IDS 2021: Qualität statt Quantität - Springer Link
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praxis
IDS 2021: Qualität statt Quantität
Gut war’s! So lautet das übereinstimmende Fazit der Besucher und Aussteller der 39. IDS. Auch die Ver-
anstalter, der Verband der Deutschen Dental-Industrie e.V. (VDDI), die GFDI Gesellschaft zur Förderung
der Dental-Industrie mbH und die Koelnmesse GmbH, bilanzierten einen zurückgekehrten Optimismus.
Dieser positive Eindruck ist umso erfreulicher, als dass die außergewöhnlichen Umstände und zahlreiche
Absagen einiger Big-Player der Dental-Branche das Gegenteil vermuten ließen. Stattdessen hat die IDS
2021 für Mark Stephen Pace, den Vorstandsvorsitzenden des VDDI, die erhofften Impulse in der Post-Co-
rona-Zeit gesetzt und signalisiert: Die deutsche Dental-Industrie geht voran.
Birgit Jaretz // Frankfurt/Main
Z ugegeben – ein wenig gespenstisch war das Gefühl schon beim
Wandeln durch mehr oder weniger leere Hallen. Kein Wun-
der, denn in diesem Jahr betrug die Zahl der Aussteller mit 830
bische Familienunternehmen konnte so den Teilnehmern die
zahlreichen Neuheiten in den Bereichen Hygiene, Praxisversor-
gung und Bildgebung bereits vorab in entspannter Atmosphä-
nur etwas mehr als ein Drittel der Aussteller von 2019 (2.327). re zu Hause vorstellen. Während der Messe konnten sich die
Auch die Besucherzahl lag mit 23.000 deutlich unter den vorge- Besucher vor Ort von den Vorzügen des weltweit ersten Zwei-
legten 160.000 der letzten IDS. Die Herkunft der Fachbesucher aus Slot-Scanners mit RFID Technologie VistaScan Ultra View, den
114 Ländern und ihr Auslandsanteil von 57% unterstreicht dage- neuen Saugsystemen Tyscor VS sowie dem Dampf-Sterilisator
gen die Bedeutung der IDS als Weltleitmesse der Dental-Industrie. Hygoclav überzeugen. Nicht nur Dürr Dental legte den Schwer-
Allen Unkenrufen zum Trotz war die schon fast totgesagte Messe punkt auf den Bereich Imaging mit Fokus auf künstlicher Intel-
dann doch ein Erfolg und hat der internationalen Dental-Familie ligenz (KI). Bei weiteren KI-Projekten steht die Auswertung von
laut Mark Stephen Pace den Optimismus zurückgebracht. Schließ- Röntgenbildern im Mittelpunkt. Die bestehende Software könnte
lich ist nicht die Quantität, sondern die Entscheidungskompetenz dafür genutzt werden und mit Hilfe zusätzlicher Bilddaten oder
der Besucher ausschlaggebend für den Erfolg einer Messe. Die auch klinischer Informationen eine hilfreiche Unterstützung für
war in diesem Jahr national wie international auf einem extrem die Therapie-Entscheidung sein.
hohen Niveau. Laut einer Besucherbefragung waren nahezu 85%
der diesjährigen IDS-Besucher an der Beschaffungsentscheidung Hygiene und Infektionskontrolle wichtiger denn je
beteiligt, 33% sogar auschlaggebend. Gut zwei Drittel waren mit Die Corona-Pandemie hat die ohnehin in der Zahnarztpraxis
dem Ausstellungsangebot sehr zufrieden und 85% würden einem essenziellen Maßnahmen zur Hygiene und Infektionskontrolle
guten Geschäftsfreund den Besuch auf der IDS empfehlen. in den Fokus gerückt. Entsprechend wurden auf der IDS unter
anderem leistungsfähige Saugsysteme zur Aerosol-Reduktion
Das Geheimnis des Erfolgs: qualitative Gespräche in vorgestellt. Ganz neu sind Kopfhörer mit einer daran befestigten
entspannter Atmosphäre Absaugkanüle von SycoTec. Die potenziell keimbelastete Aero-
Was steckt also hinter dem Erfolg der abgespeckten IDS-Variante? solwolke kann damit direkt am Austritt des Patientenmunds
Das Zauberwort lautet Entschleunigung. Auch wenn manch einer abgesaugt werden und die Aerosolbildung im Praxisraum um bis
den Austausch mit fehlenden Industriepartnern oder die Show- zu 99,9% verringern. Laut einer auf der IDS vorgestellten Studie
Acts an den Ständen vermisst hat, so waren sich Aussteller wie
Besucher einig: Die Gespräche waren qualitativ hochwertiger und
intensiver, schlichtweg weil beide Gesprächspartner mehr Zeit hat-
ten und sich auf ihr Gegenüber konzentrieren konnten. Der Trend
zur Entschleunigung hat sich auch bei dem zuletzt ungebremsten
Wachstum der IDS durchgesetzt. So könnte die Corona-Pande-
mie einen Wendepunkt in dem inflationären Expansionsdrang
der IDS markieren und eine zukünftige Konzentration auf das
Wesentliche einleiten. Neu war in diesem Jahr das der Pandemie
geschuldete hybride Format. Mit einer Beteiligung von 77 Aus-
© Koelnmesse GmbH, Oliver Wachenfeld
stellern aus 16 Ländern und 88 täglichen Beiträgen kann auch die
digitale Plattform IDSconnect als Erfolg gewertet werden. Einige
Aussteller haben sich sowohl online als auch vor Ort präsentiert.
Zukunftsfeld künstliche Intelligenz
So lud zum Beispiel der Medizintechnikhersteller Dürr Dental
eine Woche vor der IDS zu einer Online-Pressekonferenz zum
80. Firmenjubiläum mit kulinarischer Weinreise ein. Das schwä- Entspannte Atmosphäre in den Gängen und an den Ständen.
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praxis
© Springer Medizin Verlag, Birgit Jaretz
© Springer Medizin Verlag, Birgit Jaretz
Auch der Boulevard war deutlich weniger frequentiert. Der Food-Court in Halle 4.1 war großzügig bestuhlt und folgte
einem hygienischen Leitsystem.
der Université Claude Bernhard, Lyon kann die Mundspülung fortabler. VOCO stellte mit VisCalor eine neue universelle Vari-
Perio plus Regenerate von Curaprox das Risiko der Übertragung ante des thermoviskosen Komposits für alle Kavitätenklassen
von SARS-CoV-2 verringern, indem sie die Virenlast im Mund vor. Während das Bulk-Fill-Composite VisCalor bulk die einfa-
nach einer einzigen Spülung um 71% vermindert. che und schnelle Versorgung im Seitenzahnbereich ermöglicht,
sind mit dem neuen VisCalor dank des großen Farbangebo-
Neuartiges Schienenkonzept und automatisiertes tes an VITA-Farben auch sehr ästhetische Frontzahnrestau-
Herstellungsverfahren bei Alignern rationen möglich. Beide thermoviskosen Komposite sind nach
Neue Entwicklungen konnten die IDS-Besucher bei der Alig- Erwärmung erst fließfähig und lassen sich anschließend sofort
ner-Therapie entdecken: Dentaurum stellte ein neuartiges modellieren.
Zwei-Schienen-Konzept vor, bei dem pro Behandlungsschritt Schütz Dental präsentierte Zahnarztpraxen wie Laboren
zwei Folienstärken verwendet werden, um die Kräfte optimal mit Tizian 1.5 Pro ein kompaktes Frässystem mit erweiterten
auf die Zähne zu übertragen. Weiche und harte Aligner werden Anwendungsmöglichkeiten und extrem geringem Platzbedarf.
wöchentlich gewechselt, was zu einer schonenden Zahnumstel- Die leistungsfähige Hochfrequenzspindel ermöglicht Schnellig-
lung führt. Nach vorausgehender digitaler Behandlungsplanung keit und Präzision, das Schnellspannsystem einen komfortablen
erhält die Praxis sowohl die Aligner als auch alle Patienten-In- Wechsel von Haltersystemen bei gleichbleibender Präzision und
formationen als Komplettpaket. der Bearbeitungswinkel die Erledigung selbst anspruchsvoller
Für die automatisierte Fertigung der unsichtbaren Zahnschie- Aufgaben.
nen im Labor bietet imes-icore ein neuartiges Produktionssys-
tem auf Basis der international bewährten CORiTEC 350i CAD/ Integrierte digitale Behandlungslösungen
CAM-Maschine an (Kapazität: bis zu 1.000 Stück pro Tag). Der Die Digitalisierung hat auch Einzug in die Behandlungseinhei-
Vorteil ist die Nachverfolgung jeder Arbeit im Produktions- ten gehalten. Der dänische Hersteller XO CARE stellte seine mit
prozess, denn üblicherweise war hierfür ein Modell (z. B. mit dem Red Dot Design Award für innovative Produkte prämierte
aufgedrucktem Code) erforderlich, während nun der Aligner neue Einheit XO Flow vor. Dank integrierter digitaler Behand-
direkt im Maschinensystem mit einem Laser eindeutig und per- lungslösungen wird der Zahnarzt über ein Dashboard durch die
manent markiert wird. Arbeitsschritte bei gleichzeitiger Einbindung von Standardpro-
Align Technology präsentierte sein digitales Portfolio gemein- tokollen geführt. Die Behandlungen können mit Hilfe von Inst-
sam mit exocad auf seiner bisher größten IDS-Ausstellungs- rumenten-Voreinstellungen standardisiert werden.
fläche. Der interaktive Stand trug dem Hybrid-Konzept des
Entwicklers des Invisalign Systems Rechnung: Die Besucher Die Zukunft ist digital
vor Ort konnten in den Stationen Connect, Scan, Plan, Treat, Auch wenn die digitale Plattform IDSconnect in diesem Jahr aus
Monitor und Restorative Workflow die digitalen und restau- der Not geboren wurde und Besucher wie Aussteller den persön-
rativen Arbeitsabläufe Schritt für Schritt verfolgen. Besonders lichen Kontakt vor Ort schätzen, zeichnet sich doch ab, dass das
beliebt ist laut einer Anwenderin der iTero Intraoralscanner, Hybrid-Format Zukunft hat. Die durch die Corona-Pandemie
da er selbst kariöse Läsionen erkennt und damit viel Zeit spart. beschleunigte Etablierung des digitalen Arbeitsplatzes inklusive
Das physische Eventerlebnis wurde ergänzt durch die virtuelle Online-Meetings wird viele Geschäftsreisen und auch Messeteil-
Plattform, die daheimgebliebenen Messegästen Zugang zu den nahmen künftig ersetzen. Ob sich dadurch auch für die nächste
Seminarreihen und Tech-Talks bot. IDS eine Entschleunigung ergibt, bleibt abzuwarten. Wir werden
es vom 14. bis 18. März 2023 erleben.
Mehr Komfort bei der Füllungstherapie
Auch das Kerngeschäft der Zahnärzte, die Füllungstherapie,
entwickelt sich kontinuierlich weiter und wird vor allem kom-
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praxis
Nachgefragt: Wie war die IDS?
Es herrschte ein Gefühl von Normalität Hybrid-Format hat auch in Zeiten ohne Pandemie definitiv
„Für mich war die diesjährige IDS die dritte seine Vorteile, wie sich bereits bei den Curricula und Fortbil-
und ich habe die Messe auf mich zukom- dungskursen abzeichnet.“
men lassen, ohne groß darüber nachzuden- Nico Menne, Zahnarzt aus Koblenz
ken, was anders sein könnte. Für mich ist es
wichtig, vor Ort zu sein, um sich auszutau- Eine Messe mit familiärer Atmosphäre
schen. Im Vergleich zu Online-Veranstal- „Ich war zum zweiten Mal bei der IDS und
tungen würde ich Präsenzveranstaltungen immer vorziehen, empfand die Atmosphäre im Unterschied
und gerade nach langer Abstinenz ebendieser habe ich die zu 2019 regelrecht familiär. Durch den klei-
Möglichkeit gerne wahrgenommen. Gegenüber den Vorjahren neren Rahmen konnte man ausführlich mit
war es deutlich leerer. Dadurch entstand kein Gedränge und den Herstellern sprechen und in Ruhe die
ich habe die Atmosphäre insgesamt als sehr entspannt emp- neuen Entwicklungen in der Dentalbran-
funden. Für die Gespräche am Stand konnten sich sowohl die che testen. Nicht zuletzt habe ich es dadurch auch geschafft,
Besucher als auch die Aussteller viel Zeit nehmen. Es herrschte alle Hallen vollständig abzulaufen und Einblicke in viele ver-
ein Gefühl von Normalität, auch, weil das Sicherheitskonzept schiedene Bereiche zu bekommen. Insgesamt war die Messe
der Koelnmesse sehr gut umgesetzt wurde. Ich finde, dass das geprägt durch viele Innovationen im digitalen Bereich. Leider
Hybrid-Format eine tolle Weiterentwicklung ist und vielen, waren viele der führenden Unternehmen nicht vertreten, was
die nicht dabei sein können, die Möglichkeit bietet, teilweise aber wiederum den Fokus auf kleinere Firmen legte, die man
virtuell teilzunehmen. Trotzdem glaube ich, dass die virtu- vielleicht sonst gar nicht besucht hätte. Das Hygienekonzept
ellen Veranstaltungen der Messe in Präsenz nicht das Was- der Messe war sehr gut und wurde konsequent umgesetzt.“
ser reichen können. Daher würde ich mich freuen, wenn die Yvonne Plückebaum, Zahnärztin aus Hannover
nächste Messe wieder in gewohnter Größe stattfinden kann.“
Amy Seidel, Zahnärztin in der Zahnärztlichen Prothetik der Direkter Kontakt schafft mehr Auf-
Medizinischen Hochschule Hannover merksamkeit für Innovationen
„Für mich ist die IDS ein Heimspiel, da ich
Die Qualität der Gespräche war diesmal in Köln lebe. Die letzten beiden Male habe
deutlich besser ich sie als Student erlebt und dieses Mal als
„Ich besuche die IDS schon seit zwölf Jah- Zahnarzt. Die Präsenz empfinde ich als will-
ren, erst als Student und in diesem Jahr zum kommene Abwechslung für die zahlreichen
ersten Mal als niedergelassener Zahnarzt. digitalen Veranstaltungen. Sie sind zwar gut und wichtig,
Ich war neugierig, wie die Messe unter den haben aber in meinen Augen eine kürzere Aufmerksamkeits-
völlig anderen Voraussetzungen sein würde. spanne. Innovationen bekommt man einfach besser mit, wenn
Das Sicherheitskonzept der Messe ist hervorragend umge- sie live präsentiert werden. Durch die abgespeckte Variante
setzt worden. Abgesehen davon, sind wir in der Praxis täg- hatte die IDS dieses Mal mehr Ruhe zu bieten. Man konnte
lich mit Aerosolen konfrontiert, so dass sich meine Angst vor länger an den Ständen verweilen und sich auch mal abseits von
einer Großveranstaltung in Grenzen gehalten hat. Die Qua- Verkaufsinteressen austauschen. Ich bin mir fast sicher, dass
lität der Gespräche war denke ich aufgrund der geringeren es nie wieder Kongresse oder Messen geben wird, die nicht
Besucherzahl, des reduzierten Lärmpegels und des starken auf ein Hybrid-Konzept setzen. Sie sind ja nicht nur Notlö-
Interesses der Teilnehmer dieses Mal deutlich besser. Dafür sung, sondern auch eine Chance für Menschen mit zu vollen
kam das Netzwerken dieses Mal etwas zu kurz, wobei sich Terminkalendern.“ Paul Henn, Zahnarzt an der Poliklinik
die Frage stellt, ob auch hier die Qualität über der Quantität für Zahnerhaltung u. Parodontologie,
steht – das wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Das Uniklinik Köln
Die IDS im Vergleich
Fakten 2021 2019
Aussteller 830 aus 59 Ländern 2.327 aus 64 Ländern
Fachbesucher 23.000 aus 114 Ländern 160.000 aus 166 Ländern
Ausstellungs- und Veranstaltungsfläche 115.000 m2 177.000 m2
Auslandsanteil Aussteller 72 % 73 %
Auslandsanteil Fachbesucher 57 % 62 %
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