Institut für Herz-Kreislauf-Forschung 2019 - DIE SCHÜCHTERMANN-KLINIK IN BAD ROTHENFELDE - in der Schüchtermann ...

 
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Institut für Herz-Kreislauf-Forschung 2019 - DIE SCHÜCHTERMANN-KLINIK IN BAD ROTHENFELDE - in der Schüchtermann ...
Institut für
Herz-Kreislauf-Forschung
     DIE SCHÜCHTERMANN-KLINIK IN BAD ROTHENFELDE

     Forschungsbericht
           2019
Institut für Herz-Kreislauf-Forschung 2019 - DIE SCHÜCHTERMANN-KLINIK IN BAD ROTHENFELDE - in der Schüchtermann ...
INSTITUT FÜR HERZ-KREISLAUF-FORSCHUNG                                         4

RHYTHMOLOGIE:                                                                 6
WENN DAS HERZ AUS DEM TAKT IST …                                              6
NOAH – AFNET 6 STUDIE: KANN ORALE ANTIKOAGULATION BEI PATIENTEN MIT
ATRIALEN H
         ­ OCHFREQUENZEPISODEN SCHLAGANFÄLLE VERHINDERN?                      8

INTERVENTIONELLE KLAPPENTHERAPIE:                                             10
NEUE MÖGLICHKEITEN DER MITRALKLAPPENTHERAPIE – DIE TIARA II STUDIE            10
REHABILITATION NACH INTERVENTIONELLER CLIPPING-INTERVENTION –
WICHTIGER BAUSTEIN IM GESAMTKONZEPT                                           12

TELEMEDIZIN:                                                                  14
MEDOLUTION ERFOLGREICH ABGESCHLOSSEN                                          14
PROJEKT MINIDEFI GESTARTET                                                    16

LEISTUNGSFÄHIGKEIT:                                                           18
HÄMODYNAMISCHE BESONDERHEITEN NACH EINER HERZTRANSPLANTATION –
DIE EX-HTX-STUDIE                                                             18

EXPERIMENTELLE FORSCHUNG:                                                     22
DIE KONTROLLIERTE IMMUNANTWORT BEGRENZT DAS AUSMASS EINES HERZINFARKTES UND
­FÖRDERT REGENERATIVE HEILUNGSPROZESSE                                        22

VARIA 2019:                                                                   28
PREISE UND BERUFUNGEN                                                         28
UNIVERSITÄRE LEHRVERANSTALTUNGEN                                              29
FORTBILDUNGSVERANSTALTUNGEN                                                   30
PUBLIKATIONEN UND PUBLIZIERTE ABSTRACTS                                       31
UND AM SCHLUSS NICHT DIREKT FORSCHUNG … ABER TROTZDEM INTERESSANT!            34

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VORWORT

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen weiterhin die Liste der häufigsten Todesursachen in den westlichen
Industrieländern an. Somit wird auch in Zukunft die Erforschung von kardiovaskulären Krankheitsbildern
und deren Behandlungsstrategien eine bedeutende Rolle spielen. In der Schüchtermann-Klinik Bad Rothen-
felde sind schon von jeher klinische Studien in allen Abteilungen durchgeführt worden. Zudem gibt es eine
sehr enge Beziehung zum Max-Planck-Institut für Herz- und Lungen-Forschung in Bad Nauheim. Durch diese
Kooperation werden auch experimentelle Studien umgesetzt. Die Aktivitäten in beiden Bereichen haben in
den letzten Jahren zugenommen, sodass es eigentlich nur eine logische Konsequenz war, das Institut für
Herz-Kreislauf-Forschung zu gründen.

Nun erscheint zum ersten Mal der Forschungsbericht der Schüchtermann-Klinik Bad Rothenfelde. Ein
Forschungsbericht spiegelt die Arbeit eines ganzen Jahres wider. Er bildet aber nicht nur ab, was in der
Vergangenheit erreicht und auf den Weg gebracht wurde. Vielmehr kann er auch Anreiz dafür sein, den
Blick nach vorne zu richten und aufzuzeigen, wo Anknüpfungspunkte für Zusammenarbeit bestehen, wo
Forschungsverbünde eingegangen und Vorhaben initiiert werden können.

Wir laden Sie herzlich dazu ein, sich über die einzelnen, sehr facettenreichen Forschungsschwerpunkte der
Schüchtermann-Klinik Bad Rothenfelde zu informieren.

Prof. Dr. med. Nils Reiss                                Hon. Prof. Dr. med. Michael Böckelmann
Leitung Institut für                                     Vorsitzender der Geschäftsführung
Herz-Kreislauf-Forschung                                 Schüchtermann-Klinik Bad Rothenfelde

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Institut für
Herz-Kreislauf-Forschung
Im Vordergrund der Tätigkeiten des Instituts für Herz-Kreislauf-Forschung stehen klinische Studien.
­Darüber hinaus gibt es eine enge Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Herz- und Lungen­forschung
 in Bad Nauheim. Im Rahmen dieser Kooperation werden auch experimentelle Studien ­durchgeführt. Die
 Hauptschwerpunkte unserer Forschungsvorhaben sind in dem unten aufgeführten ­Organigramm darge-
 stellt.

Die Forschungsvorhaben an der Schüchtermann-Klinik unterliegen dabei strengen Auflagen und R  ­ egularien,
deren Einhaltung vom bestehenden Forschungsrat überwacht wird. Für alle Forschungs­projekte w     ­ erden
notwendige Ethikvoten der zuständigen Ethik-Kommissionen eingeholt. Alle in die F­ orschung ­involvierten
Mitarbeiter nehmen regelmäßig an entsprechenden Schulungen und Weiter­bildungen teil. Jede Studie, die
in der Schüchtermann-Klinik durchgeführt wird, unterliegt vor ihrem Beginn, bei der Durchführung und
nach ihrem Abschluss einer strengen Kontrolle durch Auftraggeber, Behörden und ­Gesetzgeber. Besondere
Beachtung finden hierbei die Vorgaben der EU-DSGVO (25.05.2018).

Abbildung 1: Institut für Herz-Kreislauf-Forschung – Organigramm.

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Klinische Studien dienen dazu, neue Behandlungsmöglichkeiten zu erproben oder bereits vorhandene
­Therapien zu optimieren. Die Ergebnisse kommen später allen Patienten mit der g­ leichen Krankheit zugute.
 Bei jeder klinischen Studie steht die Sicherheit der Teilnehmer an erster Stelle und eine Studie kann zu jedem
 Zeitpunkt situationsbedingt abgebrochen werden.
 Wichtiges Glied im Ablauf der Untersuchungen sind die sogenannten „Study Nurses“. Ihre Aufgaben um­
 fassen insbesondere:
 • Organisation, Koordination und Durchführung klinischer Studien (Phase II-IV), AWB’s und Register
 • Rekrutierung und Betreuung von Patienten im Rahmen der Studien
 • Organisation und Koordination von Diagnostik, Labor, Probenversand und Prüfmedikation
 • Erfassung, Aufbereitung und Dokumentation studienrelevanter Daten
 • Organisation und Vorbereitung von Monitorbesuchen, Behördeninspektionen sowie Korrespondenz und
    Kommunikation mit intern und extern kooperierenden Institutionen.

Abbildung 2: Zertifizierte „Study Nurses“ der Schüchtermann-Klinik Bad Rothenfelde
(Marie-Christin Baute, Birgit Wichter, Rita Rahe).

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                                                                                     Prof. Dr. med. Nils Reiss
                                                                                     Institut für Herz-Kreislauf-Forschung
                                                                                     nreiss@schuechtermann-klinik.de

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Rhythmologie:
Wenn das Herz aus dem Takt ist …
Das Erregungsleitungssystem des Herzens ist ein autonomes System spezialisierter Herzmuskel­zellen
(Schrittmacherzellen), die elektrische Signale generieren und diese an das Arbeitsmyokard weiter­
leiten. Es bildet die Grundlage für den koordinierten Kontraktionsablauf des Herzens (Systole/Diastole).
­Dieses Er­regungsleitungssystem ist nicht selten von Erkrankungen betroffen, die sich im Auftreten von
 ­verschiedensten Herzrhythmusstörungen äußern können. Die Rhythmologie hat sich im letzten Jahrzehnt
  zu einem eigenständigen, hochspezialisierten Bereich der Kardiologie entwickelt. Komplexe Diagnose­
  verfahren, die große Fülle an Krankheitsbildern und schließlich die Bandbreite an neuen Therapie­verfahren
  erfordern heute eine Spezialausbildung.

Der Bereich Rhythmologie der Schüchtermann-Klinik umfasst das gesamte Spektrum der modernen
­Diagnostik und Therapie von Herzrhythmusstörungen. Dabei umfasst die Rhythmologie zwei Teilbereiche,
 in denen neben der klinischen Tätigkeit auch wissenschaftliche Fragestellungen untersucht werden.

Im Teilbereich invasive Elektrophysiologie beschäftigen wir uns vor allem mit dem Langzeitverlauf nach
erfolgreicher Katheterablation von Herzrhythmusstörungen. Dabei untersuchen wir u.a. in einem großen
Vorhofflimmer-Ablationsregister (>3.000 Patienten) das Auftreten von Komplikationen im Rahmen des Ein-
griffs und den Langzeitverlauf nach erfolgreicher Ablation. Erste Ergebnisse konnten wir hierzu bereits auf
der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie 2019 präsentieren.

In enger Kooperation mit der herzchirurgischen Abteilung unserer Klinik beschäftigen wir uns ebenso mit
der minimalinvasiven chirurgischen Ablation von Vorhofflimmern und der sogenannten Hybridablation, d.h.
der Kombination aus chirurgischem und endokardialem Verfahren. Auch hierzu konnten wir bereits erste
­Ergebnisse auf der letzten Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie präsentieren.

Der zweite Teilbereich der Rhythmologie beschäftigt sich mit der sogenannten „Device-Therapie“, also
dem gesamten Spektrum der Behandlung mit einem Herzschrittmacher- oder Defibrillatorsystem. Hierbei
­fokussieren wir uns insbesondere auf die Evaluation hinsichtlich der prozeduralen Sicherheit und Effektivi-
 tät der verschiedenen Systemtechniken. Im vergangenen Jahr konnte erstmals im Osnabrücker Land in der
 Schüchtermann-Klinik der kleinste Herzschrittmacher der Welt eingesetzt werden (Medtronic Micra). Im Ver-
 gleich zum konventionellen Schrittmacher kann hierbei auf die Schrittmacherkabel verzichtet werden. Des
 Weiteren liegt das System, das kaum größer ist als eine Ein-Euro-Münze, komplett im Herzen, sodass auch
 das Anlegen einer Schrittmachertasche unter der Haut entfällt (Abbildung 3). Nicht jeder Patient ist für das
 innovative Herzschrittmachersystem geeignet. Um die Sicherheit und Effektivität des Systems im klinischen
 Alltag unter Beweis zu stellen, wird der Langzeitverlauf dieser Patienten in einem Register nachbeobachtet.

In unserer Klinik werden nicht nur neuartige Systeme eingesetzt, sondern auch den Bemühungen einer mög-
lichst physiologischen Herzschrittmacherstimulation nachgegangen, um den Langzeitverlauf von P­ atienten
mit Herzschrittmachern zu verbessern. Hierzu können bei bestimmten Patienten die Elektroden der konven-

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tionellen Herzschrittmacher im Bereich des natürlichen Leitungssystems des Herzens implantiert werden.
Bereits mehrfach wurde auf diesem Wege in unserer Klinik eine Stimulation am sogenannten H      ­ is-Bündel
eingesetzt. Zuletzt konnte erstmals eine Stimulation des linken Leitungsschenkels erfolgreich durchgeführt
werden. Diese innovativen Stimulationsmethoden können als Ergänzung oder Alternative zur kardialen
­Resynchronisationstherapie (CRT) angesehen werden.

Abbildung 3:
Derzeit kleinster Schrittmacher
der Welt der Firma Medtronic.

Nicht nur im Bereich der Herzschrittmachertherapie, sondern auch in der Prävention des plötzlichen Herz-
todes mit einem Defibrillator beschäftigen wir uns mit innovativen Therapien. Als neueste Entwicklung wird
in unserer Klinik der vollständig subkutane Defibrillator eingesetzt. Gegenüber den konventionellen Defi­
brillatorsystemen wird sowohl das Aggregat als auch die Elektrode komplett unter die Haut implantiert.
Hierdurch wird das Risiko von endokardialen Infektionen und auch anderer periinterventioneller Komplika-
tionen reduziert. Jedoch ist das System nicht für jeden Patienten geeignet und es gibt noch eine Lernkurve
mit dem neuartigen System, sodass unsere Erfahrungen wichtige Erkenntnisse für die wissenschaftliche
Evaluation und Weiterentwicklung der Therapie bringen.

Zusätzlich nimmt die Arbeitsgruppe auch an nationalen und internationalen multizentrischen Studien teil
(NOAH-AFNET 6, CEASE-AF, BIO/STREAM. HF, More-CRT MPP).

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                                                                            Dr. med. Markus Bettin
                                                                            Abteilung für Kardiologie
                                                                            mbettin@schuechtermann-klinik.de

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NOAH – AFNET 6-Studie:
Kann orale ­Antikoagulation
bei ­Patienten mit ­atrialen
­Hochfrequenzepisoden
 ­Schlaganfälle verhindern?
 Vorhofflimmern ist eine häufige Ursache für Schlaganfälle. Es ist erwiesen, dass eine orale Antikoagula­
 tions-Therapie bei Patienten mit Vorhofflimmern Schlaganfälle wirksam verhindern kann. Allerdings ist
 nicht klar, ob die orale Antikoagulation auch bei atrialen Hochfrequenzepisoden (AHRE), einer subklini-
 schen Vorstufe von Vorhofflimmern, angemessen ist. Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)
 führt die wissenschaft­sinitiierte Studie NOAH – AFNET 6 durch, um den potentiellen Nutzen einer oralen
Antikoagulation bei Patienten mit AHRE, aber ohne offensichtliches Vorhofflimmern zu bewerten. Die
­Arbeitsgruppe um P ­ rof. Dr. med. Gerold Mönnig ist Teilnehmer dieser internationalen Studie.

Abbildung 4:
Prof. Dr. med. Gerold Mönnig.

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Vorhofflimmern ist eine häufige Ursache für Schlaganfälle. Patienten, bei denen Vorhofflimmern durch ein
EKG zweifelsfrei nachgewiesen ist, bekommen zur Vorbeugung vor Schlaganfällen eine orale Antikoagula­
tions-Therapie mit Vitamin K-Antagonisten (VKA) oder nicht-Vitamin K-abhängigen oralen Antikoagulanti-
en (NOAK). Allerdings bleibt Vorhofflimmern häufig unerkannt (stummes Vorhofflimmern) und macht sich
in vielen Fällen erst durch einen Schlaganfall bemerkbar. Ein früherer Beginn der Antikoagulation könnte
­solche Komplikationen verhindern.

Die kontinuierliche Überwachung des Vorhofrhythmus durch implantierte Geräte könnte diese diagnosti-
sche Lücke schließen. Moderne Schrittmacher und Defibrillatoren verfügen über Algorithmen, die das Auf-
treten von AHRE anzeigen. Es ist erwiesen, dass Patienten mit AHRE ein erhöhtes Schlaganfallrisiko haben.
Ein erheblicher Teil dieser Patienten entwickelt mit der Zeit Vorhof­flimmern. Bei diesen Patienten können
AHRE als frühe Form von Vorhofflimmern betrachtet werden. Bis jetzt ist nicht klar, welche antithromboti-
sche Therapie für Patienten mit AHRE optimal ist.
NOAH – AFNET 6 ist eine prospektive, randomisierte, doppelt verblindete, multizentrische Parallel­gruppen-
Studie, die den potentiellen Nutzen einer oralen Antikoagulation bei Patienten mit AHRE, aber ohne offen-
sichtliches Vorhofflimmern, bewertet. Die Studie testet, ob eine Behandlung mit Edoxaban (NOAK-Medika­
tion) Schlaganfälle, systemische ­Embolien oder kardiovaskuläre Todesfälle bei dieser Patientengruppe
besser verhütet als die übliche B
                                ­ ehandlung.
In die Studie sollen 2.686 Patienten mit AHRE und mindestens zwei Schlaganfallrisikofaktoren ein­
geschlossen werden. Teilnehmen können Personen, die einen implantierten Schrittmacher oder D    ­ efibrillator
haben, der AHRE mit einer Frequenz von mindestens 180 bpm und einer Dauer von ­mindestens 6 Minuten
nachweisen kann.

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                                                                              Prof. Dr. med. Gerold Mönnig
                                                                              Abteilung für Kardiologie
                                                                              gmönnig@schuechtermann-klinik.de

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Interventionelle Klappentherapie:
Neue Möglichkeiten der
­Mitralklappentherapie –
 die TIARA II-Studie
Immer mehr Herzklappenfehler werden heutzutage interventionell, d. h. nicht mehr durch chirurgische
Eingriffe, sondern mittels Kathetertechnologien behandelt. Während die Implantation von Aortenklappen-
prothesen über einen Katheter mittlerweile zum Standard gehört, steckt die Implantation von Mitralklap-
penprothesen noch in den Kinderschuhen. Eine neue per Katheter implantierbare Mitralklappe soll nun in
der sogenannten TIARA-II-Studie evaluiert werden.

Bei jüngeren Patienten ohne schwere Nebenerkrankungen werden defekte Mitralklappen seit Langem durch
chirurgische Eingriffe repariert. Dafür öffnet ein Herzchirurg den Brustkorb und verstärkt etwa bei einer
­undichten Mitralklappe deren Halteapparat, indem er künstliche Sehnenfäden einzieht und die Herzklappen-
 segel strafft bzw. die Herzklappe falls notwendig ersetzt. Dies geschieht am stillgelegten, blutleeren Herzen
 und die Funktion desselben wird während dieser Operation durch eine Herz-Lungen-Maschine übernommen.
 Da die Bevölkerung immer älter wird, wächst die Gruppe der Patienten mit einer Herzklappenschwäche,
 bei denen die herkömmliche Operation zu riskant ist. So stellt der Einsatz der Herz-Lungen-Maschine bei
 ­älteren Patienten eine erhebliche Belastung und damit Risikoerhöhung dar. Ältere Patienten leiden zudem
  häufiger unter Nebenerkrankungen, die gegen eine Operation sprechen. Schon seit einigen Jahren bietet die
  Schüchtermann-Klinik Alternativen für Risikopatienten mit einer undichten Mitralklappe an: Beim schonen-
  den M­ itraClip-Verfahren führt der Kardiologe eine Metallklammer über die Leistenvene mit einem Katheter
  bis zur undichten Mitralklappe und heftet die beiden Segel der Klappe zusammen. Dieser Eingriff kommt
  aber nicht für alle Risikopatienten infrage und kann die Schlußunfähigkeit der Mitralklappe nicht immer
  ganz beheben. Vom interventionellen Klappenersatz mit der TIARA-Prothese verspricht man sich insbeson-
  dere für solche Patienten bessere Ergebnisse.

Die TIARA-Klappe wird zunächst zusammengefaltet in einen schmalen Katheter eingebracht und dann unter
Vollnarkose durch die Herzspitze und durch die defekte Mitralklappe in den linken Vorhof vorgeführt. Dort
entfaltet sie sich wie ein Schirm. Sodann zieht der Operateur das Implantat herunter, bis die metallverstärk-
te Schürze des Implantats auf der Oberseite der alten Mitralklappe aufsetzt. Unterhalb der Mitralklappe in
der linken Herzkammer ankert das Implantat mit Haltearmen, wodurch ein Verrutschen verhindert wird.

Die neue, per Katheter einsetzbare Klappenprothese wird zurzeit in der TIARA-II-Studie evaluiert. Es handelt
sich dabei um eine internationale, multizentrische und prospektive Studie. Auch die Schüchtermann-Klinik
schließt Patienten in diese Studie ein. Die erste Patientin, bei der die neue Herzklappe in der Schüchtermann-

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Klinik eingesetzt wurde, war 77 Jahre alt und hatte eine lange kardiale Vorgeschichte. Ihre Herzfunktion war
zum Zeitpunkt der Klappenimplantation hochgradig eingeschränkt, sodass eine herkömmliche Operation
nicht in Frage kam. Den Eingriff überstand die Patientin gut und konnte bereits am ersten Tag nach der
Intervention auf die Normalstation verlegt werden. Auch im Langzeitverlauf traten keine Komplikationen
auf.

Abbildung 5: TIARA-Klappenprothese.

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                                                                             Dr. med. Steffen Hofmann
                                                                             Abteilung für Herzchirurgie
                                                                             shofmann@schuechtermann-klinik.de

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Rehabilitation nach interven-
tioneller Clipping-­Intervention
– ­wichtiger Baustein im
­Gesamtkonzept
Herzklappenerkrankungen stellen eine häufige Problematik für die alternde Bevölkerung dar. Unbehandelt
gehen sie in der Regel mit Folgeerkrankungen und einer erhöhten Mortalität einher. Ihrer Behandlung
kommt in den letzten Jahren eine immer größere Bedeutung zu: So wurden im Jahr 2017 etwa 40.000
Herzklappeneingriffe in Deutschland durchgeführt – Tendenz steigend.
Neben der Aortenklappe ist häufig die Mitral- und Trikuspidalklappe von einer Undichtigkeit betroffen. Zur
Therapie stehen neben den klassischen chirurgischen Verfahren mittlerweile auch katheterbasierte Tech-
niken zur Verfügung, welche insbesondere für morbide und hochbetagte Patienten eine Option darstellen
können.

Für die interventionelle Rekonstruktion der Mitral- und Trikuspidalklappe werden seit einigen Jahren Clip-
ping-Techniken angewandt. Bei geeigneter Klappenanatomie kann die Clip-Versorgung zu einer signifikan-
ten Reduktion der Insuffizienz beitragen. Im Bereich der Therapie mittels Clipping-Technik stellt die Schüch-
termann-Klinik Bad Rothenfelde national und international seit Jahren eine der führenden Institutionen dar.

Abbildung 6: Links: Clips zur Behandlung von Mitral- oder Trikuspidalklappenfehlern werden mittels Katheter zum Herzen
vorgebracht. Rechts: Heutzutage implantierte Herzklappen Clips.

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Der technische Erfolg der Intervention kann abschließend mittels Echokardiografie-Parameter überzeugend
nachgewiesen werden. Der Gesamterfolg orientiert sich letztendlich an der Reduktion von Mortalität und
Hospitalisierung. Zusätzlich entscheidend für die Patienten sind eine Verbesserung der Symptomatik und
die Erreichung einer akzeptablen Alltagsfähigkeit, einhergehend mit einer gesteigerten Lebensqualität.

Zur Steigerung dieser Faktoren haben sich bei kardiologischen Patientenkollektiven die zügige Mobilisierung
und die Durchführung von Trainingsprogrammen – in der Regel im Rahmen einer kardiologischen Rehabi-
litation – bewährt. Im Bereich der Clipping-Therapie herrschen diesbezüglich jedoch noch Unsicherheiten,
da das Risiko für eine Clip-Ablösung in der ersten Zeit nach der Implantation am höchsten ist. Diesem Risiko
möchte man mit einer strengen Blutdruckeinstellung und einer bewussten körperlichen Schonung begeg-
nen. Dies hat zur Folge, dass viele Patienten derzeit ohne eine Anschlussheilbehandlung in den Alltag ent-
lassen werden, obwohl sie von einer kardiologischen Rehabilitation profitieren könnten.

In der Schüchtermann-Klinik Bad Rothenfelde wird diesem Trend nun entgegengesetzt. Um das Risiko einer
möglichen Clipablösung zu minimieren, wird das Rehabilitationsprogramm für diese Patientenklientel nicht
einfach ausgesetzt, sondern stattdessen bedarfsgerecht angepasst. So finden die angebotenen Trainings­
interventionen auf einem niedrigen Niveau und unter Blutdruckreglementierung statt. Begleitende Thera-
pien und Diagnostiken können jedoch ohne größere Einschränkungen durchgeführt werden. Für rehafähige
Patienten ergibt sich dadurch die Möglichkeit, von den Vorteilen einer Anschlussheilbehandlung zu profitie-
ren, ohne der übermäßigen Gefahr für eine Clipablösung ausgesetzt zu sein. Für die medizinischen Behand-
ler ergibt sich dadurch die Möglichkeit, die morbiden Patienten länger nachzuverfolgen und die Therapie
optimal anpassen zu können, falls notwendig (z. B. Medikation).
Im Rahmen einer prospektiven Studie werden derzeit alle Patienten systematisch erfasst, welche nach einer
Clip-Implantation eine Anschlussheilbehandlung in der Schüchtermann-Klinik Bad Rothenfelde durchfüh-
ren. Ziel dieser Studie ist es, den funktionellen Zustand dieser Patientenklientel zu erheben und die während
der Rehabilitation in Anspruch genommenen therapeutischen Leistungen zu dokumentieren. Ebenso sollen
mögliche aufgetretene Problemlagen festgehalten werden, um die sichere Durchführbarkeit und den Nutzen
einer angepassten Anschlussheilbehandlung bewerten zu können. Als funktionelle Diagnostik werden ein
6-Minuten-Gehtest, ein Berg-Balance-Test sowie ein Handgrip-Test am Anfang und Ende der Rehabilitation
durchgeführt. Zusätzlich findet gegen Ende eine Echokardiografie-Kontrolle statt, um die korrekte Position
des Clips zu bestätigen und eine Ablösung auszuschließen. Auf Basis der Ergebnisse soll langfristig ein be-
darfsgerechtes und zielgruppenspezifisches Rehabilitationsprogramm für diese Patientenklientel entwickelt
werden. Mit ersten Ergebnissen wird Ende des Jahres 2020 gerechnet.

                                                                              KONTAKT

                                                                              Dr. Sportwiss. Thomas Schmidt
                                                                              Institut für Herz-Kreislauf-Forschung
                                                                              tschmidt@schuechtermann-klinik.de

                                                    13
Telemedizin:
Medolution erfolgreich
­abgeschlossen
Das Projekt Medolution zielte darauf ab, „intelligente“ Umgebungen zu entwickeln, die medizinische
­Informationen mit nutzergenerierten Daten vereinigen. Insgesamt umfasste das Konsortium 19 Partner
 aus Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, der Türkei und Kanada. In Deutschland fungierte die
 Schüchtermann-Klinik als Konsortialführer.

Die Vision des Projektes Medolution war es, die Lebensqualität von Patienten zu verbessern und dabei
gleichzeitig die Kosten für das Gesundheitssystem zu reduzieren. Dabei fokussierte sich das ITEA3-Projekt
auf drei wesentliche Anwendungsgebiete für die Entwicklung einer universell einsetzbaren Cloud-Plattform:
„Rehabilitation von Parkinson- Patienten“, „Entscheidungsunterstützung zur Akutbehandlung von Schlag-
anfallpatienten“ und das primär in Deutschland angelegte Thema „Telemonitoring von Kunstherzpatienten
(LVAD-Patienten)“.
Die finale Begutachtung der Projektergebnisse fand Anfang 2019 im Clinical Research Center der Medizini-
schen Hochschule Hannover (MHH) statt.

Abbildung 7: Deutsches Konsortium des Medolution Projekts beim „Final review“ in Hannover.

                                                        14
Von der Schüchtermann-Klinik wurde zum Beispiel zur Verbesserung der aktuellen Nachsorgesituation von
LVAD Patienten eine spezielle Smartphone-Applikation entwickelt. Das entwickelte System besteht aus einer
Patienten-Applikation und einer klinische Applikation. Innerhalb der Patienten-Applikation können täglich
oder bei Bedarf LVAD-unspezifische Parameter (Gewicht, Blutdruck, INR-Wert, Coumadin-Dosis, Marcumar-
Dosis, Heparin-Gebrauch, Symptome und Zeichen, Freitext und Freifotomöglichkeit) sowie LVAD-spezifische
Parameter (LVAD-Wattzahl, LVAD-Fluss, LVAD-Alarme, Foto der Drivelineaustrittsstelle) eingegeben und
übermittelt werden. Ebenso sind grafische Verlaufsanzeigen sowie individuelle Kontakt-Funktionen (z. B.
LVAD-Ambulanz, Hausarzt, Facharzt, Heimatkrankenhaus) integriert.

Abbildung 8: Beispieloberflächen der entwickelten Smartphone-Applikation.

Es nahmen insgesamt 13 LVAD-Patienten für durchschnittlich 34 Tage an einer Pilot-Studie teil. Es wurden
453 Datensätze, 19 Fotos und 18 Kommentare in die Klinik gesendet. Insgesamt wurden vom System 160
Auffälligkeiten (z. B. INR-Wert-Abweichung, Nasenbluten) detektiert. Die Applikation funktionierte zuverläs-
sig, erzielte sehr hohe Werte für Akzeptanz und Nutzerfreundlichkeit und hat das Potential Komplikationen
zukünftig signifikant zu reduzieren.
Insgesamt wurden die Projektergebnisse von den Gutachtern durchgehend sehr positiv bewertet. Dies bezog
sich sowohl auf die wissenschaftlichen Ergebnisse als auch auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit. Insbeson-
dere die Demonstrationen wurden von den Gutachtern besonders hervorgehoben.

Technologische Partner des Projektes neben der Schüchtermann-Klinik waren unter anderem Philips Health-
care (NL), das Institut Mines-Télécom (FR), OFFIS (DE) ATOS Information Technology GmbH (DE), Norimal
Consulting (CA) sowie auf medizinischer Seite die Medizinische
Hochschule Hannover (DE) und das Amsterdam Medical Center (NL).

                                                                             KONTAKT

                                                                             Prof. Dr. med. Nils Reiss
                                                                             Institut für Herz-Kreislauf-Forschung
                                                                             nreiss@schuechtermann-klinik.de

                                                       15
Projekt MiniDefi gestartet
Im Rahmen des Projektes soll ein miniaturisierter am Körper tragbarer, automatischer, externer Defibril-
lator (MiniDefi) mit telemedizinischer Anbindung entwickelt werden. Im Notfall können Patient und Erst-
helfer direkt vor Ort telemedizinisch aus dem anfahrenden Rettungswagen unterstützt werden. Neben der
akuten Defibrillation bietet der MiniDefi ebenfalls die Funktionalität zur präventiven telemedizinischen
Überwachung und Früherkennung lebensbedrohlicher Komplikationen. Diese routinemäßige Kontrolle bie-
tet den Patienten einen zusätzlichen Schutz im häuslichen Umfeld sowie eine verbesserte Lebensqualität
und ein erhöhtes Sicherheitsempfinden.

Der plötzliche Herztod verursacht allein in Deutschland jährlich ca. 80.000 bis 100.000 Todesfälle. Lang-
zeit-EKG-Untersuchungen von Patienten, die an einem plötzlichen Herztod verstorben sind, haben gezeigt,
dass ventrikuläre Tachykardien und Kammerflimmern dabei die häufigsten auslösenden Arrhythmien dar-
stellen.
Ein hohes Risiko des plötzlichen Herztodes besteht vor allem bei der Herzinsuffizienz mit hochgradiger Ein-
schränkung der Auswurffraktion der linken Herzkammer. Es gibt jedoch klinische Situationen, in denen das
Risiko eines plötzlichen Herztodes deutlich erhöht ist, die Defibrillator-Implantation aber zum gegenwär-
tigen Zeitpunkt noch nicht empfohlen wird. Hierzu zählen vor allem Szenarien, bei denen der Patient im
Rahmen einer Kardiomyopathie, eines akuten Herzinfarktes oder einer akuten Myokarditis eine passagere
Herzinsuffizienz erleidet, die sich aber dann im weiteren Verlauf unter pharmakologischer Therapie wieder
erholen kann.

Abbildung 9: „MiniDefi“-Projekttreffen in Hamburg.

                                                     16
Das Ziel von MiniDefi ist die Optimierung der Überwachung von Herzinsuffizienz-Patienten sowie ebenfalls
eine Optimierung der Notfallkette nach einem Defibrillator-Schock bei Kammerflimmern.
Hierzu gehört die Erforschung von Algorithmen zum präventiven Erkennen einer Zustandsverschlechterung
der Herzinsuffizienz.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Standardisierung der Kommunikationsprotokolle zwischen den am
Körper getragenen Medizinprodukten, der Einsatzleitstelle (112) und den beteiligten Kliniken (anzufahrendes
Notfall-Hospital und die betreuende Klinik des Patienten) im Stile eines IHE-Profils. Im Zuge der Notfall-
überwachung wird an KI-basierten Ansätzen zur Artefaktbereinigung von EKG-Signalen während einer Herz-
Lungen-Wiederbelebung geforscht. Dadurch soll ein EKG-Streifen für einen Mediziner bereits interpretierbar
werden, während ein Ersthelfer eine Wiederbelebung durchführt. Die Herzdruck-Massage könnte so ohne
Unterbrechungen durchgeführt werden, ohne dass die parallele Sinusrhythmus-Analyse beeinflusst wird.

Abbildung 10: Bei der kardiopulmonalen Reanimation entstehen Artefakte, die eine Analyse des EKG derzeit unmöglich
machen.

                                                                                 KONTAKT

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                                                                                 Institut für Herz-Kreislauf-Forschung
                                                                                 nreiss@schuechtermann-klinik.de

                                                      17
Leistungsfähigkeit:
Hämodynamische Besonderheiten
nach einer Herztransplantation –
die Ex-HTX-Studie
 Die körperliche Leistungsfähigkeit ist ein entscheidender Faktor für unsere Lebensqualität – sei es
 beim Gesunden oder beim Patienten. Beim herztransplantierten Patienten liegen besondere physiologi-
 sche ­Verhältnisse vor, die sich auf die körperliche Leistungsfähigkeit auswirken. So hat z. B. das trans-
 plantierte Herz keinen Anschluss über Nerven zum restlichen Körper. Dies hat zur Konsequenz, dass die
 ­Be­lastungs-Reaktionen des Herzens, (z. B. ein Anstieg der Herzfrequenz bei körperlicher Anstrengung)
  nur über B­ otenstoffe, die über das Blut zum Herzen gelangen, vermittelt werden können. Innerhalb der
Ex-HTX-Studie sollen die sportphysiologischen Voraussetzungen von herztransplantierten Patienten
­untersucht werden. Dabei stehen vor allem sportliche ambitionierte Patienten nach Herztransplantation
 im Fokus.

Die Herzinsuffizienz (heart failure, HF) stellt ein bedeutendes Gesundheitsproblem im Sinne einer Volks-
krankheit dar und ist ursächlich für eine hohe Anzahl von Krankenhauseinweisungen und Todesfällen. Auf-
grund verbesserter Behandlungsmöglichkeiten erreichen in den letzten Jahren immer mehr Patienten auch
fortgeschrittene Stadien der HF. Im terminalen Stadium gilt die Herztransplantation (HTX) als Goldstandard-
therapie. Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Spenderorganen hat sich ebenso die Implantation ei-
nes linksventrikulären Herzunterstützungssystems (left ventricular assist device, LVAD) als akzeptable Alter-
native bewährt. Dabei können beide Therapieformen nicht nur nebeneinander, sondern auch nacheinander
erfolgen. In diesem Fall ist die LVAD-Implantation nur temporär vorgesehen, um die Wartezeit bis zu einer
möglichen HTX zu überbücken.

Die Behandlung von HF-Patienten ist seit jeher Schwerpunkt der Schüchtermann-Klinik Bad Rothenfelde.
So wurde die Klinik im Spätsommer 2018 als nun zweites Herzzentrum in Niedersachsen zum „überregiona-
len HFU-Zentrum“ zertifiziert. In einer spezialisierten Ambulanz werden HF-Patienten engmaschig betreut
und hinsichtlich möglicher Therapieoptionen begleitet. LVAD-Implantationen finden regelmäßig im eigenen
Hause statt und die Listung zur HTX wird in enger Kooperation mit der Medizinischen Hochschule Hannover
(MHH) durchgeführt.

Für beide Patientengruppen ist die adäquate Nachsorge von Bedeutung. An der Schüchtermann-Klinik Bad
Rothenfelde werden LVAD und HTX-Patienten verschiedenster Kliniken (z. B. Hannover, Münster, Hamburg)
im Rahmen einer stationären Anschlussheilbehandlung betreut. Die kardiologische Rehabilitation stellt da-
bei einen wichtigen Schritt in der poststationären Phase dar, um die in der Regel muskulär schwer dekonditi-

                                                    18
onierte Patienten wieder an ein regelmäßiges körperliches Training heranzuführen. Langfristig soll eine gute
funktionelle Kapazität erreicht werden, um eine optimale Teilhabe am Gesellschaftsleben zu garantieren.

Für körperliche Leistungsfähigkeit entscheidend sind dabei die hämodynamischen Begebenheiten,
­welche nach der LVAD- oder HTX-Intervention erreicht werden können. Insbesondere das erzeugte Herz­
 minutenvolumen (cardiac output, CO) und die erzielte arteriovenöse Sauerstoffdifferenz (avDO2) sind wichti-
ge ­Voraussetzungen. In den letzten Jahren konnten entsprechende Fragestellungen bei LVAD-Patienten be-
reits systematisch untersucht werden. Derzeit findet in Kooperation mit dem Institut für Kreislauf­forschung
und Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule in Köln eine prospektive Untersuchung auch bei HTX-
Patienten statt (Ex-HTX).

Die Untersuchungen werden zum Großteil im Institut für Prävention und Sportmedizin (IPS) der Schüch-
termann-Klinik Bad Rothenfelde durchgeführt und sollen dazu beitragen, die transplanbedingten Verände-
rungen und Voraussetzungen (z. B. Herzfrequenzverhalten, Schlagvolumenadaption) bei HTX-Patienten zu
beschreiben. Neben einer Echokardiografie werden ein 6-Minuten-Gehtest und eine Spiroergometrie auf
dem Fahrradergometer (Rampe 15 Watt/Minute) durchgeführt. Auf Basis der in der Spiroergometrie erziel-
ten Ergebnisse findet ebenso eine nichtinvasive Hämodynamikmessung mittels Inertgas-Rückatmungsme-
thodik (IGR) auf dem Fahrradergometer in Ruhe und auf 3 verschiedenen Belastungsstufen (leicht, moderat,
schwer) statt. Die Studie wurde im Vorfeld durch die Ethikkommission der Deutschen Sporthochschule in
Köln genehmigt (DSHS 122/2019) und läuft seit Sommer 2019; der Abschluss der Datenerhebung ist bis zum
Ende des Jahres 2021 geplant.

Abbildung 11:
Untersuchungen von
2 Studien-Teilnehmern im IPS
der Schüchtermann-Klinik
Bad Rothenfelde.

                                                   19
Unter den bis jetzt im IPS getesteten HTX-Patienten stach ein Teilnehmer ob seiner Leistungswerte beson-
ders hervor: Elmar Sprink. Herr Sprink entwickelte im Alter von 38 Jahren eine nicht-ischämische Kardio-
myopathie am ehesten im Rahmen einer Myokarditis. Ein Jahr nach Erstdiagnose erfolgte die LVAD-Implan-
tation. Bei anhaltendem Rechtsherzversagen wurde zusätzlich eine Rechtsherzunterstützung notwendig.
Nach einer Wartezeit von insgesamt 179 Tagen, einhergehend mit einer kompletten körperlichen Immobili-
sierung, konnte im Sommer 2012 ein entsprechendes Spenderherz identifiziert werden und es erfolgte die
erfolgreiche HTX. Der vor der Erkrankung äußerst aktive Sportler (u.a. Teilnahme an Ironman Wettkämp-
fen) begann bereits zwei Wochen nach der HTX mit einem Fahrradtraining unter stationären Bedingungen,
welches er auch poststationär fortführte. Mittlerweile hat er in den siebeneinhalb Jahren nach der HTX
an zahlreichen Ausdauerwettkämpfen und sportlichen Herausforderungen mit beeindruckenden Ergebnis-
sen teilgenommen (u.a. hat als erster HTX-Patient den Ironman Hawaii absolviert oder den Großglockner
bestiegen). Aktuell konnte er bei den World Transplant Games 2019 seinen Weltmeistertitel im Triathlon
erfolgreich verteidigen.

In der Spiroergometrie erreichte Herr Sprink auf dem Fahrradergometer eine maximale Leistung von 345
Watt (182 % des Referenzwertes) und eine peak VO2 von 58,9 ml/kg/min (163 % des Referenzwertes). Sein
CO lag in Ruhe bei 6,8 l/min und steigerte sich unter Belastung auf 12,4 l/min bei 100 Watt, 14,9 l/min bei
200 Watt auf bis zu 17,3 l/min bei 300 Watt. Unter Ruhebedingungen und bei 100 Watt lagen die gemesse-

Abbildung 12: Elmar Sprink während einer Fahrraduntersuchung mittels IGR im IPS der Schüchtermann-Klinik Bad Rothen-
felde.

                                                       20
nen CO-Werte somit auf dem erwarteten Niveau. Mit ansteigender Belastung konnte jedoch nur noch eine
eingeschränkte Steigerung beobachtet werden. So entsprachen die 17,3 l/min bei 300 Watt „nur“ ungefähr
70 % des erwarteten CO. Dieses Defizit konnte jedoch durch eine erhöhte avDO2 in Teilen kompensiert wer-
den. Der zur Verfügung stehende Sauerstoff wurde optimal zur Energiegewinnung herangezogen. Zusam-
mengefasst profitiert Herr Sprink insbesondere von peripheren Anpassungserscheinungen, ausgelöst durch
sein langjähriges und strukturiertes körperliche Training.

Dieses Beispiel zeigt, dass körperliches Training dabei helfen kann – trotz nicht optimaler hämodynamischer
Voraussetzungen – gute oder sogar überdurchschnittliche Leistungswerte erzielen zu können. Wenngleich
die beeindruckenden Ergebnisse von Elmar Sprink bei HTX-Patienten eine Ausnahme bilden, machen die
Erfahrungen auch anderen HF-Patienten Mut, wieder eine adäquate Leistungsfähigkeit zu erreichen, einher-
gehend mit einer gesteigerten Lebensqualität und Teilhabe am Gesellschaftsleben.

Abbildung 13:
Elmar Sprink absolviert täglich
ein ­beachtliches Training, um den
­Herausforderungen des Extremsports
 nach der HTX gewachsen zu sein.

                                                                            KONTAKT

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                                                                            Institut für Herz-Kreislauf-Forschung
                                                                            tschmidt@schuechtermann-klinik.de

                                                   21
Experimentelle Forschung:
Die kontrollierte ­Immunantwort
begrenzt das Ausmaß ­eines
­Herzinfarktes und fördert
 ­regenerative Heilungsprozesse
Die Infiltration von Immunzellen und deren Aktivierung im Bereich eines geschädigten Areals ist ein
herausragendes Merkmal praktisch aller Arten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ihre Auswirkungen
­
auf ­Regenerationsprozesse des Herzens einerseits bzw. auf das Fortschreiten eines Krankheitszustan-
des a­ ndererseits wurden jedoch lange Zeit als widersprüchlich angesehen, da verschiedene Subtypen von
­Immunzellen, wie z. B. im Fall von Makrophagen, sowohl entzündliche als auch reparative bzw. regenera-
 tive Aktivitäten vermitteln.

Jüngste experimentelle Untersuchungen ergaben eine sehr heterogene und dynamische Zusammenset-
zung des kardioimmunologischen Netzwerks, die damit eine Erklärung für das Paradoxon der Herzentzün-
dung liefern. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, dass diese Ergebnisse dazu beitragen können, selektive
immun-modulatorische Strategien zu entwickeln, um entweder die intrinsische Reparatur zu verstärken
oder übermäßige immunzellentzündliche Reaktionen zu unterdrücken. Der Ursprung und die Identität von
­Signalen, welche die Rekrutierung, Aktivität und Persistenz einzelner Immunzelluntergruppen an den Ort
 der Myokardschädigung koordinieren, sind allerdings zurzeit nur unzureichend bekannt. Herzmuskelzellen
 (Kardiomyozyten) wurden lange Zeit als passive Zellsysteme bei einem ischämisch-bedingtem Myokardscha-
 den, wie z. B. beim Herzinfarkt, angesehen. Im Gegensatz dazu haben neben Untersuchungen anderer Grup-
 pen unsere Studien gezeigt, dass Kardiomyozyten vielmehr eine aktive Rolle bei der Immunregulation, z. B.
 bei der Initiierung und Kontrolle des Zustroms von Makrophagen, spielen, indem ein sekretorisches Protein
 freigesetzt wird, das als „Regenerating Islet-derived Protein 3 Beta (Reg3ß)“ bezeichnet wird und eine Mak-
 rophagenanreicherung in das geschädigte Herzmuskelareal koordiniert. In jüngerer Zeit haben unsere Stu-
 dien zusätzlich demonstriert, dass mehrere Mitglieder der Reg-Proteinfamilie, einschließlich Reg3ß, Reg3y
 und Reg4, von Kardiomyozyten exprimiert werden, die in unmittelbarer Nähe der Infarktregion zugeordnet
 sind (Abbildung 14A). Die Expressionskinetik aller analysierten Reg-Gene innerhalb der geschädigten Re-
 gion war jedoch im Beobachtungszeitraum unterschiedlich. Dementsprechend erreichte Reg3ß bereits am
 Tag 1 nach Myokardinfarkt sein Plateau, wohingegen Reg3y und Reg4 am Tag 2 bzw. am Tag 4 die höchste
 Expression aufwiesen. Am Tag 14 nach Myokardinfarkt kehrte die relative Expression aller Reg-Gene nahezu
 auf ihre Ausgangswerte zurück (Abbildung 14B). Basierend auf Funktionsgewinnstudien in Kombination mit
 Mehrfarben-Durchflusszytometrie, RNA-Sequenzierung und bioinformatischer Analyse von aus dem Herz­

                                                   22
Abbildung 14: Reg-Proteine steuern
                                                                                                                         die Akkumulation von funktionell un-
 A             Infarction region               B                                                                         terschiedlichen Makrophagen-Unter-
                                                                6                                               Reg3b
                                                                                                   *            Reg3g    gruppen nach einem Myokardinfarkt.
  Reg3β

                                                                                     *                  *       Reg4     (A) Immunfluoreszenzanalyse von
                                                                          *                *                *            Reg3ß, Reg3y und Reg4 (alle rot) im
                                                                4
                                             FC (IZ vs. RZ)
                                                                                                                         infarzierten Herzen 4 Tage nach ex-
  Reg3γ

                                                                                               *                         perimentellem Myokardinfarkt in der
                                                                                                                         Maus. DAPI: blau. Actinin – 2 (ACTN2):
                                                                2                                                        grau. Gelbe Pfeile: Reg-Protein-im-
                                                                                                                         munpositive Kardiomyozyten in zu-
  Reg4

                                                                                                                         sätzlich vergrößerten Ausschnitten.
                                                                0                                                        (B) RT-PCR-Analyse der Reg3ß-, Reg3y-
               DAPI / ACTN2                                          RZ Day 1            Day 2     Day 4        Day 14
                                                                                                                         und Reg4-Expression in Myokardge-
                                                                                         Infarction region               webe, fraktioniert in nicht-infarziertes
  C                                         + PBS
                                                                                                                         Areal (RZ) und Infarktzone (IZ). (n = 6
                                            + Reg3β
                                            + Reg3γ                                                                      für jeden Zeitpunkt). Die Daten stellen
                                            + Reg4                                                                       das Verhältnis des Expressionsniveaus
                               0                      1               2       Time (days)                                (FC) zwischen IZ zu RZ dar, während
                                                                                                                         die Expression jedes Reg-Gens inner-
                               MI                                                                                        halb des RZ auf 1 relativiert wurde. Die
                                                                                                                         statistische Analyse erfolgte mittels
                              Flow cytometric analysis                                                                   Einweg-ANOVA. Die Sternchen zeigen
                                                                                                                         Bonferroni-Post-Test-Signifikanzen
                                                                                                                         zwischen IZ und RZ zu angegebenen
 D                                                                                                                       Zeitpunkten mit * P
infarktgebiet-sortierten Gewebemakrophagen identifizierten wir spezifische Funktionseigenschaften von
Reg-Proteinen für die Rekrutierung von Herzgewebemakrophagen-Subpopulationen im Bereich des isch-
ämischen Herzmuskelschadens (Abbildung 14C). So stimulierte z. B. eine lokale Verabreichung von Reg3ß,
Reg3y und Reg4 die Rekrutierung von entzündungsassoziierten MHC-IIhi / Ly6Clo- und MHC-IIlo / Ly6Clo-
Makrophagen-Untergruppen, unterdrückte jedoch die Akkumulation von Ly6Chi-Herzgewebemakrophagen,
die an der Revaskularisierung von ischämischem Gewebe beteiligt sind (Abbildung 14D).

Insgesamt deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass eine vorübergehende und koordinierte Freisetzung
von Reg-Proteinen im geschädigten Herzmuskel für die zeitliche Kontrolle der Makrophagenrekrutierung
und die Akkumulation unterschiedlicher Makrophagen-Untergruppen von entscheidender Bedeutung zu
sein scheint (Abbildung 15). In Übereinstimmung mit neueren Veröffentlichungen stützen unsere Ergebnisse
die Idee eines hochkomplexen und dynamischen Netzwerks von heterogenen Herzgewebemakrophagen,
das sich an spezifische räumliche und zeitliche Bedürfnisse anpasst.

Abbildung 15: Von Kardiomyozyten freigesetzte Reg-Proteine steuern die myokardiale Anreicherung von funktionell unter-
schiedlichen Makrophagen-Untergruppen nach einem Myokardinfarkt. Schematischer Überblick.

In unseren früheren Untersuchungen zeigten Reg3ß-defiziente Mäuse nicht nur eine verringerte Akkumu-
lation von Makrophagen, sondern auch eine verlängerte Persistenz von neutrophilen Granulozyten, einer
weiteren wichtigen Immunzellgruppe von „Fresszellen“, im infarzierten Herzen. Dieses immunzelluläre
­Ungleichgewicht führte zu einer beeinträchtigten Narbenbildung nach experimentellem Herzinfarkt und

                                                        24
A                                                    10
                                                                                                        ***

                                                                              8
                                                        ln(Reg3β, µg L-1)

                                                                              6

                                                                              4

                                                                              2

                                                                              0
                                                                                            Healthy             ACS
                                                                                            n = 117            n = 322

                        B
                                                      100
                                                                                                                           T1
                                                                                                                           T2
                                                       90
                                                                                                                                ***
                            Event–free survival (%)

                                                                                                                                   *

                                                       80
                                                                                                                           T3

                                                       70

                                                       60
                                                                            n = 107
                                                                            n = 107
                                                                            n = 108
                                                       50
                                                                 0             25     50   75    100   125    150   175   200

                                                                                           Follow–up (days)

Abbildung 16: Erhöhte Reg3ß-Spiegel im Blut sind bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom mit einem erhöhten Todes-
risiko verbunden. (A) Box-Plots von ln-transformierten Konzentrationen von Reg3ß im Serum von gesunden Personen und
Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS). Jedes Box-Feld gibt den Interquartilbereich mit einem mittleren Bereich für
beide Gruppen an. Die Signifikanz (*** P
­ adurch bedingt zu einer erhöhten Sterblichkeit, aufgrund einer Herzruptur. Deswegen untersuchen wir
d
zurzeit die Rolle von Reg3ß und anderer Isoformen im Kontext der physiologischen und pathophysiologi-
schen Neutrophilen-Freisetzung (Neutrophilie) im ischämischen Herzen. Hierbei soll geklärt werden, inwie-
weit und wodurch Reg-Proteine direkt die Resolution, d.h. die Auflösung, der initialen Immunantwort beim
Herz­infarkt steuern und wieso dieser Prozess bei einigen Verläufen nicht koordiniert vonstattengeht, häufig
mit den Folgen eines Herzversagens.

Die beschriebenen Entzündungsmediatoren können klinisch als Biomarker dienen und deswegen Einblicke
in die Pathophysiologie und Prognose von herzkranken Patienten, z. B. mit akutem Koronarsyndrom (ACS),
geben. Bisher für diesen Bereich etablierte entzündliche Biomarker wie das hs-C-reaktive Protein (hs-CRP)
sind eher unspezifisch, da sie keine Informationen über den Ursprung oder den Ort des Schadens liefern
und nicht die unterschiedliche Dynamik von Entzündungsreaktionen im Herzen widerspiegeln. Aufgrund
seiner lokalen Produktion durch Kardiomyozyten und seiner Relevanz für die gezielte Rekrutierung von
­Makrophagen für das geschädigte Herz stellten wir die Hypothese auf, dass das Ausmaß der Reg3ß-Expres-
 sion im Blut Informationen über den Grad der Herzentzündung liefern könnte. In einer interdisziplinären
 Studie untersuchten wir deswegen 322 Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) und verglichen deren
 Reg3ß-Spiegel mit 117 offensichtlich gesunden Personen. Hierbei konnten wir mittels retrospektiver Analy-
 se erhöhte Reg3ß-Serumkonzentrationen bei den ACS-Patienten bei stationärer Aufnahme fest­stellen (Ab­
 bildung 16A). Biomathematische Untersuchungen zeigten signifikante Beziehungen zwischen Reg3ß und
 verschieden klinischen und auch laborchemischen Parametern der Patienten. Außerdem hatten ACS-Pati-
 enten mit erhöhten Reg3ß-Spiegeln ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko im Langzeitverlauf (Abbildung 16B).
 Die erhöhten Werte waren dabei in ihrer Vorhersagekraft unabhängig von kardiovaskulären Risikofaktoren
 und den allgemeinen Entzündungsparameterwerten (hs-CRP). Somit deckten unsere Ergebnisse nicht nur
 eine starke Assoziation von Reg3ß und dem Entzündungsstatus auf, sondern lieferten vor allem wichtige
 prognostische Informationen für das Fortschreiten der Krankheit bei Patienten, bei denen ein akutes Koro-
 narsyndrom diagnostiziert wurde.
 In weiteren Studien hat sich ein naturwissenschaftlicher Doktorand mit den molekularen und strukturel-
 len Eigenschaften von Oncostatin M (OSM) befasst. OSM, ein aus Immunzellen-freigesetztes Zytokin der
 IL-6-Klasse, war in gemeinschaftlichen Untersuchungen zuvor als zentraler Regulator des strukturellen
 Umbaus beim Herzinfarkt identifiziert worden. Außerdem hat OSM selbst entzündungsregulierende Eigen-
 schaften, in dem es im ischämischen Herzmuskel die oben beschriebenen Reg-Proteine vermehrt anreichert.
 Es konnte damals gezeigt werden, dass OSM ein hohes therapeutisches Potential für den Myokardinfarkt
 aufweist, aber bei anderen Herzmuskelerkrankungen inhibiert werden sollte. Dennoch müssen die moleku-
 laren und speziesspezifischen Eigenschaften von OSM und seinem Schwestermolekül LIF besser verstanden
 werden, um so unerwünschte Nebeneffekte, wie z. B. eine veränderte Blutbildung, auszuräumen. Mittels
 verschiedener chimärer OSM-Zytokine konnte nun eine kleine Anzahl von Resten innerhalb der AB-Schlei-
 fe von menschlichem OSM (Tyr-34, Gln-38, Gly-39 Leu-45 in der AB-Schleife und Pro-153 in der D-Helix)
 definiert werden, die speziell für die OSM-Rezeptor-Aktivierung beim Menschen benötigt werden. Darüber
 hinaus wurde gezeigt, dass die räumliche Anordnung dieser Reste entscheidend für die Unterscheidung zwi-
 schen humaner OSM-Rezeptor- und LIF-Rezeptor-Aktivierung zu sein scheint. In einer Folgestudie wurden
 verschiedene Punktmutationen innerhalb der AB-Schleife von OSM (Asn-37, Thr-40 und Asp-42) als kritische
 Determinanten für die OSM-Rezeptor-Aktivierung in Mäusen und der Aminosäure-Rest Lys-44 ausschließlich
 für die Aktivierung des menschlichen OSM-Rezeptors identifiziert. Infolgedessen konnte so ein neues zwei-
 stufiges Modell der OSM-Evolution hergeleitet werden. Hierbei führten wahrscheinlich molekulare Verände-
 rungen in der AB-Schleife und der D-Helix eines Vorläuferproteins zu einer OSM-Aktivierung und dadurch
 zum Erwerb neuer biologischer Funktionen. Anschließende Punktmutationen verursachten eine weitere

                                                   26
Spezialisierung bei Mäusen. Aufgrund dieser Ergebnisse kann nun in Zukunft das therapeutische Potenzial
dieses potenten Zytokins besser untersucht werden, da aufgrund der neuen Erkenntnisse (tier-)experimen-
telle Forschungen unter ´humanisierten´ Umständen möglich sind. Zur Definition von Molekül-Regionen,
die funktionelle Unterschiede in strukturell ähnlichen Proteinen aufzeigen, wurde in diesem ­Studienkomplex
ein spezielles Protokoll für das Design und die Erzeugung von chimären Proteinen generiert, das auch in
Zukunft im Bereich der pharmakologischen Forschung breit angewandt werden kann.

Abbildung 17:
Leiter der Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut
PD Dr. med. Jochen Pöling .
Weitere Informationen finden Sie auch unter
https://mpi-hlr.de/forschung/abteilung-i/ag-poeling/.

                                                                            KONTAKT

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                                                                            Max-Planck-Institut für Herz- und
                                                                            ­Lungenforschung Bad Nauheim
                                                                             jpoeling@schuechtermann-klinik.de

                                                        27
Varia 2019:
Preise und Berufungen
Preise:

• Im Juni 2019 ist Herr Dr. Sportwiss. Thomas Schmidt der Wissenschaftspreis der Kurt und Erika Palm-Stif-
   tung der Deutschen Herzstiftung zuerkannt worden. Dr. Schmidt erhielt den ersten Preis für seine Arbeit
   „Körperliche Leistungsfähigkeit und hämodynamische Veränderungen bei Patienten mit einem linksventri-
   kulären Herzunterstützungssystem (LVAD)“.

• Herr Prof. Dr. med. Nils Reiss erhielt auf der 46. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Prävention
   und Rehabilitation (DGPR) den Preis für das beste Poster mit dem Titel. “Rehabilitation von Patienten mit
   einem Linksherzunterstützungssystem und Nierenersatztherapie“.

• Für das begehrte „Fellowship Herzrhythmus (Boston Scientific)“ konnte sich Herr Dr. med. Markus Bettin
   erfolgreich bewerben. Das Stipendium mit einer zweijährigen Förderung (2018-2020) wird unter heraus-
   ragenden jungen Ärztinnen und Ärzten im Bereich der klinischen und experimentellen Elektrophysiologie
   vergeben. Dabei fokussiert es sich auf die Weiterbildung in der klinischen Elektrophysiologie, komplemen-
   tär zu etablierten Aus- und Weiterbildung und fördert die Entwicklung eines Netzwerkes junger Elektro-
   physiologen in Deutschland.

• Für die Präsentation der Ergebnisse zur Untersuchung von Komplikationen bei der Katheterablation von
   Vorhofflimmern konnte sich Herr Dr. med. Markus Bettin zudem ein Reisekostenstipendium der Arbeits-
   gruppe „Rhythmologie“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie für die DGK-Jahrestagung 2019 sichern.

Berufungen:

• Auf der 46. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation (DGPR) wurde
   Herr Prof. Dr. med. Nils Reiss in die „Kommission für Wissenschaft und Forschung“ der DGPR gewählt.
   Aufgabe der Kommission ist die Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen mit Relevanz für die kar-
   diologische Rehabilitation einschließlich klinischer Studien, die Arbeit an Rehabilitations-Leitlinien und die
   Erstellung von Publikationen zur Veröffentlichung in wissenschaftlichen Gremien und Fachzeitschriften.

• Die Deutsche Herzstiftung hat Herrn Prof. Dr. med. Gerold Mönnig in den Wissenschaftlichen Beirat beru-
   fen. Dem hochkarätig besetzten Gremium, das sich ehrenamtlich für die Deutsche Herzstiftung engagiert,
   gehören führende Kardiologen, Herz- und Gefäßchirurgen sowie Mediziner an, die auf dem Gebiet der
   Herz-Kreislauf-Erkrankungen wissenschaftlich tätig sind. Hauptaufgabe des Beirates ist es, den Vorstand
   der Deutschen Herzstiftung in medizinischen und wissenschaftlichen Fragen zu beraten.

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Universitäre Lehrveranstaltungen
Die Mitarbeiter der Schüchtermann-Klinik halten Vorlesungen, PJ- oder Studierendenunterricht an folgen-
den Universitäten und Hochschulen:

Deutsche Sporthochschule Köln (DSHS)
 Dr. Sportwiss. Thomas Schmidt

Hochschule Osnabrück (HS Osnabrück)
 Hon. Prof. Dr. med. Michael Böckelmann
 Marc Lütkemeyer
 Annette Wösten

Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
 Prof. Dr. med. Nils Reiss

Universitätsklinikum Gießen/Marburg (UKGM)
 PD. Dr. med. Jochen Pöling

Universitätsklinikum Münster (UKM)
 Prof. Dr. med. Gerold Mönnig
 Prof. Dr. med. Christian Pott
 Prof. Dr. med. Jürgen Sindermann

Universität Witten/Herdecke (UW/H)
 Prof. Dr. med. Henning Warnecke

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Fortbildungsveranstaltungen
Im Jahr 2019 wurden von der Schüchtermann-Klinik Bad Rothenfelde folgende Fortbildungsveranstal­-
tungen für Mediziner oder Patienten und Angehörige ausgerichtet. Als Referenten traten interne und ­externe
­Experten des jeweiligen Fachgebietes auf.

 16. Januar 2019                Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) im klinischen Alltag.
 28. Januar 2019                Dialyse vor/nach Kontrastmittelexposition?
 20. Februar 2019               Aberranz oder VT? Differenzialdiagnose breitkomplexiger Tachykardien.
 20. März 2019                  Diagnostik und Therapie der Hyperlipidämie 2019 - wer, wann und wie?
 03. April 2019                 EKG-Jeopardy.
 08. Mai 2019                   Kardiologie 2019.
 22. Mai 2019                   Forum Palliativmedizin in der Kardiologie.
 25. September 2019             Kardiologie Konkret 2019.
 05. November 2019	Erkennung, Behandlung und Vermeidung der Ursachen
                    des plötzlichen Herztodes.
 15. – 16. November 2019 EKG-Wochenende 2019.

Abbildung 18: Fortbildungsveranstaltung „Forums Palliativmedizin in der Kardiologie“, 08. Mai 2019 im Piesberger Gesell-
schaftshaus.

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