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IAB-KURZBERICHT Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 11|2021 In aller Kürze Neue Analyse von Online-Stellenanzeigen • Das Ziel der Klimaneutralität und der technische Fortschritt haben Kompetenzen für die Wasserstofftechnologie sind Wasserstofftechnologien zuletzt stark in den Fokus gerückt. Das im Jahr 2020 verabschiedete Konjunk- turpaket sowie die Wasserstoffstra- tegien der EU und der Bundesregie- rung setzen entsprechende Impulse. jetzt schon gefragt • Wasserstofftechnologien werden von Veronika Grimm, Markus Janser und Michael Stops ein wichtiger Baustein der Ener- giewende sein. Sie ermöglichen es, auch in energieintensiven Industri- en wie Stahl oder Chemie sowie im Wasserstofftechnologien gelten als wich- 2019 hat auch die deutsche Bundesre- Transportwesen und in der Wärme- tiger Baustein für den Weg hin zu einer gierung beschlossen, den Ausstoß von versorgung fossile Energieträger und klimaneutralen Wirtschaft. Ihr Einsatz Treibhausgasen verbindlich bis 2030 um Grundstoffe durch klimaneutrale Energieträger zu ersetzen. Durch wird voraussichtlich in den nächsten 55 Prozent zu verringern. Nach dem Ur- den entstehenden Bedarf an techno- Jahren deutlich zunehmen. In dem vor- teil des Bundesverfassungsgerichts vom logischer Ausrüstung ergeben sich liegenden Bericht untersuchen wir, in April 2021 werden die Klimaschutzziele auch für den Maschinenbau und die welchem Ausmaß Betriebe in ihren Stel- der Bundesregierung künftig noch ambi- Fahrzeugindustrie wirtschaftliche Chancen. lenanzeigen jetzt schon explizit Kompe- tionierter ausfallen. tenzen mit Bezug zu Wasserstofftechno- Wesentliche Bestandteile des „Green • Eine Auswertung von Stellenan- zeigen aus der JOBBÖRSE der Bun- logien nachfragen. Deal“ der EU sind die „Versorgung mit desagentur für Arbeit zeigt, dass die sauberer, erschwinglicher und sicherer Nachfrage der Betriebe nach expli- Energie“ sowie die „Mobilisierung der ziten Kompetenzen mit Bezug zu Wasserstofftechnologien als Industrie für eine saubere und kreislauf Wasserstofftechnologien auf dem Schlüssel für Klimaneutralität Arbeitsmarkt bereits sichtbar ist. orientierte Wirtschaft“ (Europäische Die Europäische Union (EU) hat sich mit Kommission 2020b). Dabei spielen klima • Die entsprechenden Stellenan- zeigen weisen mittlere und höhere dem „Green Deal“ das Ziel gesetzt, die neutral erzeugter Wasserstoff und darauf Anforderungsniveaus auf. Bei einer Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu basierende synthetische Energieträger voraussichtlich steigenden Nach- erreichen. Als Zwischenschritt sollen bis eine zentrale Rolle. Ebenso relevant ist frage bedarf es Strategien zu einer 2030 die Treibhausgas-Emissionen in der ein breites Spektrum an Technologien passenden (Weiter-)Qualifizierung und Fachkräftegewinnung. EU im Vergleich zum Basisjahr 1990 um im Zusammenhang mit der Erzeugung, mindestens 55 Prozent reduziert werden dem Transport und der Nutzung von kli- (Europäische Kommission 2020a). Mit maneutralen Energieträgern (Europäi- dem Klimaschutzprogramm 2030 und sche Kommission 2020b). Der Fokus liegt dem Klimaschutzgesetz aus dem Jahr dabei insbesondere auf sogenanntem
grünem Wasserstoff, der auf der Basis erneuer- der Industrie, den Schwerlastverkehr, die Luftfahrt barer Energien (Wind-, Sonnen- und Wasserkraft) und teilweise den Bahnverkehr. gewonnen wird. Auf grünen Wasserstoff setzt auch Die Erzeugung, der Transport und die Nutzung die Bundesregierung mit Blick auf die Klimaziele von Wasserstoff (im Folgenden „Wasserstoffwirt- für 2050 (BMWi 2020). schaft“) werden in zahlreichen Anwendungsfel- Sowohl die EU als auch die deutsche Bundesre- dern die Umstellung auf neue Technologien und gierung investieren dabei erhebliche Geldsummen erhebliche Anpassungen der Infrastruktur erfor- (zu den Details vgl. Infobox 1). Dies liegt insbeson- dern, insbesondere in der Automobil- und deren dere daran, dass Wasserstofftechnologien eine Zuliefererindustrie, dem Energiesektor, dem Ma- entscheidende Rolle für das Gelingen der Energie- schinenbau, der Chemieindustrie und der Stahl- wende zugeschrieben werden: Der Energieträger industrie (Agora Energiewende und Wuppertal Wasserstoff (H2) ermöglicht auch in denjenigen Institut 2019; Fraunhofer 2019; IEA 2019; IRENA Wirtschaftsbereichen eine Umstellung von fossi- 2020). In diesem Zusammenhang werden Wert- len Energieträgern auf erneuerbaren Strom (Defos- schöpfungspotenziale in vielen Sektoren der In- silisierung), in denen eine direkte Elektrifizierung dustrie erwartet. bislang nicht umgesetzt werden kann oder diese Die Förderung der Wasserstoffwirtschaft wird nicht wirtschaftlich ist (Runge et al. 2020; Timmer- nicht zuletzt als ein Weg gesehen, der Wirtschaft berg/Kaltschmitt 2019). Dies betrifft vor allem Teile während und nach der Covid-19-Pandemie neue Impulse zu geben und Innovationsanreize für neue, 1 klimafreundliche Technologien zu setzen. Dies Politische Strategien für den „Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft“ drückt sich auch darin aus, dass die Maßnahmen Technologien, die die Nutzung erneuerbaren Stroms in allen Sektoren ermöglichen, sind im Rahmen der Wasserstoffstrategie den größten nach heutigem Kenntnisstand eine Voraussetzung zur Erreichung der Klimaneutralität Posten des Konjunkturpakets der Bundesregierung (Umweltbundesamt 2014; acatech et al. 2017; Agora Energiewende und Wuppertal Insti- tut 2019; IRENA 2020). Wasserstoff als Energieträger wird hierfür eine Schlüsselrolle ein- darstellen (Koalitionsausschuss 2020). Diese Maß- geräumt, die stark mit industriepolitischen Chancen verbunden ist (SVR 2020; EWK 2020; nahmen können aus Sicht des Sachverständigenra- Grimm 2020). Die 2020 präsentierten Strategiepapiere der Europäischen Union und der deutschen Bundesregierung wollen deshalb Wasserstofftechnologien als zentralen tes zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Baustein eines klimaneutralen Energiesystems etablieren (Europäische Kommission Entwicklung (SVR) „… einen wichtigen Beitrag 2020c,d; BMWi 2020). Die EU-Strategie stellt dabei vor allem die Industrieanwendungen leisten, frühzeitig während der Technologieetab- in den Mittelpunkt, während die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung einen umfassenderen Ansatz verfolgt und Maßnahmen für die Industrie sowie die Be- lierung Kompetenzen zu schaffen und Fachkräfte reiche Verkehr und Wärme umfasst. Darüber hinaus enthält die deutsche Strategie auszubilden.“ (SVR 2020, S. 268). Maßnahmen, um den Import von klimaneutralem Wasserstoff vorzubereiten und dafür Zahlen zum Umfang der Beschäftigung in der Partnerschaften mit Ländern zu etablieren, in denen günstige Bedingungen für die Er- zeugung grünen Wasserstoffs herrschen. Die Nationale Wasserstoffstrategie zielt darauf Wasserstoffwirtschaft können nur näherungswei- ab, Deutschland zum weltweiten Marktführer für Wasserstofftechnologien zu entwickeln se ermittelt werden. Der Deutsche Wasserstoff- und auch umfangreich Wasserstoff in das deutsche Energiesystem zu integrieren: Bis 2030 sieht die Bundesregierung für Deutschland einen Wasserstoffbedarf von ca. 90 bis und Brennstoffzellenverband (DWV) verzeichnet 110 Terrawattstunden. Ein Teil des Bedarfs soll in Deutschland vor Ort produziert werden. beispielsweise mehr als 1,5 Millionen Beschäftigte Deshalb ist bis 2030 geplant, Erzeugungsanlagen von bis zu fünf Gigawatt (GW) Gesamt- (DWV 2020) in seinen Mitgliedsunternehmen. Da- leistung inklusive der notwendigen Gewinnung von erneuerbaren Energien aufzubauen und möglichst bis 2040 weitere fünf GW zuzubauen, was erhebliche Investitionen im bei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Zahl Bereich Wasserstoff und erneuerbare Energien erfordert. der Beschäftigten mit einem direkten Bezug zur Bereits seit 2006 fördert die Bundesregierung die Forschung und die Anwendung von Entwicklung oder Nutzung von Wasserstofftechno- Wasserstofftechnologien im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasser- stoff- und Brennstoffzellentechnologie. Der Bund unterstützte dafür bis zum Jahr 2016 logien nicht erhoben wird. Derselbe Verband geht Wasserstoffprojekte mit insgesamt 700 Millionen Euro. Für die zweite Förderperiode zwi- im Zuge des Ausbaus der Wasserstoffwirtschaft von schen 2016 und 2026 sind in dem Programm ca. 1,4 Milliarden Euro eingeplant. Weitere bis zu 70.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen bis 2030 Fördermöglichkeiten für die Wasserstoffwirtschaft bieten z. B. der Energie- und Klima- fonds (EKF), das Nationale Dekarbonisierungsprogramm (BMWi 2020) sowie Programme und 150.000 Arbeitsplätzen bis 2050 aus (DWV 2018). der Bundesländer. Mit dem Corona-Konjunkturpaket im Sommer 2020 wurde darüber Welche konkreten Qualifikationen die Beschäf- hinaus die Nationale Wasserstoffstrategie beschlossen. Sie sieht Maßnahmen im Um- tigten für die Umstellungen brauchen werden, fang von 7 Milliarden Euro in den Bereichen Verkehr und Wärme sowie der Industrie vor und umfasst darüber hinaus ein Paket in Höhe von 2 Milliarden Euro, um Partnerschaften lässt sich derzeit nur abschätzen. Wie bei jedem für den Import grünen Wasserstoffs zu etablieren. Die umfassenden Maßnahmen lassen technologischen Wandel sind bestehende Kompe- erwarten, dass mittelfristig die Wasserstoffwirtschaft deutlich wächst und auch in groß- em Umfang Fachkräfte mit spezifischen Qualifikationen nachgefragt werden. tenzen wie Planungs- und Managementkompeten- zen, soziale Kompetenzen und Basis-IT-Kompeten- 2 IAB-Kurzbericht 11|2021
zen auch im neuen Feld der Wasserstoffwirtschaft Wegen als über die JOBBÖRSE der BA ihre Stellen erforderlich. Außerdem könnten aufgrund der ausschreiben können. Daher, und durch die Ver- hohen Bedeutung des Anlagenbaus beim Aufbau wendung des restriktiven Sets von H2-Kompeten- neuer Infrastrukturen ingenieurwissenschaftliche zen verstehen wir die Zahl der hier gefundenen Kompetenzen aus bestehenden Ausbildungsgän- Stellen als das Minimum des tatsächlichen Bedarfs. gen noch stärker nachgefragt werden. Unsere Analysen ergeben, dass in der ersten Welle 207 Stellen für 26 Berufsgruppen und in der zweiten Welle 158 Stellen für 25 Berufsgruppen Nachfrage nach Kompetenzen ausgeschrieben waren, in denen H2-Kompetenzen mit direktem Bezug zu nachgefragt wurden (vgl. Tabelle T1, Details zu den Wasserstofftechnologien bereits sichtbar verwendeten Daten siehe Infoboxen 3 und 4 auf Um die Auswirkungen der beschriebenen Ent- den Seiten 5 und 7). Gemessen an der Gesamtzahl wicklungen am Arbeitsmarkt einzuschätzen, un- von Stellen, die in den jeweiligen Zeiträumen zuge- tersuchen wir im Folgenden die Nachfrage nach gangen sind (2,43 Mio. bzw. 2,10 Mio.), werden H2- Tätigkeiten, die einen direkten Bezug zu Wasser- Kompetenzen also noch recht selten nachgefragt. stofftechnologien aufweisen. Daraus leitet sich Dennoch ist die große Vielfalt der Berufsgruppen, auch der Bedarf an neuen, spezifischen Kompeten- für die solche Kompetenzen nachgefragt werden, zen ab. Ob und gegebenenfalls wie das berufliche bemerkenswert. Dabei konzentriert sich ein Groß- Ausbildungssystem und Studienpläne inhaltlich teil der Stellen (87 % in der ersten Welle bzw. 82 % angepasst werden müssen, wird letztlich durch in der zweiten Welle) auf zehn Berufsgruppen. den Umfang dieser Bedarfe bestimmt. Acht davon gehören für beide Erhebungswellen Zunächst betrachten wir eine Liste von Kom- zu den am häufigsten vorkommenden Berufs- petenzen mit Bezug zu Wasserstofftechnologien (im Folgenden H2-Kompetenzen), die das Zentrum T1 Wasserstoff.Bayern (H2.B)1 zur Verfügung gestellt Zahl der ausgeschriebenen Stellen mit H2-Kompetenzen nach hat. Die Liste stellt die wichtigsten Begriffe zusam- Berufsgruppen1) im April/Mai 2019 sowie im Oktober/November 2019 men, mit denen den Fachleuten des H2.B zufolge April/Mai 2019 Oktober/November 2019 signalisiert wird, welche Tätigkeiten einen direk- Berufsgruppe (sortiert nach Zahl der Berufsgruppen (sortiert nach Zahl der ten Bezug zum Einsatz von Wasserstofftechnolo- Häufigkeit der Stellen) Stellen Häufigkeit der Stellen) Stellen Technische Forschung Maschinenbau- und gien aufweisen. Hierzu gehören neben „Hydrogen“ und Entwicklung 73 Betriebstechnik 38 oder „Wasserstoff“ selbst die Begriffe „Brennstoff- Maschinenbau- und 31 Elektrotechnik 21 Betriebstechnik zelle“, „Elektrochemie“, „Elektrolyse“, „Power-to- Elektrotechnik 14 Energietechnik 17 Gas“, „Power-to-X“ sowie „Sektorkopplung“ (vgl. Fahrzeug-, Luft-, Raumfahrt- Klempnerei, Sanitär-, Infobox 2 auf Seite 4). Damit verwenden wir ein re- und Schiffbautechnik 13 Heizungs- und Klimatechnik 13 striktives Begriffsset und schließen bei unserer Un- Unternehmensorganisation 12 Chemie 9 und -strategie tersuchung Stellenanzeigen aus, die keine direkten Technische Forschung Chemie 11 7 Bezüge zu Wasserstofftechnologien aufweisen. und Entwicklung Unternehmensorganisation Auf Basis dieser Liste haben wir untersucht, Energietechnik 8 und -strategie 7 inwiefern solche H2-Kompetenzen im Jahr 2019 Ver- und Entsorgung 7 Einkauf und Vertrieb 6 bereits explizit in Stellenanzeigen der JOBBÖRSE Mechatronik und Einkauf und Vertrieb 6 6 der Bundesagentur für Arbeit nachgefragt wurden. Automatisierungstechnik Technisches Zeichnen, Hierfür standen uns Daten für die Monate April 5 Ver- und Entsorgung 5 onstruktion und Modellbau K und Mai 2019 (erste Welle) sowie Oktober und No- (16 weitere Berufsgruppen) (27) (15 weitere Berufsgruppen) (29) vember 2019 (zweite Welle) zur Verfügung. Dabei Summe 207 Summe 158 ist zu beachten, dass die Betriebe auch auf anderen 1) Explizit genannt werden die zehn Berufsgruppen mit den meisten ausgeschriebenen Stellen. Berufsgruppen, die in beiden Erhebungen häufig und gleichermaßen vorkommen, sind gefettet. 1 Das Zentrum Wasserstoff.Bayern (H2.B) ist eine vom Freistaat Bay- Hinweis: Darstellung der Verteilung der gefundenen Stellen mit H2-Kompetenzen entlang von 144 möglichen ern initiierte und finanzierte Strategie- und Koordinationsstelle für Berufsgruppen der Klassifizierung der Berufe 2010 (KldB2010). wasserstoffbezogene Themen und Aktivitäten in Bayern. Weitere Quelle: JOBBÖRSE der Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen (Details zu den verwendeten Daten vgl. Informationen dazu finden sich unter https://h2.bayern/. Infoboxen 3 und 4). © IAB IAB-Kurzbericht 11|2021 3
gruppen; dies sind zunächst fachlich einschlägige Im Vergleich der beiden Zeiträume fällt auf, dass Berufe in den Bereichen „Technische Forschung die Stellenzahl insgesamt relativ stark zurückging. und Entwicklung“, „Maschinenbau- und Betriebs- Vor allem in der Berufsgruppe der „Technischen technik“, „Elektrotechnik“, „Chemie“ und „Ener- Forschung und Entwicklung“ war mit 73 ausge- gietechnik“. Hinzu kommen aber noch Berufe der schriebenen Stellen in der ersten Welle und nur 7 „Unternehmensorganisation und -strategie“, in der ausgeschriebenen Stellen in der zweiten Welle ein „Ver- und Entsorgung“ sowie im „Einkauf und Ver- sehr starker Rückgang zu verzeichnen. Bei dem ins- trieb“. Es werden also auch solche Berufsgruppen gesamt niedrigen Niveau der Nachfrage und den explizit mit Bezug zu H2-Kompetenzen nachgefragt, zum Zeitpunkt der Analyse verfügbaren Daten lässt welche die Entwicklung der Wasserstofftechnolo- sich noch nicht bestimmen, inwiefern diese Beob- gien eher flankieren, indem sie beispielsweise für achtung eine besonders volatile Nachfrage in einer organisatorische Rahmenbedingungen in den Un- bestimmten Berufsgruppe im Jahr 2019 darstellte ternehmen der Wasserstoffwirtschaft sorgen. oder etwa die Änderung von Präferenzen der Betrie- be bezüglich der Wahl ihrer Suchwege repräsentiert. Das werden zukünftige Beobachtungen zeigen. T2 Auffällig ist zudem, dass in beiden Zeiträumen Ausgeschriebene Stellen mit einer Nachfrage nach H2-Kompetenzen knapp 90 Prozent der Stellen mit einer Nachfrage nach Anforderungsniveau nach einer oder mehreren H2-Kompetenzen in sol- Ausgeschriebene Stellen chen Berufen zu beobachten sind, deren Anforde- April/Mai 2019 Oktober/November 2019 Anforderungsniveau rungsniveaus „Fachlich ausgerichteten Tätigkeiten“ Anteil Anteil Absolut an allen Absolut an allen und „Hochkomplexen Tätigkeiten“ entsprechen Stellen Stellen (vgl. Tabelle T2). Während das erstgenannte Anfor- 1. Helfer- und Anlerntätigkeiten 0 0% 0 0% 2. Fachlich ausgerichtete Tätigkeiten 35 17 % 64 41 % derungsniveau in der Regel durch Nachweis einer 3. Komplexe Spezialistentätigkeiten 25 12 % 18 11 % dualen oder schulischen Berufsausbildung erfüllt 4. Hochkomplexe Tätigkeiten 147 71 % 76 48 % werden kann, setzt das zweite genannte Anforde- Summe 207 100 % 158 100 % rungsniveau in der Regel Weiterqualifizierungen Erläuterungen: „Helfer- und Anlerntätigkeiten“ erfordern üblicherweise keine formale Qualifikation. Der Zugang voraus, die auf einem vierjährigen Hochschulstu- zu „Fachlich ausgerichteten Tätigkeiten“ ist in der Regel mit einem Nachweis einer dualen oder schulischen Berufsausbildung möglich. „Komplexe Spezialistentätigkeiten“ erfordern regelmäßig einen Meister-/Techniker-/ dium oder vergleichbaren Abschlüssen aufsetzen. Fachwirt- oder Bachelorabschluss. „Hochkomplexe Tätigkeiten“ setzen in der Regel Weiterqualifizierungen vor- aus, die auf einem vierjährigen Hochschulstudium oder vergleichbaren Abschluss aufsetzen. Dagegen kamen Berufe, die einen Meister-/Techni- Quelle: JOBBÖRSE der Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen; Details zu den verwendeten Daten siehe ker-/Fachwirt- oder Bachelorabschluss („Komplexe Infoboxen 3 und 4. © IAB Spezialistentätigkeiten“) voraussetzen, in Stellen- ausschreibungen mit H2-Kompetenzen vergleichs- 2 weise selten vor und Berufe, die in der Regel keine Schlüsselbegriffe für H2-Kompetenzen1) formale Qualifikation („Helfer- und Anlerntätigkei- Brennstoffzelle ist eine galvanische Zelle, die die chemische Reaktionsenergie eines ten“) voraussetzen, gar nicht. kontinuierlich zugeführten Brennstoffes und eines Oxidationsmittels in elektrische Ener- gie wandelt. Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzellen sind die häufigste Form. Eine vorläufige Interpretation dieser Befunde Elektrochemie umfasst mehrere verschiedene Teilgebiete innerhalb der Chemie, insbe- könnte auf den Entwicklungsstand der wasserstoff- sondere auch die Technische Chemie inklusive dem wachsenden Bereich der Batterie- und Brennstoffzellentechnik. bezogenen Technologien abstellen: Diese sind ge- Elektrolyse bezeichnet einen chemischen Prozess, bei dem elektrischer Strom eine Re- genwärtig noch nicht so standardisiert, dass sie sys- doxreaktion erzwingt. Die Gewinnung von Wasserstoff ist das wichtigste Anwendungs- tematisch als ausdefinierte Kompetenzen Eingang feld der Elektrolyse. in Ausbildungs- und Studieninhalte finden konnten, Power-to-Gas ist eine energiewirtschaftliche Technologie, nach der mittels Wasserelek- trolyse und unter Einsatz elektrischen Stroms ein Gas hergestellt wird (Wasserstoff, Am- die zur Ausführung „komplexer Spezialistentätig- moniak, Methan). keiten“ qualifizieren sollen. Entsprechend vermu- Power-to-X umfasst verschiedene Technologien zur Speicherung bzw. anderweitigen ten Betriebe diese Kompetenzen – beziehungsweise Nutzung von Stromüberschüssen in Zeiten eines Überangebotes variabler erneuerbarer Energien wie Solarenergie, Windenergie und Wasserkraft. das Potenzial zur Entwicklung solcher Kompeten- Sektorkopplung meint verschiedene Verfahren und Technologien zur Verbindung der zen – wohl eher bei qualifizierten Arbeitskräften, Sektoren Strom, Wärme, Verkehr sowie des nicht energetischen Verbrauchs fossiler Roh- die „Hochkomplexe Tätigkeiten“ ausführen können. stoffe (v. a. Chemie) über Energiespeicher und Energiewandler. Gleichzeitig bedarf es zum Aufbau entsprechender 1) Quelle: Zentrum Wasserstoff.Bayern (H2.B) technischer Strukturen auch Fachkräfte aus techni- 4 IAB-Kurzbericht 11|2021
schen und aus anderen Teilen der Wertschöpfungs- te 6) ist zu beachten, dass sie nicht im Sinne eines kette wie etwa der Verwaltung und Logistik. Dies Ursache-Wirkung-Zusammenhangs interpretiert könnte ein Grund dafür sein, dass „Fachlich aus- werden dürfen. gerichtete Tätigkeiten“ in diesem Kontext ebenfalls A1 gefragt sind. Regionale Verteilung der Nachfrage nach Kompetenzen, die sich auf Beim Vergleich der beiden Wellen zeigt sich, Wasserstofftechnologien beziehen dass der schon zuvor beobachtete Rückgang der Stellenzugänge im April/Mai 2019 und Oktober/November 2019 auf Kreisebene ausgeschriebenen Stellen mit H2-Kompetenzen insbesondere auf eine Verringerug der Stellen bei den „Komplexen Spezialistentätigkeiten“ und „Hochkomplexen Tätigkeiten“ zurückzuführen ist, wohingegen die Zahl der Stellen für „Fachlich aus- gerichtete Tätigkeiten“ eher zugenommen hatte. Für eine Interpretation dieser Entwicklung entlang der Anforderungsniveaus bedarf es ebenfalls wei- terer Beobachtungen. H2-Kompetenzen regional vereinzelt und sehr unterschiedlich nachgefragt Bisher werden H2-Kompetenzen auf dem Arbeits- Stellenzugang markt also insgesamt noch eher selten und – wie im April/Mai 2019 im Okt./Nov. 2019 die regionale Verteilung der im April/Mai 2019 und in beiden Zeiträumen Oktober/November 2019 ausgeschriebenen Stellen keiner zeigt – in wenigen Regionen nachgefragt (vgl. Ab- bildung A1). Auf der Kreiskarte ist die Nachfrage nach H2-Kompetenzen sowohl in ländlichen Ge- genden (z. B. der Landkreis Dithmarschen im Nor- den) als auch in Agglomerationsräumen (wie Dres- den im Osten) zu beobachten. Diese räumliche Konzentration kann verschiedene Gründe haben: Quelle: JOBBÖRSE der Bundesagentur für Arbeit, eigene Aufbereitung und Darstellung (Details zu den verwen- deten Daten vgl. Infoboxen 3 und 4). © IAB Regionen mit einer einschlägigen Industrie (Stahl, Chemie) planen den Einsatz von Wasserstofftech- 3 nologien für ihre energieintensiven Prozesse. Re- JOBBÖRSE der Bundesagentur für Arbeit gionen, die sich im Strukturwandel befinden (wie Die JOBBÖRSE der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist eines der größten Online-Jobpor- das Ruhrgebiet), erschließen sich neue, nachhal tale in Deutschland. Sie ist für Stellensuchende sowie für Unternehmen kostenlos. Die Suche nach offenen Stellen kann direkt (ohne Registrierung) auf der Seite der JOBBÖR- tige Wirtschaftsfelder. Regionen, die prädestiniert SE der BA vorgenommen werden. Für weiterführende Angebote müssen sich sowohl für die Wasserstofferzeugung durch erneuerbare Stellensuchende als auch Unternehmen registrieren. So können Unternehmen ein Pro- Energien sind (z. B. windstarke Regionen in Nord- fil erstellen und darüber Stellenangebote anlegen und veröffentlichen. Veröffentlichte Stellenangebote sind 30 Tage aktiv. Die Unternehmen haben durch eine manuelle Ak- deutschland bzw. an der Küste) beginnen, die Inf- tualisierung der Stellenangebote die Möglichkeit, die Aktivierung bzw. Veröffentlichung rastruktur für die Gewinnung von grünem Wasser- zu verlängern. Darüber hinaus können die Unternehmen eine Unterstützung durch die Vermittlungsdienste der BA nutzen. Alternativ zur manuellen Veröffentlichung gibt es die stoff aufzubauen. Möglichkeit der automatisierten Veröffentlichung über eine entsprechende Schnittstelle. Im Folgenden untersuchen wir mithilfe einer Jedes Unternehmen, das über eine Stellenbörse auf seiner Webseite verfügt und die Regressionsanalyse näher, inwiefern die von uns technischen Vorkehrungen eigenständig trifft, kann an die Schnittstelle der BA angebun- den werden und so die Stellenangebote automatisch übermitteln. beobachtete regionale Nachfrage nach H2-Kompe- Um uns der Frage der Repräsentativität der Stellendaten der JOBBÖRSE der BA anzu- tenzen mit einigen ausgewählten Merkmalen der nähern, haben wir Vergleiche zwischen der für die Betriebe repräsentativen IAB-Stellen- Stelle und mit Strukturindikatoren für Wirtschaft erhebung und den Stellendaten der JOBBÖRSE der BA vorgenommen. Das Ergebnis zeigt, dass die Verteilungen der Stellen entlang vergleichbarer Strukturparameter wie und Arbeitsmarkt zusammenhängt. Bei der Inter- den Anforderungsniveaus sehr ähnlich sind. pretation der Ergebnisse (vgl. Tabelle T3 auf Sei- IAB-Kurzbericht 11|2021 5
Insgesamt fallen die Effektstärken gering aus, auch öffentliche Forschungseinrichtungen zäh- was sich unmittelbar auf die beschriebene noch len, gehören zum Produzierenden Gewerbe unter sehr geringe Zahl von Stellen mit einer expliziten anderem Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes Nachfrage nach H2-Kompetenzen im Verhältnis zu sowie der Energiegewinnung. Dies sind auch die allen Stellen zurückführen lässt. Gleichwohl sind Bereiche, in denen aktuell primär die Entwicklung die Effekte signifikant und helfen dabei, die beob- von Wasserstofftechnologien betrieben werden achtete Nachfrage nach H2-Kompetenzen genauer dürfte (Spalten 2 und 4). zu verorten. Außerdem steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es Zunächst zeigt sich, dass H2-Kompetenzen in Stel- sich bei einer der nachgefragten fachlichen Kom- lenanzeigen, die auf das höchste Anforderungsni- petenzen um eine Kompetenz mit Bezug zu Was- veau („Hochkomplexe Tätigkeiten“) abzielen, eher serstofftechnologien handelt, mit zunehmender nachgefragt werden als in Stellenanzeigen mit nied- Bevölkerungsdichte (Spalten 3 und 4). Weiterhin rigeren Anforderungsniveaus (Spalten 1 und 4). ist die Wahrscheinlichkeit in solchen Bundeslän- Darüber hinaus stellen wir fest, dass in Bundes- dern und Berufen eher hoch, in denen die Ar- ländern, die einen hohen Anteil an sozialversiche- beitsmarktanspannung – also die Zahl der offenen rungspflichtiger Beschäftigung im öffentlichen Stellen im Verhältnis zur Zahl der registrierten Ar- Dienst sowie im Produzierenden Gewerbe aufwei- beitslosen – und gleichzeitig die Arbeitslosenquote sen, eher Stellen mit H2-Kompetenzen ausgeschrie- relativ niedrig sind (ebenfalls Spalten 3 und 4). ben wurden. Während zum öffentlichen Dienst T3 Erklärung der Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei einer nachgefragten fachlichen Kompetenz um eine H2-Kompetenz handelt, mithilfe eines logistischen Regressionsmodells Marginale Effekte in Prozentpunkten Regressionsmodell Variante (1) Variante (2) Variante (3) Variante (4) Anforderungsnivau (Referenz: Fachlich ausgerichtete Tätigkeiten) 1) Komplexe Spezialistentätigkeiten 0,0020 ** (0,0010) 0,0002 (0,001) Hochkomplexe Tätigkeiten 0,0136 *** (0,0008) 0,0120 *** (0,0008) Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter in den Wirtschaftsbereichen, je Bundesland (Referenz: Land- und Forstwirtschaft) Produzierendes Gewerbe2) 0,4229 *** (0,0990) 0,3111 *** (0,0997) Handel und KfZ-Reparatur 0,2855 *** (0,1095) 0,2177 * (0,1114) Verkehr 0,1587 (0,1171) 0,0297 (0,1186) Öffentlicher Dienst 0,7006 *** (0,1487) 0,6963 *** (0,1504) Übrige Dienstleistungsbranchen 3) 0,3717 *** (0,0965) 0,2528 *** (0,0971) Bevölkerungsdichte 100 EW/qkm, je Kreis 0,0001 *** (0,00002) 0,0001 *** (0,00002) Arbeitslosenquote 2019, je Beruf und Bundesland in % –0,0975 *** (0,00014) –0,0599 *** (0,0127) Arbeitsmarktanspannung (Verhältnis gemeldete Stellen zu registrierten Arbeitslosen), je Beruf, Bundesland und –0,0012 *** (0,0002) –0,0009 *** (0,0002) Erhebungszeitraum Zeitdummy für Erhebungszeitraum x x x x Beobachtungen 9.508.241 9.508.241 9.496.762 9.496.762 Pseudo Bestimmtheitsmaß (Pseudo R2) 0,042 0,019 0,009 0,064 1) Ausgenommen ist die Betrachtung von Stellen für „Helfertätigkeiten“, da in diesen Stellen keine H2-Kompetenzen nachgefragt wurden. 2) Zum „Produzierenden Gewerbe“ zählen hier die Bereiche „Bergbau“, „Energie/Wasser/Abfall”, „Verarbeitendes Gewerbe” sowie das „Baugewerbe”. 3) Zu den „Übrigen Dienstleistungsbranchen“ zählen hier „Information und Kommunikation”, „Finanz- und Versicherungsdienstleistungen”, „Unternehmensnahe Dienstleistungen” sowie „Sonstige Dienstleistungen”. Standardfehler in Klammern. Irrtumswahrscheinlichkeiten: *** p
Aus Sicht der Betriebe wäre bei einer geringeren Fazit Arbeitsmarktanspannung, also wenige offene Stel- len im Verhältnis zur Zahl der Arbeitslosen, grund- Den Wasserstofftechnologien wird eine wichtige sätzlich zu erwarten, dass weniger Rekrutierungs- Rolle für das Gelingen der Energiewende zuge- probleme auftreten. Dagegen deutet eine niedrige schrieben. Diese Erwartung speist sich insbeson- Arbeitslosenquote darauf hin, dass eher mit einer dere daraus, dass durch den Energieträger Wasser- begrenzten Bewerberzahl zu rechnen ist. stoff auch dort eine Defossilisierung der Sektoren Daher lässt sich nicht zweifelsfrei schlussfolgern, Wärme, Verkehr und der verarbeitenden Industrie dass selbst der derzeit noch geringe Bedarf an Ar- gelingen kann, wo eine direkte Elektrifizierung beitskräften, die über H2-Kompetenzen verfügen, nicht möglich oder nicht wirtschaftlich ist. durch externe Rekrutierung gedeckt werden kann. Die Wasserstofftechnologien befinden sich aktu- Sollte sich die Nachfrage nach solchen Arbeitskräf- ell noch in einer frühen Phase der Markteinfüh- ten verstärken und dies mit einer allgemein guten rung, sodass bisher nur eine relativ geringe Nach- konjunkturellen Entwicklung einhergehen, könn- frage nach H2-Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt te sich auch die Arbeitsmarktanspannung erhö- zu beobachten war. Zur Zeit dürften bestimmte hen. Der hier gefundene negative Zusammenhang Bedarfe in den Betrieben insbesondere durch für 2019 kann sich dann umkehren und Betriebe Fortbildung des bestehenden Personals gedeckt müssen neben der Rekrutierung einschlägig quali- werden. Die Nachfrage nach Arbeitskräften mit H2- fizierter Arbeitskräfte weitere Strategien der Perso- Kompetenzen im Jahr 2019 lässt sich tendenziell in nalgewinnung verstärkt in Betracht ziehen. Regionen mit einer hohen Bevölkerungsdichte und in Bundesländern mit solchen Arbeitsmarktlagen verorten, die eher von niedriger Arbeitslosigkeit 4 Verwendete Daten Teile der angewendeten Auswertungsmethode wiederholten Ziehungen jedes Stellenangebot lung des Unternehmens bzw. Betriebes enthalten wurden in einer für das Bundesministerium für nur einmal berücksichtigt wird. Das wäre nicht Stellenanzeigen die Tätigkeitsbeschreibung einer Arbeit und Soziales durchgeführten Machbar- der Fall bei einer Querschnittserhebung bei Stel- Stelle; die Anforderungen, welche die gesuchten keitsstudie gemeinsam mit dem IT-Systemhaus len, die während eines Zeitraumes aktiv veröffent- Fachkräfte mitbringen müssen, und funktionale der Bundesagentur für Arbeit entwickelt. Diese licht sind, der länger als die Erhebungsfrequenz Teile mit rechtlichen Hinweisen, beispielsweise hatte unter anderem die generelle Identifikati- dauert. Diese Stellen würden sonst mehrfach bezüglich der Berücksichtigung von bestimmten on von fachlichen Kompetenzanforderungen in erfasst. Entsprechend dieser Auswahl werden Personengruppen oder Hinweise zum weiteren Stellenanzeigen zum Ziel (Stops et al. 2020; Stops im ersten Beobachtungszeitraum April/Mai 2019 Bewerbungsverfahren. Wir interessieren uns hier 2021). Dabei werden „Kompetenzen“ zunächst als knapp 1,26 Millionen Anzeigen für 2,43 Millionen insbesondere für die Tätigkeitsbeschreibung der individuelle Fähigkeiten verstanden, Aufgaben offene Stellen und im Oktober/November 2019 Stelle und die Anforderungen, welche die gesuch- und Sachverhalte im Rahmen einer beruflichen 1,05 Millionen Anzeigen für 2,10 Millionen Stellen ten Fachkräfte mitbringen müssen. Mithilfe eines Tätigkeit selbstständig und eigenverantwortlich berücksichtigt. Klassifikationsverfahrens markieren wir daher zu bewältigen. „Fachliche Kompetenzen“ bezie- Generell können Betriebe also eine Stellenanzei- den für uns relevanten Teil der Stellenanzeigen- hen sich inhaltlich auf eine bestimmte Zahl beruf- ge für mehrere Stellen mit gleichen Merkmalen für texte entsprechend als „Jobbeschreibung“ und licher Tätigkeiten und werden daher häufig auch unterschiedliche Arbeitsorte anlegen. Berücksich- unterscheiden davon den Teil „Sonstiges“, der als berufstypisch angesehen. Zu den fachlichen tigt man nur die Zahl der Stellenanzeigen, würde für die Analysen in dieser Studie nicht von Be- Kompetenzen zählen auch die H2-Kompetenzen. man die Arbeitsnachfrage quantitativ unterschät- deutung ist. Ebenso wurden die für die Machbarkeitsstudie zen und eine regionale Zuordnung wäre häufig Um zu sehen, inwiefern wasserstofftechnologie- erschlossenen Daten verwendet. Dabei handelt nicht möglich. Der Umfang der Arbeitsnachfrage bezogene Kompetenzen (H 2-Kompetenzen) es sich um zwei Zugangskohorten von Stellen- muss aber bei der Ermittlung der Bedeutung der bereits explizit in den Stellenangeboten nach- anzeigen aus der JOBBÖRSE der Bundesagentur Kompetenzen berücksichtigt werden. Daher ge- gefragt werden, haben wir einschlägige Schlüs- für Arbeit, die sich auf Jobangebote beziehen (vgl. wichten wir bei der Auswertung jede Stellenan- selbegriffe verwendet, die auf einer Empfehlung dazu auch Infobox 3). Die erste Kohorte wurde in zeige mit der dahinterstehenden Stellenzahl je des Zentrums Wasserstoff.Bayern (H2.B) beruhen der Zeit vom 1. April 2019 bis zum 31. Mai 2019 Arbeitsort. Die Texte in den Stellenbeschreibun- (vgl. auch Infobox 2). Einzelne zentrale H2-Kom- angelegt und die zweite Kohorte in der Zeit vom gen unterlaufen verschiedene Pre-Processing- petenzen wie „Elektrochemie“ oder „Elektrolyse“ 1. Oktober 2019 bis zum 30. November 2019. Es Schritte und ein Klassifikationsverfahren, um den werden prinzipiell auch in anderen Technolo- handelt sich also genauer gesagt um eine Zu- für die Auswertung der expliziten Nachfrage nach giefeldern eingesetzt. In solchen Stellen wurden gangskohorte nach Anlagedatum. Damit stellen Kompetenzen relevanten Teil des Stellentextes diese Kompetenzen nicht als H2-Kompetenzen wir sicher, dass in diesen, aber auch in künftigen extrahieren zu können: Neben der Selbstvorstel- klassifiziert. IAB-Kurzbericht 11|2021 7
und einer geringen Zahl an offenen Stellen gemes- Europäische Kommission (2020b): Der europäische Grüne Deal. Mitteilung der Kommission an das Europäische sen an der Zahl der Arbeitslosen geprägt sind. Parlament, den Europäischen Rat, den Europäischen Bei wachsendem Personalbedarf und zuneh- Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Brüssel. mend fehlender qualifikatorischen Passung kann Europäische Kommission (2020c): Förderung einer kli- sich das Verhältnis der offenen Stellen zu Arbeits- maneutralen Wirtschaft: Kommission legt Pläne für das Energiesystem der Zukunft und sauberen Wasserstoff losen mittelfristig erhöhen, wodurch sich Fach- Prof. Dr. Veronika Grimm vor. Pressemitteilung, Brüssel. kräfteengpässe einstellen oder verstärken könnten. Europäische Kommission (2020d): A hydrogen strategy ist Mitglied des Sachverstän- digenrates und Inhaberin Durch verschärfte Klimaschutzmaßnahmen und for a climate-neutral Europe. Communication from the des Lehrstuhls für Volkswirt- Commission to the European Parliament, the Council, eine stärkere finanzielle Förderung von Wasser- the European Economic and Social Committee and the schaftslehre an der Friedrich- Alexander-Universität stoffinfrastruktur und -projekten ist zu erwarten, Committee of the Regions. Brüssel. Erlangen-Nürnberg. Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie dass die Wasserstoffwirtschaft auch in den Feldern der Zukunft“ [EWK] – A. Löschel, V. Grimm, B. Lenz, F. veronika.grimm@fau.de weiter an Fahrt aufnimmt, in denen sie zur Kopp- Staiß (2020): Klimaschutz vorantreiben, Wohlstand stär- ken – Empfehlungen für die deutsche EU-Ratspräsident- lung der Energiesysteme verschiedener Sektoren schaft. Mai 2020, Berlin, Münster, Nürnberg, Stuttgart. beiträgt. Deshalb werden Fachkräfte auch künf- Fraunhofer (2019): Eine Wasserstoff-Roadmap für Deutsch- tig überall dort benötigt, wo Veränderungen der land. Fraunhofer-Institut für System- und Innovations- forschung ISI, Fraunhofer-Institut für Solare Energie- Schnittstellen zwischen den genannten Sektoren systeme ISE. erforderlich werden (z. B. bei der Bereitstellung Grimm, V. (2020): Der Green Deal als Chance für die zu- künftige Wettbewerbsfähigkeit in Europa: Wasserstoff von Wasserstoffinfrastruktur für den Schwerlast- und synthetische Energieträger. ifo Schnelldienst 73 (6), Dr. Markus Janser oder den Güterverkehr). 22–28. ist Mitarbeiter in dem For- Für die kommenden Jahre besteht noch weiterer IEA (2019): The future of hydrogen – Seizing today’s oppor- schungsbereich „Regionale tunities, Technology report – June 2019, Internationale Arbeitsmärkte“ im IAB. Bedarf an Monitoring und vertieften wissenschaft- Energieagentur. Paris. markus.janser@iab.de lichen Analysen – sowohl auf regionaler Ebene als IRENA (2020): Global Renewables Outlook: Energy trans- formation 2050, Global Energy Transformation Report auch auf Ebene der Betriebe und Beschäftigten. In Edition 2020, International Renewable Energy Agency, welcher Dynamik sich die Nachfrage nach den ent- Abu Dhabi. Koalitionsausschuss (2020): Eckpunkte des Konjunkturpro- sprechenden Kompetenzen ausweitet, wird nicht gramms: Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, zuletzt davon abhängen, wann die jeweiligen Was- Zukunftsfähigkeit stärken. 3. Juni, Berlin. serstoffanwendungen Marktreife erreichen und Runge, P.; Sölch, C.; Albert, J.; Wasserscheid, P.; Zöttl, G.; Grimm, V. (2020): Economic comparison of electric fuels wie stringent die Dekarbonisierung umgesetzt wird. produced at excellent locations for renewable energies: A scenario for 2035. Energie Campus Nürnberg. Dr. Michael Stops Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirt- Literatur ist Mitarbeiter in der For- schaftlichen Entwicklung [SVR] (2020): Corona-Krise ge- schungsgruppe „Berufe in der acatech, Leopoldina und Akademienunion (2017): Sektor- meinsam bewältigen, Resilienz und Wachstum stärken. Transformation“ im IAB. kopplung – Optionen für die nächste Phase der Ener- Jahresgutachten 2020/21, Wiesbaden. michael.stops@iab.de giewende, Schriftenreihe zur wissenschaftsbasierten Stops, M.; Bächmann, A.-Ch.; Glassner, R.; Janser, M.; Politikberatung, Stellungnahme des Akademienprojekts Matthes, B.; Metzger, L.-J.; Müller, Ch.; Seitz, J. (2020): „Energiesysteme der Zukunft“, München. Machbarkeitsstudie Kompetenz-Kompass – Teilprojekt 2: Wir bedanken uns bei dem Agora Energiewende und Wuppertal Institut (2019): Kli- Beobachtung von Kompetenzanforderungen in Stellen- Team des Zentrums Wasser- maneutrale Industrie: Schlüsseltechnologien und angeboten. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, stoff.Bayern (H2.B), insbe- Politikoptionen für Stahl, Chemie und Zement, Studie Forschungsbericht 553, Berlin, 142 S. sondere bei Fabian Pfaffen- 164/04-S-2019/DE, Berlin. Stops, M. (2021): Kompetenz-Kompass: Mit einem neuen berger und Philipp Runge, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Verfahren lassen sich die Kompetenzanforderungen in für die Bereitstellung von (2020): Die Nationale Wasserstoffstrategie. Berlin. Stellenanzeigen systematisch abbilden. In: IAB-Forum, Hintergrundinformationen Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellenverband 11.2.2021. und relevanter Schlagworte [DWV] (2018): Grüne Wasserstoff-Industrie – Lösung für Timmerberg, S.; Kaltschmitt M. (2019): Hydrogen from re- für die Stellenanalyse. Wir den Strukturwandel? newables: Supply from North Africa to Central Europe danken ebenfalls Joachim Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband as blend in existing pipelines – Potentials and costs. Ap- Seitz und dem Team des [DWV] (2020): Aufgaben und Ziele. plied Energy (237), 795–809. Bereichs „Advanced Ana- Europäische Kommission (2020a): Higher Climate Ambi- Umweltbundesamt (2014): Treibhausgasneutrales Deutsch- lytics“ vom IT-Systemhaus tion For Europe and the World. Fact Sheet 11, Brüssel. land im Jahr 2050. Climate Change 7/2014, Dessau-Roßlau. der Bundesagentur für Ar- beit für die Unterstützung bei der Datenaufbereitung und Datenanalyse. Ein herz- Impressum | | Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für liches Dankeschön geht Arbeit, 90327 Nürnberg | Redaktion: Elfriede Sonntag | Grafik & Gestaltung: Nicola Brendel | Foto: Wolfram Murr, Fotofabrik Nürnberg, Sach- zudem an Regina Flad und verständigenrat und privat | Druck: MKL Druck GmbH & Co. KG, Ostbevern | Rechte: Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung Lisa Leßner für ihre Unter- des IAB | Bezug: IAB-Bestellservice, c/o wbv Media GmbH & Co. KG, Auf dem Esch 4, 33619 Bielefeld; Tel. 0911-179-9229 (es gelten die stützung bei der Vorberei- regulären Festnetzpreise, Mobilfunkpreise können abweichen); Fax: 0911-179-9227; E-Mail: iab-bestellservice@wbv.de | IAB im Internet: tung des Berichts. www.iab.de. Dort finden Sie unter anderem diesen Kurzbericht zum kostenlosen Download | Anfragen: iab.anfragen@iab.de oder Tel. 0911-179-5942 | ISSN 0942-167X 8 IAB-Kurzbericht 11|2021
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