Iga.Report 46 - Selbst und ständig? Arbeitszeitgestaltung und Gesundheitsverhalten von Soloselbstständigen - Initiative Gesundheit und Arbeit
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iga.Report 46 Themenschwerpunkt New Work Selbst und ständig? Die Initiative Gesundheit und Arbeit In der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) arbeiten gesetzliche Kranken- und Unfallversicherung zusammen, um arbeitsbedingten Arbeitszeitgestaltung und Gesundheitsverhalten Gesundheitsgefahren vorzubeugen. von Soloselbstständigen Gemeinsam werden Präventions- ansätze für die Arbeitswelt weiter- entwickelt und vorhandene Methoden oder Erkenntnisse für die Praxis Thomas Fietz und Pia Wilhelm nutzbar gemacht. unter Mitwirkung von iga ist eine Kooperation von BKK Dachverband, der Deutschen Miriam Becker, Liane Kuhlhoff, Sarah Schwartz und Isabella von Mengden Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), dem AOK-Bundesverband und dem Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek). www.iga-info.de
iga.Report 46 Selbst und ständig? Arbeitszeitgestaltung und Gesundheitsverhalten von Soloselbstständigen Thomas Fietz und Pia Wilhelm unter Mitwirkung von Miriam Becker, Liane Kuhlhoff, Sarah Schwartz und Isabella von Mengden
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 7 1.1 Studienhintergrund 7 1.2 Soloselbstständige 8 1.3 Soloselbstständige und flexible Arbeitszeiten 10 2 Methode 11 2.1 Vorbereitung zur Untersuchung: Wie flexibel gestalten Soloselbstständige ihre Arbeitszeit? 11 2.2 Fragebogenentwicklung 12 2.3 Testumfrage 13 2.4 Studienbeschreibung 13 3 Allgemeine Angaben 13 3.1 Beschreibung der Stichprobe 13 3.2 Austausch mit anderen Soloselbstständigen 14 4 Zeit und Ort 16 4.1 Arbeitsstunden 16 4.1.1 Arbeitsstunden in der Woche 16 4.1.2 Arbeitsstunden pro Tag 17 4.1.3 Kernarbeitszeit pro Tag 17 4.1.4 Pausen 17 4.1.5 Erholungszeit 18 4.1.6 Urlaubstage 19 4.2 Arbeitsort und Mobilität 20 5 Arbeitsfähigkeit 21 5.1 Vermeidung von branchenüblichen Unfällen und Verletzungen 21 5.2 Maßnahmen 21 6 Gesundheitsverhalten 22 6.1 Einfluss der Arbeit auf die Gesundheit 22 6.2 Gesundheit im Alltag 23 6.3 Freizeitaktivitäten und soziale Kontakte 24 6.4 Krankheit 24 6.5 Zufriedenstellende Aspekte 24 iga.Report 46 | 5
6.6 Herausforderungen der S oloselbstständigkeit 25 6.7 Versicherungsträger und Ansprechpersonen 25 7 Belastete und weniger belastete Soloselbstständige im Vergleich 26 7.1 Zusammenhang zwischen Belastung und Arbeitsmenge, Tätigkeitsbereich und Länge der Selbstständigkeit 26 7.2 Zusammenhang zwischen Belastung und Sicherheits- und Gesundheitskompetenz 26 8 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 28 8.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 28 8.1.1 Allgemeine Angaben 28 8.1.2 Arbeitszeit und Arbeitsort 28 8.1.3 Arbeitsfähigkeit 28 8.1.4 Gesundheitsverhalten 29 8.1.5 Belastung durch die soloselbstständige Tätigkeit 29 8.2 Schlussfolgerungen für ein zielgerichtetes Präventionsangebot 30 9 Literaturverzeichnis 32 10 Abbildungsverzeichnis 35 11 Tabellenverzeichnis 35 Anhang 37 A1 Fragebogen für die Online-Befragung 37 6 | iga.Report 46
Selbst und ständig? 1 Einleitung 1.1 Studienhintergrund Entwicklung der Anzahl von Soloselbstständigen Im Arbeitsmarkt sind Soloselbstständige eine interessante Gruppe um zu beobachten, wie sich die Qualität der Arbeit Chancen und Risiken der Digitalisierung und die Quantität des Arbeitsumfangs durch neue Arbeitsfor- Entwicklungen wie die zunehmende Digitalisierung und der men verändern. Durch ein starkes Wachstum im Kreativsektor damit verbundene Fortschritt industrieller Technik verändern und einen funktionalen Wandel im Arbeitsmarkt, bei dem Be- die Arbeitswelt gravierend. Ein Aspekt ist die hohe Flexibilität: triebe und Behörden zwecks Kostenersparnis vermehrt Funkti- Es besteht die Möglichkeit, zu jeder Zeit und an jedem Ort zu onen an freiberuflich Tätige auslagern, stieg die Zahl von arbeiten. Dabei nehmen sowohl Formen atypischer Beschäfti- Selbstständigen bis circa 2012 kontinuierlich an (Statistisches gung wie Teilzeitarbeit, Minijobs, Befristungen, Leiharbeit und Bundesamt, 2020a; siehe Abbildung 1). Danach nahm die Zahl Soloselbstständigkeit zu als auch hybride Beschäftigung im zwischenzeitlich wieder ab. Der Arbeitsmarkt bot angesichts Sinne kombinierter abhängiger und selbstständiger Erwerbs- der günstigen Konjunktur oft bessere Auswahlmöglichkeiten tätigkeit (Keller & Seifert, 2018). (Brenke & Beznoska, 2016). Für die Beschäftigten in der digitalen Arbeitswelt bieten sich sowohl Chancen als auch Risiken durch mehr Freiheiten be- züglich Zeit und Ort ihrer Beschäftigung (Adolph et al., 2016). Entwicklung der Zahl der Soloselbstständigen, der Selbstständigen mit Beschäftigten und Anteil der Selbstständigen an allen Erwerbstätigen (1991–2018) Selbstständigenquote Soloselbstständige Selbstständige mit Beschäftigten 3.000 25 Anteil der Selbstständigen an allen Erwerbstätigen (Selbstständigenquote) in % 2.455 2.500 20 2.000 1.842 Anzahl in 1.000 1.654 15 1.500 11,2 1.383 9,4 9,6 10 1.000 5 500 0 0 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Abbildung 1: Entwicklung der Zahl der Soloselbstständigen, der Selbstständigen mit Beschäftigten und Anteil der Selbstständigen an allen Erwerbstätigen (1991–2018) [eigene Darstellung unter Verwendung von Zahlen des Statistischen Bundesamtes (2020a) und des IZA Research Reports No. 93 (Bonin et al., 2020)]. iga.Report 46 | 7
Selbst und ständig? Betriebliche Angebote zum Gesundheitsschutz greifen nicht Interessierte Selbstgefährdung Grundsätzlich eröffnet Selbstständigkeit immer Erwerbschan- cen und erweitert die Autonomie der Beschäftigten „jenseits Nach dem Konzept von K. Peters ist mit „interessierter der Festanstellung“ (Mirschel, 2015). Aufgrund fehlender Ein- Selbstgefährdung“ ein Verhalten gemeint, „bei dem bindung in Unternehmensstrukturen können Soloselbstständi- man sich selbst dabei zusieht, wie das persönliche ge jedoch nicht von betrieblichen Angeboten zum Gesund- Arbeitshandeln die eigene Gesundheit gefährdet – aus heitsschutz oder zur Gesundheitsförderung profitieren. Oft fehlt einem Interesse am beruflichen Erfolg heraus“ es bei diesen Beschäftigungsmodellen, die kein klassisches An- (Krause et al., 2010, S. 43). Beispiele für Verhaltens gestelltenverhältnis darstellen, an (Mindest-)Standards bei der weisen sind das Arbeiten trotz Krankheit oder an Bezahlung, beim Arbeitsschutz und in der Gestaltung der Ar- Wochenenden sowie im Urlaub. beitszeit. Für Selbstständige (und insbesondere Soloselbststän- dige), die nicht dem Arbeitszeitgesetz unterliegen, kann dies Abweichungen von den üblichen Arbeitszeiträumen bedeuten. Fraglich ist, ob Sicherheit und Gesundheit in dieser Arbeits- und Lebensphase im Fokus stehen. Personen, die keine Ange- In einer weltweit vernetzten Arbeitswelt mit selbstständigen stellten beschäftigen und für ihre eigene Person nicht in einer Einzelunternehmenden hat der klassische Achtstundentag gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind, haben kaum ausgedient (Ruchhöft, 2014). Sowohl aufgrund von Dienstleis- Kontakt zu Berufsgenossenschaften oder Unfallkassen. Bei Er- tungen, die rund um die Uhr über das Internet angeboten wer- krankungen oder Arbeitsunfällen werden sie sich mit ihren An- den, als auch durch Auftraggebende, die in einer anderen Zeit- sprüchen bezüglich Krankenversorgung und Rehabilitation zone leben, wird eine besonders hohe Flexibilität der überwiegend an ihre Krankenkasse wenden. Arbeitszeit erforderlich. In einer weltweit vernetzten Arbeits- welt gewinnen unter den Soloselbstständigen die sogenann- Dieser Report soll zur Beantwortung der Frage beitragen, wie ten Crowd- oder Cloudworker zunehmend an Bedeutung. Soloselbstständigen Prävention einschließlich entsprechender Diese bearbeiten qualifiziert eine bestimmte Aufgabe im Rah- Maßnahmen nahegebracht werden kann. men von Crowdsourcing über das Internet. Es ist in Deutsch- land noch wenig erforscht, welche Personengruppen sich für eine Online-Tätigkeit entscheiden. Daher ist auch wenig be- 1.2 Soloselbstständige kannt darüber, wie und unter welchen Umständen sie arbeiten und sich sozial absichern (Pürling, 2016). Am Anfang steht eine Definition: Wer beziehungsweise was Besondere Gefährdung sind Soloselbstständige? Es stellt sich daher die Frage, ob insbesondere Soloselbststän- dige die nötige Sicherheits- und Gesundheitskompetenz besit- Der Begriff der Soloselbstständigkeit ist anders als beispiels- zen, um die Gestaltung ihrer Arbeitszeit nach arbeitswissen- weise die freiberufliche Tätigkeit gesetzlich nicht definiert, schaftlichen Erkenntnissen vorzunehmen. Besonders jüngere weshalb eine eindeutige Determination – gerade die Ab Menschen, die sich möglicherweise noch in der Aufbauphase grenzung zur Scheinselbstständigkeit – teilweise schwerfällt. einer eigenen Firma befinden, könnten dazu neigen, sich Zentrales Merkmal der Soloselbstständigkeit ist jedoch die selbst und ihre Gesundheit auszubeuten. Diese sogenannte selbstständige, also weisungsungebundene Ausübung einer „interessierte Selbstgefährdung“ (siehe Infokasten) führt Tätigkeit ohne eigene Mitarbeitende (Kunz, o. J.). dazu, dass Soloselbstständige über den üblichen Acht-Stun- den-Tag hinaus in ihrer Freizeit, nach Feierabend, am Wochen- ende und im Urlaub arbeiten. 8 | iga.Report 46
Selbst und ständig? Nachfolgend werden zur genaueren Abgrenzung die einzelnen kommen, sondern unterschiedliche Auftraggebende. Sie han- Arbeitsformen kurz erläutert: deln selbstbestimmt und eigenverantwortlich. - Arbeitnehmende (auch: abhängig Beschäftigte) führen eine vertraglich geregelte Haupttätigkeit in einem abhän- Unfallversicherung und Arbeitsschutz gigen Arbeitsverhältnis für einen Arbeitgebenden aus selbst organisieren (Statistisches Bundesamt, o. J.). Der Begriff bezeichnet Anders als angestellt Beschäftigte sind Soloselbstständige – Personen in wirtschaftlicher Unselbstständigkeit wie Arbei- bis auf wenige Ausnahmen – nicht in der gesetzlichen Unfall- terinnen und Arbeiter sowie Angestellte (§ 5 ArbGG). versicherung (pflicht-)versichert (siehe www.dguv.de, Webcode - Selbstständige sind Personen, die im Wesentlichen frei d1660, bzw. §§ 2–6 SGB VII). Sie müssen Präventionsleistun- ihre Tätigkeit gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen gen zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit meist selbst können (§ 84 Abs. 1 S. 2 HGB). Sie gehen demnach organisieren und finanzieren. Zudem tragen sie im Vergleich weisungsungebunden einer Erwerbstätigkeit nach (Becher, zu Selbstständigen mit Mitarbeitenden in der Regel ein höhe- 2021). Nach Einkommenssteuergesetz bestimmt die Art res unternehmerisches Risiko (Statistisches Bundesamt, der Tätigkeit, ob Selbstständige als Freiberufler und Frei 2020b). Selbstständige, die auf sich allein gestellt sind, befin- beruflerinnen oder Gewerbetreibende einzuordnen sind. den sich häufig in der Aufbauphase ihres Unternehmens. Sie - Soloselbstständige sind Selbstständige ohne eigene müssen dabei oft mit ökonomischer Instabilität und Unsicher- Angestellte, die ihre Dienstleistungen für Unternehmen in heit rechnen, da Arbeitsausfälle nicht kompensiert werden Projekten von unterschiedlicher Dauer erbringen (Deut- können. sche Gesetzliche Unfallversicherung, 2016). Das Statisti- sche Bundesamt versteht darunter Selbstständige ohne Der Entschluss, selbstständig zu arbeiten, ist meistens freiwil- Beschäftigte, die ihre Beiträge zur Kranken- und Renten- lig. Nur etwa 1,6 Prozent der Soloselbstständigen fühlen sich versicherung eigenverantwortlich finanzieren müssen in die Selbstständigkeit gedrängt (Günther & Marder-Puch, (Statistisches Bundesamt, 2020b). Oft werden sie auch als 2019). Sicherlich haben aufgrund des lange Zeit florierenden Freelancer bezeichnet. Arbeitsmarktes auch viele ehemalige Selbstständige in eine - Etwas komplizierter gestaltet sich die Abgrenzung zu abhängige Beschäftigung gewechselt (Brenke, 2015). neuen Berufsfeldern. Finanzämter und die Rechtsprechung stehen vor der Herausforderung, beispielsweise Tätigkeiten Zwischen Prekariat und Selbstverwirklichung wie die der IT-Fachleute einzuordnen. Bisherige Untersuchungen zeigen, dass sich Soloselbstständi- ge „zwischen Prekarität und Selbstverwirklichung bewegen“ (Hünefeld et al., 2018, S. 421). Es fehlen aussagekräftige Infor- Scheinselbstständigkeit mationen, „welche spezifischen Faktoren die Arbeits- und Ge- sundheitssituation von Solo-Selbstständigen bestimmen und Eine Sonderform der Selbstständigkeit ist die Schein- wieviel Gestaltungsmöglichkeiten Solo-Selbstständige hin- selbstständigkeit. Als scheinselbstständig gelten sichtlich ihrer eigenen Arbeits- und somit auch Gesundheitssi- Erwerbstätige, die zwar (freiwillig oder auf Drängen der tuation haben“ (ebenda) – insbesondere bei der Arbeitszeit. beauftragenden Person oder Organisation) den Status eines/einer Selbstständigen beanspruchen, deren Schwankungen der Auftragslage und damit mangelnde Kon Beschäftigung aber tatsächlich der einer oder eines trolle über Arbeitsbelastung und Einkommen stellen ein fun- Arbeitnehmenden ohne feste Anstellung entspricht damentales Risiko für nahezu alle Soloselbstständigen dar. Die (IHK Hannover, 2008). individuelle Arbeitszeit fungiert dabei als wichtigster Puffer, mit dem sowohl Unterauslastung als auch temporäre Über- auslastung bewältigt werden müssen (Pröll, 2008). Selbstbestimmt und eigenverantwortlich Soloselbstständige sind also Personen, die ohne eigene Mit Bei der Betrachtung der Arbeitszeit von Soloselbstständigen arbeitende nicht fest angestellt arbeiten und ihre Arbeitszeit wird in diesem Report nicht gesondert auf die Gruppe der frei bestimmen können. Für Selbstständige entfällt zumeist die Scheinselbstständigen eingegangen, da es sich um eine illega- Sozialversicherungspflicht für Renten-, Arbeitslosen- und le Form der Beschäftigung handelt. Im Fokus stehen die Solo- Unfallversicherung. Zudem haben sie kein regelmäßiges Ein- selbstständigen, die auf legale Art und Weise ihre Beschäfti- iga.Report 46 | 9
Selbst und ständig? gung ausführen, jedoch weit weniger gesetzlichen Schutz im selbstständigen lag der Anteil bei 13,2 Prozent. Sie können Rahmen von Sicherheit und Gesundheit genießen als ange- also nur zum Teil ihre Arbeitssituation gestalten (Hünefeld stellt Beschäftigte. et al., 2018). Längere Arbeitszeiten als abhängig Beschäftigte 1.3 Soloselbstständige und Herausragender Belastungsfaktor ist die Länge der Arbeitszeit, flexible Arbeitszeiten die bei Soloselbstständigen im Schnitt deutlich über dem Durchschnitt der abhängig Beschäftigten liegt (Brenke & Bez- noska, 2016). Zudem arbeiten Soloselbstständige im Vergleich Oft zufriedener als angestellt Beschäftigte zu abhängig Beschäftigten häufiger am Wochenende und Es gibt bereits Untersuchungen über Motivation und Arbeits- haben mehr Pausenausfall (Kottwitz et al., 2019). Sie arbeiten zufriedenheit von Selbstständigen und Soloselbstständigen: also häufiger unter gesundheitskritischen Bedingungen. Trotz durchschnittlich geringeren Verdienstes und häufig längerer Arbeitszeiten sind Selbstständige allgemein zufriede- Bewertung durch „total workload“ ner mit ihrer Arbeit als angestellt Beschäftigte (Cholotta & Zugleich zeichnet sich ab, dass dem Faktor Arbeitszeit eine Drobnič, 2011). Wie auch bei abhängig Beschäftigten hängt wichtige Indikatorfunktion für das jeweilige Niveau der (psy- die Arbeitszufriedenheit besonders mit der Sicherheit des Ar- chischen) Arbeitsbelastung, der Qualität des Verhältnisses von beitsplatzes und dem positiven Selbstkonzept hinsichtlich der beruflicher zu außerberuflicher Lebenswelt sowie für arbeits- unternehmerischen Tätigkeit zusammen. Eine weniger wichti- bezogene gesundheitliche Folgen zukommt. Dies gilt vor allem ge Rolle spielen das Einkommen und der soziodemografische nach dem in Skandinavien entwickelten Konzept des „total Hintergrund. workload“ (Ertel & Pröll, 2004), das die Summe aus erwerbs- bezogener Arbeitszeit und der für Haushalt und Erziehung auf- Korrelation von Unsicherheit und psychosomatischen gewendeten Zeit berücksichtigt. Beschwerden Es gibt aber auch Untersuchungen, in denen das positive In einer Studie unter Selbstständigen im Medienbereich wur- Selbstkonzept infrage gestellt wird. Eine Studie von Clasen den die genannten Variablen untersucht. Tabelle 1 (S. 11) setzt (2012) zeigte, dass Freelancer durchschnittlich zwischen 45 die nach dem Konzept des total workload definierte wöchent- und 65 Stunden pro Woche arbeiteten. Sie erzielten einen liche Gesamtarbeitszeit der befragten Soloselbstständigen mit durchschnittlichen Brutto-Jahresgewinn zwischen 15.000 und chronischem Stress, Erholungsunfähigkeit und den gesund- 25.000 Euro. Die Korrelationsanalysen bei Clasen ergaben Zu- heitlichen Sorgen (die subjektive Gesundheitsperspektive als sammenhänge von Einkommensunsicherheit, auftraggeber Kombination aus aktuellem und künftig erwartetem Gesund- bezogenen Stressoren (z. B. überzogene Forderungen), Zeit- heitsstatus) in Beziehung. Dabei zeigt sich, dass mit der Dauer druck sowie Unsicherheit (z. B. durch unklare Aufträge) auf der der wöchentlichen Gesamtarbeitszeit der Anteil der Freelancer einen Seite und psychosomatischen Beschwerden, Irritationen mit chronischem Stress, Erholungsunfähigkeit und gesundheitli- sowie geringer Arbeitsfreude auf der anderen Seite. chen Sorgen von der untersten zur höchsten Arbeitszeitkatego- rie ansteigt. Diese Veränderungen waren statistisch signifikant. Flexible Arbeitszeiten als wichtiges Motiv Wichtiger sind dagegen Aspekte wie die Work-Life-Balance Wie flexibel sind Soloselbstständige wirklich? (Süß & Saya, 2011) sowie die Dauer und Lage der Arbeitszei- Vor dem Hintergrund dieser Befunde liegt die Frage nahe, wie ten. Flexible Arbeitszeiten scheinen häufig ein Motiv für Soloselbstständige ihre Arbeitszeit gestalten und wie flexibel Selbstständigkeit zu sein. Die Auswertung der EU-Arbeitskräf- sie dabei sind. Räumliche und zeitliche Flexibilität bieten teerhebung inklusive dem Ad-Hoc-Modul „Selbstständigkeit“ dabei große Chancen der individuellen Gestaltung zum Wohle zeigt, dass 88,9 Prozent der Selbstständigen ihre Arbeitszeit der Soloselbstständigen. Mögliche Zwänge und Abhängig selbst festlegen (Günther & Marder-Puch, 2019). Verglichen keiten können die Freiheit dieser Flexibilität jedoch stark ein- mit Selbstständigen mit Beschäftigten hatten Soloselbststän- schränken. dige einen geringeren Einfluss auf die Festlegung der Arbeits- zeiten: Lediglich 8,4 Prozent der Selbstständigen mit Personal hatten keinen Einfluss auf ihre Arbeitszeit, unter den Solo- 10 | iga.Report 46
Selbst und ständig? Tabelle 1: Arbeitszeit (total workload), Stress und Gesundheit bei Freelancern der Medienbranche (Quelle: Ertel & Pröll, 2004, S. 8) Gesamtarbeitszeit (erwerbsbezogen und Chronischer Stress Erholungsunfähigkeit Gesundheitliche Sorge außerberuflich) pro Woche < 50 Std. 9% 20 % 23 % 50–69 Std. 29 % 36 % 40 % > 69 Std. 30 % 57 % 47 % 2 Methode 2.1 Vorbereitung zur Untersuchung: Lesetipp Wie flexibel gestalten Soloselbstständige ihre Arbeitszeit? New Work steht für neue Anforderungen in der Arbeitswelt und eine daraus resultierende innovative Gestaltung der Arbeit. Treiber dieser Transformation Dimensionen der Veränderung sind der demografische Wandel, die Globalisierung, die Um sich ein besseres Bild von den grundlegenden Veränderun- Digitalisierung und der Wertewandel. Nach dem gen der traditionellen Arbeitswelt zu machen, hat iga im The- Begriffsverständnis in iga finden Veränderungen vor menschwerpunkt New Work eine Reihe von Projekten initiiert. allem in den drei Dimensionen People, Place und Darin werden einzelne Veränderungsdimensionen betrachtet, Technology statt. um den mit New Work einhergehenden kulturellen Wandel zu beschreiben. Die Ergebnisse der Projekte sollen Fachleuten Ausführlich erläutert wird der Begriff New Work im von Kranken- und Unfallversicherung Veränderungsprozesse iga.Report 44 „Evolution der Unternehmens- und aufzeigen und dabei helfen, neue Ansätze für die Prävention Arbeitsorganisation“ (Kozika et al., 2021) ab Seite 9. und Betriebliche Gesundheitsförderung zu entwickeln. www.iga-info.de > Veröffentlichungen > Schwerpunktsetzung iga.Reporte > iga.Report 44 Mit der vorliegenden Studie soll vor allem der Frage nachge- gangen werden, wie flexibel Soloselbstständige ihre Arbeit gestalten und wie ihnen Prävention einschließlich entspre- chender Maßnahmen nahegebracht werden kann. iga.Report 46 | 11
Selbst und ständig? 2.2 Fragebogenentwicklung Grundlage für Präventionsangebote Für die gesetzlichen Krankenversicherungen soll das Ergebnis die Grundlage für ein präventives Angebot für selbstständig Die Bestandsaufnahme startete mit einer Literaturrecherche. arbeitende Menschen schaffen. Dies soll die Vorsorge für die Sie sollte helfen, das Phänomen Soloselbstständigkeit im Zu- Versicherten verbessern und somit Kosten von Erkrankungen sammenhang mit Arbeitszeit besser zu verstehen. und Unfällen vermeiden helfen. Für die gesetzliche Unfallver- sicherung ist eine wichtige Frage, wie Soloselbstständige, die Im Anschluss an die Literaturrecherche wurden Soloselbst- nicht pflichtversichert sind, für eine freiwillige Versicherung ständige zu ihren Arbeitszeiten befragt. Die Informationen aus gewonnen werden können, wodurch sie an den Präventions- der Literaturrecherche und die Projektaufgabenstellung liefer- angeboten der gesetzlichen Unfallversicherung zu Sicherheit ten den Rahmen für die Konzeption des Fragebogens. und Gesundheit bei der Arbeit teilhaben könnten. Im Einzelnen sollten folgende Aspekte untersucht werden: – Nach welchen Kriterien gestalten Soloselbstständige ihre Der Fragebogen Arbeitszeit? – Wie stark ist ihre Sicherheits- und Gesundheitskompetenz Der Fragebogen wurde so gestaltet, dass er mithilfe ausgeprägt? eines Online-Panels beantwortet werden konnte. Die – Was tun Soloselbstständige für ihre Gesundheit? Teilnehmenden beantworteten dabei die Fragen in – Wie lassen sich Anbieter von Coworking Spaces in insgesamt vier Abschnitten: ein mögliches Präventionsprogramm einbinden? 1. In dem Abschnitt „Allgemeine Angaben“ sollte festgestellt werden, ob die Befragten zur Zielgruppe Soloselbstständiger (Selbstständige ohne Angestell- Coworking te) gehören. Erfasst wurden ebenso Alter und Geschlecht. Coworking (dt. zusammen arbeiten) beschreibt eine 2. Der zweite Abschnitt bildete den Kern der Befra- neue Arbeitsform, bei der „Personen einen Ort zum gung, in dem es um Fragen zu Arbeitszeit und -ort gemeinsamen Arbeiten nutzen können, auch wenn sie ging. meist unabhängig voneinander eigene Aufgaben 3. Im Abschnitt „Arbeitsfähigkeit“ wurde die Kenntnis, bearbeiten und für unterschiedlich lange Zeiträume die Inanspruchnahme und Bewertung von Maßnahmen Räumlichkeiten teilen“ (Deutsche Gesetzliche Unfall- zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit erfragt. Ihm versicherung, o. J. b). Wissen kann ausgetauscht und wurde die Erklärung vorangestellt, dass Arbeitsfä- kreatives Potenzial ausgeschöpft werden, wodurch higkeit als Fähigkeit einer Person verstanden wird, insgesamt voneinander profitiert werden kann. In den die Anforderungen der eigenen Arbeit (wie Gestal- Coworking Spaces wird neben Arbeitsplätzen auch tung des Arbeitsortes und Arbeitsumfangs) sowohl weitere Infrastruktur wie beispielsweise schnelles physisch als auch psychisch zu bewältigen. Internet, Drucker und Besprechungsräume geboten. 4. Die Befragung endete mit Fragen zum eigenen Gesundheitsverhalten. Dazu zählen unter anderem der Einfluss der Arbeit auf die eigene Gesundheit, Zusätzlich sollte die Befragung beantworten, wie eine sinnvol- die Beachtung dieser während der Arbeitszeit und le Prävention hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung von Solo- im Alltag sowie zufriedenstellende und herausfor- selbstständigen aussehen könnte und welche Maßnahmen dernde Aspekte der Soloselbstständigkeit. und Qualifizierungen für diese Gruppe zielführend sind. Die Motive der Zielgruppe, sich mit Themen der Sicherheit und Ge- Den gesamten Fragebogen finden Sie im Anhang A1. sundheit bei der Arbeit auseinanderzusetzen, sollten sichtbar werden. 12 | iga.Report 46
Selbst und ständig? 2.3 Testumfrage Fragen verständlicher zu formulieren. Zudem bestätigten sich in der Auswertung der Online-Umfrage viele der ersten Ergeb- nisse aus der Testumfrage. Zur Sicherstellung der Datenqualität wurde mittels einer Test- umfrage geprüft, ob die Fragen und die Antwortmöglichkeiten für die Zielgruppe verständlich sind. Des Weiteren wurde ge- 2.4 Studienbeschreibung prüft: Wurden bei den Antwortvorgaben alle Optionen ausge- schöpft? Kann direkt nach dem Sachverhalt gefragt werden? Besteht das Risiko der Antwortverweigerung oder Antwortver- Mit dem so erstellten Fragebogen wurde eine Online-Befra- fälschung, beispielsweise durch soziale Erwünschtheit? gung durchgeführt, deren Bearbeitung circa 15 Minuten in Anspruch nahm. Die Teilnehmenden wurden zunächst auf ihre Die Erhebung erfolgte mit einer kleinen Gruppe von vier Solo- Passung zur Zielgruppe überprüft und dann über ein Online selbstständigen aus vier Branchen (Grafikdesign, Messbera- Access Panel (durchgeführt durch das Marktforschungsinsti- tung, Schauspiel, Werbung). In individuellen Interviews wurde tut eye square GmbH) zur Befragung eingeladen. Zugelassen geklärt, ob und bei welchen Fragen Schwierigkeiten bestanden. wurden 802 Personen, die zum Zeitpunkt der Umfrage anga- ben, selbstständig oder freiberuflich tätig zu sein und keine Obwohl die Testgruppe keinesfalls repräsentativ für die Grup- Angestellten zu beschäftigen. pe der Soloselbstständigen war, trug der Testlauf dazu bei, die 3 Allgemeine Angaben 3.1 Beschreibung der Stichprobe Alter 2% Soziodemografische Daten Knapp 60 Prozent der Befragten sind männlich. Im Mittel sind 13 % die Befragten 47 Jahre alt. Die jüngste befragte Person ist 19 Jahre alt, die älteste 76 Jahre. Die mit 33 Prozent größte Grup- 30 % pe bilden die 45- bis 54-Jährigen (siehe Abbildung 2). Ledig- lich zwei Prozent der Befragten sind jünger als 25 Jahre. 22 % Dauer der Soloselbstständigkeit Im Mittel sind die Befragten seit zwölf Jahren selbstständig. Mehr als die Hälfte ist weniger als zehn Jahre in dieser Form 33 % tätig, knapp ein Drittel ist schon bis zu 20 Jahren soloselbst- ständig und 16 Prozent – vor allem die Älteren – noch länger. 19 bis 24 Jahre 45 bis 54 Jahre Tätigkeitsbereiche 25 bis 34 Jahre 55 Jahre und älter Die meisten Befragten sind im Bereich Unternehmensdienst- 35 bis 44 Jahre leistung tätig (37 Prozent), gefolgt vom Kommunikations- und Informationsgewerbe (17 Prozent) und der Beratung (14 Pro- Abbildung 2: Alter der Soloselbstständigen zent). Weitere Tätigkeiten entstammen dem Versicherungs- und Finanzwesen, der Kunst, der Bildung, der Gesundheit Es zeigen sich geschlechtsspezifische Unterschiede. Der Anteil sowie dem Grundstücks- und Wohnungswesen (siehe Abbil- der Männer, die im Bereich der Beratung soloselbstständig dung 3, S. 14). tätig sind, ist mit 17 Prozent etwas höher als der Anteil der iga.Report 46 | 13
Selbst und ständig? Tätigkeitsbereich Anregungen von anderen 3% Soloselbstständigen in Abhängigkeit 4% 6% vom Alter 100 % 6% 37 % 6% 80 % 7% 63 60 % 14 % 45 17 % 39 40 % 29 27 Unternehmensdienstleistung Künstlerischer Bereich 20 % Kommunikations- und Gesundheitswesen Informationsgewerbe Grundstücks- und Beratung Wohnungswesen Versicherungs- und Finanzwesen Sonstiges 0% 19 bis 24 25 bis 34 35 bis 44 45 bis 54 55 Jahre Bildungswesen Jahre Jahre Jahre Jahre und älter Abbildung 3: Soloselbstständige nach Tätigkeitsbereich Abbildung 4: Anregungen von anderen Soloselbstständigen in Abhängigkeit vom Alter Frauen (zehn Prozent). Im Bildungswesen ist es umgekehrt 20 Jahre Soloselbstständigkeit zurückblicken kann, hat nur zu (Frauen: neun Prozent; Männer: vier Prozent). 22 Prozent ständig wechselnde Auftraggebende. Ein Drittel dieser erfahrenen Soloselbstständigen hat sich einen breiten Die Altersgruppen betreffend zeigt sich, dass 19- bis 24-Jähri- wiederkehrenden Kundenstamm aufgebaut. ge am häufigsten im Bereich des Kommunikations- und Infor- mationsgewerbes tätig sind (37 Prozent). In allen anderen Altersgruppen sind Unternehmensdienstleistungen der am 3.2 Austausch mit anderen häufigsten genannte Tätigkeitsbereich. Soloselbstständigen Anzahl der Hauptkunden und -kundinnen 71 Prozent der Befragten haben einen festen Kundenstamm 46 Prozent der Befragten stehen in keinem oder seltenem Aus- (37 Prozent: zwei bis neun Auftraggebende; 23 Prozent: zehn tausch zu anderen Soloselbstständigen. 36 Prozent arbeiten oder mehr Auftraggebende), wovon allerdings elf Prozent nur hingegen mit anderen Soloselbstständigen zusammen an Pro- aus einer Quelle Aufträge erhalten. Die restlichen Soloselbst- jekten, 33 Prozent holen sich, z. T. im Rahmen dieser Zusam- ständigen – fast 30 Prozent – haben wechselnde Auftragge- menarbeit, Anregungen zu ihrer Arbeit von anderen Solo- bende, so dass von keinem festen Kundenstamm die Rede sein selbstständigen. Je älter die Soloselbstständigen sind, desto kann. weniger arbeiten sie mit anderen zusammen an Projekten. Ein ähnliches Bild zeigt sich für den Austausch in Form von Anre- Die Dauer der Soloselbstständigkeit korreliert signifikant mit gungen, der ebenfalls mit zunehmendem Alter abnimmt (siehe der Anzahl der Hauptauftraggebenden (r (795) = .167, p < .001). Abbildung 4). Der Anteil der Personen, die eine stetig wechselnde Kund- schaft und somit keine Hauptauftraggebenden haben, ist unter den Soloselbstständigen mit weniger als fünf Jahren Er- fahrung am höchsten (38 Prozent). Wer hingegen auf mehr als 14 | iga.Report 46
Selbst und ständig? Austausch mit anderen 100 % Zusammenarbeit an Projekten 80 % Anregungen von anderen Soloselbstständigen Kein/seltener Austausch mit 60 % anderen Soloselbstständigen 40 % 20 % 0% Bis zu 5 Jahre 6 bis 10 Jahre 11 bis 20 Jahre Mehr als 20 Jahre Soloselbstständigkeit Soloselbstständigkeit Soloselbstständigkeit Soloselbstständigkeit Abbildung 5: Austausch mit anderen in Abhängigkeit von der Länge der eigenen Soloselbstständigkeit Ebenso wie das Alter hängt auch die Dauer der Soloselbst- Insgesamt zeigt sich keine eindeutige Tendenz im Zusammen- ständigkeit mit dem Austausch mit anderen Soloselbstständi- hang von Austausch und Länge der eigenen Soloselbst gen zusammen (siehe Abbildung 5): Die Dauer korreliert signi- ständigkeit: Während Soloselbstständige mit unter fünf Jahren fikant negativ mit dem gesamten Anteil derjenigen, die sich Erfahrung verhältnismäßig viel Austausch in Form von Anre- mit anderen Soloselbstständigen austauschen (Abbildung 5, gungen suchen, sinkt dieser Anteil in der Gruppe „sechs bis dunkelblaue L inie, r (795) = -.184, p < .001). So scheint der zehn Jahre“ deutlich und bleibt mit zunehmender Erfahrung Austausch am Anfang der Soloselbstständigkeit am wichtigs- auf diesem Niveau. Der Verlauf der Zusammenarbeit mit ande- ten zu sein. Fast die Hälfte der Befragten, die sich in den ers- ren Soloselbstständigen an gemeinsamen Projekten sieht et- ten fünf Jahren ihrer Soloselbstständigkeit befinden, holt sich was anders aus: Die Zusammenarbeit ist in der Gruppe „sechs mindestens wöchentlich Anregungen von anderen Soloselbst- bis zehn Jahre“ am geringsten (30 Prozent) und steigt mit zu- ständigen, ab dem sechsten Jahr sind es nur noch 28 Prozent. nehmender Erfahrung wieder an. Trotzdem fällt auf, dass unter den Einsteigern und Einsteige- rinnen 37 Prozent gar keinen Austausch mit anderen Solo- selbstständigen suchen. iga.Report 46 | 15
Selbst und ständig? 4 Zeit und Ort 4.1 Arbeitsstunden Männer arbeiten häufig mehr als Frauen Bezogen auf die Arbeitstage in der Woche zeigen sich Unter- schiede zwischen den Geschlechtern – soloselbstständige 4.1.1 Arbeitsstunden in der Woche Männer arbeiten häufig mehr als Frauen. So ist der Anteil der soloselbstständigen Frauen, die weniger als fünf Tage in der Im Schnitt eine 5,4-Tage-Woche Woche arbeiten, mit 19 Prozent doppelt so hoch wie der Anteil Durchschnittlich arbeiten Soloselbstständige 5,4 Tage pro Wo- bei den Männern (neun Prozent). Ein ähnliches Bild zeigt sich che (39 Prozent an fünf Tagen, 32 Prozent an sechs Tagen und bei den Wochenstunden. Während die Hälfte der Männer 16 Prozent täglich). Lediglich 13 Prozent nehmen seltener als durchschnittlich über 40 Stunden in der Woche arbeitet, sind an fünf Tagen in der Woche ihre Arbeit auf. Die Mehrheit es nur 29 Prozent bei den Frauen. Diese Geschlechtsunter- (60 Prozent) nutzt dafür auch Tage am Wochenende. schiede in der Arbeitszeit pro Woche zeigen sich konsistent in allen Altersgruppen. Mehr Wochenarbeitsstunden als abhängig Beschäftigte 58 Prozent der Soloselbstständigen arbeiten maximal 40 Stun- Besonderheiten in der Arbeitszeitverteilung den pro Woche. 42 Prozent arbeiten 41 Stunden und mehr junger Soloselbstständiger (siehe Abbildung 6). Zur Einordnung: Bei abhängig Beschäftig- Nur in der Altersgruppe der 19- bis 24-Jährigen arbeiten alle ten in Deutschland lag im Jahr 2018 die durchschnittliche Befragten an mindestens vier Tagen in der Woche jeweils acht Wochenarbeitszeit bei 41 Wochenstunden (Statistisches Bun- Stunden. Knapp die Hälfte von ihnen nutzt dafür auch Tage am desamt, 2019). Wochenende. Anderen Altersgruppen gelingt es noch seltener (38 Prozent), das Wochenende arbeitsfrei zu halten. Etwa ein Drittel der Befragten, die 41 Stunden und mehr arbeiten, verteilt die Arbeit auf fünf oder fünfeinhalb Tage, Jedoch gehen von den jüngsten Befragten auch 25 Prozent an 45 Prozent auf sechs bis sechseinhalb Tage; 22 Prozent von sieben Tagen der Woche ihrer Tätigkeit nach (Ältere: 15 Pro- ihnen geben an, gar keinen arbeitsfreien Tag zu haben. zent). Fast ein Drittel (32 Prozent) der Jüngsten gibt zudem an, insgesamt mehr als 50 Stunden pro Woche zu arbeiten. Unter den Älteren trifft das auf jede vierte Person (20 Prozent) zu. Arbeitsstunden pro Woche Arbeitszeitbelastung steigt mit Dauer der Soloselbstständigkeit 6% Die Aufbauphase der Soloselbstständigkeit scheint nicht mit 13 % einer besonders hohen Arbeitszeitbelastung einherzugehen. 28 % Im Gegenteil: Die Arbeitszeitbelastung nimmt mit zunehmen- der Dauer der Soloselbstständigkeit zu. Befragte, die seit über 20 Jahren soloselbstständig sind, arbeiten am häufigsten 23 % mehr als 40 Stunden pro Woche (61 Prozent). Im Grundstücks- und Wohnungswesen 30% % 17 die meisten Stunden Betrachtet man den Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und Branche, fällt das Grundstücks- und Wohnungswesen auf. Wer dort tätig ist, kommt häufiger als Soloselbstständige anderer Weniger als 30 Stunden 51 bis 60 Stunden Tätigkeitsbereiche auf mehr als 40 Stunden in der Woche 30 bis 40 Stunden Mehr als 60 Stunden 41 bis 50 Stunden (54 Prozent). Im Bildungsbereich (14 Prozent) und im Gesund- heitswesen (19 Prozent) hingegen wird eher selten so lange Abbildung 6: Arbeitsstunden pro Woche gearbeitet. 16 | iga.Report 46
Selbst und ständig? 4.1.2 Arbeitsstunden pro Tag Personen mit elf bis 20 Jahren Erfahrung mit Soloselbst- ständigkeit). Gleiches gilt für die Wochenarbeitsstunden. Auch Acht-Stunden-Tag ist die Regel hier ist der Anteil derjenigen, die mehr als 40 Stunden pro Wo- Mehr als die Hälfte der Soloselbstständigen (54 Prozent) che arbeiten, unter den sehr erfahrenen Soloselbstständigen kommt auf eine tägliche Arbeitszeit von mindestens acht am höchsten (60 Prozent im Vergleich zu 38 Prozent, 40 Pro- Stunden, immerhin 38 Prozent geben ein tägliches Arbeitsvo- zent und 38 Prozent). lumen von vier bis sieben Stunden an. Lediglich acht Prozent arbeiten weniger als vier Stunden täglich (siehe Abbildung 7). Dabei zeigen sich erneut deutliche Unterschiede zwischen 4.1.3 Kernarbeitszeit pro Tag Männern und Frauen. Während 63 Prozent der Männer min- destens acht Stunden pro Tag arbeiten, sind es bei den Frauen Mehrheitlich regelmäßige Arbeitszeiten 42 Prozent. Ein Ausreißer nach oben zeigt sich mit 55 Prozent Weniger als die Hälfte der Befragten (44 Prozent) gibt an, bei den Frauen in der Altersgruppe 25 bis 34 Jahre. keine regelmäßigen Arbeitszeiten zu haben. Soloselbstständi- ge mit festen Zeiten beginnen ihren Arbeitstag mehrheitlich Bezüglich der Anzahl der Arbeitsstunden zeigt sich eine Be- vor zehn Uhr (64 Prozent). Der Arbeitstag endet für 39 Prozent sonderheit in der Gruppe derer, die bereits länger als 20 Jahre vor 18 Uhr, für gut ein Drittel der Befragten (34 Prozent) zwi- soloselbstständig sind: Der Anteil derjenigen, die mehr als schen 18 und 20 Uhr. acht Stunden pro Tag arbeiten, ist in dieser Gruppe deutlich größer als in den anderen Gruppen (70 Prozent im Vergleich Jüngere bevorzugen „Spätschichten“ zu 49 Prozent in der Einstiegsgruppe, 52 Prozent unter den Für 27 Prozent der Soloselbstständigen mit regelmäßigen Personen mit sechs bis zehn Jahren und 53 Prozent unter den Arbeitszeiten ist erst nach 20 Uhr Schluss. Das gilt insbesonde- re für die 19- bis 24-Jährigen. Sie beginnen ihr Tagwerk zu 37 Prozent nach elf Uhr, und viele arbeiten auch noch nach Arbeitsstunden pro Tag 20 Uhr (40 Prozent). Gesamt Männer Frauen 100 % 4.1.4 Pausen Regelmäßige Pausen sind eher selten 80 % Für knapp zwei Drittel (64 Prozent) der Soloselbstständigen gibt es an einem durchschnittlichen Arbeitstag keine regel mäßigen Pausen. Dies gilt insbesondere für die Gruppe der 19- bis 24-Jährigen, von denen sogar 74 Prozent keine regel 60 % mäßigen Pausen machen. 45 Diejenigen, die regelmäßig Pausen wahrnehmen, tun dies zu- 40 % 38 meist ein- bis zweimal pro Tag (62 Prozent). Knapp 30 Prozent 33 33 gönnen sich drei bis vier Pausen, acht Prozent sogar fünf bis 29 27 sechs. 25 22 20 % Ob Pausen genommen werden, hängt mit der Anzahl der Ar- 13 14 beitsstunden pro Tag zusammen. Befragte mit weniger als vier 8 4 3 3 3 Stunden täglicher Arbeitszeit geben häufiger an, keine regel- 0% mäßigen Pausen (78 Prozent) zu machen, als Befragte mit Weniger als Zwischen Zwischen Zwischen 13 Stunden 4 Stunden 4 und 7 8 und 9 10 und 12 und mehr einer Arbeitszeit von vier bis zwölf Stunden (62 Prozent). Eine Stunden Stunden Stunden besondere Belastung zeigt sich für Soloselbstständige, die durchschnittlich mehr als 13 Stunden am Tag arbeiten. Zusätz- Abbildung 7: Arbeitsstunden pro Tag (gesamt und getrennt lich zu der hohen Arbeitszeitbelastung gibt diese Gruppe näm- nach Geschlecht) lich am häufigsten an, keine regelmäßigen Pausen (80 Pro- iga.Report 46 | 17
Selbst und ständig? Beschäftigungen in der arbeitsfreien Zeit Erledigungen im Haushalt (z. B. Putzen, Einkäufe) 83 Gespräche, soziale Kontakte 67 Bewegung/Sport 65 Ausruhen, Schlaf 53 (keine Nachtruhe) Andere Beschäftigungen (z. B. Fernsehen, Hobbies) 39 Reisen 31 Kinderbetreuung/ 18 Pflege von Angehörigen 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Abbildung 8: Beschäftigung in der arbeitsfreien Zeit zent) zu nehmen. Die Hälfte dieser Risikogruppe machen die Betreuung als Aufgabe im mittleren Alter 45- bis 54-Jährigen aus, wobei sich bezüglich des Geschlechts Unter den 35- bis 44-Jährigen wird mit einem Anteil von keine Unterschiede zeigen. knapp 40 Prozent häufiger Zeit für die Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen aufgewendet als in den anderen 4.1.5 Erholungszeit Altersgruppen. Über die anderen Altersgruppen hinweg sind es zwölf Prozent. Weniger als einen Tag Erholung Soloselbstständige nehmen sich weniger als einen Tag in der Abschalten fällt schwer Woche Zeit für Erholung (0,62 Tage). Für 64 Prozent der Solo- In ihrer Erholungszeit denken 84 Prozent der Befragten zumin- selbstständigen gibt es keine regelmäßigen Erholungstage. dest gelegentlich an ihre Arbeit, jede fünfte befragte Person Etwa jede dritte befragte Person nimmt sich 1,5 bis 2,5 Tage tut dies sogar in mehr als der Hälfte der eigentlich freien Zeit Zeit für Privates. Wer weniger als vier Stunden am Tag arbeitet, (siehe Abbildung 9, S. 19). Dies wird jedoch von zwei Dritteln verzichtet meist ganz auf freie Tage (82 Prozent). aller Befragten als nicht belastend empfunden. Knapp die Hälfte der Befragten (48 Prozent) plant ihre Erho- 25- bis 34-Jährige empfinden höchste Belastung lungszeit am Wochenende ein. Eine Ausnahme stellen die 25- bis 34-Jährigen dar – hier wer- den Gedanken an die Arbeit von etwa der Hälfte als belastend Vielfältige Beschäftigung in der arbeitsfreien Zeit empfunden. Diese höhere Belastung korreliert mit der gerin- Ihre arbeitsfreie Zeit nutzen die meisten Soloselbstständigen gen Berufserfahrung und dem Aufbau eines Kundenstammes. für Erledigungen im Haushalt (siehe Abbildung 8). Frauen ge- So ist der Anteil derjenigen, die seit weniger als fünf Jahren ben signifikant häufiger an, ihre Erholungszeit für Erledigun- soloselbstständig sind, in dieser Altersgruppe mit 65 Prozent gen im Haushalt zu nutzen (Frauen: 88 Prozent, Männer: hoch. Etwa jede dritte befragte Person hat in dieser Phase 80 Prozent; Χ 2 (2) = 11.78, p < 0.05). Häufige Freizeitbeschäf- noch keine festen Auftraggebenden (36 Prozent). Auch fühlen tigungen sind außerdem soziale Kontakte (67 Prozent) und sich in dieser Altersgruppe überdurchschnittlich viele Personen Bewegung beziehungsweise Sport (65 Prozent). in ihrer Arbeit mit Herausforderungen konfrontiert (90 Prozent gegenüber 83 Prozent in der Gesamtstichprobe). 18 | iga.Report 46
Selbst und ständig? Gedanken an die Arbeit in der Erholungszeit Urlaubstage im Jahr 9% 16 % 19 % 12 % 58 % 30 % 18 % 21 % 47 % Ja, mehr als die Hälfte der Zeit Mehr als 20 Tage Ja, die Hälfte der Zeit 10 bis 19 Tage Ja, weniger als die Hälfte der Zeit 1 Tag bis 9 Tage Nein, gar nicht Kein Urlaub Abbildung 9: Denken Sie während Ihrer Erholungszeiten Abbildung 10: Urlaubstage im Jahr (Erholungstage, Urlaub) an Ihre Arbeit? Soloselbstständige mit geringer Arbeitszeit denken 4.1.6 Urlaubstage seltener an die Arbeit Im Vergleich zur Gesamtstichprobe denken Soloselbstständi- 22,6 Urlaubstage im Jahr ge, die weniger als vier Stunden pro Tag arbeiten, in ihrer Er- Im Durchschnitt nehmen die Soloselbstständigen 22,6 Ur- holungszeit signifikant seltener an die Arbeit (Teilstichprobe: laubstage im Jahr – das liegt unter dem Durchschnitt der Be- 71 Prozent; Gesamtstichprobe: 84 Prozent, Χ 2 (1) = 9.26, schäftigten in Deutschland, der 2019 bei 30,9 Tagen im Jahr p = 002, V = .107), sie empfinden diese Gedanken tendenziell lag (Statistisches Bundesamt, 2020c). Fast jede zehnte befrag- aber etwas häufiger als belastend (39 Prozent zu 34 Prozent). te Person nimmt gar keinen Urlaub (siehe Abbildung 10). Die Dieser Häufigkeitsunterschied ist jedoch nicht signifikant. Anzahl der Urlaubstage nimmt mit den Jahren zu und ab dem 35. Lebensjahr wieder ab. Meist ausgeschlafen 71 Prozent der Soloselbstständigen haben das Gefühl, ausrei- Reisen, Bewegung und Sport häufigste chend zu schlafen. Der größte Anteil der Personen, die ausrei- Urlaubsaktivitäten chend Schlaf berichten, findet sich mit jeweils 78 Prozent un- Wenn Urlaub ansteht, geht die Gruppe der Befragten zumeist ter den unter 24- und über 55-Jährigen. Über zu wenig Schlaf auf Reisen (76 Prozent). Die Hälfte nutzt die Zeit auch für Be- klagt am ehesten die mittlere Altersgruppe (40 Prozent der wegung und Sport (49 Prozent) oder für soziale Kontakte 35- bis 44-Jährigen). (43 Prozent). 44 Prozent erholen sich mit Ruhe und Schlaf. Gleiche Muster wie im Freizeitverhalten In der Urlaubszeit zeigt sich ein ähnliches Muster wie in der übrigen freien Zeit: Soloselbstständige Frauen erledigen im Ur- laub häufiger Hausarbeit als Männer (Frauen: 36 Prozent, Männer: 27 Prozent) und die Gruppe der 35- bis 44-Jährigen betreut häufiger Kinder und Angehörige als andere Altersgrup- pen (29 Prozent im Vergleich zu durchschnittlich elf Prozent). iga.Report 46 | 19
Selbst und ständig? Überwiegender Arbeitsort In einem eigenen Arbeitszimmer/ eigenen Büro 74 Wechselnder Arbeitsplatz (z. B. in wechselnden Unternehmen, 39 bei der Kundschaft vor Ort) Unterwegs (z. B. in der Bahn, im Flugzeug, Hotel) 14 An einem flexiblen Arbeitsplatz (privat organisierte Gemeinschafts- 10 arbeitsplätze, Café) In einem Coworking Space 4 (kommerziell bzw. gegen Gebühren) 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Abbildung 11: An welchem Ort sind Sie überwiegend soloselbstständig tätig? 4.2 Arbeitsort und Mobilität Die große Mehrheit der Soloselbstständigen gibt an, überwie- gend in einem eigenen Arbeitszimmer oder einem eigenen Büro tätig zu sein (74 Prozent). Fast 40 Prozent arbeiten an wechselnden Arbeitsplätzen, beispielsweise in wechselnden Unternehmen oder bei Auftraggebenden vor Ort. Nur vier Pro- zent der befragten Personen nutzen Coworking Spaces (siehe Abbildung 11). Frauen arbeiten seltener an wechselnden Arbeitsplätzen als Männer (30 Prozent zu 46 Prozent). 5,5 Stunden pro Woche für Mobilität 77 Prozent der Soloselbstständigen sind beruflich unterwegs – im Mittel 5,5 Stunden pro Woche, Männer mit 6,5 Stunden mehr als Frauen (4,2 Stunden). 13 Prozent wenden wöchent- lich sogar zwölf Stunden und mehr für berufliche Mobilität auf. 20 | iga.Report 46
Selbst und ständig? 5 Arbeitsfähigkeit 5.1 Vermeidung von branchenüblichen – 2,1 Prozent Maßnahmen zum Erhalt der psychischen Unfällen und Verletzungen Gesundheit wie Entspannungstraining, Anti-Stress-Seminar, Meditation – 1,9 Prozent Maßnahmen zur Förderung und zum Erhalt der Befragte halten sich für kompetent Gesundheit wie Gesundheitstage, Kuren, Rehabilitation. Mit 84 Prozent gibt die überwiegende Mehrheit der Befragten an zu wissen, wie sie branchenübliche Unfälle bei ihrer Tätig- Qualität des Anbieters, Kosten und Dauer keit vermeiden können. Dies gilt unabhängig vom Geschlecht. entscheidende Kriterien Unterschiede zeigen sich lediglich bei den Altersgruppen: Wer Die Studie hat auch ermittelt, nach welchen Kriterien sich die über 55 Jahre alt ist, hält sich bezüglich der Prävention von Zielgruppe für Maßnahmen entscheidet. An erster Stelle steht Arbeitsunfällen für erfahrener (89 Prozent gegenüber 82 Pro- mit 57 Prozent der Anbieter selbst, gefolgt von Teilnahmekos- zent bei den anderen Altersgruppen). ten und Seminardauer (jeweils 47 Prozent). Passende Inhalte spielen dagegen nur für 15 Prozent die ausschlaggebende Das Wissen um die Vermeidung branchenüblicher Unfälle und Rolle. Verletzungen variiert zwischen den Tätigkeitsfeldern. Im Grundstücks- und Wohnungswesen (97 Prozent) sowie im Ge- Männer richten sich häufiger nach dem Kriterium „Anbieter“ sundheitswesen (96 Prozent) halten sich die meisten Befrag- (Frauen: 50 Prozent; Männer: 62 Prozent), Frauen achten häu- ten für versiert. Im künstlerischen Bereich ist der Anteil mit figer auf die Dauer und die Kosten der Anfahrt (Frauen: 49 Pro- 73 Prozent am geringsten. zent; Männer: 35 Prozent) sowie auf passende Inhalte (Frauen: 22 Prozent; Männer: neun Prozent). 5.2 Maßnahmen Die Auswahlfaktoren variieren je nach Alter. Für die 19- bis 24-Jährigen und die 45- bis 54-Jährigen ist am wichtigsten, wer die Maßnahme anbietet (68 Prozent bzw. 70 Prozent), für Zugeschnittene Maßnahmen nur zum Teil gewünscht die 25- bis 34-Jährigen) dagegen sind es mit 67 Prozent die Weniger als die Hälfte der Soloselbstständigen (42 Prozent) Teilnahmekosten. Für die übrigen Altersgruppen zeigt sich kein wünscht sich Maßnahmen zur Stärkung und zum Erhalt ihrer Aspekt, der bei der Auswahl besonders wichtig ist. Arbeitsfähigkeit, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. 30 Prozent sind sich unsicher und 29 Prozent wünschen sich Jüngere nehmen eher an Maßnahmen teil keine derartigen Maßnahmen. Es fällt auf, dass vor allem junge Soloselbstständige an Maß- nahmen zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit teilnehmen: Unter Die Befragten geben mit 83 Prozent mehrheitlich an, bereits den 19- bis 24-Jährigen ist der Anteil mit 29 Prozent deutlich Maßnahmen zu kennen, mit denen sich die Arbeitsfähigkeit höher als in allen anderen Altersgruppen (durchschnittlich stärken oder erhalten lässt. In Anspruch genommen hatte sie 15 Prozent). Am häufigsten haben Soloselbstständige aus dem bisher jedoch nur etwa jede sechste befragte Person (16 Pro- Gesundheitswesen und dem Beratungsbereich Angebote in zent). Dabei standen inhaltliche Maßnahmen wie Fortbildun- Anspruch genommen (27 Prozent bzw. 23 Prozent). Am gen oder Coachings ebenso hoch im Kurs wie Beiträge zur seltensten nehmen Soloselbstständige aus dem Kommuni körperlichen Fitness. Die in Anspruch genommenen Maßnah- kations- und Informationsgewerbe an Maßnahmen teil men teilen sich nach ihrer Art wie folgt auf: (neun Prozent). – 5,5 Prozent inhaltliche Maßnahmen wie Webinar, Seminar, Fortbildung, Beratung, Coaching, Speaker Event, Umschulung, IT-Seminar – 5,4 Prozent Maßnahmen zum Erhalt der körperlichen Fitness und Gesundheit wie Rückentraining, Yoga, Physiotherapie, Personal Training iga.Report 46 | 21
Selbst und ständig? Maßnahmen kommen fast immer gut an Junge Soloselbstständige suchen nicht nur häufiger Unterstüt- Die meisten Teilnehmenden (86 Prozent) beurteilen die Maß- zung, sondern sind damit auch am zufriedensten – und zwar nahme, an der sie zur Stärkung und zum Erhalt ihrer Arbeitsfä- unter den 19- bis 24-Jährigen zu 100 Prozent. Aber auch in higkeit teilgenommen haben, als hilfreich. Dabei profitierten allen anderen Altersgruppen ist die Zufriedenheit mit durch- Frauen etwas stärker als Männer (Frauen: 90 Prozent Zufrie- schnittlich 86 Prozent sehr hoch. denheit; Männer: 84 Prozent Zufriedenheit). 6 Gesundheitsverhalten 6.1 Einfluss der Arbeit auf die Gesundheit Abweichungen zur Gesamtstichprobe zeigen sich vor allem bei den 19- bis 24-Jährigen: Sie erleben die Soloselbstständig- keit mit Blick auf ihre Gesundheit seltener positiv (35 Prozent) Soloselbstständigkeit eher ein Plus für Gesundheit oder häufiger neutral (51 Prozent) als alle anderen Altersklas- Die Ausübung einer soloselbstständigen Tätigkeit wird von sen. Es kommt auch darauf an, wie lange jemand bereits solo- den Befragten eher als förderlich für die Gesundheit angese- selbstständig ist. Beträgt die Dauer weniger als fünf Jahre, hen: 47 Prozent sind der Meinung, dass die Ausführung ihrer wird der Einfluss mit 54 Prozent etwas häufiger positiv bewer- Arbeit ihre Gesundheit positiv beeinflusst, 29 Prozent sehen tet als bei längerer Soloselbstständigkeit (44 Prozent). Schließ- keinen Einfluss. Etwa ein Viertel (24 Prozent) bewertet den lich hängt auch das zeitliche Arbeitspensum mit der Einschät- Einfluss der Arbeit auf die eigene Gesundheit negativ. zung zusammen: Soloselbstständige, die weniger als vier Einfluss der Arbeit auf die Gesundheit 100 % Positiv/eher positiv Kein Einfluss Negativ/eher negativ 80 % 70 64 60 % 57 55 46 46 47 41 40 % 38 37 35 32 30 30 30 28 28 24 25 23 23 20 20 % 18 17 13 13 10 3% 0% be t- w d en en ng ch es ich be sw nd en zw s- en ge un gs ns tig ei an ng es es tu er ng u es re es un die er ns - ra nu ks- w sw Fin ru ns io ns B Be its ist ns d che So at tio g oh üc er un he le me W dst rm a ch un rsi fo nik ld nd eh ris Ve un Bi su In mu le rn Gr Ge st te m n Un Ko Kü Abbildung 12: Einfluss der Arbeit auf die Gesundheit 22 | iga.Report 46
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