Iga.Report 46 - Selbst und ständig? Arbeitszeitgestaltung und Gesundheitsverhalten von Soloselbstständigen - Initiative Gesundheit und Arbeit

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Iga.Report 46 - Selbst und ständig? Arbeitszeitgestaltung und Gesundheitsverhalten von Soloselbstständigen - Initiative Gesundheit und Arbeit
iga.Report                                                     46

                                                                               Themenschwerpunkt
                                                                                 New Work

Selbst und ständig?
                                                                         Die Initiative
                                                                         Gesundheit und Arbeit

                                                                         In der Initiative Gesundheit und
                                                                         Arbeit (iga) arbeiten gesetzliche
                                                                         Kranken- und Unfallversicherung
                                                                         zusammen, um arbeitsbedingten
Arbeitszeitgestaltung und Gesundheitsverhalten                           Gesundheitsgefahren vorzubeugen.
von Soloselbstständigen                                                  Gemeinsam werden Präventions-
                                                                         ansätze für die Arbeitswelt weiter-
                                                                         entwickelt und vorhandene Methoden
                                                                         oder Erkenntnisse für die Praxis
Thomas Fietz und Pia Wilhelm                                             nutzbar gemacht.

unter Mitwirkung von                                                     iga ist eine Kooperation von
                                                                         BKK Dachverband, der Deutschen
Miriam Becker, Liane Kuhlhoff, Sarah Schwartz und Isabella von Mengden   Gesetzlichen Unfallversicherung
                                                                         (DGUV), dem AOK-Bundesverband
                                                                         und dem Verband der
                                                                         Ersatzkassen e. V. (vdek).

                                                                         www.iga-info.de
iga.Report 46

Selbst und ständig?

Arbeitszeitgestaltung und Gesundheitsverhalten
von Soloselbstständigen

Thomas Fietz und Pia Wilhelm

unter Mitwirkung von
Miriam Becker, Liane Kuhlhoff, Sarah Schwartz und Isabella von Mengden
Inhaltsverzeichnis
1     Einleitung                                                                                                 7

1.1   Studienhintergrund                                                                                         7

1.2 Soloselbstständige                                                                                           8

1.3 Soloselbstständige und ­flexible ­Arbeitszeiten                                                             10
2     Methode                                                                                                   11

2.1 Vorbereitung zur Untersuchung: Wie ­flexibel gestalten Soloselbstständige ihre Arbeitszeit?                 11

2.2 Fragebogenentwicklung                                                                                       12

2.3 Testumfrage                                                                                                 13

2.4 Studienbeschreibung                                                                                         13
3     Allgemeine Angaben                                                                                        13

3.1 Beschreibung der Stichprobe                                                                                 13

3.2 Austausch mit anderen ­Soloselbstständigen                                                                  14
4     Zeit und Ort                                                                                              16

4.1 Arbeitsstunden                                                                                              16
      4.1.1   Arbeitsstunden in der Woche                                                                       16
      4.1.2   Arbeitsstunden pro Tag                                                                            17
      4.1.3   Kernarbeitszeit pro Tag                                                                           17
      4.1.4   Pausen                                                                                            17
      4.1.5   Erholungszeit                                                                                     18
      4.1.6   Urlaubstage                                                                                       19

4.2 Arbeitsort und Mobilität                                                                                    20
5     Arbeitsfähigkeit                                                                                          21

5.1 Vermeidung von branchenüblichen ­Unfällen und Verletzungen                                                  21

5.2 Maßnahmen                                                                                                   21
6     Gesundheitsverhalten                                                                                      22

6.1 Einfluss der Arbeit auf die Gesundheit                                                                      22

6.2 Gesundheit im Alltag                                                                                        23

6.3 Freizeitaktivitäten und soziale Kontakte                                                                    24

6.4 Krankheit                                                                                                   24

6.5 Zufriedenstellende Aspekte                                                                                  24

                                                                                                  iga.Report 46 | 5
6.6 Herausforderungen der S­ olo­selbstständigkeit                                                          25

6.7 Versicherungsträger und ­Ansprechpersonen                                                               25
7     Belastete und weniger belastete Soloselbstständige im ­Vergleich                                      26

7.1   Zusammenhang zwischen Belastung und Arbeitsmenge, Tätigkeitsbereich und Länge der Selbstständigkeit   26

7.2 Zusammenhang zwischen Belastung und Sicherheits- und Gesundheitskompetenz                               26
8     Zusammenfassung und Schlussfolgerungen                                                                28

8.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse                                                           28
      8.1.1   Allgemeine Angaben                                                                            28
      8.1.2   Arbeitszeit und Arbeitsort                                                                    28
      8.1.3   Arbeitsfähigkeit                                                                              28
      8.1.4   Gesundheitsverhalten                                                                          29
      8.1.5   Belastung durch die soloselbstständige Tätigkeit                                              29

8.2 Schlussfolgerungen für ein ziel­gerichtetes Präventionsangebot                                          30
9     Literaturverzeichnis                                                                                  32
10    Abbildungsverzeichnis                                                                                 35
11    Tabellenverzeichnis                                                                                   35
      Anhang                                                                                                37

      A1 Fragebogen für die Online-Befragung                                                                37

6 | iga.Report 46
Selbst und ständig?

1                        Einleitung

1.1                      Studienhintergrund                                                                                        Entwicklung der Anzahl von Soloselbstständigen
                                                                                                                                   Im Arbeitsmarkt sind Soloselbstständige eine interessante
                                                                                                                                   Gruppe um zu beobachten, wie sich die Qualität der Arbeit
Chancen und Risiken der Digitalisierung                                                                                            und die Quantität des Arbeitsumfangs durch neue Arbeitsfor-
Entwicklungen wie die zunehmende Digitalisierung und der                                                                           men verändern. Durch ein starkes Wachstum im Kreativsektor
damit verbundene Fortschritt industrieller Technik verändern                                                                       und einen funktionalen Wandel im Arbeitsmarkt, bei dem Be-
die Arbeitswelt gravierend. Ein Aspekt ist die hohe Flexibilität:                                                                  triebe und Behörden zwecks Kostenersparnis vermehrt Funkti-
Es besteht die Möglichkeit, zu jeder Zeit und an jedem Ort zu                                                                      onen an freiberuflich Tätige auslagern, stieg die Zahl von
arbeiten. Dabei nehmen sowohl Formen atypischer Beschäfti-                                                                         Selbstständigen bis circa 2012 kontinuierlich an (Statistisches
gung wie Teilzeitarbeit, Minijobs, Befristungen, Leiharbeit und                                                                    Bundesamt, 2020a; siehe Abbildung 1). Danach nahm die Zahl
Soloselbstständigkeit zu als auch hybride Beschäftigung im                                                                         zwischenzeitlich wieder ab. Der Arbeitsmarkt bot angesichts
Sinne kombinierter abhängiger und selbstständiger Erwerbs-                                                                         der günstigen Konjunktur oft bessere Auswahlmöglichkeiten
tätigkeit (Keller & Seifert, 2018).                                                                                                (Brenke & Beznoska, 2016).

Für die Beschäftigten in der digitalen Arbeitswelt bieten sich
sowohl Chancen als auch Risiken durch mehr Freiheiten be-
züglich Zeit und Ort ihrer Beschäftigung (Adolph et al., 2016).

                                                   Entwicklung der Zahl der Soloselbstständigen, der Selbstständigen mit Beschäftigten
                                                           und Anteil der Selbstständigen an allen Erwerbstätigen (1991–2018)

                                                                                Selbstständigenquote                 Soloselbstständige             Selbstständige mit Beschäftigten

                      3.000                                                                                                                                                                                                          25

                                                                                                                                                                                                                                          Anteil der Selbstständigen an allen Erwerbstätigen (Selbstständigenquote) in %
                                                                                                                                                                                    2.455
                      2.500
                                                                                                                                                                                                                                     20

                      2.000
                                                    1.842
    Anzahl in 1.000

                                1.654                                                                                                                                                                                                15

                      1.500
                                                                                                                                   11,2
                                 1.383
                                                           9,4                                                                                                                                                                9,6 10

                      1.000

                                                                                                                                                                                                                                     5
                       500

                         0                                                                                                                                                                                                           0
                              1991

                                     1992

                                            1993

                                                    1994

                                                           1995

                                                                  1996

                                                                         1997

                                                                                  1998

                                                                                         1999

                                                                                                2000

                                                                                                       2001

                                                                                                              2002

                                                                                                                     2003

                                                                                                                            2004

                                                                                                                                   2005

                                                                                                                                          2006

                                                                                                                                                 2007

                                                                                                                                                        2008

                                                                                                                                                               2009

                                                                                                                                                                      2010

                                                                                                                                                                             2011

                                                                                                                                                                                    2012

                                                                                                                                                                                           2013

                                                                                                                                                                                                  2014

                                                                                                                                                                                                         2015

                                                                                                                                                                                                                2016

                                                                                                                                                                                                                       2017

                                                                                                                                                                                                                              2018

Abbildung 1: Entwicklung der Zahl der Soloselbstständigen, der Selbstständigen mit Beschäftigten und Anteil der
Selbstständigen an allen Erwerbstätigen (1991–2018) [eigene Darstellung unter Verwendung von Zahlen des Statistischen
Bundes­amtes (2020a) und des IZA Research Reports No. 93 (Bonin et al., 2020)].

                                                                                                                                                                                                                       iga.Report 46 | 7
Selbst und ständig?

Betriebliche Angebote zum Gesundheitsschutz
­g­reifen nicht                                                       Interessierte Selbstgefährdung
Grundsätzlich eröffnet Selbstständigkeit immer Erwerbschan-
cen und erweitert die Autonomie der Beschäftigten „jenseits           Nach dem Konzept von K. Peters ist mit „interessierter
der Festanstellung“ (Mirschel, 2015). Aufgrund fehlender Ein-         Selbstgefährdung“ ein Verhalten gemeint, „bei dem
bindung in Unternehmensstrukturen können Soloselbstständi-            man sich selbst dabei zusieht, wie das persönliche
ge jedoch nicht von betrieblichen Angeboten zum Gesund-               Arbeitshandeln die eigene Gesundheit gefährdet – aus
heitsschutz oder zur Gesundheitsförderung profitieren. Oft fehlt      einem Interesse am beruflichen Erfolg heraus“
 es bei diesen Beschäftigungsmodellen, die kein klassisches An-       (Krause et al., 2010, S. 43). Beispiele für Verhaltens­
 gestelltenverhältnis darstellen, an (Mindest-)Standards bei der      weisen sind das Arbeiten trotz Krankheit oder an
 Bezahlung, beim Arbeitsschutz und in der Gestaltung der Ar-          Wochenenden sowie im Urlaub.
 beitszeit. Für Selbstständige (und insbesondere Soloselbststän-
 dige), die nicht dem Arbeitszeitgesetz unterliegen, kann dies
 Abweichungen von den üblichen Arbeitszeiträumen bedeuten.         Fraglich ist, ob Sicherheit und Gesundheit in dieser Arbeits-
                                                                   und Lebensphase im Fokus stehen. Personen, die keine Ange-
In einer weltweit vernetzten Arbeitswelt mit selbstständigen       stellten beschäftigen und für ihre eigene Person nicht in einer
Einzelunternehmenden hat der klassische Achtstundentag             gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind, haben kaum
ausgedient (Ruchhöft, 2014). Sowohl aufgrund von Dienstleis-       Kontakt zu Berufsgenossenschaften oder Unfallkassen. Bei Er-
tungen, die rund um die Uhr über das Internet angeboten wer-       krankungen oder Arbeitsunfällen werden sie sich mit ihren An-
den, als auch durch Auftraggebende, die in einer anderen Zeit-     sprüchen bezüglich Krankenversorgung und Rehabilitation
zone leben, wird eine besonders hohe Flexibilität der              überwiegend an ihre Krankenkasse wenden.
Arbeitszeit erforderlich. In einer weltweit vernetzten Arbeits-
welt gewinnen unter den Soloselbstständigen die sogenann-          Dieser Report soll zur Beantwortung der Frage beitragen, wie
ten Crowd- oder Cloudworker zunehmend an Bedeutung.                Soloselbstständigen Prävention einschließlich entsprechender
Diese bearbeiten qualifiziert eine bestimmte Aufgabe im Rah-       Maßnahmen nahegebracht werden kann.
men von Crowdsourcing über das Internet. Es ist in Deutsch-
land noch wenig erforscht, welche Personengruppen sich für
eine Online-Tätigkeit entscheiden. Daher ist auch wenig be-        1.2    Soloselbstständige
kannt darüber, wie und unter welchen Umständen sie arbeiten
und sich sozial absichern (Pürling, 2016).
                                                                   Am Anfang steht eine Definition: Wer beziehungsweise was
Besondere Gefährdung                                               sind Soloselbstständige?
Es stellt sich daher die Frage, ob insbesondere Soloselbststän-
dige die nötige Sicherheits- und Gesundheitskompetenz besit-       Der Begriff der Soloselbstständigkeit ist anders als beispiels-
zen, um die Gestaltung ihrer Arbeitszeit nach arbeitswissen-       weise die freiberufliche Tätigkeit gesetzlich nicht definiert,
schaftlichen Erkenntnissen vorzunehmen. Besonders jüngere          weshalb eine eindeutige Determination – gerade die Ab­
Menschen, die sich möglicherweise noch in der Aufbauphase          grenzung zur Scheinselbstständigkeit – teilweise schwerfällt.
einer eigenen Firma befinden, könnten dazu neigen, sich            Zentrales Merkmal der Soloselbstständigkeit ist jedoch die
selbst und ihre Gesundheit auszubeuten. Diese sogenannte           selbstständige, also weisungsungebundene Ausübung einer
„interessierte Selbstgefährdung“ (siehe Infokasten) führt          Tätigkeit ohne eigene Mitarbeitende (Kunz, o. J.).
dazu, dass Soloselbstständige über den üblichen Acht-Stun-
den-Tag hinaus in ihrer Freizeit, nach Feierabend, am Wochen-
ende und im Urlaub arbeiten.

8 | iga.Report 46
Selbst und ständig?

Nachfolgend werden zur genaueren Abgrenzung die einzelnen          kommen, sondern unterschiedliche Auftraggebende. Sie han-
Arbeitsformen kurz erläutert:                                      deln selbstbestimmt und eigenverantwortlich.
- Arbeitnehmende (auch: abhängig Beschäftigte) führen
   eine vertraglich geregelte Haupttätigkeit in einem abhän-       Unfallversicherung und Arbeitsschutz
   gigen Arbeitsverhältnis für einen Arbeitgebenden aus            selbst ­organisieren
   (Statistisches Bundesamt, o. J.). Der Begriff bezeichnet        Anders als angestellt Beschäftigte sind Soloselbstständige –
   Personen in wirtschaftlicher Unselbstständigkeit wie Arbei-     bis auf wenige Ausnahmen – nicht in der gesetzlichen Unfall-
   terinnen und Arbeiter sowie Angestellte (§ 5 ArbGG).            versicherung (pflicht-)versichert (siehe www.dguv.de, Webcode
- Selbstständige sind Personen, die im Wesentlichen frei           d1660, bzw. §§ 2–6 SGB VII). Sie müssen Präventionsleistun-
   ihre Tätigkeit gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen         gen zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit meist selbst
   können (§ 84 Abs. 1 S. 2 HGB). Sie gehen demnach                organisieren und finanzieren. Zudem tragen sie im Vergleich
   ­weisungsungebunden einer Erwerbstätigkeit nach ­(Becher,       zu Selbstständigen mit Mitarbeitenden in der Regel ein höhe-
    2021). Nach Einkommenssteuergesetz bestimmt die Art            res unternehmerisches Risiko (Statistisches Bundesamt,
    der Tätigkeit, ob Selbstständige als Freiberufler und Frei­    2020b). Selbstständige, die auf sich allein gestellt sind, befin-
    beruflerinnen oder Gewerbetreibende einzuordnen sind.          den sich häufig in der Aufbauphase ihres Unternehmens. Sie
- Soloselbstständige sind Selbstständige ohne eigene               müssen dabei oft mit ökonomischer Instabilität und Unsicher-
    Angestellte, die ihre Dienstleistungen für Unternehmen in      heit rechnen, da Arbeitsausfälle nicht kompensiert werden
    Projekten von unterschiedlicher Dauer erbringen (Deut-         können.
    sche Gesetzliche Unfallversicherung, 2016). Das Statisti-
    sche Bundesamt versteht darunter Selbstständige ohne           Der Entschluss, selbstständig zu arbeiten, ist meistens freiwil-
    Beschäftigte, die ihre Beiträge zur Kranken- und Renten-       lig. Nur etwa 1,6 Prozent der Soloselbstständigen fühlen sich
    versicherung eigenverantwortlich finanzieren müssen            in die Selbstständigkeit gedrängt (Günther & Marder-Puch,
    (Statistisches Bundesamt, 2020b). Oft werden sie auch als      2019). Sicherlich haben aufgrund des lange Zeit florierenden
    Freelancer bezeichnet.                                         Arbeitsmarktes auch viele ehemalige Selbstständige in eine
- Etwas komplizierter gestaltet sich die Abgrenzung zu             abhängige Beschäftigung gewechselt (Brenke, 2015).
    ­neuen Berufsfeldern. Finanzämter und die Rechtsprechung
     stehen vor der Herausforderung, beispielsweise Tätig­keiten   Zwischen Prekariat und Selbstverwirklichung
     wie die der IT-Fachleute einzuordnen.                         Bisherige Untersuchungen zeigen, dass sich Soloselbstständi-
                                                                   ge „zwischen Prekarität und Selbstverwirklichung bewegen“
                                                                   (Hünefeld et al., 2018, S. 421). Es fehlen aussagekräftige Infor-
   Scheinselbstständigkeit
                                                                   mationen, „welche spezifischen Faktoren die Arbeits- und Ge-
                                                                   sundheitssituation von Solo-Selbstständigen bestimmen und
   Eine Sonderform der Selbstständigkeit ist die Schein-
                                                                   wieviel Gestaltungsmöglichkeiten Solo-Selbstständige hin-
   selbstständigkeit. Als scheinselbstständig gelten
                                                                   sichtlich ihrer eigenen Arbeits- und somit auch Gesundheitssi-
   Erwerbstätige, die zwar (freiwillig oder auf Drängen der
                                                                   tuation haben“ (ebenda) – insbesondere bei der Arbeitszeit.
   beauftragenden Person oder Organisation) den Status
   eines/einer Selbstständigen beanspruchen, deren
                                                                   Schwankungen der Auftragslage und damit mangelnde Kon­
   Beschäftigung aber tatsächlich der einer oder eines
                                                                   trolle über Arbeitsbelastung und Einkommen stellen ein fun-
   Arbeitnehmenden ohne feste Anstellung entspricht
                                                                   damentales Risiko für nahezu alle Soloselbstständigen dar. Die
   (IHK Hannover, 2008).
                                                                   individuelle Arbeitszeit fungiert dabei als wichtigster Puffer,
                                                                   mit dem sowohl Unterauslastung als auch temporäre Über-
                                                                   auslastung bewältigt werden müssen (Pröll, 2008).
Selbstbestimmt und eigenverantwortlich
Soloselbstständige sind also Personen, die ohne eigene Mit­        Bei der Betrachtung der Arbeitszeit von Soloselbstständigen
arbeitende nicht fest angestellt arbeiten und ihre Arbeitszeit     wird in diesem Report nicht gesondert auf die Gruppe der
frei bestimmen können. Für Selbstständige entfällt zumeist die     Scheinselbstständigen eingegangen, da es sich um eine illega-
Sozialversicherungspflicht für Renten-, Arbeitslosen- und          le Form der Beschäftigung handelt. Im Fokus stehen die Solo-
­Unfallversicherung. Zudem haben sie kein regelmäßiges Ein-        selbstständigen, die auf legale Art und Weise ihre Beschäfti-

                                                                                                                    iga.Report 46 | 9
Selbst und ständig?

gung ausführen, jedoch weit weniger gesetzlichen Schutz im        selbstständigen lag der Anteil bei 13,2 Prozent. Sie können
Rahmen von Sicherheit und Gesundheit genießen als ange-           also nur zum Teil ihre Arbeitssituation gestalten (Hünefeld
stellt Beschäftigte.                                              et al., 2018).

                                                                  Längere Arbeitszeiten als abhängig Beschäftigte
1.3     Soloselbstständige und                                    Herausragender Belastungsfaktor ist die Länge der Arbeitszeit,
        flexible Arbeitszeiten                                    die bei Soloselbstständigen im Schnitt deutlich über dem
                                                                  Durchschnitt der abhängig Beschäftigten liegt (Brenke & Bez-
                                                                  noska, 2016). Zudem arbeiten Soloselbstständige im Vergleich
Oft zufriedener als angestellt Beschäftigte                       zu abhängig Beschäftigten häufiger am Wochenende und
Es gibt bereits Untersuchungen über Motivation und Arbeits-       ­haben mehr Pausenausfall (Kottwitz et al., 2019). Sie arbeiten
zufriedenheit von Selbstständigen und Soloselbstständigen:         also häufiger unter gesundheitskritischen Bedingungen.
Trotz durchschnittlich geringeren Verdienstes und häufig
­längerer Arbeitszeiten sind Selbstständige allgemein zufriede-   Bewertung durch „total workload“
 ner mit ihrer Arbeit als angestellt Beschäftigte (Cholotta &     Zugleich zeichnet sich ab, dass dem Faktor Arbeitszeit eine
 Drobnič, 2011). Wie auch bei abhängig Beschäftigten hängt       wichtige Indikatorfunktion für das jeweilige Niveau der (psy-
 die Arbeitszufriedenheit besonders mit der Sicherheit des Ar-    chischen) Arbeitsbelastung, der Qualität des Verhältnisses von
 beitsplatzes und dem positiven Selbstkonzept hinsichtlich der    beruflicher zu außerberuflicher Lebenswelt sowie für arbeits-
 unternehmerischen Tätigkeit zusammen. Eine weniger wichti-       bezogene gesundheitliche Folgen zukommt. Dies gilt vor allem
 ge Rolle spielen das Einkommen und der soziodemografische        nach dem in Skandinavien entwickelten Konzept des „total
 Hintergrund.                                                     workload“ (Ertel & Pröll, 2004), das die Summe aus erwerbs-
                                                                  bezogener Arbeitszeit und der für Haushalt und Erziehung auf-
Korrelation von Unsicherheit und psychosomatischen                gewendeten Zeit berücksichtigt.
Beschwerden
Es gibt aber auch Untersuchungen, in denen das positive           In einer Studie unter Selbstständigen im Medienbereich wur-
Selbstkonzept infrage gestellt wird. Eine Studie von Clasen       den die genannten Variablen untersucht. Tabelle 1 (S. 11) setzt
(2012) zeigte, dass Freelancer durchschnittlich zwischen 45       die nach dem Konzept des total workload definierte wöchent-
und 65 Stunden pro Woche arbeiteten. Sie erzielten einen          liche Gesamtarbeitszeit der befragten Soloselbstständigen mit
durchschnittlichen Brutto-Jahresgewinn zwischen 15.000 und        chronischem Stress, Erholungsunfähigkeit und den gesund-
25.000 Euro. Die Korrelationsanalysen bei Clasen ergaben Zu-      heitlichen Sorgen (die subjektive Gesundheitsperspektive als
sammenhänge von Einkommensunsicherheit, auftraggeber­             Kombination aus aktuellem und künftig erwartetem Gesund-
bezogenen Stressoren (z. B. überzogene Forderungen), Zeit-        heitsstatus) in Beziehung. Dabei zeigt sich, dass mit der Dauer
druck sowie Unsicherheit (z. B. durch unklare Aufträge) auf der   der wöchentlichen Gesamtarbeitszeit der Anteil der Freelancer
einen Seite und psychosomatischen Beschwerden, Irritationen       mit chronischem Stress, Erholungsunfähigkeit und gesundheitli-
sowie geringer Arbeitsfreude auf der anderen Seite.               chen Sorgen von der untersten zur höchsten Arbeitszeitkatego-
                                                                  rie ansteigt. Diese Veränderungen waren statistisch signifikant.
Flexible Arbeitszeiten als wichtiges Motiv
Wichtiger sind dagegen Aspekte wie die Work-Life-Balance          Wie flexibel sind Soloselbstständige wirklich?
(Süß & Saya, 2011) sowie die Dauer und Lage der Arbeitszei-       Vor dem Hintergrund dieser Befunde liegt die Frage nahe, wie
ten. Flexible Arbeitszeiten scheinen häufig ein Motiv für         Soloselbstständige ihre Arbeitszeit gestalten und wie flexibel
Selbstständigkeit zu sein. Die Auswertung der EU-Arbeitskräf-     sie dabei sind. Räumliche und zeitliche Flexibilität bieten
teerhebung inklusive dem Ad-Hoc-Modul „Selbstständigkeit“         ­d­abei große Chancen der individuellen Gestaltung zum Wohle
zeigt, dass 88,9 Prozent der Selbstständigen ihre Arbeitszeit      der Soloselbstständigen. Mögliche Zwänge und Abhängig­
selbst festlegen (Günther & Marder-Puch, 2019). Verglichen         keiten können die Freiheit dieser Flexibilität jedoch stark ein-
mit Selbstständigen mit Beschäftigten hatten Soloselbststän-       schränken.
dige einen geringeren Einfluss auf die Festlegung der Arbeits-
zeiten: Lediglich 8,4 Prozent der Selbstständigen mit Personal
hatten keinen Einfluss auf ihre Arbeitszeit, unter den Solo-

10 | iga.Report 46
Selbst und ständig?

Tabelle 1: Arbeitszeit (total workload), Stress und Gesundheit bei Freelancern der Medienbranche
(Quelle: Ertel & Pröll, 2004, S. 8)

 Gesamtarbeitszeit ­(erwerbsbezogen und       Chronischer Stress     Erholungsunfähigkeit          Gesundheitliche Sorge
 außerberuflich) pro ­Woche

    < 50 Std.                                           9%                      20 %                         23 %

 50–69 Std.                                           29 %                      36 %                         40 %

    > 69 Std.                                         30 %                      57 %                         47 %

2       Methode

2.1     Vorbereitung zur Untersuchung:
                                                                   Lesetipp
        Wie flexibel gestalten
        Soloselbstständige ihre Arbeitszeit?                       New Work steht für neue Anforderungen in der
                                                                   Arbeitswelt und eine daraus resultierende innovative
                                                                   Gestaltung der Arbeit. Treiber dieser Transformation
Dimensionen der Veränderung
                                                                   sind der demografische Wandel, die Globalisierung, die
Um sich ein besseres Bild von den grundlegenden Veränderun-
                                                                   Digitalisierung und der Wertewandel. Nach dem
gen der traditionellen Arbeitswelt zu machen, hat iga im The-
                                                                   Begriffsverständnis in iga finden Veränderungen vor
menschwerpunkt New Work eine Reihe von Projekten initiiert.
                                                                   allem in den drei Dimensionen People, Place und
Darin werden einzelne Veränderungsdimensionen betrachtet,
                                                                   Technology statt.
um den mit New Work einhergehenden kulturellen Wandel zu
beschreiben. Die Ergebnisse der Projekte sollen Fachleuten
                                                                   Ausführlich erläutert wird der Begriff New Work im
von Kranken- und Unfallversicherung Veränderungsprozesse
                                                                   iga.Report 44 „Evolution der Unternehmens- und
aufzeigen und dabei helfen, neue Ansätze für die Prävention
                                                                   Arbeitsorganisation“ (Kozika et al., 2021) ab Seite 9.
und Betriebliche Gesundheitsförderung zu entwickeln.
                                                                   www.iga-info.de > Veröffentlichungen >
Schwerpunktsetzung                                                 iga.Reporte > iga.Report 44
Mit der vorliegenden Studie soll vor allem der Frage nachge-
gangen werden, wie flexibel Soloselbstständige ihre Arbeit
gestalten und wie ihnen Prävention einschließlich entspre-
chender Maßnahmen nahegebracht werden kann.

                                                                                                               iga.Report 46 | 11
Selbst und ständig?

2.2     Fragebogenentwicklung                                    Grundlage für Präventionsangebote
                                                                 Für die gesetzlichen Krankenversicherungen soll das Ergebnis
                                                                 die Grundlage für ein präventives Angebot für selbstständig
Die Bestandsaufnahme startete mit einer Literaturrecherche.      arbeitende Menschen schaffen. Dies soll die Vorsorge für die
Sie sollte helfen, das Phänomen Soloselbstständigkeit im Zu-     Versicherten verbessern und somit Kosten von Erkrankungen
sammenhang mit Arbeitszeit besser zu verstehen.                  und Unfällen vermeiden helfen. Für die gesetzliche Unfallver-
                                                                 sicherung ist eine wichtige Frage, wie Soloselbstständige, die
Im Anschluss an die Literaturrecherche wurden Soloselbst-        nicht pflichtversichert sind, für eine freiwillige Versicherung
ständige zu ihren Arbeitszeiten befragt. Die Informationen aus   gewonnen werden können, wodurch sie an den Präventions-
der Literaturrecherche und die Projektaufgabenstellung liefer-   angeboten der gesetzlichen Unfallversicherung zu Sicherheit
ten den Rahmen für die Konzeption des Fragebogens.               und Gesundheit bei der Arbeit teilhaben könnten.

Im Einzelnen sollten folgende Aspekte untersucht werden:
– Nach welchen Kriterien gestalten Soloselbstständige ihre          Der Fragebogen
   Arbeitszeit?
– Wie stark ist ihre Sicherheits- und Gesundheitskompetenz          Der Fragebogen wurde so gestaltet, dass er mithilfe
   ausgeprägt?                                                      eines Online-Panels beantwortet werden konnte. Die
– Was tun Soloselbstständige für ihre Gesundheit?                   Teilnehmenden beantworteten dabei die Fragen in
– Wie lassen sich Anbieter von Coworking Spaces in                  insgesamt vier Abschnitten:
   ein mögliches Präventionsprogramm einbinden?                     1. In dem Abschnitt „Allgemeine Angaben“ sollte
                                                                       festgestellt werden, ob die Befragten zur Zielgruppe
                                                                       Soloselbstständiger (Selbstständige ohne Angestell-
   Coworking
                                                                       te) gehören. Erfasst wurden ebenso Alter und
                                                                       Geschlecht.
   Coworking (dt. zusammen arbeiten) beschreibt eine
                                                                    2. Der zweite Abschnitt bildete den Kern der Befra-
   neue Arbeitsform, bei der „Personen einen Ort zum
                                                                       gung, in dem es um Fragen zu Arbeitszeit und -ort
   gemeinsamen Arbeiten nutzen können, auch wenn sie
                                                                       ging.
   meist unabhängig voneinander eigene Aufgaben
                                                                    3. Im Abschnitt „Arbeitsfähigkeit“ wurde die Kenntnis,
   bearbeiten und für unterschiedlich lange Zeiträume die
                                                                       Inanspruchnahme und Bewertung von Maßnahmen
   Räumlichkeiten teilen“ (Deutsche Gesetzliche Unfall-
                                                                       zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit erfragt. Ihm
   versicherung, o. J. b). Wissen kann ausgetauscht und
                                                                       wurde die Erklärung vorangestellt, dass Arbeitsfä-
   kreatives Potenzial ausgeschöpft werden, wodurch
                                                                       higkeit als Fähigkeit einer Person verstanden wird,
   insgesamt voneinander profitiert werden kann. In den
                                                                       die Anforderungen der eigenen Arbeit (wie Gestal-
   Coworking Spaces wird neben Arbeitsplätzen auch
                                                                       tung des Arbeitsortes und Arbeitsumfangs) sowohl
   weitere Infrastruktur wie beispielsweise schnelles
                                                                       physisch als auch psychisch zu bewältigen.
   Internet, Drucker und Besprechungsräume geboten.
                                                                    4. Die Befragung endete mit Fragen zum eigenen
                                                                       Gesundheitsverhalten. Dazu zählen unter anderem
                                                                       der Einfluss der Arbeit auf die eigene Gesundheit,
Zusätzlich sollte die Befragung beantworten, wie eine sinnvol-         die Beachtung dieser während der Arbeitszeit und
le Prävention hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung von Solo-         im Alltag sowie zufriedenstellende und herausfor-
selbstständigen aussehen könnte und welche Maßnahmen                   dernde Aspekte der Soloselbstständigkeit.
und Qualifizierungen für diese Gruppe zielführend sind. Die
Motive der Zielgruppe, sich mit Themen der Sicherheit und Ge-       Den gesamten Fragebogen finden Sie im Anhang A1.
sundheit bei der Arbeit auseinanderzusetzen, sollten sichtbar
werden.

12 | iga.Report 46
Selbst und ständig?

2.3    Testumfrage                                                 Fragen verständlicher zu formulieren. Zudem bestätigten sich
                                                                   in der Auswertung der Online-Umfrage viele der ersten Ergeb-
                                                                   nisse aus der Testumfrage.
Zur Sicherstellung der Datenqualität wurde mittels einer Test-
umfrage geprüft, ob die Fragen und die Antwortmöglichkeiten
für die Zielgruppe verständlich sind. Des Weiteren wurde ge-       2.4    Studienbeschreibung
prüft: Wurden bei den Antwortvorgaben alle Optionen ausge-
schöpft? Kann direkt nach dem Sachverhalt gefragt werden?
Besteht das Risiko der Antwortverweigerung oder Antwortver-        Mit dem so erstellten Fragebogen wurde eine Online-Befra-
fälschung, beispielsweise durch soziale Erwünschtheit?             gung durchgeführt, deren Bearbeitung circa 15 Minuten in
                                                                   Anspruch nahm. Die Teilnehmenden wurden zunächst auf ihre
Die Erhebung erfolgte mit einer kleinen Gruppe von vier Solo-      Passung zur Zielgruppe überprüft und dann über ein Online
selbstständigen aus vier Branchen (Grafikdesign, Messbera-         Access Panel (durchgeführt durch das Marktforschungsinsti-
tung, Schauspiel, Werbung). In individuellen Interviews wurde      tut eye square GmbH) zur Befragung eingeladen. Zugelassen
geklärt, ob und bei welchen Fragen Schwierigkeiten bestanden.      wurden 802 Personen, die zum Zeitpunkt der Umfrage anga-
                                                                   ben, selbstständig oder freiberuflich tätig zu sein und keine
Obwohl die Testgruppe keinesfalls repräsentativ für die Grup-      Angestellten zu beschäftigen.
pe der Soloselbstständigen war, trug der Testlauf dazu bei, die

3      Allgemeine Angaben

3.1    Beschreibung der Stichprobe
                                                                                                      Alter
                                                                                                        2%
Soziodemografische Daten
Knapp 60 Prozent der Befragten sind männlich. Im Mittel sind
                                                                                                               13 %
die Befragten 47 Jahre alt. Die jüngste befragte Person ist 19
Jahre alt, die älteste 76 Jahre. Die mit 33 Prozent größte Grup-
                                                                                  30 %
pe bilden die 45- bis 54-Jährigen ­(siehe Abbildung 2). Ledig-
lich zwei Prozent der Befragten sind jünger als 25 Jahre.                                                             22 %

Dauer der Soloselbstständigkeit
Im Mittel sind die Befragten seit zwölf Jahren selbstständig.
Mehr als die Hälfte ist weniger als zehn Jahre in dieser Form                                  33 %
tätig, knapp ein Drittel ist schon bis zu 20 Jahren soloselbst-
ständig und 16 Prozent – vor allem die Älteren – noch länger.
                                                                                    19 bis 24 Jahre       45 bis 54 Jahre
 Tätigkeitsbereiche                                                                 25 bis 34 Jahre       55 Jahre und älter

 Die meisten Befragten sind im Bereich Unternehmensdienst-                          35 bis 44 Jahre

 leistung tätig (37 Prozent), gefolgt vom Kommunikations- und
 Informationsgewerbe (17 Prozent) und der Beratung (14 Pro-        Abbildung 2: Alter der Soloselbstständigen
 zent). Weitere Tätigkeiten entstammen dem Versicherungs-
 und Finanzwesen, der Kunst, der Bildung, der Gesundheit            Es zeigen sich geschlechtsspezifische Unterschiede. Der Anteil
­sowie dem Grundstücks- und Wohnungswesen (siehe Abbil-             der Männer, die im Bereich der Beratung soloselbstständig
 dung 3, S. 14).                                                   ­tätig sind, ist mit 17 Prozent etwas höher als der Anteil der

                                                                                                                               iga.Report 46 | 13
Selbst und ständig?

                       Tätigkeitsbereich                                       Anregungen von anderen
                  3%                                                      Soloselbstständigen in Abhängigkeit
            4%              6%                                                         vom Alter
                                                                  100 %

                 6%
                                             37 %
            6%                                                     80 %

            7%                                                                63
                                                                   60 %

                  14 %                                                                   45
                                   17 %                                                               39
                                                                   40 %

                                                                                                                  29
                                                                                                                              27
      Unternehmensdienstleistung       Künstlerischer Bereich
                                                                   20 %
      Kommunikations- und              Gesundheitswesen
      Informationsgewerbe
                                       Grundstücks- und
      Beratung                         Wohnungswesen
      Versicherungs- und Finanzwesen   Sonstiges                    0%
                                                                           19 bis 24   25 bis 34   35 bis 44   45 bis 54   55 Jahre
      Bildungswesen
                                                                             Jahre       Jahre       Jahre       Jahre     und älter

Abbildung 3: Soloselbstständige nach Tätigkeitsbereich            Abbildung 4: Anregungen von anderen Soloselbstständigen
                                                                  in Abhängigkeit vom Alter

Frauen (zehn Prozent). Im Bildungswesen ist es umgekehrt          20 Jahre Soloselbstständigkeit zurückblicken kann, hat nur zu
(Frauen: neun Prozent; Männer: vier Prozent).                     22 Prozent ständig wechselnde Auftraggebende. Ein Drittel
                                                                  dieser erfahrenen Soloselbstständigen hat sich einen breiten
Die Altersgruppen betreffend zeigt sich, dass 19- bis 24-Jähri-   wiederkehrenden Kundenstamm aufgebaut.
ge am häufigsten im Bereich des Kommunikations- und Infor-
mationsgewerbes tätig sind (37 Prozent). In allen anderen
Altersgruppen sind Unternehmensdienstleistungen der am
­                                                                 3.2     Austausch mit anderen
häufigsten genannte Tätigkeitsbereich.                                    Soloselbstständigen

Anzahl der Hauptkunden und -kundinnen
71 Prozent der Befragten haben einen festen Kundenstamm           46 Prozent der Befragten stehen in keinem oder seltenem Aus-
(37 Prozent: zwei bis neun Auftraggebende; 23 Prozent: zehn       tausch zu anderen Soloselbstständigen. 36 Prozent arbeiten
oder mehr Auftraggebende), wovon allerdings elf Prozent nur       hingegen mit anderen Soloselbstständigen zusammen an Pro-
aus einer Quelle Aufträge erhalten. Die restlichen Soloselbst-    jekten, 33 Prozent holen sich, z. T. im Rahmen dieser Zusam-
ständigen – fast 30 Prozent – haben wechselnde Auftragge-         menarbeit, Anregungen zu ihrer Arbeit von anderen Solo-
bende, so dass von keinem festen Kundenstamm die Rede sein        selbstständigen. Je älter die Soloselbstständigen sind, desto
kann.                                                             weniger arbeiten sie mit anderen zusammen an Projekten. Ein
                                                                  ähnliches Bild zeigt sich für den Austausch in Form von Anre-
Die Dauer der Soloselbstständigkeit korreliert signifikant mit    gungen, der ebenfalls mit zunehmendem Alter abnimmt (siehe
der Anzahl der Hauptauftraggebenden (r (795) = .167, p < .001).   Abbildung 4).
Der Anteil der Personen, die eine stetig wechselnde Kund-
schaft und somit keine Hauptauftraggebenden haben, ist
­unter den Soloselbstständigen mit weniger als fünf Jahren Er-
 fahrung am höchsten (38 Prozent). Wer hingegen auf mehr als

14 | iga.Report 46
Selbst und ständig?

                                        Austausch mit anderen
  100 %                                                                                                       Zusammenarbeit
                                                                                                              an Projekten

   80 %                                                                                                       Anregungen von anderen
                                                                                                              Soloselbstständigen

                                                                                                              Kein/seltener Austausch mit
   60 %
                                                                                                              anderen Soloselbstständigen

   40 %

   20 %

    0%
                 Bis zu 5 Jahre          6 bis 10 Jahre         11 bis 20 Jahre        Mehr als 20 Jahre
              Soloselbstständigkeit   Soloselbstständigkeit   Soloselbstständigkeit   Soloselbstständigkeit

Abbildung 5: Austausch mit anderen in Abhängigkeit von der Länge der eigenen Soloselbstständigkeit

Ebenso wie das Alter hängt auch die Dauer der Soloselbst-             Insgesamt zeigt sich keine eindeutige Tendenz im Zusammen-
ständigkeit mit dem Austausch mit anderen Soloselbstständi-           hang von Austausch und Länge der eigenen Soloselbst­
gen zusammen (siehe Abbildung 5): Die Dauer korreliert signi-         ständigkeit: Während Soloselbstständige mit unter fünf Jahren
fikant negativ mit dem gesamten Anteil derjenigen, die sich           Erfahrung verhältnismäßig viel Austausch in Form von Anre-
mit anderen Soloselbstständigen austauschen (Abbildung 5,             gungen suchen, sinkt dieser Anteil in der Gruppe „sechs bis
dunkelblaue L­ inie, r (795) = -.184, p < .001). So scheint der       zehn Jahre“ deutlich und bleibt mit zunehmender Erfahrung
Austausch am Anfang der Soloselbstständigkeit am wichtigs-            auf diesem Niveau. Der Verlauf der Zusammenarbeit mit ande-
ten zu sein. Fast die Hälfte der Befragten, die sich in den ers-      ren Soloselbstständigen an gemeinsamen Projekten sieht et-
ten fünf Jahren ihrer Soloselbstständigkeit befinden, holt sich       was anders aus: Die Zusammenarbeit ist in der Gruppe „sechs
mindestens wöchentlich Anregungen von anderen Soloselbst-             bis zehn Jahre“ am geringsten (30 Prozent) und steigt mit zu-
ständigen, ab dem sechsten Jahr sind es nur noch 28 Prozent.          nehmender Erfahrung wieder an.
Trotzdem fällt auf, dass unter den Einsteigern und Einsteige-
rinnen 37 Prozent gar keinen Austausch mit anderen Solo-
selbstständigen suchen.

                                                                                                                       iga.Report 46 | 15
Selbst und ständig?

4       Zeit und Ort

4.1     Arbeitsstunden                                           Männer arbeiten häufig mehr als Frauen
                                                                 Bezogen auf die Arbeitstage in der Woche zeigen sich Unter-
                                                                 schiede zwischen den Geschlechtern – soloselbstständige
4.1.1 Arbeitsstunden in der Woche                                Männer arbeiten häufig mehr als Frauen. So ist der Anteil der
                                                                 soloselbstständigen Frauen, die weniger als fünf Tage in der
Im Schnitt eine 5,4-Tage-Woche                                   Woche arbeiten, mit 19 Prozent doppelt so hoch wie der Anteil
Durchschnittlich arbeiten Soloselbstständige 5,4 Tage pro Wo-    bei den Männern (neun Prozent). Ein ähnliches Bild zeigt sich
che (39 Prozent an fünf Tagen, 32 Prozent an sechs Tagen und     bei den Wochenstunden. Während die Hälfte der Männer
16 Prozent täglich). Lediglich 13 Prozent nehmen seltener als    durchschnittlich über 40 Stunden in der Woche arbeitet, sind
an fünf Tagen in der Woche ihre Arbeit auf. Die Mehrheit         es nur 29 Prozent bei den Frauen. Diese Geschlechtsunter-
(60 Prozent) nutzt dafür auch Tage am Wochenende.                schiede in der Arbeitszeit pro Woche zeigen sich konsistent in
                                                                 allen Altersgruppen.
Mehr Wochenarbeitsstunden als abhängig Beschäftigte
58 Prozent der Soloselbstständigen arbeiten maximal 40 Stun-     Besonderheiten in der Arbeitszeitverteilung
den pro Woche. 42 Prozent arbeiten 41 Stunden und mehr           ­junger ­Soloselbstständiger
(siehe Abbildung 6). Zur Einordnung: Bei abhängig Beschäftig-    Nur in der Altersgruppe der 19- bis 24-Jährigen arbeiten alle
ten in Deutschland lag im Jahr 2018 die durchschnittliche        Befragten an mindestens vier Tagen in der Woche jeweils acht
­Wochenarbeitszeit bei 41 Wochenstunden (Statistisches Bun-      Stunden. Knapp die Hälfte von ihnen nutzt dafür auch Tage am
 desamt, 2019).                                                  Wochenende. Anderen Altersgruppen gelingt es noch seltener
                                                                 (38 Prozent), das Wochenende arbeitsfrei zu halten.
 Etwa ein Drittel der Befragten, die 41 Stunden und mehr
­arbeiten, verteilt die Arbeit auf fünf oder fünfeinhalb Tage,   Jedoch gehen von den jüngsten Befragten auch 25 Prozent an
 45 Prozent auf sechs bis sechseinhalb Tage; 22 Prozent von      sieben Tagen der Woche ihrer Tätigkeit nach (Ältere: 15 Pro-
 ihnen geben an, gar keinen arbeitsfreien Tag zu haben.          zent). Fast ein Drittel (32 Prozent) der Jüngsten gibt zudem an,
                                                                 insgesamt mehr als 50 Stunden pro Woche zu arbeiten. Unter
                                                                 den Älteren trifft das auf jede vierte Person (20 Prozent) zu.
               Arbeitsstunden pro Woche
                                                                 Arbeitszeitbelastung steigt mit Dauer
                                                                 der ­Solo­selbstständigkeit
                               6%
                                                                 Die Aufbauphase der Soloselbstständigkeit scheint nicht mit
                 13 %                                            einer besonders hohen Arbeitszeitbelastung einherzugehen.
                                            28 %
                                                                 Im Gegenteil: Die Arbeitszeitbelastung nimmt mit zunehmen-
                                                                 der Dauer der Soloselbstständigkeit zu. Befragte, die seit über
                                                                 20 Jahren soloselbstständig sind, arbeiten am häufigsten
             23 %                                                mehr als 40 Stunden pro Woche (61 Prozent).

                                                                 Im Grundstücks- und Wohnungswesen
                                     30% %
                                    17                           die ­meisten Stunden
                                                                 Betrachtet man den Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und
                                                                 Branche, fällt das Grundstücks- und Wohnungswesen auf. Wer
                                                                 dort tätig ist, kommt häufiger als Soloselbstständige anderer
      Weniger als 30 Stunden    51 bis 60 Stunden
                                                                 Tätigkeitsbereiche auf mehr als 40 Stunden in der Woche
      30 bis 40 Stunden         Mehr als 60 Stunden
      41 bis 50 Stunden
                                                                 (54 Prozent). Im Bildungsbereich (14 Prozent) und im Gesund-
                                                                 heitswesen (19 Prozent) hingegen wird eher selten so lange
Abbildung 6: Arbeitsstunden pro Woche                            gearbeitet.

16 | iga.Report 46
Selbst und ständig?

4.1.2 Arbeitsstunden pro Tag                                                      Personen mit elf bis 20 Jahren Erfahrung mit Soloselbst-­
                                                                                  ständigkeit). Gleiches gilt für die Wochenarbeitsstunden. Auch
Acht-Stunden-Tag ist die Regel                                                    hier ist der Anteil derjenigen, die mehr als 40 Stunden pro Wo-
Mehr als die Hälfte der Soloselbstständigen (54 Prozent)                          che arbeiten, unter den sehr erfahrenen Soloselbstständigen
kommt auf eine tägliche Arbeitszeit von mindestens acht                           am höchsten (60 Prozent im Vergleich zu 38 Prozent, 40 Pro-
Stunden, immerhin 38 Prozent geben ein tägliches Arbeitsvo-                       zent und 38 Prozent).
lumen von vier bis sieben Stunden an. Lediglich acht Prozent
arbeiten weniger als vier Stunden täglich (siehe Abbildung 7).
Dabei zeigen sich erneut deutliche Unterschiede zwischen                          4.1.3 Kernarbeitszeit pro Tag
Männern und Frauen. Während 63 Prozent der Männer min-
destens acht Stunden pro Tag arbeiten, sind es bei den Frauen                     Mehrheitlich regelmäßige Arbeitszeiten
42 Prozent. Ein Ausreißer nach oben zeigt sich mit 55 Prozent                     Weniger als die Hälfte der Befragten (44 Prozent) gibt an,
bei den Frauen in der Altersgruppe 25 bis 34 Jahre.                               ­keine regelmäßigen Arbeitszeiten zu haben. Soloselbstständi-
                                                                                   ge mit festen Zeiten beginnen ihren Arbeitstag mehrheitlich
Bezüglich der Anzahl der Arbeitsstunden zeigt sich eine Be-                        vor zehn Uhr (64 Prozent). Der Arbeitstag endet für 39 Prozent
sonderheit in der Gruppe derer, die bereits länger als 20 Jahre                    vor 18 Uhr, für gut ein Drittel der Befragten (34 Prozent) zwi-
soloselbstständig sind: Der Anteil derjenigen, die mehr als                        schen 18 und 20 Uhr.
acht Stunden pro Tag arbeiten, ist in dieser Gruppe deutlich
größer als in den anderen Gruppen (70 Prozent im Vergleich                         Jüngere bevorzugen „Spätschichten“
zu 49 Prozent in der Einstiegsgruppe, 52 Prozent unter den                         Für 27 Prozent der Soloselbstständigen mit regelmäßigen
Personen mit sechs bis zehn Jahren und 53 Prozent unter den                       ­Arbeitszeiten ist erst nach 20 Uhr Schluss. Das gilt insbesonde-
                                                                                   re für die 19- bis 24-Jährigen. Sie beginnen ihr Tagwerk zu
                                                                                   37 Prozent nach elf Uhr, und viele arbeiten auch noch nach
                      Arbeitsstunden pro Tag
                                                                                   20 Uhr (40 Prozent).
                        Gesamt        Männer         Frauen
100 %
                                                                                  4.1.4 Pausen

                                                                                  Regelmäßige Pausen sind eher selten
 80 %                                                                             Für knapp zwei Drittel (64 Prozent) der Soloselbstständigen
                                                                                  gibt es an einem durchschnittlichen Arbeitstag keine regel­
                                                                                  mäßigen Pausen. Dies gilt insbesondere für die Gruppe der 19-
                                                                                                                                            ­­
                                                                                  bis 24-Jährigen, von denen sogar 74 Prozent keine regel­
 60 %
                                                                                  mäßigen Pausen machen.

                                 45                                               Diejenigen, die regelmäßig Pausen wahrnehmen, tun dies zu-
 40 %                  38
                                                                                  meist ein- bis zweimal pro Tag (62 Prozent). Knapp 30 Prozent
                            33             33                                     gönnen sich drei bis vier Pausen, acht Prozent sogar fünf bis
                                      29
                                                           27                     sechs.
                                                25
                                                      22
 20 %
                                                                                  Ob Pausen genommen werden, hängt mit der Anzahl der Ar-
                 13                                             14
                                                                                  beitsstunden pro Tag zusammen. Befragte mit weniger als vier
         8
             4                                                        3   3   3
                                                                                  Stunden täglicher Arbeitszeit geben häufiger an, keine regel-
  0%                                                                              mäßigen Pausen (78 Prozent) zu machen, als Befragte mit
        Weniger als     Zwischen       Zwischen       Zwischen       13 Stunden
        4 Stunden        4 und 7        8 und 9       10 und 12       und mehr    ­einer Arbeitszeit von vier bis zwölf Stunden (62 Prozent). Eine
                        Stunden        Stunden         Stunden
                                                                                   besondere Belastung zeigt sich für Soloselbstständige, die
                                                                                   durchschnittlich mehr als 13 Stunden am Tag arbeiten. Zusätz-
Abbildung 7: Arbeitsstunden pro Tag (gesamt und getrennt                           lich zu der hohen Arbeitszeitbelastung gibt diese Gruppe näm-
nach Geschlecht)                                                                   lich am häufigsten an, keine regelmäßigen Pausen (80 Pro-

                                                                                                                                  iga.Report 46 | 17
Selbst und ständig?

                                           Beschäftigungen in der arbeitsfreien Zeit

       Erledigungen im Haushalt
          (z. B. Putzen, Einkäufe)                                                                               83

     Gespräche, soziale Kontakte                                                                   67

               Bewegung/Sport                                                                 65

                Ausruhen, Schlaf
                                                                                  53
              (keine Nachtruhe)

        Andere Beschäftigungen
      (z. B. Fernsehen, Hobbies)                                    39

                          Reisen                           31

              Kinderbetreuung/
                                              18
        Pflege von Angehörigen

                                     0%       20 %                 40 %                60 %               80 %               100 %

Abbildung 8: Beschäftigung in der arbeitsfreien Zeit

zent) zu nehmen. Die Hälfte dieser Risikogruppe machen die             Betreuung als Aufgabe im mittleren Alter
45- bis 54-Jährigen aus, wobei sich bezüglich des Geschlechts          Unter den 35- bis 44-Jährigen wird mit einem Anteil von
keine Unterschiede zeigen.                                             knapp 40 Prozent häufiger Zeit für die Kinderbetreuung und
                                                                       Pflege von Angehörigen aufgewendet als in den anderen
4.1.5 Erholungszeit                                                   ­Altersgruppen. Über die anderen Altersgruppen hinweg sind
                                                                       es zwölf Prozent.
Weniger als einen Tag Erholung
Soloselbstständige nehmen sich weniger als einen Tag in der           Abschalten fällt schwer
Woche Zeit für Erholung (0,62 Tage). Für 64 Prozent der Solo-         In ihrer Erholungszeit denken 84 Prozent der Befragten zumin-
selbstständigen gibt es keine regelmäßigen Erholungstage.             dest gelegentlich an ihre Arbeit, jede fünfte befragte Person
Etwa jede dritte befragte Person nimmt sich 1,5 bis 2,5 Tage          tut dies sogar in mehr als der Hälfte der eigentlich freien Zeit
Zeit für Privates. Wer weniger als vier Stunden am Tag arbeitet,      (siehe Abbildung 9, S. 19). Dies wird jedoch von zwei Dritteln
verzichtet meist ganz auf freie Tage (82 Prozent).                    aller Befragten als nicht belastend empfunden.

Knapp die Hälfte der Befragten (48 Prozent) plant ihre Erho-          25- bis 34-Jährige empfinden höchste Belastung
lungszeit am Wochenende ein.                                          Eine Ausnahme stellen die 25- bis 34-Jährigen dar – hier wer-
                                                                      den Gedanken an die Arbeit von etwa der Hälfte als belastend
Vielfältige Beschäftigung in der arbeitsfreien Zeit                   empfunden. Diese höhere Belastung korreliert mit der gerin-
Ihre arbeitsfreie Zeit nutzen die meisten Soloselbstständigen         gen Berufserfahrung und dem Aufbau eines Kundenstammes.
für Erledigungen im Haushalt (siehe Abbildung 8). Frauen ge-          So ist der Anteil derjenigen, die seit weniger als fünf Jahren
ben signifikant häufiger an, ihre Erholungszeit für Erledigun-        soloselbstständig sind, in dieser Altersgruppe mit 65 Prozent
gen im Haushalt zu nutzen (Frauen: 88 Prozent, Männer:                hoch. Etwa jede dritte befragte Person hat in dieser Phase
80 Prozent; Χ 2 (2) = 11.78, p < 0.05). Häufige Freizeitbeschäf-      noch keine festen Auftraggebenden (36 Prozent). Auch fühlen
tigungen sind außerdem soziale Kontakte (67 Prozent) und              sich in dieser Altersgruppe überdurchschnittlich viele Personen
Bewegung beziehungsweise Sport (65 Prozent).                          in ihrer Arbeit mit Herausforderungen konfrontiert (90 Prozent
                                                                      gegenüber 83 Prozent in der Gesamtstichprobe).

18 | iga.Report 46
Selbst und ständig?

   Gedanken an die Arbeit in der Erholungszeit                                             Urlaubstage im Jahr

                                                                                              9%
                        16 %                19 %
                                                                                   12 %

                                                                                                            58 %
                                   30 %            18 %                          21 %

                  47 %

      Ja, mehr als die Hälfte der Zeit                                  Mehr als 20 Tage

      Ja, die Hälfte der Zeit                                           10 bis 19 Tage

      Ja, weniger als die Hälfte der Zeit                               1 Tag bis 9 Tage

      Nein, gar nicht                                                   Kein Urlaub

Abbildung 9: Denken Sie während Ihrer Erholungszeiten             Abbildung 10: Urlaubstage im Jahr
(Erholungstage, Urlaub) an Ihre Arbeit?

Soloselbstständige mit geringer Arbeitszeit denken                4.1.6 Urlaubstage
seltener an die Arbeit
Im Vergleich zur Gesamtstichprobe denken Soloselbstständi-        22,6 Urlaubstage im Jahr
ge, die weniger als vier Stunden pro Tag arbeiten, in ihrer Er-   Im Durchschnitt nehmen die Soloselbstständigen 22,6 Ur-
holungszeit signifikant seltener an die Arbeit (Teilstichprobe:   laubstage im Jahr – das liegt unter dem Durchschnitt der Be-
71 Prozent; Gesamtstichprobe: 84 Prozent, Χ 2 (1) = 9.26,         schäftigten in Deutschland, der 2019 bei 30,9 Tagen im Jahr
p = 002, V = .107), sie empfinden diese Gedanken tendenziell      lag (Statistisches Bundesamt, 2020c). Fast jede zehnte befrag-
aber etwas häufiger als belastend (39 Prozent zu 34 Prozent).     te Person nimmt gar keinen Urlaub (siehe Abbildung 10). Die
Dieser Häufigkeitsunterschied ist jedoch nicht signifikant.       Anzahl der Urlaubstage nimmt mit den Jahren zu und ab dem
                                                                  35. Lebensjahr wieder ab.
Meist ausgeschlafen
71 Prozent der Soloselbstständigen haben das Gefühl, ausrei-      Reisen, Bewegung und Sport häufigste
chend zu schlafen. Der größte Anteil der Personen, die ausrei-    ­Urlaubsaktivitäten
chend Schlaf berichten, findet sich mit jeweils 78 Prozent un-    Wenn Urlaub ansteht, geht die Gruppe der Befragten zumeist
ter den unter 24- und über 55-Jährigen. Über zu wenig Schlaf      auf Reisen (76 Prozent). Die Hälfte nutzt die Zeit auch für Be-
klagt am ehesten die mittlere Altersgruppe (40 Prozent der        wegung und Sport (49 Prozent) oder für soziale Kontakte
35- bis 44-Jährigen).                                             (43 Prozent). 44 Prozent erholen sich mit Ruhe und Schlaf.

                                                                  Gleiche Muster wie im Freizeitverhalten
                                                                  In der Urlaubszeit zeigt sich ein ähnliches Muster wie in der
                                                                  übrigen freien Zeit: Soloselbstständige Frauen erledigen im Ur-
                                                                  laub häufiger Hausarbeit als Männer (Frauen: 36 Prozent,
                                                                  Männer: 27 Prozent) und die Gruppe der 35- bis 44-Jährigen
                                                                  betreut häufiger Kinder und Angehörige als andere Altersgrup-
                                                                  pen (29 Prozent im Vergleich zu durchschnittlich elf Prozent).

                                                                                                                  iga.Report 46 | 19
Selbst und ständig?

                                                            Überwiegender Arbeitsort

      In einem eigenen Arbeitszimmer/
                         eigenen Büro                                                         74

                Wechselnder Arbeitsplatz
    (z. B. in wechselnden Unternehmen,                                      39
               bei der Kundschaft vor Ort)

                              Unterwegs
  (z. B. in der Bahn, im Flugzeug, Hotel)                   14

          An einem flexiblen Arbeitsplatz
      (privat organisierte Gemeinschafts-              10
                       arbeitsplätze, Café)

           In einem Coworking Space
                                                   4
   (kommerziell bzw. gegen Gebühren)

                                              0%                 20 %      40 %        60 %        80 %   100 %

Abbildung 11: An welchem Ort sind Sie überwiegend soloselbstständig tätig?

4.2       Arbeitsort und Mobilität

Die große Mehrheit der Soloselbstständigen gibt an, überwie-
gend in einem eigenen Arbeitszimmer oder einem eigenen
Büro tätig zu sein (74 Prozent). Fast 40 Prozent arbeiten an
wechselnden Arbeitsplätzen, beispielsweise in wechselnden
Unternehmen oder bei Auftraggebenden vor Ort. Nur vier Pro-
zent der befragten Personen nutzen Coworking Spaces (siehe
Abbildung 11). Frauen arbeiten seltener an wechselnden
­Arbeitsplätzen als Männer (30 Prozent zu 46 Prozent).

5,5 Stunden pro Woche für Mobilität
77 Prozent der Soloselbstständigen sind beruflich unterwegs –
im Mittel 5,5 Stunden pro Woche, Männer mit 6,5 Stunden
mehr als Frauen (4,2 Stunden). 13 Prozent wenden wöchent-
lich sogar zwölf Stunden und mehr für berufliche Mobilität auf.

20 | iga.Report 46
Selbst und ständig?

5      Arbeitsfähigkeit

5.1    Vermeidung von branchenüblichen                           – 2,1 Prozent Maßnahmen zum Erhalt der psychischen
       Unfällen und Verletzungen                                   ­Gesundheit wie Entspannungstraining, Anti-Stress-Seminar,
                                                                    Meditation
                                                                 – 1,9 Prozent Maßnahmen zur Förderung und zum Erhalt der
Befragte halten sich für kompetent                                 Gesundheit wie Gesundheitstage, Kuren, Rehabilitation.
Mit 84 Prozent gibt die überwiegende Mehrheit der Befragten
an zu wissen, wie sie branchenübliche Unfälle bei ihrer Tätig-   Qualität des Anbieters, Kosten und Dauer
keit vermeiden können. Dies gilt unabhängig vom Geschlecht.      ­entscheidende Kriterien
Unterschiede zeigen sich lediglich bei den Altersgruppen: Wer    Die Studie hat auch ermittelt, nach welchen Kriterien sich die
über 55 Jahre alt ist, hält sich bezüglich der Prävention von    Zielgruppe für Maßnahmen entscheidet. An erster Stelle steht
Arbeitsunfällen für erfahrener (89 Prozent gegenüber 82 Pro-     mit 57 Prozent der Anbieter selbst, gefolgt von Teilnahmekos-
zent bei den anderen Altersgruppen).                             ten und Seminardauer (jeweils 47 Prozent). Passende Inhalte
                                                                 spielen dagegen nur für 15 Prozent die ausschlaggebende
Das Wissen um die Vermeidung branchenüblicher Unfälle und        Rolle.
Verletzungen variiert zwischen den Tätigkeitsfeldern. Im
Grundstücks- und Wohnungswesen (97 Prozent) sowie im Ge-         Männer richten sich häufiger nach dem Kriterium „Anbieter“
sundheitswesen (96 Prozent) halten sich die meisten Befrag-      (Frauen: 50 Prozent; Männer: 62 Prozent), Frauen achten häu-
ten für versiert. Im künstlerischen Bereich ist der Anteil mit   figer auf die Dauer und die Kosten der Anfahrt (Frauen: 49 Pro-
73 Prozent am geringsten.                                        zent; Männer: 35 Prozent) sowie auf passende Inhalte (Frauen:
                                                                 22 Prozent; Männer: neun Prozent).

5.2    Maßnahmen                                                 Die Auswahlfaktoren variieren je nach Alter. Für die 19- bis
                                                                 24-Jährigen und die 45- bis 54-Jährigen ist am wichtigsten,
                                                                 wer die Maßnahme anbietet (68 Prozent bzw. 70 Prozent), für
Zugeschnittene Maßnahmen nur zum Teil gewünscht                  die 25- bis 34-Jährigen) dagegen sind es mit 67 Prozent die
Weniger als die Hälfte der Soloselbstständigen (42 Prozent)      Teilnahmekosten. Für die übrigen Altersgruppen zeigt sich kein
wünscht sich Maßnahmen zur Stärkung und zum Erhalt ihrer         Aspekt, der bei der Auswahl besonders wichtig ist.
Arbeitsfähigkeit, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind.
30 Prozent sind sich unsicher und 29 Prozent wünschen sich       Jüngere nehmen eher an Maßnahmen teil
keine derartigen Maßnahmen.                                      Es fällt auf, dass vor allem junge Soloselbstständige an Maß-
                                                                 nahmen zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit teilnehmen: Unter
Die Befragten geben mit 83 Prozent mehrheitlich an, bereits      den 19- bis 24-Jährigen ist der Anteil mit 29 Prozent deutlich
Maßnahmen zu kennen, mit denen sich die Arbeitsfähigkeit         höher als in allen anderen Altersgruppen (durchschnittlich
stärken oder erhalten lässt. In Anspruch genommen hatte sie      15 Prozent). Am häufigsten haben Soloselbstständige aus dem
bisher jedoch nur etwa jede sechste befragte Person (16 Pro-     Gesundheitswesen und dem Beratungsbereich Angebote in
zent). Dabei standen inhaltliche Maßnahmen wie Fortbildun-       Anspruch genommen (27 Prozent bzw. 23 Prozent). Am
gen oder Coachings ebenso hoch im Kurs wie Beiträge zur          seltensten nehmen Soloselbstständige aus dem Kommuni­
                                                                 ­
körperlichen Fitness. Die in Anspruch genommenen Maßnah-         kations- und Informationsgewerbe an Maßnahmen teil
men teilen sich nach ihrer Art wie folgt auf:                    (neun Prozent).
– 5,5 Prozent inhaltliche Maßnahmen wie Webinar, Seminar,
    Fortbildung, Beratung, Coaching, Speaker Event,
   ­Umschulung, IT-Seminar
– 5,4 Prozent Maßnahmen zum Erhalt der körperlichen
    Fitness und Gesundheit wie Rückentraining, Yoga,
   ­Physiotherapie, Personal Training

                                                                                                               iga.Report 46 | 21
Selbst und ständig?

Maßnahmen kommen fast immer gut an                                                    Junge Soloselbstständige suchen nicht nur häufiger Unterstüt-
Die meisten Teilnehmenden (86 Prozent) beurteilen die Maß-                            zung, sondern sind damit auch am zufriedensten – und zwar
nahme, an der sie zur Stärkung und zum Erhalt ihrer Arbeitsfä-                        unter den 19- bis 24-Jährigen zu 100 Prozent. Aber auch in
higkeit teilgenommen haben, als hilfreich. Dabei profitierten                         allen anderen Altersgruppen ist die Zufriedenheit mit durch-
Frauen etwas stärker als Männer (Frauen: 90 Prozent Zufrie-                           schnittlich 86 Prozent sehr hoch.
denheit; Männer: 84 Prozent Zufriedenheit).

6          Gesundheitsverhalten

6.1        Einfluss der Arbeit auf die Gesundheit                                     Abweichungen zur Gesamtstichprobe zeigen sich vor allem
                                                                                      bei den 19- bis 24-Jährigen: Sie erleben die Soloselbstständig-
                                                                                      keit mit Blick auf ihre Gesundheit seltener positiv (35 Prozent)
Soloselbstständigkeit eher ein Plus für Gesundheit                                    oder häufiger neutral (51 Prozent) als alle anderen Altersklas-
Die Ausübung einer soloselbstständigen Tätigkeit wird von                             sen. Es kommt auch darauf an, wie lange jemand bereits solo-
den Befragten eher als förderlich für die Gesundheit angese-                          selbstständig ist. Beträgt die Dauer weniger als fünf Jahre,
hen: 47 Prozent sind der Meinung, dass die Ausführung ihrer                           wird der Einfluss mit 54 Prozent etwas häufiger positiv bewer-
Arbeit ihre Gesundheit positiv beeinflusst, 29 Prozent sehen                          tet als bei längerer Soloselbstständigkeit (44 Prozent). Schließ-
keinen Einfluss. Etwa ein Viertel (24 Prozent) bewertet den                           lich hängt auch das zeitliche Arbeitspensum mit der Einschät-
Einfluss der Arbeit auf die eigene Gesundheit negativ.                                zung zusammen: Soloselbstständige, die weniger als vier

                                                      Einfluss der Arbeit auf die Gesundheit
    100 %

                                                                                              Positiv/eher positiv             Kein Einfluss        Negativ/eher negativ

      80 %

                                                                               70

                                                                                                                    64
      60 %
                                                 57
                                                                                                55

              46                                           46                                                                                              47

                                                                41
      40 %                   38                                                                                                                37
                                                                                                                                         35
                                       32
                   30             30                                                                                                                                 30
                                                                                                      28                                            28
                        24                  25
                                                                                                                                 23                             23
                                                                                    20
      20 %                                            18                                                   17
                                                                     13                                                   13
                                                                                         10

                                                                                                                                               3%
       0%
                          be t-

                            w d

                                 en

                                                                                    en

                                                                                                   ng

                                                                                                                          ch

                                                                                                                                                                es
                                ich

                                 be

                          sw nd
                                en

                                                                                                                                         zw s-
                                                                                                                                              en
                        ge un
                       gs ns

                                                                                                                                                            tig
                                                                                                                       ei

                                                                                                                                       an ng
                             es

                                                                                 es

                                                                                                 tu
                              er

                      ng u
                             es
                             re

                                                                                                                                           es
                    un die

                                                                                                                     er
                     ns -

                                                                                                ra
                   nu ks-

                            w

                                                                               sw

                                                                                                                                    Fin ru

                                                                                                                                                          ns
                   io ns

                                                                                                                      B
                                                                                              Be
                        its
                 ist ns

                                                                                                                                   d che

                                                                                                                                                         So
                 at tio

                                                                             g
                oh üc

                                                                                                                   er
                                                                          un
                     he
               le me

              W dst
             rm a

                                                                                                                ch

                                                                                                                                 un rsi
           fo nik

                                                                          ld
                  nd
                 eh

                                                                                                             ris

                                                                                                                                   Ve
                un

                                                                      Bi
               su
         In mu

                                                                                                           le
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                                                                                                           st
      te

            m

                                                                                                         n
    Un

         Ko

                                                                                                      Kü

Abbildung 12: Einfluss der Arbeit auf die Gesundheit

22 | iga.Report 46
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