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INSIDE JOB: Wie die Wirtschaftslobby die internen Verfahren der Kommission ausnutzt, um sich ihrer Verantwortung für Menschenrechte und Umweltschutz zu entziehen 1
Ein EU-Gesetzesvorschlag, der Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen, ihren Beitrag zur Klimakrise sowie zu Umweltzerstörung zur Rechenschaft ziehen sollte (EU-Lieferkettengesetz), wurde durch Unternehmenslobbyist*innen stark verwässert. Geholfen hat ihnen dabei die wirtschaftsfreundliche Agenda der Europäischen Kommission für „Bessere Rechtssetzung“, die unter anderem den Ausschuss für Regulierungskontrolle (Regulatory Scrutiny Board, RSB) beinhaltet. Die Deregulierungsmission des RSB trägt dazu bei, dass die Kosten für von Unternehmen verursachte Sozial- und Umweltschäden weiterhin von der Gesellschaft getragen werden, und nicht von den Unternehmen selbst. Das Ergebnis sind nun massive Schlupflöcher in einem Gesetz, das eigentlich die Straffreiheit von Unternehmen begrenzen sollte, indem es verbindliche Sorgfaltspflichten entlang ihrer globalen Lieferketten eingeführt und den Betroffenen den Zugang zu Recht ermöglicht hätte. 2
KAPITEL 1: Einführung Von Sklaverei entlang der Verantwortung für ihr Handeln die überwiegende Mehrheit Lieferketten für Schokolade übernehmen. der Unternehmen im Sektor bis hin zur Leugnung der Um weitere Fälle dieser angreift, deren schwammige weltweiten Klimaerhitzung Art zu vermeiden, haben freiwillige Selbstverpflichtungen – bedauerlicherweise ist es europäische Unternehmen einfach nicht garantieren können, nicht schwierig, zahlreiche laut den UN-Leitprinzipien für dass es an keinem Punkt der Beispiele für die Beteiligung von Wirtschaft und Menschenrechte Lieferkette der Schokoladentafel, europäischen Unternehmen an Sorgfaltspflichten (Due die Sie gerade erworben haben, Menschenrechtsverletzungen Diligence) zu erfüllen, d.h. Sklavenarbeit gab. und Umweltzerstörung zu Menschenrechtsverletzungen Im Kampf um die finden, entweder direkt oder und Umweltzerstörung Rechenschaftspflicht von über ihre Niederlassungen aufzudecken, zu untersuchen, Unternehmen ist die Klimakrise oder Zulieferer. Um nur zwei zu verhindern oder Abhilfe zu vielleicht das krasseste Beispiel. Beispiele aus der jüngeren schaffen, und werdensich für Ein Menschenrechtstribunal auf Vergangenheit zu nennen: diese in Verantwortung nehmen den Philippinen urteilte kürzlich, Erinnern Sie sich noch an Rana zu lassen. Vorschläge, wie man dass die umweltverschmutzenden Plaza, das marode achtstöckige dies sicherstellen kann, sind Unternehmen „moralisch Gebäude, das über Tausenden allerdings seit Jahrzehnten und legal haftbar“ für die von Textilarbeiter*innen einfach umstritten. Über viele Jahre Auswirkungen der Klimaerhitzung zusammenbrach und mehr als hinweg haben Unternehmen seien, insbesondere 1.100 Todesopfer forderte, die in diesem Zusammenhang aufgrund ihrer vorsätzlichen Kleidung für 29 Modemarken aktiv für ihre freiwilligen Verschleierung der Erkenntnisse produzierten? Oder Shell Selbstverpflichtungen geworben, der Klimaforschung und ihrer und seine Verseuchung des die oft auf Branchenebene Behinderung des weltweiten Nigerdeltas durch Ölaustritte, entwickelt wurden, deren Übergangs zu sauberer Energie1. die die Lebensgrundlage Ergebnisse jedoch meist Doch obwohl diese Kommission tausender Menschen zerstören mager bis unzureichend waren. weltweite Anhörungen und gigantische Umweltschäden Betrachten Sie zum Beispiel, veranstaltete, verfügt sie nicht anrichten. Im Gegensatz zu dass im Jahre 2022 nur ein über die Macht, die betroffenen solchen weit verbreiteten einziger Schokoladenhersteller, Unternehmen rechtlich zur unrühmlichen Beispielen kommt Chocolonely, für Produkte wirbt, Verantwortung zu ziehen. es hingegen äußerst selten vor, die ohne Sklaverei erzeugt dass Unternehmen die volle werden – und damit explizit 1. Isabella Kaminski, The Guardian, Filipino inquiry finds big polluters ‘morally and legally liable’ for climate damage, 6 May 2022, https://www.theguardian.com/world/2022/may/06/filipino-inquiry-finds-big-polluters-morally-and-legally-liable-for-climate-damage 3
Daher muss sich die Die globale Debatte darüber, verabschiedete, der eine Gesetzgebung der wie das Problem der gebrauchsfertige Vorlage für Menschenrechtsverletzungen Menschenrechtsverletzungen eine CSDD-Richtlinie enthielt. und Umweltschädigungen und Umweltzerstörung durch Doch dann präsentierte die annehmen, die durch das Unternehmen angegangen Kommission im Februar 2022 Handeln (oder Nichthandeln) werden kann, läuft bereits seit einen – vornehm ausgedrückt – von Unternehmen verursacht Jahrzehnten, nicht zuletzt auf der schwachen Gesetzesvorschlag. werden. Die Vorstände und Ebene der Vereinten Nationen, Unternehmensleitungen müssen die im Laufe der Zeit einige Zum einen steht hier aktiv verhindern, dass es zu Resolutionen und Empfehlungen nun die Einführung von Verstößen durch Unternehmen verabschiedet haben. Die EU „Verhaltenskodizes“ und kommt – und wenn sie die war nie Vorreiterin in der FrageVertragsklauseln durch die dafür notwendigen Schritte der verbindlichen Regeln. So Unternehmen im Mittelpunkt, nicht ergreifen, müssen sie zur stand etwa die EU dem 2014 die konkrete Maßnahmen Verantwortung gezogen werden von einer Koalition aus UN- gegen Missbrauch durch rein und hierfür haften. Staaten mit niedrigem und administrativen Papierkram mittlerem Einkommensniveau ersetzen. Dies lässt den Am 23. Februar 2022 vorgeschlagenen UN-Abkommen Unternehmen erheblichen veröffentlichte die Europäische zu transnationalen Unternehmen Spielraum, nicht wirklich Kommission endlich einen und Menschenrechten (Binding tätig zu werden und sich der Vorschlag für eine Richtlinie, Treaty on transnational Beseitigung von Schäden und der die sicherstellen soll, dass im Corporations and Human Rights) Entschädigung von Betroffenen Ausland aktive EU-Unternehmen ablehnend gegenüber3. zu entziehen. Des Weiteren ihre Sorgfaltspflichten (Due dürfen bei der Umsetzung Doch seit 2020 werden Diligence) erfüllen, um der Richtlinie ineffektive auch innerhalb der Menschenrechtsverletzungen Brancheninitiativen eine große EU gesetzgeberische sowie Klima- und Rolle spielen und die Anzahl der Maßnahmen diskutiert, Umweltschädigungen zu durch den Gesetzesvorschlag um die Durchsetzung von verhindern, zu beheben und erfassten Unternehmen ist Menschenrechts- und wiedergutzumachen – und Umweltschutzverpflichtungen von vornherein sehr gering. zwar unabhängig davon, ob Der Vorschlag der EU bleibt gegenüber Unternehmen zu die Schäden durch eigene stärken, die in der EU ansässig damit weit hinter der Maßgabe Auslandsoperationen, internationaler Vereinbarungen oder von ihrem Lieferanten, Sub- oder Hoheitsgebiet aus tätig sind. zurück, sämtliche Unternehmen andere Unternehmen entlang zu erfassen. ihrer Wertschöpfungskette verursacht werden. Dies ist Und als die EU-Kommission die so genannte „Richtlinie 2020 anfing, die ersten Ideen über die Sorgfaltspflichten von zu entwickeln, sah das zunächst Unternehmen im Hinblick auf alles sehr vielversprechend aus. Nachhaltigkeit“ (Corporate Geradezu ambitioniert. Sustainability Due Diligence Directive bzw. CSDDD oder EU- Die Dynamik verstärkte sich, Lieferkettengesetz2). als das Europäische Parlament im März 2021 einen Bericht 2. European Commission, Proposal for a Directive of the European Parliament and the Council, on Corporate Sustainability Due Diligence and amending Directive (EU) 2019/1937, COM(2022) 71 final, 23 February 2022. https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:bc4dcea4-9584-11ec-b4e4-01aa75ed71a1.0001.02/DOC_1&format=PDF 3. Mehr Informationen zum UN-Abkommen für Wirtschaft und Menschenrechte: https://www.stopcorporateimpunity.org/ 4
Zahlreiche wohlbekannte Die Macht, die dem Ausschuss und verschaffte damit den Hindernisse für Betroffene, für Regulierungskontrolle Wirtschaftslobbyverbänden und die versuchen, rechtliche (RSB, genaue Erläuterung ihren Forderungen Oberwasser. Ansprüche gegen Unternehmen s.u.) verliehen wurde – einem geltend zu machen, wurden undurchsichtigen Kontrollorgan Diese Entwicklung verdeutlicht nicht ausgeräumt, sodass zur Aufsicht über die die wahre Bedeutung der zukünftigen Kläger*innen Gesetzesvorschläge der EU- Verfahren der EU-Kommission der Zugang zu Recht nahezu Kommission, das insbesondere zur so genannten „Besseren vollständig verwehrt bleibt. angebliche „zusätzliche Rechtssetzung“. Mit dem Die Klima-Vorschriften regulatorische Belastungen“ von RSB hat die Kommission ein verpflichten Unternehmen Unternehmen minimieren soll – weiteres Bollwerk gegen nicht zur Umsetzung eines hat sich für die Großkonzerne Vorstöße geschaffen, die Emissionsreduktionsplans zu genau der Trumpfkarte Wirtschaft im Interesse der im Einklang mit dem entwickelt, die Viele befürchtet Öffentlichkeit zu regulieren. Pariser Abkommen, hatten. Das gesamte Rahmenwerk der einschließlich absoluter „Besseren Rechtssetzung“ ist SEIT DIE KOMMISSION IM Emissionsreduktionsziele für den dringend reformbedürftig. Noch RAHMEN EINES IM OKTO- kurz-, mittel- und langfristigen dringender müssen allerdings BER 2020 GESTARTETEN Bereich, und es fehlt an Mitteln zunächst umgehend die KONSULTATIONSPROZESS- zur Durchsetzung solcher Schwachstellen und Mängel der ES IHRE ERSTEN IDEEN IN Pläne durch Haftungsregeln. vorgeschlagenen CSDD-Richtlinie UMLAUF SETZTE, HABEN Und schließlich umfasst beseitigt werden. WIRTSCHAFTSGRUPPIERUN- der Gesetzesvorschlag GEN VEHEMENT GEGENTEIL- nicht einmal die gesamte Die Regierungsvertreter*innen IGE MEINUNGEN VERTRETEN Wertschöpfungskette, da der Mitgliedsstaaten im Rat der UND BEI ZAHLREICHEN LOB- er die Sorgfaltspflicht der BYTREFFEN IHR ÄUSSERSTES Europäischen Union und die Unternehmen in dieser GETAN, UM EINE LAXERE Abgeordneten des Europäischen Hinsicht auf ihre „etablierten VORLAGE ZU ERWIRKEN4. Parlaments (MdEP) müssen ihren Geschäftsbeziehungen“ internationalen Verpflichtungen begrenzt. Eine äußerst vage Und dabei hatten sie auch gerecht werden und ein Formulierung, bei der potenziell jede Menge Unterstützung wirklich effektives europäisches zahlreiche zwielichtige Zulieferer aus den Reihen der EU- System in Kraft setzen, das und Subunternehmer außer Acht Kommission selbst. Die Menschenrechtsverletzungen und gelassen werden können. Macht, die dem Ausschuss Umweltzerstörung entlang der für Regulierungskontrolle gesamten Wertschöpfungskette In diesem Bericht schauen wir (RSB, genaue Erläuterung von in der EU ansässigen uns den Entwicklungsprozess s.u.) verliehen wurde – Unternehmen verhindert oder des Kommissionsvorschlages einem undurchsichtigen behebt und Unternehmen im Detail an, um darzulegen, Kontrollorgan zur Aufsicht für begangenes Unrecht wie sich diese erstaunlichen über die Gesetzesvorschläge rechenschaftspflichtig und Veränderungen ergeben haben. der EU-Kommission, das haftbar macht. Unsere Analyse zeigt, dass der insbesondere angebliche Lobbyapparat der Großkonzerne „zusätzliche regulatorische hartnäckig Widerstand gegen Belastungen“ von Unternehmen jeden einzelnen Schritt geleistet minimieren soll – hat sich für hat. die Großkonzerne zu genau Und dabei hatten sie auch jede der Trumpfkarte entwickelt, die Menge Unterstützung aus den Viele befürchtet hatten5. Der Reihen der EU-Kommission RSB wies zwei Mal Berichte der selbst. Kommission zu Vorschlägen für eine CSDD-Richtlinie zurück 4. Corporate Europe Observatory, Friends of the Earth Europe & European Coalition for Corporate Justice, Off the hook, June 2021. https://corporateeurope.org/en/2021/06/hook 5. Corporate Europe Observatory, Recipe for disaster: a pro-business scrutiny board to prevent laws that hurt corporate profit, May 2015. https://corporateeurope.org/en/power-lobbies/2015/05/recipe-disaster-pro-business-scrutiny-board-prevent-laws-hurt-corporate-profit 5
KAPITEL 2: Große Ambitionen zu Beginn Als der EU-Justizkommissar Didier Die eigenen freiwilligen Initiativen der Wirtschaft wurden Reynders im April 2020 ankündigte, dass er eine Gesetzesinitiative 1 als ineffektiv betrachtet, daher vorstellen werde, die europäische Unternehmen zur Einhaltung die Notwendigkeit europäischer verbriefter Menschrechte und zur Gesetze Sorgfalt (Due Diligence) in Bezug auf die Umwelt verpflichten und Die Kommission gab den eigenen freiwilligen zusätzlich Unternehmensvorstände Initiativen der Wirtschaft keinen Raum. Tatsächlich und -leitungen in die Verantwortung beruhten die Regulierungsbestrebungen zu einem nehmen werde, wurde umgehend großen Teil darauf, dass diese Initiativen von der deutlich, dass dieses Vorhaben bei Kommission als ineffektiv betrachtet wurden. Die Welt zahlreichen Wirtschaftsverbänden hat schon viele von der Wirtschaft initiierte Initiativen auf Ablehnung stieß. erlebt, die Umweltschutz- und Menschenrechtsfragen angehen sollten. Doch über die Jahre hatten sich so viele dieser Initiativen als mangelhaft erwiesen, Als dann die EU- dass sie in dem Fragebogen gar nicht mehr Kommission im erwähnt wurden. Und bei der Frage zum möglichen Anspruchsniveau an die Verpflichtungen einer Due Oktober 2020 ihren Diligence für Unternehmen entschieden sich die Konsultationsprozess Mehrheit der Befragten, darunter auch zahlreiche startete, reagierten Befragte aus der Wirtschaft, für die anspruchsvollste Option7. Es schien als würden nur Wenige die diese Gruppierungen mangelhaften Instrumente der Vergangenheit verteidigen. wütend, Die Regeln sollten nicht nur 2 insbesondere da der Fragebogen zur Konsultation6 darauf direkte Zulieferer (Stufe 1) hindeutete, dass einige von den Wirtschaftsverbänden strikt umfassen, sondern die gesamte abgelehnte und gefürchtete Wertschöpfungskette Maßnahmen Teil einer künftigen Gesetzesvorlage zu werden Außerdem enthält der Fragebogen keine Angaben drohten. Als just diese Ideen darüber, wie tief hinein in ihre Wertschöpfungsketten durch eine große Anzahl der Unternehmen verpflichtet. Es ist aber auch keinerlei Befragten unterstützt wurden, Intention zu einem begrenzten Ansatz erkennbar, nicht zuletzt durch zahlreiche der etwa nur die direkten Zulieferer (der Stufe 1) mit Bürger*innen, begannen in den abdeckt. Wenn eine endgültige Fassung einen derart Vorstandsetagen der Unternehmen begrenzten Geltungsbereich hätte, würde häufig die Alarmglocken zu schrillen. Die eine große Anzahl von Dienstleistungen oder Waren ursprünglich geäußerten Absichten nicht berücksichtigt, die zum Endprodukt beitragen. der EU-Kommission umfassten Dies würde es den Unternehmen erleichtern, ihre die folgenden sechs wichtigen Verpflichtungen zu umgehen. Bereiche: 6. European Commission (DG JUST), Consultation Document – Proposal for an Initiative on Sustainable Corporate Governance, October 2020: https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12548-Sustainable-corporate-governance_en 7. European Commission (DG JUST), Sustainable corporate governance initiative, Summary report – public consultation, page 6. https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12548-Sustainable-corporate-governance/public-consultation_en 6
Die Regeln sollten nicht nur für die größten, sondern für alle 3 Unternehmen gelten Was die Frage betraf, für welche europäischen Unternehmen bzw. für welche Unternehmensgröße die Regeln gelten sollten, bot die Kommission die Antwortoption an, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) auszunehmen. Doch laut dem zusammenfassenden Bericht über die Konsultation erfreute sich diese Option keiner großen Beliebtheit. NGOs stimmten dafür, KMU mit aufzunehmen und gleichzeitig Kapazitäten für sie bereitzustellen. Die Unternehmen stimmten mehrheitlich für geringere Anforderungen an die Berichterstattung für KMU. Nur sehr wenige votierten dafür, KMU komplett von den Regeln auszunehmen8. Vorschriften hinsichtlich Pflichten 4 von Unternehmensleitungen sollten verbindlich sein und diese haftbar machen Die Idee der Kommission, Unternehmensvorstände und -leitungen zur Ermittlung von Stakeholder- Interessen oder zum Risikomanagement zu verpflichten, war bei der Wirtschaftslobby höchst umstritten. Zu den Ideen zählte auch die Verpflichtung von Vorständen und Unternehmensleitungen, Nachhaltigkeitsrisiken in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Befragte, die nicht aus Unternehmen stammten, sowie einzelne Unternehmen unterstützten diese Idee, Wirtschaftsverbände waren hingegen strikt dagegen. Lediglich im Hinblick auf die Durchsetzung der Sorgfaltspflicht für Unternehmensleitungen äußerten Wirtschaftsverbände und einzelne Unternehmen einvernehmlich ihre Bedenken9. 8. Summary report, page 7. 9. Summary report, pages 5-6. 7
Betroffene sollten Zugang zur Gerichtsbarkeit im Herkunftsland 5 des Unternehmens haben Weitere wichtige Fragen betrafen die Durchsetzung von Gesetzen und Zugang zur Gerichtsbarkeit. Sollten durch den Unternehmensbetrieb geschädigte lokale Gemeinschaften und Arbeiter*innen die Möglichkeit haben, den Rechtsweg im Herkunftsland des Unternehmens zu beschreiten? In diesem Punkt waren sich die Unternehmen absolut einig, dass der Zugang zur Gerichtsbarkeit den Betroffenen verwehrt bleiben sollte. Die befragten NGOs und Bürger*innen waren sich allerdings ebenso einig, dass die Betroffenen Zugang zur Gerichtsbarkeit erhalten sollten. Außerdem sollte ein Kontrollsystem eingerichtet werden, das Unternehmen auch mit Strafzahlungen belegen könnte10. Es sollte starke 6 Klimaschutzverpflichtungen geben, damit Unternehmen zu den Klimazielen der EU beitragen Der CSDDD-Vorschlag wurde im Rahmen des Europäischen Green Deals angekündigt, dem Vorzeigeprojekt der Kommission zur Bekämpfung der Klimakrise. Kommissar Reynders sprach sich von Anfang an davon, dass Klimaschutz ein wichtiges Element der vorgeschlagenen Richtlinie sein wird, zum Beispiel in einer Rede vor dem Europäischen Parlament im April 202011. Der Europäische Green Deal und andere Maßnahmen der EU würden Klimafragen hohe Priorität einräumen. In der Problemdefinition des ersten Folgenabschätzungsberichts der Kommission aus dem Jahr 2021 wird der Klimakrise als eine der Umweltfragen genannt, die in dem Vorschlag behandelt werden sollen. Auch in der zweiten Folgenabschätzung wird mehrfach auf die Klimakrise Bezug genommen. 10. Summary report, page 7. 11. Die Rede findet sich hier: https://responsiblebusinessconduct.eu/wp/2020/04/30/speech-by-commissioner-reynders-in-rbc-webinar-on-due-diligence/ 8
DIE WIRTSCHAFTSAGENDA NIMMT GESTALT AN Interessanterweise sprachen Privées, Vertretung einiger Dieses Ansinnen wurde von sich viele von der Kommission der größten multinationalen Menschenrechtsgruppierungen befragte Einzelunternehmen Konzerne Frankreichs, etwa klar zurückgewiesen, da es zu öffentlich für einen Carrefour, Engie, Totalenergies einer reinen Pflichtübung im ambitionierten Ansatz aus, und Veolia), forderten unter Häkchensetzen führen könnte, möglicherweise um ihren Ruf anderem die umfassende bei dem sich Unternehmen nicht aufs Spiel zu setzen. Die Anerkennung von freiwilligen lediglich an eine Reihe von Wirtschaftsverbände lehnten Brancheninitiativen. Diese trivialen Verwaltungsabläufen die Gesetzesinitiative hingegen Gruppierungen verlangen, dass halten, die wenig Bezug zu den vehement ab, auch wenn einzelne es Unternehmen auch unter der Herausforderungen der realen Verbandsmitglieder ihr öffentlich neuen Gesetzgebung gestattet Welt haben. Und schließlich positiv gegenüberstanden. sein sollte, sich innerhalb lehnten die Lobbygruppen Die Wirtschaftsverbände von durch die Unternehmen Vorschläge aus einem von verrichten oft die Drecks- und entwickelten Systemen selbst der Kommission in Auftrag unpopuläre Lobbyarbeit für zu regulieren, häufig im Rahmen gegebenen Bericht zum die Unternehmen. Doch wie eines Branchenverbandes. Thema „Verpflichtungen von wir sehen werden, wollten sie Unternehmensleitungen“ auch ihre eigenen sektoralen Außerdem sollte die entschieden ab14, der sich für Selbstregulierungssysteme Anzahl der von den Regeln die Einführung von rechtlichen am Leben halten. Die erfassten Unternehmen so Verpflichtungen für Vorstände Veröffentlichung des klein wie möglich gehalten und Unternehmensleitungen Konsultationsberichtes im werden. Hier führten die aussprach. Oktober 2020 versetzte sie Wirtschaftslobbygruppen als in Alarmbereitschaft. In den Grund an, dass KMU übermäßig folgenden Monaten gaben belastet wären, wenn sie von den sie eine Reihe aggressiver Regeln erfasst würden. MEDEF Stellungnahmen heraus und und AFEP vertraten diesen statteten der Kommission Punkt sehr vehement, nachdem mehrere Besuche ab12. sie bereits 2017 erfolgreich ein ähnliches französisches Gesetz Die feindseligsten mit dieser Argumentation Wirtschaftslobbygruppen, geschwächt hatten13. Darüber darunter BusinessEurope, hinaus argumentierten die Eurochambres sowie die Wirtschaftsverbände, dass französischen Verbände die Unternehmen lediglich MEDEF Verfahrenspflichten erfüllen und nicht für das Ergebnis haften (die Arbeitgebervertretung sollten, d.h. es sollte um die Mouvement des Entreprises de Mittel (bestimmte Verfahren) und France) und AFEP (Association nicht um deren Resultate gehen Française des Entreprises (ob sie tatsächlich Unterschiede in der realen Welt bewirken). 12. Corporate Europe Observatory, European Coalition for Corporate Justice & Friends of the Earth Europe, Off the hook. June 2021. https://corporateeurope.org/en/2021/06/hook 13. Corporate Europe Observatory and Observatoire des multinationales. Under the influence: the distorted priorities of the French EU Council Presidency. December 2020. https://corporateeurope.org/en/under-influence-distorted-priorities 14. EY. Study on directors’ duties and sustainable corporate governance. July 2020. https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/e47928a2-d20b-11ea-adf7-01aa75ed71a1/language-en 9
PAKISTAN: KiK Textilien und der tödliche Fabrikbrand Die KiK Textilien und Non-Food GmbH ist Deutschlands größte Textildiscounter-Kette und betreibt rund 3500 Filialen in Mittel- und Osteuropa. KiK beauftragte ein pakistanisches Textilunternehmen, das eine Fabrik in Karatschi, Pakistan, betrieb. Im September 2012 starben 258 Arbeiter*innen und Hunderte wurden schwer verletzt, als in der Bekleidungsfabrik ein Feuer ausbrach. Aufgrund laxer Brandschutzmaßnahmen bemerkten die Arbeiter*innen den Brand zunächst nicht und wurden dann von ihm eingeschlossen. Im Jahr 2020 berichteten Anti-Slavery International und die European Coalition for Corporate Justice, dass sich die Opfer vor den europäischen Gerichten 2 um Gerechtigkeit bemühten, aber an einer Reihe schwerwiegender Hindernisse scheiterten, darunter die Anwendung pakistanischen Rechts, unangemessene Fristen und das Fehlen kollektiver Rechtsmittel. KiK hätte in seiner Rolle als Hauptabnehmer verpflichtet sein müssen, die Einhaltung der international anerkannten Menschen- und Arbeitsrechte in der Fabrik sicherzustellen, und hätte diese Verantwortung nicht auf einen externen Prüfer verschieben dürfen. Die Familien der Betroffenen und die Überlebenden müssen einen Zugang zu Recht ohne die oben genannten Hindernisse haben, wenn sie ihr Recht auf Entschädigung gegen KiK geltend machen wollen1. 1. Information taken from: Anti-Slavery International and European Coalition for Corporate Justice. What if? Case studies of human rights abuses and environmental harm linked to EU companies, and how EU due diligence laws could help protect people and the planet. September 2020. https://corporatejustice.org/publications/evidence-for-mandatory-human-rights-due-diligence-legislation/ 10
LOBBYARBEIT AUF NATIONALER EBENE Auf den ersten Blick scheint verwässert werden. Dabei ist das hat17. Es wäre vielversprechend es ein Paradox zu sein, dass bestehende französische Gesetz gewesen, wenn französische die Wirtschaftsverbände – während seiner Erstellung Unternehmen oder wenigstens zwar die ursprünglichen selbst Ziel umfassender die französische Regierung einen Ideen der EU-Kommission Lobbykampagnen – an sich schon solchen Ansatz auf EU-Ebene vehement ablehnten, sich nicht besonders beeindruckend. unterstützt hätten. dann aber mit überwiegender In der Tat hatte Amnesty Mehrheit dafür aussprachen, International Frankreich bei einer German business lobby groups dass die Kommission einen Analyse des Gesetzes im Jahre have done their utmost to use Vorschlag präsentieren sollte, 2019 festgestellt, dass es zwei the German law as a lever to der die Verpflichtungen für Jahre nach Inkrafttreten kaum keep European ambitions in Unternehmen in der gesamten spürbare Auswirkungen hatte. check. EU einheitlich regelte. Genauer Selbst stark in der Öffentlichkeit betrachtet handelte es sich stehende Bekleidungskonzerne In Deutschland überlappte sich hierbei allerdings um eine wie Zara und H&M hatten noch die europäische Debatte mit der Kampagne der Verbände zur keine Schritte eingeleitet, den Diskussion und Einführung eines Verwässerung der Forderungen. erforderlichen Plan zu erstellen, nationalen Lieferkettengesetzes. Zwar sollten klare Regeln in um dem Gesetz zu genügen15. Ebenso wie in Frankreich ist sämtlichen Mitgliedsstaaten hier die Anzahl der von dem gelten – aber keine strengen Inichtsdestotrotz enthält das Gesetz erfassten Unternehmen Regeln. Alle Argumente französische Gesetz Regeln zur begrenzt – ab 2023 wird werden vorgebracht, um ein Haftung. Dies wird zum Beispiel das Gesetz zunächst nur für Minimum an Verpflichtungen zu durch die zwischenzeitlich Unternehmen mit mehr als 3.000 erwirken. Außerdem ist es für eingeleiteten Gerichtsverfahren Mitarbeitenden gelten, bevor es Unternehmen kein unübliches gegen Total aufgrund seiner dann ab 2024 auf Unternehmen Vorgehen, vor dem Hintergrund Handlungen in Uganda deutlich. ab 1.000 Mitarbeitenden geplanter EU-Gesetze heftig Bürgerrechtsgruppen aus Uganda ausgeweitet wird. über bereits bestehende sowie Umweltschutz- und nationale Gesetze zu debattieren, Menschenrechtsorganisationen Deutsche um zu verhindern, dass EU- aus Frankreich verklagen den Wirtschaftslobbyist*innen Bestimmungen weiterreichender Konzern aufgrund von Verstößen haben ihr Möglichstes werden, als die existierenden gegen seine Verpflichtungen getan, um das deutsche nationalen Regeln. gemäß französischem Recht, Gesetz als Hebel da Total in ihren Augen zu nutzen, um die In Frankreich scheint es Menschenrechtsverletzungen europäischen Ambitionen AFEP gelungen zu sein, und Umweltzerstörungen in Grenzen zu halten. die französische Regierung nicht verhindert hat16. Und davon zu überzeugen, sich eine mexikanische indigene für eine Gesetzesinitiative auf Gemeinschaft hat den Konzern EU-Ebene einzusetzen, die Electricité de France vor Gericht schwächer wäre, als das bereits gebracht, da er die erforderlichen bestehende nationale Gesetze. Sicherheitsbestimmungen in Das könnte dazu führen, dass Zusammenhang mit einem schon existierende französische Windparkprojekt auf indigenem Bestimmungen weiter Grundbesitz nicht eingehalten 15. Amnesty International France, 21 February 2019. https://www.amnesty.fr/presse/rapport-deux-ans-apres-ladoption-de-la-loi-sur-le 16. Weitere Informationen: https://www.amisdelaterre.org/communique-presse/victory-total-uganda-case-the-french-supreme-court-recognizes-the-jurisdiction-of-the-civil-court/ 17. Weitere Informationen: https://www.business-humanrights.org/en/latest-news/edf-lawsuit-re-indigenous-rights-in-mexico-filed-in-france/ 11
Als das Europäische Parlament So argumentieren sie entweder, 2021 seine Position zur Due dass gar keine EU-Regulierung Diligence für Unternehmen notwendig sei, da bereits über einen eigenen nationale Gesetze vorhanden Initiativbericht vorstellte18, seien, oder dass die nationalen wurde vorgeschlagen, dass Regelungen quasi als Vorlage ein europäisches Gesetz für die Implementierung von Unternehmen ab einer EU-Gesetzen dienen sollten. Mitarbeitendenzahl von Folgerichtig antwortete der 250 erfassen sollte. Der wohl mächtigste deutsche politisch im Mitte-Rechts- Lobbyverband Bundesverband Spektrum angesiedelte der Deutschen Industrie (BDI) Unternehmerverband auf die Konsultationsfrage Mittelstands- und der EU-Kommission zur Wirtschafsunion (MIT) wandte Notwendigkeit einer EU- sich daraufhin umgehend in Initiative zu Due Diligence im einem Schreiben an das deutsche Hinblick auf Menschenrechte Wirtschaftsministerium und und Umweltschutz auch kurz brachte seine Ablehnung zum und bündig: „Es besteht kein Ausdruck: „Wenn dies eintritt, Handlungsbedarf20“. würde das Ministerium damit die Verhandlungserfolge zum deutschen Gesetz über Bord werfen19“. Es ist nicht ungewöhnlich, dass große Wirtschaftslobbyverbände die Einführung schwächerer nationaler Gesetze unterstützen, um sie als Hebel gegen höhere Ambitionen auf EU-Ebene einzusetzen. 18. European Parliament. Report with recommendations to the Commission on corporate due diligence and corporate accountability (2020/2129(INL)). 11 February 2021. https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2021-0018_EN.html 19. Armin Paasch & Karolin Seitz, Deutsche Wirtschaftslobby gegen wirksames EU-Lieferkettengesetz, Global Policy Forum & Miseroeor, February 2022. 20. Ibid. 12
VORSTÖSSE ZUR CORPO- RATE GOVERNANCE BRINGEN WIRTSCHAFTSVERBÄNDE IN RAGE Ein Aspekt der Gesetzesinitiative Entlohnung von Führungskräften Beitrag zur Konsultation der versetzte manche daran zu koppeln, ob Kommission vorbereitete, wandte Wirtschaftsverbände mehr in Unternehmensleitungen sich das Ministerium an den DI, Rage als alle anderen. Und ein und Vorstände aktiv danach um die Angelegenheit gründlich dänischer Wirtschaftsverband tat streben, die Interessen zu erörtern. Ein weiterer sich hier besonders hervor, auch der Mitarbeitenden zu dänischer Wirtschaftsverband, dank großzügiger Unterstützung berücksichtigen. Oder ob ein Dansk Erhverv, beteiligte sich durch das dänische Ministerium Rückgang der CO2-Emissionen ebenfalls, aber der DI war für Industrie, Wirtschaft und sich nicht vielleicht in selbigen eindeutig der Hauptverbündete. Finanzen. Gehältern niederschlagen Als der Entwurf vorbereitet sollte. Das Corporate wurde, bat das Ministerium den Es waren insbesondere die Governance-Element der DI um seine Anmerkungen – und Vorschläge der Kommission Kommissionspläne ließ die der zeigte sich uneingeschränkt zur Corporate Governance Mitglieder von Dänemarks enthusiastisch. „Ich kann mich (Unternehmensführung), größtem Wirtschaftsverband nicht daran erinnern, jemals die den Zorn der dänischen Dansk Industri (DI) aus der Haut einen Beitrag der dänischen Wirtschaftsverbände auf sich fahren. Der DI ist in seinem Regierung zu einer Konsultation zogen. Schon allein die im Heimatland eine mächtige mit größerer Freude gelesen zu Konsultationsfragebogen Organisation und äußert sich haben. Sie hatten bei diesem Text vorgestellte Idee, im Hinblick auf die Interessen eine starke Feder [lächelndes Unternehmensleitungen könnten der Wirtschaft oft freimütiger Emoji]. Er öffnet die Tür zu gesetzlich dazu verpflichtet als seine Dachorganisation, einer wirklich guten weiteren werden, nicht nur die Interessen die Konföderation der Zusammenarbeit”, schrieb Lars von Aktionären zu ermitteln und Dänischen Arbeitgeber (Dansk Frolov-Hammer vom DI an das zu fördern, sondern auch die von Arbejdsgiverforening). Der DI, Ministerium. „Ja, ich dachte mir Stakeholdern, einschließlich der dem 18.000 Unternehmen aus schon, dass Sie recht angetan Mitarbeiter*innenschaft, und den Bereichen Produktion und sein würden. Und ich gehe geeignete Verfahren einzuführen, Dienstleistungen als Mitglieder davon aus, dass wir in dieser um diese Ziele zu verwirklichen, angehören, st regelmäßig bei Angelegenheit auch weiterhin führte zu einem Sturm der Ministerien zu Gast. Und in einen guten gemeinsamen Weg Entrüstung unter Dänemarks diesem Fall erhielt er die volle finden werden“, antwortete der Führungskräften. Außerdem Unterstützung des dänischen Regierungsbeamte21. deutete der Fragebogen an, dass Wirtschaftsministeriums. es durchaus möglich wäre, die Als die dänische Regierung ihren DI um seine Anmerkungen – und der zeigte sich unein- geschränkt enthusiastisch. „Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals einen Beitrag der dänischen Regierung zu einer Konsultation mit größerer Freude gelesen zu haben. Sie hatten bei diesem Text eine starke Feder. Er öffnet die Tür zu einer wirklich guten weiteren Zusammenarbeit”, 13
Der Beitrag der dänischen In anderen Worten: In letzterem Fall zeigte sich Regierung zur Konsultation der Unternehmensleiter Dänemarks Reputation der Kommission setzt eine des dänischen Lieferanten klare Priorität: die Ablehnung als treuer Verfechter höchst erstaunt, als man ihn der von der Kommission von Menschenrechten, darüber informierte, dass sein vorgeschlagenen Maßnahmen Umwelt- und Klimaschutz Unternehmen im Rahmen der zur Corporate Governance. spiegelt sich in seiner Richtlinien von UN und OECD Die Vorschläge würden, so tatsächlich zur Due Diligence der Beitrag, „das Vermögen Reaktion auf die verpflichtet gewesen wäre. Es der Unternehmensleitungen Vorschläge der EU nicht scheint, als hätten dänische einschränken, so zu handeln, wie wider. Unternehmen auf diesem Gebiet sie es für am effektivsten halten, noch einigen Nachholbedarf. oder sie der ihnen zu Verfügung Und was die dänischen Unternehmen angeht, so gibt stehenden Instrumente berauben22“. Im Hinblick auf es hier zahlreiche Beispiele für Ein kurzer Bericht, Due Diligence zeigt sich die einen Mangel an Due Diligence. den das Dänische Regierung sehr besorgt wegen Die dänische Organisation der Auswirkungen, die diese Danwatch berichtet häufig über Institut für auf die Wettbewerbsfähigkeit Unternehmen, die Gräueltaten Menschenrechte von europäischen Unternehmen seitens ihrer direkten Zulieferer haben könnte, und macht zu ignorieren scheinen. In den über größere einige Vorschläge, um das ersten Monaten des Jahres Unternehmen Vorhaben weniger ambitioniert 2022 deckte Danwatch etwa zu gestalten. Dazu gehören auf, dass sich vier dänische verfasste, rein freiwillige Maßnahmen Rentenfonds an einer Goldmine bescheinigte für KMU, eine große Rolle von in Tansania beteiligt hatten, brancheneigenen Initiativen deren Polizeikräften vorgeworfen den meisten von bei der Implementierung wird, Einheimische getötet ihnen ein geringes und Umsetzung und eine zu haben24 Und ein dänischer Ablehnung von bzw. Misstrauen Lieferant von Medizinprodukten Engagement26. gegenüber Regeln, die es an Krankenhäuser hatte Betroffenen ermöglichen diese in großen Mengen von würden, Unternehmen in deren einem indischen Hersteller Heimatstaaten zu verklagen23. bezogen, der für massive Umweltverschmutzung verantwortlich war25. 21. E-Mail von Lars Frolov-Hammer (DI) an das dänische Ministerium für Industrie, Wirtschaft und Finanzen, 4. Februar 2021. E-Mail von Søren Riis-Andersen (das Ministerium) an Lars Frolov-Hammer, 4. Februar 2021. 22. Siehe: https://www.ft.dk/samling/20201/almdel/EUU/bilag/282/2330726.pdf 23. Siehe: https://www.ft.dk/samling/20201/almdel/EUU/bilag/282/2330728.pdf 24. Danwatch, Danske pensionsmillioner investeret i guldmine i Tanzania, der anklages for at være skyld i drab, 24 March 2022. https://danwatch.dk/danske-pensionsmillioner-investeret-i-guldmine-i-tanzania-der-anklages-for-at-vaere-skyld-i-drab/ 25. Danwatch, Danske hospitaler køber medicin for milliarder, men deres indkøber anede intet om massiv forurening i Indien. Nu er direktøren på sagen, 29. April 2022. https://danwatch.dk/danske-hospitaler-koeber-medicin-for-milliarder-men-deres-indkoeber-anede-intet-om-massiv-forurening-i-indien-nu-er-direktoeren-paa-sagen/ 26. Danish Institute for Human Rights, Documenting business respect for human rights - a snapshot of large Danish companies, September 2020. https://media.business-humanrights.org/media/documents/_20_00345-60_Documenting_Business_Respect_for_Human_Rights_2020_504132_1_1.pdf 14
DIE GEGENWEHR ORGANISIERT SICH Der DI wartete den Abschluss der Konsultation Tage später wandte sich der DI erneut an das der Kommission zur CSDDD nicht ab, bevor der Ministerium und erkundigte sich, ob man dort Verband seine nächsten Schritte unternahm. Namen von relevanten Amtsträgern im zuständigen Er setzte sich mit dänischen MdEP und der niederländischen Ministerium hätte, mit denen der dänischen EU-Kommissarin Vestager in Verbindung. VNO-NCW gezielt Kontakt aufnehmen sollte29. Außerdem arbeitete er im Rahmen von BusinessEurope (europäischer Arbeitgeberverband, Um weitere Unterstützung zu finden und eine einer der größten Lobbyverbände in Brüssel) Koalition der Mitgliedsstaaten aufzubauen, mit anderen Arbeitgeberorganisationen daran, kooperierten DI und VNO-NCW auch „Regierungen, Kommissar*innen und MdEP so bei der Organisation eines Treffens von stark wie möglich zu beeinflussen27“. Wirtschaftsverbänden aus 11 Mitgliedsstaaten (Schweden, Deutschland, Finnland, Irland, Das Ministerium sprang auch alsbald auf den Frankreich, Belgien, Österreich, den Niederlanden, fahrenden Zug auf. Nur wenige Tage später Dänemark und Italien) und Regierungsbeamten legte es den Entwurf eines Nonpapers zum aus Dänemark, Finnland, Belgien, Frankreich und Thema vor und suchte dafür die Unterstützung Deutschland. Ziel des Treffens war es, Konzepte von anderen im Rat der Europäischen Union für Due Diligence und Corporate Governance zu vertretenen Regierungen. In dem Nonpaper erörtern. Anders ausgedrückt: Eine Versammlung wurde die Kommission dringend aufgefordert, nur aus Wirtschaftsverbänden und Ministerialvertretern das Thema Due Diligence weiter voranzutreiben aus Mitgliedsstaaten scheinen schon frühzeitig und die Vorschläge zur Corporate Governance kollaboriert zu haben, um zu verhindern, dass die einzustampfen: „Der Schwerpunkt sollte ambitionierteren Vorschläge der Kommission das darauf liegen, Unternehmen zu nachhaltigem Licht der Welt erblickten. Handeln zu ermuntern, und nicht ihr Vermögen einzuschränken, dies auf die ihnen geeignet Das Nonpaper an sich, das im Februar 2021 scheinende Art und Weise zu tun“, so das Papier. zirkulierte, war nur von bescheidenem Erfolg Allerdings kommentierte der Entwurf dieses gekrönt. Lediglich die Regierungen von Plädoyers für einen „marktbasierten Übergang zu Finnland und Estland entschieden sich, es mit zu Nachhaltigkeit“ auch Elemente im Bereich Due unterschreiben. Doch laut einer Mail des DI an das Diligence. Unter anderem wurde die Kommission Ministerium trug es dazu bei, dass die anderen davor gewarnt, Regeln einzuführen, die Regierungen die Vorschläge der Kommission Unternehmen „für die unzureichende Einbeziehung genauer unter die Lupe nahmen30. bestimmter Stakeholder zur Verantwortung ziehen würden28“. Das Nonpaper wurde jedoch von den anderen Mitgliedsstaaten nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen. Das Ministerium war besonders besorgt angesichts der lauwarmen Reaktion aus den Niederlanden und fragte den DI, ob seine Schwesterorganisation VNO-NCW nicht Unterstützung leisten und die niederländische Regierung unter Druck setzen könnte. Wenige 27. Email from Lars Frolov-Hammer (DI) to the Danish Ministry of Industry, Business and Financial Affairs, 23 Februar 2021. 28. Danish Ministry for Industry, Business and Financial Affairs, Fostering sustainable and responsible businesses through due diligence, non-paper on due diligence and corporate governance, Februar 2021. 29. E-Mails zwischen dem dänischen Ministerium für Industrie, Wirtschaft und Finanzen und DI, März 2021.. 30. E-Mail von DI an das dänische Ministerium für Industrie, Wirtschaft und Finanzen, 17. März 2021. 15
BRASILIEN: Bayer Monsanto und die Vergiftung durch Pestizide Der Bayer-Konzern ist ein großes Chemieunternehmen mit Hauptsitz in Leverkusen. Nach dem Kauf des Agrochemie-Riesen Monsanto für 66 Milliarden US-Dollar im Jahr 2018 wurde der Bayer-Konzern zum weltweit größten Hersteller von Pestiziden und gentechnisch verändertem Saatgut. Im Jahr 2020 berichteten Anti-Slavery International und die European Coalition for Corporate Justice, dass jedes Jahr Tausende von brasilianischen Landarbeiter*innen und Menschen aus ländlichen Gemeinden durch den Kontakt mit hochgiftigen Pestiziden erkranken oder sterben, während die brasilianische Artenvielfalt und die Tierwelt durch 1 das giftige Versprühen von Agrochemikalien stark beeinträchtigt werden. Bayer hat von den schwachen brasilianischen Pestizidvorschriften profitiert und zur Lobbyarbeit für die Zulassung von Chemikalien beigetragen, die für Mensch und Umwelt schädlich sind. Bayer muss unbedingt dafür sorgen, dass in seiner globalen Wertschöpfungskette international anerkannte Menschen- und Arbeitsrechte sowie Umweltstandards eingehalten werden, und darf nicht länger zur Vergiftung von Landarbeiter*innen, ländlichen Gemeinden und deren Ökosystemen durch gefährliche Produkte beitragen, die in Ländern, in denen angemessene Standards gelten, nicht verkauft werden dürfen2. 2. Information taken from: Anti-Slavery International and European Coalition for Corporate Justice. What if? Case studies of human rights abuses and environmental harm linked to EU companies, and how EU due diligence laws could help protect people and the planet. September 2020. https://corporatejustice.org/publications/evidence-for-mandatory-human-rights-due-diligence-legislation/ 16
UNGEWÖHNLICHE ZURÜCKHALTUNG GEGENÜBER LOBBYISTEN Die Taktik des DI, in erster Linie Während sie die Vorlage in Diese Antwort lässt darauf Beziehungen zu Regierungen den ersten vier Monaten des schließen, dass Lobbytreffen und anderen Lobbygruppen Jahres 2021 entwickelten, nicht als hilfreich betrachtet zu pflegen, erwies sich als nahmen die Vertreter*innen wurden31. höchst effektiv. Sehen sich der GD Just nur an einem Das ganze Jahr 2021 hindurch Lobbygruppen mit einer einzigen Treffen teil, und zwar baten Lobbygruppen um Termine unliebsamen Gesetzesvorlage mit der Unternehmensberatung mit Offiziellen und verteilten in der Entstehung konfrontiert, Ernst & Young (EY), die den in großer Zahl Einladungen zu ist es für gewöhnlich ihre Bericht der Kommission zur Seminaren und Konferenzen. erste Reaktion, bei den Corporate Governance und Kommissar Reynders zeigte zuständigen Kommissar*innen den Verpflichtungen von jedoch kein großes Interesse an und deren Kabinett sowie Unternehmensleitungen verfasst solchen Treffen. Gleiches galt für den Verantwortlichen für die hatte. Offenbar wollte sich seine Mitarbeitenden im Kabinett Ausarbeitung des Textes bei die GD Just auf die Erstellung oder in der GD Just. der Generaldirektion Justiz und der Folgenabschätzung Verbraucher (GD Just) vorstellig konzentrieren, also den ersten Dies erklärt auch, zu werden. Und so geschah es groben Vorlagenentwurf. In wieso die wachsende denn auch. Das ganze Jahr 2021 Antwort auf einen Antrag auf Besorgnis vieler mächtiger hindurch baten Lobbygruppen Dokumentenzugang legte die Wirtschaftslobbyverbände in um Termine mit Offiziellen GD Just die Protokolle von diesem Stadium, also in den und verteilten in großer Zahl lediglich sechs Lobbytreffen vor, ersten vier bis fünf Monaten des Einladungen zu Seminaren an denen sie im Zusammenhang Jahres 2021, keine spürbaren und Konferenzen. Kommissar mit dem CSDDD-Dossier Auswirkungen auf die Position Reynders zeigte jedoch kein teilgenommen hatte. Der der Kommission hatte. Und großes Interesse an solchen Kommissar und sein Kabinett es erklärt, weshalb sich diese Treffen. Gleiches galt für seine hielten 2021 hingegen 30 Treffen Lobbyist*innen schließlich Mitarbeitenden im Kabinett oder zum Thema ab. Angesichts der anderweitig nach Unterstützung in der GD Just. Tatsache, dass über 100 E-Mails umsahen. von Lobbyist*innen eingingen, Der Kommissar und die um Treffen baten, scheint aber selbst das noch Ausdruck seine Mitarbeitenden einer Entscheidung zu sein, erhielten mehr als Lobbyarbeit zum Thema zu 100 Anfragen – begrenzen. Stattdessen erhielten entweder für Treffen viele Lobbyist*innen zur Antwort, die Kommission benötige „Zeit, in den Räumlichkeiten um an unserer erwarteten der Kommission, für Initiative zu arbeiten“. Online-Meetings oder die Teilnahme von Repräsentant*innen an externen Treffen. Fast alle wurden abgelehnt. 31. Eine Liste der Lobbykontakte, die die GD Just im Jahr 2021 zur CSDDD hatte, findet sich hier: https://corporateeurope.org/sites/default/files/2022-05/Reply%20to%20Ms%20Cann%20docx.pdf 17
KONTAKTAUFNAHME ZU DEN LEUTEN VON DER „BESSEREN RECHTSSETZUNG“ Seitens des DI war man eindeutig unzufrieden, als man feststellte, „Leute in der „Es gibt keine stichhaltigen Belege dafür, dass sich eine dass die unternommenen Kommission zu der [von der Kommission Anstrengungen nur eine geringe aktivieren, die vorgeschlagenen Maßnahmen] Wirkung auf die Kommission hatten. In ihrer Korrespondenz auf dem Gebiet als effektiv erweisen könnte, manche davon sind sogar zeigten sich der DI und der ‚Besseren höchstwahrscheinlich Ministerium schwer enttäuscht, nachdem die beiden Institutionen Rechtssetzung‘ kontraproduktiv33,” schrieb Kim Haggren von DI an Michael Informationen bezüglich des arbeiten“, Wimmer, Direktor für Strategie, geplanten weiteren Vorgehens vorzugsweise über Bessere Rechtsetzung & der Kommission im Anschluss an die Konsultation eingeholt BusinessEurope, da Corporate Governance bei der Europäischen Kommission. hatten. dies „ein stärkeres Im März 2021 wandten An diesem Punkt brachte der DI Signal aussenden die Lobbyverbände ihre in seiner Kampagne ein neues Element zum Einsatz: Man würde32“. Aufmerksamkeit dem Ausschuss für Regulierungskontrolle der bemühte sich, Kommission zu – und dieser Weg erwies sich in den kommenden. Monaten als erfolgreicher als jeder andere, den die Lobbyist*innen bis dahin verfolgt hatten. 32. Ibid 33. DI, Brief an Michael Wimmer, Europäische Kommission, März 2021. 18
KAPITEL 3: Vorhang auf für den Ausschuss für Regulierungskontrolle Noch bevor der Ausschuss dass neue Regeln so „Bessere Rechtssetzung“ ist das für Regulierungskontrolle ausfallen, dass sie möglichst falsche Narrativ und die falsche (RSB) der Kommission im April keine Auswirkungen auf die Politik für die EU. Angesichts der 2021 formell das Verfahren Wettbewerbsfähigkeit haben, da Auswirkungen von Austerität, zur Folgenabschätzung im sie sonst Unternehmensprofite Klimakrise und Pandemie Hinblick auf das CSDDD-Dossier schmälern könnten. So soll brauchen wir eine EU, die aufgenommen hatte, waren sichergestellt werden, dass die Bürger*innen, Menschenrechte die Lobbyist*innen bereits Kosten für von Unternehmen und die Umwelt schützt – und fleißig dabei gewesen, dem verursachte Sozial- und nicht eine, die Regulierung Ausschuss ihre Position zu Umweltschäden auch weiterhin zurückfährt oder minimiert. Das unterbreiten. Doch was genau von der Gesellschaft getragen Europäische Umweltbüro und ist der RSB und welche Rolle werden – und nicht etwa von die Denkfabrik New Economics spielt er bei der Prüfung von den Unternehmen selbst. Foundation (NEF) haben Gesetzgebungsvorschlägen der Wenig überraschend decken überzeugend argumentiert, Kommission? sich die Interessen der dass wir „Europa neu schützen“ Großunternehmen voll und müssen37. Dieser Bericht Der Kommissionsausschuss ganz mit jenen der „Besseren vertritt die Auffassung, dass für Regulierungskontrolle Rechtssetzung34“ und ihren die „Bessere Rechtssetzung“ wurde im Jahre 2015 von der negativen Auswirkungen auf Europa „entschützt“, also seines Juncker-Kommission in Folge Regulierungsverfahren. In Texten Schutzes beraubt. ihrer weitreichenden Reform aus Unternehmenslobbykreisen für eine so genannte „Bessere wird sie immer wieder als Grund Rechtssetzung“ eingerichtet und als Werkzeug aufgeführt, und ersetzte den Ausschuss für um neue Regulierungsvorstöße Folgenabschätzung. „Bessere zu schwächen oder Rechtssetzung“ mag gut klingen, einzustampfen35. ‘Stakeholder’ ist aber tatsächlich ein zutiefst und ‘Konsultationen’ werden in problematisches Konzept, das der “Besseren Rechtssetzung” die Rolle der Kommission bei der stark hervorgehoben. Aber Rechtssetzung transformiert hat. auch dies spielt letztlich nur Wirtschaftsinteressen weiter Der Ausdruck „Bessere in die Hände, da sie über die Rechtssetzung“ Ressourcen, das Vermögen ist clevere PR und das technische Knowhow für ein generell verfügen, um solche Verfahren wirtschaftsfreundliches zu dominieren36. Verfahren, das Regulierung in „Belastungen“ umdeutet und danach strebt, einige dieser „Belastungen“ zu beseitigen und sicherzustellen, 34. Siehe z.B.: https://www.businesseurope.eu/publications/better-regulation-more-resilient-europe-businesseurope-position-paper 35. Siehe z.B., corporate lobbying on EU chemicals policy as documented by Corporate Europe Observatory: https://corporateeurope.org/en/2020/09/will-eu-commission-stand-firm-against- toxic-lobbying-pressure or https://corporateeurope.org/en/2019/06/toxic-lobbying-titanium-dioxide-label-debate-continues 36. Für ein tieferes Verständnis der "besseren Rechtsetzung" und ihrer Ursprünge findet sich hier ein Hintergrundartikel: Corporate Europe Observatory. 'Better Regulation': corporate-friendly deregulation in disguise. Aktualisiert 17. Februar 2020. https://corporateeurope.org/en/better-regulation-corporate-friendly-deregulation-disguise 37. David Powell, Patrick ten Brink, Francesca Carlsson, Emily Scurrah, Frank van Lerven, Adrian Bua. Reprotecting Europe: The European Green Deal vs the war on regulations. 23 January 2020. https://neweconomics.org/2020/01/reprotecting-europe 19
DIE ROLLE DES RSB Als Teil der Bestrebungen (KMU) sind ebenfalls zu Rechtssetzung“ bereits zu der Kommission zur berücksichtigen. Als wesentlich einem früheren Zeitpunkt „Besseren Rechtssetzung“ werden auch die „Auswirkungen in die Entwicklung eines wurde der Ausschuss für auf die Wettbewerbsfähigkeit” Gesetzgebungsvorschlages Regulierungskontrolle hervorgehoben, was eingebettet werden können. (RSB) eingerichtet und mit den Unternehmen ein immenser Macht über die Schlüsselwerkzeug in die Zwar bemüht sich die Gesetzgebungsgewalt der Hand gibt, mit dessen Hilfe sie Kommission zu argumentieren, Kommission ausgestattet. argumentieren können, dass dass der RSB schließlich Der RSB hat zwei spezifische ein Vorschlag zu weit geht, nicht den Gesetzesvorschlag Funktionen: Zum einen soll er betroffenen Unternehmen zum selbst begutachtet, bereits bestehende EU-Gesetze Nachteil gereicht und Profite sondern „nur“ dessen daraufhin prüfen, ob sie noch beeinträchtigt39. Folgenabschätzungsbericht „zweckdienlich“ sind, und zum evaluiert. Doch ist sie dabei anderen (und von größerer Der RSB hat das unaufrichtig, denn die Bedeutung für diesen Bericht) die Recht, gegen den Folgenabschätzung betrachtet möglichen Folgen kommender Folgenabschätzungsbericht letztendlich die zu erwartenden Gesetze überprüfen. eines jeden Auswirkungen neuer EU- Legislativvorschlags ein Regulierungen. Wird der Immer wenn die Kommission Veto einzulegen oder ihn zu Folgenabschätzungsbericht plant, eine neue Richtlinie billigen. nicht gebilligt, dann muss oder Bestimmung einzuführen, sehr wahrscheinlich die muss der RSB zunächst einen Die Kommission kann Gesetzesvorlage geändert Folgenabschätzungsbericht abgewiesene Berichte werden, auf der er basiert, damit der geplanten überarbeiten und dem RSB zu die notwendige Billigung durch Regulierung billigen. Diese einer zweiten Begutachtung den RSB erzielt werden kann. Folgenabschätzungsberichte vorlegen. Wird der Bericht (ein umstrittenes Werkzeug, allerdings auch in der Der RSB hat in das ursprünglich von der zweiten Runde nicht vom den letzten Jahren Tabakindustrie gefördert wurde38) RSB gebilligt, kann sein Veto mehr als 40 Prozent werden von Mitarbeitenden nur noch vom Kollegium der Kommission verfasst aller Berichte in der Kommissionsmitglieder und führen aus, auf welches überstimmt werden. der ersten Runde Problem die vorgeschlagene zurückgewiesen40. Gesetzgebung abzielt und auf Darüber hinaus hält der RSB welche Weise sie es angehen Treffen „im Vorfeld“ ab, bei möchte. Die Auswirkungen des denen Ausschussmitglieder mit Gesetzesvorschlages auf Umwelt, Wirtschaftsfunktionär*innen Gesellschaft und Wirtschaft zusammenkommen, die müssen dargelegt werden einen Vorschlag und seine (obwohl es bekanntermaßen Folgenabschätzung vorbereiten. einfacher ist, die wirtschaftlichen Diese Treffen bieten Folgen abzuschätzen, als jene wahrscheinlich zusätzliche für Umwelt und Gesellschaft). Gelegenheiten, bei denen Die möglichen Auswirkungen auf die gefährlichen Prinzipien kleine und mittlere Unternehmen der vermeintlich „Besseren 38. Siehe ‘So, what’s the problem with impact assessments?’ in Corporate Europe Observatory. 'Better Regulation': corporate-friendly deregulation in disguise. Updated 17 February 2020. https://corporateeurope.org/en/better-regulation-corporate-friendly-deregulation-disguise 39. European Commission. Better Regulation guidelines. November 2021. https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/swd2021_305_en.pdf 40. According to the RSB’s Annual Report 2020, the annual rejection rates of first-round impact assessment reports since 2015 have been 48%, 42%, 43%, 28%, 100% (only one impact assessment scutinised), and 46% in 2020. https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/rsb_report_2020_en_1.pdf 20
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