KonZENTRATION _Auftritt und Rückzug Kuratiert von Tanja Prušnik - MAI BIS OKTOBER 21 STIFT MILLSTATT - millstART

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KonZENTRATION _Auftritt und Rückzug Kuratiert von Tanja Prušnik - MAI BIS OKTOBER 21 STIFT MILLSTATT - millstART
28. MAI BIS OKTOBER 21
STIFT MILLSTATT

konZENTRATION
              _Auftritt und Rückzug
                         Kuratiert von Tanja Prušnik
KonZENTRATION _Auftritt und Rückzug Kuratiert von Tanja Prušnik - MAI BIS OKTOBER 21 STIFT MILLSTATT - millstART
©Victoria Coeln / Bildrecht, Wien 2021
KonZENTRATION _Auftritt und Rückzug Kuratiert von Tanja Prušnik - MAI BIS OKTOBER 21 STIFT MILLSTATT - millstART
INHALT
Liebe Besucherinnen und Besucher
                                          Vorworte | Begrüßungen | Einführung             ab Seite 4
von millstART. Der vorliegende Kata-
log soll Ihnen ein zuverlässiger, hand-   Plan der millstART-Ausstellung                    Seite 12
licher Begleiter durch die Ausstellung
                                          Ausstellungorte | Künstlerinnen und Künstler   ab Seite 14
konZENTRATION_Auftritt und Rück-
zug sein. Wir haben die Abfolge der       Programmpunkte                                 ab Seite 74
Ausstellungsorte und KünstlerInnen an     Sponsoren und Förderer                         ab Seite 82
die geführten Touren angepasst, damit
Sie keinen der vielen Höhepunkte ver-     Impressum                                         Seite 87
passen.

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KonZENTRATION _Auftritt und Rückzug Kuratiert von Tanja Prušnik - MAI BIS OKTOBER 21 STIFT MILLSTATT - millstART
LIEBE BESUCHERINNEN DES PROGRAMMS millstART 2021,

der Vorstand des Vereins millstART begrüßt Sie aus dem schö-    Im zweiten Corona Kunstsommers ist das Zeil des Vereins,
nen Stiftsinnenhof und heißt Sie bei der Ausstellung „konZEN-   eine Ausstellung zu präsentieren, die aktuell ist und Themen
TRATION_Auftritt und Rückzug“ herzlich willkommen!              aufgreift, die KünstlerInnen, BewohnerInnen von Millstatt und
                                                                der Region sowie Sie -die BesucherInnen- bewegen. Es soll ein
Das Konzept des Vereins - nun im vierten Jahr − hat sich wei-
                                                                Forum der Begegnung, der gemeinsamen Auseinandersetzung,
terentwickelt. Die Fokussierung sowohl im Umfang als auch
                                                                des Hinterfragens geschaffen werden. Jede/r Kunstinteressierte
in der Anzahl der teilnehmenden KünstlerInnen sowie die
                                                                erhält Zugang zu vielfältiger Kunst in hoher Qualität. Der ein-
konZENTRIERTE Präsentation der Werke in und um das Stift
                                                                trittsfreie Zugang über einen langen Zeitraum lädt immer wie-
wird fortgeführt. Der Rundweg durch das Stift und die Stifts-
                                                                der zum Besuch ein.
kirche kann bequem zu Fuß erkundet werden. Das Fahrrad und
die sportliche Komponente haben wir damit hinter uns gelas-     Wir bedanken uns vorab für die Einhaltung geltender Corona-
sen. Folgerichtig wurden der Name und das Logo dem weiter-      bestimmungen. Denn nur in gemeinsamer Anstrengung halten
entwickelten Konzept angepasst.                                 wir Kunst und Kultur offen.

Der Name ist Programm: Nämlich Kunst in Millstatt – eben        Herzlichst Anette Lang
„millstART“.
KonZENTRATION _Auftritt und Rückzug Kuratiert von Tanja Prušnik - MAI BIS OKTOBER 21 STIFT MILLSTATT - millstART
Verein millstART: Obfrau Stellvertreter Michael Berndl,
Schriftführerin Elisabeth Rosegger,
Präsidentin Ina Maria Lerchbaumer,
Schatzmeister Markus Steindl, Obfrau Anette Lang,
Schatzmeister Stellvertreter Anderas Nestler. V.l.n.r.
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VORWORT VON LANDESHAUPTMANN DR. PETER KAISER
Liebe Kunstinteressierte, liebe Künstlerinnen
                                                  und Rückzug”. Kunstschaffende aus Österreich,
und Künstler,
                                                  Italien, Slowenien und der Schweiz sind beteiligt.
lassen Sie mich bitte gleich zu Beginn dieses     Dieser breite Austausch und die daraus folgen-
Vorwortes sagen, wie sehr ich mich über dieses    de Reflexion sind ungemein wichtig und wertvoll.
Ausstellungsprojekt im Rahmen von millstART       Auch das ist etwas, das uns durch die Corona-
in Millstatt freue. Die Coronapandemie hat uns    Krise wieder stärker ins Bewusstsein gerückt ist.
als Menschen und Gesellschaft vor enorme He-      Danke, grazie, hvala an alle Mitwirkenden und
rausforderungen gestellt, hat für Entbehrungen    Verantwortlichen.
und Leid gesorgt. Das alles aufzuarbeiten wird
                                                  Millstatt und das Stift haben eine unglaubliche
noch einiges an Kraft und Zeit brauchen. Gera-
                                                  Ausdrucksstärke. Millstatt gibt durch Kunst
de Kunst und Kultur spielen für mich dabei eine
                                                  und Kultur den Menschen der Region Identi-
große und wichtige Rolle. Sie eröffnen nämlich
                                                  tät und schöpft daraus vielfältige Chancen. Ich
neue Blickweisen, zeigen auf, beFASSEN sich,
                                                  bin mir sicher, dass uns insbesondere heuer bei
motivieren, beflügeln und erfreuen Herz und
                                                  millstART in Millstatt ein unvergessliches Kunst-
Seele.
                                                  erlebnis erwartet.
Heuer geht es in Millstatt unter Kuratorin
Tanja Prušnik um „konZENTRATION_Auftritt
KonZENTRATION _Auftritt und Rückzug Kuratiert von Tanja Prušnik - MAI BIS OKTOBER 21 STIFT MILLSTATT - millstART
VORWORT VON ALEXANDER THOMA

Vincenz von Gogh sagte: „Ich kenne keine             Tanja Prušnik, Präsidentin des Künstlerhauses in
bessere Definition für das Wort Kunst als            Wien, ist die Kuratorin. Auch für sie steht der
diese: Kunst – das ist der Mensch.“                  Mensch im Vordergrund. Besonders die Solida-
Und Menschen, engagierte Menschen, braucht           rität mit und unter den KünstlerInnen in Zeiten
es, um Kunst in Millstatt wieder lebendig werden     der Pandemie.
zu lassen. Aus KUNSTradln wurde millstART. Ich       Allen KunstfreundInnen wünsche ich unver-
gratuliere dem Vorstand des Kunstvereins zu          gessliche Eindrücke, spannende Momente und
diesem überaus gelungenen Neustart. Die Aus-         interessante Begegnungen, nicht nur mit Kunst-
stellung vornehmlich heimischer KünstlerInnen        Objekten sondern auch mit den Menschen, die
ist auf das Stift konzentriert. Den MillstätterIn-   hier in Millstatt leben und arbeiten und die aus
nen und seinen Gästen wird in hoher Qualität         Millstatt das machen, was es ist, das kulturelle
ein Überblick über die Kunst im Alpen Adria          Zentrum Oberkärntens.
Raum gegeben. Workshops, Filmvorführungen
und Performances runden das Angebot ab.              Ihr Alexander Thoma, Bürgermeister Millstatt

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KonZENTRATION _Auftritt und Rückzug Kuratiert von Tanja Prušnik - MAI BIS OKTOBER 21 STIFT MILLSTATT - millstART
„KONZENTRATION_AUFTRITT UND RÜCKZUG”, TANJA PRUŠNIK
Dobrodošla v Millstattu – ein Willkommen in Millstatt             Eine neue kuratorische Ausrichtung gibt den Weg vor. Der
                                                                  gegenwärtigen Situation entsprechend ergibt dies einen neuen
Mit großer Dankbarkeit darf ich das besonders herzlich aus-
                                                                  Fokus auf eine konzentrierte Präsentation. Der Name des Pro-
gefallene Willkommen und Vertrauen in und um Millstatt und
                                                                  gramms und des Vereins wird dem Projekt- und den dazugehö-
seiner Umgebung annehmen. Gerade in dieser schwierigen Zeit
                                                                  rigen Programminhalten angepasst.
mit all ihren Einschränkungen und Umstellungen sehe ich es
als großes Privileg an, tun zu dürfen, was man besonders gerne    Der Anspruch an das Programm ist, dass es ein bewegliches
macht – neben der Beschäftigung mit der eigenen Produk-           und rundes Konzept ist, das Spielraum offenlassen soll. Solida-
tion von Kunst sich auch gemeinsam mit und für KollegInnen        rität mit und unter den KünstlerInnen steht dabei im Vorder-
aus dem Kunst- und Kulturbereich neue Handlungsräume an-          grund, das Eingehen auf die räumliche und gesellschaftsrelevan-
zueignen und umzusetzen, was in diesen, von mir interpretiert,    te Situation steht im Fokus.
umgesetzt werden kann. Die uneingeschränkte Unterstützung
                                                                  Zielsetzung ist es, den Kunst-Standort Millstatt durch eine in
seitens des Vereinsvorstandes und der Vereinsmitglieder, den
                                                                  sich schlüssige Ausstellung zu stärken, den BewohnerInnen der
vielzähligen Unterstützern und Helfern, der Kulturabteilung des
                                                                  Umgebung und deren Gästen in hoher Qualität einen Über-
Landes Kärnten und besonders der KünstlerInnen zeugt von
                                                                  blick auf den Letztstand der bildenden Kunst im Alpen Adria
großem Interesse und Überzeugung an dieser Arbeit.
KonZENTRATION _Auftritt und Rückzug Kuratiert von Tanja Prušnik - MAI BIS OKTOBER 21 STIFT MILLSTATT - millstART
Raum und weit darüber hinaus zu geben. Der di-      als erweiterte Plattform bietet Kunst-Filme und
rekte Austausch der KünstlerInnen untereinander     Performanceabende, Kunstgespräche, Artist in
trägt die Idee durch Vernetzung weit über diese     Residence und eine neu interpretierte Präsenta-
Region hinaus.                                      tionspraxis: die Galerie in Progress. Profund und
                                                    mit Herz geführte Vermittlung für BesucherInnen
Das mittlerweile etablierte Kunstprojekt bietet
                                                    und Schulklassen, sofern dies uneingeschränkt
2021 zahlreiche Impulse in neuer Ausrichtung.
                                                    möglich ist, ist Teil des Angebots.
Ungefähr 200 Kunstwerke werden von über 29
national und international renommierter Künstle-    Die Stiftskirche erhält als eingebundener Austra-
rInnen aus dem Alpen Adria Raum, sowie dem an-      gungsort einen besonderen Stellenwert – sie ist
grenzenden In- und Ausland, präsentiert.            erstmalig an der Langen Nacht der Kirche betei-
                                                    ligt und wird darüber hinaus zum ersten Mal von
Ihre Aussagen sind mittels Malerei, Licht, Skulp-
                                                    Diözesanbischof Dr. Josef Marketz aus diesem
tur, Landart, Grafik, Crossover/Contemporary,
                                                    Anlass besucht.
Film, Fotografie und Performance interdisziplinär
formuliert. Ein umfangreiches Programmangebot

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KonZENTRATION _Auftritt und Rückzug Kuratiert von Tanja Prušnik - MAI BIS OKTOBER 21 STIFT MILLSTATT - millstART
DIE KÜNSTLERIN, DIE BETRACHTERIN UND DIE EIGENE REALITÄT
„konZENTRATION_ Auftritt und Rückzug ” stellt eine indivi-        Gesehen- und Wahrgenommenwerden und künstlerische War-
duelle künstlerische Untersuchung dessen dar, was denn eine       tezonen prägten die vergangene Zeit.
Verschiebung in unserem doch so vorgegebenen und kalkulier-
                                                                  Steigert der durch Corona erzwungene Rückzug die Erwartun-
ten Leben bedeutet. Was bedeutet sie für uns im Einzelnen,
                                                                  gen eines Auftritts, besteht damit auch die Wahrscheinlichkeit
was in der unmittelbar umgebenden Gesellschaft und Region,
                                                                  einer Depression? Die verzögerte Hysterese, also die Verän-
was in einem erweiterten Umfeld? Was produzieren unvorher-
                                                                  derung nach einem Auftritt lässt bereits unter normalen Um-
gesehene und nicht kalkulierbare Ereignisse und was tun sie mit
                                                                  ständen eine große Vielfalt an Gefühlsebenen zu. Ergibt sich
einem Werk, mit einem/r KünstlerIn, dem/der BeobachterIn?
                                                                  allerdings keine Veränderung durch öffentliche Wahrnehmung
Was geht hervor aus Rückzug, Entzug, Entziehen und Introver-
                                                                  und Verkauf, dann wächst der Widerspruch zwischen einer Er-
tiertheit, was bedeutet Einsamkeit, was, wenn daraus eine neue
                                                                  wartung, dem Wunsch nach Umsetzung und der Realität. Die
Gemeinsamkeit, ein neues Miteinander entsteht?
                                                                  Ergebnisse künstlerischer Arbeit erfahren in einem neuen,
Resultiert physische, soziale Distanzierung darin bestimmte       interdisziplinären Kontext mit interregionalem Austausch in
Motive neu zu reflektieren und sie im neuen Licht zu sehen?       einem vorgegebenen Rahmen neue Dialogprozesse. Zu sehen
Sehnen nach Gemeinschaft, Berührungen, Umarmungen, das            sind Werke, die exakt die Thematik des vergangenen Jahres auf-
nimmt, viele jedoch, deren Ursprung Jahre zurückliegen, die            die nur durch die intensive Beschäftigung der KünstlerInnen mit
Motive, ihre Symbolik und Aussagekraft sind dennoch aktueller          dem Ort entstehen konnten.
denn je.
                                                                       Ich sehe es als großes Privileg, die Durchführung des Projek-
Die Interaktion der BetrachterInnen mit den Arbeiten, ihre ganz        tes mitten im strengen Lockdown durchführen zu können, der
individuellen Betrachtungsweisen, der Umgang und die Reaktion          Austausch mit den KünstlerInnen und dem Ort sowie im Be-
auf bisweilen reflektorische Momente der Ausstellung sind es,          sonderen mit den Menschen, die das Kunstprojekt lebendig
die relevant sind. Was fühlen die BesucherInnen, wenn sie sich         machen, haben meine Gefühlswahrnehmung besonders positiv
wiederum in die durch ihre Präsentation ergebende Realität von         beeinflusst.
Werken, den gespiegelten Gefühlen begeben? Selbstreflexion
und Konfrontation mit dem eigenen Spiegelbild lassen tief in
diese Fragen eintauchen. Es ist eine Reise durch heterotopische
Räume, durch Dialoge zwischen der Umgebung und künstleri-
scher Eingebung. Es entstanden Werke und Weiterführungen,

                                                                  11
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    1                       2
IHR RUNDWEG DURCH DIE millstART AUSSTELLUNG

NR.		   AUSSTELLUNGSORT		                    TAG / NACHT		   BESCHREIBUNG
                                                                            INFOBOX
1		     Stiftswiese, Außenfassade 		                         Seite 19
                                                                              10 Uhr bis 18 Uhr
2		     Außenwand, Wiese, Treppenaufgang		                   Seite 23         In Abhängigkeit von
3		     Waschküche, Garage		                                 Seite 29         COVID-19-
                                                                              Bestimmungen,
4		     Kreuzgang, Kreuzgang-Garten		                        Seite 39         bis 20.00 Uhr.
                                                                              Die aktuellen
5		 Stiftsinnenhof		                                         Seite 45         Öffnungszeiten
                                                                              finden Sie auf
6		 Mottozimmer		                                            Seite 49
                                                                              unserer Website:
7		     Stiftskirche, Vorhalle		                             Seite 63         millstart.at
                                                                              und auf Facebook.
8		 Gewölbekeller		                                          Seite 69

9		     Fischhalle, Galerie in Progress		                    Seite 73         Abenddämmerung
                                                                              bis 01.00 Uhr.

                                                 13
EINFAHRT | AUSFAHRT
          MILLSTATT
EINFAHRT | AUSFAHRT
  MILLSTATT

Der Durst der Welt – der Durst nach Welt                                der See, steht mit seinem wunderbaren Ambiente und dem
                                                                        Umgang mit sauberem Wasser im Kontrast zur weltweit wach-
Ich sehe etwas, und bewege mich weiter, ich sehe wieder und
                                                                        senden Problematik über dessen Verfügbarkeit und ungleicher
staune, ich sehe es drei Mal und weiß! Der Erste Eindruck ist
                                                                        Verteilung.
relevant. Das Ankommen auf den ersten Blick definiert. In der
Ortseinfahrt West begrüßt uns die Installation, scheinbar direkt        Das Thema SITIS MUNDI der Durst der Welt – der Durst nach
in der Landschaft entstanden, in sparsamen, genau kalkulierten          Welt wurde für das Ausstellungsprojekt neu aufgegriffen und
Eingriffen, auf die Gegebenheiten vor Ort reagierend.                   dem aktuellen Zeitgeschehen entsprechend adaptiert. Das
                                                                        Grundrecht auf Wasser trifft auf das Grundrecht auf individu-
Halme direkt im See – Positionierung und Durchführung im Mill-
                                                                        elle Freiheit. Der Durst nach Welt steigt, nachdem unser Ra-
stätter See, 20 m vom Seeufer entfernt, bergen Herausforde-
                                                                        dius auf eine uns bisher
rungen an der konstruktiven, unsichtbaren Unterkonstruktion.
                                                                        unbekannte Weise be-
Taucher, Statiker und Wasserbiologen unterstützen uns dabei.
                                                                        grenzt ist. Begrüßung
Zzarten, schilfartige Halme schwanken leicht, erinnern an den           und eine Verabschie-
                                                                                                    KÜNSTLERIN
immer quälender werdenden Durst der außeralpinen Welt,                  dung für weitere Beg-
Wasser als eine der kostbarsten Ressourcen. Das Reservoir,              nungen.                     Gerlinde Thuma |         Seite 17

                                                                   15
EINFAHRT | AUSFAHRT
  MILLSTATT

GERLINDE THUMA

SITIS MUNDI _ der Durst der Welt − der Durst        machen und gleichzeitig auf die Mittel der Kunst
nach Welt                                           und die Wege zur Kunst − hier im Kontext zu           *1962, lebt und arbeitet
                                                    den gezeigten Arbeiten im Rahmen der millstART            in Niederösterreich.
In der Zeit der Betroffenheit und Einschränkung                                                         Studium an der Universi-
                                                    – verweisen. Die Halme stehen von Wind und
durch die Pandemie stehen wir vor SITIS MUNDI.                                                         tät für Angewandte Kunst
                                                    Wasser leicht bewegt in der Tiefe und Weite des    Wien (Maria Lassnig). Ma-
Der Durst erstreckt sich auf viele Lebensbereiche
                                                    Sees und fest wie zum Mahnmal wurzeln wollend        lerei, Graphik, Skulptur,
bis hin zum auf seine Weise lebensnotwendigen -
                                                    als weiße Ausrufezeichen in der Grünfläche vor           Environment, Anima-
dem Durst nach der Welt der Kunst. Die über-
                                                    dem Stift und an der Ortsausfahrt.                      tionsfilm, Bühnenbild,
dimensionalen Halme (Höhe etwa 6,5 m) sollen                                                            Land Art, „site specifics“.
wie Landmarks auf diese Tatsache aufmerksam         www.gerlindethuma.at                                 Ausstellungen, Projekte,
                                                                                                       Symposien und Reisen im
                                                                                                         und ins In- und Ausland.
                                                                                                         Kunstpreise und Staats-
                                                                                                                       stipendium.
                                                            17
STIFTSWIESE
   -FASSADE
STIFTSWIESE
       -FASSADE

Auftritt und Rückzug – hier erfährt die kuratorische Aussage ihre        die sich zu Ausrufezeichen strecken, auf Tatsachen aufmerksam
große Wirkung. Die Themen ähneln dabei denen der Malerei:                machend und gleichzeitig auf die Mittel der Kunst und die Wege
die Dimension der Entfernung, ein räumliches Überschreiten,              zur Kunst.
ein Arbeiten mit der Linie des Horizontes, an der sich Ebenen
                                                                         Chromotopia, wie Victoria Coeln die mehrdimensionalen Er-
brechen und Zeitverläufe angehalten werden in signifikanten
                                                                         gebnisse ihrer chromotopen Interventionen nennt, könnte auch
Momenten und Augenblicken. Auf der Stiftswiese im ehema-
                                                                         der Name einer Weltlandschaft sein, die sie von Region zu Re-
ligen Klostergarten wird dies mit der gebündelten Anordnung
                                                                         gion in ihr Licht setzt, um all die in ihr enthaltenen, sich über-
der Halme Sitis Mundis, dem Durst der Welt – der Durst nach
                                                                         lagernden und kreuzenden Wirklichkeiten sichtbar zu machen.
Welt begreifbar. Das Dursten erstreckt sich in viele Lebensbe-
                                                                         Lucas Gehrmann
reiche bis hin zum auf seine Weise lebensnotwendigen Durst
nach der Welt der Kunst. Die überdimensionalen Halme mit 5,5
m sollen wie Landmarks, fest wie zum Mahnmal wurzeln wollend                                          KÜNSTLERINNEN
in der Grünfläche vor dem Stift, wie große weiße Fragezeichen,
                                                                                                      Victoria Coeln        |       Seite 21
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                                                                    19
©Victoria Coeln / Bildrecht, Wien 2021
STIFTSWIESE
       -FASSADE

VICTORIA COELN
Die Erfahrung, dass man Dinge auch anders sehen        Aus dieser Perspektive vermitteln die Lichtinter-
kann, anders als man gewohnt war sie wahrzuneh-        ventionen von Victoria Coeln ein Plädoyer dafür,
men – dass sich die Sicht auf diese verändern kann,    Orte und die mit diesen verbundene(n) Geschich-
wenn man die Perspektive wechselt, sie aus einem       te(n) in einem anderen Licht sehen und die Pers-
                                                                                                                     *1962, lebt und
anderen Blickwinkel betrachtet, zu einem anderen       pektiven verschieben zu können.
Zeitpunkt, aus der Entfernung von ein paar Stun-                                                              arbeitet in Wien. Co-
                                                       Diachrome werden in analoge Projektoren mit            Gründerin des NIPAS
den oder Jahren – wirft ein kritisches Licht auf das
                                                       Linsensystemen eingesetzt und damit bis zu           Chromotopia | Interven-
Sehen: Offensichtlich ist das Sehen kein Garant
                                                       1000fach vergrößert. Das Linsensystem dient dazu,       tionen im öffentlichen
dafür, dass die Dinge so sind, wie man sie sieht. Es                                                       Raum, Wiener Lichtblicke
                                                       außerdem Schärfen und Unschärfen zu gestalten,
ist das Sehen selbst, das die Realität in einem be-                                                             | Menschenrechte im
                                                       ein wesentlicher Bestandteil des lichtbasierten
stimmten Licht erscheinen lässt. Das Sehen sieht                                                            Licht der Kunst 2020/21,
                                                       malerischen Prozesses. Andreas Spiegl
nur dieses Licht, unter dem sich die Dinge zeigen:                                                           CAFÉ CHROMATIQUE
                                                       www.coeln.at I www.nipas.ac.at                       | Das Wiener Kaffeehaus
                                                                                                            im Licht der Kunst 2021.

                                                               21
AUSSENWAND
          WIESE
TREPPENAUFGANG
AUSSENWAND
           WIESE
           TREPPENAUFGANG

Das Stift Millstatt zählt zu den repräsentativen romanischen            Schwerkraft ausgehebelt zu sein. Wie ein parasitäres, organisch
Bauwerken Kärntens. Der Gebäudekomplex wurde vermutlich                 fortpflanzendes Myzel ermächtigt sich seine oxidierend erschei-
um 1070 von Benediktinern gegründet. Vor dem Durchgang in               nende Skulptur. Nie ist sie angekommen, immer könnte sie sich
den inneren Stiftshof, werden die Besucher aufmerksam auf               weiter ausdehnen, sich weitere Wandfläche aneignend. Der
weitere Halme von Gerlinde Thumas Sitis Mundi. Die Besuch-              ehemalige Treppenauf-
er leitend und Orientierung gebend. Eine Reihe von Objekten             gang erweist sich heute
begleiten den hier verlaufenden Weg in und durch das Stifts-            als Schrein, einem be-
gebäude. Objekthaft sind Andreja Eržens "Windmühlen", die               sonderen Ort gleich.
ihre Aufmerksamkeit darauf richten, über Windkraft in Rotation          Verbliebene      Stufen       KÜNSTLERINNEN &
zu kommen. Die Assoziation mit tibetanischen Gebetsmühlen               führen hinauf und den-
                                                                                                      KÜSTLER
liegt nahe, und doch fern. In Jure Markotas Materialität scheint        noch nirgends hin.
                                                                                                      Andreja Eržen    |            Seite 25
                                                                                                     Jure Markota      |             Seite 27
                                                                                                     Gerlinde Thuma |                Seite 17

                                                                   23
AUSSENWAND
           WIESE
           TREPPENAUFGANG

ANDREJA ERŽEN
Ihre Arbeiten erkunden die Verbindung zwischen      Geschichten und Beziehungen, die sich zwischen
Raum und Zeit. Sie umfassen eine Vielzahl unter-    den Bildern ergeben. Das Hauptaugenmerk
schiedlicher Medien, welche nicht in der fixen      richtet sich auf einen Mix unterschiedlicher Bilder,
Vorstellung auf der Leinwand enden. Verbinden-      eine menschliche Gestalt in einer stilisierten
                                                                                                           *1969 lebt und arbeitet in
der Einsatz von Zeichnung und Malerei, übersetzt    Landschaft oder ein abstrakter Gestus unter
                                                                                                             Medvode und Kranj/Slo
in einem größeren Übergangsraum, mündet in          Verwendung einer großen Auswahl an Materialien
                                                                                                                Studium an der Aca-
der letzten Expedition mit „kinetic windmills",     und Formen. Der Prozess gestaltet sich als Zu-
                                                                                                              demy of Fine Arts and
die die Faszination für Bewegungen in der Natur     sammenspiel zwischen Ausdrucks- und Konzept-           Design Ljubljana Malerei,
repräsentieren.                                     kunst, welcher sich in einem langsamen Rhythmus         Zeichnung, Installations-
                                                    zwischen impulsiver und geplanter Arbeit bewegt.       projekten, Tiefdrucktech-
Die Gestaltung auf sehr freie Art und Weise −                                                              nik, Computeranimation,
nicht fixiert in Konventionen, ist ein wichtiger    www.andrejaerzen.com                                    Graphikdesign Nationale
Aspekt in Verbindung mit einheitlichen, stimmigen                                                          und internationale Einzel-
                                                                                                            und Gruppenausstellun-
                                                                                                                gen, Mitglied ZDSLU
                                                             25
AUSSENWAND
           WIESE
           TREPPENAUFGANG

JURE MARKOTA
Seine künstlerische Arbeit kann in den künstleri-      Besonderheit des Alltags, die nicht unbedingt mit
schen Ansatz des „Paradigmas der Datenverarbei-        seiner beruflichen Arbeit verbunden sind, sie aber
                                                                                                                  * 1985 Slovenj Gradec,
tung” oder ihrer Visualisierung gestellt werden.       beeinflussen. „Das Kunstwerk ist kurz, eine hybride
                                                                                                                      lebt und arbeitet in
Dafür ist es völlig irrelevant, wer den Prozess oder   Situation − kann ganz banal oder persönlich sein,         Kühnsdorf und Sloweni-
die Visualisierung körperlich macht. Das heißt die     Reflexion über die Zeit und Position in der Welt, die   en. Akademie der bilden-
Intervention beschränkt sich auf die bloße Kom-        er direkt moniert".                                       den Künste und Design
positionsauswahl aus Datenfragmenten und ihrer                                                                  in Ljubljana. Bildhauerei,
                                                       https://markota.si                                          Malerei, Grafikdesign,
Übersetzung in ein visuelles oder künstlerisches
                                                                                                                    Architektur und neue
Medium. Die Werke sind eine Mischung aus der
                                                                                                                  Medien. Internationale
                                                                                                                  Ausstellungen, Sympo-
                                                                                                                      sien, Wettbewerbe.

                                                                27
WASCHKÜCHE
    GARAGE
WASCHKÜCHE
                GARAGE

Ein Wirtschaftsraum des Stiftes, zuletzt als Waschküche be-             terlegen und zu bestimmten Terminen in gemeinsamer Arbeit
nutzt, gezeichnet vom Alter und der einfachen doch funktio-             zu einem Objekt zu verarbeiten. Das gemeinsame Arbeiten
nalen Ausstattung. Ein Steintrog. Ein Ofen. Tiefe Gewölbe.              bietet die Gelegenheit über das eigene Brauchen und Haben
                                                                        nachzudenken und sich mit anderen auszutauschen. Das Ob-
Angrenzend, in diesem ältesten, noch romanischen Trakt des
                                                                        jekt wächst. Und wächst. Aber auch unser Bewußtsein für das
Stiftshofes befindet sich einer der interessantesten Räume. Sei-
                                                                        Wesentliche,     meint
ne Attraktion ruht auf weitläufiger Öffenbarkeit. Schwere Dop-
                                                                        Gudrun      Lenk-Wane,
peltüren aus Holz geben dem Raum eine Art Semi-Intimität,
                                                                        deren amorphe Ge-
selbst bei geöffnetem Zustand. Als wäre tatsächlich auf Einla-
                                                                        bilde aus Übriggelasse-
dung oder gar ohne ein Fahrzeug eingestellt – oder ist es be-
                                                                        nem weiterwanden.          KÜNSTLERINNEN &
reits abgefahren? Diese Garage beherbergt ein Fahrzeug, eine
                                                                                                  KÜNSTLER
Karosserie, eine Hülle, ein Hauch davon und doch manifestiert.
Ein Stückwerk und doch ein großes Ganzes. BesucherInnen                                           Gudrun Lenk-Wane |           Seite 37
werden eingeladen Dinge, die sie nicht mehr brauchen, zu hin-                                     Oliver Marčeta   |           Seite 31
                                                                                                  Niko Sturm       |           Seite 35

                                                                   29
WASCHKÜCHE
               GARAGE

OLIVER MARČETA
Malen ist für den Grenzgänger Marčeta wohl die     permanente Perspektivenwechsel stimuliert unter-
unmittelbarste und ursprünglichste Art sich aus-   schiedliche und vielseitige Sichtweisen. Mit seinem
zudrücken und keine beherrscht er besser. Seine    allseits präsenten Humor in seinen Arbeiten hält        *1969 Onek bei Kočevje,
                                                                                                                lebt und arbeitet in
Malerei und bis zu einem gewissen Grad auch        sein Witz beides – Rebellion und Aussage – zusam-
                                                                                                            Prekmurje und in Wien,
sein skulpturales Werk basieren auf einem großen   men. Im Lachen, das seine Arbeiten unmittelbar             Hochschule für Ange-
Zeichentalent, das es ihm ermöglicht mit präzi-    evoziert, vereint sich das Einfache mit dem Tiefsin-   wandte Kunst Wien (Adolf
sen Strichen viele unterschiedliche Themen und     nigen, Zugänglichkeit und Transzendenz sowie das          Frohner) Zeichnungen,
Motive spontan und expressiv auf das Papier zu     Eigensinnige mit dem Prinzipiellen.                      Objekten, Installationen
                                                                                                           und Malereien, Gründer
bringen, ganz ohne Furcht und Scham und immer
                                                   www.olivermarceta.com                                   der Bewegung für Zumo-
mit Virtuosität mit großer Lust am Erzählen. Der                                                                       derne Kunst.

                                                            31
WASCHKÜCHE
                GARAGE

EVA PETRIČ
Aus der Rezension von Dr. Cornelia Cabuk:              Das erzählende Element findet eine Vielzahl von
                                                       auto-poetic visueller Verwirklichung und bezieht
Eva Petric spielt mit den vielen Möglichkeiten der
                                                       die Inhalte aus Mythen und Märchen gepaart mit
erzählenden Fotografie; sie stellt intensive Motive
                                                       eigenen Erfahrungen aus ihrem Leben in unter-
dar, welche durch eine überfüllte Einbildungskraft                                                                *1983 Slowenien, lebt
                                                       schiedlichen Ländern und Motiven ihrer Erinne-        und arbeitet in New York,
inspiriert werden.
                                                       rung.                                                  Wien, Ljubljana Fotogra-
Die eindringlichen visuellen Lösungen ihrer insze-                                                            fie, Video, Performance,
                                                       In dem Fluss der visuellen Ideen erscheint ihre in-
nierten Selbstporträts wenden sich an gender spe-                                                               Installation, Sound und
                                                       dividuelle Arbeit mit der Fotografie als Reflexion        Literatur. Psychologie,
zifische Identitätsprobleme. Dafür verwendet sie
                                                       aus flüchtigen bildlichen Ideen.                       Bildende Kunst Webster
ausgewählte Objekte der Natur.
                                                                                                                  University Wien, New
                                                       www.evapetric.com
Ihre eigene visuelle Sprache entwickelt sie durch                                                             Media Transart Institute
die Verwendung unterschiedlicher Medien, welche                                                                        New York-Berlin.
Malerei, Bildhauerei, Film und Literatur beinhalten.

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WASCHKÜCHE
                GARAGE

NIKO STURM
Niko Sturm kommt als Künstler aus der gestischen       und Zitaten, denen er schlicht verbissenen Ernst
Abstraktion, dem Genre, das ihm aus seiner Sicht       nimmt, stehen der durchlebten Zeit humorvoll und
die meisten malerischen Freiheiten einräumt. Auf       stark entgegen. Monochrome Farbgestaltung gibt
der Suche nach den Grenzen der Malerei und des         Schrift und Tiefe den Vorrang. Die gemalt– und ge-        * 1973 Klagenfurt, lebt
Tafelbildes experimentiert er – in einer reduzierten   schrifteten Objekte kann man durchaus auch als         und arbeitet in Zinsdorf
                                                                                                                / Svinča vas, Wien und
Farbpalette – mit verschiedenen Materialen und         Installationen betrachten, als Wege in eine wilde,
                                                                                                                 Berlin. Bundesgymna-
Techniken und lässt dabei – neben einer ganz ein-      vielschichtige und mächtige Freiheit. Gojko Mitić           sium für Slowenen in
dringlichen und aktuellen Bildästhetik – auch den      soll einmal gesagt haben: "Auch Neid muss man          Kärnten und Universität
Humor nicht zu kurz kommen.                            sich hart erarbeiten!"                                     für angewandte Kunst
                                                                                                                in Wien. Ausstellungen
Eigens zur Ausstellung entstandene Werke auf                                                                   in Österreich, Deutsch-
großformatigen Leinwänden mit Texterweiterungen                                                             land, Slowenien, Kroatien,
                                                                                                              Italien, Belgien, Ukraine,
                                                                                                                Kirgisistan, Kasachstan.

                                                               35
WASCHKÜCHE
                GARAGE

GUDRUN LENK-WANE
Die Objekte und Installationen beschäftigen sich,     kaputt ist, aber niemand mehr braucht, aus Kunst-
nicht zuletzt aus ihrer eigenen Biografie heraus,     stoffen, Textilien und Metall.
mit den Lebensrealitäten als Frau, Mutter und
                                                      „garage“ Den Faden spinnen. Verkehrswege und
Künstlerin, mit Migration und Grenzüberschrei-
                                                      -netze. Im Netz der vorgegaukelten Individuali-      *1967 in Villach, lebt und
tung, mit der Zerstörung der Natur, sei es durch
                                                      tät gesichert. Vom Müssen und Haben; schneller,         arbeitet in Wien. Büh-
Plastikmüll oder Atomkraft und deren Rückwirkun-                                                               nen- und Kostümbild,
                                                      stärker, weiter. Wohin kämen wir noch, wenn wir
gen auf den menschlichen Körper.                                                                              Malerei, Performance,
                                                      da ausstiegen, die Fäden gekappt; und andere
                                                                                                          Modelabel OKUNI, textile
„Diese Themen sind meine Rohstoffe und ich ver-       Wege finden wollten. Haken schlagen, auswei-            Kunstinstallationen im
mische sie, wie es die jeweilige Arbeit verlangt.“    chen, glauben klüger zu sein als das Netz. Ich,        öffentlichen Raum Mit-
Gudrun Lenk-Wane                                      nur ich bin ich, wo ich mir den Vorrang erzwinge.   glied der Gesellschaft für
                                                      Dabei im Netz zappelnd, ein Beutestück.                bildende Künstlerinnen
In der Serie „having it all. wanting more.“ wird zu                                                       und Künstler Österreichs,
amorphen Gebilden verarbeitet, was noch nicht         www.gudrunlenkwane.at                                            Künstlerhaus.

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KREUZGANG
KREUZGANG-GARTEN
KREUZGANG
                   KREUZGANG-GARTEN

Der romanische Kreuzgang des 12. Jahrhunderts öffnet sich               Werke selbst statt. Es gibt keinen besseren Standort für die,
über Biforen mit breiten Mauerzungen in den Kreuzgarten.                strengen Gestaltungsprinzipien folgenden Urnen von Melitta
Ein kulturgeschichtlich reizvoller Sonderfall ist auch das wegen        Moschik. Materialität und Monochromie spiegeln die Ruhe des
des Niveauunterschiedes zur Kirche um einige Stufen erhöhte             Ortes. Der ruhende Moment wird obsolet, sobald sich die Be-
Kreuzgangportal.                                                        trachterin dem matten, hochpolierten Edelstahlspiegel von To-
                                                                        mas Hoke nähert. Ein
Berühmt durch die außergewöhnliche Doppelsäule mit Tierdar-
                                                                        Zuviel an Nähe lässt ihn
stellungen an der Basis und in den Kapitellen, ist der Kreuzgang
                                                                        vibrieren, den Betrach-
des ehemaligen Benediktinerstiftes ein herausragendes Baubei-
                                                                        ter zurückweisend.
spiel der Romanik in Österreich. An der Ostseite führt ein Por-
tal in den im Kern noch hochromanischen Kreuzgang, um den                                          KÜNSTLERINNEN &
sich das mittelalterliche Benediktinerkloster erstreckte.                                          KÜNSTLER
Künstlerischer dialogischer Prozess findet durch die historisch                                    Andreja Eržen        |        Seite 25
architektonischen Besonderheiten so mit dem Standort der                                           Tomas Hoke           |        Seite 41
                                                                                                   Melitta Moschik      |        Seite 43

                                                                   39
KREUZGANG
                   KREUZGANG-GARTEN

TOMAS HOKE
Auseinandersetzung mit dem menschlichen Kör-          chen. Monumentale Metall-Skulpturen entste-
per, seinen Verhältnissen, seinen Eigenschaften       hen im Spannungsfeld der Überschreitung der
und Möglichkeiten sowie die Reflexion der Physio-     Körpergrenzen in den Raum, dem Übergang vom
gnomie, die Beschäftigung mit dem menschlichen        Mikro- in den Makrokosmos als Ort der Relations-   *1958 Wien, lebt und ar-
Mikrokosmos, mit Hirnforschung und Neuroästhe-        verschiebungen, aber auch der gesellschaftlichen   beitet in Wien, Berndorf
tik, bedingen die formale und materielle Erschei-     Wechselwirkungen.                                    und Saager in Kärnten
nung sowie den Charakter der Werke: assoziative,                                                          Kunstgeschichte an der
                                                      Der seit dem Beginn zentrale Begriff, der künst-
symbolische Formen, konfrontative, interaktive                                                              Universität Wien, Uni-
                                                      lerischen Auseinandersetzung ist der „Resonanz-     versität für Angewandte
Objekte, kinetische, pneumatische, akustische
                                                      raum“, ihn zu generieren, ist das Ziel.            Kunst Wien, Meisterklas-
Installationen, die als Vehikel der Wahrnehmung
                                                                                                           se für Metallgestaltung
die visuellen, taktilen und auditiven Sinne anspre-   www.hoke.at/tomas
                                                                                                              (Prof. Carl Auböck).

                                                              41
KREUZGANG
                  KREUZGANG-GARTEN

MELITTA MOSCHIK
Die im Rahmen der Ausstellung präsentierte „HU-   thematisieren den Tod als unausweichliche Bedin-
MAN CONDITIONS“ beschäftigt sich mit den          gung der Existenz. Die Wandobjekte greifen die
Grundbedingungen des menschlichen Seins und       signifikanten Umrissformen von Überurnen auf,
                                                                                                            * 1960 Villach, lebt und
visualisert wesentliche Parameter der menschli-   jenen Schmuckurnen, in welche nach der Feuer-             arbeitet in Graz, Wien,
chen Existenz, vom Goldenen Schnitt der Körper-   bestattung die Aschekapsel gestellt wird. In Augen-       Klagenfurt. Mathematik
proportionen über exponentielles Wachstum bis     höhe montiert, spiegeln sich die Betrachter und       und Physik an der Univer-
hin zum Faktum der Sterblichkeit.                 Betrachterinnen in den Bedingungen ihres Seins        sität Graz. Mediale Instal-
                                                                                                           lation, Metallplastik und
                                                  wider.
Zwölf urnenförmige Acrylglas-Objekte aus dem                                                                Objektkunst, Kunst am
Zyklus „DAS KLEINE SCHWARZE“, angeordnet          www.moschik.at                                          Bau und im öffentlichen
in fortschreitender Anzahl der Fibonacci-Reihe,                                                              Raum, Interdisziplinäre
                                                                                                        Projekte zur Verknüpfung
                                                                                                          von Kunst, Wissenschaft
                                                                                                                       und Technik.

                                                          43
STIFTSINNENHOF
STIFTS-
                         INNENHOF

Das Benediktinerstift mit der Stiftskirche gilt als eines der wich-        An der Nordseite fällt eine barocke Sonnenuhr in Form eines
tigsten Denkmäler romanischer Baukunst in Kärnten.                         Freskos des heiligen Sebastian auf, der sehr drastisch vom Zei-
                                                                           ger in Gestalt eines Pfeiles durchbohrt wird. Genau darunter
Der Hof wird umsäumt von zweigeschoßigen Säulen- und Pfei-                 positioniert Nives Widauer ihre Masken der Macht. Wie Male
lerarkaden, in denen sich Kunst von Jure Markota materialisiert            auf Pfählen, in antiken Schirmständern als Füße, haben sie doch
und von Gudrun Lenk-Wane hinterfragend parasitär und leicht                nichts einschüchtern-
wiederfindet. Der Gebäudekomplex mit vorspringendem Stie-                  des, verlieren durch
genhaus umrahmt eine herrschaftliche Linde.                                ihre Materialität alles
                                                                           verängstigende und er-
Nataša Sienčniks 2010 entstandene erleuchtete räumliche In-                                             KÜNSTLERINNEN &
stallation aus Zeltobjekten leiten Nachts sanft durch den Hof              innern an die Ästhetik
                                                                                                        KÜNSTLER
bis zur Stiftskirche, und scheint tagsüber wie eine temporären             der Masken von Kiki
Einnahme eines Gartens von dem wir doch täglich in den Nach-               Kogelnik.                    Grudru Lenk-Wane |          Seite 37
richten hören. Und dennoch umgibt sie der Schein von Wärme.                                            Jure Markota          |     Seite 27
                                                                                                       Nataša Sienčnik       |     Seite 46
                                                                                                       Nives Widauer         |     Seite 61
                                                                      45
STIFTS-
                       INNENHOF

NATAŠA SIENČNIK
Eine temporäre Siedlung besetzt einen Innenhof.      kurzlebigen Grenzen, das die Grundlage eines Ob-
Weiße Zelte, von innen erleuchtet. Der Ursprung      jekts und seine Einbeziehung in jede Form künstle-
der Zelte ist unbekannt, genauso wenig wissen wir,   rischer Kategorie in Frage stellt. Ihre Arbeiten sind
ob es sich dabei um freiwillige oder unfreiwillige   in Bezug auf Technik, Form und Dimension hetero-
Migration handelt. Eine räumliche Intervention mit   gen und umfassen theoretische Untersuchungen,            *1984 Kärnten, lebt und
Licht und serieller Wiederholung, die eine neue      Fotografien, Videos und die Modifikation realer              arbeitet in Wien und
Topographie schafft. Die homogene Zeltsiedlung       Objekte sowie öffentliche Installationen, an denen          Kärnten. Studium der
befindet sich außerhalb ihres natürlichen Lebens-    das Publikum häufig direkt beteiligt ist. Angesichts       Transmediale Kunst an
                                                                                                                der Universität für An-
raums und scheint fehl am Platz. Die Intervention    dieser formalen Komplexität ist der gemeinsame
                                                                                                              gewandte Kunst in Wien
verrät ihren Ursprung nicht, sondern verweist auf    Nenner die Aufmerksamkeit der Künstlerin auf die           und Networked Media
ein abstraktes, wanderndes Subjekt. Letztendlich     Gegenwart, um ihre sozialen, politischen und kul-          am Piet Zwart Institute
verschwindet die Siedlung genauso schnell wie sie    turellen Probleme zu untersuchen. (Text Michela         in Rotterdam. Interaktive
den Hof eingenommen hat. Sienčniks künstleri-        Lupieri)                                                  Installationen, Objekte,
                                                                                                              Fotografien, Videos und
sche Forschung liegt in einem hybriden Feld mit
                                                     www.natasasiencnik.com                                                      Texte.

                                                              47
MOTTOZIMMER
Erdgeschoss | Stiegenhaus | Gang | Zimmer 1 - Zimmer 5
MOTTOZIMMER

Durch eine unscheinbare Holztür neben dem im Norden liegenden gotischen Portal
mit den eingemauerten, berühmten Flechtsteinen aus der Karolingerzeit ausgestat-
tet, gelangt man über eine steile Treppe ins Obergeschoß. Die aneinanderreihenden
Räume wurden zuletzt als Wohnungen genutzt. Ihre Heterotopien ergeben ein Span-
nungsfeld künstlerischer Raumaneignung. KünstlerInnen aus unterschiedlichen Regio-
                                                                                          KÜNSTLERINNEN &
nen begegnen sich im künstlerischen Kontext und treten so in einen künstlerischen
Dialog. Poesie contra Theorie, das ist das menschliche Paradox von Intellekt im Kampf
                                                                                          KÜNSTLER
mit der Emotion – aktuell in Augenschein genommener, vielschichtig-rätselhafter Dop-      Theres Cassini    |   Seite 51
pelsinn, zitiert Brigitte Borchhardt-Birbaumer Werner Hofmanns Doppelsinn.                Caroline          |   Seite 53
Über Kopf schwebende Schwärme, die sich wie lebendig aneinander schmiegen, be-            Tomas Hoke        |   Seite 41
wegen und berühren, geleiten hinauf. Ein langgezogener schmal verbindender Raum           Richard Klammer   |   Seite 55
bietet Nischen zum Verweilen, Monitore laden ein, sich eine eigene Intimität mit künst-   Ina Loitzl        |   Seite 57
lerischen Filmen zu schaffen. Von Raum zu Raum dringt man vor, eignet sich die künst-     Ivan de Menis     |   Seite 59
lerischen Formen und Formulierungen an.                                                   Nataša Sienčnik   |   Seite 47
                                                                                          Nives Widauer     |   Seite 61

                                                                 49
MOTTOZIMMER

THERES CASSINI
Als Schwarm präsentieren sich rätselhafte, fliegen-   In der biomorphen textilen Skulptur Ovum wird
de Objekte.                                           die Skulptur zum Kleid, was sie auch ursprünglich
                                                      war, eine Hülle, auf deren (Ober)fläche sich die            *1960, lebt und arbeitet in
“Sie sind als Gurken erkennbar, alle vom selben
                                                      Welt erklärt. Sie schwebt, ballettartig, schwerelos          Wien Fotografie, Objekte,
Stamm. Mit ihnen dringt Theres Cassini ein in die
                                                      schwimmend, auf jeden Hauch reagierende Skulp-               Textile Arbeiten, Raumin-
Strukturlogik lebendiger Körper. Denn die Gurke                                                                    stallationen Sammlungen:
                                                      tur, die zur Welt der Phantasie gehört.
oder das Gurkenförmige, also die von ihren beiden                                                                Galerie Belvedere, Leopold
Polen her als in die Länge gezogen gedachte Kugel,    Zitate aus Fliegende Bionics von Elisabeth von Samsonow,       Museum, Ursula Blickle
dürfte so ziemlich die überlegenste Form in die-      Gurkenschwarm, O&O DEPOT, Berlin 2020.                      Videoarchiv, Museum Villa
                                                                                                                    Haiss Stuttgart, Museum
sem Reich sein.“                                      www.cassini.at                                             Moderner Kunst Klagenfurt

                                                                51
MOTTOZIMMER

CAROLINE
Schmerzkörper schlafend, schmerzkörper er-            wunderbare Wesen, Engel, Dämonen, Tiere und
wacht, 2010                                           Menschen, denen eines gemein ist – sie schweben
                                                      zwischen Zeit und Raum, scheinen keine Schwere
Denkt man an die künstlerische Kraft der Frau in
                                                      zu kennen. Das Sinnliche und eine Ästhetik der
der Kärntner Kunstwelt, dann führt an Caroline
                                                      Sinnlichkeit umgeben ihre Werke, die durchaus      *1940 Graz, lebt und ar-
kein Weg vorbei.
                                                      für Grenzerfahrung zwischen den Gefühlswelten      beitet in Kärnten. Grafik-
Die augeprägte lyrische Komponente in Carolines       stehen.                                           studium in Wien, Mitglied
Malerei inspirierte bereits Schriftsteller wie H.C.                                                          Kunstverein Kärnten.
                                                      www.caroline-art.com                               Malerei, Objekt, Kostüm-
Artmann und Gert Jonke. Sie teilt uns vieles über
                                                                                                           und Ausstattungsarbei-
sich selbst als Künstlerin, als Mensch, als den-
                                                                                                          ten. Einzelausstellungen
kendes Wesen, aber auch über die Welt, die sie                                                            und Beteiligungen Wien,
umgibt, mit. In ihrem autobiografisch anmutenden                                                        Klagenfurt, Linz, Salzburg,
Werk, in ihrem malerischen Kosmos tummeln sich                                                               Graz, Paris, Köln, Lai-
                                                                                                        bach, Venedig, New York.
                                                                                                           Internat. Kunstmessen,
                                                                                                          Symposien, Workshops.
                                                              53
MOTTOZIMMER

RICHARD KLAMMER
Seine Protagonisten in VIEL ZEIT GENOSSEN              tet und wird in der aktuellen figurativen Malerei
positioniert Richard Klammer immer gleich. Trotz       der Gegenwart wieder aufgegriffen. Jedoch nicht
dieses strengen Bildaufbaus weiß er die individuelle   mehr zu möglichst realitätsnaher Darstellung der
Persönlichkeit seiner „Modelle“ nachzuspüren und       Portraitierten, sondern als malerisches Verfahren,
zu formulieren.                                        in welchem es um Fragen des Bildraumes, der Fi-         *1964 Obervellach, lebt
                                                       gur, der malerischen Mittel, der Abstraktion und          und arbeitet als Maler
Die Portraitmalerei als eine der klassischen Gen-                                                               und Musiker in Klagen-
                                                       um die Vielfalt der individuellen malerischen Aus-
res in der Kunstgeschichte, schien mit dem Auf-                                                                  furt. Studium Malerei
                                                       drucksmöglichkeiten geht. „Die zeitgenössische         Akademie der bildenden
kommen der Fotografie obsolet. Mit der heutigen
                                                       Porträtkunst ist zum Transportmittel der subjekti-        Künste Wien (M. Pra-
Flut an Selfies in den elektronischen Medien ist
                                                       ven Stilsetzung, der stilistischen Signatur des Au-   chensky). Mitglied bei der
das gemalte Porträt oder Selbstportrait als Mit-
                                                       tors geworden“ Robert Fleck                            Kunstsportgruppe Hoch-
tel der Selbstvergewisserung komplett entwertet.                                                              obir (mit Uwe und Heiko
Dennoch ist das Porträt nie verschwunden, wurde        www.richardklammer.net                                      Bressnik und Martin
immer als malerisches Experimentierfeld bearbei-                                                                  Dean), The Talltones.

                                                               55
MOTTOZIMMER

INA LOITZL
Die Heimat, der Körper, der Tod und das Leben          sie neue Medien ein, um rauminstallativ die The-
sind Ausgangspunkte der künstlerischen Arbeiten.       matik ganzheitlich zu erfassen.
Im Fokus steht immer der Mensch. Der Kern ihrer
                                                       In ihrer filmischen Arbeit setzt Ina Loitzl assoziative
Auseinandersetzung gilt dem eigenen weiblichen                                                                     *1972, Klagenfurt, lebt
                                                       Bilderkombinationen ein, die Gefühle, Erlebnisse
Körper, wesentlichen Stationen und Phasen des                                                                       und arbeitet in Wien.
                                                       und vollkommen surreale Thematiken miteinander
Lebens wie Schwangerschaft, Geburt oder das Al-                                                                  Studium der Grafik und
                                                       verbinden. Oft sind weibliche Situationen im Fo-
tern. Selbst Künstlerin, Ehefrau und Mutter unter-                                                                   Visuelle Medien am
                                                       kus, in ihrer Kraft, aber auch ihrer Verletzlichkeit.      Mozarteum in Salzburg
sucht sie die verschiedenen Rollenbilder, die Frau-
                                                       Durch Ton, Text, filmischen Übergänge und den             Fotografie, Trickfilm und
enkörpern von der Gesellschaft zugeschrieben
                                                       narrativen Erzählstrang in seiner animatorischen          Video, Objektkunst und
werden. Häufig verwendet die Künstlerin textile                                                                                Installation.
                                                       Kürze bringt der Animationsfilm eine kleine Welt
Objekte, deren Herstellung, das Nähen, als tradi-
                                                       auf den Monitor.
tionelle weibliche Arbeit gilt – dem gegenüber setzt
                                                       www.inaloitzl.net

                                                                57
MOTTOZIMMER

IVAN DE MENIS
Compressione - Retta – Tessera | Der frontal ge-       seits offengelegte Farbschlieren und Strukturen.
richtete Blick auf die Arbeiten der Werkreihe          Der Titel bezieht sich auf die bevorzugte Arbeits-
                                                       technik: Zerrissene Leinwände, aus alten, ausge-
Tessera – als Mosaiksteine zu verstehen, die aus
                                                       schiedenen Werken recycelt, werden im Atelier           * 1973 Treviso, lebt und
einem großen Ganzen entnommen wurden, of-
                                                       über eine Holzkonstruktion gespannt. Hochpig-                arbeitet in Treviso.
fenbart anderes, als der Blick nach einem Schritt
                                                       mentierte Acrylfarbe kommt ins Spiel. Schicht um      Bruno-Munari-Kunstinsti-
zur Seite. Die Seitenflächen der rechteckigen und
                                                       Schicht entstehen die Werke. Minimalität und Infi-   tut in Vittorio Veneto und
quadratischen Bildobjekte sind essenziell, dort                                                                 die Accademia di Belle
                                                       nität, über den Bildrand hinausgehend, Poesie und
spielt sich die Malerei ab, und dort zeigen sich die                                                                    Arti in Venedig.
                                                       Ästhetik stehen in subtilem Miteinander.
Spuren des Arbeitsprozesses weit mehr als auf der
glatten, mit Epoxidharz versiegelten Front.            www.ivandemenis.com

Der Reiz liegt wie so oft im Kontrast, einerseits
intensive Farb- und Leuchtkraft und anderer-

                                                               59
MOTTOZIMMER

NIVES WIDAUER

Die Suche nach Verbindungen zwischen dem Ana-     stellungsthema deuten. Hinweise auf den Verlust
logen und dem Digitalen und verstärkte Beschäf-   zeitlicher und sozialer Komponenten der letzten
tigung mit der Dekontextualisierung des eigenen   Monate zitiert die Künstlerin ebenso, wie ver-
                                                                                                           *1965 in Basel, lebt und
Werks stehen im Vordergrund.                      schmelzende, verdichtete, globale Informationen       arbeitet in Wien. Studium
                                                  aus Umwelt und religiöser Entität. So treffen zarte    audiovisuelle Gestaltung
Im »Bambuszimmer« erfährt man eine fiktive
                                                  Schmetterlingsflügel auf gepresste Stein- und Me-     an der Schule für Gestal-
Darstellung eines möglichen, bewohnten Raumes,
                                                  teoritenformationen im Bezug zur Sichtweise des         tung in Basel. Live-video
jeden Augenblick könnte die Bewohnerin eintre-                                                          Bühnenbilder für Theater
                                                  eigenen Ichs auf die menschliche Existenz.
ten und in der Verdichtung und konzentrierten                                                           und Oper, semidokumen-
Präsentation ihrer Wahrnehmung auf das Aus-       www.widauer.net                                       tarische Filme. Kunsthaus
                                                                                                              Zürich, Kunsthistori-
                                                                                                         sches Museum, Austrian
                                                                                                         Cultural Forum NY, SPSI
                                                                                                             in Shanghai, Museum
                                                           61                                                           Belvedere.
STIFTSKIRCHE
    Wiese vor der Kirche | Vorhalle
STIFTSKIRCHE
                                   VORHALLE

Die Erfahrung, dass man Dinge auch anders sehen kann, anders               setzt leuchtende Akzente auf der Wiese vor der Kirche, den
als man gewohnt war sie wahrzunehmen – dass sich die Sicht                 Weg aus dem Stiftsinnenhof weisend. Die Sichtbarkeit des Lichts
auf diese verändern kann, wenn man die Perspektive wechselt,               an der Fassade des Stifts zieht sich tagsüber in das Innere des
sie aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, zu einem ande-               Stiftes und in den Kirchenraum zurück, um nachts wieder an
ren Zeitpunkt, aus der Entfernung von ein paar Stunden oder                der Fassade in Erscheinung zu treten. Dies lässt einen direkten
Jahren – wirft ein kritisches Licht auf das Sehen: Offensichtlich          Bezug zur gegenwär-
ist das Sehen kein Garant dafür, dass die Dinge so sind, wie man           tigen Lebenssituation
sie sieht. Textauszug von Andreas Spiegl                                   entsteht: Auftritt, ge-
                                                                           folgt von Rückzug und
In der ehemaligen Stifts- und heutigen Pfarrkirche im romani-
                                                                           Distanzierung in die         KÜNSTLERINNEN &
schen Stil einer dreischiffige Pfeilerbasilika regen Licht und Glas
                                                                           eigene Intimität.            KÜNSTLER
zu neuen Dialogprozessen an. Armin Guerino gibt das Innerste
seines Tabernakels in der Vorhalle preis und Nataša Sienčnik                                           Victoria Coeln     |        Seite 21
                                                                                                       Armin Guerino      |        Seite 65
                                                                                                       Nataša Sienčnik    |        Seite 47

                                                                      63
STIFTSKIRCHE
                                 VORHALLE

ARMIN GUERINO

Der Tabernakel, übersetzt in das 21. Jahrhundert,      über Medien und digitale Kommunikationsforen
erfährt eine grundlegende Umformung, er ist of-        öffentlich zur Schau gestellt. Die Partizipation am
fen, transparent, für jeden einsehbar und wan-         gesellschaftlichen Leben in der digitalisierten Ge-      *1961, lebt und arbeitet
delt sich somit vom verschließbaren, kompakten         sellschaft verlangt nach der Offenbarung des Roh-       in Wien, Schloss Saager
                                                                                                                Kärnten und München.
Schrein zur Schauvitrine, in der das Private öffent-   stoffes „Privates Leben“.
                                                                                                             Studium an der Akademie
liche Teilung erfährt und jederzeit sichtbar ist.
                                                       Die Form des Tabernakels baut auf eine Fibonacci-       der bildenden Künste in
Im Kontext des sozialen und gesellschaftlichen         Folge und dem goldenen Schnitt auf.                       Wien. Malerei, Zeich-
Handlungsraums der Gegenwart finden sich Merk-                                                                   nung, Installation und
                                                       www.guerino.at                                          Objektkunst im öffentli-
male einer Umkehrung: Die Individualität im Alltag
                                                                                                               chen Raum, Preisträger
rückt in den Vordergrund und Persönliches wird                                                                     des ersten Calls der
                                                                                                                Kärntner Kulturstiftung
                                                                                                                                  2021.
                                                               65
©Victoria Coeln / Bildrecht, Wien 2021
STIFTSKIRCHE
                                VORHALLE

VICTORIA COELN

SEESTRAHLEN | Wir nennen die Dinge beim              einer anderen Sprache und nach anderen Namen
Namen. Wir nennen die Orte und Dinge bei den         Ausschau zu halten: nach Worten und Namen, die
Namen, die man ihnen gegeben hatte. Oft ist es       erst gefunden werden wollen und die Grenzen in
allein der Name, der ein Ding erst zum Ding wer-     jeder Sprache und zwischen den Sprachen sicht-
den lässt, dieses namentlich trennt von jenem, das   bar werden lassen ... eine chromophone Sprache,
da anders heißt. Wirft man ein neues Licht auf die   die sich in Victoria Coelns Chromotopen zu Wort
Dinge, das diese nur streift, erhellt oder mitein-   meldet – vielleicht wörtlich als Wortlicht.
ander verbindet, dann beginnen sich die Bezeich-
nungen aufzulösen, um im Namen des Lichts nach

                                                             67
GEWÖLBEKELLER
GEWÖLBEKELLER

Zwei eng aneinanderschmiegende Bögen führen 24 Stufen tief              rung gleich, kaum wahrnehmbar vibrierend beim geringsten
in die historischen Kellergewölbe, die einst als kühle Lagerräu-        Lufthauch und Licht, gestalten einen neuen Wahrnehungsraum.
me im Sommer dienten. Hier findet Victoria Coelns Licht tags-
                                                                        Chromotopia, wie Victoria Coeln die mehrdimensionalen Er-
über eine aufnehmende, Licht tragende Dunkelheit hier, findet
                                                                        gebnisse ihrer chromotopen Interventionen nennt, könnte
Licht Raum und wirkt fast körperhaft.
                                                                        auch der Name einer Weltlandschaft sein, die sie von Region
Coelns Licht ist konstruktiv. Es steht nahezu objekthaft im             zu Region in ihr Licht
Raum und kreiert eine eigene Körperlichkeit, einen zusätzlichen         setzt, um all die in ihr
Assoziations- und Vorstellungsraum schaffend, der sich mit dem          enthaltenen, sich über-
Realraum verwebt. (Heike Sütter)                                        lagernden und kreu-
                                                                        zenden Wirklichkeiten
Das Aufeinandertreffen von Licht und Material ergibt eine neue
                                                                        sichtbar zu machen.
                                                                                                  KÜNSTLERINNEN
Dimension von Geschichte. Was bleibt von uns, was wird ge-
                                                                        Lucas Gehrmann            Victoria Coeln        |   Seite 21
funden werden. Hinterlassene Spuren in Gold, einer Wegfüh-
                                                                                                  Gudrun Lenk-Wane      |   Seite 37
                                                                                                  Tanja Prušnik         |   Seite 71

                                                                   69
GEWÖLBEKELLER

TANJA PRUŠNIK
Tanja Prušnik erweitert ihren malerischen Ansatz      Farbe: Gold. In »Spuren-sledi« beschreibt sie Spu-
durch dessen Transformation und Integration in        ren, die wir hinterlassen und die vielleicht einmal
objekthafte, architektonische und raumbilden-         jemand finden wird. Es entstehen subtile, sehr fra-
de „Konstruktionen“. Zunächst überschreitet sie       gile Arbeiten, Spuren von Farbe auf Folien, die als   *1971 Wolfsberg, lebt und
bereits im Malprozess selbst die „Grenzen“ des        Installationen ebenso in der Natur gespannt wer-        arbeitet in Wien. Archi-
                                                                                                                 tektur an der Techni-
Bildlichen. „Malspuren“ beschränken sich nicht        den, zwischen Bäume oder auf Mauern, als auch
                                                                                                              schen Universität Wien.
auf klassische Bildebenen und Materialien, son-       im Rauminneren installativ zum Einsatz kommen.         Malerei, Objekt, Installa-
dern werden zum räumlichen Bildkörper, durch          Stark und fragil, glänzend und nichtglänzend, sich      tion, Bühnenbild, Buch-
einbeziehen der Seitenflächen der Rahmung. Bei        leicht im Wind bewegend, mit zwei Ansichten. Die      gestaltungen, Architektur-
bei der Werkserie Spuren_sledi arbeitet sie auf un-   Farbe selbst soll Hoffnung und Zukunftsweisendes        und Designprojekte und
gewöhnlichem Material, das als Farbträger kaum        ausdrücken.                                                       Kuratierungen.

wahrnehmbar fungiert, es dominiert eine einzige
                                                      www.prusnik.com

                                                               71
GALERIE IN
  PROGRESS
FISCHHALLE
PROGRAMM

GALERIE IN PROGRESS | FISCHHALLE

Wie der Namen verrät, wurde diese Halle als Fischmarkt genutzt und bis in die zweite Hälfte des
20. Jahrhunderts frischer Fisch aus dem Millstätter See verkauft. In der riesigen Halle im Westen   KÜNSTLERINNEN &
gelegen befindet sich eine skulptural anmutende Stahltreppe aus dem 19 Jahrhundert, die die         KÜNSTLER
Halle mit den oberen Turmwohnungen verbindet.
                                                                                                    Christian Bazant-Hegemark
Als Folge Neudenkens künstlerischer Präsentationspraxis, wird die Fischhalle zu einer Galerie in
                                                                                                    Franz Berger
Progress umfunktioniert. Hier wird wird die Dauerausstellung um Werke ergänzt, die quasi in situ
                                                                                                    Andreas Ehlers
entstehen. Einerseits bietet sie Raum für eine eigene Form von Ausstellung, indem sie nach Been-
                                                                                                    Sabine Groschup
digung der Artist in Residence Zeit um jeweils ein vor Ort entstandenes Werk erweitert wird. So
                                                                                                    Ivan de Menis
wird die Finissage des Gesamtprojektes gleichzeitig von einer Vernissage geprägt. Weiters werden
                                                                                                    Partnergarnelen
Werke von KünstlerInnen präsentiert, die das Programm um Performance, Film oder temporäre
                                                                                                    Johannes Rass
Präsenz erweitern.
                                                                                                    Elisabeth von Samsonow
                                                                                                    Hubert Sielecki
                                                                                                    Gerlinde Thuma
                                                                                                    u.a.

                                                                73
ARTIST IN RESIDENCE

Das millstART Artist in Residence Programm wurde gemeinsam mit der Familie Berndl ent-
wickelt. Eingeladene KünstlerInnen arbeiten bis zu zwei Wochen lang begleitend zur aktuellen
Ausstellung und themenbezogen im Kunstatelier am Hafen des Romantik SPA Hotel Seefischer.
                                                                                                     KÜNSTLERINNEN &
Es bietet KünstlerInnen die Möglichkeit, den Wirkungskreis ihrer künstlerischen Tätigkeit in Mill-   KÜNSTLER
statt zu erweitern. Wir versetzen die Residenzkünstler in die Lage, einen lebendigen Austausch
mit KünstlerInnen und Hotelgästen sowie ortsansässigen Kunstinteressierten zu pflegen. Im Ab-        Christian Bazant-Hegemark
schluss an die Residence-Zeit werden hier entstandene Arbeiten Teil der Ausstellung konZEN-          Andreas Ehlers
TRATION_Auftritt und Rückzug in der Galerie in Progress. www.seefischer.at                           Ivan de Menis
                                                                                                     Johannes Rass
                                                                                                     Elisabeth von Samsonow
                                                                                                     Gerlinde Thuma
                                                                                                     u.a.
PROGRAMM
Freitag, 28. Mai 2021 | 19:00 Uhr                                    Zur Kunst:

LANGE NACHT DER KIRCHEN                                              Victoria Coeln, Nataša Sienčnik, Armin Guerino

                                                                     Duo Giojoso (Amirah Pranzl, Valentina Schantl)
Wo? Stiftskirche
                                                                     Enrique Granados: Danza Espanola Nr. 2 Oriental, 2 Gitarren
Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig

Lichtintervention und Kunstinstallation
Victoria Coeln _ PASSION LICHT : Millstatt                           Freitag, 11. Juni | 20:00 Uhr
Armin Guerino und Nataša Sienčnik
                                                                     PERFORMANCE
Amirah Pranzl
                                                                     BARBARA AMBRUSCH-RAPP
Andrew York: Home, Gitarre solo
                                                                     (NO)HOPE performance (ca. 45 Minuten)
Begrüßung:    Pfarrer Slawomir Czulak
              Diözesanbischof/škof Dr. Josef Marketz                 Wo? Stiftsinnenhof
                                                                     Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig
Valentina Schantl
Augustin Barrios Mangore: La Catedral: Preludio, Gitarre solo        *1972 Klagenfurt, lebt und arbeitet in Auen b. Velden Multime-
                                                                     diakunst, Fotografie, Text, Video, Installation und Performance.
Vorstellung der KünstlerInnen: Tanja Prušnik, Kuratorin
                                                                     www.barbara-rapp.com

                                                                75
Sonntag 11. Juli 2021 | 20:00 Uhr

In den Kunstgesprächen sprechen wir       KUNSTGESPRÄCH
   mit Gästen über brennende Fragen       FELICITAS THUN-HOHENSTEIN
und Themen, die wir im gesellschafts-
   relevanten und künstlerischen Kon-     MIT TANJA PRUŠNIK
  text erfahren. Die Gespräche finden     Kann eine Ausstellung Antworten auf Fragen der Solidarität geben und über
      in lockerer Atmosphäre an lauen     die (Un-)Möglichkeit von Dialog“
 Sommerabenden im Kreuzgang statt.
   Wir freuen uns über Ihre Teilnahme     Wo? Kreuzgang
                      und ihre Fragen.    Freier Eintritt | Keine Anmeldung notwendig

 Bitte entnehmen sie die aktualisierten   Felicitas Thun-Hohenstein ist Kunsthistorikerin und Professorin am Institut
 Termine unserer Website millstart.at     für Kunst- und Kulturwissenschaften, Akademie der bildenden Künste Wien;
                                          Kuratorin des Österreich Beitrags Biennale 2019.
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