niedriger Wahrscheinlichkeit
                                                       dargestellt.
   (Extremereignisse, die im statistischen Mittel
   viel seltener als alle 100 Jahre auftreten),
■■ Hochwasser mit mittlerer Wahrscheinlichkeit         In Rheinland-Pfalz wurden bereits Hochwasser-
   (Ereignisse, die im statistischen Mittel alle 100   gefahrenkarten für rd. 3.000 Gewässerkilometer
   Jahre und seltener auftreten),                      zur Festsetzung von Überschwemmungsgebie-
                                                       ten in Siedlungsflächen mit hohem Schadenspo-
■■ Hochwasser mit hoher Wahrscheinlichkeit
                                                       tenzial sowie zur Sicherung vorhandener Reten-
   (Ereignisse, die im statistischen Mittel etwa
                                                       tionsräume mit Kosten von rund 10 Millionen
   alle 10 Jahre auftreten).
                                                       Euro erstellt. Die Karten enthalten die von WHG

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                           15
bzw. HWRM-RL geforderten Angaben, sind in              Natürlicher Wasserrückhalt – Aktion Blau
     das Internet eingestellt und damit öffentlich für      Plus
     jedermann zugänglich (siehe www.hochwasser-
     management.rlp.de).                                    Durch mehr Wasserrückhalt auf der Fläche des
                                                            Einzugsgebietes und in den Gewässerauen dau-
     Für den Rhein sind die Hochwassergefahren-
                                                            ert es länger, bis Hochwasser entsteht. Vor allem
     karten bereits im IKSR-Atlas 2001 dargestellt
                                                            Hochwasser in kleinen Einzugsgebieten kann re-
     (www.iksr.de). Die gemäß den Vorgaben von
                                                            duziert und dadurch die anthropogen verursach-
     WHG und HWRM-RL überarbeiteten Gefahren-
                                                            te Hochwasserverschärfung teilweise rückgängig
     karten für den rheinland-pfläzischen Rheinab-
                                                            gemacht werden. Hohe und extreme Hochwas-
     schnitt wurden länder- und staatenübergreifend
                                                            ser in größeren Flüssen entstehen erst, wenn die
     abgestimmt.
                                                            natürlichen Wasserspeicher weitgehend gefüllt
     Hochwasserrisikokarten                                 sind. Die Maßnahmen für mehr natürlichen
                                                            Wasserrückhalt werden im Rahmen der „Akti-
     Während in den Hochwassergefahrenkarten
                                                            on Blau Plus“ (vorher Aktion Blau) umgesetzt,
     das Ausmaß von Überschwemmungen (Fläche,
                                                            seit 1994 das landesweit erfolgreiche Programm
     Wassertiefe) dargestellt wird, enthalten die vor-
                                                            für mehr dezentralen Wasserrückhalt und die
     geschriebenen Hochwasserrisikokarten (§ 74
                                                            Gewässerökologie.
     WHG) Angaben über
                                                            Zur Steigerung der natürlichen Wasseraufnah-
     ■■ die Anzahl der potenziell betroffenen
                                                            mefähigkeit des Bodens unterstützt das Land
        Einwohner,
                                                            Rheinland-Pfalz sowohl die Landwirtschaft als
     ■■ die Art der wirtschaftlichen Tätigkeiten in         auch die Forstwirtschaft. Hierfür wird das um-
        dem potenziell betroffenen Gebiet (Nutzun-          fassende Instrumentarium zur Förderung um-
        gen) und                                            weltschonender Wirtschaftsweisen in der Land-
                                                            wirtschaft eingesetzt. In Rheinland-Pfalz sind
     ■■ die in Anhang I der Richtlinie 96/61/EG (IVU-
                                                            mit jährlichen Kosten von rd. 25 Millionen Euro
        Richtlinie) erhobenen Anlagen, von denen bei
                                                            derzeit rd. 165.000 ha einbezogen, fast ein Vier-
        Überschwemmung eine störfallbedingte Ver-
                                                            tel der gesamten landwirtschaftlich genutzten
        unreinigung ausgehen kann, und durch Hoch-
                                                            Fläche.
        wasser betroffene Schutzgebiete aus Anhang
        IV, 1, i, iii, v) der Richtlinie 2000/60/EG (Was-   Rheinland-Pfalz fördert die naturnahe Waldent-
        serrahmenrichtlinie), also Gebiete zur Trink-       wicklung durch Anlagestandortgerechte Misch-
        wassergewinnung, Freizeitgewässer einschl.          wälder. Auch Aufforstungen von bislang brach
        Badegewässer und Natura 2000-Gebiete.               liegenden oder landwirtschaftlich bewirtschaf-
                                                            teten Flächen kommt ein hoher wasserwirt-
     Die nach diesen Vorgaben erstellten Hochwas-
                                                            schaftlicher Stellenwert zu. Rheinland-Pfalz hat
     serrisikokarten für Rheinland-Pfalz (siehe www.
                                                            seit 1995 Erstaufforstungen von rd. 2.900 ha
     hochwassermanagement.rlp.de) sind Ergebnis
                                                            mit einem finanziellen Aufwand des Landes von
     einer Verschneidung vorhandener Daten in ei-
                                                            rd. 15 Millionen Euro gefördert (Investitions- und
     nem geographischen Informationssystem und
                                                            Erhaltungsaufwand).
     ergänzen die Hochwassergefahrenkarten mit
     den o. g. zusätzlichen Informationen über das          Das Gebot, Niederschlagswasser in der Fläche
     Hochwasserrisiko. Die kommunalen Gebietskör-           zu belassen, wurde schon 1995 im rheinland-
     perschaften können daraus ihre Betroffenheit           pfälzischen Landeswassergesetz formuliert
     direkt erkennen.                                       und ergänzt das moderne Konzept der Nieder-
                                                            schlagswasserbewirtschaftung in Siedlungen.
                                                            Diesem Konzept folgen bereits vor allem jüngere

16                                                          Hochwasserrisikomanagement RLP
Siedlungsgebiete mit geschätzt rd. 10.000 ha.
Fläche.
Für die kommunalen Gebietskörperschaften als
Unterhaltungspflichtige an den Gewässern ver-
fügt Rheinland-Pfalz mit der Aktion Blau Plus
mehr als 15 Jahre über ein attraktives Konzept
und Förderinstrumentarium, um Hochwasser-
rückhalteflächen zu schaffen und Flüsse und
Bäche naturnah zu entwickeln. Seit 1994 wurden
rd. 260 Millionen Euro in die Aktion Blau Plus
und damit in den naturnahen Zustand unserer
Gewässer investiert.
Die Aktion Blau Plus umfasst etwa 240 Ge-
wässerpflegepläne mit rd. 4.000 km Länge und
ca. 1.300 Gewässerrückbauprojekte an rd. 900
Gewässerkilometern sind in Planung oder Um-
setzung. Dies war nur möglich in Verbindung mit
der ländlichen Bodenordnung. Die Aktion Blau
Plus wird außerdem durch rund 745 Bachpaten
unterstützt, die rund 2800 Kilometer Gewässer
betreuen.
Im Jahr 2005 wurde die Förderkulisse für die
Städte, Gemeinden und Landkreise weiter ver-
bessert, in dem jetzt für Maßnahmen der Aktion
Blau Plus eine Förderung bis zu 90% möglich ist.
Damit soll erreicht werden, dass über die Aktion
Blau Plus der ökologische Umbau der Gewässer,
der zugleich dem Hochwasserschutz dient, be-
schleunigt wird.

                                                   Standortgerechte Land- und Forstwirtschaft, de-
                                                   zentraler Wasserrückhalt und naturnahe Gewäs-
                                                   ser schaffen Wasserrückhalt in der Landschaft

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                       17
Attraktiv gestaltetes Überschwemmungsgebiet
                                                           in Kamp-Bornhofen

     Gestaltung der Überschwemmungsgebiete am Mittelrhein
     Das Land unterstützt die attraktive Gestaltung        Kamp-Bornhofen ist das Pilotprojekt, das zeigt,
     der Überschwemmungsgebiete des Welterbeta-            wie das Überschwemmungsgebiet des Mittel-
     les Mittelrhein, da es sich gezeigt hat, dass nicht   rheins wieder attraktiver gestaltet und seine
     zuletzt wegen der wesentlichen Verbesserung           vielfältigen Funktionen gestärkt werden können.
     der Wasserbeschaffenheit das Leben am Fluss           Neben diesem Pilotprojekt ist die Vorlandge-
     heute wieder interessant ist. Hierzu hat die Lan-     staltung in St. Goarshausen fertig gestellt. Die-
     desregierung Rheinland-Pfalz mit dem Rahmen-          se wertet das Gelände ökologisch auf, schafft
     konzept Mittelrhein eine Diskussion zur Um- und       gleichzeitig Retentionsraum und war Initialmaß-
     Neugestaltung der Überschwemmungsgebiete              nahme für die weitere, innerstädtische Entwick-
     am Mittelrhein angestoßen. Ziel ist es, in den        lung. Die fertig gestellte Vorlandgestaltung am
     einzelnen Ortschaften des Mittelrheintales un-        Campingplatz gegenüber der Loreley lässt die
     ter Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger eine        Kulisse des Loreleyfelsens auch für die Öffent-
     politische Willensbildung und letztlich politische    lichkeit erlebbar werden. Weitere Maßnahmen
     Beschlüsse zur Verwirklichung konkreter Maß-          sind bei St. Goar flussaufwärts des Hafens, im
     nahmen zu erwirken.                                   Bereich Braubach-Lahnstein und in Bacharach zu
                                                           finden.

     St. Goarshausen vor der Umgestaltung der Uferbereiche (links) und nach Fertigstellung (rechts)

18                                                         Hochwasserrisikomanagement RLP
Hochwasserschutz am Oberrhein

Der Schwerpunkt im technischen Hochwasser-
schutz liegt in Rheinland-Pfalz beim Hochwas-
serschutz am Oberrhein, da in der durch eine ge-
schlossene Deichlinie geschützten und potenziell
durch Hochwasser gefährdeten Oberrheinniede-
rung zwischen Iffezheim und Bingen rd. 700.000
Menschen rechts und links des Rheins gefährdet
sind, davon in Rheinland-Pfalz rd. 265.000 Men-
schen. Es besteht zudem ein riesiges Hochwas-
serschadenspotenzial; beim Bruch aller Deiche,        Polder Kollerinsel am Oberrhein
wie zuletzt beim Hochwasser zur Jahreswende
1882/83, sind Schäden von insgesamt bis zu 13
Milliarden Euro (in Rheinland-Pfalz bis zu 6 Milli-
arden Euro) möglich.
                                                      Rheinland-Pfalz wird rund 62 Mio. m3 Rückhal-
Hochwasserrückhaltungen am Oberrhein
                                                      teraum errichten (Anlage 5). Das Bauprogramm
Zur Wiederherstellung der vor dem Staustufen-         (Polder und Deichrückverlegung) ist schon weit
bau am Oberrhein von 1955–1977 vorhandenen            fortgeschritten, seit Frühjahr 2013 sind insge-
200jährlichen Hochwassersicherheit sollen ins-        samt rd. 52 Mio. m3 fertig gestellt; dies sind die
gesamt 288 Mio. m3 Hochwasserrückhalteraum            Polder Daxlanderau, die Deichrückverlegung und
gemeinsam mit Frankreich und Baden-Württem-           der Polder Wörth/Jockgrim, die Polder Mech-
berg geschaffen werden.                               tersheim, Flotzgrün, Kollerinsel, Bodenheim/Lau-
                                                      benheim und Ingelheim sowie die Rückhaltung
Frankreich stellt mit dem Sonderbetrieb der
                                                      Worms-Mittlerer Busch.
Rheinkraftwerke sowie mit den Poldern Moder
und Erstein davon bereits rd. ein Fünftel. Weitere    Der Planfeststellungsbeschluss für die Rückhal-
rd. drei Fünftel sollen von Baden-Württemberg         tung Waldsee/Altrip/Neuhofen wird beklagt.
zur Verfügung gestellt werden.                        Dies wird die Umsetzung verzögern.

Einlassbauwerk am Polder Bodenheim/Laubenheim

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                             19
Deichertüchtigung und Deichrückverlegung
                                                        am Oberrhein
                                                        Neben dem Bau der Hochwasserrückhaltungen
                                                        ist das schon weit fortgeschrittene Programm
                                                        zur Ertüchtigung der rd. 180 km langen Rhein-
                                                        hauptdeichstrecke von der Grenze bei Lauter-
                                                        burg bis nach Bingen zweites Standbein des
                                                        Hochwasserschutzes am Oberrhein; bis Ende
                                                        2025 wird die Deichertüchtigung abgeschlossen
                                                        sein. Im Rahmen der Deichertüchtigung wird
                                                        auch immer geprüft, ob eine Rückverlegung der
                                                        Deiche möglich ist. Herausragendes Beispiel ist
                                                        die Deichrückverlegung Worms-Bürgerweide, in
                                                        der 2 Mio. m3 zusätzlicher Retentionsraum für
                                                        9,5 Millionen Euro geschaffen wurden. Das Po-
                                                        tenzial für weitere Deichrückverlegungen am
                                                        Oberrhein wird untersucht.
                                                        Für die Deichertüchtigung und die Schöpfwer-
                                                        ke am Oberrhein sind Gesamtinvestitionen von
                                                        rund 265 Millionen Euro notwendig.

     Rheinbegradigung durch Tulla zwischen
     1817 und 1880

     Allein der Bau der Hochwasserrückhaltungen in
     Rheinland-Pfalz wird über 247 Millionen Euro
     kosten. Diese Kosten tragen anteilig der Bund
     (40 %), Rheinland-Pfalz (40 %) und Hessen
     (20 %). Rheinland-Pfalz hat bislang rd. 225 Mil-
     lionen Euro in den Bau der rheinland-pfälzischen
     Rückhaltungen und – im Rahmen vertraglich
     geregelter Beteiligungen – in Rückhaltungen in
     Baden-Württemberg und Frankreich investiert.
     Durch die einsatzbereiten Rückhalteräume am
     Oberrhein ist heute bereits wieder am frei flie-
     ßenden Rhein unterhalb der letzten Staustufe
     bei Iffezheim ein über 100-jährlicher Hochwas-
     serschutz erreicht.
                                                        Deichertüchtigung am Oberrhein

20                                                      Hochwasserrisikomanagement RLP
Hochwasser in Bad Kreuznach 2011

Reserveräume für Extremhochwasser
 Im Hinblick auf die mögliche Hochwasserver-        erfolgt. Das Raumordnungsverfahren ist im
 schärfung durch den Klimawandel und zur Ab-        Sommer 2014 abgeschlossen.
 wehr von extremen, über das 200jährliche
 Schutzniveau hinausgehenden Hochwasserereig-
 nissen wird in Rheinland-Pfalz schon heute ge-     Örtlicher Hochwasserschutz
 handelt. In der Rheinniederung sollen zusätzlich
„Reserveräume für Extremhochwasser“ zur Ver-        In hochwassergefährdeten, historisch gewach-
 fügung gestellt werden. Diese sollen eingesetzt    senen Siedlungsgebieten können Hochwasser-
 werden, wenn trotz des Einsatzes aller anderen     schäden durch technischen Hochwasserschutz
 Maßnahmen die Deiche am Oberrhein gefährdet        vermieden bzw. reduziert werden. Das darf aber
 sind und um unkontrollierte Überflutungen der      nicht dazu führen, weitere Überschwemmungs-
 Deiche mit all ihren Konsequenzen zu vermeiden.    gebiete zu bebauen. Diese sollen als Retentions-
 Damit kann das Schutzniveau hinter den Dei-        räume erhalten bleiben. Deiche und Hochwas-
 chen in den Tiefgestaden des Oberrheines noch      serschutzmauern werden nur gebaut, soweit es
 einmal erhöht werden.                              im überwiegenden öffentlichen Interesse erfor-
                                                    derlich ist. Die Bemessung dieser Hochwasser-
Konkrete Planungen gibt es bereits in den Räu-
                                                    schutzanlagen erfolgt immer für die Randbedin-
men Hördt und Eich-Guntersblum, von denen
                                                    gungen des Einzelfalles und orientiert sich am
auch die Nachbarländer und Unterlieger pro-
                                                    Hochwasserschadenspotenzial und der gefähr-
fitieren werden. Für den Reserveraum für Ext-
                                                    deten Bevölkerung. Weitere Voraussetzung ist
remhochwasser in der Hördter Rheinniederung
                                                    die wirtschaftliche Vertretbarkeit.
(bis zu 32 Millionen m3) ist das Raumordnungs-
verfahren abgeschlossen und die Planfest-           Vor allem an Mittelrhein und Mosel, aber auch
stellungsunterlagen werden vorbereitet. Die         an der Nahe kann nur durch örtlich angepasste
Abgrenzung des Reserveraumes für Extrem-            Hochwasserschutzprojekte die Überschwem-
hochwasser im Bereich Eich-Guntersblum (bis zu      mungshäufigkeit verringert werden. Bisher wur-
29 Millionen m³) ist als Ergebnis eines Moderati-   den für 34 örtliche Hochwasserschutzprojekte
onsverfahren unter Beteiligung der Betroffenen      rd. 193 Millionen Euro investiert.

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                         21
Bereits fertig gestellt sind am Mittelrhein die         Hochwasservorsorge
            Hochwasserschutzanlagen in Bingen, Braubach
            (Altstadt und Neustadt), Koblenz-Ehrenbreit-            Technische Bauwerke wie Mauern, Deiche und
            stein und Andernach, die Maßnahmen in Nittel,           Hochwasserrückhaltebecken können die Nut-
            Oberbillig, Trier-Pfalzel, Lieser, Zell, Alf, Briedel   zung an den Gewässern zwar ermöglichen, die
            und Kesten sowie an der Nahe der Hochwasser-            Hochwassergefahr als solche aber nicht ganz
            schutz Bad Kreuznach.                                   beseitigen. Jedes Bauwerk bietet nur so lange
                                                                    Schutz, bis das Bemessungsziel erreicht ist. Da-
            Weiterhin sind die Hochwasserschutzmaßnah-
                                                                    rüber hinausgehende Hochwasser, die es von
            men für Rosport-Rahlingen an der Sauer fertig-
                                                                    Natur aus immer geben wird, überfluten auch
            gestellt. Der Hochwasserschutz für die Koblen-
                                                                    die geschützten Gebiete. Diesem Restrisiko muss
            zer Stadtteile Lützel und Neuendorf gegen ein
                                                                    durch Flächenvorsorge, Bauvorsorge, Risikovor-
            10-jährliches Hochwasser soll bis 2015 fertig
                                                                    sorge, Verhaltensvorsorge und Informationsvor-
            gestellt sein.
                                                                    sorge Rechnung getragen werden, um die mögli-
                                                                    chen Schäden in den von Hochwasser bedrohten
                                                                    Ortschaften so gering wie nur möglich zu halten.
                                                                    Für Hochwasservorsorgemaßnahmen vor Ort
                                                                    sind in vielen Handlungsbereichen (Anlage 7) die
                                                                    Kreise, Städte und Gemeinden zuständig. Vor-
                                                                    gaben gibt es sowohl in wasserrechtlicher als
                                                                    auch in baurechtlicher Hinsicht. Weitergehende
                                                                    Hochwasservorsorge ist aber auch Aufgabe jedes
                                                                    einzelnen potenziell „Betroffenen“. Die Voraus-
                                                                    setzungen für mehr Eigenvorsorge in Rheinland-
                                                                    Pfalz sind u.a. durch Hochwassermeldedienst
                                                                    und Hochwasserfrühwarnung sowie durch
                                                                    Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokar-
                                                                    ten geschaffen.
                                                                    Flächenvorsorge
                                                                    Das Hochwasserflächenmanagement als we-
Hochwasserschutzmauer mit mobilen Schutzelementen
in Oberbillig an der Mosel                                          sentlicher Handlungsbereich des Hochwasser-
                                                                    risikomanagements ist Aufgabe von Landes-
                                                                    planung, Raumordnung, Bauleitplanung und
            Hochwasserschutz findet nicht nur an den gro-           Wasserwirtschaft.
            ßen Flüssen statt. Auch die Menschen im Ein-
                                                                    Im Landesentwicklungsprogramm (LEP) IV des
            zugsgebiet der kleineren Gewässer profitieren.
                                                                    Landes Rheinland-Pfalz werden in der Leitbild-
            Seit 1995 haben Land und Kommunen rund 190
                                                                    karte „Hochwasserschutz“ landesweit bedeut-
            kleinere Hochwasserrückhaltebecken, die ihre
                                                                    same Bereiche für den Hochwasserschutz dar-
            Wirkung vor allem im Nahbereich haben, reali-
                                                                    gestellt, die durch Ausweisung von Vorrang- und
            siert. Diese Maßnahmen werden auch weiterhin
                                                                    Vorbehaltsgebieten in den regionalen Raum-
            von der Landesregierung gefördert.
                                                                    ordnungsplänen (RROP) konkretisiert sind, auch
            Hierzu gehört auch der Hochwasserschutz Kor-            hinter den Deichen am Oberrhein. Damit ist der
            del an der Kyll und der Hochwasserschutz der            Rahmen für die künftige Entwicklung der Kom-
            Gemeinde Alsenz an der Alsenz.                          munen vorgegeben.

22                                                                  Hochwasserrisikomanagement RLP
In Rheinland-Pfalz sind alle Überschwemmungs-
gebiete erfasst, die zum Schutz des vorhande-
nen und notwendigen Retentionsraumes und
zur Vermeidung weiterer Schadenspotenziale an
den Flüssen erforderlich sind. Hierbei handelt es
sich um rd. 3.600 km von 24.500 km Gewässer
in Rheinland-Pfalz. Diese sind bereits als Über-
schwemmungsgebiet rechtlich gesichert, voll-
ständig an den Gewässern 1. Ordnung wie Rhein,
Mosel, Lahn und Nahe sowie weitgehend voll-
ständig an den Gewässern 2. Ordnung. Für die
Festsetzung von Überschwemmungsgebieten
wurden bisher rd. 4 Millionen Euro ausgegeben.
Bauvorsorge
Bauvorsorge bedeutet, die vorhandenen bauli-
chen Anlagen der Hochwassergefahr anzupassen.
Ziel ist, dass die Betroffenen in Überschwem-
mungsgebieten und in überschwemmungsge-
fährdeten Gebieten frühzeitig bauliche Vorkeh-
rungen zum Schutz von Leben und Gesundheit
sowie ihres Eigentums treffen; dies u.a. durch
eine hochwasserangepasste Nutzung in Form
                                                    ■■ Fachinformationen und Forschung zur
hochwasserunempfindlicher Baumaterialien und
                                                       Bauvorsorge,
eine hochwasserangepasste Infrastruktur wie
Stromversorgung und Heizung. Über die vorhan-       ■■ Weiterbildung von Architekten, Ingenieuren
denen Möglichkeiten informiert das Land seine          und Handwerkern und Hinwirken auf eine
Bevölkerung, Bauherren sowie Architekten und           Verbesserung der Ausbildung an Hochschulen
Planer mit der Broschüre „Land unter – Ein Rat-        und beim Handwerk,
geber für Hochwassergefährdete und solche, die
                                                    ■■ Beratung und Bereitstellung von Informatio-
es nicht werden wollen“ (www.wasser.rlp.de).
                                                       nen für Kommunen,
Die größten Hochwasserschäden entstehen
                                                    ■■ Bereitstellung von Informationen im Internet
nach wie vor in der bestehenden Bebauung. Um
                                                       für betroffene Bürgerinnen und Bürger.
die Betroffenen über die Möglichkeiten zu bera-
ten, ihre Häuser hochwassersicher auszurüsten,
                                                    Risikovorsorge
wurde im Januar 2009 das „Kompetenzzentrum
für Hochwassermanagement und Bauvorsorge“           Letztendlich bleibt auch bei verstärkten Bemü-
gegründet. Es wurde im Rahmen des INTERREG          hungen um optimalen Hochwasserschutz immer
IVA-Projekts „Hoch- und Niedrigwassermanage-        das Risiko einer Überflutung. Es ist Aufgabe der
ment im Mosel- und Saareinzugsgebiet (FLOW          potenziell Betroffenen, für ihre hochwasserge-
MS)“ an der TU Kaiserlautern eingerichtet und ist   fährdeten Werte Risikovorsorge zu treffen, da
international tätig. Es hat folgende Aufgaben:      eine Hilfe durch die öffentliche Hand in der Re-
                                                    gel nur begrenzt möglich sein wird.
                                                    Zur Information der Betroffenen über die Versi-
                                                    cherungsmöglichkeiten gegen Hochwasserschä-
                                                    den gibt es die Elementarschadenkampagne des

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                         23
Landes mit folgenden Informationsmöglichkei-        Hochwasserereignissen durchzuführen und im
     ten:                                                Ernstfall das Hochwasser möglichst weitgehend
                                                         abzuwehren. Die Wasserwirtschaftsverwaltung
     ■■ Internetseite www.naturgefahren.rlp.de mit
                                                         stellt die Fachinformationen wie Hochwasser-
        Einbindung des Computerspiels „SchaVis“
                                                         gefahrenkarten, Flutungssimulationen, Karten
        (Hochwasser-SchadensVisualisierung),
                                                         der Zufahrtswege zu den Deichen sowie deren
     ■■ Informationsflyer über die                       Befahrbarkeit bei steigenden Wasserständen zu
        Elementarschadenskampagne,                       Verfügung und berät im Ernstfall die Einsatzkräf-
                                                         te. Dabei ist der Hochwassermeldedienst für die
     ■■ Informationstelefon bei der
                                                         Einsatzvorbereitung und den Einsatz von ele-
        Verbraucherzentrale,
                                                         mentarer Bedeutung.
     ■■ Beratung in den Verbraucherzentralen,
                                                         Im Rahmen eines internationalen, von der EU
     ■■ Veranstaltungen im Rahmen der                    geförderten Projekts wurde das Flutinformations-
        Hochwasserpartnerschaften,                       und -warnsystem FLIWAS entwickelt, das er-
                                                         möglicht, Hochwasseralarm- und -einsatzpläne
     ■■ Veranstaltungen im Rahmen von örtlichen
                                                         digital zu erfassen, die Maßnahmen zu verknüp-
        Hochwasserschutzkonzepten.
                                                         fen und ihre Durchführung zu „managen“. Über
                                                         das Internet können alle an der Hochwasserbe-
                                                         wältigung beteiligten Stellen vernetzt werden, so
     Verhaltensvorsorge, Gefahrenabwehr und
                                                         dass überall aktuelle Informationen zur Verfü-
     Katastrophenschutz
                                                         gung stehen. Dieses Hochwassermanagement-
     Für die Hochwasserabwehr vor Ort sind die           system steht den Kommunen in Rheinland-Pfalz
     kommunalen Gebietskörperschaften zuständig.         zukünftig zur Verfügung.
     Im Katastrophenfall werden die Katastrophen-
                                                         Um die Effektivität der Alarm- und Einsatzplä-
     schutzbehörden tätig. Ihre Aufgabe ist es, vorbe-
                                                         ne im Ernstfall zu gewährleisten, sind regelmä-
     reitende Maßnahmen bei Schaden bringenden
                                                         ßige Übungen – auch unter Einbeziehung der

24                                                       Hochwasserrisikomanagement RLP
Öffentlichkeit – zur prakti-
schen Überprüfung der Alarm-
und Einsatzplanungen erfor-
derlich. Mit der landesweiten
Hochwasserkatastrophen-
schutzübung FLORIAN im
November 2004 hat das Land
zusammen mit dem Wehrbe-
reichskommando II seine Ein-
satzpläne und Strukturen bei
einer überregionalen Hoch-
wasserkatastrophe am Ober-
rhein und an der Mosel erfolg-
reich getestet. Diese Übungen
werden im kleineren Maßstab
bzw. örtlich begrenzt regelmä-
ßig fortgesetzt.
Hochwassermeldedienst und
Hochwasserfrühwarnung
(Informationsvorsorge)
Für die großen Gewässer des
Landes ist der rheinland-pfäl-
zische Hochwassermelde-
dienst die Vorraussetzung für
                                                                                         www.hochwasser-rlp.de
die frühzeitige Vorbereitung auf Hochwasser. Er
ist seit 1985 für die Menschen an Rhein, Mosel,
                                                    Örtliche Hochwasserschutzkonzepte
Saar, Sauer, Our und Lahn, Sieg, Nahe und Glan
die wichtigste Informationsquelle für eigenver-
                                                    Hochwasserrisikomanagement ist in jeder durch
antwortliche Vorsorge. Der Hochwassermelde-
                                                    Hochwasser gefährdeten Kommune zur Ver-
dienst hat seit 1995 seine Warnzeiten verlängert
                                                    meidung und Reduzierung der Hochwasserschä-
sowie die Vorhersagen präzisiert und so Vertrau-
                                                    den erforderlich. Vorrangiges Ziel der örtlichen
en und Ansehen in der Bevölkerung erworben.
                                                    Konzepte ist die Aktivierung der Eigenvorsorge
Die enge Zusammenarbeit der Länder im Rhein-
                                                    der Kommunen und der Betroffenen. In Abhän-
gebiet von der Schweiz bis in die Niederlande ist
                                                    gigkeit der örtlichen Randbedingungen werden
beispielhaft für Europa.
                                                    angepasste Vorsorgemaßnahmen zusammen-
Ergänzend gibt es seit 2008 eine landesweite        gestellt und umgesetzt. Die von Hochwasser-
Hochwasserfrühwarnung für die Gewässer, für         schäden Betroffenen werden eingebunden. Die
die ein herkömmlicher Hochwassermeldedienst         Aufstellung der örtlichen Hochwasserschutzkon-
aufgrund kurzer Fließwege und der damit ver-        zepte unterstützt das Land im Rahmen der För-
bundenen kurzen Vorwarnzeit nicht möglich ist       derrichtlinien der Wasserwirtschaftsverwaltung
(siehe www.hochwasser-rlp.de).                      mit bis zu 90%.
In Hochwassermeldedienst und Hochwasser-            Beispiele gibt es schon am Rhein in Leutes-
frühwarnung wurden bisher rd. 6 Millionen Euro      dorf, Vallendar sowie Lahnstein, an der Mo-
investiert.                                         sel in Kobern-Gondorf und an der Nahe in Bad
                                                    Münster-Ebernburg.

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                             25
Hochwasser
Risikomanagementpläne
Hochwasserrisikomanagement-Pläne (HWRM-           Die bei der Aufstellung und Umsetzung der
Pläne) sind das zentrale Element der HWRM-        HWRM-Pläne zu beteiligenden interessierten
RL (§ 75 WHG). In einem bundesweit bedeut-        Stellen sind, neben den zuständigen Behörden
samen Pilotprojekt von Rheinland-Pfalz und        und kommunalen Gebietskörperschaften, an-
Nordrhein-Westfalen wurde die Vorgehenswei-       erkannte Verbände (z. B. Land- und Forstwirt-
se zur Aufstellung von HWRM-Plänen erarbei-       schaft, Umweltverbände, Organisationen des
tet. Diese war Grundlage für die unter Feder-     Kulturgüterschutzes, maßgebliche Vertreter der
führung von Rheinland-Pfalz fertig gestellten     Wirtschaft und des Handels) sowie im Einzel-
Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsge-           fall festzulegende weitere Interessensgruppen
meinschaft Wasser (LAWA) zur Aufstellung von      wie die mit Grundstücksnutzungen Befassten
HWRM-Plänen (siehe www.lawa.de).                  (z. B. Versicherer, Energieversorger, Architekten,
                                                  Ingenieure).
                                                  Die Beteiligung auf der Ebene des gesamten
Zuständigkeiten und Handlungsbereiche
                                                  Landes erfolgt, in Anlehnung an die bewähr-
                                                  te Struktur bei der Umsetzung der Wasserrah-
In Rheinland-Pfalz sind für den Hochwasser-
                                                  menrichtlinie, durch einen begleitenden Beirat,
schutz und die Hochwasservorsorge verschiede-
                                                  in dem neben den betroffenen Ministerien die
ne Verwaltungs- und Fachbereiche auf verschie-
                                                  kommunalen Spitzenverbände und zahlreiche
denen Ebenen zuständig. Entsprechend ihrer
                                                  andere Interessensgruppierungen vertreten sind
zentralen Rolle wird die Wasserwirtschaftsver-
                                                  (Zusammensetzung siehe Anlage 6). Auf der
waltung die Erstellung der HWRM-Pläne initiie-
                                                  regionalen Ebene erfolgt in den jeweiligen Ein-
ren und anschließend koordinieren (Abb. 2).
                                                  zugsgebieten die Beteiligung im Rahmen von
Bei der Bewältigung der Folgen von extremen       Hochwasserpartnerschaften.
Hochwasserereignissen hat sich das solidarische
                                                  Ein HWRM-Plan ist ein „Aktionsprogramm“,
Zusammenwirken der dargestellten verschiede-
                                                  das alle Handlungsbereiche des Hochwasserri-
nen Fachdisziplinen bereits bewährt.
                                                  sikomanagements beinhaltet. Für die nachfol-
                                                  gend beschriebenen und zu berücksichtigenden

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                         27
Abbildung 2: Mitwirkende Stellen und Akteure bei der Aufstellung vom
                         HWRM-Plänen

     Handlungsbereiche nach Anlage 7 sind verschie-    im Einzugsgebiet, von Deichen, Dämmen,
     dene Stellen zuständig:                           Hochwasserschutzmauern und mobilen
                                                       Hochwasserschutzanlagen zum Schutz der
     ■■ Natürlicher Wasserrückhalt: Für die Ver-
                                                       Bebauung sowie die Freihaltung der Hoch-
        besserung der natürlichen Rückhaltung auf
                                                       wasserabflussquerschnitte im Siedlungsraum
        land- und fortwirtschaftlichen Flächen im
                                                       sind nach Landeswassergesetz an Gewässern
        Einzugsgebiet und die Wiedergewinnung von
                                                       1. Ordnung das Land sowie an den Gewässern
        Überschwemmungsgebieten in den Gewäs-
                                                       2. und 3. Ordnung die kommunalen Gebiets-
        serauen sind Land- und Forstwirtschaft, Na-
                                                       körperschaften zuständig. Weiterhin werden
        turschutz, kommunale Gebietskörperschaften
                                                       hierzu Objektschutzschutzmaßnahmen an
        und Wasserwirtschaft zuständig.
                                                       gefährdeten Anlagen und Anwesen gerechnet,
     ■■ Technischer Hochwasserschutz: Für den Bau      für die i.d.R. die Betroffenen (Private, Indust-
        von Stauanlagen zur Hochwasserrückhaltung      rie/Gewerbe) zuständig sind.

28                                                    Hochwasserrisikomanagement RLP
■■ Flächenvorsorge: Für regionalplanerische und      Hochwasserschäden, aber auch die Bildung
   bauleitplanerische Maßnahmen (raumord-            von Rücklagen sind i.d.R. die Betroffenen (Pri-
   nerische Sicherung, Vorgaben in Bauleitplä-       vate, Industrie/Gewerbe) zuständig.
   nen) sind die Planungsgemeinschaften und
                                                   ■■ Vorhaltung und Vorbereitung der Gefahrenab-
   kommunalen Gebietskörperschaften zustän-
                                                      wehr und des Katastrophenschutzes: Für die
   dig, ebenso für Vorgaben für die angepasste
                                                      Alarm- und Einsatzplanung, die Organisation
   Nutzung in hochwassergefährdeten Berei-
                                                      von Ressourcen, die Durchführung von Übun-
   chen. Die wasserrechtliche Festsetzung von
                                                      gen, die Ausbildung von Rettungskräften und
   Überschwemmungsgebieten ist Aufgabe der
                                                      die zivil-militärische Zusammenarbeit sind der
   Wasserwirtschaftsverwaltung.
                                                      Katastrophenschutz (Ministerium des Innern
■■ Bauvorsorge: Für Maßnahmen des hochwas-            (ISM), Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion
   serangepassten Planens und Bauens und die          (ADD)) und die kommunalen Gebietskörper-
   hochwasserangepasste Lagerung wasserge-            schaften zuständig.
   fährdender Stoffe sind i.d.R. die Betroffenen
                                                   ■■ Verhaltensvorsorge: Für die Aufklärung der
   (Private, Industrie/Gewerbe) zuständig. Hier-
                                                      betroffenen Bevölkerung über Hochwasser-
   zu gehört auch die hochwasserangepasste
                                                      risiken sind Land und kommunale Gebiets-
   Ausführung von Architekten-, Ingenieur- und
                                                      körperschaften zuständig, für Vorbereitungs-
   Handwerksleistungen.
                                                      maßnahmen auf den Hochwasserfall auch die
■■ Risikovorsorge: Für die finanzielle Absiche-       Betroffenen.
   rung, vor allem durch Versicherungen gegen

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                         29
■■ Informationsvorsorge: Vorhersagen und In-         ■■ angemessene Ziele für das Hochwasserrisiko-
        formationen zur Hochwasserlage stellt der            management und seine Handlungsbereiche,
        Hochwassermeldedienst des Landes zur Ver-
                                                          ■■ Maßnahmen sowie deren Rangfolge zur Ver-
        fügung, die Warnung aller Betroffenen obliegt
                                                             wirklichung der Ziele und eine
        den kommunalen Gebietskörperschaften ent-
        sprechend dem jeweiligen Alarm- und Einsatz-      ■■ Beschreibung der Methode zur Überwachung
        plan Hochwasser.                                     der Umsetzung der Maßnahmen
     ■■ Bewältigung des Hochwasserereignisses: Die        enthalten.
        Bewältigung setzt ein, wenn das Hochwas-
                                                          WHG bzw. HWRM-RL enthalten keine konkre-
        serereignis stattfindet. Sie besteht aus den
                                                          ten Vorgaben zur Art der zu ergreifenden Maß-
        Handlungsbereichen Abwehr der katastropha-
                                                          nahmen oder Termine, bis zu welchem Zeitpunkt
        len Hochwasserwirkungen, Hilfe für die Be-
                                                          Maßnahmen ergriffen bzw. umgesetzt sein müs-
        troffenen, Aufbauhilfe und Wiederaufbau. In
                                                          sen. Sie fordern nur, dass für die Gewässer mit
        den HWRM-Plan sollen die Vorbereitung der
                                                          potenziell signifikantem Risiko auf die örtliche
        Auswertung abgelaufener Hochwasser und
                                                          Situation und Erfordernisse angepasste „ange-
        Schlussfolgerungen für die Verbesserung der
                                                          messene“ Ziele und Maßnahmen formuliert wer-
        Hochwasservorsorge aufgenommen werden.
                                                          den. Im Unterschied zur europäischen Wasser-
     Die o.g. LAWA-Empfehlungen enthalten einen           rahmenrichtlinie (Ziel: „guter Zustand“) gibt die
     Katalog, in dem die Handlungsbereiche weiter in      HWRM-RL somit keine konkreten, definierten
     Handlungsfelder aufgegliedert sind (Anlage 7).       Hochwasserschutzziele vor. Vielmehr werden
                                                          die Ziele und Maßnahmen vor dem Hintergrund
                                                          der örtlichen Situation, der festgestellten Risiko-
     Vorgaben und Grundlagen                              ausprägung, den bereits vorhandenen Schutzein-
                                                          richtungen und gegebenenfalls unter Berücksich-
     Die Hochwasserrisiken sollen durch die Maß-          tigung von Wirtschaftlichkeitsaspekten von den
     nahmen in den HWRM-Plänen reduziert werden.          zuständigen Behörden und Betroffenen selbst
     Deshalb sollen die Pläne an die örtliche Situation   festgelegt.
     angepasste
                                                          Grundsätzlich sollen alle Handlungsbereiche
                                                          (Anlage 7) für das Einzugsgebiet eines Gewässers
                                                          mit potenziell signifikantem Hochwasserrisiko
                                                          im HWRM-Plan berücksichtigt werden.

                                                          Hochwasserpartnerschaften

                                                          In Rheinland-Pfalz spielt die frühzeitige und um-
                                                          fangreiche Einbeziehung der für die Hochwasser-
                                                          vorsorge zuständigen Stellen (kommunale Ge-
                                                          bietskörperschaften und andere) eine sehr große
                                                          Rolle. Der Aufstellungsprozess wird so gestaltet,
                                                          dass die Erarbeitung der Ziele und Maßnahmen
                                                          von „unten nach oben“ erfolgt.
                                                          Im September 2009 haben die kommunalen
                                                          Spitzenverbände, das Innenministerium und
                                                          das Umweltministerium Rheinland-Pfalz eine
     Rheinpegel Mainz – ein wichtiger Pegel im
     Hochwassermeldedienst

30                                                        Hochwasserrisikomanagement RLP
Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, die         Umsetzungszeiträume. Zeithorizont im Hin-
vorsieht, dass überall im Land, wo bedeutsame       blick auf die Umsetzung ist dabei zumindest
Hochwasserrisiken für Gefahrengemeinschaf-          das Jahr 2021 (Überprüfung und Aktualisie-
ten an einem Fluss vorliegen, „Hochwasserpart-      rung der Pläne nach Art. 14 der Richtlinie). Be-
nerschaften“ eingerichtet werden sollen. Dabei      rücksichtigt werden auch Maßnahmen, die
handelt es sich um „runde Tische“, an denen         nach anderen Richtlinien festgelegt wurden
sich die an einem Flussabschnitt liegenden, ge-     (z. B. in den Maßnahmenprogrammen nach
meinsam betroffenen Kreise, Städte, Gemeinden,      der EG-WRRL). Soweit aus fachlichen Gesichts-
Fachverwaltungen und weitere Institutionen          punkten erforderlich, erfolgt eine Koordinati-
und Verbände freiwillig zusammensetzen. Die         on über Verwaltungsgrenzen hinweg durch die
Hochwasserpartnerschaften dienen als Forum          Wasserwirtschaftsverwaltung.
zur Diskussion und Vereinbarung von Zielen und
                                                    Für jeden HWRM-Plan muss nach dem Ge-
Maßnahmen, die den Inhalt der Hochwasserrisi-
                                                    setz über die Umweltverträglichkeitsprüfung
komanagement-Pläne bilden.
                                                    (UVPG, Anlage 3 Nr. 1.3) eine strategische Um-
 Zur Initiierung und organisatorischen Unterstüt-   weltprüfung (SUP) durchgeführt werden. Durch
 zung der Hochwasserpartnerschaften wurde das       die frühzeitige Beteiligung und Information der
„Informations- und Beratungszentrum Hoch-           Naturschutzbehörden sowie anderer Träger öf-
 wasservorsorge Rheinland-Pfalz (IBH)“ in Mainz     fentlicher Belange und der Öffentlichkeit sollen
 eingerichtet. Es ist beim Gemeinde- und Städte-    bereits bei der Erstellung der Maßnahmenlisten
 bund Rheinland-Pfalz angesiedelt und wird vom      die Eingriffe minimiert und die Umweltverträg-
 Umweltministerium finanziert.                      lichkeit gwährleistet werden.
Es zeigt sich immer wieder, dass zwischen den       Die HWRM-Pläne in Rheinland-Pfalz umfassen
Kenntnissen und dem Verständnis der Fachleu-        die Einzugsgebiete von rd. 50 rheinland-pfälzi-
te in den unterschiedlichen Verwaltungen und        schen Gewässerabschnitten (rd. 2.000 km).
den Praktikern vor Ort große Differenzen beste-
hen können. Eine zentrale Aufgabe für die Hoch-
wasserpartnerschaften ist deshalb der Informa-      Information der Öffentlichkeit
tionsaustausch durch direkte Kommunikation.
Die Zusammenarbeit in den Hochwasserpart-           Nach § 79 WHG muss der Öffentlichkeit Zugang
nerschaften erfolgt in Form von thematischen        zur ersten Bewertung des Hochwasserrisikos, zu
Workshops.                                          den Gefahren- und Risikokarten sowie zu den
                                                    HWRM-Plänen ermöglicht werden.
Die Handlungsbereiche und ihre Teilbereiche
umfassen Maßnahmen, die nicht nur in der Zu-        Die HWRM-Pläne werden ebenso wie schon die
ständigkeit des Landes sondern oftmals auch in      Abgrenzung der Gebiete mit potenziell signifi-
der Zuständigkeit der kommunalen Gebietskör-        kantem Risiko, die Hochwassergefahrenkarten
perschaften und weiterer Behörden liegen. Diese     und die Hochwasserrisikokarten über das Inter-
werden in den Hochwasser-Partnerschaften um-        net öffentlich zugänglich gemacht:
fangreich beteiligt, um Ziele, Maßnahmen und
                                                    www.Hochwassermanagement.rlp.de
Umsetzungszeiträume zu formulieren.
                                                    Wie bei der Umsetzung der EG-WRRL soll die
                                                    Bevölkerung zusätzlich mit Broschüren, Faltblät-
Aufstellung und Überprüfung                         tern, Internetpräsentationen und Veranstaltun-
                                                    gen z. B. im Rahmen der Hochwasserpartner-
Der HWRM-Plan enthält als Ergebnis die er-          schaften, bei denen Maßnahmen in größerem
mittelten Maßnahmen in den einzelnen                Umfang vorgesehen sind, informiert werden.
Handlungsbereichen und die vorgesehenen

Hochwasserrisikomanagement RLP                                                                         31
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