Indiana-Jones und die Schlüssel von Buchenbeeke
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Buchenbeeke, im Dezember 2008 Willkommen zur Lesung 2008, die den Titel trägt: Einblenden Präsentation: Indiana-Jones, ca. 30 Sekunden nach dem Erscheinen des letzten Schriftzuges, Musik leiser werden und danach Übergang auf nächste schwarze Folie Indiana-Jones und die Schlüssel von Buchenbeeke Ja, ja liebe Märchenfreunde, es ist wieder soweit. Die Lesung steht unmittelbar bevor. Die älteren unter Euch werden sich noch an die wohlige Vorfreude erinnern können, wenn seinerzeit der Advents- Vierteiler im ZDF auf dem Programm stand. Die Schatzinsel, Tom Sawyer, die Lederstrumpferzählungen oder der Seewolf gehören zum unvergessenen Repertoire dieses Genres. Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, die guten alten Zeiten wieder aufleben zu lassen und selbst einen solchen Vierteiler zu schreiben. Die Spannung, die sich jedoch immer aufbaute, wenn ein Teil vorüber war und man die Zeit bis zum nächsten Teil kaum erwarten konnte, kann ich Euch schlecht vermitteln. Denn ihr werdet alle vier Teile hier und heute erleben. Freilich klingt es etwas vermessen, in die Fußstapfen von Robert Louis Stevenson, Mark Twain, James Fenimore Cooper oder Jack London zu treten, aber ich möchte es einfach mal versuchen. Und so taucht denn mit mir ein in vierteiliges Abenteuer mit den Helden und Heldinnen aus Buchenbeeke. Aber wie jeder gute Vierteiler muss auch diese Erzählung einen Namen haben. Was bietet sich da mehr an, als die Sehnsucht unserer lieben Dorfbewohner nach immer neuen Schätzen zu verwenden und den wohl berühmtesten Schatzsucher der Welt als Aufhänger zu wählen. Furchtlose Männer und hübsche Blondinen, die so prächtig zu schreien verstehen, haben wir schließlich genug. Und wie immer kann man hier heute Abend auch wieder etwas lernen. Nein, nicht Seite 1 von 45
nur wie man Bier und Wein trinkt, das können die meisten von Euch ja schon ganz gut, sondern etwas wirklich Lehrreiches. Also gebt schön Acht und passt auf, was Euch der liebe Märchenonkel jetzt erzählt. Doch wie gewohnt die Vorgeschichte zu den Episoden aus Buchenbeeke. Wie kam es diesmal zu den Absonderlichkeiten, die die Bewohner dieses kleinen obskuren Dorfes am Fuße der Hirschburger Berge so auszeichnen? Wieder einmal war eine große Feierlichkeit zu Ende gegangen und viele der Protagonisten saßen noch bei einem Traumburger zusammen auf dem Festplatz. „Das gemeinste Schützenfest der Welt“ saß noch allen in den Knochen und der abschließende Kriegsrat tagte nicht mit dem gewohnten Elan. Wie gewöhnlich etwas mürrisch, wenn er die genauen Zahlen der Veranstaltung noch nicht vorliegen hatte, resümierte der Schwatzmeister. „Alles in allem kein schlechtes Fest, aber es wurde wieder mal viel zu wenig getrunken. Daran wird es vermutlich letztendlich finanziell hapern. Drei oder vier Hekto mehr und es wäre ganz ordentlich gewesen.“ Selbst die rasche Versicherung aller Anwesenden, dass es an ihnen ja wohl nicht gelegen haben könne, ließ er nicht gelten. Da meldete sich Billy zu Wort. „Es scheitert wie immer am Samstag und Sonntag. Denn der Freitag ist doch wieder optimal gelaufen. Die Comedy von Sabrina Ochsbein und Dieter Putzmüller war ja wohl allererste Sahne.“ Da stimmten ihm alle zu. Die Show, die die beiden abgeliefert hatten, riss das Publikum wieder mal zu Beifallsstürmen hin. „Ich möchte mal wissen, wo Putzmüller immer die Geschichten hernimmt. Solche bescheuerten Typen, wie er die Einwohner von Seite 2 von 45
Flachenjauche immer beschreibt, gibt es doch eigentlich gar nicht, “ sagte Jan-Peter. „Dann schau Dich doch mal in Buchenbeeke um, dann wirst Du schon merken, wen er dabei im Sinn hat“, antwortete Ralf Gurke. „Du meinst doch nicht etwa uns?“ beeilte sich Udo Röhrich zu fragen. „Du bist ein echter Blitzmerker“, versicherte ihm Ralf. „So bescheuert, wie Du denkst, sind die vielleicht gar nicht. Jedenfalls nicht alle, “ orakelte Maxe in diesem Moment. „Wieso, hältst Du Dich vielleicht nicht für bescheuert. Ich dachte immer, Du wärst der Chef aller Bekloppten, “ erwiderte Ulf Dahlke. „Sei vorsichtig mit dem, was Du sagst. Christoph Peppermann hat mal in den Traumburger Nachrichten geschrieben, ich wäre mehr als nur ein Zahlenknecht. Aber vor kurzem, bin ich bei all den Zahlen zufällig auf etwas gestoßen, was unsere bisherigen Unternehmungen in den Schatten stellen könnte. Passt mal auf: Wie ihr ja alle wisst, bin ich geschichtlich sehr interessiert. Ich hatte mir also neulich mal die Standorte mit den genauen Koordinaten einiger Sehenswürdigkeiten in Deutschland herausgesucht, die ich demnächst mal zu besuchen gedachte. Die Daten lauteten: Einblenden Bild: Koordinaten Hermannsdenkmal in Detmold, eingeweiht 16.08.1875 51° 54’ 37’’ nördlicher Breite / 08° 50’ 31’’ östlicher Länge Niederwalddenkmal in Rüdesheim, eingeweiht 28.09.1883 49° 58’ 51’’ nördlicher Breite / 07° 53’ 59’’ östlicher Länge Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, eingeweiht 18.10.1913 51° 18’ 44’’ nördlicher Breite / 12° 24’ 47’’ östlicher Länge Wilhemstein, 1761-1765, eingeweiht 1761-1765 52° 27’ 37’’ nördlicher Breite / 09° 18’ 27’’ östlicher Länge Ausblenden Bild: Koordinaten und Übergang auf nächste schwarze Folie Seite 3 von 45
Als ich gerade alle Daten dazu in den Rechner eingegeben hatte, klingelte das Telefon. Udo Röhrich war am Apparat, um mir die Änderung seiner Kontonummer durchzugeben. Ich rief also die dazugehörige Datenbank auf und trug die neuen Werte ein. Nun hatte ich aber noch die Werte der Koordinaten vom Hermannsdenkmal im Speicher. Aus Versehen kam ich auf die „Einfügen-Taste“. Als ich das gemerkt hatte, wollte ich es natürlich sofort wieder löschen, als ich plötzlich stutzte. Die Kontonummer von Udo war identisch mit den Längen-Koordinaten des Denkmals. ‚Na, das ist ja mal ein komischer Zufall’, schmunzelte ich bei mir. Mehr so zum Spaß ließ ich dann die Ortsbestimmungen der anderen Denkmäler mal gegen die komplette Liste aller mir zur Verfügung stehenden Kontonummern laufen. Daraufhin verwandelte sich meine Verblüffung in grenzenloses Erstaunen. Drei weitere Kontonummern waren identisch mit den ausstehenden Denkmälern. Das konnte doch kein Zufall mehr sein. War ich einem Geheimnis auf die Spur gekommen? Eine unheimliche Spannung machte sich in mir breit. Die Kontonummern von Heinz-Jörg Zebramowski, Rolph Lindbergh und Billy Wäscher deckten sich mit den Längen-Koordinaten der drei anderen Denkmäler. In fiebriger Eile erstellte ich nun eine Liste, die alle Zahlen beinhaltete, die in einem Zusammenhang mit Mitgliedern des Ballervereins oder des Fordervereins von Buchenbeeke stehen. Ich glaube, man kann sich meine Aufregung vorstellen, als sich auch hier Gemeinsamkeiten fanden. Die Werte der Breiten-Koordinaten waren die gleichen wie die Handynummern von Udo Röhrich, Heinz-Jörg Zebramowski, Rolph Lindbergh und Billy Wäscher. Jetzt konnte es keinen Zweifel mehr geben. Die Daten mussten ein Geheimnis beherbergen, aber welches zum Teufel? Ich ließ mir eine Deutschland-Karte ausdrucken, zeichnete die Koordinaten ein und Seite 4 von 45
verband sie entgegen dem Uhrzeigersinn miteinander. Instinktiv wählte ich dabei den zuerst gefundenen Punkt, also das Hermannsdenkmal, als Startpunkt. Ich war mir sicher, einem Mysterium auf die Schliche gekommen zu sein, dessen Ursprung nicht von dieser Welt sein konnte und beschloss, die Sache so bald wie möglich mit den Jungens zu besprechen. So liebe Leute, und das ist der Stand der Dinge, den wir momentan vorfinden.“ Ganz gebannt hatten alle an den Lippen des Schwatzmeisters gehangen, um seinen unglaublichen Äußerungen zu folgen. Alle waren sich darüber im Klaren, dass die Geschichte etwas zu bedeuten hatte, aber was? Als Erster ergriff Erhard Mieze das Wort. „Einen Zusammenhang zwischen diesen exponierten Orten und Buchenbeeke muss es einfach geben. Ich schlage vor, wir bilden vier Expeditionskorps, um der Sache auf den Grund zu gehen. Wir sollten genauso vorgehen, wie Maxe es auf der Karte getan hat, also entgegen dem Uhrzeigersinn. Vielleicht wäre es das Beste, wenn jeweils die Person die Expedition anführt, deren Daten mit dem Punkt in Verbindung stehen.“ „Das hört sich ziemlich vernünftig an“, meinte Torsten Felge. Jetzt mischte sich auch der Leitende ein: „Expedition 1 unter Leitung von Udo Röhrich nach Detmold, Expedition 2 unter Leitung von Heinz-Jörg Zebramowski nach Rüdesheim, Expedition 3 unter Leitung von Rolph Lindbergh nach Leipzig, Expedition 4 unter Leitung von Billy Wäscher zum Wilhelmstein. Udo und seine Truppe starten als erste. Vielleicht entdecken sie Informationen, die für den weiteren Verlauf wichtig sein könnten.“ Seite 5 von 45
Diesem Vorschlag konnten sich alle anschließen. Und so wurde beschlossen, dass Udos Truppe sich wie folgt zusammensetzen sollte: Udo Röhrich, Regina Röhrich, Ralf Gurke, Renate Gurke, Tamara Gurke, Erhard Mieze, Katrin Mieze, Torsten Felge Schon am nächsten Wochenende sollte es losgehen. Bevor man jedoch auseinander ging, verkündete Meister Röhrich: „Als Expeditionsleiter gebe ich dem Unternehmen den Decknamen ‚Der Allee-Wolf’. Damit nahm er Bezug auf die geliebte Straße, in der er wohnt - die Lindenallee - und den Firmennamen der von ihm bevorzugt installierten Heizungen. „Aber wenn wir schon auf Schatzsuche gehen, sollten wir uns auch entsprechend kleiden.“ Erhard Mieze war es, der sich nun zu Worte meldete. „Ich stelle meinen Feodara und eine selbst geknüpfte Peitsche zur Verfügung. Dann sieht Udo aus wie Indiana-Jones.“ Nur zur kurzen Erklärung sei hier noch erwähnt, dass man einen Hut, wie ihn der berühmte Film-Archäologe trägt, Feodara nennt. Alle waren von diesem Vorschlag begeistert und man beschloss, dass jeder Expeditionsleiter diese Utensilien tragen sollte. Somit fand der 1. Teil des diesjährigen Vierteilers seinen Namen und Anfang. Und jetzt geht’s also los mit: Einblenden Präsentation: Der Allee-Wolf, ca. 30 Sekunden nach dem Erscheinen des letzten Schriftzuges, Musik leiser werden und Übergang auf nächste schwarze Folie Der Allee-Wolf Während der Woche war Udo noch damit beschäftigt, seinen Transporter für die Personenbeförderung umzurüsten. Zunächst war er ja versucht, für den Trip einen echten Ferrari zu besorgen, aber die Kisten sind nun mal nicht so zuverlässlich, wie ein Mercedes. Also Seite 6 von 45
entschloss er sich, es mit seinem Fiat-Verschnitt von IVECO zu probieren. Und außerdem hatten er und einige andere Buchenbeeker schon genug Geld in das Unternehmen Formel-1 investiert. Was nicht bedeuten soll, dass sowohl die Schadenfreude als auch die Feier den meisten Beteiligten an der diesjährigen Wette keinen Spaß gemacht hätten. Letztendlich kam er zu der Überzeugung, dass sein Fahrzeug Buchenbeeke schon etliche gute Dienste geleistet hatte und der Ort ohne seinen Transporter so manches Mal aufgeschmissen gewesen wäre. Pünktlich am Samstagmorgen war alles fertig und das Abenteuer konnte beginnen. Weil aufgrund der großen Personenzahl im Inneren des Fahrzeuges kaum noch Platz für das evtl. benötigte Gerät war, wurde kurzerhand der Bootstrailer von Jonas Beckmann angehängt. Und dann setzte sich das Gefährt mit der imposanten Länge in Bewegung, um seine Odyssee ins Unbekannte zu beginnen. Selbstverständlich war die mobile Zapfanlage des BvB (Ballervereins von Buchenbeeke) zuvor installiert worden, um auch ausreichend verproviantiert zu sein. Wenn während der Fahrt zunächst noch lautes Geplapper geherrscht hatte, merkte man, dass es merklich ruhiger wurde, je weiter man sich dem Ziel näherte. Alle Akteure waren sich über die Ungewissheit, die sie erwartete, im Klaren. Endlich angekommen gab Udo den Befehl zum Absitzen und sammelte seine Expeditionsmitglieder um sich. „Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich brauche wohl nicht weiter zu betonen, dass unsere Truppe den weitaus schwersten Teil dieses Unternehmens zu bewältigen hat. Schließlich müssen wir den ersten Ansatzpunkt finden, um diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Wenn wir scheitern, brauchen die anderen Gruppen gar nicht erst los zufahren. Ich bitte also um Vorschläge, wie wir vorgehen wollen.“ Seite 7 von 45
„Wir sollten zunächst einmal das Gelände erkunden, um uns einen ersten Eindruck zu machen“, schlug Tamara Gurke vor. „Das hört sich doch schon mal ganz vernünftig an“, meinte Torsten. „Bleiben wir also vorerst alle zusammen und gucken uns den Laden mal an.“ Wie verkündet, geschah es dann auch. Während sich die Herren der Schöpfung im Vorfeld aber mehr mit den technischen Problemen auseinandergesetzt hatten, waren die weiblichen Expeditionsteilnehmer die Sache eher pragmatisch angegangen. Sie hatten schon zuhause ein Dossier über das Hermannsdenkmal zusammengestellt, das nun von großem Nutzen sein sollte. Im Verlauf der ersten Besichtigung erklärte Renate Gurke den übrigen Personen einiges zu Unterbau und Figur des Denkmals. Anmerkung des Verfassers: Hier nun die erste Stelle, wo man etwas lernen kann. Einblenden Bild: Hermannsdenkmal „Der Unterbau des Hermannsdenkmals hat einen runden Grundriss, ist 26,89 m hoch und besteht aus roh behauenem Sandstein. Auf dem 2,20 m hohen Sockel schließen sich zurückgesetzt zehn Pfeiler und zehn Nischen an. Die Schäfte der Pfeiler haben eine hexagonale Form. Die einzelnen Pfeiler sind durch Rundbögen verbunden. Über ihnen schließt sich der rippenwulstartige Besucherumlauf an. Darüber wiederum eine Rundkuppel und auf einem weiteren kleinen Sockel die Figur des Hermann. Die Figur hat eine Höhe von 26,57 m, besteht aus einer Eisenrohrkonstruktion, die Oberfläche jedoch aus Kupferplatten. Zu sehen ist eine überlebensgroße Figur mit antikisierender Rüstung und Flügelhelm. Der rechte Arm ist emporgestreckt und hält ein Schwert, das 7 m misst und ca. 550 kg wiegt. Der Schwertarm ist in Richtung Westen gestreckt; dies wird je nach Standpunkt als ein offensives oder defensives Mahnen in Richtung Frankreich interpretiert. Der linke Arm ist Seite 8 von 45
auf einen bauchhohen Schild gelehnt. Unter dem linken, leicht angewinkelten Bein liegen ein Adler sowie ein Rutenbündel mit Beil.“ Ausblenden Bild: Hermannsdenkmal und Übergang auf nächste schwarze Folie „Mensch, hör bloß bald auf“, unterbrach Ralf Gurke seine Frau. „Mir klingeln schon die Ohren. Das interessiert doch keine Sau.“ „Ich denke schon, dass das interessant sein könnte“, erklärte Erhard. „Schließlich müssen wir wissen, wo wir anfangen sollen zu suchen.“ „Warum ist dieses Denkmal überhaupt gebaut worden?“, fragte Katrin Mieze. „Zu Ehren des Cheruskerfürsten Arminius, der hier im Teutoburger Wald die Römer ordentlich verdroschen hat“, dozierte Regina Röhrich. „Na klar“, rief daraufhin Udo einem plötzlichen Geistesblitz folgend. „Und womit hat er sie verdroschen? Mit seinem Schwert! Da müssen wir die Lösung des Problems suchen.“ „Aber wie kommen wir da ran? Die Figur ist schließlich nicht bis zum Schwert besteigbar, “ fragte Tamara. „Kein Problem, meine Liebe“, erwiderte Torsten. „Wir haben an alles gedacht. Strickleitern sind genügend im Auto.“ „Doch ein Problem“, sagte Ralf. „Die werden uns kaum erlauben, hier so ohne weiteres an der Figur herumzuklettern. Wir müssen also abwarten, bis es dunkel wird.“ Dieser Vorschlag wurde mehrheitlich akzeptiert. Aus diesem Grund ging man zunächst zurück zum Auto, um das Weitere zu besprechen und die Zapfanlage auf ihre anhaltende Funktionalität zu überprüfen. Als es dann dunkel war und keine anderen Touristen mehr zu sehen waren, machten sich unsere Helden ans Werk. Während die Frauen Schmiere standen, versuchten die Männer zunächst vergeblich eine Strickleiter am Denkmal zu befestigen. Erst der Geschicklichkeit von Seite 9 von 45
Torsten war es schließlich zu verdanken, dass mit Hilfe eines Strickes die Steighilfe angebracht werden konnte. „Wer klettert jetzt rauf?“ wollte Udo von seinen Männern wissen. Ihm selbst stand bei seiner Höhenangst nicht gerade der Sinn danach. Und schon kreischte auch seine bessere Hälfte in bester Indy-Blondinen- Manier los: „Oh nein, bloß nicht Du, Schatzy. Du bist doch nicht schwindelfrei.“ Als Jüngster bot sich jetzt Torsten für diesen gefährlichen Job an. Aber wie so oft in solchen Fällen üblich, ließ Ralf es sich nicht nehmen, selbst Hand an zu legen. Immerhin hatte er mit eben dieser Hand schon so manche Kostprobe seiner außerordentlichen Kraft gegeben. Noch während der letzten Veranstaltung auf dem Festplatz hatte er eine Pappschale mit goldgelb gebackenen Kartoffelstäbchen bis zur Unkenntlichkeit zerquetscht. Mit einer Stablampe versehen enterte er nun auf, bis er am Schwert von Hermann angekommen war. Und tatsächlich – er musste nicht lange suchen, um eine leidlich verborgene Klappe zu finden, die mit Schrauben verschlossen war. „Ich brauche einen 17er“, rief er leise nach unten. „Wie kannst Du nur jetzt ans Saufen denken?“ ärgerte sich Udo, der meinte, Ralf wollte einen Flaschenöffner haben, um eine Bierflasche zu öffnen. „Ich meine einen 17er Maulschlüssel, Du Idiot“, entgegnete Ralf leise. „Ich bringe ihn Dir.“ Torsten nahm nach diesen Worten entschlossen den Aufstieg in Angriff. Bei Ralf angekommen gelang es den beiden nach einiger Zeit den Verschluss der Klappe zu öffnen. Als Torsten hineingriff, fühlte er ein gerolltes Pergament und eine kleine Schatulle darin liegen. Schnell nahm er beides heraus und übergab es Ralf. Dann begann er die Seite 10 von 45
Schrauben wieder zu befestigen. Als das geschehen war, machten sich die beiden wieder an den Abstieg. Nachdem die Strickleiter eingeholt war, machten sich alle wieder auf den Weg zu Udos Transporter. Sie wollten nicht länger als unbedingt nötig am Fuße des Denkmals verweilen. Als sie dann im Inneren des Autos beisammen saßen, öffnete Udo die Schriftrolle. Und dort stand, wenn auch schon in reichlich verwitterten, so doch noch gut lesbaren Lettern geschrieben: ‚In der Schatulle findest Du den ersten Schlüssel. Suche und finde auch die anderen drei, dann wird Dir großer Reichtum beschert.’ „Donnerwetter, das ist ja ´nen Ding.“ Erhard zeigte sich begeistert und öffnete die kleine Schachtel. Tatsächlich lag ein großer Schlüssel darinnen, wie er früher für schwere Holztüren verwendet wurde. „Gefunden“, jubilierte Katrin. „Wir haben unseren Teil erledigt.“ Das sahen auch die anderen so. Zufrieden mit sich und ihrer Arbeit machten sie sich auf den Heimweg. Wie wohl nicht anders zu erwarten war, hielt der IVECO die Rückfahrt unbeschadet durch. Gar nicht auszudenken, wenn man mit einem echten Ferrari gestartet wäre und die Karre irgendwann unterwegs den Geist aufgegeben hätte. Dann hätte die Lesung schon jetzt ein eher unrühmliches Ende gefunden. Der erste Schritt zur Ergründung des großen Geheimnisses war also tatsächlich getan. Wie die Geschichte dann weiterging, das erfahrt ihr nach der Pause im zweiten Teil. Einblenden Präsentation: Hermannsdenkmal, nach Ende der Musik Übergang auf nächste schwarze Folie Kurze Pause Seite 11 von 45
So, nun geht es weiter mit dem zweiten Teil unseres Advent-Vierteilers. Und diese Episode trägt den Namen: Einblenden Präsentation: Der letzte Buchenbeeker, nach ca. 30 Sekunden Musik leiser werden und Übergang auf nächste schwarze Folie Der letzte Buchenbeeker Noch während der Rückfahrt von Detmold wurden von Udo per Handy alle Beteiligten gebeten, sich innerhalb der nächsten Stunde auf dem Festplatz einzufinden. Man habe große Neuigkeiten, die keinen großen zeitlichen Aufschub duldeten. Natürlich ließ es sich niemand nehmen, dabei zu sein. Was würden die Gefährten berichten? Waren es gute oder schlechte Nachrichten? Die Spannung war zum Zerreißen gespannt. Und dann bog Udos Transporter endlich auf den Festplatz ein. Sofort stürmten alle los, um die Ankömmlinge zu bedrängen. Aber Udo gebot Allen Ruhe und gönnte sich und seinen Leuten erstmal in Ruhe ein Glas Bier oder Sekt. Dann begann er seine abenteuerliche Berichterstattung. Die Zuhörer tranken die Erzählung förmlich von seinen Lippen. Mit einer solchen Entwicklung hatten auch die größten Optimisten nicht gerechnet. Lob von allen Seiten für ihre gute Arbeit regnete auf die Expedition herab. „Ausgezeichnet, ganz ausgezeichnet, Leute!“ ließ sich selbst der Leitende Heinz-Peter Wedemüller hinreißen. „Wenn wir Glück haben, können wir wieder ein Vermögen machen. Mal sehen, ob wir es diesmal besser verwerten, als damals mit dem Bernsteinzimmer.“ Und auch Billy Wäscher, der Vorsitzende des Fordervereins gab sich enthusiastisch. „Gar nicht ausgeschlossen, dass wir doch noch beide Jugendprojekte auf dem Festplatz verwirklichen können. Sowohl die Schlittschuhbahn für Seite 12 von 45
die Jugendlichen als auch die Hindernisbahn für die Kinder sind in greifbare Nähe gerückt. Jan-Peter, Gina lasst Euch an mein Herz drücken.“ Verständlicherweise hatten aber alle beiden in Anbetracht dieser Neuigkeiten keine Lust, sich den Liebesbezeigungen ihres Vorsitzenden zu widmen. „Na seht ihr, so doof wie alle sagen, ist der Schwatzmeister gar nicht. Ich habe also Recht behalten.“ Sichtlich mit sich und der Welt zufrieden gönnte sich Maxe sowohl einen Obstler und ein Bier als auch das Gefühl, wieder einmal das richtige Gespür gehabt zu haben. Da aber meldete sich Heinz-Jörg Zebramowski zu Wort. „Da ich ja nun zum Chef der zweiten Expedition auserkoren wurde, möchte ich mich auch kurz dazu äußern. Zunächst möchte ich mich ganz herzlich bei Udo Röhrich und seiner Truppe bedanken, die auch aus meiner Sicht ganz hervorragende Arbeit geleistet haben. Mit dem Finden des ersten Schlüssels haben sie die Tür für alle weiteren Unternehmen ganz weit aufgestoßen. Jetzt wissen wir alle, wonach wir zu suchen haben. Und wenn ich sage wir, dann meine ich damit die Mitglieder meiner Expedition. Ich rufe nun die Namen derer auf, die zu diesem Abenteuer auserkoren sind. Heinz-Jörg Zebramowski, Sigrid Zebramowski, Jan Zebramowski, Udo Summnie, Gina Summnie, Heinz-Peter Wedemüller, Dutzel Choke, Silvy Choke Folgende Gründe haben mich zu dieser Auswahl bewogen. Im Kreise meiner Familie fühle ich mich besonders wohl, daher Frau und Sohn. Den Leitenden brauche ich wegen seines überragenden technischen Verstandes. Udo und Gina Summnie bringen ein wenig Jugend in unsere Altersexpedition. Dutzel und Silvy schließlich, weil insbesondere Dutzel Seite 13 von 45
bereits Ortskenntnisse am Denkmal hat. Schließlich waren er und der Schwatzmeister dort mal in Urlaub. Gebt mir noch diese Woche Zeit für die Organisation und dann werden wir am nächsten Wochenende aufbrechen.“ Wieder einmal herrschte große Eintracht unter den Anwesenden für diese Vorschläge. Weil es aber ja erst nächste Woche losgehen sollte, hatten alle noch Zeit, kräftig einen zur Brust zu nehmen. Udo übergab dann noch feierlich Hut und Peitsche an Heinz-Jörg, um ihn als Chef- Schatzsucher zu kennzeichnen. Schon während der Woche bekamen alle Expeditionsteilnehmer explizite Anweisungen von Heinz-Jörg, wie die Geschichte weitergehen sollte. Als Transportmittel hatte er die Eisenbahn gewählt. Zum einen, weil er keinen entsprechenden Transporter wie Udo hatte, zum anderen weil er dann nicht selbst fahren musste und so auch im Speisewagen dem Bier zusprechen konnte. So kam es, dass sich seine Leute alle pünktlich am Samstagmorgen an der Bushaltestelle von Buchenbeeke einfanden. Die meisten nur mit leichtem Gepäck. Einzig der Leitende hatte einen mittelgroßen Bollerwagen dabei. „Was willst Du denn mit all dem Zeug?“ fragte ihn Sigrid. „Lass mich nur machen. Du wirst schon sehen, dass wir den Kram brauchen werden, “ antwortete Heinz-Peter. So ging es zunächst frohen Mutes mit der Schweinhuder Meerbahn bis nach Wunstorf. Und als sich unterwegs der erste Durst einstellte und der Leitende kurzerhand eine Kiste Traumburger Pilsener aus seinem kleinen Nachläufer hervorzauberte, waren auch die letzten kritischen Stimmen zu seiner Armierung verstummt. In Wunstorf angekommen stieg man in die Eisenbahn nach Hannover um, wo der Zug nach Rüdesheim schon auf sie wartete. Der Speisewagen war schnell Seite 14 von 45
gefunden, in dem sich die Expedition dann für die kommenden Aufgaben erstmal ordentlich stärkte. „Wenn wir in Rüdesheim ankommen, werden wir sofort mit der Seilbahn zum Denkmal hoch fahren“, erklärte Heinz-Jörg seinen Zuhörern. „Das hört sich vernünftig an. Wir haben keine Zeit zu verlieren, “ meinte Udo Summnie. Die Fahrt erwies sich jedoch als ziemlich lang, sodass ohne das energische Einschreiten des Chefs um Haaresbreite schon die ersten Ausfälle zu verzeichnen gewesen wären. So aber ging alles gut und man kam wohlbehalten in Rüdesheim an. „Sollten wir bei aller Ernsthaftigkeit nicht doch ein wenig Kultur einfließen lassen?“ fragte Jan Zebramowski seinen Vater. „Na schön, so viel Zeit muss sein“, antwortete ihm Heinz-Jörg. Also wurde die Drosselgasse nicht nur schnell durchschritten, sondern die eine oder andere Pinte auf ihre Leistungsfähigkeit hin untersucht. Als Silvy dann aber vorschlug, noch an einer Besichtigung von Asbach-Uralt teilzunehmen, sprach Heinz-Jörg ein Machtwort. „Keine Chance Leute, schließlich sind wir nicht nur zum Spaß hier.“ Alle sahen ein, dass er Recht hatte. Also begab man sich zur Seilbahn, die die Touristen von Rüdesheim zum Niederwalddenkmal bringt. Hier konnte Dutzel auch zum ersten Mal mit seinen Ortskenntnissen prahlen. „Mit dieser Seilbahn sind Maxe und ich damals auch gefahren. Keine Angst, das ist überhaupt nicht gefährlich.“ Bevor der Leitende überhaupt anfangen konnte über die Sicherheit von Seilbahnen zu referieren, schnitt ihm der Expeditionsleiter schon das Wort ab. „Lass mal stecken, Heinz-Peter. Aber wir haben ein Problem. Wie bekommen wir den Bollerwagen in die kleinen Gondeln?“ Seite 15 von 45
Dieses Problem wusste auch der Leitende auf Anhieb nicht zu beheben. Deshalb beschloss man, dass die Gruppe sich trennen sollte. Während Heinz-Peter und Udo den beschwerlichen Weg mit dem Bollerwagen zu Fuß in Angriff nehmen sollten, würde der Rest die Seilbahn nehmen. Zunächst war angedacht worden, dass sich Dutzel mit auf den Fußmarsch machen sollte, aber eine Trennung von Dutzel und Silvy, selbst für so einen kurzen Zeitraum, musste als nicht durchführbar ad acta gelegt werden. Daraufhin vereinbarte man, dass man sich am Fuße des Denkmals wiedertreffen wollte. Während also das Gros der Truppe sich der Seilbahn anvertraute, machten sich zwei Leute per pedes auf den Weg. Aber der Weg durch die sommerlichen Weinberge wurde den beiden Spaziergängern nicht lang. Gut war nur, dass die Weintrauben zum einen noch nicht reif und zum anderen noch nicht vergoren waren. Sonst hätte es wohl nicht gut um das Ende dieser Expedition ausgesehen. Der Rest der Truppe war derweil mit der Gondel unterwegs. Nur am Rande sei an dieser Stelle erwähnt, dass sich Silvy dieses Mal glänzend hielt. Seilbahnen waren für sie besser zu handhaben als Draisinen. Aber das ist eine andere Geschichte. So kam es gegen die Nachmittagszeit zu einer Wiedervereinigung ganz anderer Art an solch geschichtsträchtiger Stätte. „Was ist los, Leitender? Gibt dein Bollerwagen noch ein Pils her?“ fragte Jan als er der beiden Wanderer angesichts wurde. „Eines für jeden ist wohl noch da, aber dann ist Schluss“, erwiderte Heinz-Peter. Nachdem man sich gestärkt hatte, konnte dann endlich das eigentliche Vorhaben in Angriff genommen werden. Seite 16 von 45
„Jetzt stehen wir vor dem gleichen Problem, das die Truppe von Udo Röhrich in Detmold hatte. Wo sollen wir anfangen zu suchen?“ Heinz-Jörg wirkte ob des riesigen Geländes zu Fuße des Denkmales einigermaßen ratlos. „Wir müssen eben auch nach solch einem Schlüsselwort suchen, wie die das mit dem Schwert von Hermann hatten.“ „Das ist schon richtig. Aber ich glaube kaum, dass es uns hier noch einmal so einfach gemacht wird. Es sollte mich schon sehr wundern, wenn das Versteck auch wieder im Schwert verborgen wäre. Also, was wissen wir über das Denkmal?“ Und auch in dieser Gruppe erwiesen sich die Damen als die am besten Präparierten. Sigrid fing auch sofort an. Hier bitte wieder schön aufpassen. Es gibt was zu lernen. Einblenden Bild: Niederwalddenkmal „Das Niederwald-Denkmal erinnert an den Sieg über Frankreich im Jahr 1870/1871 und die daraus resultierende (Neu-) Gründung des Deutschen Kaiserreichs. Das am 28. September 1883 eingeweihte Denkmal wurde nach den Entwürfen des Bildhauers Johannes Schilling und des Architekten Karl Weisbach erbaut. Den Grundstein legte am 16. September 1871 Kaiser Wilhelm der Große. Das fast 38 Meter hohe Monument ist ein Sinnbild des Zusammenschlusses aller deutschen Volksstämme. Nach sechs Jahren Bauzeit und einem Kostenaufwand von über einer Million Goldmark war das Denkmal fertig gestellt. Die 10,5 Meter hohe und 32 Tonnen schwere Figur der Germania hält in der rechten Hand stolz die wiedererworbene Kaiserkrone hoch. Mit der linken Hand stützt sie sich selbstbewusst auf das Reichsschwert. Auf dem Sockel erinnern Daten und Wappen an die Zeit der Reichsgründung. Auf dem größten Relief ist Kaiser Wilhelm I. hoch zu Ross inmitten von Landesfürsten, Heeresführern und Soldaten aller Seite 17 von 45
Truppengattungen dargestellt. Ein wichtiges, wenn nicht sogar DAS wichtigste Lied der Zeit um 1870, war das von Max Schneckenburger (1819-1849) gedichtete Lied "Die Wacht am Rhein". Ausblenden Bild: Niederwalddenkmal und Übergang auf nächste schwarze Folie Aber wie schon in Detmold taten sich die Männer auch hier schwer, den Wissensvorsprung der Frauen anzuerkennen. „Nun ist aber gut, Muttern“, entrüstete sich Jan. „Wer will denn diese ollen Kamellen noch hören?“ Da aber kam er bei seinem Vater an den Rechten. „Du kannst unmöglich Blut von meinem Blut sein. Wie kannst Du so etwas nur sagen. Damit verspottest Du meine heiligsten Gefühle. Man merkt, dass du nicht gedient hast. Bin ich denn der Einzige hier, der diesem Symbol unserer Nation die letzte Ehre erweist und ehrerbietig zu seinen Füßen auf die Knie fällt? Schande über Euch alle!“ Dieser Gefühlsausbruch brachte den Leitenden auf eine Idee. „Moment mal, Heinz-Jörg. Wenn du schon der einzige und somit letzte Buchenbeeker bist, der so denkt, ist da vielleicht des Pudels Kern begraben. Lasst uns mal schauen, ob wir ganz am Fuße der Germania einen Hinweis finden.“ So an den Haaren herbeigezogen es manchen auch erschien, so plausibel klang es für die anderen. Sofort machte man sich daran, das Gestein ganz am unteren Ende des Denkmals zu untersuchen. Vergeblich, auf den ersten Blick war nichts zu erkennen. „Dann müssen wir eben auf technische Hilfsmittel zurückgreifen“, sagte der Leitende und ließ zunächst offen, was er damit meinte. „Einverstanden, aber lasst uns auch hier die Dunkelheit abwarten. Dann können wir ungestörter arbeiten. Wir können uns ja in der Zwischenzeit mit einem kleinen Glas Rotwein stärken, “ entschied Gina Summnie. Seite 18 von 45
Dagegen hatte selbstverständlich niemand etwas einzuwenden. Also machte man es sich an einem der Verkaufsstände bequem und genoss den köstlichen Rheingauer Rebensaft. Als es dann jedoch Abend wurde, mussten unsere wackeren Buchenbeeker erfahren, dass es ihnen hier nicht so einfach gemacht wurde. Ein Sicherheitsdienst begann, den ganzen näheren Bereich rund um das Denkmal abzusperren. „Verdammt noch mal, was jetzt?“ fragte Dutzel. „Jetzt werdet ihr mal sehen, was ich alles in meinem Bollerwagen habe. Und ob es wirklich so blöd war, ihn mit zunehmen, “ erwiderte Heinz- Peter. Zu ihrem Erschrecken mussten sie sogar noch erkennen, dass die Security-Leute eine Alarmanlage für das Gelände in Betrieb nahmen. Aber auch das entlockte dem Leitenden nur ein müdes Lächeln. „Keine Angst, damit werde ich schon fertig.“ Und dann erklärte er den verblüfften Expeditionsteilnehmern seinen Plan. „Erstens zur Alarmanlage. Gut, das ich so ein Ding erst gerade in der Ballerbude installiert habe. Das Gerät außer Kraft zu setzen, ist also kein Problem. Zweitens zur Security. Da wird die Angelegenheit schon haariger. Das wird eure Aufgabe, Mädels. Macht die Jungens mal richtig an, damit sie abgelenkt sind. Das sollte euch ja nicht allzu schwer fallen. Drittens zur angedachten Fundstelle. Hier kommst du ins Spiel, Dutzel. Das komplette Gebilde rum um die Fundstelle ist aus Stein. Ich habe aber ein Metallsuchgerät in meinem Bollerwagen. Damit musst du untersuchen, ob du etwas finden kannst. Der Rest der Truppe steht Schmiere.“ Begeistert zollten alle dem Leitenden Beifall. Und lediglich Sigrid, die in diesem Teil den Part der Indy-Gespielin innehatte, kreischte los: „Oh Jörgi, seid bloß recht vorsichtig!“ Seite 19 von 45
So wartete man auf die Dunkelheit. Jetzt machte Sigrid ihre Mädels heiß. „Auf denn, meine Damen. Einen Knopf an der Bluse mehr geöffnet und ran an den Feind.“ Damit machten sich die drei Frauen auf den Weg. Als die Sicherheitsleute ihrer angesichtig wurden, nahmen sie sofort Kontakt auf. „Halt, meine Damen. Hier darf um diese Zeit niemand mehr in der Gegend herumlaufen, “ sagte einer der ganz in Schwarz gekleideten Sheriffs. „Aber, aber, wer wird denn gleich so streng sein, Herzchen“, säuselte ihm Gina zu. „Wir haben uns doch nur verlaufen und wissen nicht, wo wir hin sollen. Dabei haben wir noch ein paar Flaschen leckeren Rotweines bei uns, die wir alleine gar nicht austrinken können.“ Von den offensichtlich ziemlich hilflosen Mädels recht angetan, erklärten sich die Sicherheitsbeamten sofort bereit, ihnen unter die Arme oder auch etwas höher zu greifen. „Die wären erstmal außer Gefecht gesetzt“, sagte Heinz-Peter zu den anderen Männern. Jetzt zu der Alarmanlage. Heinz-Jörg und ich setzen das Ding lahm. In der Zwischenzeit kümmern sich Dutzel und Jan um die Fundstelle. Sobald ich euch ein Zeichen gebe, könnt ihr loslegen.“ Noch einmal warf er einen Blick auf den Sicherheitsdienst. Aber den hatten die Mädels sehr gut im Griff. Die verschwendeten keinen Gedanken mehr an die Sicherheit, in welcher Hinsicht auch immer. Aufgrund seiner Erfahrung wurde es dem Leitenden ein Leichtes, die Alarmanlage schnell abzuschalten. Als das erledigt war, winkte er Dutzel und Jan, sich auf den Weg zu machen. Zügig machten sich die beiden Seite 20 von 45
ans Werk. Und tatsächlich, schon nach relativ kurzer Zeit sprach das Metallsuchgerät an. „Los Jan“, kommandierte Dutzel. „Hier ist etwas.“ Und da entdeckte Jan, dass der Fugenmörtel an einem der Quadersteine anders aussah, als die anderen. Wenn es auch einige Mühe bereitete, den Stein aus der Wand zu lösen, gelang es doch nach geraumer Zeit. Als er ganz herausgelöst war, offenbarte sich den beiden ein Hohlraum. „Bingo, das muss es sein“, frohlockte Jan. Und bei näherer Untersuchung zeigte sich, dass auch hier ein Pergament und eine Schatulle versteckt waren. Hastig entnahmen sie die Gegenstände dem Versteck und verschlossen es wieder. Der vom Leitenden mitgebrachte Fugenmörtel war dazu hervorragend geeignet. Phantastisch, dachte Jan noch, an was der Leitende alles gedacht hat. Und damit zogen er und Dutzel sich zurück. Sie gaben Heinz-Peter ein Zeichen, woraufhin der die Alarmanlage wieder aktivierte. Jetzt mussten nur noch die Mädels von den griffigen Sicherheits-Fuzzies losgeeist werden. Als Sigrid sah, dass die Männer ihr Vorhaben beendet hatten, gab sie ihren Mitstreiterinnen einen Wink. Die Security-Leute sahen sich zwar einigermaßen enttäuscht, hatten sie sich doch mehr von dieser Situation erwartet, ließen aber sofort von den Frauen ab, als sie deren nachlassendes Interesse bemerkten. So versammelten sich unsere Expeditionsteilnehmer außerhalb der Sichtweite des Denkmals. „So, jetzt wollen wir mal schauen, ob es das ist, was wir gesucht haben“, sagte Heinz-Jörg und öffnete im Licht einer Taschenlampe Pergament und Schatulle. Und wie nicht anders erwartet, hatte das Dokument folgenden Inhalt: Seite 21 von 45
‚In der Schatulle findest Du den zweiten Schlüssel. Suche und finde auch die anderen zwei, dann wird Dir großer Reichtum beschert.’ Nachdem man auch den Schlüssel in der Schachtel gefunden hatte, war allen die Erleichterung anzumerken. Auch diese Expedition hatte ihre Aufgabe erfüllt. Natürlich fuhr um diese Uhrzeit keine Seilbahn mehr ins Tal zurück. Ergo musste man sich zu Fuß auf den Weg machen. Glücklicherweise konnten sich Udo und Heinz-Peter noch gut an den Weg erinnern. So fand man wohlbehalten den Rückweg nach Rüdesheim. Am Bahnhof musste man zwar noch geraume Zeit auf den nächsten Zug Richtung Heimat warten, aber in Anbetracht ihrer kostbaren Fracht fiel ihnen das Warten nicht schwer. Und dann verlief alles nach Plan, bis zum Bahnhof in Wunstorf. Hier musste Heinz-Jörg dringend noch mal für kleine Königstiger. Denn man hatte auf der Rückreise die Bier- und Sektvorräte des Speisewagens nicht geschont. Als er von der Toilette zurückkam, musste er erkennen, dass die anderen schon mit dem Bus nach Buchenbeeke vorausgefahren waren. Es blieb ihm somit nicht anderes übrig, als auf den nächsten zu warten. Und so kam es, dass der Expeditionsleiter als ‚Letzter Buchenbeeker“ in der Heimat eintraf. Dass man hier schon sehnsüchtig auf ihn wartete, bedarf wohl keiner weiteren Erwähnung. Mittlerweile hatten seine Leute schon alle anderen über den erfolgreichen Ausgang ihres Abenteuers informiert. Somit war der zweite Schlüssel gefunden. Wie sich die Sache mit dem nächsten Schlüssel zugetragen hat, das erfahrt ihr nach der Pause im dritten Teil. Einblenden Präsentation: Niederwalddenkmal und nach Ende der Musik Übergang auf nächste schwarze Folie) Kurze Pause Seite 22 von 45
So, nun geht es weiter mit dem dritten Teil unseres Advent-Vierteilers. Und diese Episode trägt den Namen: Einblenden Präsentation: Tom Sawyer, nach ca. 30 Sekunden Musik leiser werden und Übergang auf nächste schwarze Folie Die Abenteuer von Rolph Lindbergh und dem Dackel Berry Finn Der zweite Schlüssel war also gefunden. Ob diese Dinger denn irgendwann mal was aufschließen würden, und was das dann sein würde, blieb allerdings noch total im Unklaren. Nichtsdestotrotz war das Meeting auf dem Festplatz natürlich wieder gut besucht. Die dritte Expedition brannte schon darauf, endlich loslegen zu können. Rolph als Expeditionsleiter hatte seinen Plan längst fertig. Mit generalstabsmäßiger Gründlichkeit hatte er alles vorbereitet. Als Hauptmann der leistungsstarken deutschen Luftwaffe waren militärische Planspiele schließlich sein Spezialgebiet. Und so kamen seine Wünsche an die Anwesenden schon Befehlen gleich. Mit Hut und Peitsche als Chef gekennzeichnet erfolgten daher auch seine Kommandos mit preußischer Knappheit. „Alles mal herhören. Der Führungsstab der Expedition ‚Adlerflug’ hat mich zum Marschgruppenführer ernannt. Höhere Dienstgrade werden gebeten sich diesem unterzuordnen. Personen, die nicht über einen militärischen Rang verfügen, werden für die Zeit des Einsatzes mit ihrem Dienstgrad innerhalb des BvB in die Gruppe integriert. Im Folgenden jetzt die Teilnehmer: Rolph Lindbergh (Befehlshaber des Expeditionskorps), Klaas Hefering (Chef des Stabes), Johann Sitte (Expeditions-Hauptfeldwebel), Simona Lisa (Hundeführerin im Range eines Unteroffiziers), außerdem Wilma Buhmann, Abdré Wulde, Britta Wulde, Marianne Klostermann und Ulf Seite 23 von 45
Dahlke als Mannschaften. Des Weiteren, mein Dackel Berry Finn als Spürhund. Abmarsch nächsten Samstag 0600 Zulu, Treffpunkt Festplatz. Anzug: kleiner Trinkeranzug. Wegtreten!“ Die Nichtgedienten unter den Anwesenden wunderten sich zwar über diese ihrer Ansicht nach burschikose Art und Weise, wurden aber vom Schwatzmeister eines besseren belehrt. „Rolph handelt nur streng nach der berühmt-berüchtigten ZDv 3/2. Da kann man nichts machen. Außerdem kann ein bisschen Disziplin unserem Sauhaufen gar nicht schaden.“ „Kann ja alles sein“, meinte Erhard Mieze, „aber warum nehmen sie denn auch Neger mit? Oder was meinte Rolph mit Zulu?“ Jan-Peter übernahm die Aufgabe, dem ungedienten Erhard die Bedeutung des Begriffes Zulu in der Landsersprache zu erklären. Nachdem das erledigt war, wunderten sich noch alle, warum ein Hund mit auf die Expedition genommen werden sollte. Spürhund hatte Rolph gesagt. Nun kannten alle den Dackel, dem der Hauptmann den ungewöhnlichen Namen Berry Finn gegeben hatte. Ob dieser kleine Tausendsassa aber wirklich als Spürhund fungieren konnte, hielten die meisten doch für mehr als fragwürdig. Wie dem auch sei, niemand wollte sich das Schauspiel des Abmarsches dieser Truppe am Samstagmorgen entgehen lassen. So fanden sich zahlreiche Schaulustige am Festplatz ein. Sie staunten nicht schlecht, als sie merkten, dass das Gelände komplett umzäunt war. Auf dem Dach des Pavillons war eine Radarantenne installiert worden und ein Posten in Gestalt von Abdré Wulde lief mit einem KK-Gewehr davor Streife. Soeben trat Oberstleutnant Hefering in voller Kriegsbemalung aus dem Gebäude. Hauptfeldwebel Johann Sitte salutierte und meldete: „Alles zur Ankunft des Adlers bereit, Herr Oberstleutnant.“ Seite 24 von 45
„Okay, weitermachen“, erwiderte dieser und zog sich in seinen Tower zurück. Die Schaulustigen begannen zu ahnen, was passieren würde. Rolph würde doch nicht etwa, oder etwa doch? Kurze Zeit später wurde die Frage dann zur Gewissheit. Ein überlautes Motorengeräusch ließ alle zusammenfahren. Eine Transall setzte auf der für diesen Flugzeugtyp eigentlich viel zu kurzen Landebahn West des Festplatzes auf. Wie Lindbergh das Kunststück fertig gebracht hatte, hier unbeschadet zu landen, wird auf ewig ein Glanzstück in der Geschichte der Deutschen Luftwaffe bleiben. Unter dem Jubel der Anwesenden entstieg der Kommandant seinem Flieger, um seine Crew an Bord zu nehmen. Wiederum sehr knapp erfolgten seine Befehle. „Expeditionskorps an Bord, Oberstleutnant Hefering verbleibt im Tower und hält Funkkontakt zur Einsatzgruppe.“ Kurz darauf heulten die 12.000 PS starken Rolls-Royce –Triebwerke der Transall auf und wenige Minuten später war die Maschine bereits über den Wolken verschwunden. Unter strengen Sicherheitsvorschriften wurde es einigen Personen dann gestattet, den Pavillon-Tower zu betreten. Stolz führte ihnen Klaas seinen Kommandostand vor. Es handelte sich um ein Laptop, das auf einer leeren Bierkiste rutschsicher montiert war. Geradezu feierlich sagte er in diesem Moment: „Ladies and Gentlemen, der Adler ist gestartet.“ Verlassen wir nun die Bodencrew und begeben uns ins Innere der Transall. Hier informierte der Kommandant gerade über Mikrophon seine Besatzung. „Alle mal herhören. Es ist mir gelungen unser Unternehmen unter das Kommando der SALIS (Strategic Airlift Interim Solution) zu stellen. Wir Seite 25 von 45
unterstehen also momentan dem Befehl der NATO. Unser Zielflughafen ist der Airport Leipzig/Halle. Von dort aus werden wir mit Militärfahrzeugen in unser Einsatzgebiet gebracht. Alles Weitere klären wir vor Ort, Ende.“ Spätestens jetzt wurde den Leuten klar, dass diese Expedition kein normaler Samstagsausflug werden würde. Der kurze Flug verlief ohne weitere Zwischenfälle und die Maschine landete zum festgelegten Zeitpunkt in Leipzig. Diese Tatsache wurde dem Kommandostand in Buchenbeeke dann auch unverzüglich mitgeteilt. Im Tower auf dem Festplatz wurde die Information relativ nüchtern aufgenommen. Klaas sagte nach dem Funkspruch lediglich: „Ladies and Gentlemen, der Adler ist gelandet.“ In Leipzig war die Einsatzgruppe derweil auf die Militärfahrzeuge aufgesessen und befand sich auf dem Weg zum Völkerschlachtdenkmal. Hauptfeldwebel Johann hatte von Rolph die Aufgabe erhalten, die Crew mit Wissenswertem über das Denkmal zu versorgen. Er erzählte. Und hier jetzt der dritte Teil der historischen Lehrstunde für den geneigten Zuhörer. Einblenden Bild: Völkerschlachtdenkmal „Das Völkerschlachtdenkmal ist eines der Wahrzeichen Leipzigs in Erinnerung an die Völkerschlacht von 1813 und heute eine Außenstelle des Stadtgeschichtlichen Museums. Als das größte Denkmal Europas bildet es eine weithin sichtbare Landmarke mit markanter Silhouette. Es wurde maßgeblich durch die Bildhauer Christian Behrens (1852- 1905) und Franz Metzner (1870-1919) gestaltet. Es ist 91 m hoch und steht an einem ehemaligen Brennpunkt des Kampfgeschehens. Vom Beginn des Sockels bis zur Aussichtsplattform auf der Spitze sind es 500 Stufen, die größtenteils in engen Wendeln nach oben gehen. Seit kurzem existieren zwei Personenaufzüge, die bis Seite 26 von 45
zur mittleren Aussichtsplattform in 57 Meter Höhe führen. In der Kuppeldecke der Ruhmeshalle sind 324 fast lebensgroße Reiter abgebildet. Die vier 9,5 Meter hohen Statuen der Totenwächter in der Ruhmeshalle stellen Personifikationen der Tugenden dieser Schlacht (Tapferkeit, Glaubensstärke, Volkskraft, Opferbereitschaft) dar. Das soll zur Orientierung zunächst einmal reichen.“ Ausblenden Bild: Völkerschlachtdenkmal und Übergang auf nächste schwarze Folie Um nicht besonders aufzufallen, wurden die Militärfahrzeuge in einiger Entfernung zum Denkmal abgestellt und die restliche Wegstrecke zu Fuß bewältigt. Ebenfalls um kein Aufregen zu verursachen, hatte Rolph seinen Fliegerkombi gegen Zivilkleidung eingetauscht. Nachdem man das Gelände inspiziert hatte, bat der Einsatzgruppenleiter zum Gespräch. „Leute, jetzt beginnt die Hauptaufgabe. Wir müssen den dritten Schlüssel finden. Ein Scheitern des Unternehmens wird nicht geduldet. Irgendwelche Vorschläge, wie wir vorgehen sollen?“ Ulf Dahlke meldete sich zu Wort. „Es ist nur eine kühne Vermutung, aber ich könnte mir vorstellen, dass der Schlüssel, der Bedeutung des Denkmals angemessen, ganz weit oben zu finden sein wird. Wir sollten uns also darauf einstellen, in luftiger Höhe operieren zu müssen.“. Hierauf erwiderte Simona Lisa, die Hundeführerin: „Das wäre aber nicht gut. Wie sollen wir denn den Dackel in solche Höhe bekommen. Ich habe Berry Finn nicht nur auf Kehle, sondern auch auf das Auffinden von Schlüsseln dressiert, aber fliegen kann er nicht.“ „Das Problem werden wir klären, wenn es soweit ist“, erklärte Wilma. „Zunächst müssen wir prüfen, ob an der Vermutung von Ulf was Wahres dran ist.“ Seite 27 von 45
Gesagt, getan. In den nächsten Stunden wurde das Innere des Denkmals von unten bis oben abgesucht. Aber selbst die exzellente Schnüffelnase von Berry Finn vermochte nichts zu entdecken. Schließlich gab man auf. Abdré Wulde meinte resignierend. „Hier drin ist nichts zu finden, sonst hätte der Dackel angeschlagen. Das Versteck kann sich also nur an der Außenfassade befinden. Wir müssen dort weitersuchen.“ Die übrigen Leute sahen das genauso und deshalb begann man nun die äußere Hülle des Denkmals einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Aber in Bodennähe war auch hier nicht zu entdecken. „Habe ich also doch Recht gehabt“, triumphierte Ulf. Dass diese Tatsache die Suche nicht gerade vereinfachen würde, ließ er dabei unbeachtet. „Aber wie sollen wir da oben suchen?“ fragte Britta Wulde. Die Ratlosigkeit stand nicht nur ihr ins Gesicht geschrieben. „In diesem Fall müssen wir auf andere Hilfsmittel zurückgreifen. Dazu müssen wir aber wieder einmal die Dunkelheit abwarten. Bei Tageslicht lässt sich diese Aktion nicht ohne großes Aufsehen zu erregen, erledigen. Ich schlage vor, wir gehen erstmal was trinken.“ Diesem Befehl von Rolph kamen dann auch alle nach. Nachdem die Truppe mit Getränken versorgt war, erklärte der Einsatzgruppenleiter den Leuten seinen Plan. „Mein Kumpel Klaas ist nicht nur ein exzellenter Flugeinsatzoffizier, sondern auch ein begnadeter Pyrotechniker. Wohl wissend, dass wir darauf evtl. angewiesen sein können, hat er vor unserem Abflug noch ein Fluggerät für derartige Fälle entwickelt. Es handelt sich dabei um eine Art Rakete, die aber auch über Schwebeeigenschaften verfügt und mit bis zu zwei Personen besetzt werden kann. Die maximale Steighöhe beträgt 300 Fuß, das sind ca. 100 Meter.“ Seite 28 von 45
Ungläubig schauten ihn die Anderen an. „Also so eine Art Mini-Hubschrauber, nur mit Raketenantrieb?“ fragte Johann. „Genau“, erwiderte Rolph. „Das Problem ist nur, dass das Ding noch niemand ausprobiert hat. Simona, würdest du dir trotzdem zutrauen, mit dem Dackel in dem Ding in die Lüfte aufzusteigen?“ Das Zögern von Simona richtig deutend, erbot sich Abdré die Rakete zu fliegen. „Das ist zwar gut gemeint“, gab Marianne Klostermann zu bedenken, „aber ich denke, Simona ist die Einzige, die sich auf die Arbeit in der Hundeführung versteht. Es kommt somit keine andere Person in Frage.“ Tapfer nickte Simona daraufhin und sagte: „Marianne hat Recht. Ich mache es.“ Anerkennendes Kopfnicken allerseits belohnten sie für diese Entscheidung. Bemerkenswert war noch, dass keine der mitgereisten Damen in ein Indy-Gejammere verfiel. Ja, Rolph hatte seine Truppe eben gut im Griff. So wartete man auf die Dunkelheit, die kurz darauf einsetzte. Nachdem Johann, Abdré und Ulf die Bestandteile vom LKW geholt hatten, wurde die Rakete gemäß den Konstruktionsplänen von Klaas zusammenmontiert und ein geeigneter Abschussplatz gesucht. Als das erledigt war, wurde es langsam Ernst. Rolph nahm seine Simona noch einmal in den Arm und wünschte ihr einen guten Flug. „Kopf hoch, Schatz, es wird schon alles gut gehen.“ Und zu seinem Dackel sprach er: „Na, Berry Finn, du kleiner Teufel. Mach deine Sache gut. Von dir hängt jetzt der Erfolg unseres ganzen Unternehmens ab.“ Seite 29 von 45
Simona und der Hund nahmen ihre Sitzplätze ein und dann kommandierte Rolph: Feuer frei. Langsam, aber mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerkes hob die Rakete vom Boden ab. „Donnerwetter“, kommentierte Rolph den grandiosen Start. Nachdem sich Simona mit der Steuerung etwas vertraut gemacht, kam sie sehr gut mit dem Fluggerät zurecht. Eingedenk der Worte von Ulf flog sie ganz bis zur Spitze des Denkmals und begann es mehrmals zu umrunden. Dabei sagte sie immer wieder zu Berry Finn: „Such den Schlüssel, such.“ Jetzt machte sich die harte Arbeit in der Hundedressur bezahlt. Schon nach relativ kurzer Zeit schlug der Dackel an. Simona steuerte den Mini- Helikopter an die Stelle, die Berry Finn anbellte. Und tatsächlich, in einem überhängenden Sims war eine Verschraubung zu erkennen, die verdächtig der am Hermannsdenkmal glich. Die Pilotin brachte ihr Luftvehikel davor zum Stehen und begann die Schrauben mit einer mitgenommenen Knarre zu lösen. Kurz darauf konnte sie die Abdeckung abnehmen und in das Innere der Vertiefung greifen. Sie erfühlte die erhofften Gegenstände, also die Schriftrolle und die Schatulle und nahm beides heraus. Nachdem sie die Sachen in ihrem Flieger verstaut hatte, verschloss sie die Öffnung wieder und begann den Flug zurück zum Boden. Ihre umjubelte Landung wurde zu einem Triumph. Obwohl es nicht geraten schien, nun noch länger als unbedingt nötig am Denkmal zu verweilen, konnte sich Rolph nicht zurückhalten und öffnete die Schriftrolle. Wie erwartet stand dort geschrieben: ‚In der Schatulle findest Du den dritten Schlüssel. Suche und finde auch den letzten, dann wird Dir großer Reichtum beschert.’ Es ist wohl unnötig zu sagen, dass sich in der Schatulle natürlich auch der Schlüssel befand. Seite 30 von 45
Unbemerkt von unseren aufgewühlten Buchenbeekern hatten sich in der Zwischenzeit einige Polizeibeamte der Gruppe genähert. Denen war trotz aller Heimlichkeit das Treiben der Gruppe aufgefallen. „Was machen Sie hier eigentlich?“ wollte der eine der Beamten jetzt wissen. „Das geht euch gar nichts an“, antwortete Johann. „Na, das wollen wir doch mal sehen“, entgegnete der Angehörige der Staatsmacht und zog seinen Gummiknüppel. „Ich erkläre sie hiermit für festgenommen.“ „Wir unterstehen nur dem Kommando der NATO“, mischte sich jetzt auch Ulf ein. Und dann gingen die beiden gemeinsam auf die Polizisten los. Sie hatten schon so manches Schützenfestgefecht Seite an Seite durchgestanden und so wurde es ihnen ein Leichtes die Ordnungsmacht zu überwältigen. „Gut gemacht, “ lobte Rolph, „aber jetzt nichts wie weg.“ Sie luden die Rakete wieder auf einen Lastwagen und machten sich auf den Weg zum Flughafen. Ohne größere Schwierigkeiten konnten sie die militärischen Sperrlinien passieren und zu ihrer Transall gelangen. Der Kommandant holte sich vom Leipziger Tower die Startgenehmigung und wenige Minuten später waren sie schon in der Luft. Als sie ihre Reiseflughöhe erreicht hatten, meldete sich Rolph über Funk beim Tower in Buchenbeeke. „Der Adler hat seine Beute gefunden und ist zurück auf dem Weg zum Horst.“ Auf diese Meldung hatte die Einsatzleitung auf dem Festplatz nur gewartet. Die Zapfanlage wollte gar nicht mehr stillstehen und auch so manche Flasche Sekt wurde gekillt. Selbstverständlich wollten alle die Heimkehr der Einsatztruppe miterleben und warteten ungeduldig auf die Seite 31 von 45
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