Influenza-Pandemieplan Vorarlberg - Umsetzungskonzept - Version 28.11.2007
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Inhaltsverzeichnis 1. Vorwort 2. Medizinische Grundlagen zur „Influenza“ (Grippe) Das Krankheitsbild Die Komplikationen Der Erreger Der Pandemieverlauf Die Prophylaxe und Therapie 3. Stufenplan 3.1 Definitionen 4. Pandemie-Krisenstab 4.1 Mitglieder 4.2 Aufgaben (phasenbezogen) 5. Der erweiterte Krisenstab 5.1 Mitglieder 5.2 Aufgaben 6. Szenario-Berechnungen 7. Maßnahmen 7.1 Verhinderung der Weiterverbreitung/Sanitätspolizeiliche Maßnah- men 7.2 Impfung 7.2.1. „Priority groups“ 7.2.2. Beschaffung/Lagerung/Distribution 7.2.2.1 Impfung der Priority groups 7.2.2.2 Impfung der Bevölkerung 7.2.3. Impförtlichkeiten und Ablauf der Impfungen 7.2.4. Dokumentation 7.3 Neuraminidase-Hemmer Tamiflu 7.3.1. Priority groups 7.3.2. Logistik/Lagerung/Distribution 7.4 Maskenversorgung 7.5 Krankentransport 7.6 Krankenversorgung 8. Hygienemaßnahmen bei Patienten mit Verdacht auf bzw. nach gewiese- ner „Influenza“ 8.1 Räumliche Unterbringung: 8.2 Personalschutzmaßnahmen: 8.3 Desinfektion und Reinigung: 8.4 Schlussdesinfektion: 8.5 Transport des Patienten innerhalb des Krankenhauses: 8.6 Krankentransport eines Erkrankungsverdächtigen/Erkrankten außerhalb des Krankenhauses: 9. Kommunikation/Medien/Öffentlichkeitsarbeit 9.1 Krisenkommunikationsplan Pandemie für das Bundesland Vorarlberg 10. Anforderungen an die spitalsinternen Maßnahmenpläne in Pandemiefall 2
1. Vorwort Influenza-Pandemien treten in Zyklen von Jahrzehnten auf. Knapp 40 Jahre nach dem letzten, weltweiten Auftreten der „Grippe“ ist es notwendig, sich auf eine neuerliche Pandemie vorzubereiten. Die Thematik „Geflügelpest und „aviäre Influenza“ haben den Planungs-Bemühungen zusätzlich Nachdruck verschafft. In welcher Gestalt eine Pandemie auftreten wird, d.h., wie leicht sie von Mensch zu Mensch übertragbar sein wird, wie krank sie machen wird, in wie viel Wellen sie kommt, welche „Vorlaufzei- ten“ anfallen usw sind bedeutsame Unbekannte im Planungsgefüge, die in ein breites Spektrum denkbarer Szenarios führen. Die Konzeption stützt sich deshalb auf „most likely-Annahmen“ und dringt nur in dem Maße in die Tiefe, dass Notwendiges gere- gelt wird und dennoch dispositive Spielräume offen bleiben können. Das landesspezifische Umsetzungskonzept fußt auf den Vorgaben des Österreichi- schen Pandemieplanes. Wesentliche Regelungsbereiche sind die Benennung und Auf- gaben-Zuteilung des Krisenstabes, präventive/sanitätspolizeiliche Maßnahmen, die Bevorratung und Verteilung von Schutzmasken, die Impfung, die Bevorratung, Lage- rung und Distribution von antiviralen Medikamenten, der Krankentransport, die Kran- kenversorgung sowie die Kommunikation und Information zwischen den Behörden, Systempartnern und der Bevölkerung. Auch wenn manches nicht konkret voraussehbar ist und der reale Verlauf unter Um- ständen auch andere als geplante Abläufe nötig machen wird, so sind doch die zustän- digen Behörden und Institutionen aufgerufen, sich auf solche Ereignisse rechtzeitig einzustellen, um nicht unvorbereitet getroffen zu werden. Die Bewältigung solcher Anlassfälle ist letztlich ein großes Werk vieler Hände in vie- len wichtigen Bereichen, Sektoren und Institutionen, deren optimale Zusammenarbeit mit diesen Vorgaben ermöglicht und gestützt werden sollen. 2. Medizinische Grundlagen zur „Influenza“ (Grippe) 2.1 Das Krankheitsbild Die Influenza ist eine akute respiratorische Erkrankung, die durch eine Infektion mit Influenzaviren Typ A, B oder C hervorgerufen wird. Die Erkrankung erfasst die obe- ren und/oder unteren Atemwege. Sie ist gekennzeichnet durch Allgemeinsymptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Abgeschlagenheit, schweres Krank- heitsgefühl, Rhinitis und trockenen Husten. Sie tritt regelmäßig in epidemischer Form in den Wintermonaten auf. 3
2.2 Die Komplikationen: Die häufigste Komplikation der Influenza ist die Pneumonie, die als primäre virale Grippepneumonie, als sekundäre bakterielle Pneumonie oder als gemischte virale und bakterielle Pneumonie auftreten kann. Zu Beginn der Erkrankung sind die klinischen Untersuchungsbefunde gering. In fortgeschrittenen Fällen treten die im Lungenrönt- genbild diffuse interstitielle Infiltrate und/oder Zeichen des Atemnotsyndroms des Er- wachsenen (ARDS) auf. Ein erhöhtes Risiko einer Grippepneumonie besteht bei Patienten mit Herzleiden, bei älteren Patienten und bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen. Die häu- figsten Keime der sekundären Pneumonie sind Streptococcus pneumoniae, Staphylo- coccus aureus und Haemophilus influenzae. 2.3 Der Erreger Die Influenzaviren gehören zur Familie der Orthomyxoviren. Sie werden in Influenza- viren A-, B- und C eingeteilt. Influenza A-Viren werden aufgrund der Antigeneigen- schaften von Oberflächenhämagglutinin (H) und Neuraminidase (N) weiter unterteilt. Einzelne Stämme der Influenzaviren werden auch nach dem Ursprungsort, der Isolati- onsnummer, dem Jahr der Isolierung und dem Subtyp bezeichnet (z.B. Influenza A/Victoria/3/79 H3N2). Ein charakteristisches Merkmal der Influenzaviren ist, dass sie ständig Veränderungen unterworfen sind, von denen vor allem die beiden an der Virusoberfläche gelegenen Antigene, das Hämagglutinin und die Neuraminidase betroffen sind. Kontinuierliche Veränderungen werden als Antigen-Drift bezeichnet. Dieser Antigen-Drift ist die Ur- sache dafür, dass die Influenzavirusinfektion keine lang anhaltende Immunität hinter- lässt und jährlich der Impfstoff dem momentan kursierenden Virustypen angepasst werden muss. Plötzliche und drastische Veränderungen, die eine grundlegende Veränderung der An- tigenität und auch Virulenz betreffen, treten hauptsächlich beim Influenza A-Virus auf und treten in unvorhersehbaren Intervallen auf. Solche veränderte Viren nach einem Antigen-Shift sind verantwortlich für ausgedehnte Epidemien. Solche Pandemien (weltweite Epidemien) sind in der Geschichte mehrfach beobachtet worden, wobei jedes Mal eine neue Variante des Hämagglutinins bzw. der Neuramini- dase verantwortlich ist. Von 1918 bis 1919 forderte eine Pandemie („Spanische Grippe“) Millionen Tote und wurde durch den Influenza- Virus A/H1N1 hervorgeru- fen. Weitere Pandemien waren von 1957 bis 1958 die „Hongkong Grippe“ mit dem Erreger Influenza A/H2N2 und von 1968 bis 1969 die „Asiatische Grippe“ mit dem Erreger Influenza A/H3N2). Es ist unbekannt auf welche Weise und warum pandemische Virusstämme entstehen. Man nimmt an, dass pandemische Virusstämme aus der Genom-Rekombination zwi- schen humanen und tierischen Influenzaviren hervorgehen. 4
2.4 Der Pandemieverlauf Unter Pandemie wird eine zeitlich begrenzte, weltweite und massive Häufung von Er- krankungen bei Menschen durch einen neuartigen Erreger, der sich rasch ausbreitet, hoch ansteckend ist und gegen den ein Großteil der Weltbevölkerung keine Immunität besitzt, verstanden. Influenza A-Pandemien brechen plötzlich aus, erreichen ein Maximum innerhalb von zwei bis drei Wochen, dauern normalerweise zwei bis drei Monate an und verschwin- den häufig so abrupt, wie sie begonnen haben. Grippeepidemien treten fast aus- schließlich während der Wintermonate auf. 2.5 Die Prophylaxe und Therapie Die einzige Maßnahme zur Verhinderung der Influenza ist die Impfung. Der Influenza-Impfstoff 2005/2006 enthielt die drei Virusstämme A/California/7/2004 (H3N2), A/New Caledonia/20/99 (H1N1) und B/Shanghai/361/2002, der Influenza- Impfstoff 2006/2007 enthält die drei Virusstämme A/Wisconsin/67/2005 (H3N2), A/New Caledonia/20/99 (H1N1) und B/Malaysia/2506/2004. Die Wirksamkeit der Influenzaimpfung hängt vom Alter und der Immunantwort des Geimpften, sowie von der Ähnlichkeit der im Impfstoff enthaltenen Antigene mit dem tatsächlich zirkulierenden Virus ab. Unter optimalen Bedingungen kann durch eine Influenzaimpfung bei gesunden Personen unter 65 Jahren eine Erkrankung in 70 bis 90 % der Fälle verhindert werden. Bei älteren Personen sinkt die Schutzrate. Zur Behandlung der Influenza stehen neben der symptomatischen Therapie des Kopf- schmerzes, der Muskelschmerzen und des Fiebers, spezifische antivirale Medikamente zur Verfügung. Amantadin und Rimantadin sind nur gegen Influenza A-Viren wirksam, während die neueren Neuraminidase-Hemmer (Zanamivir [Relenza®] und Oseltamivir [Ta- miflu®]) auch gegen Influenza B-Viren wirksam sind. Zanamivir (Relenza®) wird in Österreich nur als perorale Inhalation mit Diskhaler angeboten und soll gemäß Arzneimittelinformation innerhalb von 48 Stunden nach Einsetzen der Symptome eingenommen werden. Es sollen zwei Mal täglich zwei In- halationen über die Dauer von fünf Tagen eingenommen werden. Oseltamivir (Tamiflu®) wird als Hartkapseln zu 75 mg und als Pulver zur Herstellung einer oralen Suspension für Kinder angeboten. Zur Therapie der Influenza müssen über die Dauer von fünf Tagen zwei Tabletten à 75 mg Oseltamivir eingenommen werden. 3. Die Pandemie-Phasen und -Stufen Der österreichische Influenza-Pandemieplan sieht formal, jedoch nicht inhaltlich, eine unterschiedliche Gliederung der Pandemie-Stufen gegenüber der WHO vor. Er ist an- gelehnt an WHO und EU und ermöglicht eine klare Aufgabenzuteilung in den einzel- nen Phasen zu den zuständigen Behörden und Institutionen. 5
Phase 0: Level 0: kein neuer Influenzavirustyp/-stamm Level 1: Meldung über neuen Virussubtyp/-stamm bei einem Menschen Level 2: Zwei oder mehr bestätigte humane Influenzafälle mit dem neuen Virussubtyp/-stamm Level 3: bestätigte Übertragung des neuen Virussubtyps-/stammes von Mensch zu Mensch Phase 1: Bestätigung der Pandemiebedrohung durch die WHO/Auftreten mehrerer Ausbrüche in zumindest einem Land und Wei- terverbreitung über die Landesgrenzen Phase 2: Pandemie erreicht Österreich (angrenzende Länder) Phase 3: Ende der ersten Pandemiewelle Phase 4: Zweite bzw. weitere Wellen der Pandemie Phase 5: Ende der Influenzapandemie Die WHO-Phasen Phase 1: Kein neuer Influenzavirus-Subtyp beim Menschen feststellbar. Das Risiko von menschlichen Infektionen durch ev. zirkulierende tierpathogene In- fluenzaviren werden als gering eingestuft, auch wenn diese bereits Erkrankungsfälle beim Menschen ausgelöst haben sollten. Phase 2: Wie oben, aber zirkulierende tierpathogene Influenzaviren stellen ein beträchtliches Risiko für humane Erkrankungen dar. Phase 3: Humane(r) Erkrankungsfall/-fälle durch einen neuen Influenzavirus-Subtyp, aber keine Mensch zu Mensch-Übertragung (bzw. nur äußerst selten bei sehr engem Kontakt). Phase 4: Limitierte Mensch zu Mensch-Übertragung streng lokal begrenzt. Phase 5: Größere Ausbrüche, aber Mensch zu Mensch-Übertragung noch lokal begrenzt. Phase 6: Pandemie: zunehmende und anhaltende Ausbreitung in der Bevölkerung. Pandemie erreicht Österreich oder angrenzendes Ausland Ende der Pandemiewelle Zweite und weitere Wellen Post-pandemische Periode: Ende der Pandemie Rückkehr zur interpandemischen Periode 6
4. Pandemie-Krisenstab Er besteht aus einem Kernteam und einem erweiterten Team. Die Aufgaben beider Teams sind phasenbezogen nachstehend dargestellt. Das Kernteam ist teilweise auch in operative Aktivitäten einbezogen und hat insgesamt organisatorisch, medizinisch, schließlich allokationsethisch wichtige Entscheide mit vorzubereiten und zu tragen. 4.1 Mitglieder Das Kernteam: - Vorsitzender: Dr Elmar Bechter (Abteilung IVd-Sanitätsangelegenheiten) - Stellvertretender Vorsitzender: Dr Wolfgang Grabher (BH-Dornbirn) - Abteilung Ia-Innere Sicherheit, - Landespressestelle, - Krankenhausbetriebsgesellschaft (VKHBG), - Chefarzt Landes-Schwerpunktspital Feldkirch, - Krankenhaushygieniker LKHF, - klinischer Infektions-Experte, - Präsident Landes-Geschäftsstelle Österr. Apothekerkammer, - Präsident Vgb. Ärztekammer, - Katastrophen-Referent Ärztekammer - Gemeindeärzte-Referent Ärztekammer - Vertreter ÖRK- Landesverband Vorarlberg 4.2 Aufgaben (phasenbezogen) - Phase 0 (WHO- Phase 1 bis 5): Mitwirkung bei der Planung (Impfung, NAH, Masken, sanitätspolizeilichen- seuchenhygienischen Maßnahmen, Krankentransport/- versorgung) laufende Information der Medien (ausschließlich im Wege über Landespresse- stelle) Information/Beratung/Unterstützung aller involvierten Institutionen/Sektoren der Krankenversorgung und -pflege Veranlassung von spitalsinternen Maßnahmenpläne/ krankenhaushygienischen Maßnahmen - Phase 1 (WHO- Phase 6): Einberufung des erweiterten Krisenstabes Information der Spitäler und Ärzteschaft über aktuelle Situation, Prophylaxe- und Therapiemöglichkeiten 7
laufende Information der Medien (ausschließlich im Wege über Landespresse- stelle) Freigabe/Distribution der Prophylaxe/Therapie mit Neuraminidase-Hemmern (NAH) Freigabe/Organisation der Impfung (falls Pandemie-Impfstoff vorhanden) Freigabe von Mundschutzmasken (Einsatzkräfte) Koordination des Krankentransportes Phase 2 (WHO - Pandemie erreicht Österreich oder angrenzendes Ausland): tägliche Lagebesprechung und Reaktion auf die jeweilige Situation mit eventueller Adaptation des Pandemieplanes Umsetzung der sanitätspolizeilichen-seuchenhygienischen Maßnahmen Festlegung des Einnahmebeginnes der NAH-Prophylaxe laufende Information der Medien (ausschließlich im Wege über Landespresse- stelle) 5. Der erweiterte Krisenstab Im erweiterten Team werden ua alle wichtigen Informationen übermittelt und ausge- tauscht, sodass alle wichtigen Bereichs- und Sektorenvertreter laufend auf dem neues- ten Informationsstand operieren können. Die Mitglieder werden auch die Aufgabe ha- ben, alle Entscheide und Anordnungen des Krisenstabes in ihren Bereichen erforderli- chenfalls optimal zu kommunizieren und umzusetzen. 5.1 Mitglieder - Vertreter Pharm.-Großhandel, - Chefärzte/Vertreter Hygieneteam der übrigen Spitäler, - Obmann Hauskrankenpflege, - Krankenhaus-Apotheker LKH-Feldkirch - Vorsitzender Arge Pflegedienstleitungen, - Vorst. Abt. IVb – Gesundheit/ Sport - Vorst. Abt.Vb – Veterinärangelegenheiten - Vorst. Abteilung IIa - Schule, weitere Einsatzorganisationen (ASB, Bergrettung, Feuerwehr, 1LNA,Krisenintervention KIT), - Landespolizeikommando, - Militärkommando, - Direktor VGKK, - Vors. Ethik-Kommission, - Tourismus-Direktor - Vertreter Bestatter-Gremium 8
5.2 Aufgaben - vorwiegend Information aller vertretenen Institutionen/Sektoren 6. Szenario-Berechnungen zur groben Abschätzung der Fallzah- len Gemäß österreichischem statistischem Zentralamt betrug die Bevölkerung im Jahres- durchschnitt 2004 359.388 Personen. Die 0 bis 14-Jährigen machen mit 67.165 18,6 % der Bevölkerung aus, die 15 bis 60-Jährigen mit 225.968 Personen 62,87 % und die über 60-Jährigen mit 66.255 Personen 18,63 % der Bevölkerung aus. Die Bevölkerung Vorarlbergs macht 4,2 % der Österreichischen Gesamtbevölkerung aus. Zur ungefähren Abschätzung der zu erwartenden Fallzahlen werden folgende drei Be- rechnungsansätze herangezogen: 1. Berechnungsmodell anhand retrospektiver Influenza-Fallzahlen 2. Berechnungsmodell der CDC („FluAid 2.0“) von Meltzer Cox, Fukada 3. Berechnungsmodell des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen 2005 Ad 1: Für die Berechnungen der Influenza-Epidemiologie in Österreich in der Vergangenheit wurden folgende Datenquellen verwendet: Die Sentinella-Daten des Zeitraumes 1992 bis 2001 wurden hochgerechnet und die ICD-Daten sowie die Mortalitätsdaten des Zeitraumes 1992 bis 2000 wurden ausge- wertet. Die Abschätzung der Zahlen hat jedoch rein spekulativen Charakter, da über die Virulenz und Kontagiosität eines zukünftigen Influenzastammes keine Aussagen getroffen werden können. Retrospektiv können für Vorarlberg folgende Daten ermittelt werden: Laut Sentinella-Daten kam es in den Jahren 1992 bis 2001 zu durchschnittlich 378.500 Influenza-Erkrankungen pro Jahr, wobei Maximum und Minimum der Er- krankungszahlen um ca. 100 Prozent differieren. Durchschnittlich erkrankten 4.500/100.000 Einwohner pro Jahr an Influenza. Von diesen 4.500/100.000 Erkrankten mussten 1,3% stationär behandelt werden, was einer Inzidenz von 57/100.000 an stati- onär Behandlungsbedürftigen entspricht. Ein Fünftel der stationär Behandelten erlitt gemäß ICD-Daten eine Pneumonie als Komplikation (Inzidenz 11,1/100.000). Laut Todesursachenstatistik der Statistik Austria kam es im angegebenen Zeitraum aufgrund von Influenza bzw. deren Komplikationen zu einer Inzidenz an Todesfällen von 1,5/100.000, wobei Sekundärkrankheiten nicht berücksichtigt wurden. In der vereinfachten Annahme, dass sich zukünftige Erreger in der Virulenz und Kon- tagiosität nicht von bisherigen Influenzatypen unterscheiden, lassen sich die Fallzahlen und der Bedarf an Krankenhausbetten, Beatmungsplätzen und die zu erwartenden To- desfälle groß abschätzen. 9
Abschätzung der bei einer Influenzapandemie zu erwartenden gemittelten Fallzahlen für Vorarlberg auf Grund retrospektiver Daten: Erkrankte 16200 Konsultationen (50%) 8100 Stationäre Patienten 205 Pneumonien 40 (der stationären Pa- tienten) Todesfälle 6 Ad 2: Eine weitere Möglichkeit der Abschätzung der zu erwartenden Zahlen sind Influenza- Berechnungsmodelle des Center for Disease Control (CDC), erstellt 1999 von Meltzer, Cox, Fukada, welche nach Einteilung der Bevölkerung in Risikogruppen eine Ab- schätzung der zu erwartenden Hospitalisierungs- und Todesrate erlaubt. Die Zahl der zu erwartenden Hospitalisierungen, umgerechnet auf die Bevölkerung von Vorarlberg, reicht von 277 (minimal) bis zu 1.500 Personen (maximal), je nach- dem ob eine 15 oder 25%ige Erkrankungsrate und ob minimal oder maximal ungüns- tige Annahmen getroffen werden. Die Anzahl der zu erwartenden Todesfälle im Pan- demiefall bewegt sich zwischen 116 und 470 Personen. Zu erwartende Fallzahlen für Vorarlberg nach CDC- Berechnungsmodellen: Konsultationen 22342 - 69212 Stationäre Patienten 277 - 1502 Todesfälle 116 - 470 Ad 3: Wird das Berechnungsmodell des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen zur Abschätzung der zu erwartenden Hospitalisierungen incl. erforderlicher Beatmungs- plätze für Vorarlberg herangezogen so lassen sich für Vorarlberg 630 stationäre Auf- nahmen (0,7 % der Erkrankten) bei 140 zu erwartenden Todesfällen errechnen. Durch die Gabe von Neuraminidase-Hemmern an Erkrankte und an „priority groups“ (zur Aufrechterhaltung von medizinischer Versorgung und Infrastruktur) lässt sich die Hospitalisierungsrate um 56 % und die Mortalitätsrate um 53 % reduzieren. Zu erwartende Fallzahlen für Vorarlberg nach Berechnungsmodell des BMGF: Erkrankte 90000 Konsultationen (50%) 45000 Stationäre Patienten 630 Pneumonien 5400 Todesfälle 140 10
Die Berechnungsmodelle erlauben nur eine grobe Abschätzung der zu erwartenden Fälle, da über die Virulenz und Kontagiosität eines zukünftigen pandemiefähigen Vi- rus keine sicheren Aussagen getroffen werden können. Gemäß CDC besteht Einigkeit darüber, dass die Hospitalisierungsrate und die Mortalität bei NAH- Prophylaxe für Schlüsselpersonal und Therapie der Erkrankten um 50% reduziert wird. 7. Maßnahmen 7.1 Verhinderung der Weiterverbreitung / sanitätspolizeiliche Maßnahmen In der Geschichte der Seuchenbekämpfung unverändert bewährt sind in mehrfacher Hinsicht einschränkende sanitätspolizeiliche Maßnahmen, für welche das Epidemiege- setz 1950 (idgF.) nach wie vor eine (teilweise) Grundlage darstellt. Im Anlassfall würde die Influenza per Verordnung der Bundesministerin der Meldepflicht gemäß Epidemiegesetz unterworfen, mit in diesem Gesetz vorgesehenen, verfügbaren Schutzmaßnahmen. Dieses sieht unter anderem vor: die Absonderung von Kranken, Ausschließung einzel- ner Personen von Lehranstalten, Abschließung von Wohnungen, Verbot von Trauer- feierlichkeiten, Betriebsbeschränkungen oder Schließung gewerblicher Unternehmen, Verkehrsbeschränkungen für die Bewohner bestimmter Ortschaften und gegenüber dem Ausland und auch Vorschriften im Bezug auf Verkehrsunternehmen (z.B. ÖBB) im Inland uvam. Das Verbot von sportlichen, kulturellen und religiösen Veranstaltungen sowie großen gesellschaftlichen „events“, ist derzeit Epidemie-rechtlich nicht abgedeckt, was die angekündigte Erlassung eines neuen Seuchen-Rechts (Bundeszuständigkeit) einmal mehr als dringlich erscheinen lässt. Maßnahmen dieser Art haben jedenfalls präventive Priorität und sollten dazu beitra- gen, das Ausmaß der Erkrankungen mit allen gebotenen Mitteln zu reduzieren. 7.2 Impfung Da der Influenzavirus-Stamm, der zur Pandemie führt, nicht bekannt ist, ist die Her- stellung eines Impfstoffes zur Vorbeugung einer Pandemie in der interpandemischen Phase nicht möglich sein. Im Falle einer bestätigten Übertragung eines neuen Virus- subtyps von Mensch zu Mensch (Phase 0 Level 3 bzw. WHO-Phase 4) werden die impfstoff-produzierenden Firmen beauftragt, einen wirksamen und verträglichen Impf- stoff herzustellen. Am 14.11.2006 wurde vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen ein Rah- menvertrag mit der Firma Baxter über 2 x 8 Millionen Dosen Impfstoff unterschrie- ben. Nach derzeitigem Kenntnisstand muss der Impfstoff zweimalig im Abstand von 21 Tagen geimpft werden. Es ist vereinbart, dass pro Woche 400.00 Dosen (bis maxi- 11
mal 1.000.000 Dosen) Impfstoff nach Österreich geliefert werden. Die Lieferung wird in Durchstichflaschen zu 10 Dosen erfolgen. Bereits in der interpandemischen Phase werden Vorbereitungsarbeiten hinsichtlich Herstellung, Prüfung und Zulassungsver- fahren des auf vero-cell-base hergestellten Impfstoffes durchgeführt werden. Einige Wochen (8 bis 12) nach Identifikation des pandemiefähigen Influenza-Virus kann ein spezifischer Impfstoff, der in Österreich finalisiert wird, für den breiten Einsatz zur Verfügung stehen. Auf Grund der eingeschränkten Produktions- und Lieferkapazitäten der impfstoffpro- duzierenden Firma Baxter, ist vorgesehen in Vorarlberg nach einem Stufenplan zu impfen. 7.2.1 „Priority groups“ für die Erhaltung der Gesundheitsversor- gung und Infrastruktur Es ist aufgrund des zu erwartenden, anfänglichen Impfstoff-Engpasses vorgesehen, Personen, die zur Aufrechterhaltung der medizinischen und pflegerischen Versorgung, der inneren und äußeren Sicherheit sowie der essentiellen Versorgungs-Infrastruktur erforderlich sind, vorrangig zu impfen („priority groups“). Die Stufe 1 umfasst Ärzte, Pflegepersonal, Personal für Rettungs- und Krankentrans- porte, Hebammen, medizinisch-technisches Fachpersonal, Personen der Langzeit- pflege und -betreuung, Personen des Mobilen Hilfsdienstes, pharmazeutisches Perso- nal, Feuerwehr und Personen, die in Tele-Kommunikation-, Energie- und Wasserver- sorgung tätig sind (14.185 Personen [Stand Mai 2007]). Die Stufe 2 sind das weitere strukturerhaltende Personal außerhalb des Gesundheits- wesens (Verkehr, Nahrungsmittel und essentielle öffentliche Dienste). Die Stufe 2 umfasst 13.210 Personen [Stand Mai 2007]. Die Priority group 1 und Priority group 2 umfassen deshalb 27.395 Personen [Stand Mai 2007], die prioritär zu impfen sind. Nach dem Sistieren der Lieferengpässe ist die Durchimpfung der gesamten Bevölkerung vorgesehen. 7.2.2 Beschaffung/Lagerung/Distribution Gemäß Mitteilung des BMGFJ (Stand 25.06.2007) können pro Woche 400.000 Dosen Impfstoff nach Österreich geliefert werden. Umgelegt auf die Bevölkerungszahl Vor- arlbergs entspricht dies einer wöchentlichen Impfstofflieferung von 22.500 Dosen nach Vorarlberg. Wird die bevorzugte Belieferung von Kernresorts berücksichtigt, so verbleibt eine geschätzte Liefermenge von 20.000 Dosen pro Woche für Vorarlberg. Nadeln und Spritzen werden zusammen mit dem Impfstoff geliefert. Die Chargen- nummer wird von der Firma Baxter vorab bekannt gegeben. Der Impfstoff wird in Schachteln zu 200 Dosen geliefert, wobei pro vial 10 Dosen beinhaltet sind. 12
Es werden somit pro Woche 2.000 vials geliefert, die in den Impfstoffkühlschränken der Bezirkshauptmannschaften zwischengelagert werden. Eine Lagerung über mehrere Tage ist nicht vorgesehen, da - sobald der Impfstoff vorhanden ist - dieser umgehend verimpft wird. Zeitlicher Ablauf der Impfungen: 1. Woche: Impfung Priority group 1 2. Woche: Impfung Priority group 2 3. Woche: 2. Impfung Priority group 1 4. Woche: 2. Impfung Priority group 2 ab der 5. Woche: Impfung der Bevölkerung wobei nach zwei (bis drei) Wochen jeweils die zweite Impfung verabreicht werden muss. Bei einer Bevölkerungszahl von 360.000 und der veranschlagten Impfstoffliefer- menge von 20.000 Dosen pro Woche ist mit einer Zeitspanne von 36 Wochen für das gesamte Impfprogramm zu rechnen. 7.2.2.1 Impfung der Priority groups Nach Anzahl der gemeldeten Arbeitnehmer erfolgt für die Impfung der Priority group 1 eine fixe Kontingentzuteilung an die Institutionen (Krankenhäuser, Feuer- wehr, Rettungsorganisationen….). Für die Priority group 2 erfolgt eine fixe Kontingentzuteilung an die Betriebsärzte der jeweiligen Firmen nach Mitteilung des erforderlichen Kontingentes (analog der Ver- teilungslogistik für Tamiflu®). Die Impfärzte der Priority group 1 und 2 sind die Krankenhausärzte und die jeweiligen Betriebsärzte. Personen, die in dieser Phase nicht über einen Betriebsarzt geimpft wer- den, werden durch die Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (Amts-, Stadt- und Gemeindeärzte) geimpft. 7.2.2.2 Impfung der Bevölkerung Nachdem die Impfungen in den ersten vier Wochen durch die Krankenhaus- und Be- triebsärzte durchgeführt werden, wird ab der fünften Woche die Allgemeinbevölke- rung durch externe Impfteams geimpft. Jedes Impfteam besteht aus zwei Ärzten mit ius praktikandi einem Hilfsarzt zwei DGKS/DGKP zwei Hilfskräften. Das Aufgabengebiet der Ärzte mit Jus Praktikandi umfasst die Verabreichung der Impfung, der Hilfsarzt übernimmt die Nachbetreuung der Impflinge (Kreislauf- probleme, allergische Reaktion, …). Das diplomierte Krankenpersonal bereitet die 13
Impflinge und die die Impfung vor. Das Hilfspersonal übernimmt die administrativen Tätigkeiten. Es ist geplant, dass ein Impfteam pro Tag 1.000 Impfungen verabreicht, das sind um- gerechnet bei einem zehnstündigen Arbeitstag 50 Impfungen pro Arzt pro Stunde. Ein Impfteam ist somit in der Lage, an fünf Arbeitstagen 5.000 Dosen Impfstoff zu ver- impfen. Bei einer geschätzten Liefermenge von 20.000 Dosen pro Woche ergibt sich ein Bedarf von vier bis fünf Impfteams. Bei fünf Impfteams errechnet sich ein Personalbedarf von zehn Ärzten mit ius prakti- kandi, fünf Hilfsärzten, zehn diplomierten Krankenschwestern und zehn Hilfskräften. Im Land Vorarlberg ist vorgesehen, die Impfärzte aus der Personengruppe der Wohn- sitzärzte zu bestellen. In Vorarlberg sind 55 Wohnsitzärzte (Stand November 2007) gemeldet, die nicht in einem Anstellungsverhältnis zu einer Krankenanstalt stehen und nicht in einer Ordination tätig sind. Wohnsitzärzte sind gemäß § 47 Abs. 1 Ärztegesetz zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärzte und somit berechtigt intramuskuläre Impfungen durchzuführen. Die Hilfsärzte werden aus der Gruppe der Turnusärzte bestellt. 7.2.3 Impförtlichkeiten und Ablauf der Impfungen Es ist geplant, die Impfungen der Bevölkerung außerhalb der Arztpraxen und außer- halb der Krankenhäuser, die im Pandemiefall aus- oder überlastet sind, zu impfen. Ein weiterer Grund für die Auslagerung der Impfungen ist, dass Gesunde nicht mit den Kranken, die sich in Arztpraxen oder Krankenhausambulanzen befinden in Kontakt treten sollten. Vorgesehen ist, die Impfungen in öffentlichen Volksschulen in der jeweiligen Turn- halle durchzuführen. Die Voraussetzungen zur Durchführung einer Massenimpfung sind hier optimal gege- ben. 1. Umkleidemöglichkeiten 2. Toiletten 3. Fließend Warm- und Kaltwasser 4. Liegemöglichkeit in der Turnhalle auf Gymnastikmatten Es ist vorgesehen, die Bevölkerung von ca. 366.000 Personen abzüglich Priority group 1 und Priority group 2 gemeindeweise zu impfen. Zu diesem Zweck wird die Bevölkerung in Bezirksblöcke zu jeweils ca. 20.000 Perso- nen eingeteilt. Bludenz 1: Bartholomäberg, Gaschurn, St. Anton im Montafon, St. Gallenkirch, Schruns, Silber- tal, Vandans, Brand, Bürs, Bürserberg, Lorüns, 18.640 Personen. 14
Bludenz 2: Blons, Bludenz, Bludesch, Dalaas, Innerbraz, Klösterle, Lech, Stalehr, 21.741 Personen Bludenz 3: Fontanella, Ludesch, Nenzing, Nüziders, Raggal, St. Gerold, Sonntag, Thü- ringen, Thüringerberg, 19.222 Personen Feldkirch 1: Altach, Klaus, Götzis, Sulz, Weiler, 24.188 Personen Feldkirch 2: Düns, Dünserberg, Frastanz, Göfis, Röns, Satteins, Schlins, Schnifis, Zwischenwasser, 18.783 Personen. Feldkirch 3: Stadt Feldkirch 30.420 Personen. Feldkirch 4: Fraxern, Koblach, Laterns, Mäder, Meiningen, Rankweil, Röthis, Über- saxen, Viktorsberg, 25.339 Personen. Bregenz 1: Alberschwende, Andelsbuch, Au, Bezau, Bizau, Damüls, Egg, Lingenau, Mellau, Schnepfau, Schoppernau, Schröcken, Schwarzenberg, Warth, 19.992 Personen. Bregenz 2: Stadt Bregenz 27.296 Personen. Bregenz 3: Bildstein, Buch, Doren, Hittisau, Krumbach, Langen bei Bregenz, Lan- genegg, Reuthe, Riefensberg, Sibratsgfäll, Sulzberg, Mittelberg, 16.155 Personen. Bregenz 4: Eichenberg, Hörbranz, Hohenweiler, Lochau, Möggers, 13.918 Personen. Bregenz 5: Fußach, Gaißau, Hard, Höchst, 25.203 Personen. Bregenz 6: Kennelbach, Lauterach, Schwarzach, Wolfurt: 22.789 Personen. Dornbirn 1 und 2: Stadt Dornbirn 44.581 Personen. Dornbirn 3: Hohenems, 14.952 Personen. Dornbirn 4: Lustenau, 20.690 Personen. (genaue Auflistung siehe Anlage 3). 7.2.4 Dokumentation: Eine höherschwellige, arbeits- und zeitintensive Dokumentation ist im Pandemiefall nicht möglich, auch müssen bezüglich Information- und Aufklärungspflicht bei der Impfung Einschränkungen gemacht werden. Eine Form der nachvollziehbaren Dokumentation zu Kontrollzwecken muss jedoch gewährleistet sein. Diesbezüglich ist noch eine detaillierte Ausarbeitung (Installation einer Datenbank, „Influenzaimpfpass“) erforderlich. Entwurf eines Influenzapasses: (Anlage 4) 7.3 Antivirale Medikamente Aufgrund der Tatsachen, dass Amantadin und Rimantadin nur gegen Influenza A wirksam sind und der die aviäre Influenza verursachende Typ H5N1 eine hohe Resis- tenz gegen diese Medikamente aufweist, werden zur Prophylaxe und Therapie eines Pandemie-Influenzavirus die beiden Neuraminidase-Hemmer Oseltamivir (Tamiflu®) und Zanamivir (Relenza®) empfohlen. Nach Empfehlung des Österreichischen Pan- demieplanes wird wegen der einfacheren Einnahmeart Oseltamivir (Tamiflu®) bevor- 15
zugt. Weltweit wurden große Mengen von Tamiflu® geordert, wodurch Liefereng- pässe der produzierenden Firma Roche entstanden sind. Oseltamivir wird in zwei Darreichungsformen angeboten. Als Hartkapseln à 75 mg Oseltamivir und als Oseltamivir- Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Ein- nehmen. Oseltamivir wird zum einen zur Prophylaxe, zum anderen zur Therapie der Influenza eingesetzt. Die Mortalität kann durch die Therapie und die Morbidität durch die Pro- phylaxe um ca. 50 % reduziert werden. Prophylaxe: Die Prophylaxe mit Oseltamivir verhindert den Ausbruch der Erkrankung bzw. lindert die Krankheitssymptome und soll die Zeitspanne, in welchem noch kein Impfstoff vorhanden ist, überbrücken. Im Umsetzungskonzept Vorarlberg wurde eine acht- wöchige Prophylaxedauer mit der gemäß Fachinformation vorgeschriebenen Dosis von 75 mg Oseltamivir pro Tag als Grundlage der Berechnung herangezogen. Therapie: Oseltamivir senkt bei Erkrankten die Mortalitätsrate um 53 % und auch die Hospitali- sierungsrate kann um 56 % gesenkt werden, sofern mit der Therapie innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome begonnen wird. Die Krankheitssymp- tome (Fieber, Kopfschmerzen, Husten, …) werden abgeschwächt und die Dauer der Erkrankung verkürzt, sowie die Pneumonie-Wahrscheinlichkeit vermindert. Für die Therapie der Influenza wird 2 x 75 mg Oseltamivir über die Dauer von fünf Tagen verabreicht (bei Personen über 40 kg). Bei Kindern unter 15 kg 2 x täglich 30 mg, zwischen 15 und 23 kg 2 x täglich 45 mg, bei 23 bis 40 kg 2 x täglich 60 mg. 7.3.1 Priority groups Zur Aufrechterhaltung der medizinischen und pflegerischen Versorgung, der inneren und äußeren Sicherheit sowie der essentiellen Versorgungs-Infrastruktur des Landes ist die Prophylaxe mit antiviralen Medikamenten für das dort tätige Personal erforder- lich („priority groups“). Die Stufe 1 umfasst Ärzte, Pflegepersonal, Personal für Rettungs- und Krankentrans- porte, Hebammen, medizinisch-technisches Fachpersonal, Personen der Langzeit- pflege und -betreuung, Personen des Mobilen Hilfsdienstes, pharmazeutisches Perso- nal, Feuerwehr und Personen, die in Tele-Kommunikation-, Energie- und Wasserver- sorgung tätig sind. Die Stufe 2 sind das weitere strukturerhaltende Personal außerhalb des Gesundheits- wesens (Verkehr, Nahrungsmittel und essentielle öffentliche Dienste). 16
„Priority Group“ 1 und 2 umfassen in Vorarlberg knapp 28.500 Personen. Daraus er- rechnet sich ein Gesamtbedarf von ca. 120 kg Oseltamivir zur Prophylaxe (28500 x 75 mg x 56 Tage). Diese Menge wurde im Wege einer gemeinsamen Aktion der Bun- desländer mit dem Bund beim Hersteller (Firma. Roche) bestellt. Hinzu kommt dasjenige Infrastruktur- Personal (Polizei, Militär, Justizvollzug, etc), für welches der Bund als Dienstgeber zuständig ist (österreichweit knapp 150.000). Wird diese Zahl anteilsmäßig auf Vorarlberg umgelegt lassen sich weitere ca. 6.000 Personen errechnen. Alternativberechnung: Vom Land Vorarlberg wird eine Menge von 122,59 kg Tamiflu® primär zur Prophy- laxe des Infrastruktur erhaltenden Personals angeschafft. Für Therapie-Medikation ist der jeweilige Sozialversicherungsträger Leistungs- zu- ständig. Sollte sich hiebei ein Versorgungsengpass ergeben, wäre unter diesen Um- ständen die Heranziehung einer Tranche aus dem Prophylaxe- Vorrat zur Therapie für Erkrankte denkbar. Wird – in einem solchen Szenario – z.B. auf die Prophylaxe der oa Stufe 2 verzichtet, so ist es möglich 22,53 % der vorarlberger Bevölkerung therapeutisch zu versorgen. Wird diese Zahl von ca. 81000 Therapierten mit den oa Szenarioberechnungen vergli- chen, so ist feststellbar, dass unabhängig von der vor angeführten Berechnungen im „worst case“ Fall ein großer Teil der Erkrankten therapiert werden könnte. Welche Strategie in einem solchen Fall umzusetzen ist, wird jedenfalls im Krisenstab fest zu legen sein. Gesamthaft werden mit dieser Bevorratung ca. 26,61% der Vorarlberger Bevölkerung mit antiviralen Medikamenten versorgt. 7.3.2 Beschaffung/Lagerung/Distribution Die Firma Roche bietet Tamiflu® im Großgebinde zur Prophylaxe und Therapie einer großen Personen- Anzahl an. Ein Tamiflufass beinhaltet 102 l, hat ein Nettowirkstoffgewicht von 7 kg (Oseltamivir- Phosphat), welches einer Menge von 5,33 kg Wirkstoff (Oseltamivir) entspricht. Für das Land Vorarlberg werden 23 Fässer Oseltamivir bevorratet. Dies entspricht einer Lagermenge von 6 Euro- Paletten, da pro Palette 4 Fässer Platz haben. 17
Die Vorteile der Fasslagerung sind die längere Haltbarkeit (zehn Jahre), die verein- fachte Lagerhaltung und die wesentlich geringeren Kosten gegenüber den Kapseln. Die 23 Fässer werden nach Vorarlberg angeliefert und in einem Sperrlager gelagert. Die voraussichtlichen Lagerkosten belaufen sich auf € 3,65 pro Palette pro Monat. In dieser Phase darf kein Umfüllen, Zubereiten oder Umverpacken des Tamiflu-Pul- vers stattfinden, damit die durch die Fa. Roche zugesicherte Haltbarkeit nicht beein- trächtigt wird. Die Abgabe des Tamiflu ist gem. Rahmenvertrag mit der Fa. Roche erst dann zulässig, wenn die WHO den Ausbruch der Influenza- Pandemie verkündet hat. Im Pandemiefalle wird das Tamiflu-Pulver in 100g PE-Beutel umgefüllt. Nach dem Umfüllen werden die entsprechenden Kleingebinde, je nach Bedarf an die 49 Apotheken des Landes und die Anstaltsapotheke des LKH Feldkirch verteilt, wel- che die Zubereitung der Tamiflu-Lösung übernehmen. In den Apotheken erfolgt die magistrale Zubereitung der gebrauchsfertigen Lösung durch pharmazeutisches Fachpersonal durch die Zugabe von Natriumbenzoat und Wasser. Nach Mitteilung der Herstellerfirma und des Bundesministeriums für Ge- sundheit und Frauen kann zur Herstellung der Tamiflu-Lösung normales Trinkwasser verwendet werden. Zur Erhöhung bzw. Sicherung der Haltbarkeit soll das verwendete Wasser über die Dauer von zehn Minuten abgekocht werden. Die Stabilität der zubereiteten Lösung beträgt gemäß Fachinformation der Firma Ro- che sechs Wochen bei Kühllagerung (2 – 8° Celsius) und drei Wochen bei Raumtem- peratur (maximal 25° Celsius). Für die Zubereitung aller Tamiflu-Chargen in Vorarlberg über den Zeitraum von acht Wochen ist ca 8.000 g Natriumbenzoat erforderlich. Der erforderliche Bedarf an Natriumbenzoat (jeweils 250 g Natriumbenzoat pro Apotheke) wird in den Apotheken vorrätig gehalten. Die Zubereitung ist so zu berechnen, dass 1 ml der fertig zubereiteten Lösung 15 mg Oseltamivir beinhaltet, somit 5 ml 75 mg Oseltamivir. Zur Prophylaxe müssen 1 x 5 ml täglich über den Zeitraum von acht Wochen, für die Therapie 2 x 5 ml täglich über die Dauer von fünf Tagen eingenommen werden. Es ist vorgesehen, die Oseltamivir-Lösung in 50 ml-Fläschchen (Prophylaxedauer von zehn Tagen) herzustellen. Zum Abfüllen der Tamiflu-Lösung sind insgesamt 180.000 Fläschchen mit dem je- weiligen Verschluss und l80.000 Dosierlöffel/ Dosierbecher á 5 ml erforderlich. Nach Durchsicht der vorliegenden Angebote wird das Angebot der Firma Stölzle-Oberglas, Köflach vom Planungsteam präferiert. Es werden 180.000 Tropferflaschen 50 ml GL 18 SR angeschafft. 30.000 Flaschen mit Verschluss und Messbecher zum Abfüllen der ersten Charge (für den Zeitraum von zehn Tagen) werden nach Vorarlberg geliefert und an die Apotheken verteilt (je 600 Stück pro Apotheke, Anstaltsapotheke je 4000 Stück). Die Apotheke verpflichtet sich, diese Fläschchen mit Verschlüssen und Messbecher gesondert zu lagern und für den Fall der Pandemie vorrätig zu halten. Eine Umwälzung durch die Apotheke ist mög- lich, wobei sichergestellt sein muss, dass zu jedem Zeitpunkt eine ausreichende Menge an Fläschchen vorhanden ist. Die restlichen 150.000 Fläschchen incl. Messbecher und Verschlüssen werden in ei- nem speziellen Sicherheitslager der Firma Stölzle-Oberglas in Köflach gelagert. Da 18
zwischen erster und zweiter Abgabe des Tamiflu an die Priority Groups zehn Tage vergehen, bleibt im Pandemiefalle ausreichend Zeit die restlichen 150.000 Fläschchen nach Vorarlberg zu liefern. Es ist vorgesehen, die Neuraminidase-Hemmer über die Apotheken des Landes Vor- arlberg zu verteilen, wobei für die Prophylaxe jeweils eine Zehntagesdosis (50 ml) abgegeben wird. Zur Versorgung des Bregenzerwaldes und des Arlberggebietes ist vorgesehen, dass eine Apotheke, die ansonsten keine Abgabe durchführt an einem be- stimmten Tag in den Feuerwehrgerätehäusern in Au, Hittisau und Lech die Tamiflu- Lösung für 10 Tage abgibt. Da kriminelle Handlungen in den abgebenden Apotheken bzw. Stellen nicht ausge- schlossen werden können, muss die Abgabe unter Polizeikontrolle erfolgen. Es ist geplant in erster Linie Organisationen (Feuerwehr, Krankenanstalten, Rettungs- dienste, …) mit den erforderlichen Mengen an Neuraminidase-Hemmern zu versorgen. Auch hier muss, um einen Missbrauch vorzubeugen, eine nicht arbeitsintensive, aber sichere Dokumentationsform gewählt werden. Überlegung betreffend Installation einer Datenbank mit den Namen aller bezugsbe- rechtigten Personen werden angestellt, bedürfen jedoch einer längerfristigen Umset- zung. Als einfach administrierbare Lösung wird momentan eine Bezugsscheinregelung prä- feriert (Anlage). Die Bezugsscheine werden durchnummeriert und enthalten Coupons, mit welchen sechs Mal Tamiflu-Lösung und zwei Mal Impfstoff über die Apotheke bezogen werden kann. Der Bezugsschein ist nur in Verbindung mit einem Lichtbild- ausweis oder der ecard gültig. Bei der Abgabe der Tamiflu-Lösung oder des Impfstof- fes wird der Coupon von der Apotheke zu späteren Verrechnungszwecken abgerissen, gesammelt und die Abgabe mittels Stempel auf dem Bezugsschein dokumentiert. Die Bezugsscheine werden vom Amt der Vorarlberger Landesregierung hergestellt und durch Anbringen eines Rundstempels fälschungssicher ausgeführt. Die Bezugsscheine werden in erster Linie Organisationen und Krankenhäusern ausge- teilt, die eigenverantwortlich die Weiterleitung an die der Priority Group zugehörigen Personen vornehmen. Bestimmte Bezieher-Gruppen werden bestimmten Apotheken zugewiesen, um eine gleichmäßige Aufteilung unter den öffentlichen Apotheken und damit einen reibungs- losen Ablauf zu gewährleisten. Als Alternative sind Überlegungen betreffend die Abgabe des Tamiflu- Pulvers in Kapselform im Gange. 7.4 Versorgung mit Masken Zur Vermeidung von Influenza-Infektionen bei Exponierten werden FFP3-Masken mit Ventil vorgesehen. Diese Produkt-Klasse entspricht einer Empfehlung im österreichi- schen Pandemieplan und weist den stärksten Filtrationsgrad auf. Für lang dauernd Exponierte ist vorgesehen, dass FFP3 Masken mit Ventil verwendet werden, für die Patienten selbst werden FFP3 Masken ohne Ventil zum Einsatz kom- men. 19
Unter Exponierten wird das gesamte Medizinal- und Pflegepersonal mit Influenza-Pa- tientenkontakt angesehen, sowohl im Spitalsbereich als auch in der ambulant-häusli- chen medizinischen Versorgung, einschließlich des Hauskrankenpflege- Personal und der mobilen Hilfsdienste. Der Bedarf kann nur grob abgeschätzt werden. In Bezug auf die unter 6.0 angeführten Mengengerüste bei den Patienten-Zahlen wird ein Bedarf von 55.000 FFP3 Masken mit Ventil und 5.000 FFP3 Masken ohne Ventil zu Grunde gelegt. Die Beschaffung eines ersten „Grundstocks“ im Wege über die Bundesschaffungsge- sellschaft, Wien ist veranlasst. Die Haltbarkeitsdauer dieser FFP3 Masken beträgt 3 Jahre. Eine Umwälzung dieser Schutzmasken im regulären Krankenhauses-Betrieb erscheint derzeit kaum möglich. Es erscheint aus praktisch-medizinischen Gründen darüber hinaus auch zweckmäßig, dass sich die Allgemein-Bevölkerung durch Tragen von normalen Gesichtsmasken (MNS-Masken) schützt. Eine Bevorratung dieser Masken ist nicht vorgesehen, laut Angaben des Bundesmi- nisteriums werden mit großen Handelsketten Gespräche geführt, diese Artikel stark zu bewerben und für die Allgemein-Bevölkerung kostengünstig ab zu geben. 7.5 Krankentransport Das österreichische Rote Kreuz führt täglich ca. 250 bis 300 Krankentransporte in Vorarlberg durch. Die erwarteten zusätzlich 40 Patienten-Transporte für die stationär aufzunehmenden Patienten können von ÖRK und ASB geleistet werden. Die Sanitäter der Rettungsorganisationen sind hinsichtlich der Vorsichtsmaßnahmen beim Transport der Influenza - Patienten zu schulen. Die Information des Ziel-Krankenhauses ist im Wege über die auch bisher schon übli- che Kommunikationstechnik sicherzustellen. Der Patient selbst wird mit einer FFP 3 - Maske ohne Ventil versorgt. Unmittelbar nach dem Transport sollte eine Wisch-Desinfektion aller patientennahen Flächen und Gegenstände erfolgen, ebenso auch die Desinfektion von verwendeten Geräten und medizintechnischen Produkte. 7.6 Krankenversorgung Influenza-Patienten sollten möglichst lange zu Hause betreut werden. Aus vielen Gründen erscheint es geboten, nur die unbedingt stationär Betreuungsbedürftigen dem Krankenhaus zuzuweisen. 20
Die niedergelassenen Ärzte für Allgemeinmedizin und die Basis-Fachärzte tragen die Behandlung/Betreuung des allergrößten Teiles der Patienten im häuslichen Umfeld, gemeinsam mit dem Fachpersonal der Hauskrankenpflege. Diese enormen Versorgungs - Leistungen werden im Übrigen auch nur dann möglich sein, wenn gewährleistet ist, dass dieses Personal- genauso wie das in den Kranken- häusern - durch den prophylaktischen Einsatz von NAH geschützt ist. Für die Aufnahme in das Krankenhaus gelten folgende Indikationen: Medizinische Indikation: Patienten mit bzw. Verdacht auf Pneumonie und - nicht stabilen Vital- Parametern (Blutdruck, Puls, Atemfrequenz, Bewusstseinslage etc) - oder chronischer Herz-Kreislauf /Lungenerkrankung - oder Immunschwäche (z.B. immunsuppressive Erkrankung, onkologische Grunder- krankung, OPD,..) zusätzlich spezielle medizinische Indikationen: - Patient/-in mit deutlicher Rhabdomyolyse/Myoglobinurie, Gefahr des akuten Nierenversagens - Patient/-in mit Myokarditis/Perikarditis - Patient/-in mit Enzephalitis, Myelitis, Guillain-Barré-Syndrom Soziale Indikation: - Kompetente häusliche Versorgung nicht gewährleistet oder - Transportwege im Falle der akuten Verschlechterung länger als 4h Ausgehend von einer Fallzahl von maximal 90.000 Erkrankten in der gesamten Pan- demiephase wären bis zu 45.000 ärztliche Konsultationen zu bewältigen. Bei einer Aufnahme-Rate von 0,7 Prozent der Erkrankten ( gem. Unterlagen zum Österr. In- fluenza-Pandemie-Plan) wären insgesamt 630 Patienten innerhalb von 8 Wochen in der ersten Pandemie-Welle stationär zu versorgen. In der Phase, wo die Anstiegs- Kurve sehr steil verläuft, wäre mit max. 40 Aufnahmen pro Tag in den Krankenhäuser des Landes zu rechnen. Eine Umfrage in den Akutspitälern über die die Aufnahme-Kapazitäten in einem sol- chen Anlassfall hat Folgendes ergeben: 1. eine dezentrale Versorgung unter Einbezug aller Krankenhäuser wird als zielführender erachtet gegenüber einer zentralen Unterbringung in einem einzigen Spital. 2. die einzelnen Krankenhäuser halten die Bereitstellung folgender Betten-Zahlen für möglich: - Landeskrankenhaus Feldkirch (Gaisbühel und Haupthaus): 130 - Landeskrankenhaus ein Rankweil: 66 - Landeskrankenhaus Bludenz: 39 21
- Landeskrankenhaus Bregenz: 70 - Krankenhaus Dornbirn: 20 insgesamt 325 Betten Die Bereitstellung von Betten für Influenza-Patienten wird vorwiegend durch Entlas- sungen und Aufnahme-Stopps für elektive, chirurgische Patienten ermöglicht, es zeigt sich, dass auch in Nachbar-Ländern bzw. Kantonen ähnliche Mengengerüste organi- sierbar sind. Ungleich schwieriger ist aber die Versorgung von Intensiv-Patienten. Für unser Bun- desland wird im äußersten Fall im Zeitraum von etwa acht Wochen mit ca. 50 beat- mungspflichtigen Patienten zu rechnen sein. Im Hinblick auf die in Intensiv- und Überwachungsbereichen zur Verfügung stehen- den Betten bzw. Beatmungsplätze müssen deshalb in diesem Fall vorübergehend "Be- helfs-Lösungen“ wie Beatmung durch Narkose-Respiratoren etc. eingegangen wer- den. Insgesamt werden in diesem Versorgungssektor uU ethisch sehr schwierige Tri- age-Entscheidungen zu treffen sein. Für die Verhinderung der weiteren Verbreitung der Influenza im Krankenhaus sind Richtlinien zu beachten und strikt einzuhalten (siehe auch die Ausführungen im nächsten Kapitel). 8. Hygienemaßnahmen bei Patienten mit Verdacht auf bzw. nach gewiesener „Influenza“ 8.1 Räumliche Unterbringung - Einzelunterbringung: bei Patienten mit gleichem Erregertyp kann eine Kohortenisolierung durchgeführt werden. - Isolierung in einem Zimmer mit Nasszelle, Zimmer möglichst mit Schleuse. - getrennte Unterbringung von Kranken und Krankenverdächtigen - möglichst Raumlufttechnische Abtrennung. 8.2 Personalschutzmaßnahmen - Betreuung der Influenzapatienten durch besonders geschultes, mit Neuraminidase-Hemmern versorgtes und wenn möglich geimpftes Personal. - Schutzkittel, Einweghandschuhe, FFP3-Maske und Schutzbrille bei ausgeprägter Exposition (Bronchoskopie). In jedem Falle: - Mund-Nasenschutz (FFP3-Maske mit Ventil) vor Betreten des Zimmers anlegen, Schutzkittel in der Schleuse bzw. im Zimmer des Patienten anlegen und dort vor Verlassen des Zimmers belassen. 22
- Einweghandschuhe nach Betreten des Zimmers anlegen und vor Verlassen des Zimmers in geschlossenen Behältnissen entsorgen. - Händedesinfektion nach direktem Patientenkontakt, Kontakt mit erregerhaltigem Material oder kontaminierter Objekten sowie nach Ablegen der Handschuhe vor Verlassen der Schleuse mit einem gelisteten Desinfektionsmittel. 8.3 Desinfektion und Reinigung - Tägliche Wischdesinfektion der patientennahen Flächen mit einem gelisteten Desinfektionsmittel. - Alle Geräte/Medizinprodukte mit direktem Kontakt zum Patienten sind patientenbezogen zu verwenden bzw. müssen nach Gebrauch desinfiziert werden. Thermische Desinfektionsverfahren sind zu bevorzugen. - Geschirr kann in einem geschlossenen Behältnis zur Spülmaschine transportiert und danach wie üblich bei Temperaturen > 60 Grad gereinigt werden. - Wäsche/Textilien können dem Routine-Waschverfahren für Krankenhauswäsche zugeführt werden. Als Taschentücher und andere Respirationssekrete aufnehmende Tücher sollen Einwegtücher verwendet werden. - Für Matratzen werden wischdesinfizierbare Überzüge empfohlen. 8.4 Schlussdesinfektion - Die Schlussdesinfektion erfolgt für alle Flächen im Patientenzimmer entsprechend den Angaben für die tägliche Desinfektion. 8.5 Transport des Patienten innerhalb des Krankenhauses - Ist ein Transport im Krankenhaus unvermeidbar, muss der Zielbereich vorab informiert werden. Der Transport soll als Einzeltransport erfolgen, dabei trägt der Patient einen Mund-Nasenschutz (FFP3-Maske ohne Ventil). Das Transportperso- nal und das Personal der Funktionsabteilung tragen einen Schutzkittel, Mund-Na- senschutz (FFP3-Maske mit Ventil) und Einmalhandschuhe, gegebenenfalls eine geeignete Schutzbrille. Der Kontakt zu anderen Patienten und Besuchern ist zu vermeiden. Unmittelbar nach den Maßnahmen in der Zieleinrichtung sind die Pati- entenkontaktflächen vor erneuter Nutzung zu desinfizieren. 8.6 Krankentransport eines Erkrankungsverdächtigen/ Erkrank- ten außerhalb des Krankenhauses 23
- Vor Beginn des Transportes wird das aufnehmende Krankenhaus über die Einwei- sung des Patienten und über seine Verdachtsdiagnose/Erkrankung informiert. - Das Tragen von Einmalhandschuhen und Schutzkitteln der Personen des Transport- dienstes wird empfohlen. - Falls es der Gesundheitszustand des Patienten zulässt, sollte er mit einem Mund- Nasenschutz (FFP3-Maske ohne Ventil) versorgt werden. - Unmittelbar nach Transport ist eine Wischdesinfektion sämtlicher zugänglicher Patientenkontaktflächen mit einem gelisteten Desinfektionsmittel durchzuführen. - Nach dem Ablegen der Schutzkleidung ist eine Händedesinfektion durchzuführen. 9. Kommunikation/ Medien/ Öffentlichkeitsarbeit Es gilt, dem Bedürfnis nach sachlicher Information und Offenheit im Umgang mit Auswirkungen der Pandemie gerecht zu werden. Dabei soll die Bevölkerung motiviert werden, den Anweisungen und Empfehlungen zu folgen. Die Information soll vor allem - die Fakten über die Bedeutung der Krankheit, Angaben zur Verbreitung des Virus und das Ausmaß der Epidemie enthalten - Möglichkeiten und Grenzen der Selbstbehandlung schildern - Empfehlungen für situationsgerechtes Verhalten beinhalten - Über den Nutzen und allfällige Risiken der Impfung aufklären - Die therapeutischen Maßnahmen für Erkrankungen mit Komplikationen darlegen. Die Informationen werden vom Krisenstab bereit gestellt und freigegeben. Es ist dar- auf zu achten, dass mögliche Fragen vorweg genommen und beantwortet werden - nach dem Motto "agieren statt reagieren". Dabei ist auch zu darauf zu achten, dass die bereit gestellten Informationen umfassend und den Tatsachen entsprechend sind. An- gesichts der überschaubaren Zahl der Medien in Vorarlberg ist dies auch sehr realis- tisch durchführbar. Wichtig in der Kommunikation nach außen ist, dass alle Medien möglichst gleichzeitig mit denselben Inhalten versorgt werden. Ansprechpartner für die Medien sollte nur eine Person (Leiter des Krisenstabes) sein. Die Landespressestelle erfüllt dabei eine koordinierende Funktion. 9.1 Krisenkommunikationsplan Pandemie für das Bundesland Vorarlberg Medien und Kommunikation Vor, während und nach einem Pandemie-Ereignis ist eine umfassende, zielgerichtete Information der Bevölkerung von größter Bedeutung. Es ist notwendig, die Menschen mit Informationen zu versorgen, die sie brauchen, um die richtigen Entscheidungen im Risikofall treffen zu können. 24
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