INFOBAUKASTEN MOBILFUNK 1/4 - DIALOG UND KOMMUNIKATION - DOKUMENTATION NO 156
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INHALT VORWORT 5 1. Kommunale Beteiligung 4. Aktive Kommunikation mit 6 22 beim Mobilfunkausbau der Öffentlichkeit Wie die Netzbetreiber die Kommunen Mobilfunkunternehmen als Partner 22 6 über geplante Standorte informieren Wahr oder falsch? 22 Was die Bundesimmissionsschutzverordnung Eskalation oder Konsens? 23 6–7 für den Mobilfunk vorschreibt Risiken richtig einschätzen 23 Wozu haben sich die Mobilfunknetz- 7 Wer profitiert und wer nicht? 23 betreiber verpflichtet? Erfolgsfaktor: Zuhören 24 Kommunikation und Partizipation 7 Bedarfsorientierte Dialogmaßnahmen 24 – 25 Standortalternativen innerhalb des 8 Der richtige Zeitpunkt ist entscheidend 26 Suchkreises Zeitnahe Abstimmung 8 Exkurs: Desinformation und Meinungsbildung 27 Standortdatenbank im Netz 8–9 Gemeinsame Nutzung von 5. Messungen als Mittel Mobilfunkstandorten 8 28 der Aufklärung? Kommunale Liegenschaften als Grenzwerte stets deutlich unterschritten 28 8 Standortoption Vorher-/Nachhermessung oder Prognose- 29 berechnung? 2. Wie können Kommunen bei der Chancen und Risiken 29 Abstimmung von konkreten 10 Keine Beruhigungspille 30 Standorten vorgehen? Erfolgsfaktor: Seriöse Bewertung von 30 Die 16 wichtigsten Fragen für den Umgang Standortalternativen 10 mit einem Netzbetreibersuchkreis Exkurs: Standortkonzepte 30 – 31 Leitplanken definieren 11 Handlungsoptionen im Überblick 11 – 13 6. Öffentlichkeitsarbeit und 32 Umgang mit Medien 3. Im Spannungsfeld der Interessen: Erklären und aufklären 33 Der grundsätzliche Umgang 14 Klare Botschaften senden 33 mit Mobilfunk Fair und respektvoll bleiben 33 Die Kommune als Anlaufstelle 15 Das Geschehen im Netz beobachten 33 Vorbereitung: Generelle Weichenstellung 15 Transparenz und Information 15 Glossar 34 – 35 Wie kann die Kommunikation zum 16 Netzausbau gelingen? Information über den Sachstand Weiterführende Literatur 36 17 - wissenschaftsbasiert Wissensbasis schaffen 17 Informationsquellen 37 Wer ist kompetent? 18 Wer ist glaubwürdig? 18 Impressum – Fotonachweis 39 Fakten checken 19 Nutzen- und Risikoabwägung 19 Digitalisierung braucht Infrastruktur 19 Sankt Florian im Hinterhof 20 Interessen sichtbar machen 20 Erfolgsfaktor: 21 Transparenter Entscheidungsprozess 2 3
deckenden Mobilfunknetz und den daraus resultierenden Fragen zu konkreten Standorten zu vermitteln. In einer plu- ralistischen Gesellschaft ist es wichtig, auftauchende Fragen öffentlich zu diskutieren. Die Basis für jede konstruktive thematische Befassung sind zuverlässige Informationen. Wir möchten den Verantwortlichen in den Kommunen mit diesem Infopaket verständlich erklärte Fakten liefern. Sowohl der Prozess der Abstimmung von konkreten Mobil- funkstandorten als auch die generelle Auseinandersetzung mit dem Thema Mobilfunk und Infrastrukturausbau sind in der vorliegenden Publikation ausgearbeitet. Kommunen als neutrale Institutionen sollten besonders gro- ßen Wert auf eine möglichst sachliche, unabhängige und transparente Informationsvermittlung legen. Die Städte und Gemeinden können mit ihrer Kommunikation und Organi- sation wesentlich zu einem lösungsorientierten Umgang mit dem Thema Mobilfunk beitragen, wenn sie die Ent- scheidungsgrundlagen möglichst offenlegen und Anfragen sachlich und transparent beantworten können. Die vorliegende Broschüre will einen konstruktiven Bei- trag leisten, um den Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur DIE BASIS FÜR JEDE KONSTRUKTIVE VORWORT mit Kommunikation und Dialog zu begleiten. Der Mobil- funkausbau findet dann Akzeptanz, wenn die Bürger- innen und Bürger den Sinn und Nutzen des Ausbaus für THEMATISCHE BEFASSUNG SIND Täglich nutzen wir unser Smartphone und andere Geräte die Versorgung kennen und sich in der Lage sehen, die und können uns ein Leben ohne die Annehmlichkeiten der sie jeweils betreffenden Aspekte abzuwägen. ZUVERLÄSSIGE INFORMATIONEN. mobilen Kommunikation kaum mehr vorstellen. Die Techno- logie entwickelt sich schnell weiter und ermöglicht neue An- wendungen, gleichzeitig schlägt sich die Nutzung im rasant ansteigenden Datenvolumen nieder. Aufgrund des Anstiegs des Datenverkehrs ist der weitere Ausbau der Infrastruktur erforderlich. Um eine zukunftsfähige Mobilfunkinfrastruktur aufzubauen, müssen bestehende Mobilfunkstandorte er- weitert und zusätzlich neue Standorte gebaut werden. Viele Kommunen stehen vor der Herausforderung, zwischen den Bedürfnissen nach einem leistungsfähigen und flächen- 4 5
1. KOMMUNALE BETEILIGUNG BEIM MOBILFUNKAUSBAU nommen. Betreiber von Funkanlagen sind durch den Paragraphen dazu verpflichtet, Kommunen in die Standort- im Jahr 2020 überarbeitet und erneuert wurde, bietet den Kommunen konkrete Mitwirkungsmöglichkeiten bei der re- wahl neuer Anlagen einzubeziehen und deren Vorschläge zu gionalen Planung von Mobilfunkstandorten und trägt dazu berücksichtigen. bei, den einvernehmlichen Ausbau der Netzinfrastruktur zu regeln. (https://www.informationszentrum-mobilfunk. Die Verordnung und die zugehörigen technischen Normen de/sites/default/files/medien/mobilfunkvereinbarung.pdf ) legen zudem fest, wie Feldstärke- und Flussdichtewerte zu Das Dokument mit dem Titel „Vereinbarung über den Infor- ermitteln sind. Die Messgeräte, Mess- und Berechnungsver- mationsaustausch und die Beteiligung der Kommunen beim fahren, so heißt es dort, müssen dem Stand der Mess- und Ausbau der Mobilfunknetze“ bildet die Grundlage für eine Berechnungstechnik entsprechen. Die Messungen erfolgen Reihe von Maßnahmen bei der Abstimmung zwischen Netz- am Einwirkungsort mit der jeweils stärksten Exposition, an betreibern und Kommunen. Die Einhaltung der eingegange- dem mit einem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von nen Verpflichtungen wird regelmäßig durch unabhängige Menschen gerechnet werden muss. Gutachten überprüft. (https://www.bmu.de/download/jah- resgutachten-zur-umsetzung-der-zusagen-der-selbstver- Wozu haben sich die Mobilfunknetzbetreiber pflichtung-der-mobilfunkbetreiber/) verpflichtet? Die Mobilfunknetzbetreiber in Kommunikation und Partizipation Deutschland wollen den Auf- Die Mobilfunkunternehmen legen ihre Netzplanungen offen und Ausbau der Mobilfunk- und stellen diese den betroffenen Kommunen zur Verfü- netze im gesellschaftlichen gung. Es findet ein regelmäßiger Austausch über den Aus- Konsens durchführen. Aus bau- und Planungsstand der Netzinfrastruktur auf regionaler Wie die Netzbetreiber die Kommunen über geplante höchster Auslastung der Anlage und unter Berücksichtigung diesem Grund haben sie ge- und lokaler Ebene als Maßnahme zur frühzeitigen Einbezie- Standorte informieren der Immissionen anderer, in der Umgebung gelegener Funk- genüber der Bundesregierung hung der Kommunen statt. Deshalb besteht das grundsätz- Ein mehrstufiger Prozess regelt die Information und die anlagen die Grenzwerte nicht überschritten werden. Diese 2001 eine Selbstverpflichtung liche Angebot jedes Mobilfunknetzbetreibers, zu bedarfsori- Mitsprache der Kommunen hinsichtlich des geplanten Anforderung muss für den Einwirkungsbereich der Anlage in abgegeben, in der sie für den entierten Gesprächen und schriftlichen Abstimmungen zum Netzausbaus. So ist sichergestellt, dass die Städte und Gebäuden oder auf Grundstücken, wo sich Menschen dauer- Verbraucherschutz und die Zusammenarbeit mit den Kom- aktuellen Ausbau- und Planungsstand. Wird ein Suchkreis Gemeinden rechtzeitig von dem Vorhaben eines Mobil- haft aufhalten, erfüllt werden. munen Zusagen gemacht haben, die über die gesetzlichen für einen neuen Standort vom Netzbetreiber versendet, ist funknetzbetreibers Kenntnis erhalten und innerhalb eines Vorschriften hinausgehen. Die Selbstverpflichtung wurde der Zeitpunkt für diese Informationen so zu wählen, dass der definierten Zeitfensters ihre konkreten Standortvorschläge In der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begren- mehrfach aktualisiert und fortgeschrieben. Kommune ein angemessener Zeitraum zur Stellungnahme in die Planung einbringen können. Sowohl in der 26. Ver- zung elektromagnetischer Felder (BEMFV) ist in § 11 gere- verbleibt und die endgültige Standortentscheidung noch ordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutz- gelt, dass die Inbetriebnahme einer Funkanlage der Bun- Ebenfalls 2001 haben die Netzbetreiber mit den kommu- offen ist. Für einen direkten und schnellen Informationsaus- gesetzes (26. BImSchV) ist die Beteiligung der Kommunen desnetzagentur angezeigt werden muss. Die BEMFV sagt nalen Spitzenverbänden (Deutscher Städtetag, Deutscher tausch auf der Fachebene benennt jeder Mobilfunknetz- festgelegt, als auch in der Vereinbarung der Netzbetreiber auch, dass eine ortsfeste Funkanlage mit einer äquivalenten Städte- und Gemeindebund, Deutscher Landkreistag) die betreiber gegenüber den Kommunen einen zuständigen mit den kommunalen Spitzenverbänden. Durch diese bei- isotropen Strahlungsleistung (EIRP) von 10 Watt oder mehr „Vereinbarung über den Informationsaustausch und die Ansprechpartner, der für Fragen der Mobilfunktechnik und den Regelungen erhalten die Städte und Gemeinden die nur betrieben werden darf, wenn für diesen Standort eine Beteiligung der Kommunen beim Ausbau der Mobilfunk- für konkrete Fragen zu Standorten zur Verfügung steht. notwendigen Informationen ebenso wie Mitwirkungsmög- gültige Standortbescheinigung vorliegt. Paragraph 7 der 26. netze“ abgeschlossen. Diese Mobilfunkvereinbarung, die lichkeiten bei der Auswahl von neuen Mobilfunkstandorten. BImSchV regelt das Recht der zuständigen Behörden, die An- tragsdaten des Betreibers sowie die Standortbescheinigun- Was die Bundesimmissionsschutzverordnung für den gen bei der Bundesnetzagentur abzurufen. Mobilfunk vorschreibt Die 26. Verordnung zur Durchführung des Bun- Die 26. BImschV ist im Jahr 1997 in Kraft getreten und wurde des-Immissionsschutzgesetzes (26. BImSchV) bein- im August 2013 novelliert. Im Zuge der Neuregelung wurde haltet Regelungen zum Schutz und zur Vorsorge vor der Paragraph 7a „Beteiligung der Kommunen“ aufge- möglichen Gesundheitsrisiken durch elektrische, magne- tische und elektromagnetische Felder. Im Sinne der Ver- ordnung sind Hochfrequenzanlagen ortsfeste Funkanlagen mit einer Sendeleistung von 10 Watt EIRP (äquivalente iso- trope Strahlungsleistung) oder mehr, die elektromagneti- sche Felder im Frequenzbereich von 9 Kilohertz bis 300 Gi- gahertz erzeugen. Da Mobilfunkbasisstationen zu den Hoch- frequenzanlagen zählen, gelten für sie die in der Verordnung definierten Grenzwerte. Ziel der Grenzwertfestlegung ist es, die Sicherheit der Allgemeinbevölkerung im Umfeld von Sendeanlagen zu gewährleisten. Hochfrequenzanlagen sind danach so zu errichten und zu betreiben, dass auch bei 6 7
Standortalternativen innerhalb des Suchkreises Die Kommune kann ihrerseits Standortvorschläge für neue Sendeanlagen unterbreiten. Diese müssen in dem Suchkreis liegen, den der Mobilfunknetzbetreiber auf Grundlage seiner Netzplanung ermittelt hat, um die erforderliche Versorgungsverbesserung zu errei- chen. Die Netzbetreiber sagen zu, diese Vorschläge der Kommune zu Standorten vorrangig und ergebnisoffen zu prüfen sowie diese bei funktech- JUBILÄUMS- nischer und wirtschaftlicher Eignung vorrangig zu realisieren. Sollten die kommunalen Standort- AKTION 1. 2. 3 vorschläge innerhalb des Suchkreises aus funk- 15 Jahre SEI MIT DABEI! BEI! technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht geeignet sein, ist der Mobilfunknetzbetreiber auf- 15 Wochen tolle Aktionen. 15% Rabatt. Feiern Sie mit! gefordert, dies der Kommune zu begründen und bei Jeder zahlt den günstigsten Preis! Vorliegen entsprechender Möglichkeiten maximal zwei weitere konkrete Einigungsversuche zu unternehmen. Zeitnahe Abstimmung Der gesamte Abstimmungsprozess für einen konkreten durch andere Netzbetreiber an einem identischen Stand- Standort soll innerhalb von 8 Wochen abgeschlossen sein ort im Wege der Mitnutzung. Bei Letzteren handelt es sich und möglichst einvernehmlich erfolgen. In der Vereinbarung häufig um freistehende Mastbauten. Für die Kommunen ist betonen die Mobilfunknetzbetreiber und die kommunalen Mehrfachnutzung bestehender Dach- und Maststandorte, Spitzenverbände, dass auch bei umstrittenen Standorten die Standorte zur Wahrung städtebaulicher Belange oder unter Belange und Interessen beider Seiten berücksichtigt werden Aspekten des Landschaftsschutzes von Interesse. sollen. Bei allen Erweiterungen sind die gesetzlichen Vorgaben Standortdatenbank im Netz einzuhalten, insbesondere die Bestimmungen des Immissi- STANDORTDATENBANK IM NETZ Die Bundesnetzagentur hat als Beitrag zur Digitalisierung onsschutzes sowie des Baurechts. Da der Mobilfunkstand- innerhalb der Kommunalabstimmung eine internetbasierte ort bereits existiert, entfällt bei Erweiterungsmaßnahmen - INTERNETBASIERTE STANDORTDATENBANK Standortdatenbank für den kommerziellen Mobilfunk auf- die Anzeige des Suchkreises, die Kommune wird jedoch FÜR DEN KOMMERZIELLEN MOBILFUNK gebaut. In dieser EMF-Datenbank für Kommunen können schriftlich über die Maßnahme informiert. Begründet wird diese die aktuellen Standortbescheinigungen für ihren dies damit, dass Bestandsstandorte in aller Regel eine opti- Gemarkungsbereich einsehen und sich über die Inbetrieb- male Kombination aus funktechnischen Erfordernissen und - AKTUELLE STANDORTBESCHEINIGUNGEN ÜBER nahme neuer Makrostandorte informieren. Makrostandorte wirtschaftlichen Überlegungen darstellten und Alternativ- DIE INBETRIEBNAHME NEUER MAKROSTANDORTE* sind Dachstandorte oder freistehende Masten mit einer Sen- standorte grundsätzlich nicht in Betracht gezogen werden. deleistung größer 10 Watt EIRP, die eine Standortbescheini- - NUTZUNG FÜR KOMMUNEN KOSTENFREI gung der Bundesnetzagentur benötigen. Die Nutzung ist für Kommunale Liegenschaften als Standortoption die Kommunen kostenfrei, die bisherige schriftliche Unter- Angesichts der Bedeutung der Mobilfunkinfrastruktur auch richtung der Netzbetreiber entfällt dadurch. für die Kommunen sollen kommunale Liegenschaften zur - SCHRIFTLICHE UNTERRICHTUNG DER Installation neuer Sendeanlagen genutzt werden. NETZBETREIBER ENTFÄLLT Gemeinsame Nutzung von Mobilfunkstandorten Aufgrund der großen Anzahl der im Zuge des weiteren Netz- Die kommunalen Spitzenverbände unterstützten die Mobil- ausbaus zu errichtenden Antennenstandorten streben die funkbetreiber in diesem Anliegen ausdrücklich. Dazu wurden Netzbetreiber die möglichst optimale Nutzung von vor- Musterverträge über die Nutzung kommunaler Liegenschaf- https://datenportal.bundesnetzagentur.de/ handenen und zukünftigen Antennenstandorten an. Damit ten zum Zwecke des Baus und des Betriebs von Mobilfunk- sind sowohl Erweiterungen der vorhandenen Anlagen ge- anlagen erarbeitet, die im Bedarfsfall aktualisiert werden. meint, ebenso wie auch die Installation neuer Sendeanlagen * Makrostandorte sind Dachstandorte oder freistehende Masten mit einer Sendeleistung größer 10 Watt EIRP 8 9
2. WIE KÖNNEN KOMMUNEN BEI DER ABSTIMMUNG Leitplanken definieren VON KONKRETEN STANDORTEN VORGEHEN? Da der zeitliche Rahmen für den Dialog und die Abstimmung Generell gibt es drei Reaktionsmöglichkeiten für Kommu- über Standorte mit rund acht Wochen angesetzt ist, emp- nen, wenn es darum geht, mit einem konkreten Suchkreis fiehlt sich eine zeitnahe Kommunikation mit dem betreffen- eines Mobilfunkunternehmens umzugehen. den Netzbetreiber über das geplante Vorgehen. So können noch zusätzliche Informationen für die Gremien eingeholt Fall 1: und der Ablauf verbindlich festgelegt werden. Eine Kommune kann sich an der Standortsuche sowie der Abstimmung beteiligen mit dem Ziel, einen Konsens zwi- Wie bei fast allen komplexen Themen ist es hilfreich, die schen allen Beteiligten zu erreichen. Dieser Weg ermöglicht Leitplanken innerhalb derer die Kommune handeln kann der Kommune die größte Mitsprache beim Ausbau der und will, möglichst konkret in Worte zu fassen und zu Infrastruktur. kommunizieren. Fall 2: Auch der entgegengesetzte Weg kann eingeschlagen werden: Die Kommune lehnt den Suchkreis und die Ab- stimmung ab. Damit entsteht ein Dissens, der einen noch- maligen Einigungsversuch vorsieht, aber gegebenenfalls dennoch in der Ablehnung des Suchkreises endet. Fall 3: In der Praxis zeigt sich oft, dass der Mobilfunkdialog meist dann besonders gut funktioniert, wenn die Verwaltung ein Mandat Der dritte mögliche Weg ist das passive Verhalten der Kom- hat, bereits Standortvorschläge zu erarbeiten und es eine abgestufte Befassung der etablierten kommunalen Gremien mit der mune. Ohne eine Reaktion der Kommune auf den Suchkreis Mobilfunkthematik gibt. Konkrete Standortvorschläge und Klarheit über die weitere Vorgehensweise können die Schlüssel zu kann keine Übereinstimmung erzielt werden, die kommu- einer erfolgreichen Beteiligung beim Ausbau der Infrastruktur sein. nale Abstimmung endet damit ohne kommunale Aktivität. Geht eine Suchkreisanfrage bei der Kommune ein, ist es im Einzelfall empfehlenswert, die Gremien über das geplante Vorhaben zu informieren. Nach verwaltungsinterner Prüfung und eventuell bereits erfolgter Suche nach Alternativen sollte der entsprechende Ausschuss beziehungsweise der Gemeinderat informiert werden. DIE 16 WICHTIGSTEN FRAGEN FÜR DEN UMGANG MIT EINEM NETZBETREIBERSUCHKREIS Generell sollte der kommunale Umgang mit einem Netz- betreibersuchkreis die wesentlichen Fragen umfassen: Wer hat die Suchkreisanfrage für welches Netz gestellt? Welche Behörden sind zuständig? Wo liegt der Suchkreis genau? Inwieweit will die Kommune Einfluss auf die Gibt es innerhalb des Suchkreises schon geprüfte Standortwahl nehmen? Alternativen oder Standorte anderer Betreiber? Wo liegen die Grenzen der kommunalen Beteiligung? Gibt es innerhalb des Suchkreises Bereiche, in denen die Kommune eher keine neuen Standorte wünscht? Darüber hinaus können vorab weitere Fragen Zum Beispiel unmittelbar neben als besonders sensibel intern geklärt werden: empfundenen Einrichtungen oder Denkmalen? Wie groß ist der weitere Informationsbedarf? Gibt es Bereiche, die eine bessere Mobilfunkversorgung Soll öffentlich oder nicht-öffentlich beraten werden? benötigen? Wie etwa touristische Ziele, Gewerbegebiete Soll der Betreiber in die Sitzung eingeladen werden? oder Orte mit viel Publikumsverkehr? Wird ein weiterer Sachverständiger in der Sitzung Kann die Kommune einen geeigneten Standort benötigt? anbieten und damit die Mieteinnahmen der Was passiert, wenn keine Einigung erzielt wird? Allgemeinheit zukommen lassen? Welche rechtlichen/juristischen Stolpersteine gibt es? Welche bauordnungs-, bauplanungs- oder denkmalschutzrechtliche Rahmenbedingungen gibt es und gilt es zu beachten? 10 11
HANDLUNGSOPTIONEN FÜR KOMMUNEN Mögliche Schritte Auswirkungen Risiken Chancen Zeitnahe Entscheidung, Nicht-öffentliche Argumente können „Hinterzimmer“-Vorwurf Sachliche Diskussion Beratung im Rat erörtert werden Interessengruppen (pro/ Größere Akzeptanz durch Öffentliche Argumente können erörtert contra) können auf die Transparenz und Informa- Beratung im Rat werden, Transparenz Ratsmitglieder einwirken, tion der Öffentlichkeit über Vertagungsrisiko die Entscheidungsgründe Klare Information, Rechts- Alle funktechnischen und Planungssicherheit, Einladung des Netz- Netzbetreiber wird als Fragen werden meist wachsendes Verständnis betreibers in den Rat „zu einseitig“ angesehen ad hoc beantwortet für funktechnische Rahmen- bedingungen Unabhängige und sachliche Welcher Sachverständige Einladung eines Sach- Die meisten Fragen können Information, sofern ein an- ist der Richtige? Eventuell verständigen in den Rat beantwortet werden erkannter Sachverständiger Akzeptanzprobleme geladen ist Fronten werden Schnelle Klärung, ob sich die Einladung eines dezidierten Kritische Fragen werden geschaffen, Konflikt Kommune weiterhin in den Kritikers in den Rat gestellt und beantwortet könnte sich verstärken Dialog einbringen möchte Vertagung des Beschlusses Entscheidung wird aus der Standort wird vom Netz- Verantwortung liegt allein ohne Abstimmung Hand gegeben betreiber ausgewählt beim Netzbetreiber Kommune hat Hoheit über Angebot einer kommunalen Mietzahlung kommt der Kommune wird verant- den Standort, leistet Beitrag Liegenschaft Allgemeinheit zugute wortlich gemacht zur Versorgungssicherheit Eigenverantwortliche Ablehnung des Netzausbaus Zeitweiser Aufschub des verzögerte Verbesserung Akquise des Netzbetreibers innerhalb des Suchkreises Netzausbaus der Funkversorgung Endet die kommunale Abstimmung mit einem Dissens oder Die gängigsten Optionen mit deren Auswirkungen sowie im Suchkreis ohne kommunale Aktivität, bleibt die Frage offen, ob ein Chancen und Risiken sind hier kurz dargestellt. Es handelt sich Standort realisiert werden kann. Je nach Interessenlage oder dabei um Einschätzungen auf der Basis von rund 20 Jahren spezifischer kommunaler Situation kann ein Dissens durch- Erfahrung aus den bisherigen Dialogverfahren: Aufwändiger und Rechtliche Unsicherheit, Rechtssicherheit, sofern aus- Erstellung einer externen aus ein Weg sein, der sowohl für die Kommune als auch vergleichsweise teurer Kommune muss Standorte reichend viele Positivstand- baurechtlich unterlegten Prozess, keine Verbesserung für den gesamten aktuellen orte rechtlich ausgewiesen für den Netzbetreiber eine Option darstellt. Die Kommune Planung, um den Netz- der Funkversorgung ggü. und zeitnahen branchen- werden können und tat- wahrt die Distanz zum Betreiber und der Netzbetreiber kann ausbau zu steuern dialogischem Verfahren weiten Bedarf ausweisen sächlich verfügbar sind nach Abschluss der Kommunalabstimmung versuchen, einen Standort gemäß der rechtlichen Vorgaben zu errich- ten. Sollte dies nicht gelingen, kann allerdings die Versor- gung darunter leiden. Aufwand für die Kommune Eventuell Vorwurf gering, solange die Entschei- der „Untätigkeit“. Keine Reaktion auf Keine Mitsprache- dung zum Nichthandeln Auch Nicht-Handeln Suchkreis-Anfrage Möglichkeit nicht zu einer unerwünsch- wird oft als politische ten Standortlösung für die Entscheidung gewertet Bevölkerung führt 12 13
Vorbereitung: Generelle Weichenstellung Unabhängig von einem konkreten Suchkreis können sich Städte und Gemeinden auf den Ausbau der Mobilfunkin- frastruktur vorbereiten und die Weichen stellen, wie die Verwaltung mit dem Thema grundsätzlich umgehen soll. Mit welcher Intention und mit welcher Haltung bearbeitet die Kommune das Thema? Wie soll organisatorisch mit dem Netzausbau vorgegangen werden? Beispielsweise könnte eine Strategie sein, bei Suchkreisen kommunale Standort- vorschläge einzubringen. Dies könnte sich auch auf kom- munale Liegenschaften beziehen. Ob und welche Fälle im Rat besprochen werden, lässt sich auch im Vorfeld festlegen: Sollen nur Sonderfälle im Gremium abgestimmt werden? Zum Beispiel bei Standorten in Wohngebieten? Oder ge- nerell alle Standortoptionen? Welche Freiheiten erhält die Verwaltung? Sucht sie den regelmäßigen Austausch mit den Netzbetreibern? Welche Rolle sollen Prognoseberech- nungen, Messungen oder Standortkonzepte spielen? Schon bei der Planung und Ausweisung neuer Baugebiete sollte die Kommune die mobile Infrastruktur mitdenken und berücksichtigen. Ein neues Industriegebiet oder ein grö- ßeres neues Wohngebiet ohne Mobilfunkstandort kann zu einem Versorgungsproblem führen. Deshalb ist es sinnvoll, bei der Planung von neuen Wohn- und Industriegebieten die Telekommunikationsanbieter schon früh einzubeziehen oder mögliche Mobilfunkstandorte vorzusehen. Zur Vorbereitung einer Kommune gehört auch die Registrie- rung für die im Jahr 2020 erweiterte Standortdatenbank bei der Bundesnetzagentur (https://datenportal.bundesnetz- agentur.de/), um einen Überblick über den aktuellen Sta- tus quo zu bekommen. Je konkreter die politische Willens- bildung zum Mobilfunknetzausbau ist, desto klarer und strukturierter kann die Verwaltung das Thema bearbeiten und die Entscheidungen der Bevölkerung erklären. 3. IM SPANNUNGSFELD DER INTERESSEN: Die Kommune als Anlaufstelle Die Kommune als erste Anlaufstelle für Bürgerinnen und Transparenz und Information DER GRUNDSÄTZLICHE UMGANG MIT MOBILFUNK Bürger hat die Chance, das lokale Informations- und Dialog- bedürfnis richtig einzuschätzen und mit aktiver Kommunika- Wie kann die Kommunikation zum Thema Mobilfunknetz- ausbau in Kommunen gelingen? Die wichtigsten Stichworte tion Konflikten vorzubeugen bzw. diese zu minimieren. Wie dabei sind: Transparenz und Information. Insbesondere in allen demokratischen Willensbildungsprozessen steigt die durch die persönliche Einschätzung möglicher Risiken ge- Die Frage nach den Vorteilen oder je nach Blickwinkel Thema Mobilfunk ist die Befindlichkeit und die Meinungs- Chance auf eine Verständigung, wenn abweichenden Hal- staltet sich die Kommunikation mit Bürgerinnen und Bür- auch Nachteilen des Mobilfunks beschäftigt viele Men- bildung komplex: Wissen, Werte, Wahrnehmungen, persön- tungen mit Respekt begegnet wird. Es führt allerdings eher gern komplexer. Die Diskussion kann rasch auf eine emo- schen. Die Sorge, dass die elektromagnetischen Felder liche Betroffenheit, Technikfreundlichkeit oder Technikfeind- zu einer Zuspitzung der Konflikte in der Kommune, wenn tionale und unsachliche Ebene gelangen. Wichtig ist es des Mobilfunks Auswirkungen auf die Gesundheit haben lichkeit und andere Faktoren spielen dabei eine Rolle. Aller- diese tolerante Haltung auf Seite besorgter Bürger als Be- einerseits, den Zeitpunkt der Kommunikation mit Bedacht könnten, ist in Deutschland verbreitet. Trotz hoher Nach- dings zählt es in der Regel zu den Kernkompetenzen von stätigung für deren eigene Ängste missverstanden werden zu wählen, andererseits die Art und Weise der Information frage und steigender Nutzung der mobilen Kommunika- Kommunen, gerade in strittigen Diskussionen um notwen- kann. In der Einordnung sollte ebenfalls berücksichtigt wer- und des Dialogs auf die Befindlichkeit abzustimmen. Es geht tion gibt es stets einen gewissen Prozentsatz der Bevöl- dige Infrastrukturmaßnahmen, Lösungen unter Abwägung den, dass die sogenannte schweigende Mehrheit der Bürger, bei der Diskussion nicht allein um Aufklärung und sachliche kerung, der den Behörden misstraut oder sich von den der unterschiedlichen Interessen zu finden. die an einer guten Mobilfunkversorgung interessiert ist, sich Information, sondern auch Kommunikation und Dialog sind Grenzwerten nicht geschützt sieht (BfS). Insbesondere beim nicht zu Wort meldet und an der Diskussion nicht partizipiert. notwendig, um Ängsten entgegenzuwirken. 14 15
Wie kann die Kommunikation zum Thema Mobilfunknetzausbau in Kommunen gelingen? DREI WICHTIGE BESTANDTEILE ZUM KOMMUNIKATIONS-PROZESS: 1. INFORMATION ÜBER DEN SACHSTAND - WISSENSCHAFTSBASIERT 2. NUTZEN-/RISIKOABWÄGUNG 3. TRANSPARENTER ENTSCHEIDUNGSPROZESS Information über den Sachstand - wissenschaftsbasiert Wissensbasis schaffen In einer Zeit, in der alle Informationen über das Internet für Obwohl die meisten Menschen in Deutschland sich schon jeden überall und immer zur Verfügung stehen, fällt die Aus- einmal zumindest oberflächlich mit dem Thema Mobil- wahl und die Bewertung der Informationen umso schwerer. funk beschäftigt haben, fühlen sich die Menschen zum Ob nun die Algorithmen der sozialen Medien für die jeweili- einen subjektiv nicht sehr gut informiert, zum anderen ist gen Filter verantwortlich gemacht werden oder persönliche der Kenntnisstand über elektromagnetische Felder auch Einstellungen und Werte: Eine objektive Meinungsbildung 30 Jahre nach der Einführung des Handys immer noch nied- wird mit der Fülle der verfügbaren Informationen zusehends rig. Beispielsweise stufen viele Menschen Mobilfunksen- schwieriger. Welche Quelle ist vertrauenswürdig? Wer be- deanlagen als immissionsrelevanter ein als Mobiltelefone. wertet Informationen oder Studien objektiv? Wo finde ich Über das Zusammenwirken zwischen Mobilfunksendean- seriöse Informationen? Wer hat welche Interessen? lagen und Endgeräten wissen Laien meist wenig. Auch der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Forschung kann nicht als bekannt vorausgesetzt werden. Das Wissen zum Beispiel über den SAR-Wert (das ist die spezifische Absorptionsrate) ist laut Umfragen vergleichsweise niedrig und spielt bei der Anschaffung eines neuen Smartphones eine untergeord- nete Rolle. (Quelle: https://www.bfs.de/DE/themen/emf/ kompetenzzentrum/berichte/berichte-mobilfunk/risikoe/ umfrage/umfragen_node.html) 16 17
Wer ist kompetent? Für die Kommunen in Deutschland bedeutet dies, dass sie wichtiger Faktor für den Wirtschaftsstandort Deutschland, sich in ihrer Kommunikation rund um das Thema gesundheit- gleichzeitig müssten Fragen zu den gesundheitlichen Wir- licher Auswirkungen insbesondere auf unabhängige wissen- kungen des Mobilfunks beantwortet werden. (https://www. schaftliche Einrichtungen stützen sollten. Neutrale und ob- bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/DG/kommunikationsinitia- jektive Institutionen wie das Bundesamt für Strahlenschutz tive-mobilfunkausbau.html) oder die Weltgesundheitsorganisation sind hier verlässliche Fakten checken Quellen. Das Kompetenzzentrum Elektromagnetische Felder Häufig werden in der Diskussion einzelne Studien oder Be- In den letzten Jahren haben Falschmeldungen oder Ver- Zusammengefasst für die Kommunikation vor Ort bedeutet des Bundesamtes für Strahlenschutz versteht sich als unab- richte als Beleg für die jeweilige Meinung angeführt, eine schwörungsmythen vor allem durch die Verbreitung in dies: Mit dem Verweis auf qualifizierte Quellen sowie mit hängigen Vermittler zwischen Wissenschaft und Öffentlich- sachliche Auseinandersetzung mit Inhalten, Qualität von sozialen Medien zugenommen. Insbesondere beim Thema wissenschaftsbasierter Kommunikation können Kommunen keit und steht sowohl den Bürgern als auch den Behörden Einzelstudien oder deren Bewertung kann nicht die Auf- Mobilfunk sind solche Falschmeldungen fast schon an bei Bedarf die unterschiedlichen Argumente einordnen, und weiteren beteiligten Akteuren als neutraler Ansprech- gabe von Verantwortlichen in den Kommunen sein. Hier der Tagesordnung. Zumeist halten die Berichte einer aus- den Kenntnisstand in der Bevölkerung erhöhen und für eine partner zur Verfügung. Für kommunale Entscheider ist ei- ist die Empfehlung für kommunale Akteure eindeutig, sich führlichen Überprüfung nicht stand, wie unabhängige Versachlichung der Diskussion sorgen. gens eine Sprechstunde eingerichtet. (https://www.bfs.de/ auf die Zuständigkeit und Kompetenz von übergeordneten Rechercheportale belegen. Sollten in einer Kommune solche DE/themen/emf/kompetenzzentrum/das-kompetenzzen- Behörden zu stützen und auf deren Expertise zu verweisen. unbewiesenen Behauptungen virulent sein, empfiehlt sich trum/das-kompetenzzentrum.html) Das Bundesumwelt- Die Glaubwürdigkeit der Quellen ist von großer Bedeutung. ein Faktencheck und die klare Kommunikation. (https:// ministerium hat Fragen und Antworten zur Einführung der Wenn Kommunen sich zu der Frage der gesundheitlichen www.informationszentrum-mobilfunk.de/artikel/fakten- 5G-Mobilfunknetze und den damit in Verbindung stehen- Auswirkungen von Mobilfunk äußern wollen, sollten sie sich check-verschwoerungstheorien-rund-um-5g) den elektromagnetischen Feldern zusammengestellt und an etablierten Institutionen wie Behörden, Forschungsein- veröffentlicht. Mit einer transparenten und wissenschafts- richtungen oder Organisationen orientieren. Eine Liste von basierten Kommunikation will das Ministerium die Grund- Quellen und Ansprechpartnern findet sich im Anhang. lage für eine faktenbasierte gesellschaftliche Diskussion schaffen. (https://www.bmu.de/themen/atomenergie-strah- Wer ist glaubwürdig? lenschutz/strahlenschutz/nieder-und-hochfrequenz/ Beim Thema Technik und Funkplanung sind die Mobilfunk- hochfrequente-felder/fragen-und-antworten-zur-einfueh- netzbetreiber die ersten Ansprechpartner, wobei kritische rung-der-5g-mobilfunknetze-und-emf/) Auch die Bundes- Bürgerinnen und Bürger der Industrie eine geringere Glaub- regierung hat eine Kommunikationsinitiative zum Mobil- würdigkeit einräumen. Die Erfahrung, beispielsweise bei der funkausbau und zu 5G gestartet. Die Informationsinitiative Abschätzung der auftretenden elektromagnetischen Felder befindet sich derzeit im Aufbau, sie soll auch Dialogangebote in einer Kommune, zeigt, dass unabhängige Sachverstän- beinhalten. Ein leistungsfähige, stabile und flächendeckend dige nicht zu anderen Ergebnissen kommen als der jeweilige verfügbare Mobilfunkversorgung sei ein wichtiger Faktor bei Netzbetreiber. Allerdings wird dem Sachverständigen meist der Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse und ein höhere Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit attestiert. Nutzen- und Risikoabwägung da das notwendige Basiswissen für eine Abwägung und Die Einführung neuer Technologien, wie beispielsweise ak- eine Auseinandersetzung in der Verwaltung zumeist nicht tuell des 5G-Mobilfunkstandards, ist oft von Skepsis und vorhanden ist. Trotz der schwierigen Ausgangslage gibt es Risikodebatten begleitet. Die Diskussion um Chancen und für die Kommunen vier generelle Handlungsempfehlungen: Risiken muss gesellschaftlich geführt werden. Politik, Unter- beobachten, informieren, Ängste ernst nehmen sowie aktiv nehmen, Nutzer, Befürworter und Gegner benötigen einen informieren und Vertrauen aufbauen. fairen Diskurs. Die öffentliche Diskussion über die Einfüh- rung einer neuen Technologie ist Teil einer verantwortungs- Digitalisierung braucht Infrastruktur vollen Risikokommunikation. Die Erfahrung zeigt, dass eine Betrachtet man die Entwicklung der Nutzungszahlen in der kooperative und offene Kommunikation zu nachhaltigeren mobilen Kommunikation, so sind hohe jährliche Zuwachsra- und besseren Lösungen und weniger Konflikten führt. ten bei der übertragenen Datenmenge an der Tagesordnung. Da sich dieses Nutzungsverhalten voraussichtlich fortsetzen Häufig wird allerdings in Kommunen diese Diskussion im wird, ist aus Sicht der Mobilfunknetzbetreiber der weitere konkreten Fall am Standort einer Mobilfunkanlage fest- Ausbau der mobilen Infrastruktur erforderlich. Ausreichende gemacht und ausgetragen. Damit wird der gesamtgesell- Kapazität wird von den Nutzern ebenso eingefordert wie die schaftliche Diskurs auf eine lokale Ebene verlagert, die dafür Schließung von noch vorhandenen Funklöchern. Die Digi- weder verantwortlich noch vorbereitet ist. Für die handeln- talisierung fast aller Lebensbereiche basiert auch auf zeitge- den Personen ergibt sich daraus eine schwierige Situation, mäß ausgebauten Mobilfunknetzen. 18 19
Sankt Florian im Hinterhof Gleichzeitig gibt es die persönliche Befindlichkeit bei Bürgerinnen und Bürgern, wenn es um den konkre- ten Netzausbau vor der Haustüre geht. Im Englischen hat sich für diese Form des Protestes die Abkürzung NIMBY (not in my backyard – nicht in meinem Hin- terhof ) etabliert. Der Begriff, der seit den frühen Achtziger Jahren existiert, bezieht sich meist auf konkrete lokale Projekte, die zwar generell befür- wortet werden, aber eben nicht in Sichtweite bzw. im subjektiv definierten Nahbereich. Das reicht von Strommasten über sozialen Wohnungsbau und Windräder bis hin zu Mobilfunkanlagen. Oft ist der NIMBY-Vorwurf gleichbedeutend mit der Aussage, dass dabei nur eigene Interessen eine Rolle spielen und das „große Ganze“ dabei außen vor bliebe. Hier geht es letztlich um die Frage, ob das Gemeinwohl wichti- ger ist als die postulierten eigenen Interessen. Interessen sichtbar machen Umgang mit Interessen ganz unterschiedlicher Art hilft In der St. Florians-Debatte geht aber auch schnell unter, dass Transparenz und Abwägung. In diesem Spannungsfeld jeder der Beteiligten seine eigenen Interessen verfolgt: Die gilt es dann, einen für alle gangbaren Weg zu finden. Ein Verwaltung und die Politik ebenso wie die Mobilfunknetz- Lösungsansatz ist, neutral zu überlegen, wie die gemein- betreiber oder die Bürger, die Bedenken anmelden. Beim samen Angelegenheiten geregelt werden können. Erfolgsfaktor: Transparenter Entscheidungsprozess Sobald Menschen die Erfahrung machen, dass sich Beim Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur ist anders als bei Entwicklungen über ihre Köpfe hinweg vollziehen, großen Infrastrukturprojekten, aufgrund der kleinteiligen kann Zorn und Wut entstehen. Wenn kommunale Po- Struktur zu berücksichtigen, dass die Handlungsspielräume litik die Interessen offen benennt und den Weg einer entsprechend kleiner sind. transparenten Erörterung verfolgt, kann der Entschei- dungsprozess erfolgreich abgeschlossen werden. In Am Beispiel des Ausbaus der Mobilfunkinfrastruktur können der rechtlichen Sprache ist immer wieder vom Abwä- die Kriterien für eine Abwägung der Interessen zum Beispiel gungsgebot die Rede. Es geht um die Abwägung öf- diese Bereiche umfassen: Fragen der Versorgung, das Thema fentlicher und privater Belange gegeneinander und un- der Immissionsminimierung, Landschaftsschutz, Denkmal- tereinander. Ob nun der Abwägungsprozess mit dem schutz oder die optische Verträglichkeit. Stehen die Kriterien kleinsten gemeinsamen Nenner endet oder einer ande- fest, kann die Abwägung zwischen möglichen Standorten ren Lösung: Transparenz im Entscheidungsprozess, der auf einer soliden und nachvollziehbaren Basis erfolgen. Austausch von Argumenten und am Ende die Abwägung Somit wird der kommunale Entscheidungsprozess transpa- – diese Schritte führen zu einer nachhaltigen Lösung. rent und nachvollziehbar. 20 21
4. AKTIVE KOMMUNIKATION MIT DER ÖFFENTLICHKEIT Eskalation oder Konsens? Aus der Konfliktforschung ist bekannt, dass nicht bearbei- Risiken richtig einschätzen Insbesondere das Thema der wissenschaftlichen Unsicher- tete Konflikte weiter gären und zum Teil erhebliches Eskala- heit bedarf der Erläuterung. Beim Thema Mobilfunk gibt tionspotential in sich tragen. Für Kommunen bedeutet dies: es eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien und gesi- Kommunikation ist integraler Bestandteil des Mobilfunk- cherten Erkenntnissen zur biologischen Wirkung elektro- ausbaus. Nur so lassen sich Differenzen auf einer sachlichen magnetischer Felder, die die Unbedenklichkeit bestätigen. Ebene behandeln und Lösungen finden, die nachhaltig sind. Gleichzeitig gibt es aber auch offene Fragen und weiteren Forschungsbedarf. Für Laien wirken diese Aussagen risiko- Die grundsätzlichen Schritte sind vergleichsweise einfach: Es verstärkend. Das kann zu einer systematischen Überschät- gilt, die Situation zu beobachten, frühzeitig und transparent zung von Risiken führen. Auch bei der Interpretation von zu informieren, die Ängste in der Bevölkerung zu erkennen wissenschaftlichen Erkenntnissen sind Laien häufig überfor- und durch aktive Information Vertrauen aufzubauen. In der dert. Was ist ein „Hinweis“, was ein „Verdacht“ oder was hat Risikowahrnehmung sind, wie der amerikanische Forscher die Einordnung „möglicherweise Krebs erregend“ zu bedeu- Peter Sandmann festgestellt hat, oftmals die Risiken, vor ten? Hier können kommunale Vertreter auf das Know-how denen man sich fürchtet, nicht unbedingt die, vor denen man der Gesundheitsämter, des Bundesamtes für Strahlenschutz sich fürchten muss. Das bedeutet für die Kommunikation in oder auch auf die Mobilfunkbeauftragten der Netzbetreiber den Kommunen, dass zuerst Basiswissen wie der Stand der zugehen und sich externes Wissen erschließen. wissenschaftlichen Forschung sowie die gesetzlichen und rechtlichen Grundlagen vermittelt werden müssen. Eine Reihe von Studien und Befragungen beschäftigen sich Ein Teil dieser Aufklärungsarbeit findet aber weiterhin vor mit der Frage, wie die Gesellschaft die Risiken des Mobil- Ort in den Kommunen statt, zumeist in der direkten Nach- funks einschätzt, beziehungsweise wie groß die Besorgnis barschaft von geplanten Mobilfunkstandorten. Insbeson- im Hinblick auf die elektromagnetischen Felder des Mobil- dere durch eine offene und klare sowie frühzeitige Informa- funks und deren Auswirkungen auf die Gesundheit ist. tion können Misstrauen und Ängste abgebaut werden. Die Mobilfunknetzbetreiber haben dazu regionale Ansprech- Studien wie jene des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS, partner benannt, die den Kommunen konkrete Fragen be- 2019) (https://www.bfs.de/DE/themen/emf/kompetenzzen- antworten und gegebenenfalls vor Ort bei Gemeinderatssit- trum/berichte/berichte-mobilfunk/risikoe/umfrage/umfra- zungen oder Veranstaltungen Fragen beantworten und sich gen.html) konstatieren eine allgemeine Besorgnis von ca. in die Diskussion einbringen. 30 % der Befragten. Sorgen und Befürchtungen in Bezug auf den Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur sind in Deutschland Wahr oder falsch? schon seit rund 20 Jahren zu beobachten. Daher haben sich In den letzten Jahren hat sich die gesellschaftliche Mobil- die Mobilfunknetzbetreiber schon 2001 gegenüber der Bun- funkdebatte stark verändert. Spielten früher die klassischen desregierung verpflichtet, die Kommunen frühzeitig über Medien eine zentrale Rolle, hat sich heute das Internet als die Netzplanung zu informieren und verschiedene Dialog- wichtigste Informationsquelle durchgesetzt. Dies bringt Vor- und Informationsmaßnahmen umzusetzen. Dieser Dialog- und Nachteile mit sich. Zum einen kann sich jeder rasch ein Wer profitiert und wer nicht? es im Einzelfall sehr schwierig sein, die unterschiedlichen prozess wird regelmäßig durch externe Gutachter bewertet Bild von dem Wissensstand rund um das Thema Mobilfunk Nicht zu unterschätzen ist ebenfalls die Frage nach der Ver- Interessen zu koordinieren und zu berücksichtigen. Die Arti- und die Gutachten zur Selbstverpflichtung werden von Bun- machen, indem anerkannte Quellen konsultiert werden, teilung des Nutzens. Wenn in der Bevölkerung der Eindruck kulation von Interessen sollte jedoch zunächst stets als legi- desumweltministerium veröffentlicht. zum anderen eröffnet das Internet aber auch andere Quel- entsteht, der Nutzen sei ungerecht verteilt, wächst das Po- tim erachtet werden, auch wenn die letztliche Entscheidung len, deren Seriosität nicht überprüft werden kann. In der tential für Dissens. Wenn durch die Mieteinnahmen für eine gegebenenfalls nicht allen Interessenlagen gerecht werden Mobilfunkunternehmen als Partner letzten Zeit kursieren vermehrt Verschwörungstheorien und Basisstation nur ein Eigentümer als Vermieter bereit steht kann. Die Netzbetreiber sind sich der Erwartungen der Bevölkerung Falschmeldungen, die aller wissenschaftlichen und journalis- und einen „Nutzen“ hat und der Versorgungsaspekt in der und der Politik an ein leistungsfähiges Mobilfunknetz ebenso tischen Widerlegung zum Trotz immer weiter geteilt werden. Diskussion untergewichtet wird, kann dies zu Konflikten Wurde die kommunale Entscheidung für einen be- bewusst wie der Besorgnisse, die mit dem Ausbau verbunden In diesem Spannungsfeld ist die Kommunikation mit der führen, da die benachbarten Anwohner vermeintlich nur stimmten Mobilfunkstandort auf der Basis von klaren sind. Sie setzen weiterhin auf den Dialog mit Städten und Ge- Öffentlichkeit und insbesondere mit Anwohnern angesiedelt. die mutmaßlichen Risiken zu tragen haben. Besteht hinge- Kriterien getroffen gestaltet sich die Kommunikation meinden sowie auf Aufklärungsarbeit wie zum Beispiel durch gen eine gewisse Einflussmöglichkeit auf die Standortwahl, einfacher. Die Kommune kann dann die Kriterien und die Unterstützung des Informationsportals www.informati- verändert sich auch oftmals die individuelle Haltung zum deren Abwägung klar beschreiben und das Vorgehen onszentrum-mobilfunk.de. Thema Mobilfunk und Versorgung. Für eine Kommune kann begründen. 22 23
CHANCEN UND RISIKEN VON DIALOGVERFAHREN Maßnahme Chancen Risiken Aufwand Bürgerfragestunde nach öffentlicher Gemeide- ratssitzung, eventuell ge- Dialog-Angebot an interessierte Je nach Umfang der Tages- Geringer zeitlicher meinsam mit einem Ver- Bürger mit der Chance, in sach- ordnung evtl. wenig Zeit und und finanzieller treter eines Netzbetreibers licher Atmosphäre Fragen zu Raum, um alle Einwände zu Aufwand oder einem fachlich zustän- klären. bearbeiten. digen Experten, Moderation durch Bürgermeister Dieses Format benötigt einen Ausführliches Dialogangebot, klaren Rahmen (z. B. eine Runder Tisch: das aber bei allen Beteiligten die Geschäftsordnung) in dem ein von den Gremien Bereitschaft zur konstruktiven Geringer finanzieller die Spielregeln der Arbeit eingesetztes Beratungs- Zusammenarbeit voraussetzt. Aufwand, aber hoher genau definiert sind. Es ist nur gremium unter Vorsitz eines Kann durch die intensive Ausein- Zeitbedarf und für kleinere Gruppen geeignet. Verwaltungsmitarbeiters andersetzung mit dem Thema für langwierig Die beteiligten Bürger können oder Bürgermeister Versachlichung und nachhaltige den Rückhalt ihrer Community Lösungen sorgen. verlieren. Erfolgsfaktor: Zuhören Bedarfsorientierte Dialogmaßnahmen Zwar ist in der Kommunalabstimmung von Mobilfunkstand- Bei der standortübergreifenden Diskussion zum Thema orten keine Bürgerbeteiligung vorgesehen, aber sehr wohl Mobilfunk bieten sich unterschiedliche Dialogmaßnahmen Kann eventuell zu langen und Informations- können die Kommunen in den Dialog mit Bürgern treten. Gute Möglichkeit, über den emotionalen Diskussionen an, die sich an dem jeweiligen Bedarf vor Ort orientieren. veranstaltung: Hoher Aufwand, Sachstand und die Handlungs- und einer Frontenbildung Dafür sind grundsätzlich verschiedene Modelle denkbar. Je nachdem, welcher Hauptpunkt im Zentrum der Debatte mit Moderator, Experten vor allem zeitlich optionen zu informieren. führen, wenn die Diskussion Diese reichen von einer Fragestunde, bis zu übergeordneten steht, sollte das Veranstaltungsformat und die beteiligten und Fragemöglichkeit im Grundsätzlichen verharrt. Informationsveranstaltungen. Welches Format für welche Personen ausgewählt werden. Steht die Frage zur Debatte, Kommune angemessen und hilfreich ist, lässt sich nicht pau- wie sich die Kommune generell im Hinblick auf den Netzaus- schal sagen. Wichtigstes Kriterium ist die Bereitschaft, die bau positioniert? Will die Kommune über den Netzausbau in- Kann eventuell zu langen und Meinung der Bürger zu hören und diese zu Wort kommen formieren? Oder geht es darum, mit welchen Verfahren Ent- a) Informationsveran- Pro- und Contra-Argumente emotionalen Diskussionen Hoher Aufwand, zu lassen. Auch wenn die administrativen Handlungsspiel- staltung mit kontrovers scheidungen getroffen werden sollen? Wenn ausschließlich können ausgetauscht werden und einer Frontenbildung vor allem zeitlich besetztem Podium räume gering sein mögen, ist es sinnvoll, wenn Bürgerinnen der Bereich Mobilfunk und Gesundheit im Mittelpunkt steht, führen. und Bürger ihre Ängste und Bedenken artikulieren können. braucht es eine ganz andere personelle Besetzung. Wenn die Diskussion verhärtet b) Informationsveran- Angebot an interessierte Bürger ist, kann es schon über die staltung mit Podiums- Etwas weniger mit der Chance, in sachlicher Auswahl der Gesprächspartner vertretern, die fachlich Aufwand Atmosphäre Fragen zu klären unterschiedliche Meinungen zuständig sind. geben. c) Informationsveran- Lösungsorientierung staltung mit Bürger- Führt meist zu einer Etwas weniger der Initiativen kann klar initiativen auf dem Verhärtung der Situation. Aufwand hinterfragt werden Podium 24 25
Exkurs: Desinformation und Meinungsbildung Die Frage nach der Deutungshoheit und dem Wahrheitsgehalt von Informationen ist in den letzten Jahren immer wieder auf der Tagesordnung gelandet. Die Unmengen an Informationen durch neue Medien und Kommunikationskanäle sind schwer zu filtern. Menschen sind in einer übergeordneten Krise noch anfälliger für Desinformation als ohnehin schon. Medienwissenschaftler und Psychologen haben für die Anfäl- ligkeit von Menschen in bedrohlichen Situationen Erklärungs- modelle entwickelt. Eine Ursache liegt, so die Experten, in der Entwicklungsgeschichte begründet: Wenn der Säbelzahntiger das Leben bedroht, schaltet die Angst den Verstand aus. Das wird als eine Begründung angeführt, dass Menschen, die sich fürchten, anfälliger für Falschnachrichten sind. Im Kontext der Meinungsbildung beim Mobilfunk ist es sinnvoll, diese Zusammenhänge zu berücksichtigen. Nicht immer kann Medienkompetenz vorausgesetzt werden. Des- wegen ist es von großer Bedeutung, als Verwaltung Informa- tionen zu liefern, die belegbar und nachprüfbar sind. Fakten- checks und geprüfte Informationen finden sich zum Beispiel auf dem Portal des Informationszentrums Mobilfunk. (https://www.informationszentrum-mobilfunk.de/) Der richtige Zeitpunkt ist entscheidend Meist sind die Interessen beim Ausbau der Netzinfrastruktur Bei der Frage, wann der beste Zeitpunkt für die Kommuni- auch gegenläufig. Die eine Hälfte der Bürger fordert vehe- kation mit der Öffentlichkeit ist, gilt die Faustregel: je früher, ment den schnellen Ausbau der Infrastruktur, die anderen desto besser. Der frühzeitige Beginn der Kommunikation haben Vorbehalte und sehen die Notwendigkeit nicht. In zeigt, wie vorausschauend die Verwaltung handelt. Gleich- diesem Spannungsfeld liegt es an den Kommunen, den zeitig wird signalisiert, dass die Anliegen der Betroffenen Diskurs darüber zu führen und die Verantwortung für Inter- erkannt wurden. Frühzeitige Kommunikation heißt auch, essen beider Gruppen wahrzunehmen. die Chance auf Deutungshoheit über das Thema zu wah- ren. Sind erst einmal Gerüchte oder Falschinformationen im Im ersten Schritt geht es darum, Wissenslücken zu schließen: Umlauf, ist es schwer, diese wieder aus der Welt zu schaffen. Nicht alle der Technologie zugrunde liegenden technischen, Grundsätzlich sollte sich die Kommunikation an den Fakten medizinischen oder wissenschaftlichen Mechanismen sind orientieren. Zahlen, Daten und Fakten helfen bei der Einord- den Laien bekannt. Hinzu kommen noch Verständigungs- nung des Themas und schaffen eine solide Grundlage für probleme, da oft nicht die gleiche Sprache gesprochen wird. eine Meinungsbildung der gewählten Vertreter ebenso wie Oder die Erklärungen von Experten gar nicht auf die Ängste für die interessierte Öffentlichkeit. Wer plant was? Wann? der Fragesteller eingehen. Sobald Misstrauen gegenüber der Wer entscheidet? Nach welchen Kriterien? Neben der Kom- Verwaltung oder den Netzbetreibern auftritt, wird der Dia- munikation der Fakten geht es darum, Vertrauen zu schaffen. log kompliziert. Entscheidend ist dabei, mit welcher Haltung die Akteure an das Thema herangehen. Eine offene, transparente Haltung Insbesondere für kleinere Gemeinden und Städte, die keinen ohne Vorurteile bildet die Basis für eine gerechte Kommuni- expliziten Mobilfunkbeauftragen haben, ist das eine große kation mit allen Akteuren. Herausforderung. Bevor jedoch selbsternannte Experten mit ins Boot geholt werden, lohnt es sich, Rat zu holen, zum Bei- spiel beim Ansprechpartner des Mobilfunknetzbetreibers. 26 27
5. MESSUNGEN ALS MITTEL DER AUFKLÄRUNG? Vorher-/Nachhermessung oder Prognoseberechnung? Generell muss zwischen unterschiedlichen Methoden bzw. Vorgehensweisen unterschieden werden. Drei Optionen sind denkbar: Vorhermessung, Prognoseberechnungen und Nachhermessung. Bei der Messung der elektromag- netischen Felder vor Inbetriebnahme einer neuen Mobil- funkstation geht es darum, den Status Quo der Immissionen an einem vorher definierten Ort festzustellen. Wird anschlie- ßend eine Messung nach Inbetriebnahme durchgeführt, können die durch die neue Station hervorgerufenen elektro- magnetischen Felder ermittelt werden. Eine weitere Mög- lichkeit sind sogenannte Prognoseberechnungen. Diese Immissionsprognoseberechnungen simulieren die durch eine Errichtung oder Änderung einer Mobilfunkbasisstation im Gebiet der Kommune zu erwartenden elektromagneti- schen Felder. Häufig werden solche Prognoseberechnungen beauftragt, wenn es darum geht, unterschiedliche Stand- ortalternativen für Mobilfunkbasisstationen nach Immissi- onskriterien zu bewerten. Aus der Vergangenheit gibt es eine Reihe von Erkenntnissen Grenzwerte stets deutlich unterschritten Chancen und Risiken im Umgang mit dem Thema Prognoserechnungen und Mes- Die Ergebnisse dieser Messungen sind alle ähnlich und ein- Ob eine oder mehrere Messungen oder Immissionsprogno- sungen von elektromagnetischen Feldern. Im Kern geht es deutig: Trotz steigender Zahl der Mobilfunkteilnehmer und sen die Meinungsbildung in einer Kommune voranbringen darum, die Diskussion zu versachlichen und diese auf eine dem verstärkten Auf- und Ausbau neuer Funktechniken wer- und für mehr Akzeptanz sorgen, hängt stark von den jewei- solide Datenbasis zu stellen. Kann dies gelingen? Welche den die Grenzwerte im Mobilfunk deutlich unterschritten. ligen Rahmenbedingungen und den Erwartungshaltungen Voraussetzungen braucht es dafür? Seit 2004 können Messdaten von Mobilfunkanlagen auf der ab. Geht es darum, aus mehreren geeigneten Alternativstand- Website der Bundesnetzagentur in einer öffentlich zugäng- orten eine Auswahl unter Immissionsgesichtspunkten zu Für elektromagnetische Felder gelten Grenzwerte, die der lichen Datenbank abgerufen werden. https://emf3.bundes- treffen, kann eine Prognose sinnvoll sein. Immer gilt aber: Es Gesetzgeber festgelegt hat. Die Felder des Mobilfunks un- netzagentur.de/karte/Default.aspx muss vorher in der Kommune geklärt sein, was das Ziel einer terschreiten die Grenzwerte nach wie vor deutlich, obwohl solchen Untersuchung ist und wie die Ergebnisse dann in die die Zahl der Funkstandards (2G, 3G, 4G und 5G) und der Neben Angaben zur Höhe der örtlichen Immissionen von notwendigen Entscheidungen einfließen. genutzten Frequenzen in den letzten Jahren zugenommen Sende- bzw. Funkanlagen informiert die Seite über den hat. Grund ist das Standortbescheinigungsverfahren, das Standort von Mobilfunkanlagen sowie über den jeweils Messungen und Immissionsprognosen alleine sind ohne durch konservative Berechnungen gewährleistet, dass die geltenden Sicherheitsabstand. Einige Kommunen setzen zu- den notwendigen Kontext in aller Regel Ausgaben ohne Grenzwerte in öffentlich zugänglichen Bereichen eingehal- sätzlich auf eigene Mobilfunkmessungen und Prognosebe- Nutzen. Die Kosten für solche Untersuchungen variieren ten werden. Um die Höhe der elektromagnetischen Felder rechnungen. In Bayern gibt es dafür ein eigenes Programm stark, ebenso wie die Kompetenz der Anbieter. Eine Liste zu überprüfen, gab es in der Vergangenheit größere Mess- mit klaren Regeln. (https://www.lfu.bayern.de/strahlung/ von ausgewiesenen Sachverständigen gibt es hier: (https:// reihen zum Beispiel von der Bundesnetzagentur. Diese führt emf_messung_bewertung/fee2/index.htm) www.lfu.bayern.de/strahlung/emf_messung_bewertung/ auch regelmäßige Kontrollmessungen durch. fee2/index.htm). 28 29
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