Überprüfung der vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisikos und der Risikogebiete 2018 (nach 73 WHG bzw. Art. 4 und Art. 5 - EG-HWRM-RL) - Der ...
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EG-Hochwasserrisikomanagement- Überprüfung der vorläufigen Bewertung des Richtlinie Hochwasserrisikos und der Risikogebiete 2018 (nach § 73 WHG bzw. Art. 4 und Art. 5 EG-HWRM-RL) Information der Öffentlichkeit
Inhalt Einleitung 5 Die Flussgebietseinheit Weser 8 Klima und Hydrologie 10 Topografie, Geologie, Geomorphologie 14 Landnutzung, Siedlungsgebiete, Infrastruktur, Kulturerbe 16 Beschreibung des bestehenden Hochwassers 20 Vermeidung 21 Schutz 21 Vorsorge 24 Wiederherstellung/Regeneration 27 Gewässer und Hochwassertypen 28 Beschreibung vergangener Hochwasser sowie deren signifikanten nachteiligen Auswirkungen 30 Beschreibung zukünftiger potentieller signifikanter Hochwasser der Vergangenheit 32 Bewertung der potentiellen nachteiligen Folgen künftiger Hochwasser 33 Signifikanzkriterien für Personen- und Sachgefährdungen 34 Signifikanzkriterien für Umweltgefährdungen 35 Signifikanzkriterien für Gefährdungen von Kulturgütern und Kulturobjekten 36 Langfristige Entwicklungen und deren Einfluss auf das Auftreten von Hochwasser 37 Auswirkungen des Klimawandels auf das Auftreten von Hochwasser 37 Langfristige Entwicklung der Flächennutzung 39 Ausweisung der Gewässerstrecken mit potentiellem signifikanten Hochwasserrisiko (Risikogebiete) 40 Einbeziehung der interessierten Stellen und Information der Öffentlichkeit 44 Weitere Informationen 46 Literaturverzeichnis 48 Abbildungsverzeichnis 50 Tabellenverzeichnis 52 Abkürzungsverzeichnis 53 Impressum 54 3
Einleitung Die extremen Hochwasserereignisse Ende des letzten und Anfang dieses Jahr- tausends in ganz Europa haben gezeigt, wie wichtig die Vorsorge gegenüber diesen Naturereignissen ist. Der Umweltrat der Europäischen Kommission hat diese Ereignisse zum Anlass genommen, ein Aktionsprogramm zur Verbesse- rung des Hochwasserschutzes in europäischen Flussgebieten vorzuschlagen. Die Europäische Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (RL 2007/60/EG, EG- HWRM-RL) ist 2007 in Kraft getreten und bildet einen Übergang vom klassi- schen Hochwasserschutz zum weitergehenden Hochwasserrisikomanagement. Durch die Forderung nach der Einbindung aller Betroffenen wird eine weitere Sensibilisierung für das Thema in der Öffentlichkeit geschaffen. Zweck der Richtlinie ist vorrangig die Information zu den Hochwasserrisiken und die Verbesserung der Hochwasservorhersage und des Hochwasserrisiko- managements. Aus dem Wissen um das Risiko kann der Hochwasserschutz verbessert, Maßnahmen der Hochwasservorhersage verstärkt angewendet und technische Hochwasserschutzmaßnahmen zielgerichteter und effizienter eingesetzt werden. Mit der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) 2009 wurden die Anforderungen der EG-HWRM-RL in deutsches Recht umgesetzt (§ 72ff WHG). Hochwasserereignisse lassen sich naturgegeben nicht vermeiden oder verhin- dern. Sie werden in unbestimmten Zeitabständen immer wieder in unterschied- lichen Intensitäten auftreten. Aufgrund klimatischer Veränderungen wird in der Flussgebietseinheit Weser sogar mit einer Häufung von Hochwasserereignis- sen zu rechnen sein. Es ist daher nicht Ziel der EG-HWRM-RL Hochwasser zu verhindern. Vielmehr zielt das Hochwasserrisikomanagement grundsätzlich darauf ab, die Risiken für die Schutzgüter • menschliche Gesundheit, • Umwelt, • Kulturerbe und • wirtschaftlichen Tätigkeiten zu vermindern. Das bedeutet im Einzelnen, neue und bestehende Risiken im Vorfeld eines Hochwassers zu vermeiden, sowie nachteilige Folgen während und nach einem Hochwasser zu reduzieren. Dabei wird in der Flussgebietsein- heit Weser deutlich zwischen den folgenden Hochwassertypen unterschieden: • Überflutung durch Teile natürlicher Einzugsgebiete (oberirdische Binnenge- wässer), • Überflutung durch in Küstengebiete eindringendes Meerwasser. Als Grenzlinie zwischen diesen Gebieten wurden die binnenlandseitigen Ab- grenzungen der Deichverbandgebiete herangezogen. Diese Gebiete umfassen den Bereich, der durch die Seedeiche vor Küstenhochwassern geschützt ist. 5
Nach § 73 WHG (Artikel 4 EG-HWRM-RL) war die vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos auf der Grundlage vorhandener oder leicht abzuleitender Informationen erstmals bis zum 22. Dezember 2011 durchzuführen (FGG Weser, 2011). Für den zweiten Zyklus der EG-HWRM-RL sind die Risikobewertung und die Bestimmung der Risikogebiete nach § 73 Absatz 6 WHG (Artikel 14 Absatz 1 EG-HWRM-RL) bis zum 22. Dezember 2018 und danach alle sechs Jahre zu überprüfen und erforderlichenfalls zu aktualisieren. Für diese einzelnen Schritte des Hochwasserrisikomanagements erfolgt die Berichterstattung an die Europä- ische Kommission anhand von Meldungen der Mitgliedstaaten für die einzelnen Flussgebiete. Für die FGG Weser werden darüber hinaus diese Informationen für den interessierten Bürger in Broschüren zusammengefasst und für jeden Schritt im Rahmen der EG-HWRM-RL veröffentlicht. Der hier vorliegende Bericht stellt die Überprüfung der vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisikos und der Risikogebiete von 2011 in der Flussgebietsge- meinschaft Weser (FGG Weser) als abgestimmtes Handeln der Bundesländer Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen dar. Die Risikobewertung und die Bestimmung der Risikogebiete umfassen die Be- schreibung signifikanter Hochwasser der Vergangenheit und deren Auswirkun- gen, eine Bewertung der potentiellen nachteiligen Folgen künftiger Hochwasse- rereignisse sowie die Abschätzung des potentiellen Hochwasserrisikos anhand von Signifikanzkriterien der Schutzgüter für die gesamte Flussgebietseinheit Weser als Zusammenschluss der Einzugsgebiete der Werra, Fulda, Weser und Jade. Im Ergebnis werden Gewässerstrecken identifiziert, an denen ein poten- tielles signifikantes Hochwasserrisiko besteht bzw. für wahrscheinlich gehalten wird. Für die Berichterstattung an die Europäische Kommission werden diese In- formationen von den Bundesländern bereitgestellt. Außerdem werden diese Meldungen für die jeweiligen Flussgebietseinheiten ausgewertet und zusam- mengefasst. Ergänzt wird diese Auswertung durch zusätzliche kurze Beschrei- bungen sowie Referenz- und Hintergrunddokumente, auf die verwiesen wird. Einheitliche Grundlage für die Durchführung der vorläufigen Bewertung sind die von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) entwickelten „Emp- fehlungen für die Überprüfung der vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisi- kos und der Risikogebiete nach EU-HWRM-RL“ (LAWA, 2017). In einem nächsten Schritt werden für die Risikogebiete bis zum 22. Dezember 2019 die bereits bestehenden Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserri- sikokarten (FGG Weser, 2014) ebenfalls überprüft und erforderlichenfalls aktu- alisiert. In diesen Karten werden neben dem Ausmaß der Überflutung (Hoch- wassergefahrenkarten) auch die potentiellen Auswirkungen auf die Schutzgüter dargestellt (Hochwasserrisikokarten). 6
Der HWRM-Plan 2015 bis 2021 (FGG Weser, 2015) wird ebenfalls bis zum 22.12.2027 überprüft und erforderlichenfalls aktualisiert. Dabei wird der Entwurf des HWRM-Plans 2021 bis 2027 zum 21.04.2021 veröffentlicht und befindet sich anschließend bis zum 22.06.2021 in der Anhörung. Innerhalb von 6 Mona- ten nach Beendigung der Frist zur Abgabe von Stellungnahmen werden diese ausgewertet und nach Abstimmung mit den Ländern und Beschluss durch den Weserrat in die jeweiligen Dokumente eingearbeitet. Die Veröffentlichung des Bewertungsergebnisses der Stellungnahmen erfolgt dann mit Veröffentlichung des HWRM-Plans am 22.12.2021. Eine Aktualisierung dieser drei Schritte aus der EG-HWRM-RL erfolgt nach dem Ablaufplan (Abb. 1.1) alle sechs Jahre. Abb.1.1: Ablaufplan EG-HWRM-RL 7
Die Flussgebietseinheit Weser Die Fläche der Flussgebietseinheit Flussgebietseinheit. Die Flussge- Eine Flussgebietseinheit ist „ein als Weser liegt komplett innerhalb des bietseinheit Weser umfasst eine Haupteinheit für die Bewirtschaftung Hoheitsgebiets Deutschlands und Gesamtfläche von ca. 49.000 km². von Einzugsgebieten festgelegtes hier innerhalb des zentralen Berei- Die Flussgebietseinheit Weser Land- oder Meeresgebiet, das aus ches von Nord- und Mitteldeutsch- wurde von den Anrainerländern in einem oder mehreren benachbarten land. Sie vereinigt die Einzugsge- sechs vergleichbar große sogenann- Einzugsgebieten, dem ihnen zugeord- biete der deutschen Flüsse Werra, te Teilräume unterteilt: Werra, Fulda/ neten Grundwasser und den ihnen Fulda, Weser und Jade einschließ- Diemel, Ober-/Mittelweser, Aller, zugeordneten Küstengewässern im Sinne des § 7 Absatz 5 Satz 2 be- lich ihrer Nebenflüsse und erstreckt Leine sowie Tideweser (Abb. 2.1). steht.“ (§ 3 WHG) sich vom Thüringer Wald und dem Die hier betrachtete Gesamtlänge Vogelsberg über die deutschen Mit- der Fließgewässer nach EG-WRRL, Die Flussgebietsgemeinschaft (FGG) telgebirge bis zum Harz und dem Weser ist ein politischer Zusam- (Einzugsgebiet größer als 10 km²), Wiehengebirge. Bei Hannoversch menschluss aller Bundesländer mit beträgt ca. 18.000 km. Münden vereinigen sich Werra und Flächenanteilen an der Flussgebiets- Die Gesamtfläche der stehenden Fulda zur Weser. Richtung Norden einheit Weser, in der die gemeinsamen schließt das norddeutsche Flach- Gewässer mit einer Größe von Arbeiten dieser Bundesländer zu allen land bis zu den Geestgebieten, den mehr als 0,5 km² beträgt in der wasserwirtschaftlichen Fragestellun- gen koordiniert werden. Niederungen und Marschen an der Flussgebietseinheit Weser ca. 51 Küste an, bevor die Weser bei Bre- km², die der Talsperren ca. 23 km². merhaven in die Nordsee mündet. Bedeutende Seen in der Flussge- Über den Jadebusen fließt auch die bietseinheit sind das Steinhuder Jade ebenfalls in die Nordsee. Meer mit 28 km² und der Dümmer Die Bundesländer Bayern, Bre- See mit 13 km² Fläche. Größere Tal- men, Hessen, Niedersachsen, sperren sind die Eder- und Diemel- Nordrhein-Westfalen, Sachsen- talsperre sowie die Talsperren im Anhalt und Thüringen haben Anteile Harz und im Thüringer Wald, die ne- unterschiedlicher Größe an dieser ben der Trinkwasserversorgung und der Niedrigwasseraufhöhung auch dem Hochwasserschutz dienen. Anteil am Gesamt- Bundesland Fläche [km²] Die Flussgebietseinheit Weser um- einzugsgebiet [%] fasst neben den Gewässern im Bin- Bayern 50 0,1 nenland auch die tidebeeinflussten Übergangs- und Küstengewässer Bremen 410 0,8 unterhalb von Bremen-Hemelingen Hessen 8.990 18,4 mit einer Fläche von etwa 209 km² bzw. 1.600 km². Niedersachsen 29.450 60,1 (inkl. Übergangs-/Küstengewässer) Auf der Internetseite der FGG Weser (www.fgg-weser.de) sind Nordrhein-Westfalen 4.960 10,1 weitere Informationen zur Flussge- Sachsen-Anhalt 700 1,4 bietseinheit verfügbar. Thüringen 4.440 9,1 Gesamt 49.000 100 Tab. 2.1: Flächenanteile der Bundesländer an der Flussgebietseinheit Weser 8
Nach § 3 WHG ist ein Einzugsgebiet ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenab- fluss an einer einzigen Flussmündung, einem Ästuar oder einem Delta ins Meer gelangt. Die höher gelegenen Ebenen einer Geest werden auch Geestrücken oder Sandrücken genannt. Entstanden ist die geomorphologische Landform durch Sandablagerungen während der Eiszeiten. Marschen sind eine auch als Schwemmland bezeichnete geomor- phologische Landform entstanden nach der letzten Eiszeit. Das Binnenland ist ein Gebiet, das keinen direkten Zugang zum Meer hat. Die Übergänge zum Küstenland sind fließend. Abb. 2.1: Einzugs- (Teilräume), Teileinzugs- (Planungseinheiten) und Küstengebiete in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 2017) 9
Klima und Hydrologie An den Küsten können Sturmfluten „Hochwasser ist eine zeitlich be- zu Hochwasserereignissen führen, schränkte Überschwemmung von Die Flussgebietseinheit Weser liegt deren Auswirkungen aber über- normalerweise nicht mit Wasser großklimatisch in der temperierten wiegend durch die Küstenschutzan- bedecktem Land, insbesondere durch humiden Zone Mitteleuropas mit lagen aufgefangen werden. oberirdische Gewässer oder durch in ausgeprägter, aber nicht sehr langer Küstengebiete eindringendes Meer- kalter Jahreszeit. Dem unterschied- Durch die Veränderung der Land- wasser. Davon ausgenommen sind lich starken maritimen und kon- nutzung in den letzten beiden Überschwemmungen aus Abwasseran- tinentalen Einfluss entsprechend Jahrhunderten sind viele Flächen lagen.“ (§ 72 WHG) ergeben sich zwei deutlich unter- mit günstigen Speicher- und Sicker- Küstengebiete haben einen direkten schiedliche Regionen - das zentrale eigenschaften als natürlicher Zugang zum Meer. Die Übergänge zum Flachland und das zentrale Mittel- Rückhalt verlorengegangen. Sie Binnenland sind fließend. gebirge (Abb. 2.4). Die Teilräume wurden eingedeicht, durch Dränage Tideweser, Aller und Leine sowie trockengelegt und dann besiedelt Bei großen Niederschlagsmengen in oder landwirtschaftlich genutzt. der nördliche Teil von Ober-/Mittel- kurzer Zeit spricht man von Starkregen. Diese künstlichen Eingriffe in den weser liegen im deutlich atlantisch Diese können zu schnell ansteigenden geprägten Nordwestdeutschland. Wasserhaushalt wirken sich ver- Wasserständen und zu Überschwem- Milde Winter, kühle Sommer und schärfend auf Hochwassersituatio- mung führen. Der DWD gibt eine mar- kante Wetterwarnung bei Regenmen- Niederschlagsreichtum prägen nen aus. Das Wasser wird schnell gen von 15 bis 25 l/m² in 1 Stunde oder diese Region. Der mitteldeutsche abgeleitet und in engen Gerinnen 20 bis 35 l/m² in 6 Stunden und eine Raum mit dem südlichen Bereich gefasst, wodurch die Hochwasser Unwetterwarnung bei Regenmengen des Teilraums Ober-/Mittelweser schneller abfließen aber deutlich von mehr als 25 l/m² in 1 Stunde oder sowie der Werra und Fulda/Diemel höher ausfallen. von mehr als 35 l/m² in 6 Stunden aus. weist hingegen einen stärker kon- In der Flussgebietseinheit Weser tinentalen Einfluss mit kälteren Win- ist das Abflussgeschehen in den tern und geringen Niederschlags- meisten Jahren durch Hochwasser- mengen, allerdings ebenfalls noch ereignisse im Winter und eine kühleren Sommern auf. Der mittlere Niedrigwasserperiode von Juni bis langfristige Jahresniederschlag Oktober gekennzeichnet. Die Hoch- (1983 - 2005) in der Flussgebiets- wasserphase besteht häufig aus einheit Weser beträgt ca. 790 mm, zwei Hauptereignissen. Das Erste kann aber zwischen weniger als liegt üblicherweise im Dezember/ 520 mm im östlichen Bereich des Januar, während das Zweite im Teilraums Aller und mehr als 1.800 Februar/März durch Niederschläge mm im Oberharz schwanken. und Schneeschmelzwasser aus den Haupteinflussfaktor für Hochwas- Mittelgebirgen hervorgerufen wird. serereignisse ist der Niederschlag. Die natürliche Niedrigwasserperiode Tagelange, großflächige Dauerregen ist vor allem an der Werra und der sind für die meisten Hochwasser in oberen Weser ausgeprägt. Letztere den großen Flüssen verantwortlich. wird jedoch durch einen Wasser- Daneben können lokale Starkre- zuschuss aus der Edertalsperre in genereignisse zu Sturzfluten in klei- die Fulda gedämpft. In Abb. 2.2 ist neren Einzugsgebieten führen. Ver- erkennbar, dass die Wasserstände schärft wird diese Situation durch in den Winterhalbjahren im Mittel vorgesättigte Böden oder in höhe- 40 % über den Wasserständen im ren Lagen durch gefrorene Böden Sommerhalbjahr liegen. sowie ggf. durch Schneeschmelze. 10
Von Sturzflut spricht man bei einer plötzlichen Überschwemmung z. B. durch Starkregen oder durch einen Deichbruch. Wenn der Boden bereits durch vorher- gehenden Niederschlag bereits mit Wasser gesättigt ist, so dass weiterer Niederschlag nur noch oberflächennah abfließen kann, wird von vorgesättig- ten Böden gesprochen. Schadstelle in der Deichkrone Abb. 2.2: Wasserstände am Pegel Intschede (2001 - 2017) 11
Die Tideweser und die Jade sind Zur Charakterisierung der hyd- aufgrund ihrer Abhängigkeit von der rologischen Verhältnisse in der Tide der Gefahr von Sturmfluten Flussgebietseinheit Weser sind in ausgesetzt. Im Küstenbereich der Tab. 2.2 die Abflusshauptwerte der Flussgebietseinheit Weser ver- Bezugspegel wichtiger Gewässer- änderten Sturmfluten bereits im abschnitte aufgeführt. Die Jahres- Mittelalter den Küstenverlauf. Unter abflusswerte des Pegels Intschede anderem entstand durch solch eine (Mittelweser, oberhalb von Bremen) Flut der Jadebusen. Ein Ereignis sind in Abb. 2.3 dargestellt. wird als Sturmflut bzw. als schwere Gewässerpegel (Abb. 3.3) stellen oder sehr schwere Sturmflut be- den aktuellen Wasserstand der zeichnet, wenn der Tidehöchststand Flüsse dar und geben darüber Aus- das mittlere Tidehochwasser um kunft, ob dieser steigt oder fällt. 1,50 m bzw. 2,50 m oder 3,50 m Sie werden vom Bund und von den übersteigt. Die Sturmfluten treten Ländern betrieben und sind auf den vor allem im Frühjahr und im Herbst entsprechenden Internetseiten zu auf und bedeuten eine Gefahr finden. Für die Flussgebietseinheit für die betroffenen Küstenregio- Weser sind sie im Internet zusam- nen. Schwere oder sehr schwere menfassend unter http://www.fgg- Sturmfluten sind außergewöhnli- weser.de/kartenserver-fgg-weser/ che Ereignisse. Bei gleichzeitig mit pegel zusammengestellt. Sturmfluten auftretenden Binnen- hochwässern, ergeben sich z. B. in Bremen ggf. besondere Gefähr- dungslagen. Gewässer Werra Fulda Oberweser Aller Mittelweser Pegel Letzter Heller Bonafort Porta Rethem Intschede Einzugsge- 5.487 6.932 19.162 14.728 37.718 biet [km²] NQ [m³/s] 5,1 11,7 35,2 22,3 59,7 MNQ [m³/s] 14,6 23,2 67,9 41,7 123 MQ [m³/s] 50,0 64,4 184 113 319 MHQ [m³/s] 263 353 791 410 1.220 HQ [m³/s] 605 720 1.370 1.450 3.500 Zeitraum der 1941-2017 1977-2017 1956-2017 1941-2017 1941-2017 Hauptwerte NQ = Niedrigwasserabfluss MNQ = Mittlerer Niedrigwasserabfluss MQ = Mittlerer Abfluss MHQ = Mittlerer Hochwasserabfluss HQ = Hochwasserabfluss Tab. 2.2: Abflusshauptwerte in der Flussgebietseinheit Weser 12
Binnenhochwasser an der Weser bei Bremen am Pegel Dreye, Januar 2018 Abb. 2.3: Niedrigste, mittlere und höchste Jahresabflusswerte am Pegel Intschede 1941 bis 2017 13
Topographie, Geologie, von mehr als 18 % keine Seltenheit Geomorphologie Der nördliche Abschnitt liegt im Neben dem Niederschlag beein- Bereich der Norddeutschen Tief- flussen auch die Topographie (Abb. ebene mit der Tideweser und den 2.4), Geologie und Geomorphologie nördlichen Bereichen von Ober-/Mit- die Dauer sowie das Ausmaß eines telweser, Aller und Leine mit glazial Hochwassers. So wird ein Hoch- geprägten Landschaften aus der wasser in Gebieten mit großen Weichselkaltzeit (Entstehung vor ca. Hangneigungen schneller ablaufen 115.000 bis etwa 10.000 Jahren). als in Gebieten mit geringen Hang- Oberflächenformen und Ablagerun- neigungen. Der schnellere Abfluss gen aus dieser Zeit bildeten unter des Hochwassers kann aber auch anderem zahlreiche Gewässer, größere Schäden verursachen als Moore und auch fruchtbare Börde- der langsame Ablauf im Flachland. landschaften. Die Höhenlagen Die betroffene Fläche der Überflu- liegen im Bereich Aller und Leine tung wird in gebirgigen Gebieten unter 100 m ü. NHN. Die Hangnei- kleiner sein als im Flachland, wobei gungen betragen hier durchgängig hier aber geringere Wassertiefen zu weniger als 2 %. erwarten sind. Hinsichtlich des topographischen und geologischen Charakters lässt sich die Flussgebietseinheit zwei Hauptbereichen zuordnen. Mit dem Harz und dem Niedersächsisch-Hes- sischen Bergland beginnen nach Süden hin die zentralen Mittelge- birge mit den Teilräumen Werra und Fulda/Diemel sowie den südlichen Bereichen von Ober-/Mittelweser, Aller und Leine. Sie zählen zu den Gebirgen aus variszischer Zeit (Entstehung vor rund 350 Millio- nen Jahren). Durch Hebungs- und Absenkungsprozesse in jüngeren Erdzeitaltern entstanden vielfältige Gebirgsformen. Die Abtragung von Sedimenten aus den folgenden Jahrmillionen bis heute erfolgte daher in stark unterschiedlichen Maßen. Die Hangneigungen be- tragen zwischen 3,5 und 18 %. Im Harz sowie in den Kammlagen des Rothaargebirges und des Thüringer Waldes sind dabei Hangneigungen 14
Abb. 2.4: Topographie und ausgewählte Städte in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 2017) 15
Landnutzung, Siedlungsge- Wolfsburg (ca. 125.000 Einwohner), biete, Infrastruktur, Kultur- Göttingen (ca. 113.000 Einwohner), Bremerhaven (ca. 113.000 Ein- erbe wohner), Hildesheim (ca. 104.000 Die Landnutzung in der Flussge- Einwohner) und Salzgitter (107.000 bietseinheit Weser ist aufgrund Einwohner). Besonders Großstäd- ihrer Ausdehnung regional sehr te und Ballungsräume tragen zur unterschiedlich (Abb. 2.5). Im Süden Versiegelung der Landschaft bei. In befindet sich das „Zentrale Mittel- diesen Gebieten sind Regenwas- gebirge“ vom Thüringer Wald und sereinleitungen und Mischwasser- dem Vogelsberg bis zum Harz und entlastungen besonders hinsichtlich dem Wiehengebirge und im Norden ihres Verschmutzungspotentials zu das „Zentrale Flachland“ mit den beachten. Geestgebieten, den Niederungen Zur Infrastruktur gehören neben und den Marschen an der Küste. den Siedlungsgebieten auch Indu- Die Art der Bodenbedeckung, die striestandorte sowie das Verkehrs- vorrangig von der Landnutzung netz. Dadurch sind insgesamt etwa abhängt, beeinflusst den Wasser- 9 % der Flussgebietseinheit versie- rückhalt in der Fläche erheblich. Ca. gelt. Zu den überregional bedeu- 39 % der Gesamtfläche werden tenden Industriestandorten (Abb. als Ackerland genutzt, während ca. 2.6) innerhalb der Flussgebietsein- 17 % mit Grünland bedeckt sind. heit Weser gehören die Standorte Ca. 29 % sind mit Wald bedeckt, Bremen/Bremerhaven, der Raum während ca. 7 % bzw. 2 % auf Hannover-Braunschweig-Wolfsburg Siedlungsgebiete bzw. Industrie- sowie das Industriegebiet „Auf dem und Gewerbeflächen entfallen. Gries“ in Eisenach. Hervorzuheben Die anderen Nutzungen (Wasser- ist hier vor allem die Automobilindu- flächen, Verkehr sowie sonstige strie mit dem weltweit zweitgröß- Vegetation) nehmen nur kleine ten Mercedes-Produktionsstandort Anteile ein. Anhand dieser Zahlen in Bremen, dem Hauptwerk von kann man die Flussgebietseinheit Volkswagen in Wolfsburg und des- Weser als landwirtschaftlich geprägt sen Großraumfahrzeugabteilung mit charakterisieren. Hauptsitz in Hannover sowie dem Fertigungswerk der Adam Opel In der Flussgebietseinheit Weser AG in Eisenach. Bremen ist zudem leben ca. 9,1 Millionen Einwohner. der zweitgrößte deutsche Produk- Davon entfallen auf die unten ge- tions- und Entwicklungsstandort der nannten Großstädte ca. 2,4 Millio- „Airbus-Familie“. Außerdem wer- nen Einwohner (Stand 31.12.2017). den Komponenten z. B. für die ISS Größte Stadt der Flussgebietsein- (International Space Station), das heit Weser ist Bremen mit ca. Ariane-Trägersystem und weitere 568.000 Einwohnern. Weitere Satellitentechnik konstruiert und Großstädte sind u. a. Hannover gefertigt. Im Raum Hannover-Braun- (ca. 556.000 Einwohner), Bielefeld schweig-Wolfsburg ist weiterhin die (ca. 333.000 Einwohner), Braun- Stahlindustrie in Peine und Salzgit- schweig (ca. 250.000 Einwohner), ter von überregionaler Bedeutung. Kassel (ca. 201.000 Einwohner), 16
Abb. 2.5: Landnutzung nach CORINE Land Cover (CLC) in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 2012) 17
Hervorzuheben ist auch das Kern- Bundesautobahnen sowie die Bun- Risikogebiete sind Gebiete, für kraftwerk Grohnde. Weiterhin ha- desschnellstraßen mit einer gesam- die nach bestimmten Kriterien ein ben viele mittelständische Betriebe ten Länge von 2.240 km bzw. 5.700 potentielles signifikantes Hochwasser- sowie auch weltweit agierende km von überregionaler Bedeutung. risiko besteht oder für wahrscheinlich Unternehmen ihren Sitz oder Pro- Innerhalb der Flussgebietseinheit gehalten wird. duktionsstätten in der Flussgebiet- Weser befinden sich außerdem seinheit Weser. Hierzu zählen unter Fernstrecken des Bahnnetzes mit anderem Zulieferer für die Autoin- einer gesamten Länge von 2.370 dustrie, namenhafte Möbel- und km. Für die überregionalen Flug- Küchenhersteller und Großkonzerne verbindungen sind der Flughafen der Lebensmittelindustrie. Hannover/Langenhagen und der Airport Bremen zentral. Zu dem für die Überprüfung der vorläufigen Bewertung des Hoch- Als schützenswerte Kulturerbestät- wasserrisikos und der Risikogebiete ten werden im Rahmen der Über- relevanten Verkehrsnetz innerhalb prüfung der vorläufigen Bewertung der Flussgebietseinheit Weser des Hochwasserrisikos und der gehören ebenso wie die Wasser- Risikogebiete mindestens die hoch- straßen, überregionale Straßen, wasserempfindlichen anerkannten Schienen- und Flugverbindungen. UNESCO-Weltkulturerbestätten an- Bedeutungsvoll als Bundeswasser- gesehen. Weitere Denkmäler sind straße sind der Jadebusen und die bereits indirekt unter dem Kriterium Außen-, Unter- und Mittelweser bis menschliche Gesundheit mitbe- Minden mit insgesamt ca. 400 km rücksichtigt, da sie überwiegend in Länge. Weiterhin stellt der Mittel- den betroffenen Siedlungsgebieten landkanal mit 215 km Länge inner- liegen. halb der Flussgebietseinheit Weser In der Flussgebietseinheit Weser eine wichtige Verkehrsanbindung liegen die Weltkulturerbestätten dar. Er verbindet als zentraler Teil Rathaus und Roland in Bremen, der West-Ost-Wasserstraße indirekt Dom und Michaeliskirche in Hildes- Norddeutschlands bedeutende See- heim, das Bergwerk Rammelsberg häfen Wilhelmshaven, Bremerhaven und die Altstadt von Goslar sowie und Bremen sowie die Stromgebie- das Oberharzer Wasserregal, das te von Rhein, Ems und Weser mit Kloster Walkenried und das histo- der Elbe und dem mittel- und ost- rische Bergwerk Grube Samson, europäischen Wasserstraßennetz. die Wartburg bei Eisenach, das Die Gesamtlänge aller Bundeswas- Fagus-Werk in Alfeld, der Bergpark serstraßen in der Flussgebietsein- Wilhelmshöhe in Kassel und das heit Weser beträgt etwa 1.490 km. Schloss Corvey in Höxter (Abb. 2.6). Von nationaler Bedeutung für die Seeschifffahrt sind die bremischen Als Weltnaturerbe liegen die alten Seehäfen und der Jade-Weser-Port Buchenwälder der Nationalparks in Wilhelmshaven. Der Autoum- Hainich und Kellerwald-Edersee schlag in den bremischen Häfen ist sowie der Nationalpark Wattenmeer mit ca. 2 Mio. Fahrzeugen pro Jahr in Niedersachsen in der Flussge- einer der größten in Europa. Für bietseinheit Weser. den Straßenverkehr sind hier die 18
Abb. 2.6: Standorte mit besonderer Bedeutung, Üerregionales Verkehrsnetz, bedeutende Industriestandorte sowie UNESCO-Weltkulturerbe- und Weltnaturerbestätten in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 30.04.2018) 19
Beschreibung des bestehenden Hochwassers Bereits vor Inkrafttreten der EG- und technischer Hochwasser- Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft HWRM-RL rückte der vorsorgende schutz), die sich im Zyklus des Wasser (LAWA) ist ein Arbeitsgre- Hochwasserschutz zur Verringerung Hochwasserrisikomanagements mium der Umweltministerkonferenz, des Hochwasserrisikos neben dem wiederfindet. um länderübergreifende und gemein- technischen Schutz vor Hochwas- schaftliche wasserwirtschaftliche und Aktuell wird das Hochwasserrisiko- ser in den Vordergrund. So wurde wasserrechtliche Fragestellungen zu management in die vier Bereiche in der Flussgebietseinheit Weser erörtern, gemeinsame Lösungen zu Vermeidung, Schutz, Vorsorge und 2006 eine erste Grundlage für erarbeiten und Empfehlungen zur Wiederherstellung/Regeneration einen Hochwasserschutzplan Weser Umsetzung zu initiieren. unterteilt (Abb. 3.1), welche so auch (FGG Weser, 2006) entwickelt, in im HWRM-Plan Berücksichtigung dem neben Handlungszielen und fanden. Im Rahmen der EG-HWRM- Strategien auch grundsätzliche RL wurden dann mit der Veröffent- Maßnahmen zum vorsorgenden lichung des HWRM-Plans 2015 bis Hochwasserschutz aufgestellt 2021 erstmals die überregionalen wurden. Basis für die Strategie des Ziele des Hochwasserrisikomanage- Hochwasserschutzplans Weser war ments sowie die hierfür festgeleg- die sogenannte 3-Säulen-Strategie ten Maßnahmen zur Zielerreichung der LAWA (Hochwasserflächenma- dargestellt und festgelegt. nagement, Hochwasservorsorge Abb. 3.1: Hochwasserrisikomanagement-Zyklus (LAWA, 2013a) 20
Vermeidung Schutz Überschwemmungsgebiete sind Flächenvorsorge Natürlicher Wasserrückhalt „Gebiete zwischen oberirdischen Ge- Natürliche Wasserrückhaltemaßnah- wässern und Deichen oder Hochufern Ziel der Flächenvorsorge ist es, men (NWRM) sind multifunktionale und sonstige Gebiete, die bei Hoch- dem Hochwasser die natürlichen wasser überschwemmt oder durch- Überflutungsräume zu erhalten, Maßnahmen, die darauf abzielen, flossen oder die für Hochwasserent- dem Wasser Flächen zur unschädli- Wasserressourcen zu schützen, lastung oder Rückhaltung beansprucht chen Ausbreitung zur Verfügung zu indem natürliche Mittel und Prozes- werden.“ (§ 76 Absatz 1 WHG). stellen und die Nutzung betroffener se wie z. B. die Wiederherstellung Flächen verträglich mit den Anforde- von Ökosystemen genutzt werden. rungen des Hochwasserschutzes in Die Rückführung ausgebauter und Übereinstimmung zu bringen. Dies veränderter Auen und Gewässer ist bisher zum Teil rechtlich durch in einen naturnahen Zustand dient die Ausweisung von Überschwem- in erster Linie der Verbesserung mungsgebieten erreicht worden. der Gewässerstrukturen und des Ist ein Überschwemmungsgebiet ökologischen Zustands. Ein weite- festgesetzt, gelten Einschränkun- rer wichtiger Nebeneffekt ist der gen für die Flächennutzung. Dies positive Einfluss auf das Abflussver- betrifft z. B. die Durchführung von halten der Gewässer. Vor diesem Hintergrund kommt somit auch Hochwasser in der Hunteaue bei Huntlosen, Baumaßnahmen, das Ausweisen März 2018 von Baugebieten, das Lagern von den zahlreichen Maßnahmen zur wassergefährdenden Stoffen, die Renaturierung der Fließgewässer Errichtung von Abflusshindernissen und Auen in der Flussgebietseinheit oder die Umwandlung von Grün- Weser eine Bedeutung im Rahmen land in Ackerland (§§ 78 und 78a des Hochwasserschutzes zu. Insbe- WHG). sondere hier werden Synergien mit Maßnahmen aus der der Europäi- Bauvorsorge schen Wasserrahmenrichtlinie (EG- Die Bauvorsorge umfasst den wich- WRRL) genutzt. tigen Bereich der Eigenvorsorge von Anwohnern und Betrieben in poten- tiellen Überschwemmungsgebie- ten. Die Bauvorsorge hat das Ziel, mittels angepasster Planung und Bauweise oder mittels Maßnahmen der Abdichtung und Abschirmung mögliche Schäden zu minimieren. Weitergehende Informationen und Hinweise zur Bauvorsorge finden sich in der Hochwasserfibel des Bundes (https://www.fib-bund.de/Inhalt/The- men/Hochwasser/2015-03_Hoch- wasserschutzfibel_final_bf_CPS_ red_Onlinefassung.pdf). 21
Technischer Hochwasserschutz (z. B. Rückhaltebecken, Stauseen, Talsperren, Flutpolder). Dabei unter- Unter technischem Hochwasser- scheidet sich die Größe und Anzahl schutz werden Bauwerke verstan- der Anlagen naturgegeben zwi- den, die entweder direkt ein Objekt schen dem Küstenbereich und dem vor dem ansteigenden Wasser Binnenland. Im Binnenland sind die schützen (z. B. Ufermauern, Ver- Hochwasserschutzanlagen vielfälti- wallungen, Deiche, Querschnitts- ger und umfassen je nach Standort erweiterungen), oder indirekt den z. B. Deiche, Schutzmauern, aber Anstieg des Hochwassers durch auch Rückhaltebecken und Talsper- temporären Rückhalt verzögern ren (Abb. 3.2; Tab. 3.1). Daneben sind viele Ortslagen durch Teilraum Rückhalteanlage (Hochwasserschutzraum) Hochwasserschutzdeiche bzw. -mauern vor lokalen Hochwasserer- Hochwasserrückhaltebecken Ratscher (4,5 Mio. m³) eignissen geschützt. Werra Hochwasserrückhaltebecken Grimmelshausen (1,75 Mio. m³) Der Schutz der Küstenniederungen Trinkwassertalsperre Schönbrunn (bis zu 7,25 Mio. m³) vor Sturmfluten hat an der Weser wie auch in anderen Flusseinzugs- Edertalsperre (bis zu 74,3 Mio. m³, jedoch nur zeitweise) gebieten mit Küstenanschluss eine 3 Stauanlagen im Einzugsgebiet der Schwalm (15,6 Mio. m³) große Bedeutung und Tradition. So Haunetalsperre (2,9 Mio. m³) wird insgesamt an der Festlands- Fulda/Diemel küste ein ca. 2.900 km² großes Twistetalsperre (5,6 Mio. m³) Gebiet als wichtiger Siedlungs- und Hochwasserrückhaltebecken Ehringen (1,43 Mio. m³) Wirtschaftsraum durch Deiche vor Diemeltalsperre (bis zu 7 Mio. m³, jedoch nur zeitweise) Überflutungen durch Sturmfluten geschützt. Hochwasserrückhaltebecken Löhne an der Werre (3,6 Mio. m³) Hochwasserrückhaltebecken Bad Salzuflen an der Bega (2,8 Mio. m³) Ober- und Hochwasserrückhaltebecken Fischbeck am Nährenbach (0,9 Mio. m³) Mittelweser Emmertalsperre (1,59 Mio. m³) Hochwasserrückhaltebecken Bustedt (0,46 Mio. m³) Hochwasserrückhaltebecken Salzderhelden (37 Mio. m³) Odertalsperre (Sommer 3 Mio. m³, Winter: 5 Mio. m³) Leine Sösetalsperre (Sommer: 1,5 Mio. m³; Winter: 4,5 Mio. m³) Innerstetalsperre (4,26 Mio. m³) Granetalsperre (2 Mio. m³) Eckertalsperre (Sommer: 1 Mio. m³; Winter: 2 Mio. m³) Aller Okertalsperre (5 Mio. m³) Unterweser/ Hochwasserrückhaltebecken Delmenhorst (1,8 Mio. m³) Küste Tab. 3.1: Ausgewählte Hochwasserrückhalteanlagen in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 30.04.2018) 22
Abb. 3.2: Ausgewählte Hochwasserschutzanlagen in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 30.04.2018) 23
Vorsorge Die bestehenden Hochwasser- vorhersagedienste werden von Ein umfassender Hochwasser- den jeweils zuständigen Ländern schutz beinhaltet auch eine wei- und soweit Bundeswasserstraßen tergehende Hochwasservorsorge. betroffen sind, in Zusammenarbeit Diese umfasst die Einzelstrategien mit der Wasser- und Schifffahrts- Informationsvorsorge, Gefahren- verwaltung (WSV), betrieben. Alle abwehr und Katastrophenschutz, Hochwasservorhersagen beruhen Niederschlagsvorhersage vom DWD Verhaltensvorsorge sowie Risikovor- auf numerischen Berechnungen sorge. mit entsprechend entwickelten Informationsvorsorge Niederschlags-Abfluss- bzw. Wellen- ablaufmodellen. Jedes beteiligte In der Flussgebietseinheit Weser Bundesland hat entsprechende sind für alle Einzugsgebiete sowie Meldestufen festgelegt, bei deren den Küstengewässern Hochwas- Überschreitungen die zuständigen servorhersagedienste eingerichtet, Stellen in den Landkreisen War- die laufend aktualisiert und erwei- nungen an die Bevölkerung sowie tert werden (Abb. 3.3). Ausnah- gegebenenfalls an den Katastro- me bildet der Teilraum Ober- und phenschutz ausgeben. Weiterhin Mittelweser. Da hierfür derzeit haben alle Länder Meldewege zur kein Hochwasservorhersagemodell Information der Nachbarländer betrieben wird, wurde ein Konzept eingerichtet. zur Entwicklung einer operationel- len Hochwasservorhersage an der Für eine Gesamtübersicht über Weser erstellt. Aufbauend auf die- Hochwassergefahren in Deutsch- sem Konzept befindet sich derzeit land werden zusätzlich zu den eine Verwaltungsvereinbarung zur einzelnen Länderportalen sämtliche Hochwasservorhersage für die Bun- hochwasserrelevanten Daten im deswasserstraßen der Ober- und länderübergreifenden Hochwasser- Mittelweser in der Vorbereitung. portal (LHP) der Öffentlichkeit über das Internet verfügbar gemacht (www.hochwasserzentralen.de). Hochwasser in Rhüden an der Nette, April 2018 24
Abb. 3.3: Stand Hochwasser- und Sturmflutvorhersage in der Flussgebietseinheit Weser (Stand: 17.10.2018) 25
Gefahrenabwehr und Katastro- Verhaltensvorsorge abhängig von phenschutz den vorher beschriebenen rechtzei- tigen Hochwasserwarn-, Informa- In der Gefahren- und Katastrophen- tions- und Meldediensten, um ein abwehr werden während eines planvolles Handeln vor und wäh- Hochwasserereignisses Maßnah- rend des Hochwassers zu gewähr- men ergriffen, um Gefährdungen leisten. Erfahrungen aus kleineren für Leib und Leben, Gesundheit, Hochwasserereignissen der letzten erhebliche Sachwerte und Umwelt Jahre zeigen, dass bei Gewässern abzuwehren. Neben der unmittel- Hochwassersituation in Braunschweig (Mittelriede), mit entsprechend großen Vor- baren Gefahrenabwehr sind auch Mai 2018 warnzeiten durchaus Maßnahmen vorbereitende Maßnahmen, wie z. der Verhaltensvorsorge ergriffen B. Aufstellung von Katastrophenplä- werden können. Dies betrifft neben nen und Einrichtung bzw. Unterhal- vereinzelten Ansatzpunkten der tung sowie die regelmäßige Übung privaten Verhaltensvorsorge vor von entsprechenden Organisations- allem die professionelle Begleitung strukturen notwendig. von Hochwasserereignissen durch Bund und Länder stützen sich hier örtliche ehrenamtliche und haupt- auf die bekannten Organisationen amtliche Katastrophenschutzorgani- im Katastrophenschutz in Deutsch- sationen. land. Hier sind insbesondere Feuer- Risikovorsorge Hochwassersituation in Braunschweig, Mai 2018 wehren, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW), Deutsche Lebens- Die Risikovorsorge ist die finanzi- Rettungs-Gesellschaft (DLRG), elle Vorsorge durch Rücklagen und Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Versicherungen (Elementarschutz- Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), versicherung), für den Fall, dass Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und trotz aller vorgenannten Strategien Malteser-Hilfsdienst (MHD) zu nen- ein Hochwasserschaden eintritt. Zur nen. Wie bereits bei vergangenen Erhöhung der Versicherungsdichte katastrophalen Hochwasserereig- und zur ergänzenden Information nissen wie z. B. im Sommer 2013 der Öffentlichkeit kooperieren die geschehen, kann die Bundesregie- Bundesländer mit dem Gesamtver- rung auch die Bundeswehr mit Auf- band der deutschen Versicherungs- gaben des Katastrophenschutzes wirtschaft (GDV). Ziel ist die Regu- beauftragen. lierung möglicher Schäden durch Versicherungen und nicht durch Verhaltensvorsorge staatliche Hilfen. Im Rahmen der Verhaltensvorsorge wird vor anlaufenden Hochwassern und Sturmfluten gewarnt, um die Zeiträume zwischen dem Anlau- fen eines Hochwassers und dem Eintritt der kritischen Hochwasser- stände durch konkretes schaden- minderndes Handeln zu nutzen. In diesem Zusammenhang ist die 26
Wiederherstellung/Regene- und ideellen Schäden inkl. Umwelt- ration schäden sowie die Abschätzung der von den Schäden ausgehenden Ge- Maßnahmen zur Wiederherstellung fahren (Gewässerverschmutzung, / Regeneration greifen nach einem Sediment, etc.). Hochwasserereignis und umfassen alle Maßnahmen der Schadens- nachsorge. Sie betreffen vor allem die Überwindung der Folgen für den Einzelnen und die Gesellschaft sowie die Beseitigung von Umwelt- schäden. Darunter fallen u. a. Auf- räum- und Wiederherstellungsakti- vitäten (Gebäude, Infrastruktur, etc.) sowie unterstützende Maßnahmen zur Wiederherstellung und dem Erhalt der körperlichen Gesundheit und dem geistigen Wohlbefinden, einschließlich Stressbewältigung und Katastrophenhilfe. Regeneration nach einem Hochwas- serereignis beinhaltet die Auswer- tung des Ereignisses hinsichtlich Arbeit der Hochwassereinsatzstäbe, Kooperation mit den Krisenstäben Hochwasser in der Leineniederung Salzderhelden, Juli 2017 des Landes und der Landkreise, Hochwasserwarn- und -alarmdienst, Steuerung ausgewählter Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken, Betrieb landeseigener wasser- wirtschaftlicher Anlagen, Einsatz von Fachberatern vor Ort sowie die Ableitung und Umsetzung von Schlussfolgerungen. Regeneration umfasst zudem die Aufstellung und Realisierung einer Nachsorgeplanung, die geeignet ist, so rasch wie möglich zum normalen Alltag zurückzukehren. Eine solche Planung enthält u. a. die Ent- sorgung unbrauchbar gewordener Einrichtungen und Gegenstände, die Notversorgung mit Trinkwasser, Lebensmitteln, Heizmaterial, Strom etc., die Aufnahme von materiellen 27
Gewässer und Hochwassertypen Im Binnenland wird das gesamte Oberflächengewässern und in Pluvial kommt aus dem lateinischen Gewässernetz innerhalb der Fluss- Küstengebieten. Viele Siedlungs- pluvialis und bedeutet regenbringend. gebietseinheit Weser betrachtet. und Ballungsräume sowie Indus- Im Fokus stehen dabei gewöhnlich trie- und Gewerbegebiete finden Konvektive Niederschlagsereignisse Gewässer mit einem Einzugsgebiet sich an Fließgewässern, Seen oder sind kleinräumige meist schauerartig >10 km², da diese in der Regel nicht auch in Küstengebieten. So können stattfindende durch Konvektion (ver- in der Lage sind, Hochwasserab- durch ein Hochwasser signifikante tikale Luftbewegung) hervorgerufene flüsse ohne Ausuferung abführen nachteilige Auswirkungen auf die Niederschlag. Sie treten häufig an der zu können und an denen insoweit Schutzgüter menschliche Gesund- Vorderseite von Kaltfronten auf. nachteilige Auswirkungen nicht von heit, Umwelt, Kulturerbe, wirt- vornherein ausgeschlossen werden schaftliche Tätigkeiten und erhebli- können. Insbesondere dann, wenn che Sachwerte entstehen. durch historische Hochwasser Überflutung durch Oberflächen- besonders signifikante Schäden abfluss (pluvial) bereits dokumentiert sind. Starkregenereignisse sind als gene- Gewässer mit Einzugsgebieten von relles Risiko, aber nicht als signifi- weniger als 10 km² sind dagegen kantes Hochwasserrisiko im Sinne überwiegend in der Lage, Hoch- des § 73 Abs. 1 WHG einzustufen. wasserabflüsse im Gewässerprofil Konvektive Niederschlagsereignis- ohne Ausuferung abzuführen. In se mit hohen Niederschlagshöhen Gewässern, bei denen dies im und hohen Intensitäten können Einzelfall nicht der Fall war bzw. grundsätzlich überall in Deutschland eine Signifikanz bei der Bewertung auftreten und wirken sich räum- festgestellt wurde, wurden in die lich aber nur stark begrenzt aus. weiteren Umsetzungsschritte ein- Außerdem kann die Wahrschein- bezogen. lichkeit des Eintretens für einen Im Küstengebiet werden die spezifischen Ort nicht hinreichend deichgeschützten Gebiete als statistisch abgesichert angegeben Risikogebiete im Sinne des WHG werden. Dieser Hochwassertyp dargestellt, da hier grundsätzlich ein verursacht in der Regel erst dann si- Hochwasserrisiko vor Sturmfluten gnifikante Hochwasserrisiken, wenn besteht. sich die Oberflächenabflüsse in Gewässern sammeln. Diese Ereig- Bei der Bewertung des Hochwas- nisse wurden nicht direkt betrach- serrisikos werden unterschiedliche tet, sondern sind implizit über die Hochwassertypen betrachtet und Betrachtung von Hochwasserrisiken auf ihre Signifikanz untersucht: an den oberirdischen Gewässern Überflutungen entlang von Ober- berücksichtigt. flächengewässern und in Küsten- Um vergangenen Starkregenereig- gebieten nissen Rechnung zu tragen, werden Der Schwerpunkt der vorläufigen präventive Maßnahmen zum Stark- Bewertung liegt bei der Betrach- regenmanagement – insbesondere tung von potenziellen Risiken die, die Synergien beim Umgang durch Überflutungen entlang von mit Flusshochwasser aufweisen – 28
im Rahmen der Überprüfung und Überflutungen durch zu Tage Aktualisierung der Hochwasserri- tretendes Grundwasser Hochwasser mit niedriger Wahr- sikomanagementpläne (HWRM- scheinlichkeit sind Ereignisse mit Zu Tage tretendes Grundwasser Pläne) für die kommunale Ebene einem Wiederkehrintervall von min- könnte räumlich und zeitlich be- destens 200 Jahren. angeregt. grenzt nur in einigen wenigen Ge- Das Wiederkehrintervall beschreibt Überflutungen durch Versagen wässerabschnitten ein relevantes den Zeitraum, in dem ein bestimmtes wasserwirtschaftlicher Anlagen Ausmaß erreichen, um signifikante (Hochwasser-) Ereignis statistisch nachteilige Folgen für die Schutzgü- gesehen erreicht oder überschritten Das Risiko des Versagens wasser- ter verursachen zu können. Diese wird. Beispielsweise hat das HQ100 ein wirtschaftlicher Stauanlagen wird in Risiken werden von den Hochwas- Wiederkehrintervall von 100 Jahren. Im Deutschland durch hohe Anforde- serrisiken durch die Oberflächen- statistischen Mittel über einen langen rungen an Planung, Bau, Unterhal- gewässer überlagert und deshalb Zeitraum wird dieses Ereignis also tung und Kontrolle sowie das ohne einmal in einhundert Jahren eintreten. nicht gesondert betrachtet. hin sehr hohe Schutzniveau der Anlagen begrenzt. Die Wahrschein- Ergänzend wird die Auswertung vor- lichkeit des Versagens liegt deutlich liegender Erfahrungen und Berichte unter den Hochwasserereignissen über Schadensfälle durch zu Tage mit niedriger Wahrscheinlichkeit an tretendes Grundwasser der Vergan- den Oberflächengewässern. Dieser genheit und ggf. die Auswertung Hochwassertyp ist deshalb nicht von Flurabstandskarten empfohlen. signifikant und wird im Rahmen Sofern sich daraus zusätzliche signi- der Risikobewertung nicht weiter fikante Risikogebiete ergeben, wer- untersucht. den diese ergänzend dargestellt. Überflutungen durch die Überlas- Von den oben betrachteten tung von Abwassersystemen Hochwassertypen sind in der Flussgebietseinheit Weser allein Gemäß § 72 Satz 2 WHG sind Über- Überflutungen entlang von Oberflä- schwemmungen aus Abwasseran- chengewässern und in Küstenge- lagen von der Begriffsbestimmung bieten als signifikantes Hochwas- für Hochwasser ausgenommen. serrisiko im Sinne des § 73 Abs. 1 Abflüsse aus Abwasseranlagen und WHG einzustufen. Dementspre- aus der Niederschlagsentwässe- chend sind die Risikogebiete in der rung befestigter Flächen sind in die FGG Weser auch nur entlang von Hochwasserereignisse mit einbe- Oberflächengewässern und in Küs- rechnet. Sie sind bei der Bewertung tengebieten zu finden. des Hochwasserrisikos also berück- sichtigt. Nicht beachtet wird demge- genüber der Rückstau aus dem Ka- nalnetz in innerörtlichen Bereichen, der aus Niederschlagsereignissen resultiert, die über das Ereignis hin- ausgehen, das der Bemessung des Kanalnetzes zugrunde liegt. 29
Beschreibung vergangener Hochwasser sowie deren signifikanten nachteiligen Auswirkungen Gemäß § 73 Absatz 2 WHG (Ar- beschreiben die hierzu führenden In eintausend Jahren kommt ein tikel 4 Absatz 2b EG-HWRM-RL) meteorologischen Bedingungen, die 100-jährliches Hochwasser (HQ100) werden auf der Basis der in den Jährlichkeit und Dauer des Hoch- statistisch gesehen zehnmal vor. Zwi- Landesverwaltungen vorhandenen wassers sowie ggf. das Erreichen schen zwei Ereignissen können aber leicht verfügbaren Informationen spezifischer Hochwassermarken weniger oder auch mehr als einhundert die vergangenen Hochwasserer- diese Ereignisse. Jahre liegen. Ein HQ100 bezeichnet also eignisse dokumentiert, die signi- ein Hochwasserereignis, das innerhalb Seit der vorläufigen Bewertung des fikante nachteilige Auswirkungen des ausgewerteten Zeitraumes sta- Hochwasserrisikos und der Risiko- auf die Schutzgüter hatten. Soweit tistisch gesehen einmal in einhundert gebiete im Jahr 2011 ereigneten Jahren auftritt. bekannt, werden zu diesen Ereig- sich in der Flussgebietseinheit We- nissen die Auswirkungen auf die ser mehrere signifikante Hochwas- menschliche Gesundheit, Umwelt, serereignisse in Fließgewässern Kulturerbe, wirtschaftliche Tätig- und eines in den Küstengewässern. keiten und erhebliche Sachwerte beschrieben. Dabei wird unterschie- Das Hochwasser vom Mai und den nach Hochwasserereignissen Juni 2013 wurde durch ungewöhn- in Fließgewässern und in Küsten- lich hohe Niederschlagsmengen gewässern. Hydrologisch interes- ausgelöst. Dadurch entstanden sant bei der Bewertung sind dabei in der gesamten Bundesrepublik Informationen zu Ursprung, Mecha- Deutschland teilweise katastrophale nismen und Charakteristik eines Hochwassersituationen mit Milliar- Binnenhochwasser bei Bremen mit Blick auf Hochwasserereignisses. denschäden. Von den Flussgebiets- die A1, Januar 2018 einheiten war die Weser die erste, Die Analysen der vergangenen in der diese Ereignisse stattfanden. Hochwasser zeigen grundsätzliche Betroffen waren vor allem die Charakteristika, die zur Abschätzung Werra, Aller, Leine, Oker, Innerste der Signifikanz der nachteiligen und deren Zuläufe sowie die Weser. Folgen genutzt werden können. Sie Dabei überschritten im Gesamt- haben in der Regel mindestens eine einzugsgebiet der Aller, Leine und regionale räumliche Ausdehnung, Oker 25 von 38 Hochwassermel- die Auftretenswahrscheinlichkeit ist depegeln die Meldestufe 3. In den mindestens mittel, und es liegt eine Zuläufen wurden teilweise Hoch- mittlere bis intensive Siedlungsdich- wasserspitzenabflüsse bis zu einem te vor. HQ100 gemessen. Die übrigen Sturmflut bei Bremen, Oktober 2017 Für den derzeitigen Berichtszeit- Gewässer blieben auf hohem, aber raum werden die Hochwasserer- unkritischen Niveau bei etwa einem eignisse beschrieben, die nach der HQ10. (Quelle: BfG, 2014, NLWKN, vorläufi-gen Bewertung des Hoch- 2013, TLUG, 2013) wasserrisikos und der Risikogebiete Im Dezember 2013 traf das Orkan- abgelaufen sind. Sie werden unter tief Xaver auf die deutsche Küs- Nennung des überschwemmten te. Bereits frühzeitig wurde eine Gebietes mit den dort betroffenen Sturmwarnung vor einer schweren Personen, Gebäuden, Nutzungen bis sehr schweren Sturmflut (2,50 sowie dem durch das Hochwas- bis 3,50 m über dem mittleren ser verursachten Schaden darge- Hochwasser) herausgegeben. stellt. Neben den Auswirkungen 30
Da der Sturm nur sehr langsam schlagsmengen im Juli 2017 kam abebbte, brachte auch die nächste es im Einzugsgebiet der Leine und Signifikantes Hochwasserrisiko - ein Flut eine Sturmflut, die nur knapp Oker zu katastrophalen Hochwas- Hochwasserrisiko wird als signifikant das Kriterium einer schweren serauswirkungen mit Schäden bewertet, wenn die Schäden eines Hoch- Sturmflut verfehlte. Aufgrund der in in Millionenhöhe. Besonders im wassers die Signifikanzgrenzen für die den letzten Jahrzehnten wesentlich Schutzgüter überschreiten. Umfeld des Harzes entstanden verbesserten Küstenschutzanlagen, durch andauernde Niederschläge die inzwischen für weitaus höhe- erhebliche Schäden sowohl an re Wasserstände ausgelegt sind, privaten Gebäuden als auch an der hielten sich die Auswirkungen der öffentlichen Infrastruktur und auf Sturmflut in Grenzen. Große Schä- landwirtschaftlichen Produktionsflä- den hatten allerdings einige Inseln chen. Überdurchschnittlich betroffen zu verzeichnen, die zum Teil erhebli- waren die Landkreise Goslar, Hil- che Landverluste erleiden mussten. desheim und Wolfenbüttel. Neben In Bremen wurden teilweise Gebie- den enormen Wassermassen te vor der Hochwasserschutzlinie stellten aber auch das Versagen von evakuiert. (Quelle: Sävert & Laps, Brücken und Durchlässen durch Ge- Hochwasser der Ilse in Ilsenburg, Juli 2017 2013) schiebe, Geröll und Verklausungen In den Jahren 2014 und 2017 (hier wesentliche Probleme für die Scha- vom 24. bis 26. Juli) ereigneten sich densausmaße in allen betroffenen außergewöhnliche sommerliche Gewässern dar. An den Unterläufen Starkregenereignisse. Aufgrund der der großen Vorfluter Oker, Leine unmittelbaren Lage des Einzugsge- und Aller hielten sich die Hoch- bietes des Suenbachs am Nord- wasserschäden weitestgehend in hang des Brockens führten diese Grenzen. So beschränkten sich die zu beträchtlichen Überflutungen im extremen Schadenssummen in ers- Stadtgebiet Ilsenburg. In Ilsenburg ter Linie auf die Region des Harzes mündet der Suenbach in die Ilse, und des Harzvorlandes. Ebenso wie die bereits im ersten Umsetzungs- schon beim Hochwasser von 2013 zeitraum als Risikogewässer ausge- und den Sturzfluten von 2016 in wiesen wurde. Bereits zu diesem Braunsbach in Baden-Württemberg Zeitpunkt wurde die Relevanz des und Simbach in Bayern löste eine Suenbachs für ein nachhaltiges Großwetterlage „Tief Mitteleuropa“ Hochwasser der Innerste an der Domäne Marien- Hochwasserrisikomanagement diese Ereignisse aus. An 16 Hoch- burg in Itzum, Juli 2017 deutlich. Die beobachteten Ereig- wassermeldepegeln wurde die nisse bestätigten diese Erkennt- höchste Meldestufe erreicht. Au- nisse. Der unmittelbar an die Stadt ßerdem wurden an fünf Pegeln die grenzende Nationalpark sowie die bisherigen Hochwasserrekordmar- historisch gewachsenen Kanalisie- ken zum Teil deutlich überschritten. rungen und Kunstteiche führen zu An manchen Zuläufen zur Innerste einer besonderen Herausforderung wurden Jährlichkeiten von 100 an den Hochwasserschutz. (Quelle: Jahren erreicht bzw. überschritten. LHW, 2018) Nach ersten Auswertungen lag der Hochwasserabfluss an einem Pegel Aufgrund eines dreitägigen Dau- an der Oker sogar bei etwa einem erregens mit sehr hohen Nieder- HQ200. (Quelle: (NLWKN, 2017) 31
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