Inflation, Zinsen und Immobilienmärkte - Immobilien als sicherer Anker in schwierigen Marktphasen

Die Seite wird erstellt Richard Kessler
 
WEITER LESEN
Inflation, Zinsen und Immobilienmärkte - Immobilien als sicherer Anker in schwierigen Marktphasen
Real I.S. Research News 01 | 2022

Inflation, Zinsen und Immobilienmärkte – Immobilien als
sicherer Anker in schwierigen Marktphasen

April 2022

Die Inflation ist zurück in Deutschland. Im März des aktuellen Jahres lag die Inflationsrate nach
vorläufigen Schätzungen bei 7,3 %, dem höchsten Stand seit den Ölkrisen in den siebziger Jahren.
Hohe Energie- und Nahrungsmittelpreise sind bislang die Haupttreiber und der Russland-Ukraine
Konflikt hat diese Entwicklung zuletzt noch deutlich verstärkt. Aber auch die Kerninflation, die
Preisentwicklung ohne die Komponenten Energie und Nahrungsmittel, lag zuletzt bei einer
deutlich erhöhten Rate von 3,0 % (Februar 2022). Für den Anstieg der Kerninflationsrate sind im
Wesentlichen zwei Faktoren verantwortlich: Erstens sind die Preise in der Gastronomie und
Hotellerie, aber auch für Dienstleistungen, deutlich angestiegen. Betriebe versuchen hierbei einen
Teil der verlorenen Umsätze und der gestiegenen Kosten infolge der Covid-19-Pandemie durch
Preiserhöhungen zu kompensieren. Zweitens haben globale Lieferengpässe das Güterangebot
reduziert, entsprechend haben sich die Preise für Konsum- und Investitionsgüter erhöht. Im
Ergebnis ist der Inflationsanstieg dauerhafter und dynamischer als von vielen Marktteilnehmern
erwartet wurde. Welche Implikationen ergeben sich hieraus für die Performance von Immobilien
und hier insbesondere für die Objekt-Cash-Flows und die Immobilienwerte?

Objekt-Cash-Flows: Wertsicherungsklauseln als Stabilisator
In der Regel beinhalten Mietverträge für Immobilien eine Wertsicherungsklausel. Damit werden
Preissteigerungen zum Teil oder vollständig über eine indexierte Anpassung der Vertragsmiete
kompensiert, so dass aus Vermietersicht die realen bzw. preisbereinigten Mieten stabil bleiben.
Historische Daten belegen diesen Effekt. Die letzte Hochinflationsphase lag in den Jahren 2007
und 2008, also im Zeitraum vor der Finanzmarktkrise im Jahr 2009. In diesem Zeitraum waren die
Mieterträge (Cash-Flow-Renditen) für Immobilienportfolien erwartungsgemäß deutlich
angestiegen. Aber auch wenn man die Mieterträge um den Preisanstieg bereinigt, also die realen
Mieterträge beobachtet, zeigte sich ein Anstieg. In Abbildung 1 wird diese Entwicklung für die
Nutzungsarten Büro und Handel für den Zeitraum 2007 und 2008 (in der Abbildung grau
hinterlegt) dargestellt. Demnach sind die realen Cash-Flow-Renditen für Büroimmobilien in beiden
Jahren angestiegen, für Handelsimmobilien ergibt sich nach Aggregation der Jahre 2007 und 2008
ebenfalls ein Wachstum (analysiert wurden hier die aggregierten Immobilienbestände
institutioneller Investoren im Datenuniversum des Finanzmarktdienstleisters MSCI).

                                                                                                 1
Der Anstieg der Cash-Flow-Renditen war aber auch noch auf einen anderen Effekt zurückzuführen,
den Anstieg der Marktmieten. Abbildung 2 zeigt diese Entwicklung, und zwar wieder für den
Betrachtungszeitraum der letzten Hochinflationsphase der Jahre 2007 und 2008. Die Marktmieten
für Büro- und Handelsimmobilien in Deutschland sind während dieser Zeit sowohl nominal als
auch real angestiegen. Grund hierfür war die hohe Nachfrage in den Vermietungsmärkten, die
damals vom konjunkturellen Aufschwung profitiert hat.

Als Zwischenfazit lässt sich festhalten, dass die Cash-Flow-Renditen in der letzten
Hochinflationsphase sowohl nominal als auch real angestiegen sind, und dass diese Entwicklung
zum einen auf die Wertsicherungsklauseln in den Vertragsmieten und zum anderen auf den
Anstieg der Marktmieten infolge des konjunkturellen Wachstums zurückzuführen war.

Immobilien besitzen noch Wertsteigerungspotential, trotz Zinsanstieg
Für den Investmentmarkt sind Hochinflationsphasen per se kein Risiko, problematischer wird es,
wenn der Inflationsanstieg mit steigenden Kapitalmarktzinsen einhergeht. Die Zinsen bzw.
Renditen für 10-jährige deutsche Staatsanleihen sind vom Tiefpunkt inzwischen um gut 100

                                                                                                 2
Basispunkte gestiegen. Zweifelsfrei hat dies die Finanzierungskosten von Immobilieninvestments
wesentlich erhöht und damit die Performanceerwartung gesenkt. Noch sind die
Kapitalmarktzinsen aber auf einem historisch niedrigen Niveau, der Abstand zur Anfangsrendite
von Immobilien und damit die Risikoprämie noch sehr hoch. Wie weit können aber die Zinsen
noch steigen, bis die Kaufpreise bzw. die Verkehrswerte zurückgehen? Abbildung 3 zeigt in einer
einfachen Simulation näherungsweise den Zusammenhang zwischen der Wertentwicklung von
Büroimmobilien (auf Basis von Verkehrswerten) und den Kapitalmarktzinsen (Grundlage der
Analyse ist dabei, dass zu einem gegebenen Zinsniveau die Immobilienpreise sich so lange
anpassen, bis sich die Risikoprämie als Renditeabstand von Immobilien zu Staatsanleihen wieder
auf einem „fairen“ Niveau von einem Prozentpunkt angepasst hat). Zum aktuellen
Kapitalmarktzinsniveau von rund 0,5 % (März 2022) hätten Immobilien damit noch ein
Wertsteigerungspotential von gut 20 %. Würde der Kapitalmarktzins auf 1,5 % steigen, würden
die Immobilienwerte seitwärts tendieren und bei Zinsen > 1,5 % würden die Werte fallen.

Die oben dargestellte, vereinfachte Analyse lässt aber einen wichtigen Aspekt außer Acht, die
Konjunkturentwicklung. Ein Wirtschaftsaufschwung und die damit einhergehenden
Mietwachstumserwartungen können den negativen Einfluss steigender Zinsen für den
Investmentmarkt und die Immobilienwerte – zumindest bis zu einem bestimmten Zinsniveau –
kompensieren. Abermals lohnt sich ein Blick zurück auf die Hochinflationsphase der Jahre
2007/2008. Damals reagierte die Europäische Zentralbank auf die Inflationsgefahren mit
Leitzinserhöhungen. In der Folge stiegen die Kapitalmarktzinsen auf über 4 % und näherten sich
der Spitzenrendite von Büroimmobilien in den deutschen Großstädten an. Trotzdem korrigierte
das Transaktionsvolumen im Investmentmarkt vorerst nur moderat. Erst als ab dem zweiten
Quartal 2008, als die Wirtschaft in eine Rezession rutschte, fiel das Transaktionsvolumen und ein
Quartal später auch die Kaufpreise. Angewandt auf die aktuelle Situation ist ein Zinsanstieg zwar
schmerzhaft und wird wahrscheinlich im Jahresverlauf auch zu einem etwas geringeren
Transaktionsvolumen führen, es drohen aber angesichts eines erwarteten Wirtschaftswachstums
von 2,4 % (Marktmeinung laut Consensus Economics vom März 2022) für dieses Jahr noch keine
Kaufpreis- bzw. Wertverluste für Immobilien.
Sollten sich die Konjunkturerwartungen aber weiter eintrüben und Deutschland letztendlich in
eine Rezession abrutschen, wären sinkende Immobilienwerte zu befürchten. Jedoch wären auch in
diesem Szenario keine erheblichen Wertverluste zu erwarten. Historische Daten von MSCI für von
institutionellen Immobilieninvestoren gehaltenen Immobilien zeigen für ein nach Nutzungsarten
diversifiziertes Deutschland-Portfolio nur Wertänderungen auf Basis von Verkehrswertgutachten
von 2 bis 4 % in konjunkturellen Rezessionsphasen (siehe Abbildung 4).

                                                                                                    3
Noch wichtiger, in konjunkturellen Schwächephasen wurde immer eine positive Gesamtrendite
(= total return als Summe aus Wertänderungsrendite und Cash-Flow-Rendite) erzielt. Dies
unterstreicht die Performance-Stabilität eines diversifizierten Immobilienportfolios.

Fazit: Immobilieninvestments als sicherer Anker in schwierigen Marktphasen
Die aktuelle Hochinflationsphase in Verbindung mit der Covid-19-Pandemie und dem Russland-
Ukraine-Konflikt schürt Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Immobilienmärkte. Die
Cash-Flow-Renditen von Immobilien sind aber i.d.R. über Wertsicherungsklauseln abgesichert, dies
haben auch historische Daten gezeigt. Die Immobilienwerte und damit die
Wertänderungsrenditen sind bislang noch nicht betroffen. Zum aktuellen Zinsniveau und einem
erwarteten Wirtschaftswachstum von 2,4 % für dieses Jahr besteht sogar noch
Wertsteigerungspotential. Sollten die Zinsen aber weiter ansteigen und die Wirtschaft als
Auswirkung des Russland-Ukraine-Konflikts in eine Rezession rutschen, wären trotzdem nur
moderate Wertrückgänge zu erwarten. Ein diversifiziertes Immobilienportfolio hat sich gegenüber
Wertschwankungen in der Vergangenheit als sehr robust erwiesen. Es wurden sogar in allen
wirtschaftlichen Schwächephasen positive Gesamtrenditen erwirtschaftet. Dies spricht für eine
weiterhin solide Performance von Immobilieninvestments in den kommenden Jahren.

Viele Grüße, Ihr Real I.S. Research-Team

Ihr Ansprechpartner
Marco Kramer
Real I.S. AG
Research und Investitionsstrategie
marco.kramer@realisag.de

                                                                                               4
Disclaimer
Es wurde darauf Wert gelegt, dass die dargestellten Informationen zutreffend und aktuell sind. Die Real I.S. (Real I.S. AG und Real I.S. Investment GmbH) kann trotz
aller Sorgfalt bei der Erstellung dieses Dokuments keine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten
Informationen geben, da sich z.B. die enthaltenen Daten zwischenzeitlich geändert haben können. Dies gilt nicht, soweit sich die Real I.S. vorsätzlich oder grob
fahrlässig verhalten hat oder eine Verletzung des Lebens, Körpers oder Gesundheit vorliegt. Aus der Darstellung einer Wertentwicklung der Vergangenheit können
keine gesicherten Rückschlüsse für die Zukunft gezogen werden. Als rechtlich verbindliche Dokumente gelten ausschließlich Prospekt- und Zeichnungsunterlagen,
wie z.B. Verkaufsprospekt, Investmentmemorandum, Allgemeine oder Besondere Anlagebedingungen sowie Dreiervereinbarung. Die zur Verfügung gestellten
Informationen stellen weder ein Angebot, eine Einladung zur Zeichnung oder zum Erwerb von Finanzinstrumenten dar, noch eine Empfehlung zu deren Erwerb. Die
Informationen sind nicht als Grundlage für irgendeine vertragliche oder anderweitige Verpflichtung gedacht, noch ersetzen sie eine Rechts- und/oder
Steuerberatung sowie eine Anlageberatung. Des Weiteren behält sich die Real I.S. das Recht vor, Änderungen oder Ergänzungen der bereitgestellten Informationen
vorzunehmen. Inhalt und Struktur der Darstellung sind urheberrechtlich geschützt. Die Vervielfältigung von Informationen oder Daten, insbesondere die
Verwendung von Texten, Textteilen oder Bildmaterial, bedarf der Quellenangabe und der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Real I.S.

                                                                                                                                                                  5
Sie können auch lesen