Indiana-Jones und die Schlüssel von Buchenbeeke

Die Seite wird erstellt Stefan-Louis Hamann
 
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Buchenbeeke, im Dezember 2008

Willkommen zur Lesung 2008, die den Titel trägt:
Einblenden Präsentation: Indiana-Jones,
ca. 30 Sekunden nach dem Erscheinen des letzten Schriftzuges,
Musik leiser werden und danach Übergang auf nächste schwarze Folie
Indiana-Jones und die Schlüssel von Buchenbeeke

Ja, ja liebe Märchenfreunde, es ist wieder soweit. Die Lesung steht
unmittelbar bevor. Die älteren unter Euch werden sich noch an die
wohlige Vorfreude erinnern können, wenn seinerzeit der Advents-
Vierteiler im ZDF auf dem Programm stand. Die Schatzinsel, Tom
Sawyer, die Lederstrumpferzählungen oder der Seewolf gehören zum
unvergessenen Repertoire dieses Genres. Aus diesem Grund habe ich
mich entschlossen, die guten alten Zeiten wieder aufleben zu lassen und
selbst einen solchen Vierteiler zu schreiben. Die Spannung, die sich
jedoch immer aufbaute, wenn ein Teil vorüber war und man die Zeit bis
zum nächsten Teil kaum erwarten konnte, kann ich Euch schlecht
vermitteln. Denn ihr werdet alle vier Teile hier und heute erleben. Freilich
klingt es etwas vermessen, in die Fußstapfen von Robert Louis
Stevenson, Mark Twain, James Fenimore Cooper oder Jack London zu
treten, aber ich möchte es einfach mal versuchen. Und so taucht denn
mit mir ein in vierteiliges Abenteuer mit den Helden und Heldinnen aus
Buchenbeeke. Aber wie jeder gute Vierteiler muss auch diese Erzählung
einen Namen haben. Was bietet sich da mehr an, als die Sehnsucht
unserer lieben Dorfbewohner nach immer neuen Schätzen zu
verwenden und den wohl berühmtesten Schatzsucher der Welt als
Aufhänger zu wählen. Furchtlose Männer und hübsche Blondinen, die so
prächtig zu schreien verstehen, haben wir schließlich genug. Und wie
immer kann man hier heute Abend auch wieder etwas lernen. Nein, nicht

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nur wie man Bier und Wein trinkt, das können die meisten von Euch ja
schon ganz gut, sondern etwas wirklich Lehrreiches. Also gebt schön
Acht und passt auf, was Euch der liebe Märchenonkel jetzt erzählt.

Doch wie gewohnt die Vorgeschichte zu den Episoden aus
Buchenbeeke. Wie kam es diesmal zu den Absonderlichkeiten, die die
Bewohner dieses kleinen obskuren Dorfes am Fuße der Hirschburger
Berge so auszeichnen? Wieder einmal war eine große Feierlichkeit zu
Ende gegangen und viele der Protagonisten saßen noch bei einem
Traumburger zusammen auf dem Festplatz. „Das gemeinste
Schützenfest der Welt“ saß noch allen in den Knochen und der
abschließende Kriegsrat tagte nicht mit dem gewohnten Elan. Wie
gewöhnlich etwas mürrisch, wenn er die genauen Zahlen der
Veranstaltung noch nicht vorliegen hatte, resümierte der
Schwatzmeister.
„Alles in allem kein schlechtes Fest, aber es wurde wieder mal viel zu
wenig getrunken. Daran wird es vermutlich letztendlich finanziell hapern.
Drei oder vier Hekto mehr und es wäre ganz ordentlich gewesen.“
Selbst die rasche Versicherung aller Anwesenden, dass es an ihnen ja
wohl nicht gelegen haben könne, ließ er nicht gelten.
Da meldete sich Billy zu Wort.
„Es scheitert wie immer am Samstag und Sonntag. Denn der Freitag ist
doch wieder optimal gelaufen. Die Comedy von Sabrina Ochsbein und
Dieter Putzmüller war ja wohl allererste Sahne.“
Da stimmten ihm alle zu. Die Show, die die beiden abgeliefert hatten,
riss das Publikum wieder mal zu Beifallsstürmen hin.
„Ich möchte mal wissen, wo Putzmüller immer die Geschichten
hernimmt. Solche bescheuerten Typen, wie er die Einwohner von

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Flachenjauche immer beschreibt, gibt es doch eigentlich gar nicht, “
sagte Jan-Peter.
„Dann schau Dich doch mal in Buchenbeeke um, dann wirst Du schon
merken, wen er dabei im Sinn hat“, antwortete Ralf Gurke.
„Du meinst doch nicht etwa uns?“ beeilte sich Udo Röhrich zu fragen.
„Du bist ein echter Blitzmerker“, versicherte ihm Ralf.
„So bescheuert, wie Du denkst, sind die vielleicht gar nicht. Jedenfalls
nicht alle, “ orakelte Maxe in diesem Moment.
„Wieso, hältst Du Dich vielleicht nicht für bescheuert. Ich dachte immer,
Du wärst der Chef aller Bekloppten, “ erwiderte Ulf Dahlke.
„Sei vorsichtig mit dem, was Du sagst. Christoph Peppermann hat mal in
den Traumburger Nachrichten geschrieben, ich wäre mehr als nur ein
Zahlenknecht. Aber vor kurzem, bin ich bei all den Zahlen zufällig auf
etwas gestoßen, was unsere bisherigen Unternehmungen in den
Schatten stellen könnte. Passt mal auf:
Wie ihr ja alle wisst, bin ich geschichtlich sehr interessiert. Ich hatte mir
also neulich mal die Standorte mit den genauen Koordinaten einiger
Sehenswürdigkeiten in Deutschland herausgesucht, die ich demnächst
mal zu besuchen gedachte. Die Daten lauteten:
Einblenden Bild: Koordinaten
          Hermannsdenkmal in Detmold, eingeweiht 16.08.1875
        51° 54’ 37’’ nördlicher Breite / 08° 50’ 31’’ östlicher Länge
        Niederwalddenkmal in Rüdesheim, eingeweiht 28.09.1883
        49° 58’ 51’’ nördlicher Breite / 07° 53’ 59’’ östlicher Länge
        Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, eingeweiht 18.10.1913
        51° 18’ 44’’ nördlicher Breite / 12° 24’ 47’’ östlicher Länge
             Wilhemstein, 1761-1765, eingeweiht 1761-1765
        52° 27’ 37’’ nördlicher Breite / 09° 18’ 27’’ östlicher Länge
Ausblenden Bild: Koordinaten und Übergang auf nächste schwarze Folie

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Als ich gerade alle Daten dazu in den Rechner eingegeben hatte,
klingelte das Telefon. Udo Röhrich war am Apparat, um mir die
Änderung seiner Kontonummer durchzugeben. Ich rief also die
dazugehörige Datenbank auf und trug die neuen Werte ein. Nun hatte
ich aber noch die Werte der Koordinaten vom Hermannsdenkmal im
Speicher. Aus Versehen kam ich auf die „Einfügen-Taste“. Als ich das
gemerkt hatte, wollte ich es natürlich sofort wieder löschen, als ich
plötzlich stutzte. Die Kontonummer von Udo war identisch mit den
Längen-Koordinaten des Denkmals. ‚Na, das ist ja mal ein komischer
Zufall’, schmunzelte ich bei mir. Mehr so zum Spaß ließ ich dann die
Ortsbestimmungen der anderen Denkmäler mal gegen die komplette
Liste aller mir zur Verfügung stehenden Kontonummern laufen.
Daraufhin verwandelte sich meine Verblüffung in grenzenloses
Erstaunen. Drei weitere Kontonummern waren identisch mit den
ausstehenden Denkmälern. Das konnte doch kein Zufall mehr sein. War
ich einem Geheimnis auf die Spur gekommen? Eine unheimliche
Spannung machte sich in mir breit. Die Kontonummern von Heinz-Jörg
Zebramowski, Rolph Lindbergh und Billy Wäscher deckten sich mit den
Längen-Koordinaten der drei anderen Denkmäler. In fiebriger Eile
erstellte ich nun eine Liste, die alle Zahlen beinhaltete, die in einem
Zusammenhang mit Mitgliedern des Ballervereins oder des
Fordervereins von Buchenbeeke stehen. Ich glaube, man kann sich
meine Aufregung vorstellen, als sich auch hier Gemeinsamkeiten
fanden. Die Werte der Breiten-Koordinaten waren die gleichen wie die
Handynummern von Udo Röhrich, Heinz-Jörg Zebramowski, Rolph
Lindbergh und Billy Wäscher.
Jetzt konnte es keinen Zweifel mehr geben. Die Daten mussten ein
Geheimnis beherbergen, aber welches zum Teufel? Ich ließ mir eine
Deutschland-Karte ausdrucken, zeichnete die Koordinaten ein und

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verband sie entgegen dem Uhrzeigersinn miteinander. Instinktiv wählte
ich dabei den zuerst gefundenen Punkt, also das Hermannsdenkmal, als
Startpunkt. Ich war mir sicher, einem Mysterium auf die Schliche
gekommen zu sein, dessen Ursprung nicht von dieser Welt sein konnte
und beschloss, die Sache so bald wie möglich mit den Jungens zu
besprechen.
So liebe Leute, und das ist der Stand der Dinge, den wir momentan
vorfinden.“
Ganz gebannt hatten alle an den Lippen des Schwatzmeisters
gehangen, um seinen unglaublichen Äußerungen zu folgen. Alle waren
sich darüber im Klaren, dass die Geschichte etwas zu bedeuten hatte,
aber was?
Als Erster ergriff Erhard Mieze das Wort.
„Einen Zusammenhang zwischen diesen exponierten Orten und
Buchenbeeke muss es einfach geben. Ich schlage vor, wir bilden vier
Expeditionskorps, um der Sache auf den Grund zu gehen. Wir sollten
genauso vorgehen, wie Maxe es auf der Karte getan hat, also entgegen
dem Uhrzeigersinn. Vielleicht wäre es das Beste, wenn jeweils die
Person die Expedition anführt, deren Daten mit dem Punkt in Verbindung
stehen.“
„Das hört sich ziemlich vernünftig an“, meinte Torsten Felge.
Jetzt mischte sich auch der Leitende ein:
„Expedition 1 unter Leitung von Udo Röhrich nach Detmold,
Expedition 2 unter Leitung von Heinz-Jörg Zebramowski nach
Rüdesheim,
Expedition 3 unter Leitung von Rolph Lindbergh nach Leipzig,
Expedition 4 unter Leitung von Billy Wäscher zum Wilhelmstein.
Udo und seine Truppe starten als erste. Vielleicht entdecken sie
Informationen, die für den weiteren Verlauf wichtig sein könnten.“

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Diesem Vorschlag konnten sich alle anschließen. Und so wurde
beschlossen, dass Udos Truppe sich wie folgt zusammensetzen sollte:
Udo Röhrich, Regina Röhrich, Ralf Gurke, Renate Gurke, Tamara
Gurke, Erhard Mieze, Katrin Mieze, Torsten Felge
Schon am nächsten Wochenende sollte es losgehen. Bevor man jedoch
auseinander ging, verkündete Meister Röhrich:
„Als Expeditionsleiter gebe ich dem Unternehmen den Decknamen ‚Der
Allee-Wolf’. Damit nahm er Bezug auf die geliebte Straße, in der er
wohnt - die Lindenallee - und den Firmennamen der von ihm bevorzugt
installierten Heizungen.
„Aber wenn wir schon auf Schatzsuche gehen, sollten wir uns auch
entsprechend kleiden.“
Erhard Mieze war es, der sich nun zu Worte meldete.
„Ich stelle meinen Feodara und eine selbst geknüpfte Peitsche zur
Verfügung. Dann sieht Udo aus wie Indiana-Jones.“
Nur zur kurzen Erklärung sei hier noch erwähnt, dass man einen Hut,
wie ihn der berühmte Film-Archäologe trägt, Feodara nennt.
Alle waren von diesem Vorschlag begeistert und man beschloss, dass
jeder Expeditionsleiter diese Utensilien tragen sollte.
Somit fand der 1. Teil des diesjährigen Vierteilers seinen Namen und
Anfang. Und jetzt geht’s also los mit:
Einblenden Präsentation: Der Allee-Wolf,
ca. 30 Sekunden nach dem Erscheinen des letzten Schriftzuges, Musik
leiser werden und Übergang auf nächste schwarze Folie
Der Allee-Wolf
Während der Woche war Udo noch damit beschäftigt, seinen
Transporter für die Personenbeförderung umzurüsten. Zunächst war er
ja versucht, für den Trip einen echten Ferrari zu besorgen, aber die
Kisten sind nun mal nicht so zuverlässlich, wie ein Mercedes. Also

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entschloss er sich, es mit seinem Fiat-Verschnitt von IVECO zu
probieren. Und außerdem hatten er und einige andere Buchenbeeker
schon genug Geld in das Unternehmen Formel-1 investiert. Was nicht
bedeuten soll, dass sowohl die Schadenfreude als auch die Feier den
meisten Beteiligten an der diesjährigen Wette keinen Spaß gemacht
hätten. Letztendlich kam er zu der Überzeugung, dass sein Fahrzeug
Buchenbeeke schon etliche gute Dienste geleistet hatte und der Ort
ohne seinen Transporter so manches Mal aufgeschmissen gewesen
wäre. Pünktlich am Samstagmorgen war alles fertig und das Abenteuer
konnte beginnen. Weil aufgrund der großen Personenzahl im Inneren
des Fahrzeuges kaum noch Platz für das evtl. benötigte Gerät war,
wurde kurzerhand der Bootstrailer von Jonas Beckmann angehängt. Und
dann setzte sich das Gefährt mit der imposanten Länge in Bewegung,
um seine Odyssee ins Unbekannte zu beginnen. Selbstverständlich war
die mobile Zapfanlage des BvB (Ballervereins von Buchenbeeke) zuvor
installiert worden, um auch ausreichend verproviantiert zu sein.
Wenn während der Fahrt zunächst noch lautes Geplapper geherrscht
hatte, merkte man, dass es merklich ruhiger wurde, je weiter man sich
dem Ziel näherte. Alle Akteure waren sich über die Ungewissheit, die sie
erwartete, im Klaren.
Endlich angekommen gab Udo den Befehl zum Absitzen und sammelte
seine Expeditionsmitglieder um sich.
„Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich brauche wohl nicht weiter
zu betonen, dass unsere Truppe den weitaus schwersten Teil dieses
Unternehmens zu bewältigen hat. Schließlich müssen wir den ersten
Ansatzpunkt finden, um diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen.
Wenn wir scheitern, brauchen die anderen Gruppen gar nicht erst los
zufahren. Ich bitte also um Vorschläge, wie wir vorgehen wollen.“

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„Wir sollten zunächst einmal das Gelände erkunden, um uns einen
ersten Eindruck zu machen“, schlug Tamara Gurke vor.
„Das hört sich doch schon mal ganz vernünftig an“, meinte Torsten.
„Bleiben wir also vorerst alle zusammen und gucken uns den Laden mal
an.“
Wie verkündet, geschah es dann auch. Während sich die Herren der
Schöpfung im Vorfeld aber mehr mit den technischen Problemen
auseinandergesetzt hatten, waren die weiblichen Expeditionsteilnehmer
die Sache eher pragmatisch angegangen. Sie hatten schon zuhause ein
Dossier über das Hermannsdenkmal zusammengestellt, das nun von
großem Nutzen sein sollte. Im Verlauf der ersten Besichtigung erklärte
Renate Gurke den übrigen Personen einiges zu Unterbau und Figur des
Denkmals. Anmerkung des Verfassers: Hier nun die erste Stelle, wo man
etwas lernen kann.
Einblenden Bild: Hermannsdenkmal
„Der Unterbau des Hermannsdenkmals hat einen runden Grundriss, ist
26,89 m hoch und besteht aus roh behauenem Sandstein. Auf dem
2,20 m hohen Sockel schließen sich zurückgesetzt zehn Pfeiler und
zehn Nischen an. Die Schäfte der Pfeiler haben eine hexagonale Form.
Die einzelnen Pfeiler sind durch Rundbögen verbunden. Über ihnen
schließt sich der rippenwulstartige Besucherumlauf an. Darüber
wiederum eine Rundkuppel und auf einem weiteren kleinen Sockel die
Figur des Hermann. Die Figur hat eine Höhe von 26,57 m, besteht aus
einer Eisenrohrkonstruktion, die Oberfläche jedoch aus Kupferplatten. Zu
sehen ist eine überlebensgroße Figur mit antikisierender Rüstung und
Flügelhelm. Der rechte Arm ist emporgestreckt und hält ein Schwert, das
7 m misst und ca. 550 kg wiegt. Der Schwertarm ist in Richtung Westen
gestreckt; dies wird je nach Standpunkt als ein offensives oder
defensives Mahnen in Richtung Frankreich interpretiert. Der linke Arm ist

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auf einen bauchhohen Schild gelehnt. Unter dem linken, leicht
angewinkelten Bein liegen ein Adler sowie ein Rutenbündel mit Beil.“
Ausblenden Bild: Hermannsdenkmal und Übergang auf nächste
schwarze Folie
„Mensch, hör bloß bald auf“, unterbrach Ralf Gurke seine Frau. „Mir
klingeln schon die Ohren. Das interessiert doch keine Sau.“
„Ich denke schon, dass das interessant sein könnte“, erklärte Erhard.
„Schließlich müssen wir wissen, wo wir anfangen sollen zu suchen.“
„Warum ist dieses Denkmal überhaupt gebaut worden?“, fragte Katrin
Mieze.
„Zu Ehren des Cheruskerfürsten Arminius, der hier im Teutoburger Wald
die Römer ordentlich verdroschen hat“, dozierte Regina Röhrich.
„Na klar“, rief daraufhin Udo einem plötzlichen Geistesblitz folgend.
„Und womit hat er sie verdroschen? Mit seinem Schwert! Da müssen wir
die Lösung des Problems suchen.“
„Aber wie kommen wir da ran? Die Figur ist schließlich nicht bis zum
Schwert besteigbar, “ fragte Tamara.
„Kein Problem, meine Liebe“, erwiderte Torsten. „Wir haben an alles
gedacht. Strickleitern sind genügend im Auto.“
„Doch ein Problem“, sagte Ralf. „Die werden uns kaum erlauben, hier so
ohne weiteres an der Figur herumzuklettern. Wir müssen also abwarten,
bis es dunkel wird.“
Dieser Vorschlag wurde mehrheitlich akzeptiert. Aus diesem Grund ging
man zunächst zurück zum Auto, um das Weitere zu besprechen und die
Zapfanlage auf ihre anhaltende Funktionalität zu überprüfen.
Als es dann dunkel war und keine anderen Touristen mehr zu sehen
waren, machten sich unsere Helden ans Werk. Während die Frauen
Schmiere standen, versuchten die Männer zunächst vergeblich eine
Strickleiter am Denkmal zu befestigen. Erst der Geschicklichkeit von

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Torsten war es schließlich zu verdanken, dass mit Hilfe eines Strickes
die Steighilfe angebracht werden konnte.
„Wer klettert jetzt rauf?“ wollte Udo von seinen Männern wissen.
Ihm selbst stand bei seiner Höhenangst nicht gerade der Sinn danach.
Und schon kreischte auch seine bessere Hälfte in bester Indy-Blondinen-
Manier los:
„Oh nein, bloß nicht Du, Schatzy. Du bist doch nicht schwindelfrei.“
Als Jüngster bot sich jetzt Torsten für diesen gefährlichen Job an. Aber
wie so oft in solchen Fällen üblich, ließ Ralf es sich nicht nehmen, selbst
Hand an zu legen. Immerhin hatte er mit eben dieser Hand schon so
manche Kostprobe seiner außerordentlichen Kraft gegeben. Noch
während der letzten Veranstaltung auf dem Festplatz hatte er eine
Pappschale mit goldgelb gebackenen Kartoffelstäbchen bis zur
Unkenntlichkeit zerquetscht. Mit einer Stablampe versehen enterte er
nun auf, bis er am Schwert von Hermann angekommen war. Und
tatsächlich – er musste nicht lange suchen, um eine leidlich verborgene
Klappe zu finden, die mit Schrauben verschlossen war.
„Ich brauche einen 17er“, rief er leise nach unten.
„Wie kannst Du nur jetzt ans Saufen denken?“ ärgerte sich Udo, der
meinte, Ralf wollte einen Flaschenöffner haben, um eine Bierflasche zu
öffnen.
„Ich meine einen 17er Maulschlüssel, Du Idiot“, entgegnete Ralf leise.
„Ich bringe ihn Dir.“
Torsten nahm nach diesen Worten entschlossen den Aufstieg in Angriff.
Bei Ralf angekommen gelang es den beiden nach einiger Zeit den
Verschluss der Klappe zu öffnen. Als Torsten hineingriff, fühlte er ein
gerolltes Pergament und eine kleine Schatulle darin liegen. Schnell
nahm er beides heraus und übergab es Ralf. Dann begann er die

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Schrauben wieder zu befestigen. Als das geschehen war, machten sich
die beiden wieder an den Abstieg.
Nachdem die Strickleiter eingeholt war, machten sich alle wieder auf den
Weg zu Udos Transporter. Sie wollten nicht länger als unbedingt nötig
am Fuße des Denkmals verweilen.
Als sie dann im Inneren des Autos beisammen saßen, öffnete Udo die
Schriftrolle. Und dort stand, wenn auch schon in reichlich verwitterten, so
doch noch gut lesbaren Lettern geschrieben:
‚In der Schatulle findest Du den ersten Schlüssel. Suche und finde auch
die anderen drei, dann wird Dir großer Reichtum beschert.’
„Donnerwetter, das ist ja ´nen Ding.“
Erhard zeigte sich begeistert und öffnete die kleine Schachtel.
Tatsächlich lag ein großer Schlüssel darinnen, wie er früher für schwere
Holztüren verwendet wurde.
„Gefunden“, jubilierte Katrin. „Wir haben unseren Teil erledigt.“
Das sahen auch die anderen so. Zufrieden mit sich und ihrer Arbeit
machten sie sich auf den Heimweg. Wie wohl nicht anders zu erwarten
war, hielt der IVECO die Rückfahrt unbeschadet durch. Gar nicht
auszudenken, wenn man mit einem echten Ferrari gestartet wäre und
die Karre irgendwann unterwegs den Geist aufgegeben hätte. Dann
hätte die Lesung schon jetzt ein eher unrühmliches Ende gefunden.
Der erste Schritt zur Ergründung des großen Geheimnisses war also
tatsächlich getan. Wie die Geschichte dann weiterging, das erfahrt ihr
nach der Pause im zweiten Teil.
Einblenden Präsentation: Hermannsdenkmal,
nach Ende der Musik Übergang auf nächste schwarze Folie

                               Kurze Pause

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So, nun geht es weiter mit dem zweiten Teil unseres Advent-Vierteilers.
Und diese Episode trägt den Namen:
Einblenden Präsentation: Der letzte Buchenbeeker,
nach ca. 30 Sekunden Musik leiser werden und Übergang auf nächste
schwarze Folie
Der letzte Buchenbeeker
Noch während der Rückfahrt von Detmold wurden von Udo per Handy
alle Beteiligten gebeten, sich innerhalb der nächsten Stunde auf dem
Festplatz einzufinden. Man habe große Neuigkeiten, die keinen großen
zeitlichen Aufschub duldeten. Natürlich ließ es sich niemand nehmen,
dabei zu sein. Was würden die Gefährten berichten? Waren es gute oder
schlechte Nachrichten? Die Spannung war zum Zerreißen gespannt.
Und dann bog Udos Transporter endlich auf den Festplatz ein. Sofort
stürmten alle los, um die Ankömmlinge zu bedrängen. Aber Udo gebot
Allen Ruhe und gönnte sich und seinen Leuten erstmal in Ruhe ein Glas
Bier oder Sekt. Dann begann er seine abenteuerliche Berichterstattung.
Die Zuhörer tranken die Erzählung förmlich von seinen Lippen. Mit einer
solchen Entwicklung hatten auch die größten Optimisten nicht gerechnet.
Lob von allen Seiten für ihre gute Arbeit regnete auf die Expedition
herab.
„Ausgezeichnet, ganz ausgezeichnet, Leute!“ ließ sich selbst der
Leitende Heinz-Peter Wedemüller hinreißen.
„Wenn wir Glück haben, können wir wieder ein Vermögen machen. Mal
sehen, ob wir es diesmal besser verwerten, als damals mit dem
Bernsteinzimmer.“
Und auch Billy Wäscher, der Vorsitzende des Fordervereins gab sich
enthusiastisch.
„Gar nicht ausgeschlossen, dass wir doch noch beide Jugendprojekte
auf dem Festplatz verwirklichen können. Sowohl die Schlittschuhbahn für

                              Seite 12 von 45
die Jugendlichen als auch die Hindernisbahn für die Kinder sind in
greifbare Nähe gerückt. Jan-Peter, Gina lasst Euch an mein Herz
drücken.“
Verständlicherweise hatten aber alle beiden in Anbetracht dieser
Neuigkeiten keine Lust, sich den Liebesbezeigungen ihres Vorsitzenden
zu widmen.
„Na seht ihr, so doof wie alle sagen, ist der Schwatzmeister gar nicht. Ich
habe also Recht behalten.“
Sichtlich mit sich und der Welt zufrieden gönnte sich Maxe sowohl einen
Obstler und ein Bier als auch das Gefühl, wieder einmal das richtige
Gespür gehabt zu haben.
Da aber meldete sich Heinz-Jörg Zebramowski zu Wort.
„Da ich ja nun zum Chef der zweiten Expedition auserkoren wurde,
möchte ich mich auch kurz dazu äußern. Zunächst möchte ich mich ganz
herzlich bei Udo Röhrich und seiner Truppe bedanken, die auch aus
meiner Sicht ganz hervorragende Arbeit geleistet haben. Mit dem Finden
des ersten Schlüssels haben sie die Tür für alle weiteren Unternehmen
ganz weit aufgestoßen. Jetzt wissen wir alle, wonach wir zu suchen
haben. Und wenn ich sage wir, dann meine ich damit die Mitglieder
meiner Expedition. Ich rufe nun die Namen derer auf, die zu diesem
Abenteuer auserkoren sind.
Heinz-Jörg Zebramowski, Sigrid Zebramowski, Jan Zebramowski, Udo
Summnie, Gina Summnie, Heinz-Peter Wedemüller, Dutzel Choke, Silvy
Choke
Folgende Gründe haben mich zu dieser Auswahl bewogen. Im Kreise
meiner Familie fühle ich mich besonders wohl, daher Frau und Sohn.
Den Leitenden brauche ich wegen seines überragenden technischen
Verstandes. Udo und Gina Summnie bringen ein wenig Jugend in unsere
Altersexpedition. Dutzel und Silvy schließlich, weil insbesondere Dutzel

                              Seite 13 von 45
bereits Ortskenntnisse am Denkmal hat. Schließlich waren er und der
Schwatzmeister dort mal in Urlaub.
Gebt mir noch diese Woche Zeit für die Organisation und dann werden
wir am nächsten Wochenende aufbrechen.“
Wieder einmal herrschte große Eintracht unter den Anwesenden für
diese Vorschläge. Weil es aber ja erst nächste Woche losgehen sollte,
hatten alle noch Zeit, kräftig einen zur Brust zu nehmen. Udo übergab
dann noch feierlich Hut und Peitsche an Heinz-Jörg, um ihn als Chef-
Schatzsucher zu kennzeichnen.
Schon während der Woche bekamen alle Expeditionsteilnehmer explizite
Anweisungen von Heinz-Jörg, wie die Geschichte weitergehen sollte. Als
Transportmittel hatte er die Eisenbahn gewählt. Zum einen, weil er
keinen entsprechenden Transporter wie Udo hatte, zum anderen weil er
dann nicht selbst fahren musste und so auch im Speisewagen dem Bier
zusprechen konnte.
So kam es, dass sich seine Leute alle pünktlich am Samstagmorgen an
der Bushaltestelle von Buchenbeeke einfanden. Die meisten nur mit
leichtem Gepäck. Einzig der Leitende hatte einen mittelgroßen
Bollerwagen dabei.
„Was willst Du denn mit all dem Zeug?“ fragte ihn Sigrid.
„Lass mich nur machen. Du wirst schon sehen, dass wir den Kram
brauchen werden, “ antwortete Heinz-Peter.
So ging es zunächst frohen Mutes mit der Schweinhuder Meerbahn bis
nach Wunstorf. Und als sich unterwegs der erste Durst einstellte und der
Leitende kurzerhand eine Kiste Traumburger Pilsener aus seinem
kleinen Nachläufer hervorzauberte, waren auch die letzten kritischen
Stimmen zu seiner Armierung verstummt. In Wunstorf angekommen
stieg man in die Eisenbahn nach Hannover um, wo der Zug nach
Rüdesheim schon auf sie wartete. Der Speisewagen war schnell

                              Seite 14 von 45
gefunden, in dem sich die Expedition dann für die kommenden Aufgaben
erstmal ordentlich stärkte.
„Wenn wir in Rüdesheim ankommen, werden wir sofort mit der Seilbahn
zum Denkmal hoch fahren“, erklärte Heinz-Jörg seinen Zuhörern.
„Das hört sich vernünftig an. Wir haben keine Zeit zu verlieren, “ meinte
Udo Summnie.
Die Fahrt erwies sich jedoch als ziemlich lang, sodass ohne das
energische Einschreiten des Chefs um Haaresbreite schon die ersten
Ausfälle zu verzeichnen gewesen wären. So aber ging alles gut und man
kam wohlbehalten in Rüdesheim an.
„Sollten wir bei aller Ernsthaftigkeit nicht doch ein wenig Kultur einfließen
lassen?“ fragte Jan Zebramowski seinen Vater.
„Na schön, so viel Zeit muss sein“, antwortete ihm Heinz-Jörg.
Also wurde die Drosselgasse nicht nur schnell durchschritten, sondern
die eine oder andere Pinte auf ihre Leistungsfähigkeit hin untersucht. Als
Silvy dann aber vorschlug, noch an einer Besichtigung von Asbach-Uralt
teilzunehmen, sprach Heinz-Jörg ein Machtwort.
„Keine Chance Leute, schließlich sind wir nicht nur zum Spaß hier.“
Alle sahen ein, dass er Recht hatte. Also begab man sich zur Seilbahn,
die die Touristen von Rüdesheim zum Niederwalddenkmal bringt. Hier
konnte Dutzel auch zum ersten Mal mit seinen Ortskenntnissen prahlen.
„Mit dieser Seilbahn sind Maxe und ich damals auch gefahren. Keine
Angst, das ist überhaupt nicht gefährlich.“
Bevor der Leitende überhaupt anfangen konnte über die Sicherheit von
Seilbahnen zu referieren, schnitt ihm der Expeditionsleiter schon das
Wort ab.
„Lass mal stecken, Heinz-Peter. Aber wir haben ein Problem. Wie
bekommen wir den Bollerwagen in die kleinen Gondeln?“

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Dieses Problem wusste auch der Leitende auf Anhieb nicht zu beheben.
Deshalb beschloss man, dass die Gruppe sich trennen sollte. Während
Heinz-Peter und Udo den beschwerlichen Weg mit dem Bollerwagen zu
Fuß in Angriff nehmen sollten, würde der Rest die Seilbahn nehmen.
Zunächst war angedacht worden, dass sich Dutzel mit auf den
Fußmarsch machen sollte, aber eine Trennung von Dutzel und Silvy,
selbst für so einen kurzen Zeitraum, musste als nicht durchführbar ad
acta gelegt werden.
Daraufhin vereinbarte man, dass man sich am Fuße des Denkmals
wiedertreffen wollte.
Während also das Gros der Truppe sich der Seilbahn anvertraute,
machten sich zwei Leute per pedes auf den Weg. Aber der Weg durch
die sommerlichen Weinberge wurde den beiden Spaziergängern nicht
lang. Gut war nur, dass die Weintrauben zum einen noch nicht reif und
zum anderen noch nicht vergoren waren. Sonst hätte es wohl nicht gut
um das Ende dieser Expedition ausgesehen.
Der Rest der Truppe war derweil mit der Gondel unterwegs. Nur am
Rande sei an dieser Stelle erwähnt, dass sich Silvy dieses Mal glänzend
hielt. Seilbahnen waren für sie besser zu handhaben als Draisinen. Aber
das ist eine andere Geschichte.
So kam es gegen die Nachmittagszeit zu einer Wiedervereinigung ganz
anderer Art an solch geschichtsträchtiger Stätte.
„Was ist los, Leitender? Gibt dein Bollerwagen noch ein Pils her?“ fragte
Jan als er der beiden Wanderer angesichts wurde.
„Eines für jeden ist wohl noch da, aber dann ist Schluss“, erwiderte
Heinz-Peter.
Nachdem man sich gestärkt hatte, konnte dann endlich das eigentliche
Vorhaben in Angriff genommen werden.

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„Jetzt stehen wir vor dem gleichen Problem, das die Truppe von Udo
Röhrich in Detmold hatte. Wo sollen wir anfangen zu suchen?“
Heinz-Jörg wirkte ob des riesigen Geländes zu Fuße des Denkmales
einigermaßen ratlos.
„Wir müssen eben auch nach solch einem Schlüsselwort suchen, wie die
das mit dem Schwert von Hermann hatten.“
„Das ist schon richtig. Aber ich glaube kaum, dass es uns hier noch
einmal so einfach gemacht wird. Es sollte mich schon sehr wundern,
wenn das Versteck auch wieder im Schwert verborgen wäre. Also, was
wissen wir über das Denkmal?“
Und auch in dieser Gruppe erwiesen sich die Damen als die am besten
Präparierten. Sigrid fing auch sofort an. Hier bitte wieder schön
aufpassen. Es gibt was zu lernen.
Einblenden Bild: Niederwalddenkmal
„Das Niederwald-Denkmal erinnert an den Sieg über Frankreich im Jahr
1870/1871 und die daraus resultierende (Neu-) Gründung des
Deutschen Kaiserreichs. Das am 28. September 1883 eingeweihte
Denkmal wurde nach den Entwürfen des Bildhauers Johannes Schilling
und des Architekten Karl Weisbach erbaut. Den Grundstein legte am 16.
September 1871 Kaiser Wilhelm der Große. Das fast 38 Meter hohe
Monument ist ein Sinnbild des Zusammenschlusses aller deutschen
Volksstämme. Nach sechs Jahren Bauzeit und einem Kostenaufwand
von über einer Million Goldmark war das Denkmal fertig gestellt.
Die 10,5 Meter hohe und 32 Tonnen schwere Figur der Germania hält in
der rechten Hand stolz die wiedererworbene Kaiserkrone hoch. Mit der
linken Hand stützt sie sich selbstbewusst auf das Reichsschwert. Auf
dem Sockel erinnern Daten und Wappen an die Zeit der
Reichsgründung. Auf dem größten Relief ist Kaiser Wilhelm I. hoch zu
Ross inmitten von Landesfürsten, Heeresführern und Soldaten aller

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Truppengattungen dargestellt. Ein wichtiges, wenn nicht sogar DAS
wichtigste Lied der Zeit um 1870, war das von Max Schneckenburger
(1819-1849) gedichtete Lied "Die Wacht am Rhein".
Ausblenden Bild: Niederwalddenkmal und Übergang auf nächste
schwarze Folie
Aber wie schon in Detmold taten sich die Männer auch hier schwer, den
Wissensvorsprung der Frauen anzuerkennen.
„Nun ist aber gut, Muttern“, entrüstete sich Jan. „Wer will denn diese
ollen Kamellen noch hören?“
Da aber kam er bei seinem Vater an den Rechten.
„Du kannst unmöglich Blut von meinem Blut sein. Wie kannst Du so
etwas nur sagen. Damit verspottest Du meine heiligsten Gefühle. Man
merkt, dass du nicht gedient hast. Bin ich denn der Einzige hier, der
diesem Symbol unserer Nation die letzte Ehre erweist und ehrerbietig zu
seinen Füßen auf die Knie fällt? Schande über Euch alle!“
Dieser Gefühlsausbruch brachte den Leitenden auf eine Idee.
„Moment mal, Heinz-Jörg. Wenn du schon der einzige und somit letzte
Buchenbeeker bist, der so denkt, ist da vielleicht des Pudels Kern
begraben. Lasst uns mal schauen, ob wir ganz am Fuße der Germania
einen Hinweis finden.“
So an den Haaren herbeigezogen es manchen auch erschien, so
plausibel klang es für die anderen. Sofort machte man sich daran, das
Gestein ganz am unteren Ende des Denkmals zu untersuchen.
Vergeblich, auf den ersten Blick war nichts zu erkennen.
„Dann müssen wir eben auf technische Hilfsmittel zurückgreifen“, sagte
der Leitende und ließ zunächst offen, was er damit meinte.
„Einverstanden, aber lasst uns auch hier die Dunkelheit abwarten. Dann
können wir ungestörter arbeiten. Wir können uns ja in der Zwischenzeit
mit einem kleinen Glas Rotwein stärken, “ entschied Gina Summnie.

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Dagegen hatte selbstverständlich niemand etwas einzuwenden. Also
machte man es sich an einem der Verkaufsstände bequem und genoss
den köstlichen Rheingauer Rebensaft. Als es dann jedoch Abend wurde,
mussten unsere wackeren Buchenbeeker erfahren, dass es ihnen hier
nicht so einfach gemacht wurde. Ein Sicherheitsdienst begann, den
ganzen näheren Bereich rund um das Denkmal abzusperren.
„Verdammt noch mal, was jetzt?“ fragte Dutzel.
„Jetzt werdet ihr mal sehen, was ich alles in meinem Bollerwagen habe.
Und ob es wirklich so blöd war, ihn mit zunehmen, “ erwiderte Heinz-
Peter.
Zu ihrem Erschrecken mussten sie sogar noch erkennen, dass die
Security-Leute eine Alarmanlage für das Gelände in Betrieb nahmen.
Aber auch das entlockte dem Leitenden nur ein müdes Lächeln.
„Keine Angst, damit werde ich schon fertig.“
Und dann erklärte er den verblüfften Expeditionsteilnehmern seinen
Plan.
„Erstens zur Alarmanlage. Gut, das ich so ein Ding erst gerade in der
Ballerbude installiert habe. Das Gerät außer Kraft zu setzen, ist also kein
Problem. Zweitens zur Security. Da wird die Angelegenheit schon
haariger. Das wird eure Aufgabe, Mädels. Macht die Jungens mal richtig
an, damit sie abgelenkt sind. Das sollte euch ja nicht allzu schwer fallen.
Drittens zur angedachten Fundstelle. Hier kommst du ins Spiel, Dutzel.
Das komplette Gebilde rum um die Fundstelle ist aus Stein. Ich habe
aber ein Metallsuchgerät in meinem Bollerwagen. Damit musst du
untersuchen, ob du etwas finden kannst. Der Rest der Truppe steht
Schmiere.“
Begeistert zollten alle dem Leitenden Beifall. Und lediglich Sigrid, die in
diesem Teil den Part der Indy-Gespielin innehatte, kreischte los:
„Oh Jörgi, seid bloß recht vorsichtig!“

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So wartete man auf die Dunkelheit.
Jetzt machte Sigrid ihre Mädels heiß.
„Auf denn, meine Damen. Einen Knopf an der Bluse mehr geöffnet und
ran an den Feind.“
Damit machten sich die drei Frauen auf den Weg. Als die
Sicherheitsleute ihrer angesichtig wurden, nahmen sie sofort Kontakt
auf.
„Halt, meine Damen. Hier darf um diese Zeit niemand mehr in der
Gegend herumlaufen, “ sagte einer der ganz in Schwarz gekleideten
Sheriffs.
„Aber, aber, wer wird denn gleich so streng sein, Herzchen“, säuselte
ihm Gina zu.
„Wir haben uns doch nur verlaufen und wissen nicht, wo wir hin sollen.
Dabei haben wir noch ein paar Flaschen leckeren Rotweines bei uns, die
wir alleine gar nicht austrinken können.“
Von den offensichtlich ziemlich hilflosen Mädels recht angetan, erklärten
sich die Sicherheitsbeamten sofort bereit, ihnen unter die Arme oder
auch etwas höher zu greifen.
„Die wären erstmal außer Gefecht gesetzt“, sagte Heinz-Peter zu den
anderen Männern. Jetzt zu der Alarmanlage. Heinz-Jörg und ich setzen
das Ding lahm. In der Zwischenzeit kümmern sich Dutzel und Jan um die
Fundstelle. Sobald ich euch ein Zeichen gebe, könnt ihr loslegen.“
Noch einmal warf er einen Blick auf den Sicherheitsdienst. Aber den
hatten die Mädels sehr gut im Griff. Die verschwendeten keinen
Gedanken mehr an die Sicherheit, in welcher Hinsicht auch immer.
Aufgrund seiner Erfahrung wurde es dem Leitenden ein Leichtes, die
Alarmanlage schnell abzuschalten. Als das erledigt war, winkte er Dutzel
und Jan, sich auf den Weg zu machen. Zügig machten sich die beiden

                               Seite 20 von 45
ans Werk. Und tatsächlich, schon nach relativ kurzer Zeit sprach das
Metallsuchgerät an.
„Los Jan“, kommandierte Dutzel. „Hier ist etwas.“
Und da entdeckte Jan, dass der Fugenmörtel an einem der
Quadersteine anders aussah, als die anderen. Wenn es auch einige
Mühe bereitete, den Stein aus der Wand zu lösen, gelang es doch nach
geraumer Zeit. Als er ganz herausgelöst war, offenbarte sich den beiden
ein Hohlraum.
„Bingo, das muss es sein“, frohlockte Jan.
Und bei näherer Untersuchung zeigte sich, dass auch hier ein
Pergament und eine Schatulle versteckt waren. Hastig entnahmen sie
die Gegenstände dem Versteck und verschlossen es wieder. Der vom
Leitenden mitgebrachte Fugenmörtel war dazu hervorragend geeignet.
Phantastisch, dachte Jan noch, an was der Leitende alles gedacht hat.
Und damit zogen er und Dutzel sich zurück. Sie gaben Heinz-Peter ein
Zeichen, woraufhin der die Alarmanlage wieder aktivierte.
Jetzt mussten nur noch die Mädels von den griffigen Sicherheits-Fuzzies
losgeeist werden.
Als Sigrid sah, dass die Männer ihr Vorhaben beendet hatten, gab sie
ihren Mitstreiterinnen einen Wink. Die Security-Leute sahen sich zwar
einigermaßen enttäuscht, hatten sie sich doch mehr von dieser Situation
erwartet, ließen aber sofort von den Frauen ab, als sie deren
nachlassendes Interesse bemerkten.
So versammelten sich unsere Expeditionsteilnehmer außerhalb der
Sichtweite des Denkmals.
„So, jetzt wollen wir mal schauen, ob es das ist, was wir gesucht haben“,
sagte Heinz-Jörg und öffnete im Licht einer Taschenlampe Pergament
und Schatulle.
Und wie nicht anders erwartet, hatte das Dokument folgenden Inhalt:

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‚In der Schatulle findest Du den zweiten Schlüssel. Suche und finde auch
die anderen zwei, dann wird Dir großer Reichtum beschert.’
Nachdem man auch den Schlüssel in der Schachtel gefunden hatte, war
allen die Erleichterung anzumerken. Auch diese Expedition hatte ihre
Aufgabe erfüllt.
Natürlich fuhr um diese Uhrzeit keine Seilbahn mehr ins Tal zurück. Ergo
musste man sich zu Fuß auf den Weg machen. Glücklicherweise
konnten sich Udo und Heinz-Peter noch gut an den Weg erinnern. So
fand man wohlbehalten den Rückweg nach Rüdesheim.
Am Bahnhof musste man zwar noch geraume Zeit auf den nächsten Zug
Richtung Heimat warten, aber in Anbetracht ihrer kostbaren Fracht fiel
ihnen das Warten nicht schwer. Und dann verlief alles nach Plan, bis
zum Bahnhof in Wunstorf. Hier musste Heinz-Jörg dringend noch mal für
kleine Königstiger. Denn man hatte auf der Rückreise die Bier- und
Sektvorräte des Speisewagens nicht geschont. Als er von der Toilette
zurückkam, musste er erkennen, dass die anderen schon mit dem Bus
nach Buchenbeeke vorausgefahren waren. Es blieb ihm somit nicht
anderes übrig, als auf den nächsten zu warten. Und so kam es, dass der
Expeditionsleiter als ‚Letzter Buchenbeeker“ in der Heimat eintraf. Dass
man hier schon sehnsüchtig auf ihn wartete, bedarf wohl keiner weiteren
Erwähnung. Mittlerweile hatten seine Leute schon alle anderen über den
erfolgreichen Ausgang ihres Abenteuers informiert. Somit war der zweite
Schlüssel gefunden. Wie sich die Sache mit dem nächsten Schlüssel
zugetragen hat, das erfahrt ihr nach der Pause im dritten Teil.
Einblenden Präsentation: Niederwalddenkmal
und nach Ende der Musik Übergang auf nächste schwarze Folie)

                              Kurze Pause

                              Seite 22 von 45
So, nun geht es weiter mit dem dritten Teil unseres Advent-Vierteilers.
Und diese Episode trägt den Namen:
Einblenden Präsentation: Tom Sawyer,
nach ca. 30 Sekunden Musik leiser werden und Übergang auf nächste
schwarze Folie
Die Abenteuer von Rolph Lindbergh und dem Dackel Berry
Finn
Der zweite Schlüssel war also gefunden. Ob diese Dinger denn
irgendwann mal was aufschließen würden, und was das dann sein
würde, blieb allerdings noch total im Unklaren. Nichtsdestotrotz war das
Meeting auf dem Festplatz natürlich wieder gut besucht. Die dritte
Expedition brannte schon darauf, endlich loslegen zu können. Rolph als
Expeditionsleiter hatte seinen Plan längst fertig. Mit generalstabsmäßiger
Gründlichkeit hatte er alles vorbereitet. Als Hauptmann der
leistungsstarken deutschen Luftwaffe waren militärische Planspiele
schließlich sein Spezialgebiet. Und so kamen seine Wünsche an die
Anwesenden schon Befehlen gleich. Mit Hut und Peitsche als Chef
gekennzeichnet erfolgten daher auch seine Kommandos mit preußischer
Knappheit.
„Alles mal herhören. Der Führungsstab der Expedition ‚Adlerflug’ hat
mich zum Marschgruppenführer ernannt. Höhere Dienstgrade werden
gebeten sich diesem unterzuordnen. Personen, die nicht über einen
militärischen Rang verfügen, werden für die Zeit des Einsatzes mit ihrem
Dienstgrad innerhalb des BvB in die Gruppe integriert. Im Folgenden
jetzt die Teilnehmer:
Rolph Lindbergh (Befehlshaber des Expeditionskorps), Klaas Hefering
(Chef des Stabes), Johann Sitte (Expeditions-Hauptfeldwebel), Simona
Lisa (Hundeführerin im Range eines Unteroffiziers), außerdem Wilma
Buhmann, Abdré Wulde, Britta Wulde, Marianne Klostermann und Ulf

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Dahlke als Mannschaften. Des Weiteren, mein Dackel Berry Finn als
Spürhund. Abmarsch nächsten Samstag 0600 Zulu, Treffpunkt Festplatz.
Anzug: kleiner Trinkeranzug. Wegtreten!“
Die Nichtgedienten unter den Anwesenden wunderten sich zwar über
diese ihrer Ansicht nach burschikose Art und Weise, wurden aber vom
Schwatzmeister eines besseren belehrt.
„Rolph handelt nur streng nach der berühmt-berüchtigten ZDv 3/2. Da
kann man nichts machen. Außerdem kann ein bisschen Disziplin
unserem Sauhaufen gar nicht schaden.“
„Kann ja alles sein“, meinte Erhard Mieze, „aber warum nehmen sie
denn auch Neger mit? Oder was meinte Rolph mit Zulu?“
Jan-Peter übernahm die Aufgabe, dem ungedienten Erhard die
Bedeutung des Begriffes Zulu in der Landsersprache zu erklären.
Nachdem das erledigt war, wunderten sich noch alle, warum ein Hund
mit auf die Expedition genommen werden sollte. Spürhund hatte Rolph
gesagt. Nun kannten alle den Dackel, dem der Hauptmann den
ungewöhnlichen Namen Berry Finn gegeben hatte. Ob dieser kleine
Tausendsassa aber wirklich als Spürhund fungieren konnte, hielten die
meisten doch für mehr als fragwürdig.
Wie dem auch sei, niemand wollte sich das Schauspiel des Abmarsches
dieser Truppe am Samstagmorgen entgehen lassen. So fanden sich
zahlreiche Schaulustige am Festplatz ein. Sie staunten nicht schlecht,
als sie merkten, dass das Gelände komplett umzäunt war. Auf dem Dach
des Pavillons war eine Radarantenne installiert worden und ein Posten in
Gestalt von Abdré Wulde lief mit einem KK-Gewehr davor Streife.
Soeben trat Oberstleutnant Hefering in voller Kriegsbemalung aus dem
Gebäude.
Hauptfeldwebel Johann Sitte salutierte und meldete:
„Alles zur Ankunft des Adlers bereit, Herr Oberstleutnant.“

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„Okay, weitermachen“, erwiderte dieser und zog sich in seinen Tower
zurück.
Die Schaulustigen begannen zu ahnen, was passieren würde. Rolph
würde doch nicht etwa, oder etwa doch? Kurze Zeit später wurde die
Frage dann zur Gewissheit. Ein überlautes Motorengeräusch ließ alle
zusammenfahren. Eine Transall setzte auf der für diesen Flugzeugtyp
eigentlich viel zu kurzen Landebahn West des Festplatzes auf. Wie
Lindbergh das Kunststück fertig gebracht hatte, hier unbeschadet zu
landen, wird auf ewig ein Glanzstück in der Geschichte der Deutschen
Luftwaffe bleiben. Unter dem Jubel der Anwesenden entstieg der
Kommandant seinem Flieger, um seine Crew an Bord zu nehmen.
Wiederum sehr knapp erfolgten seine Befehle.
„Expeditionskorps an Bord, Oberstleutnant Hefering verbleibt im Tower
und hält Funkkontakt zur Einsatzgruppe.“
Kurz darauf heulten die 12.000 PS starken Rolls-Royce –Triebwerke der
Transall auf und wenige Minuten später war die Maschine bereits über
den Wolken verschwunden.
Unter strengen Sicherheitsvorschriften wurde es einigen Personen dann
gestattet, den Pavillon-Tower zu betreten. Stolz führte ihnen Klaas
seinen Kommandostand vor. Es handelte sich um ein Laptop, das auf
einer leeren Bierkiste rutschsicher montiert war.
Geradezu feierlich sagte er in diesem Moment:
„Ladies and Gentlemen, der Adler ist gestartet.“
Verlassen wir nun die Bodencrew und begeben uns ins Innere der
Transall.
Hier informierte der Kommandant gerade über Mikrophon seine
Besatzung.
„Alle mal herhören. Es ist mir gelungen unser Unternehmen unter das
Kommando der SALIS (Strategic Airlift Interim Solution) zu stellen. Wir

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unterstehen also momentan dem Befehl der NATO. Unser Zielflughafen
ist der Airport Leipzig/Halle. Von dort aus werden wir mit
Militärfahrzeugen in unser Einsatzgebiet gebracht. Alles Weitere klären
wir vor Ort, Ende.“
Spätestens jetzt wurde den Leuten klar, dass diese Expedition kein
normaler Samstagsausflug werden würde. Der kurze Flug verlief ohne
weitere Zwischenfälle und die Maschine landete zum festgelegten
Zeitpunkt in Leipzig. Diese Tatsache wurde dem Kommandostand in
Buchenbeeke dann auch unverzüglich mitgeteilt. Im Tower auf dem
Festplatz wurde die Information relativ nüchtern aufgenommen. Klaas
sagte nach dem Funkspruch lediglich:
„Ladies and Gentlemen, der Adler ist gelandet.“
In Leipzig war die Einsatzgruppe derweil auf die Militärfahrzeuge
aufgesessen und befand sich auf dem Weg zum Völkerschlachtdenkmal.
Hauptfeldwebel Johann hatte von Rolph die Aufgabe erhalten, die Crew
mit Wissenswertem über das Denkmal zu versorgen. Er erzählte. Und
hier jetzt der dritte Teil der historischen Lehrstunde für den geneigten
Zuhörer.
Einblenden Bild: Völkerschlachtdenkmal
„Das Völkerschlachtdenkmal ist eines der Wahrzeichen Leipzigs in
Erinnerung an die Völkerschlacht von 1813 und heute eine Außenstelle
des Stadtgeschichtlichen Museums. Als das größte Denkmal Europas
bildet es eine weithin sichtbare Landmarke mit markanter Silhouette.
Es wurde maßgeblich durch die Bildhauer Christian Behrens (1852-
1905) und Franz Metzner (1870-1919) gestaltet.
Es ist 91 m hoch und steht an einem ehemaligen Brennpunkt des
Kampfgeschehens. Vom Beginn des Sockels bis zur Aussichtsplattform
auf der Spitze sind es 500 Stufen, die größtenteils in engen Wendeln
nach oben gehen. Seit kurzem existieren zwei Personenaufzüge, die bis

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zur mittleren Aussichtsplattform in 57 Meter Höhe führen. In der
Kuppeldecke der Ruhmeshalle sind 324 fast lebensgroße Reiter
abgebildet. Die vier 9,5 Meter hohen Statuen der Totenwächter in der
Ruhmeshalle stellen Personifikationen der Tugenden dieser Schlacht
(Tapferkeit, Glaubensstärke, Volkskraft, Opferbereitschaft) dar. Das soll
zur Orientierung zunächst einmal reichen.“
Ausblenden Bild: Völkerschlachtdenkmal und Übergang auf nächste
schwarze Folie
Um nicht besonders aufzufallen, wurden die Militärfahrzeuge in einiger
Entfernung zum Denkmal abgestellt und die restliche Wegstrecke zu Fuß
bewältigt. Ebenfalls um kein Aufregen zu verursachen, hatte Rolph
seinen Fliegerkombi gegen Zivilkleidung eingetauscht.
Nachdem man das Gelände inspiziert hatte, bat der Einsatzgruppenleiter
zum Gespräch.
„Leute, jetzt beginnt die Hauptaufgabe. Wir müssen den dritten Schlüssel
finden. Ein Scheitern des Unternehmens wird nicht geduldet.
Irgendwelche Vorschläge, wie wir vorgehen sollen?“
Ulf Dahlke meldete sich zu Wort.
„Es ist nur eine kühne Vermutung, aber ich könnte mir vorstellen, dass
der Schlüssel, der Bedeutung des Denkmals angemessen, ganz weit
oben zu finden sein wird. Wir sollten uns also darauf einstellen, in luftiger
Höhe operieren zu müssen.“.
Hierauf erwiderte Simona Lisa, die Hundeführerin:
„Das wäre aber nicht gut. Wie sollen wir denn den Dackel in solche Höhe
bekommen. Ich habe Berry Finn nicht nur auf Kehle, sondern auch auf
das Auffinden von Schlüsseln dressiert, aber fliegen kann er nicht.“
„Das Problem werden wir klären, wenn es soweit ist“, erklärte Wilma.
„Zunächst müssen wir prüfen, ob an der Vermutung von Ulf was Wahres
dran ist.“

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Gesagt, getan. In den nächsten Stunden wurde das Innere des
Denkmals von unten bis oben abgesucht. Aber selbst die exzellente
Schnüffelnase von Berry Finn vermochte nichts zu entdecken.
Schließlich gab man auf. Abdré Wulde meinte resignierend.
„Hier drin ist nichts zu finden, sonst hätte der Dackel angeschlagen. Das
Versteck kann sich also nur an der Außenfassade befinden. Wir müssen
dort weitersuchen.“
Die übrigen Leute sahen das genauso und deshalb begann man nun die
äußere Hülle des Denkmals einer genaueren Prüfung zu unterziehen.
Aber in Bodennähe war auch hier nicht zu entdecken.
„Habe ich also doch Recht gehabt“, triumphierte Ulf.
Dass diese Tatsache die Suche nicht gerade vereinfachen würde, ließ er
dabei unbeachtet.
„Aber wie sollen wir da oben suchen?“ fragte Britta Wulde. Die
Ratlosigkeit stand nicht nur ihr ins Gesicht geschrieben.
„In diesem Fall müssen wir auf andere Hilfsmittel zurückgreifen. Dazu
müssen wir aber wieder einmal die Dunkelheit abwarten. Bei Tageslicht
lässt sich diese Aktion nicht ohne großes Aufsehen zu erregen,
erledigen. Ich schlage vor, wir gehen erstmal was trinken.“
Diesem Befehl von Rolph kamen dann auch alle nach. Nachdem die
Truppe mit Getränken versorgt war, erklärte der Einsatzgruppenleiter
den Leuten seinen Plan.
„Mein Kumpel Klaas ist nicht nur ein exzellenter Flugeinsatzoffizier,
sondern auch ein begnadeter Pyrotechniker. Wohl wissend, dass wir
darauf evtl. angewiesen sein können, hat er vor unserem Abflug noch ein
Fluggerät für derartige Fälle entwickelt. Es handelt sich dabei um eine
Art Rakete, die aber auch über Schwebeeigenschaften verfügt und mit
bis zu zwei Personen besetzt werden kann. Die maximale Steighöhe
beträgt 300 Fuß, das sind ca. 100 Meter.“

                              Seite 28 von 45
Ungläubig schauten ihn die Anderen an.
„Also so eine Art Mini-Hubschrauber, nur mit Raketenantrieb?“ fragte
Johann.
„Genau“, erwiderte Rolph.
„Das Problem ist nur, dass das Ding noch niemand ausprobiert hat.
Simona, würdest du dir trotzdem zutrauen, mit dem Dackel in dem Ding
in die Lüfte aufzusteigen?“
Das Zögern von Simona richtig deutend, erbot sich Abdré die Rakete zu
fliegen.
„Das ist zwar gut gemeint“, gab Marianne Klostermann zu bedenken,
„aber ich denke, Simona ist die Einzige, die sich auf die Arbeit in der
Hundeführung versteht. Es kommt somit keine andere Person in Frage.“
Tapfer nickte Simona daraufhin und sagte:
„Marianne hat Recht. Ich mache es.“
Anerkennendes Kopfnicken allerseits belohnten sie für diese
Entscheidung. Bemerkenswert war noch, dass keine der mitgereisten
Damen in ein Indy-Gejammere verfiel. Ja, Rolph hatte seine Truppe
eben gut im Griff. So wartete man auf die Dunkelheit, die kurz darauf
einsetzte.
Nachdem Johann, Abdré und Ulf die Bestandteile vom LKW geholt
hatten, wurde die Rakete gemäß den Konstruktionsplänen von Klaas
zusammenmontiert und ein geeigneter Abschussplatz gesucht. Als das
erledigt war, wurde es langsam Ernst. Rolph nahm seine Simona noch
einmal in den Arm und wünschte ihr einen guten Flug.
„Kopf hoch, Schatz, es wird schon alles gut gehen.“
Und zu seinem Dackel sprach er:
„Na, Berry Finn, du kleiner Teufel. Mach deine Sache gut. Von dir hängt
jetzt der Erfolg unseres ganzen Unternehmens ab.“

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Simona und der Hund nahmen ihre Sitzplätze ein und dann
kommandierte Rolph: Feuer frei.
Langsam, aber mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerkes hob die
Rakete vom Boden ab.
„Donnerwetter“, kommentierte Rolph den grandiosen Start.
Nachdem sich Simona mit der Steuerung etwas vertraut gemacht, kam
sie sehr gut mit dem Fluggerät zurecht. Eingedenk der Worte von Ulf flog
sie ganz bis zur Spitze des Denkmals und begann es mehrmals zu
umrunden. Dabei sagte sie immer wieder zu Berry Finn:
„Such den Schlüssel, such.“
Jetzt machte sich die harte Arbeit in der Hundedressur bezahlt. Schon
nach relativ kurzer Zeit schlug der Dackel an. Simona steuerte den Mini-
Helikopter an die Stelle, die Berry Finn anbellte. Und tatsächlich, in
einem überhängenden Sims war eine Verschraubung zu erkennen, die
verdächtig der am Hermannsdenkmal glich. Die Pilotin brachte ihr
Luftvehikel davor zum Stehen und begann die Schrauben mit einer
mitgenommenen Knarre zu lösen. Kurz darauf konnte sie die Abdeckung
abnehmen und in das Innere der Vertiefung greifen. Sie erfühlte die
erhofften Gegenstände, also die Schriftrolle und die Schatulle und nahm
beides heraus. Nachdem sie die Sachen in ihrem Flieger verstaut hatte,
verschloss sie die Öffnung wieder und begann den Flug zurück zum
Boden. Ihre umjubelte Landung wurde zu einem Triumph. Obwohl es
nicht geraten schien, nun noch länger als unbedingt nötig am Denkmal
zu verweilen, konnte sich Rolph nicht zurückhalten und öffnete die
Schriftrolle. Wie erwartet stand dort geschrieben:
‚In der Schatulle findest Du den dritten Schlüssel. Suche und finde auch
den letzten, dann wird Dir großer Reichtum beschert.’
Es ist wohl unnötig zu sagen, dass sich in der Schatulle natürlich auch
der Schlüssel befand.

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Unbemerkt von unseren aufgewühlten Buchenbeekern hatten sich in der
Zwischenzeit einige Polizeibeamte der Gruppe genähert. Denen war
trotz aller Heimlichkeit das Treiben der Gruppe aufgefallen.
„Was machen Sie hier eigentlich?“ wollte der eine der Beamten jetzt
wissen.
„Das geht euch gar nichts an“, antwortete Johann.
„Na, das wollen wir doch mal sehen“, entgegnete der Angehörige der
Staatsmacht und zog seinen Gummiknüppel. „Ich erkläre sie hiermit für
festgenommen.“
„Wir unterstehen nur dem Kommando der NATO“, mischte sich jetzt
auch Ulf ein.
Und dann gingen die beiden gemeinsam auf die Polizisten los. Sie
hatten schon so manches Schützenfestgefecht Seite an Seite
durchgestanden und so wurde es ihnen ein Leichtes die Ordnungsmacht
zu überwältigen.
„Gut gemacht, “ lobte Rolph, „aber jetzt nichts wie weg.“
Sie luden die Rakete wieder auf einen Lastwagen und machten sich auf
den Weg zum Flughafen. Ohne größere Schwierigkeiten konnten sie die
militärischen Sperrlinien passieren und zu ihrer Transall gelangen.
Der Kommandant holte sich vom Leipziger Tower die Startgenehmigung
und wenige Minuten später waren sie schon in der Luft. Als sie ihre
Reiseflughöhe erreicht hatten, meldete sich Rolph über Funk beim
Tower in Buchenbeeke.
„Der Adler hat seine Beute gefunden und ist zurück auf dem Weg zum
Horst.“
Auf diese Meldung hatte die Einsatzleitung auf dem Festplatz nur
gewartet. Die Zapfanlage wollte gar nicht mehr stillstehen und auch so
manche Flasche Sekt wurde gekillt. Selbstverständlich wollten alle die
Heimkehr der Einsatztruppe miterleben und warteten ungeduldig auf die

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