Überprüfung der vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisikos und der Risikogebiete 2018 (nach 73 WHG bzw. Art. 4 und Art. 5 - EG-HWRM-RL) - Der ...

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EG-Hochwasserrisikomanagement-

                                 Überprüfung der vorläufigen Bewertung des
Richtlinie

                                 Hochwasserrisikos und der Risikogebiete
                                 2018 (nach § 73 WHG bzw. Art. 4 und Art. 5
                                 EG-HWRM-RL)
                                 Information der Öffentlichkeit
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Inhalt

Einleitung                                                        5

Die Flussgebietseinheit Weser                                     8
Klima und Hydrologie                                             10
Topografie, Geologie, Geomorphologie                             14
Landnutzung, Siedlungsgebiete, Infrastruktur, Kulturerbe         16
Beschreibung des bestehenden Hochwassers                         20
Vermeidung                                                       21
Schutz                                                           21
Vorsorge                                                         24
Wiederherstellung/Regeneration                                   27
Gewässer und Hochwassertypen                                     28
Beschreibung vergangener Hochwasser sowie deren
signifikanten nachteiligen Auswirkungen                          30
Beschreibung zukünftiger potentieller signifikanter
Hochwasser der Vergangenheit                                     32
Bewertung der potentiellen nachteiligen Folgen
künftiger Hochwasser                                             33
Signifikanzkriterien für Personen- und Sachgefährdungen          34
Signifikanzkriterien für Umweltgefährdungen                      35
Signifikanzkriterien für Gefährdungen von Kulturgütern
und Kulturobjekten                                               36
Langfristige Entwicklungen und deren Einfluss auf
das Auftreten von Hochwasser                                     37
Auswirkungen des Klimawandels auf das Auftreten von Hochwasser   37
Langfristige Entwicklung der Flächennutzung                      39
Ausweisung der Gewässerstrecken mit potentiellem
signifikanten Hochwasserrisiko (Risikogebiete)                   40
Einbeziehung der interessierten Stellen und Information
der Öffentlichkeit                                               44
Weitere Informationen                                            46
Literaturverzeichnis                                             48
Abbildungsverzeichnis                                            50
Tabellenverzeichnis                                              52
Abkürzungsverzeichnis                                            53
Impressum                                                        54

                                                                               3
Überprüfung der vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisikos und der Risikogebiete 2018 (nach 73 WHG bzw. Art. 4 und Art. 5 - EG-HWRM-RL) - Der ...
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Einleitung

Die extremen Hochwasserereignisse Ende des letzten und Anfang dieses Jahr-
tausends in ganz Europa haben gezeigt, wie wichtig die Vorsorge gegenüber
diesen Naturereignissen ist. Der Umweltrat der Europäischen Kommission hat
diese Ereignisse zum Anlass genommen, ein Aktionsprogramm zur Verbesse-
rung des Hochwasserschutzes in europäischen Flussgebieten vorzuschlagen.
Die Europäische Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (RL 2007/60/EG, EG-
HWRM-RL) ist 2007 in Kraft getreten und bildet einen Übergang vom klassi-
schen Hochwasserschutz zum weitergehenden Hochwasserrisikomanagement.
Durch die Forderung nach der Einbindung aller Betroffenen wird eine weitere
Sensibilisierung für das Thema in der Öffentlichkeit geschaffen.
Zweck der Richtlinie ist vorrangig die Information zu den Hochwasserrisiken
und die Verbesserung der Hochwasservorhersage und des Hochwasserrisiko-
managements. Aus dem Wissen um das Risiko kann der Hochwasserschutz
verbessert, Maßnahmen der Hochwasservorhersage verstärkt angewendet
und technische Hochwasserschutzmaßnahmen zielgerichteter und effizienter
eingesetzt werden.
Mit der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) 2009 wurden die
Anforderungen der EG-HWRM-RL in deutsches Recht umgesetzt (§ 72ff WHG).
Hochwasserereignisse lassen sich naturgegeben nicht vermeiden oder verhin-
dern. Sie werden in unbestimmten Zeitabständen immer wieder in unterschied-
lichen Intensitäten auftreten. Aufgrund klimatischer Veränderungen wird in der
Flussgebietseinheit Weser sogar mit einer Häufung von Hochwasserereignis-
sen zu rechnen sein.
Es ist daher nicht Ziel der EG-HWRM-RL Hochwasser zu verhindern. Vielmehr
zielt das Hochwasserrisikomanagement grundsätzlich darauf ab, die Risiken für
die Schutzgüter
•   menschliche Gesundheit,
•   Umwelt,
•   Kulturerbe und
•   wirtschaftlichen Tätigkeiten
zu vermindern. Das bedeutet im Einzelnen, neue und bestehende Risiken im
Vorfeld eines Hochwassers zu vermeiden, sowie nachteilige Folgen während
und nach einem Hochwasser zu reduzieren. Dabei wird in der Flussgebietsein-
heit Weser deutlich zwischen den folgenden Hochwassertypen unterschieden:
•   Überflutung durch Teile natürlicher Einzugsgebiete (oberirdische Binnenge-
    wässer),
•   Überflutung durch in Küstengebiete eindringendes Meerwasser.
Als Grenzlinie zwischen diesen Gebieten wurden die binnenlandseitigen Ab-
grenzungen der Deichverbandgebiete herangezogen. Diese Gebiete umfassen
den Bereich, der durch die Seedeiche vor Küstenhochwassern geschützt ist.

                                                                                              5
Überprüfung der vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisikos und der Risikogebiete 2018 (nach 73 WHG bzw. Art. 4 und Art. 5 - EG-HWRM-RL) - Der ...
Nach § 73 WHG (Artikel 4 EG-HWRM-RL) war die vorläufige Bewertung des
    Hochwasserrisikos auf der Grundlage vorhandener oder leicht abzuleitender
    Informationen erstmals bis zum 22. Dezember 2011 durchzuführen (FGG Weser,
    2011). Für den zweiten Zyklus der EG-HWRM-RL sind die Risikobewertung und
    die Bestimmung der Risikogebiete nach § 73 Absatz 6 WHG (Artikel 14 Absatz
    1 EG-HWRM-RL) bis zum 22. Dezember 2018 und danach alle sechs Jahre zu
    überprüfen und erforderlichenfalls zu aktualisieren. Für diese einzelnen Schritte
    des Hochwasserrisikomanagements erfolgt die Berichterstattung an die Europä-
    ische Kommission anhand von Meldungen der Mitgliedstaaten für die einzelnen
    Flussgebiete. Für die FGG Weser werden darüber hinaus diese Informationen
    für den interessierten Bürger in Broschüren zusammengefasst und für jeden
    Schritt im Rahmen der EG-HWRM-RL veröffentlicht.
    Der hier vorliegende Bericht stellt die Überprüfung der vorläufigen Bewertung
    des Hochwasserrisikos und der Risikogebiete von 2011 in der Flussgebietsge-
    meinschaft Weser (FGG Weser) als abgestimmtes Handeln der Bundesländer
    Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt
    und Thüringen dar.
    Die Risikobewertung und die Bestimmung der Risikogebiete umfassen die Be-
    schreibung signifikanter Hochwasser der Vergangenheit und deren Auswirkun-
    gen, eine Bewertung der potentiellen nachteiligen Folgen künftiger Hochwasse-
    rereignisse sowie die Abschätzung des potentiellen Hochwasserrisikos anhand
    von Signifikanzkriterien der Schutzgüter für die gesamte Flussgebietseinheit
    Weser als Zusammenschluss der Einzugsgebiete der Werra, Fulda, Weser und
    Jade. Im Ergebnis werden Gewässerstrecken identifiziert, an denen ein poten-
    tielles signifikantes Hochwasserrisiko besteht bzw. für wahrscheinlich gehalten
    wird.
    Für die Berichterstattung an die Europäische Kommission werden diese In-
    formationen von den Bundesländern bereitgestellt. Außerdem werden diese
    Meldungen für die jeweiligen Flussgebietseinheiten ausgewertet und zusam-
    mengefasst. Ergänzt wird diese Auswertung durch zusätzliche kurze Beschrei-
    bungen sowie Referenz- und Hintergrunddokumente, auf die verwiesen wird.
    Einheitliche Grundlage für die Durchführung der vorläufigen Bewertung sind die
    von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) entwickelten „Emp-
    fehlungen für die Überprüfung der vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisi-
    kos und der Risikogebiete nach EU-HWRM-RL“ (LAWA, 2017).
    In einem nächsten Schritt werden für die Risikogebiete bis zum 22. Dezember
    2019 die bereits bestehenden Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserri-
    sikokarten (FGG Weser, 2014) ebenfalls überprüft und erforderlichenfalls aktu-
    alisiert. In diesen Karten werden neben dem Ausmaß der Überflutung (Hoch-
    wassergefahrenkarten) auch die potentiellen Auswirkungen auf die Schutzgüter
    dargestellt (Hochwasserrisikokarten).

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Der HWRM-Plan 2015 bis 2021 (FGG Weser, 2015) wird ebenfalls bis zum
22.12.2027 überprüft und erforderlichenfalls aktualisiert. Dabei wird der Entwurf
des HWRM-Plans 2021 bis 2027 zum 21.04.2021 veröffentlicht und befindet
sich anschließend bis zum 22.06.2021 in der Anhörung. Innerhalb von 6 Mona-
ten nach Beendigung der Frist zur Abgabe von Stellungnahmen werden diese
ausgewertet und nach Abstimmung mit den Ländern und Beschluss durch den
Weserrat in die jeweiligen Dokumente eingearbeitet. Die Veröffentlichung des
Bewertungsergebnisses der Stellungnahmen erfolgt dann mit Veröffentlichung
des HWRM-Plans am 22.12.2021. Eine Aktualisierung dieser drei Schritte aus
der EG-HWRM-RL erfolgt nach dem Ablaufplan (Abb. 1.1) alle sechs Jahre.

Abb.1.1:   Ablaufplan EG-HWRM-RL

                                                                                    7
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Die Flussgebietseinheit Weser

                                                    Die Fläche der Flussgebietseinheit              Flussgebietseinheit. Die Flussge-
Eine Flussgebietseinheit ist „ein als               Weser liegt komplett innerhalb des              bietseinheit Weser umfasst eine
Haupteinheit für die Bewirtschaftung                Hoheitsgebiets Deutschlands und                 Gesamtfläche von ca. 49.000 km².
von Einzugsgebieten festgelegtes                    hier innerhalb des zentralen Berei-             Die Flussgebietseinheit Weser
Land- oder Meeresgebiet, das aus                    ches von Nord- und Mitteldeutsch-               wurde von den Anrainerländern in
einem oder mehreren benachbarten                    land. Sie vereinigt die Einzugsge-              sechs vergleichbar große sogenann-
Einzugsgebieten, dem ihnen zugeord-
                                                    biete der deutschen Flüsse Werra,               te Teilräume unterteilt: Werra, Fulda/
neten Grundwasser und den ihnen
                                                    Fulda, Weser und Jade einschließ-               Diemel, Ober-/Mittelweser, Aller,
zugeordneten Küstengewässern im
Sinne des § 7 Absatz 5 Satz 2 be-
                                                    lich ihrer Nebenflüsse und erstreckt            Leine sowie Tideweser (Abb. 2.1).
steht.“ (§ 3 WHG)                                   sich vom Thüringer Wald und dem
                                                                                                    Die hier betrachtete Gesamtlänge
                                                    Vogelsberg über die deutschen Mit-
                                                                                                    der Fließgewässer nach EG-WRRL,
Die Flussgebietsgemeinschaft (FGG)                  telgebirge bis zum Harz und dem
Weser ist ein politischer Zusam-
                                                                                                    (Einzugsgebiet größer als 10 km²),
                                                    Wiehengebirge. Bei Hannoversch
menschluss aller Bundesländer mit                                                                   beträgt ca. 18.000 km.
                                                    Münden vereinigen sich Werra und
Flächenanteilen an der Flussgebiets-                                                                Die Gesamtfläche der stehenden
                                                    Fulda zur Weser. Richtung Norden
einheit Weser, in der die gemeinsamen
                                                    schließt das norddeutsche Flach-                Gewässer mit einer Größe von
Arbeiten dieser Bundesländer zu allen
                                                    land bis zu den Geestgebieten, den              mehr als 0,5 km² beträgt in der
wasserwirtschaftlichen Fragestellun-
gen koordiniert werden.                             Niederungen und Marschen an der                 Flussgebietseinheit Weser ca. 51
                                                    Küste an, bevor die Weser bei Bre-              km², die der Talsperren ca. 23 km².
                                                    merhaven in die Nordsee mündet.
                                                                                                    Bedeutende Seen in der Flussge-
                                                    Über den Jadebusen fließt auch die
                                                                                                    bietseinheit sind das Steinhuder
                                                    Jade ebenfalls in die Nordsee.
                                                                                                    Meer mit 28 km² und der Dümmer
                                                    Die Bundesländer Bayern, Bre-                   See mit 13 km² Fläche. Größere Tal-
                                                    men, Hessen, Niedersachsen,                     sperren sind die Eder- und Diemel-
                                                    Nordrhein-Westfalen, Sachsen-                   talsperre sowie die Talsperren im
                                                    Anhalt und Thüringen haben Anteile              Harz und im Thüringer Wald, die ne-
                                                    unterschiedlicher Größe an dieser               ben der Trinkwasserversorgung und
                                                                                                    der Niedrigwasseraufhöhung auch
                                                                                                    dem Hochwasserschutz dienen.
                                                                                Anteil am Gesamt-
                    Bundesland                            Fläche [km²]                              Die Flussgebietseinheit Weser um-
                                                                                einzugsgebiet [%]
                                                                                                    fasst neben den Gewässern im Bin-
    Bayern                                                      50                     0,1          nenland auch die tidebeeinflussten
                                                                                                    Übergangs- und Küstengewässer
    Bremen                                                      410                    0,8
                                                                                                    unterhalb von Bremen-Hemelingen
    Hessen                                                     8.990                  18,4          mit einer Fläche von etwa 209 km²
                                                                                                    bzw. 1.600 km².
    Niedersachsen
                                                              29.450                  60,1
    (inkl. Übergangs-/Küstengewässer)                                                               Auf der Internetseite der FGG
                                                                                                    Weser (www.fgg-weser.de) sind
    Nordrhein-Westfalen                                        4.960                  10,1
                                                                                                    weitere Informationen zur Flussge-
    Sachsen-Anhalt                                              700                    1,4          bietseinheit verfügbar.
    Thüringen                                                  4.440                   9,1

    Gesamt                                                    49.000                  100

 Tab. 2.1:   Flächenanteile der Bundesländer an der Flussgebietseinheit Weser

8
Überprüfung der vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisikos und der Risikogebiete 2018 (nach 73 WHG bzw. Art. 4 und Art. 5 - EG-HWRM-RL) - Der ...
Nach § 3 WHG ist ein Einzugsgebiet
                                                                                                                        ein Gebiet, aus dem über oberirdische
                                                                                                                        Gewässer der gesamte Oberflächenab-
                                                                                                                        fluss an einer einzigen Flussmündung,
                                                                                                                        einem Ästuar oder einem Delta ins
                                                                                                                        Meer gelangt.

                                                                                                                        Die höher gelegenen Ebenen einer
                                                                                                                        Geest werden auch Geestrücken oder
                                                                                                                        Sandrücken genannt. Entstanden ist
                                                                                                                        die geomorphologische Landform
                                                                                                                        durch Sandablagerungen während der
                                                                                                                        Eiszeiten.

                                                                                                                        Marschen sind eine auch als
                                                                                                                        Schwemmland bezeichnete geomor-
                                                                                                                        phologische Landform entstanden
                                                                                                                        nach der letzten Eiszeit.

                                                                                                                        Das Binnenland ist ein Gebiet, das
                                                                                                                        keinen direkten Zugang zum Meer hat.
                                                                                                                        Die Übergänge zum Küstenland sind
                                                                                                                        fließend.

Abb. 2.1:   Einzugs- (Teilräume), Teileinzugs- (Planungseinheiten) und Küstengebiete in der Flussgebietseinheit Weser
            (Stand: 2017)

                                                                                                                                                                9
Überprüfung der vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisikos und der Risikogebiete 2018 (nach 73 WHG bzw. Art. 4 und Art. 5 - EG-HWRM-RL) - Der ...
Klima und Hydrologie                    An den Küsten können Sturmfluten
„Hochwasser ist eine zeitlich be-                                                 zu Hochwasserereignissen führen,
schränkte Überschwemmung von              Die Flussgebietseinheit Weser liegt     deren Auswirkungen aber über-
normalerweise nicht mit Wasser            großklimatisch in der temperierten      wiegend durch die Küstenschutzan-
bedecktem Land, insbesondere durch        humiden Zone Mitteleuropas mit          lagen aufgefangen werden.
oberirdische Gewässer oder durch in       ausgeprägter, aber nicht sehr langer
Küstengebiete eindringendes Meer-         kalter Jahreszeit. Dem unterschied-     Durch die Veränderung der Land-
wasser. Davon ausgenommen sind            lich starken maritimen und kon-         nutzung in den letzten beiden
Überschwemmungen aus Abwasseran-          tinentalen Einfluss entsprechend        Jahrhunderten sind viele Flächen
lagen.“ (§ 72 WHG)                        ergeben sich zwei deutlich unter-       mit günstigen Speicher- und Sicker-
Küstengebiete haben einen direkten        schiedliche Regionen - das zentrale     eigenschaften als natürlicher
Zugang zum Meer. Die Übergänge zum        Flachland und das zentrale Mittel-      Rückhalt verlorengegangen. Sie
Binnenland sind fließend.                 gebirge (Abb. 2.4). Die Teilräume       wurden eingedeicht, durch Dränage
                                          Tideweser, Aller und Leine sowie        trockengelegt und dann besiedelt
Bei großen Niederschlagsmengen in                                                 oder landwirtschaftlich genutzt.
                                          der nördliche Teil von Ober-/Mittel-
kurzer Zeit spricht man von Starkregen.                                           Diese künstlichen Eingriffe in den
                                          weser liegen im deutlich atlantisch
Diese können zu schnell ansteigenden
                                          geprägten Nordwestdeutschland.          Wasserhaushalt wirken sich ver-
Wasserständen und zu Überschwem-
                                          Milde Winter, kühle Sommer und          schärfend auf Hochwassersituatio-
mung führen. Der DWD gibt eine mar-
kante Wetterwarnung bei Regenmen-         Niederschlagsreichtum prägen            nen aus. Das Wasser wird schnell
gen von 15 bis 25 l/m² in 1 Stunde oder   diese Region. Der mitteldeutsche        abgeleitet und in engen Gerinnen
20 bis 35 l/m² in 6 Stunden und eine      Raum mit dem südlichen Bereich          gefasst, wodurch die Hochwasser
Unwetterwarnung bei Regenmengen           des Teilraums Ober-/Mittelweser         schneller abfließen aber deutlich
von mehr als 25 l/m² in 1 Stunde oder     sowie der Werra und Fulda/Diemel        höher ausfallen.
von mehr als 35 l/m² in 6 Stunden aus.    weist hingegen einen stärker kon-       In der Flussgebietseinheit Weser
                                          tinentalen Einfluss mit kälteren Win-   ist das Abflussgeschehen in den
                                          tern und geringen Niederschlags-        meisten Jahren durch Hochwasser-
                                          mengen, allerdings ebenfalls noch       ereignisse im Winter und eine
                                          kühleren Sommern auf. Der mittlere      Niedrigwasserperiode von Juni bis
                                          langfristige Jahresniederschlag         Oktober gekennzeichnet. Die Hoch-
                                          (1983 - 2005) in der Flussgebiets-      wasserphase besteht häufig aus
                                          einheit Weser beträgt ca. 790 mm,       zwei Hauptereignissen. Das Erste
                                          kann aber zwischen weniger als          liegt üblicherweise im Dezember/
                                          520 mm im östlichen Bereich des         Januar, während das Zweite im
                                          Teilraums Aller und mehr als 1.800      Februar/März durch Niederschläge
                                          mm im Oberharz schwanken.               und Schneeschmelzwasser aus den
                                          Haupteinflussfaktor für Hochwas-        Mittelgebirgen hervorgerufen wird.
                                          serereignisse ist der Niederschlag.     Die natürliche Niedrigwasserperiode
                                          Tagelange, großflächige Dauerregen      ist vor allem an der Werra und der
                                          sind für die meisten Hochwasser in      oberen Weser ausgeprägt. Letztere
                                          den großen Flüssen verantwortlich.      wird jedoch durch einen Wasser-
                                          Daneben können lokale Starkre-          zuschuss aus der Edertalsperre in
                                          genereignisse zu Sturzfluten in klei-   die Fulda gedämpft. In Abb. 2.2 ist
                                          neren Einzugsgebieten führen. Ver-      erkennbar, dass die Wasserstände
                                          schärft wird diese Situation durch      in den Winterhalbjahren im Mittel
                                          vorgesättigte Böden oder in höhe-       40 % über den Wasserständen im
                                          ren Lagen durch gefrorene Böden         Sommerhalbjahr liegen.
                                          sowie ggf. durch Schneeschmelze.

10
Von Sturzflut spricht man bei einer
                                                            plötzlichen Überschwemmung z. B.
                                                            durch Starkregen oder durch einen
                                                            Deichbruch.

                                                            Wenn der Boden bereits durch vorher-
                                                            gehenden Niederschlag bereits mit
                                                            Wasser gesättigt ist, so dass weiterer
                                                            Niederschlag nur noch oberflächennah
                                                            abfließen kann, wird von vorgesättig-
                                                            ten Böden gesprochen.

Schadstelle in der Deichkrone

Abb. 2.2:   Wasserstände am Pegel Intschede (2001 - 2017)

                                                                                                     11
Die Tideweser und die Jade sind                               Zur Charakterisierung der hyd-
       aufgrund ihrer Abhängigkeit von der                           rologischen Verhältnisse in der
       Tide der Gefahr von Sturmfluten                               Flussgebietseinheit Weser sind in
       ausgesetzt. Im Küstenbereich der                              Tab. 2.2 die Abflusshauptwerte der
       Flussgebietseinheit Weser ver-                                Bezugspegel wichtiger Gewässer-
       änderten Sturmfluten bereits im                               abschnitte aufgeführt. Die Jahres-
       Mittelalter den Küstenverlauf. Unter                          abflusswerte des Pegels Intschede
       anderem entstand durch solch eine                             (Mittelweser, oberhalb von Bremen)
       Flut der Jadebusen. Ein Ereignis                              sind in Abb. 2.3 dargestellt.
       wird als Sturmflut bzw. als schwere
                                                                     Gewässerpegel (Abb. 3.3) stellen
       oder sehr schwere Sturmflut be-
                                                                     den aktuellen Wasserstand der
       zeichnet, wenn der Tidehöchststand
                                                                     Flüsse dar und geben darüber Aus-
       das mittlere Tidehochwasser um
                                                                     kunft, ob dieser steigt oder fällt.
       1,50 m bzw. 2,50 m oder 3,50 m
                                                                     Sie werden vom Bund und von den
       übersteigt. Die Sturmfluten treten
                                                                     Ländern betrieben und sind auf den
       vor allem im Frühjahr und im Herbst
                                                                     entsprechenden Internetseiten zu
       auf und bedeuten eine Gefahr
                                                                     finden. Für die Flussgebietseinheit
       für die betroffenen Küstenregio-
                                                                     Weser sind sie im Internet zusam-
       nen. Schwere oder sehr schwere
                                                                     menfassend unter http://www.fgg-
       Sturmfluten sind außergewöhnli-
                                                                     weser.de/kartenserver-fgg-weser/
       che Ereignisse. Bei gleichzeitig mit
                                                                     pegel zusammengestellt.
       Sturmfluten auftretenden Binnen-
       hochwässern, ergeben sich z. B.
       in Bremen ggf. besondere Gefähr-
       dungslagen.

     Gewässer             Werra               Fulda           Oberweser          Aller         Mittelweser

     Pegel            Letzter Heller        Bonafort                Porta       Rethem          Intschede

     Einzugsge-
                           5.487              6.932             19.162           14.728           37.718
     biet [km²]

     NQ [m³/s]              5,1                11,7                 35,2          22,3            59,7

     MNQ [m³/s]             14,6               23,2                 67,9          41,7             123

     MQ [m³/s]             50,0                64,4                 184           113              319

     MHQ [m³/s]             263                353                  791           410             1.220

     HQ [m³/s]              605                720                  1.370        1.450            3.500

     Zeitraum der
                        1941-2017          1977-2017           1956-2017       1941-2017        1941-2017
     Hauptwerte
     NQ = Niedrigwasserabfluss                             MNQ = Mittlerer Niedrigwasserabfluss
     MQ = Mittlerer Abfluss                                MHQ = Mittlerer Hochwasserabfluss
     HQ = Hochwasserabfluss
     Tab. 2.2: Abflusshauptwerte in der Flussgebietseinheit Weser

12
Binnenhochwasser an der Weser bei Bremen am Pegel Dreye, Januar 2018

Abb. 2.3:   Niedrigste, mittlere und höchste Jahresabflusswerte am Pegel Intschede 1941 bis 2017

                                                                                                   13
Topographie, Geologie,                 von mehr als 18 % keine Seltenheit
     Geomorphologie                         Der nördliche Abschnitt liegt im
     Neben dem Niederschlag beein-          Bereich der Norddeutschen Tief-
     flussen auch die Topographie (Abb.     ebene mit der Tideweser und den
     2.4), Geologie und Geomorphologie      nördlichen Bereichen von Ober-/Mit-
     die Dauer sowie das Ausmaß eines       telweser, Aller und Leine mit glazial
     Hochwassers. So wird ein Hoch-         geprägten Landschaften aus der
     wasser in Gebieten mit großen          Weichselkaltzeit (Entstehung vor ca.
     Hangneigungen schneller ablaufen       115.000 bis etwa 10.000 Jahren).
     als in Gebieten mit geringen Hang-     Oberflächenformen und Ablagerun-
     neigungen. Der schnellere Abfluss      gen aus dieser Zeit bildeten unter
     des Hochwassers kann aber auch         anderem zahlreiche Gewässer,
     größere Schäden verursachen als        Moore und auch fruchtbare Börde-
     der langsame Ablauf im Flachland.      landschaften. Die Höhenlagen
     Die betroffene Fläche der Überflu-     liegen im Bereich Aller und Leine
     tung wird in gebirgigen Gebieten       unter 100 m ü. NHN. Die Hangnei-
     kleiner sein als im Flachland, wobei   gungen betragen hier durchgängig
     hier aber geringere Wassertiefen zu    weniger als 2 %.
     erwarten sind.
     Hinsichtlich des topographischen
     und geologischen Charakters lässt
     sich die Flussgebietseinheit zwei
     Hauptbereichen zuordnen. Mit dem
     Harz und dem Niedersächsisch-Hes-
     sischen Bergland beginnen nach
     Süden hin die zentralen Mittelge-
     birge mit den Teilräumen Werra und
     Fulda/Diemel sowie den südlichen
     Bereichen von Ober-/Mittelweser,
     Aller und Leine. Sie zählen zu den
     Gebirgen aus variszischer Zeit
     (Entstehung vor rund 350 Millio-
     nen Jahren). Durch Hebungs- und
     Absenkungsprozesse in jüngeren
     Erdzeitaltern entstanden vielfältige
     Gebirgsformen. Die Abtragung von
     Sedimenten aus den folgenden
     Jahrmillionen bis heute erfolgte
     daher in stark unterschiedlichen
     Maßen. Die Hangneigungen be-
     tragen zwischen 3,5 und 18 %. Im
     Harz sowie in den Kammlagen des
     Rothaargebirges und des Thüringer
     Waldes sind dabei Hangneigungen

14
Abb. 2.4:   Topographie und ausgewählte Städte in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 2017)

                                                                                                15
Landnutzung, Siedlungsge-               Wolfsburg (ca. 125.000 Einwohner),
     biete, Infrastruktur, Kultur-           Göttingen (ca. 113.000 Einwohner),
                                             Bremerhaven (ca. 113.000 Ein-
     erbe                                    wohner), Hildesheim (ca. 104.000
     Die Landnutzung in der Flussge-         Einwohner) und Salzgitter (107.000
     bietseinheit Weser ist aufgrund         Einwohner). Besonders Großstäd-
     ihrer Ausdehnung regional sehr          te und Ballungsräume tragen zur
     unterschiedlich (Abb. 2.5). Im Süden    Versiegelung der Landschaft bei. In
     befindet sich das „Zentrale Mittel-     diesen Gebieten sind Regenwas-
     gebirge“ vom Thüringer Wald und         sereinleitungen und Mischwasser-
     dem Vogelsberg bis zum Harz und         entlastungen besonders hinsichtlich
     dem Wiehengebirge und im Norden         ihres Verschmutzungspotentials zu
     das „Zentrale Flachland“ mit den        beachten.
     Geestgebieten, den Niederungen
                                             Zur Infrastruktur gehören neben
     und den Marschen an der Küste.
                                             den Siedlungsgebieten auch Indu-
     Die Art der Bodenbedeckung, die         striestandorte sowie das Verkehrs-
     vorrangig von der Landnutzung           netz. Dadurch sind insgesamt etwa
     abhängt, beeinflusst den Wasser-        9 % der Flussgebietseinheit versie-
     rückhalt in der Fläche erheblich. Ca.   gelt. Zu den überregional bedeu-
     39 % der Gesamtfläche werden            tenden Industriestandorten (Abb.
     als Ackerland genutzt, während ca.      2.6) innerhalb der Flussgebietsein-
     17 % mit Grünland bedeckt sind.         heit Weser gehören die Standorte
     Ca. 29 % sind mit Wald bedeckt,         Bremen/Bremerhaven, der Raum
     während ca. 7 % bzw. 2 % auf            Hannover-Braunschweig-Wolfsburg
     Siedlungsgebiete bzw. Industrie-        sowie das Industriegebiet „Auf dem
     und Gewerbeflächen entfallen.           Gries“ in Eisenach. Hervorzuheben
     Die anderen Nutzungen (Wasser-          ist hier vor allem die Automobilindu-
     flächen, Verkehr sowie sonstige         strie mit dem weltweit zweitgröß-
     Vegetation) nehmen nur kleine           ten Mercedes-Produktionsstandort
     Anteile ein. Anhand dieser Zahlen       in Bremen, dem Hauptwerk von
     kann man die Flussgebietseinheit        Volkswagen in Wolfsburg und des-
     Weser als landwirtschaftlich geprägt    sen Großraumfahrzeugabteilung mit
     charakterisieren.                       Hauptsitz in Hannover sowie dem
                                             Fertigungswerk der Adam Opel
     In der Flussgebietseinheit Weser
                                             AG in Eisenach. Bremen ist zudem
     leben ca. 9,1 Millionen Einwohner.
                                             der zweitgrößte deutsche Produk-
     Davon entfallen auf die unten ge-
                                             tions- und Entwicklungsstandort der
     nannten Großstädte ca. 2,4 Millio-
                                             „Airbus-Familie“. Außerdem wer-
     nen Einwohner (Stand 31.12.2017).
                                             den Komponenten z. B. für die ISS
     Größte Stadt der Flussgebietsein-
                                             (International Space Station), das
     heit Weser ist Bremen mit ca.
                                             Ariane-Trägersystem und weitere
     568.000 Einwohnern. Weitere
                                             Satellitentechnik konstruiert und
     Großstädte sind u. a. Hannover
                                             gefertigt. Im Raum Hannover-Braun-
     (ca. 556.000 Einwohner), Bielefeld
                                             schweig-Wolfsburg ist weiterhin die
     (ca. 333.000 Einwohner), Braun-
                                             Stahlindustrie in Peine und Salzgit-
     schweig (ca. 250.000 Einwohner),
                                             ter von überregionaler Bedeutung.
     Kassel (ca. 201.000 Einwohner),

16
Abb. 2.5:   Landnutzung nach CORINE Land Cover (CLC) in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 2012)

                                                                                                      17
Hervorzuheben ist auch das Kern-       Bundesautobahnen sowie die Bun-
     Risikogebiete sind Gebiete, für          kraftwerk Grohnde. Weiterhin ha-       desschnellstraßen mit einer gesam-
     die nach bestimmten Kriterien ein        ben viele mittelständische Betriebe    ten Länge von 2.240 km bzw. 5.700
     potentielles signifikantes Hochwasser-   sowie auch weltweit agierende          km von überregionaler Bedeutung.
     risiko besteht oder für wahrscheinlich   Unternehmen ihren Sitz oder Pro-       Innerhalb der Flussgebietseinheit
     gehalten wird.                           duktionsstätten in der Flussgebiet-    Weser befinden sich außerdem
                                              seinheit Weser. Hierzu zählen unter    Fernstrecken des Bahnnetzes mit
                                              anderem Zulieferer für die Autoin-     einer gesamten Länge von 2.370
                                              dustrie, namenhafte Möbel- und         km. Für die überregionalen Flug-
                                              Küchenhersteller und Großkonzerne      verbindungen sind der Flughafen
                                              der Lebensmittelindustrie.             Hannover/Langenhagen und der
                                                                                     Airport Bremen zentral.
                                              Zu dem für die Überprüfung der
                                              vorläufigen Bewertung des Hoch-        Als schützenswerte Kulturerbestät-
                                              wasserrisikos und der Risikogebiete    ten werden im Rahmen der Über-
                                              relevanten Verkehrsnetz innerhalb      prüfung der vorläufigen Bewertung
                                              der Flussgebietseinheit Weser          des Hochwasserrisikos und der
                                              gehören ebenso wie die Wasser-         Risikogebiete mindestens die hoch-
                                              straßen, überregionale Straßen,        wasserempfindlichen anerkannten
                                              Schienen- und Flugverbindungen.        UNESCO-Weltkulturerbestätten an-
                                              Bedeutungsvoll als Bundeswasser-       gesehen. Weitere Denkmäler sind
                                              straße sind der Jadebusen und die      bereits indirekt unter dem Kriterium
                                              Außen-, Unter- und Mittelweser bis     menschliche Gesundheit mitbe-
                                              Minden mit insgesamt ca. 400 km        rücksichtigt, da sie überwiegend in
                                              Länge. Weiterhin stellt der Mittel-    den betroffenen Siedlungsgebieten
                                              landkanal mit 215 km Länge inner-      liegen.
                                              halb der Flussgebietseinheit Weser
                                                                                     In der Flussgebietseinheit Weser
                                              eine wichtige Verkehrsanbindung
                                                                                     liegen die Weltkulturerbestätten
                                              dar. Er verbindet als zentraler Teil
                                                                                     Rathaus und Roland in Bremen,
                                              der West-Ost-Wasserstraße indirekt
                                                                                     Dom und Michaeliskirche in Hildes-
                                              Norddeutschlands bedeutende See-
                                                                                     heim, das Bergwerk Rammelsberg
                                              häfen Wilhelmshaven, Bremerhaven
                                                                                     und die Altstadt von Goslar sowie
                                              und Bremen sowie die Stromgebie-
                                                                                     das Oberharzer Wasserregal, das
                                              te von Rhein, Ems und Weser mit
                                                                                     Kloster Walkenried und das histo-
                                              der Elbe und dem mittel- und ost-
                                                                                     rische Bergwerk Grube Samson,
                                              europäischen Wasserstraßennetz.
                                                                                     die Wartburg bei Eisenach, das
                                              Die Gesamtlänge aller Bundeswas-
                                                                                     Fagus-Werk in Alfeld, der Bergpark
                                              serstraßen in der Flussgebietsein-
                                                                                     Wilhelmshöhe in Kassel und das
                                              heit Weser beträgt etwa 1.490 km.
                                                                                     Schloss Corvey in Höxter (Abb. 2.6).
                                              Von nationaler Bedeutung für die
                                              Seeschifffahrt sind die bremischen     Als Weltnaturerbe liegen die alten
                                              Seehäfen und der Jade-Weser-Port       Buchenwälder der Nationalparks
                                              in Wilhelmshaven. Der Autoum-          Hainich und Kellerwald-Edersee
                                              schlag in den bremischen Häfen ist     sowie der Nationalpark Wattenmeer
                                              mit ca. 2 Mio. Fahrzeugen pro Jahr     in Niedersachsen in der Flussge-
                                              einer der größten in Europa. Für       bietseinheit Weser.
                                              den Straßenverkehr sind hier die

18
Abb. 2.6:   Standorte mit besonderer Bedeutung, Üerregionales Verkehrsnetz, bedeutende Industriestandorte sowie
            UNESCO-Weltkulturerbe- und Weltnaturerbestätten in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 30.04.2018)

                                                                                                                   19
Beschreibung des bestehenden Hochwassers

                                                    Bereits vor Inkrafttreten der EG-                 und technischer Hochwasser-
Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft                 HWRM-RL rückte der vorsorgende                    schutz), die sich im Zyklus des
Wasser (LAWA) ist ein Arbeitsgre-                   Hochwasserschutz zur Verringerung                 Hochwasserrisikomanagements
mium der Umweltministerkonferenz,                   des Hochwasserrisikos neben dem                   wiederfindet.
um länderübergreifende und gemein-                  technischen Schutz vor Hochwas-
schaftliche wasserwirtschaftliche und                                                                 Aktuell wird das Hochwasserrisiko-
                                                    ser in den Vordergrund. So wurde
wasserrechtliche Fragestellungen zu                                                                   management in die vier Bereiche
                                                    in der Flussgebietseinheit Weser
erörtern, gemeinsame Lösungen zu                                                                      Vermeidung, Schutz, Vorsorge und
                                                    2006 eine erste Grundlage für
erarbeiten und Empfehlungen zur                                                                       Wiederherstellung/Regeneration
                                                    einen Hochwasserschutzplan Weser
Umsetzung zu initiieren.                                                                              unterteilt (Abb. 3.1), welche so auch
                                                    (FGG Weser, 2006) entwickelt, in
                                                                                                      im HWRM-Plan Berücksichtigung
                                                    dem neben Handlungszielen und
                                                                                                      fanden. Im Rahmen der EG-HWRM-
                                                    Strategien auch grundsätzliche
                                                                                                      RL wurden dann mit der Veröffent-
                                                    Maßnahmen zum vorsorgenden
                                                                                                      lichung des HWRM-Plans 2015 bis
                                                    Hochwasserschutz aufgestellt
                                                                                                      2021 erstmals die überregionalen
                                                    wurden. Basis für die Strategie des
                                                                                                      Ziele des Hochwasserrisikomanage-
                                                    Hochwasserschutzplans Weser war
                                                                                                      ments sowie die hierfür festgeleg-
                                                    die sogenannte 3-Säulen-Strategie
                                                                                                      ten Maßnahmen zur Zielerreichung
                                                    der LAWA (Hochwasserflächenma-
                                                                                                      dargestellt und festgelegt.
                                                    nagement, Hochwasservorsorge

                                        Abb. 3.1:   Hochwasserrisikomanagement-Zyklus (LAWA, 2013a)

20
Vermeidung                             Schutz
                                                                               Überschwemmungsgebiete sind
Flächenvorsorge                        Natürlicher Wasserrückhalt              „Gebiete zwischen oberirdischen Ge-
                                       Natürliche Wasserrückhaltemaßnah-       wässern und Deichen oder Hochufern
Ziel der Flächenvorsorge ist es,
                                       men (NWRM) sind multifunktionale        und sonstige Gebiete, die bei Hoch-
dem Hochwasser die natürlichen
                                                                               wasser überschwemmt oder durch-
Überflutungsräume zu erhalten,         Maßnahmen, die darauf abzielen,
                                                                               flossen oder die für Hochwasserent-
dem Wasser Flächen zur unschädli-      Wasserressourcen zu schützen,
                                                                               lastung oder Rückhaltung beansprucht
chen Ausbreitung zur Verfügung zu      indem natürliche Mittel und Prozes-     werden.“ (§ 76 Absatz 1 WHG).
stellen und die Nutzung betroffener    se wie z. B. die Wiederherstellung
Flächen verträglich mit den Anforde-   von Ökosystemen genutzt werden.
rungen des Hochwasserschutzes in       Die Rückführung ausgebauter und
Übereinstimmung zu bringen. Dies       veränderter Auen und Gewässer
ist bisher zum Teil rechtlich durch    in einen naturnahen Zustand dient
die Ausweisung von Überschwem-         in erster Linie der Verbesserung
mungsgebieten erreicht worden.         der Gewässerstrukturen und des
Ist ein Überschwemmungsgebiet          ökologischen Zustands. Ein weite-
festgesetzt, gelten Einschränkun-      rer wichtiger Nebeneffekt ist der
gen für die Flächennutzung. Dies       positive Einfluss auf das Abflussver-
betrifft z. B. die Durchführung von    halten der Gewässer. Vor diesem
                                       Hintergrund kommt somit auch            Hochwasser in der Hunteaue bei Huntlosen,
Baumaßnahmen, das Ausweisen                                                    März 2018
von Baugebieten, das Lagern von        den zahlreichen Maßnahmen zur
wassergefährdenden Stoffen, die        Renaturierung der Fließgewässer
Errichtung von Abflusshindernissen     und Auen in der Flussgebietseinheit
oder die Umwandlung von Grün-          Weser eine Bedeutung im Rahmen
land in Ackerland (§§ 78 und 78a       des Hochwasserschutzes zu. Insbe-
WHG).                                  sondere hier werden Synergien mit
                                       Maßnahmen aus der der Europäi-
Bauvorsorge                            schen Wasserrahmenrichtlinie (EG-
Die Bauvorsorge umfasst den wich-      WRRL) genutzt.
tigen Bereich der Eigenvorsorge von
Anwohnern und Betrieben in poten-
tiellen Überschwemmungsgebie-
ten. Die Bauvorsorge hat das Ziel,
mittels angepasster Planung und
Bauweise oder mittels Maßnahmen
der Abdichtung und Abschirmung
mögliche Schäden zu minimieren.
Weitergehende Informationen und
Hinweise zur Bauvorsorge finden
sich in der Hochwasserfibel des
Bundes
(https://www.fib-bund.de/Inhalt/The-
men/Hochwasser/2015-03_Hoch-
wasserschutzfibel_final_bf_CPS_
red_Onlinefassung.pdf).

                                                                                                                     21
Technischer Hochwasserschutz                          (z. B. Rückhaltebecken, Stauseen,
                                                                                                          Talsperren, Flutpolder). Dabei unter-
                                                    Unter technischem Hochwasser-
                                                                                                          scheidet sich die Größe und Anzahl
                                                    schutz werden Bauwerke verstan-
                                                                                                          der Anlagen naturgegeben zwi-
                                                    den, die entweder direkt ein Objekt
                                                                                                          schen dem Küstenbereich und dem
                                                    vor dem ansteigenden Wasser
                                                                                                          Binnenland. Im Binnenland sind die
                                                    schützen (z. B. Ufermauern, Ver-
                                                                                                          Hochwasserschutzanlagen vielfälti-
                                                    wallungen, Deiche, Querschnitts-
                                                                                                          ger und umfassen je nach Standort
                                                    erweiterungen), oder indirekt den
                                                                                                          z. B. Deiche, Schutzmauern, aber
                                                    Anstieg des Hochwassers durch
                                                                                                          auch Rückhaltebecken und Talsper-
                                                    temporären Rückhalt verzögern
                                                                                                          ren (Abb. 3.2; Tab. 3.1).
                                                                                                          Daneben sind viele Ortslagen durch
     Teilraum                      Rückhalteanlage (Hochwasserschutzraum)                                 Hochwasserschutzdeiche bzw.
                                                                                                          -mauern vor lokalen Hochwasserer-
                     Hochwasserrückhaltebecken Ratscher (4,5 Mio. m³)
                                                                                                          eignissen geschützt.
 Werra               Hochwasserrückhaltebecken Grimmelshausen (1,75 Mio. m³)
                                                                                                          Der Schutz der Küstenniederungen
                     Trinkwassertalsperre Schönbrunn (bis zu 7,25 Mio. m³)                                vor Sturmfluten hat an der Weser
                                                                                                          wie auch in anderen Flusseinzugs-
                     Edertalsperre (bis zu 74,3 Mio. m³, jedoch nur zeitweise)
                                                                                                          gebieten mit Küstenanschluss eine
                     3 Stauanlagen im Einzugsgebiet der Schwalm (15,6 Mio. m³)                            große Bedeutung und Tradition. So
                     Haunetalsperre (2,9 Mio. m³)                                                         wird insgesamt an der Festlands-
 Fulda/Diemel                                                                                             küste ein ca. 2.900 km² großes
                     Twistetalsperre (5,6 Mio. m³)
                                                                                                          Gebiet als wichtiger Siedlungs- und
                     Hochwasserrückhaltebecken Ehringen (1,43 Mio. m³)                                    Wirtschaftsraum durch Deiche vor
                     Diemeltalsperre (bis zu 7 Mio. m³, jedoch nur zeitweise)                             Überflutungen durch Sturmfluten
                                                                                                          geschützt.
                     Hochwasserrückhaltebecken Löhne an der Werre (3,6 Mio. m³)
                     Hochwasserrückhaltebecken Bad Salzuflen an der Bega (2,8 Mio. m³)
 Ober- und
                     Hochwasserrückhaltebecken Fischbeck am Nährenbach (0,9 Mio. m³)
 Mittelweser
                     Emmertalsperre (1,59 Mio. m³)
                     Hochwasserrückhaltebecken Bustedt (0,46 Mio. m³)

                     Hochwasserrückhaltebecken Salzderhelden (37 Mio. m³)
                     Odertalsperre (Sommer 3 Mio. m³, Winter: 5 Mio. m³)
 Leine               Sösetalsperre (Sommer: 1,5 Mio. m³; Winter: 4,5 Mio. m³)
                     Innerstetalsperre (4,26 Mio. m³)
                     Granetalsperre (2 Mio. m³)

                     Eckertalsperre (Sommer: 1 Mio. m³; Winter: 2 Mio. m³)
 Aller
                     Okertalsperre (5 Mio. m³)

 Unterweser/
                     Hochwasserrückhaltebecken Delmenhorst (1,8 Mio. m³)
 Küste

Tab. 3.1:   Ausgewählte Hochwasserrückhalteanlagen in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 30.04.2018)

22
Abb. 3.2: Ausgewählte Hochwasserschutzanlagen in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 30.04.2018)

                                                                                                     23
Vorsorge                              Die bestehenden Hochwasser-
                                                                                      vorhersagedienste werden von
                                                Ein umfassender Hochwasser-           den jeweils zuständigen Ländern
                                                schutz beinhaltet auch eine wei-      und soweit Bundeswasserstraßen
                                                tergehende Hochwasservorsorge.        betroffen sind, in Zusammenarbeit
                                                Diese umfasst die Einzelstrategien    mit der Wasser- und Schifffahrts-
                                                Informationsvorsorge, Gefahren-       verwaltung (WSV), betrieben. Alle
                                                abwehr und Katastrophenschutz,        Hochwasservorhersagen beruhen
Niederschlagsvorhersage vom DWD                 Verhaltensvorsorge sowie Risikovor-   auf numerischen Berechnungen
                                                sorge.                                mit entsprechend entwickelten
                                                Informationsvorsorge                  Niederschlags-Abfluss- bzw. Wellen-
                                                                                      ablaufmodellen. Jedes beteiligte
                                                In der Flussgebietseinheit Weser
                                                                                      Bundesland hat entsprechende
                                                sind für alle Einzugsgebiete sowie
                                                                                      Meldestufen festgelegt, bei deren
                                                den Küstengewässern Hochwas-
                                                                                      Überschreitungen die zuständigen
                                                servorhersagedienste eingerichtet,
                                                                                      Stellen in den Landkreisen War-
                                                die laufend aktualisiert und erwei-
                                                                                      nungen an die Bevölkerung sowie
                                                tert werden (Abb. 3.3). Ausnah-
                                                                                      gegebenenfalls an den Katastro-
                                                me bildet der Teilraum Ober- und
                                                                                      phenschutz ausgeben. Weiterhin
                                                Mittelweser. Da hierfür derzeit
                                                                                      haben alle Länder Meldewege zur
                                                kein Hochwasservorhersagemodell
                                                                                      Information der Nachbarländer
                                                betrieben wird, wurde ein Konzept
                                                                                      eingerichtet.
                                                zur Entwicklung einer operationel-
                                                len Hochwasservorhersage an der       Für eine Gesamtübersicht über
                                                Weser erstellt. Aufbauend auf die-    Hochwassergefahren in Deutsch-
                                                sem Konzept befindet sich derzeit     land werden zusätzlich zu den
                                                eine Verwaltungsvereinbarung zur      einzelnen Länderportalen sämtliche
                                                Hochwasservorhersage für die Bun-     hochwasserrelevanten Daten im
                                                deswasserstraßen der Ober- und        länderübergreifenden Hochwasser-
                                                Mittelweser in der Vorbereitung.      portal (LHP) der Öffentlichkeit über
                                                                                      das Internet verfügbar gemacht
                                                                                      (www.hochwasserzentralen.de).

Hochwasser in Rhüden an der Nette, April 2018

24
Abb. 3.3:   Stand Hochwasser- und Sturmflutvorhersage in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 17.10.2018)

                                                                                                             25
Gefahrenabwehr und Katastro-          Verhaltensvorsorge abhängig von
                                                     phenschutz                            den vorher beschriebenen rechtzei-
                                                                                           tigen Hochwasserwarn-, Informa-
                                                     In der Gefahren- und Katastrophen-
                                                                                           tions- und Meldediensten, um ein
                                                     abwehr werden während eines
                                                                                           planvolles Handeln vor und wäh-
                                                     Hochwasserereignisses Maßnah-
                                                                                           rend des Hochwassers zu gewähr-
                                                     men ergriffen, um Gefährdungen
                                                                                           leisten. Erfahrungen aus kleineren
                                                     für Leib und Leben, Gesundheit,
                                                                                           Hochwasserereignissen der letzten
                                                     erhebliche Sachwerte und Umwelt
                                                                                           Jahre zeigen, dass bei Gewässern
                                                     abzuwehren. Neben der unmittel-
Hochwassersituation in Braunschweig (Mittelriede),                                         mit entsprechend großen Vor-
                                                     baren Gefahrenabwehr sind auch
Mai 2018                                                                                   warnzeiten durchaus Maßnahmen
                                                     vorbereitende Maßnahmen, wie z.
                                                                                           der Verhaltensvorsorge ergriffen
                                                     B. Aufstellung von Katastrophenplä-
                                                                                           werden können. Dies betrifft neben
                                                     nen und Einrichtung bzw. Unterhal-
                                                                                           vereinzelten Ansatzpunkten der
                                                     tung sowie die regelmäßige Übung
                                                                                           privaten Verhaltensvorsorge vor
                                                     von entsprechenden Organisations-
                                                                                           allem die professionelle Begleitung
                                                     strukturen notwendig.
                                                                                           von Hochwasserereignissen durch
                                                     Bund und Länder stützen sich hier     örtliche ehrenamtliche und haupt-
                                                     auf die bekannten Organisationen      amtliche Katastrophenschutzorgani-
                                                     im Katastrophenschutz in Deutsch-     sationen.
                                                     land. Hier sind insbesondere Feuer-
                                                                                           Risikovorsorge
Hochwassersituation in Braunschweig, Mai 2018        wehren, Bundesanstalt Technisches
                                                     Hilfswerk (THW), Deutsche Lebens-     Die Risikovorsorge ist die finanzi-
                                                     Rettungs-Gesellschaft (DLRG),         elle Vorsorge durch Rücklagen und
                                                     Deutsches Rotes Kreuz (DRK),          Versicherungen (Elementarschutz-
                                                     Arbeiter-Samariter-Bund (ASB),        versicherung), für den Fall, dass
                                                     Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und     trotz aller vorgenannten Strategien
                                                     Malteser-Hilfsdienst (MHD) zu nen-    ein Hochwasserschaden eintritt. Zur
                                                     nen. Wie bereits bei vergangenen      Erhöhung der Versicherungsdichte
                                                     katastrophalen Hochwasserereig-       und zur ergänzenden Information
                                                     nissen wie z. B. im Sommer 2013       der Öffentlichkeit kooperieren die
                                                     geschehen, kann die Bundesregie-      Bundesländer mit dem Gesamtver-
                                                     rung auch die Bundeswehr mit Auf-     band der deutschen Versicherungs-
                                                     gaben des Katastrophenschutzes        wirtschaft (GDV). Ziel ist die Regu-
                                                     beauftragen.                          lierung möglicher Schäden durch
                                                                                           Versicherungen und nicht durch
                                                     Verhaltensvorsorge
                                                                                           staatliche Hilfen.
                                                     Im Rahmen der Verhaltensvorsorge
                                                     wird vor anlaufenden Hochwassern
                                                     und Sturmfluten gewarnt, um die
                                                     Zeiträume zwischen dem Anlau-
                                                     fen eines Hochwassers und dem
                                                     Eintritt der kritischen Hochwasser-
                                                     stände durch konkretes schaden-
                                                     minderndes Handeln zu nutzen.
                                                     In diesem Zusammenhang ist die

26
Wiederherstellung/Regene-                und ideellen Schäden inkl. Umwelt-
ration                                   schäden sowie die Abschätzung der
                                         von den Schäden ausgehenden Ge-
Maßnahmen zur Wiederherstellung          fahren (Gewässerverschmutzung,
/ Regeneration greifen nach einem        Sediment, etc.).
Hochwasserereignis und umfassen
alle Maßnahmen der Schadens-
nachsorge. Sie betreffen vor allem
die Überwindung der Folgen für
den Einzelnen und die Gesellschaft
sowie die Beseitigung von Umwelt-
schäden. Darunter fallen u. a. Auf-
räum- und Wiederherstellungsakti-
vitäten (Gebäude, Infrastruktur, etc.)
sowie unterstützende Maßnahmen
zur Wiederherstellung und dem
Erhalt der körperlichen Gesundheit
und dem geistigen Wohlbefinden,
einschließlich Stressbewältigung
und Katastrophenhilfe.
Regeneration nach einem Hochwas-
serereignis beinhaltet die Auswer-
tung des Ereignisses hinsichtlich
Arbeit der Hochwassereinsatzstäbe,
Kooperation mit den Krisenstäben         Hochwasser in der Leineniederung Salzderhelden, Juli 2017

des Landes und der Landkreise,
Hochwasserwarn- und -alarmdienst,
Steuerung ausgewählter Talsperren
und Hochwasserrückhaltebecken,
Betrieb landeseigener wasser-
wirtschaftlicher Anlagen, Einsatz
von Fachberatern vor Ort sowie
die Ableitung und Umsetzung von
Schlussfolgerungen.
Regeneration umfasst zudem die
Aufstellung und Realisierung einer
Nachsorgeplanung, die geeignet ist,
so rasch wie möglich zum normalen
Alltag zurückzukehren. Eine solche
Planung enthält u. a. die Ent-
sorgung unbrauchbar gewordener
Einrichtungen und Gegenstände,
die Notversorgung mit Trinkwasser,
Lebensmitteln, Heizmaterial, Strom
etc., die Aufnahme von materiellen

                                                                                                     27
Gewässer und Hochwassertypen

                                         Im Binnenland wird das gesamte           Oberflächengewässern und in
Pluvial kommt aus dem lateinischen       Gewässernetz innerhalb der Fluss-        Küstengebieten. Viele Siedlungs-
pluvialis und bedeutet regenbringend.    gebietseinheit Weser betrachtet.         und Ballungsräume sowie Indus-
                                         Im Fokus stehen dabei gewöhnlich         trie- und Gewerbegebiete finden
Konvektive Niederschlagsereignisse       Gewässer mit einem Einzugsgebiet         sich an Fließgewässern, Seen oder
sind kleinräumige meist schauerartig     >10 km², da diese in der Regel nicht     auch in Küstengebieten. So können
stattfindende durch Konvektion (ver-     in der Lage sind, Hochwasserab-          durch ein Hochwasser signifikante
tikale Luftbewegung) hervorgerufene      flüsse ohne Ausuferung abführen          nachteilige Auswirkungen auf die
Niederschlag. Sie treten häufig an der   zu können und an denen insoweit          Schutzgüter menschliche Gesund-
Vorderseite von Kaltfronten auf.         nachteilige Auswirkungen nicht von       heit, Umwelt, Kulturerbe, wirt-
                                         vornherein ausgeschlossen werden         schaftliche Tätigkeiten und erhebli-
                                         können. Insbesondere dann, wenn          che Sachwerte entstehen.
                                         durch historische Hochwasser
                                                                                  Überflutung durch Oberflächen-
                                         besonders signifikante Schäden
                                                                                  abfluss (pluvial)
                                         bereits dokumentiert sind.
                                                                                  Starkregenereignisse sind als gene-
                                         Gewässer mit Einzugsgebieten von
                                                                                  relles Risiko, aber nicht als signifi-
                                         weniger als 10 km² sind dagegen
                                                                                  kantes Hochwasserrisiko im Sinne
                                         überwiegend in der Lage, Hoch-
                                                                                  des § 73 Abs. 1 WHG einzustufen.
                                         wasserabflüsse im Gewässerprofil
                                                                                  Konvektive Niederschlagsereignis-
                                         ohne Ausuferung abzuführen. In
                                                                                  se mit hohen Niederschlagshöhen
                                         Gewässern, bei denen dies im
                                                                                  und hohen Intensitäten können
                                         Einzelfall nicht der Fall war bzw.
                                                                                  grundsätzlich überall in Deutschland
                                         eine Signifikanz bei der Bewertung
                                                                                  auftreten und wirken sich räum-
                                         festgestellt wurde, wurden in die
                                                                                  lich aber nur stark begrenzt aus.
                                         weiteren Umsetzungsschritte ein-
                                                                                  Außerdem kann die Wahrschein-
                                         bezogen.
                                                                                  lichkeit des Eintretens für einen
                                         Im Küstengebiet werden die               spezifischen Ort nicht hinreichend
                                         deichgeschützten Gebiete als             statistisch abgesichert angegeben
                                         Risikogebiete im Sinne des WHG           werden. Dieser Hochwassertyp
                                         dargestellt, da hier grundsätzlich ein   verursacht in der Regel erst dann si-
                                         Hochwasserrisiko vor Sturmfluten         gnifikante Hochwasserrisiken, wenn
                                         besteht.                                 sich die Oberflächenabflüsse in
                                                                                  Gewässern sammeln. Diese Ereig-
                                         Bei der Bewertung des Hochwas-
                                                                                  nisse wurden nicht direkt betrach-
                                         serrisikos werden unterschiedliche
                                                                                  tet, sondern sind implizit über die
                                         Hochwassertypen betrachtet und
                                                                                  Betrachtung von Hochwasserrisiken
                                         auf ihre Signifikanz untersucht:
                                                                                  an den oberirdischen Gewässern
                                         Überflutungen entlang von Ober-          berücksichtigt.
                                         flächengewässern und in Küsten-
                                                                                  Um vergangenen Starkregenereig-
                                         gebieten
                                                                                  nissen Rechnung zu tragen, werden
                                         Der Schwerpunkt der vorläufigen          präventive Maßnahmen zum Stark-
                                         Bewertung liegt bei der Betrach-         regenmanagement – insbesondere
                                         tung von potenziellen Risiken            die, die Synergien beim Umgang
                                         durch Überflutungen entlang von          mit Flusshochwasser aufweisen –

28
im Rahmen der Überprüfung und            Überflutungen durch zu Tage
Aktualisierung der Hochwasserri-         tretendes Grundwasser                   Hochwasser mit niedriger Wahr-
sikomanagementpläne (HWRM-                                                       scheinlichkeit sind Ereignisse mit
                                         Zu Tage tretendes Grundwasser
Pläne) für die kommunale Ebene                                                   einem Wiederkehrintervall von min-
                                         könnte räumlich und zeitlich be-        destens 200 Jahren.
angeregt.
                                         grenzt nur in einigen wenigen Ge-
                                                                                 Das Wiederkehrintervall beschreibt
Überflutungen durch Versagen             wässerabschnitten ein relevantes        den Zeitraum, in dem ein bestimmtes
wasserwirtschaftlicher Anlagen           Ausmaß erreichen, um signifikante       (Hochwasser-) Ereignis statistisch
                                         nachteilige Folgen für die Schutzgü-    gesehen erreicht oder überschritten
Das Risiko des Versagens wasser-
                                         ter verursachen zu können. Diese        wird. Beispielsweise hat das HQ100 ein
wirtschaftlicher Stauanlagen wird in
                                         Risiken werden von den Hochwas-         Wiederkehrintervall von 100 Jahren. Im
Deutschland durch hohe Anforde-
                                         serrisiken durch die Oberflächen-       statistischen Mittel über einen langen
rungen an Planung, Bau, Unterhal-
                                         gewässer überlagert und deshalb         Zeitraum wird dieses Ereignis also
tung und Kontrolle sowie das ohne                                                einmal in einhundert Jahren eintreten.
                                         nicht gesondert betrachtet.
hin sehr hohe Schutzniveau der
Anlagen begrenzt. Die Wahrschein-        Ergänzend wird die Auswertung vor-
lichkeit des Versagens liegt deutlich    liegender Erfahrungen und Berichte
unter den Hochwasserereignissen          über Schadensfälle durch zu Tage
mit niedriger Wahrscheinlichkeit an      tretendes Grundwasser der Vergan-
den Oberflächengewässern. Dieser         genheit und ggf. die Auswertung
Hochwassertyp ist deshalb nicht          von Flurabstandskarten empfohlen.
signifikant und wird im Rahmen           Sofern sich daraus zusätzliche signi-
der Risikobewertung nicht weiter         fikante Risikogebiete ergeben, wer-
untersucht.                              den diese ergänzend dargestellt.
Überflutungen durch die Überlas-         Von den oben betrachteten
tung von Abwassersystemen                Hochwassertypen sind in der
                                         Flussgebietseinheit Weser allein
Gemäß § 72 Satz 2 WHG sind Über-
                                         Überflutungen entlang von Oberflä-
schwemmungen aus Abwasseran-
                                         chengewässern und in Küstenge-
lagen von der Begriffsbestimmung
                                         bieten als signifikantes Hochwas-
für Hochwasser ausgenommen.
                                         serrisiko im Sinne des § 73 Abs. 1
Abflüsse aus Abwasseranlagen und
                                         WHG einzustufen. Dementspre-
aus der Niederschlagsentwässe-
                                         chend sind die Risikogebiete in der
rung befestigter Flächen sind in die
                                         FGG Weser auch nur entlang von
Hochwasserereignisse mit einbe-
                                         Oberflächengewässern und in Küs-
rechnet. Sie sind bei der Bewertung
                                         tengebieten zu finden.
des Hochwasserrisikos also berück-
sichtigt. Nicht beachtet wird demge-
genüber der Rückstau aus dem Ka-
nalnetz in innerörtlichen Bereichen,
der aus Niederschlagsereignissen
resultiert, die über das Ereignis hin-
ausgehen, das der Bemessung des
Kanalnetzes zugrunde liegt.

                                                                                                                   29
Beschreibung vergangener Hochwasser sowie deren
        signifikanten nachteiligen Auswirkungen
                                            Gemäß § 73 Absatz 2 WHG (Ar-            beschreiben die hierzu führenden
In eintausend Jahren kommt ein              tikel 4 Absatz 2b EG-HWRM-RL)           meteorologischen Bedingungen, die
100-jährliches Hochwasser (HQ100)           werden auf der Basis der in den         Jährlichkeit und Dauer des Hoch-
statistisch gesehen zehnmal vor. Zwi-       Landesverwaltungen vorhandenen          wassers sowie ggf. das Erreichen
schen zwei Ereignissen können aber          leicht verfügbaren Informationen        spezifischer Hochwassermarken
weniger oder auch mehr als einhundert       die vergangenen Hochwasserer-           diese Ereignisse.
Jahre liegen. Ein HQ100 bezeichnet also
                                            eignisse dokumentiert, die signi-
ein Hochwasserereignis, das innerhalb                                               Seit der vorläufigen Bewertung des
                                            fikante nachteilige Auswirkungen
des ausgewerteten Zeitraumes sta-                                                   Hochwasserrisikos und der Risiko-
                                            auf die Schutzgüter hatten. Soweit
tistisch gesehen einmal in einhundert                                               gebiete im Jahr 2011 ereigneten
Jahren auftritt.                            bekannt, werden zu diesen Ereig-
                                                                                    sich in der Flussgebietseinheit We-
                                            nissen die Auswirkungen auf die
                                                                                    ser mehrere signifikante Hochwas-
                                            menschliche Gesundheit, Umwelt,
                                                                                    serereignisse in Fließgewässern
                                            Kulturerbe, wirtschaftliche Tätig-
                                                                                    und eines in den Küstengewässern.
                                            keiten und erhebliche Sachwerte
                                            beschrieben. Dabei wird unterschie-     Das Hochwasser vom Mai und
                                            den nach Hochwasserereignissen          Juni 2013 wurde durch ungewöhn-
                                            in Fließgewässern und in Küsten-        lich hohe Niederschlagsmengen
                                            gewässern. Hydrologisch interes-        ausgelöst. Dadurch entstanden
                                            sant bei der Bewertung sind dabei       in der gesamten Bundesrepublik
                                            Informationen zu Ursprung, Mecha-       Deutschland teilweise katastrophale
                                            nismen und Charakteristik eines         Hochwassersituationen mit Milliar-
Binnenhochwasser bei Bremen mit Blick auf   Hochwasserereignisses.                  denschäden. Von den Flussgebiets-
die A1, Januar 2018                                                                 einheiten war die Weser die erste,
                                            Die Analysen der vergangenen
                                                                                    in der diese Ereignisse stattfanden.
                                            Hochwasser zeigen grundsätzliche
                                                                                    Betroffen waren vor allem die
                                            Charakteristika, die zur Abschätzung
                                                                                    Werra, Aller, Leine, Oker, Innerste
                                            der Signifikanz der nachteiligen
                                                                                    und deren Zuläufe sowie die Weser.
                                            Folgen genutzt werden können. Sie
                                                                                    Dabei überschritten im Gesamt-
                                            haben in der Regel mindestens eine
                                                                                    einzugsgebiet der Aller, Leine und
                                            regionale räumliche Ausdehnung,
                                                                                    Oker 25 von 38 Hochwassermel-
                                            die Auftretenswahrscheinlichkeit ist
                                                                                    depegeln die Meldestufe 3. In den
                                            mindestens mittel, und es liegt eine
                                                                                    Zuläufen wurden teilweise Hoch-
                                            mittlere bis intensive Siedlungsdich-
                                                                                    wasserspitzenabflüsse bis zu einem
                                            te vor.
                                                                                    HQ100 gemessen. Die übrigen
Sturmflut bei Bremen, Oktober 2017
                                            Für den derzeitigen Berichtszeit-       Gewässer blieben auf hohem, aber
                                            raum werden die Hochwasserer-           unkritischen Niveau bei etwa einem
                                            eignisse beschrieben, die nach der      HQ10. (Quelle: BfG, 2014, NLWKN,
                                            vorläufi-gen Bewertung des Hoch-        2013, TLUG, 2013)
                                            wasserrisikos und der Risikogebiete
                                                                                    Im Dezember 2013 traf das Orkan-
                                            abgelaufen sind. Sie werden unter
                                                                                    tief Xaver auf die deutsche Küs-
                                            Nennung des überschwemmten
                                                                                    te. Bereits frühzeitig wurde eine
                                            Gebietes mit den dort betroffenen
                                                                                    Sturmwarnung vor einer schweren
                                            Personen, Gebäuden, Nutzungen
                                                                                    bis sehr schweren Sturmflut (2,50
                                            sowie dem durch das Hochwas-
                                                                                    bis 3,50 m über dem mittleren
                                            ser verursachten Schaden darge-
                                                                                    Hochwasser) herausgegeben.
                                            stellt. Neben den Auswirkungen

30
Da der Sturm nur sehr langsam           schlagsmengen im Juli 2017 kam
abebbte, brachte auch die nächste       es im Einzugsgebiet der Leine und      Signifikantes Hochwasserrisiko - ein
Flut eine Sturmflut, die nur knapp      Oker zu katastrophalen Hochwas-        Hochwasserrisiko wird als signifikant
das Kriterium einer schweren            serauswirkungen mit Schäden            bewertet, wenn die Schäden eines Hoch-
Sturmflut verfehlte. Aufgrund der in    in Millionenhöhe. Besonders im         wassers die Signifikanzgrenzen für die
den letzten Jahrzehnten wesentlich                                             Schutzgüter überschreiten.
                                        Umfeld des Harzes entstanden
verbesserten Küstenschutzanlagen,       durch andauernde Niederschläge
die inzwischen für weitaus höhe-        erhebliche Schäden sowohl an
re Wasserstände ausgelegt sind,         privaten Gebäuden als auch an der
hielten sich die Auswirkungen der       öffentlichen Infrastruktur und auf
Sturmflut in Grenzen. Große Schä-       landwirtschaftlichen Produktionsflä-
den hatten allerdings einige Inseln     chen. Überdurchschnittlich betroffen
zu verzeichnen, die zum Teil erhebli-   waren die Landkreise Goslar, Hil-
che Landverluste erleiden mussten.      desheim und Wolfenbüttel. Neben
In Bremen wurden teilweise Gebie-       den enormen Wassermassen
te vor der Hochwasserschutzlinie        stellten aber auch das Versagen von
evakuiert. (Quelle: Sävert & Laps,      Brücken und Durchlässen durch Ge-      Hochwasser der Ilse in Ilsenburg, Juli 2017
2013)                                   schiebe, Geröll und Verklausungen
In den Jahren 2014 und 2017 (hier       wesentliche Probleme für die Scha-
vom 24. bis 26. Juli) ereigneten sich   densausmaße in allen betroffenen
außergewöhnliche sommerliche            Gewässern dar. An den Unterläufen
Starkregenereignisse. Aufgrund der      der großen Vorfluter Oker, Leine
unmittelbaren Lage des Einzugsge-       und Aller hielten sich die Hoch-
bietes des Suenbachs am Nord-           wasserschäden weitestgehend in
hang des Brockens führten diese         Grenzen. So beschränkten sich die
zu beträchtlichen Überflutungen im      extremen Schadenssummen in ers-
Stadtgebiet Ilsenburg. In Ilsenburg     ter Linie auf die Region des Harzes
mündet der Suenbach in die Ilse,        und des Harzvorlandes. Ebenso wie
die bereits im ersten Umsetzungs-       schon beim Hochwasser von 2013
zeitraum als Risikogewässer ausge-      und den Sturzfluten von 2016 in
wiesen wurde. Bereits zu diesem         Braunsbach in Baden-Württemberg
Zeitpunkt wurde die Relevanz des        und Simbach in Bayern löste eine
Suenbachs für ein nachhaltiges          Großwetterlage „Tief Mitteleuropa“     Hochwasser der Innerste an der Domäne Marien-

Hochwasserrisikomanagement              diese Ereignisse aus. An 16 Hoch-      burg in Itzum, Juli 2017

deutlich. Die beobachteten Ereig-       wassermeldepegeln wurde die
nisse bestätigten diese Erkennt-        höchste Meldestufe erreicht. Au-
nisse. Der unmittelbar an die Stadt     ßerdem wurden an fünf Pegeln die
grenzende Nationalpark sowie die        bisherigen Hochwasserrekordmar-
historisch gewachsenen Kanalisie-       ken zum Teil deutlich überschritten.
rungen und Kunstteiche führen zu        An manchen Zuläufen zur Innerste
einer besonderen Herausforderung        wurden Jährlichkeiten von 100
an den Hochwasserschutz. (Quelle:       Jahren erreicht bzw. überschritten.
LHW, 2018)                              Nach ersten Auswertungen lag der
                                        Hochwasserabfluss an einem Pegel
Aufgrund eines dreitägigen Dau-         an der Oker sogar bei etwa einem
erregens mit sehr hohen Nieder-         HQ200. (Quelle: (NLWKN, 2017)

                                                                                                                             31
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