Impfen im Spital - wen dürfen / wen müssen wir schützen ? - Hygiene in der Pflege 24. Februar 2017 - Kantonsspital Aarau
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Hygiene in der Pflege 24. Februar 2017 Impfen im Spital – wen dürfen / wen müssen wir schützen ? PD Dr. med. Christoph Fux Infektiologie & Spitalhygiene
Masern Schweiz & Europa 3’577 Fälle 93% nicht geimpft 5% nur 1/2 Dosen 260 Hospitalisationen 147 Pneumonien 8 Encephalitiden 1 Todesfall WHO Daten
Masern in der Schweiz Inzidenz ≥1 Dosis (2y) Deutsch-CH 61/100,000 84.7 % Lateinische CH 13/100,000 92.3 %
Masern in der Schweiz Besonders markant fiel der Anstieg bei den 16-Jährigen aus: Waren im Zeitraum 2008 bis 2010 schweizweit erst 85 Prozent mit zwei Dosen geimpft, ergab die Stichprobe im 2014 einen Wert von 93 Prozent, was auf zahlreiche Nachimpfungen hinweist. Im Weiteren sind die Unterschiede zwischen den Kantonen deutlich geringer geworden. Der Kanton Appenzell Innerrhoden etwa verzeichnete 2008 bei der zweiten Impfung von Zweijährigen erst einen Wert von 50 Prozent, der nun bis 2014 auf 85 Prozent gestiegen ist.
Wen schützen ? Wen von wem? Dürfen? Müssen? Patient Mitarbeiter Besucher
Grundvoraussetzung 1: Impfen wirkt 12
Last naturally occurring case of smallpox: child in Somalia 1977
Wirksamkeit der Influenza-Impfung – Portugal 2011/12 Costa JT et al. High effectiveness of pandemic influenza A (H1N1) vaccination in healthcareworkers from a portuguese hospital. Int Arch Occup Environ Health 2012
Wirksamkeit der Influenza-Impfung – USA 2011/12 Ohmit SE et al. CID 2014
Influenza 2015/16 – gloria Victoria !
Grundvoraussetzung 2 Der politische Wille Parlament Bundesrat BAG Kantone Spital Individuum Grundlagen: 1) Epidemiengesetz 2) Weisungen Bundesamt für Gesundheit (BAG) 3) ArbeitnehmerInnenschutz-Verordnung 4) Mutterschutzverordnung 5) OR 17
1) Bundesgesetz über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) Zweck übertragbare Krankheiten überwacht und Grundlagenwissen über ihre Verbreitung und Entwicklung bereitgestellt werden... Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erarbeitet unter Einbezug der Kantone themenspezifische nationale Programme zur Erkennung, Überwachung, Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten, insbesondere in den Bereichen: a.Impfungen
1) Epidemiengesetz - etwas konkreter: Der Bundesrat kann nach Anhörung der Kantone folgende Massnahmen anordnen: c. Ärztinnen, Ärzte und weitere Gesundheitsfachpersonen verpflichten, bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten mitzuwirken d. Impfungen bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen, bei besonders exponierten Personen und bei Personen, die bestimmte Tätigkeiten ausüben, für obligatorisch erklären. 3 Der Bundesrat kann die Pflicht vorsehen, Verhütungs- und Bekämpfungsmassnahmen sowie deren Wirkung zu melden. Er kann öffentliche und private Institutionen, die eine besondere Pflicht zum Schutz der Gesundheit von Menschen haben, die in ihrer Obhut sind, zur Durchführung geeigneter Verhütungsmassnahmen verpflichten. Ärztinnen, Ärzte und weitere Gesundheitsfachpersonen tragen im Rahmen ihrer Tätigkeit zur Umsetzung des nationalen Impfplans bei.
1) Epidemiengesetz - aber: Die Kantone können Impfungen von gefährdeten Bevölkerungsgruppen, von besonders exponierten Personen und von Personen, die bestimmte Tätigkeiten ausüben, für obligatorisch erklären, sofern eine erhebliche Gefahr besteht. Eine Massnahme nach den Artikeln 33-38 darf nur angeordnet werden, wenn: a. weniger einschneidende Massnahmen nicht ausreichen oder nicht geeignet sind; und b. die Massnahme dazu dient, eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit Dritter abzuwenden. 2 Die Massnahme muss erforderlich und zumutbar sein.
1) Epidemiengesetz - Staatsgarantie 1Wer durch eine behördlich angeordnete oder behördlich empfohlene Impfung geschädigt wird, hat Anspruch auf eine Entschädigung. 1 Wer durch eine behördlich angeordnete oder behördlich empfohlene Impfung geschädigt wird, hat Anspruch auf Genugtuung… 3 Sie beträgt höchstens 70 000 Franken.
2) BAG: «Der Kantonsarzt legt das Ausmass der Nachholimpfungen fest im Umfeld von Masernverdachtsfällen und Masernfällen (Schulklasse, Schulkomplex, benachbarte Kindergärten und Schulen usw.) und ordnet den 21-tägigen Ausschluss nach Letztexposition zu einem kontagiösen Masernfall von potenziellen Überträgern ohne fristgerechte postexpositionelle Impfung an.» «Eine Immunität gegen Masern wird als Anstellungsbedingung (für Lehrpersonen und Kinerbetreuerinnen) empfohlen» Franchisenbefreiung für Impfungen
3) ArbeitnehmerInnenschutz- Verordnung Verordnung über den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Gefährdung durch Mikroorganismen (SAMV) 832.321 Stand 1.6.2012 1Der Arbeitgeber muss zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor jedem Umgang mit Mikroorganismen und vor jeder Exposition gegenüber Mikroorganismen die Gefahr ermitteln und das damit verbundene Risiko bewerten. Der Arbeitgeber muss kollektive oder, wo dies nicht oder nur teilweise möglich ist, individuelle Schutzmassnahmen treffen.
3) ArbeitnehmerInnenschutz- Verordnung Art. 14 1 Bei der Gefahrenermittlung und der Risikobewertung muss der Arbeitgeber prüfen oder prüfen lassen, für welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besondere arbeitsmedizinische Schutzmassnahmen erforderlich sind. Sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegen einen Mikroorganismus, mit dem sie umgehen oder dem sie ausgesetzt sein könnten, noch nicht immun, so müssen sie auf Veranlassung und Kosten des Arbeitgebers eine wirksame Impfung erhalten, wo dies möglich und sinnvoll ist. 3 In der Gesundheitsakte werden folgende Daten festgehalten: b. Untersuchungen zum Immunitätsstatus der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers; c. durchgeführte Impfungen;
3) ArbeitnehmerInnenschutz- Verordnung Art. 16 1 Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen die Weisungen des Arbeitgebers in Bezug auf die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz befolgen und die allgemein anerkannten Sicherheitsregeln beachten. 2Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen jeden Unfall oder Zwischenfall, bei dem sie Mikroorganismen ausgesetzt sind, unverzüglich … melden.
4) Mutterschutzverordnung 822.111.52 Stand 1.7.2015
5) OR Verhältnismässigkeit Art. 328 1 Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. 2 Er hat zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemessen sind, soweit es…
Zusammenfassung Viele könnten bestimmen, (noch) niemand bestimmt Vieles bleibt subjektiv und damit anfechtbar > öffentliche Meinung > Juristen Föderalismus muss überwunden werden 28
Konzept zur Reduktion nosokomialer viraler Infektionen - Influenza - Masern - Varizellen - Hepatitis B Etablierte Massnahmen: Besucher mit Atemwegsinfektionen: auf Spitalbesuch verzichten (Plakate, Infoscreen) Patienten mit respiratorischen Symptomen & Grippeepidemie: Tröpfchen-Isolation und Influenza-PCR (Kohortierung mgl.) Mitarbeitende: BAG-empfohlene Impfungen erklären und empfehlen Mitarbeitende mit Atemwegs-Symptomen: Mundnasenschutz tragen
Konzept zur Reduktion nosokomialer viraler Infektionen 3 zusätzliche Massnahmen koordinierte Strategie, von der GL unterstützt: Neue Anstellungsverträge: Bereitschaftserklärung neuer Mitarbeiter mit Patientenkontakt, sich gemäss BAG impfen zu lassen (Hepatitis B, Masern, Varizellen Evaluation während Probezeit) Influenza-Impfung durch peers: Niederschwelliges, dezentrales Impfangebot (Abteilung, Ärztekonferenz, Rapporte, Kantine) Auf Risikoabteilungen: Mitarbeitende sind gegen Influenza geimpft oder Maske bei jedem Patientenkontakt während Influenzaepidemie Risikoabteilung: Geburtshilfe, Neonatologie, Intensivstationen, Onkologie
Risiko = Wahrscheinlichkeit eines unerwünschten Ereignisses X Ausmass der Folgen des Ereignisses
Selbstverantwortung? absolute Wagnisse Bei folgenden Sportarten/Tätigkeiten werden bei Unfällen die Geldleistungen gemäss Art. 50 UVV um 50 % gekürzt • Auto-, Motorrad-, Motorbootrennen, Motocross, Downhillbiking… • Base-Jumping • Fullcontact-Wettkämpfe (bspw. Boxwettkämpfe) • bewusstes Zertrümmern von Glas • Karate-extrem • Sprünge mit Bikes mit akrobatischen Einlagen (wie Salti, Drehungen um die eigene Achse, Hände vom Lenker oder Füsse von den Pedalen nehmen) • Rollbrettabfahrten, sofern wettkampfmässig oder auf Geschwindigkeit betrieben • Speedflying • Tauchen in einer Tiefe von mehr als 40 Metern
Selbstverantwortung? relative Wagnisse Kürzung der Geldleistungen um 50 %, wer die üblichen Regeln oder Vorsichtsgebote in schwerwiegender Weise missachtet. • Bergsteigen, Klettern oder Schneesportaktivitäten abseits markierter Pisten, bei schwerwiegender Missachtung der üblichen Gebote (ungenügender Ausrüstung, Erfahrung oder bei schlechtem Wetter etc.) • Gleitschirm- und Hängegleiterfliegen bei sehr ungünstigen Windbedingungen Als relative Wagnisse gelten auch andere Aktivitäten, bei denen die objektiv grossen Risiken nicht auf ein vertretbares Mass herabgesetzt wurden.
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